Das dicke Buch von Oma und Frieder - Gudrun Mebs - E-Book

Das dicke Buch von Oma und Frieder E-Book

Gudrun Mebs

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Beschreibung

Die ersten drei Bände von Oma und Frieder auf einen Streich! Frieders Oma ist wirklich klasse, denn sie macht einfach jeden Quatsch mit: Sie übernimmt beim Fußballspielen den Ball, nachdem er eine Scheibe kaputt geschossen hat. Und sie lässt Würstchen und Limonade im Garten wachsen, damit Frieder auch etwas ernten kann. Da hat Frieder eine Idee: Er möchte auch mal Oma sein! Doch schnell stellt er fest, dass das gar nicht so einfach und lustig ist, wie es immer aussieht. Ein dickes Buch von Oma und Frieder, die so vielen Lesern, kleinen und großen, längst ans Herz gewachsen sind. Mit vielen Illustrationen von Rotraut Susanne Berner Inhalt des Sammelbandes: »Oma!«, schreit der Frieder (Band 1) Und wieder schreit der Frieder: »Oma!« (Band 2) Oma und Frieder – Jetzt schreien sie wieder (Band 3) Alle Abenteuer von Oma und Frieder: »Oma!«, schreit der Frieder (Band 1) Und wieder schreit der Frieder: »Oma!« (Band 2) Oma und Frieder – Jetzt schreien sie wieder (Band 3) »Schule!«, schreit der Frieder, und die Oma, die kommt mit (Band 4) »Super«, schreit der Frieder, und die Oma kichert wieder (Band 5) »Oma«, schreit der Frieder, »ich hab meine Lehrerin lieber!« (Band 6 – in Vorbereitung)  

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Seitenzahl: 238

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Gudrun Mebs

Das dicke Buch von Oma und Frieder

42 Geschichten in einem Band

Mit vielen Illustrationen von Rotraut Susanne Berner

FISCHER E-Books

Inhalt

Oma!, schreit der FriederPicknickFrieders GeburtstagMensch-ärgere-dich-nichtVertauschte RollenFußballBuchstabenWorte ausdenkenAusländisch redenGespensterDie ErnteMickymausKatzenwäscheBrav seinZirkusPaketOmas GeburtstagUnd wieder schreit der Frieder: »Oma!«Eine FreudeRegenRoboterFeiern wie die GroßenFreund BatziNikolausLahmes BeinSonntagmittagsschlafTelefonNeue SchuheRäuberEis holenIm SchrankWach bleibenOma und Frieder – Jetzt schreien sie wiederEin rotes ZimmerIn der WüsteEin GeschenkOsterhaseEin BriefIm BusLieb habenSchneemannWeihnachtenFernsehenDer BesuchSchule

Oma!, schreit der Frieder

Picknick

»Oma!«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, wann machen wir denn endlich unser Picknick? Du hast’s versprochen!«

»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma und zeigt aus dem Fenster. »Sperr halt die Augen auf. Das schüttet ja wie aus Kübeln. Aus dem Nickpick wird nix.«

»Picknick, Oma«, sagt der Frieder und schaut traurig aus dem Fenster, »Picknick heißt das doch!«

»Das ist mir wurscht«, sagt die Oma, »aus dem wird auch nix. Wenn’s doch regnet! Vielleicht ein andermal.«

Und sie nimmt den vollgefüllten Picknickkorb und trägt ihn in die Küche.

»Am Küchentisch schmeckt’s grad so gut«, sagt sie noch und streicht dem Frieder über den Kopf. »Schau, Bub, ich kann doch nix dafür, wenn’s regnet!«

Das stimmt. Sie kann wirklich nichts dafür, die Oma. Das muss der Frieder einsehen.

Aber traurig ist er trotzdem. Sehr sogar. Er hat sich doch so auf das Picknick gefreut. Würstchen haben sie dafür eingekauft und Semmeln und Äpfel und Bananen und eine Flasche Limo und einen ganzen runden Käse. Das haben sie alles in einen Korb gepackt, und ein Küchenhandtuch als Tischtuch dazu. Und gemütlich auf dem Spielplatz wollten sie ein Picknick machen. Erst spielen, dann essen. So war’s ausgemacht. Und jetzt regnet’s. Und wie. Mist!

Zornig stampft der Frieder auf. Blöder Regen!

Ein Picknick am Küchentisch ist doch kein Picknick. Das ist ein ganz normales Mittagessen, ein langweiliges dazu!

Da macht er nicht mit. Er nicht. Weil’s nicht so ausgemacht war.

Wütend stampft der Frieder noch mal auf. Alles wird einem verdorben, aber auch alles!

Er lässt sich aber nicht alles verderben, nicht alles. Und jetzt schon grad gar nicht.

Und Frieder beschließt, er macht Picknick. Alleine. Auf dem Kinderzimmerteppich. Nun grade. Und ohne die Oma. Die will ja am Küchentisch … soll sie doch. Er jedenfalls nicht!

Vorsichtig schleicht der Frieder in die Küche, damit ihn die Oma ja nicht hört. Die planscht im Badezimmer herum. »Das kann sie auch im Regen haben«, denkt er, »dumme Oma«, und flitzt zum Picknickkorb hin und holt sich die Bananen. Den ganzen Buschen. Und damit saust er ab in sein Kinderzimmer und macht die Tür fest zu. So!

Jetzt kann’s losgehen mit dem Picknick.

Frieder hockt sich auf den Boden, weil man das beim Picknick so macht und weil er überhaupt am liebsten auf dem Boden sitzt. Und er fängt an, Bananen zu mampfen.

Die erste schmeckt lecker. Frieder stopft sie mit drei Bissen in sich hinein.

Die zweite auch.

Die dritte, die isst er schon ein bisschen langsamer. Und bei der vierten, da beißt er nur noch ganz kleine Happen ab.

Eigentlich ist es doch nicht so gemütlich. Ein Picknick ganz alleine.

Missmutig schält der Frieder die fünfte Banane. Die schmeckt überhaupt nicht mehr gut, und eigentlich … ja, und eigentlich ist ihm schlecht. Sehr sogar.

Frieder stöhnt auf, lässt die Bananenschale fallen, drückt gegen seinen Bauch und stürzt aus dem Kinderzimmer.

»Oma«, jammert er, »Oma, mir ist so schlecht!« Keine Oma weit und breit. Frieder stöhnt und jammert und ruft und hält sich den Bauch und sucht die ganze Wohnung ab. Keine Oma. Nirgends. Die Oma ist weg!

Da heult der Frieder jämmerlich auf. Das ist zu viel. Ihm ist schlecht und die Oma ist weg.

Und heulend sucht er noch mal die ganze Wohnung ab. Die Wohnung ist wie immer. Nur ohne Oma.

»Oma!«, schreit er, und noch mal, in den höchsten Tönen: »Oma!«

Doch plötzlich ist er still. Er hört was. Das klingt so ähnlich wie »Bub« … und »kommen« … Das klingt wie die Stimme von der Oma. Aber eine Oma-Stimme, die von weit her ruft. Von wo?

Aufgeregt stürzt der Frieder ans offene Fenster … und da sitzt die Oma. Gegenüber. Im Straßenbahn-Wartehäuschen! Einen Regenschirm hat sie in der Hand, und neben sich auf der Wartebank hat sie das Küchenhandtuch als Tischtuch ausgebreitet und die Äpfel liegen drauf. Und die Semmeln. Und die Würstchen. Und sie winkt zum Frieder hoch und legt die Hand an den Mund und schreit: »Bub, weißt du, wo die Bananen sind?« Der Frieder schnauft tief auf, und dann brüllt er aus Leibeskräften über die ganze Straße zur Oma rüber: »In meinem Bauch, Oma. Mir ist so schlecht!«

… und da sitzt die Oma. Im Straßenbahn-Wartehäuschen!

»Dann komm an die Luft!«, brüllt die Oma zurück. »Und renn mir nicht in ein Auto, haben wir uns verstanden? Sonst hau ich dir den Popo voll!«

Der Frieder grinst und nickt und schluckt, und jetzt ist ihm gar nicht mehr so schlecht.

Er rennt die Treppe runter, auf die Straße, und …

»Bleib stehen!«, kreischt die Oma, obwohl weit und breit kein Auto zu sehen ist.

»Jetzt komm, aber schnell!«, ruft sie und winkt aufgeregt.

Und Frieder saust, so schnell er kann, zur Oma rüber.

»Mensch, Oma«, sagt er atemlos, als er vor ihr steht, »Oma, mir war ja so schlecht!«

»Ich bin zwar eine alte Frau, aber blind bin ich nicht«, sagt die Oma und zieht den Frieder neben sich. Und vorsorglich spannt sie auch noch den Regenschirm auf, was im Straßenbahn-Wartehäuschen ja wirklich nicht notwendig ist.

»Sicher ist sicher«, sagt die Oma, »sonst werden ja, wer weiß, die Würstchen nass.« Sie nimmt sich eins und beißt hinein.

»Und du«, sagt sie und kaut mit vollen Backen, »du kriegst heute keine Bananen mehr, dass du’s nur weißt!«

Der Frieder nickt und strahlt und kuschelt sich neben die Oma und greift auch nach einem Würstchen. Würstchen rutschen immer.

Und dann picknicken sie lange und ausführlich. Unterm Regenschirm. Im Straßenbahn-Wartehäuschen.

Frieders Geburtstag

»Oma!«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, jetzt sag, wann hab ich denn Geburtstag?«

»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma. »Und schrei nicht so, ich bin doch nicht taub!«

»Oma!«, schreit der Frieder noch lauter. »Jetzt sag’s doch endlich! Wann hab ich denn Geburtstag?«

»Jetzt gleich, Bub Ungeduld«, sagt die Oma, »in drei Minuten!«

Und damit verschwindet sie in Frieders Kinderzimmer und macht die Tür fest zu.

Frieder hüpft aufgeregt auf und ab. Gleich hat er Geburtstag! In drei Minuten! Das hat die Oma gesagt. Und wenn’s die Oma sagt, dann stimmt das auch!

Im Kinderzimmer rumpelt’s und raschelt’s. Das kann er durch die geschlossene Tür hören. Jetzt packt die Oma die Geschenke aus, ganz klar! Und vielleicht ist der Greifbagger dabei. Der rote große, den er sich so gewünscht hat. Sicher ist der Greifbagger dabei, bestimmt … und wenn nicht?

Dem Frieder wird ganz kribbelig. Er kann’s nicht mehr aushalten, er muss … und er stürzt zum Schlüsselloch und schaut durch.

Da steht die Oma und legt auf den Kinderzimmertisch … dicke Kniestrümpfe … einen roten Pulli … drei Tüten Kartoffelchips … und … Frieder schluckt vor Spannung … einen Greifbagger! Einen roten großen Greifbagger. Der, den er sich so gewünscht hat. Hurra!

Und jetzt zündet sie Kerzen an, fünf Stück, und jetzt … ruft sie: »Nicht gucken! Du guckst doch nicht durchs Schlüsselloch?«

Der Frieder fährt erschrocken zurück. Woher weiß denn die Oma … da ruft sie schon wieder: »Bub, geh aufs Klo und warte da auf mich. Bis ich dich ruf! Haben wir uns verstanden?«

Frieder kriegt einen roten Kopf, und leise schleicht er aufs Klo, setzt sich da auf die Klobrille und wartet und freut sich und denkt an den großen roten Greifbagger …

»Bub, reinkommen! Geburtstag!«, ruft da die Oma, und Frieder rennt aus dem Klo und ins Kinderzimmer … und bleibt wie angenagelt auf der Schwelle stehen. Er sieht mit einem Blick: Der Greifbagger ist weg! Strümpfe liegen da auf dem Tisch, ein roter Pulli, drei Tüten Kartoffelchips und fünf Kerzen stehen da. Aber kein Greifbagger.

Den hat er vorhin doch durch das Schlüsselloch ganz deutlich gesehen! Hat er denn geträumt?

»Und ich gratulier auch schön«, sagt die Oma und drückt dem Frieder einen Schmatz auf die Backe und singt mit dünner Stimme: »Hoch soll er leben, hoch soll er leben, ganz oft hoch!« So singt’s die Oma immer am Geburtstag. Dann zeigt sie auf die Kerzen und auf die Geschenke und fragt: »Na, freust du dich auch recht?«

Der Frieder schluckt und nickt und geht langsam zum Tisch. Befühlt den Pulli, hebt die Kniestrümpfe hoch, knistert mit den Kartoffelchipstüten und schaut dabei heimlich in alle Ecken. Der Greifbagger ist wirklich nirgends zu sehen.

»Du sagst ja nix!«, wundert sich die Oma. »Das sind doch schöne Sachen, gell?«

»Doch, Oma«, nickt der Frieder und schluckt noch mal. Da ist so was in seinem Hals, das fühlt sich an wie Tränen.

»Dann probier einmal den Pullover an«, sagt die Oma, »und die Strümpfe. Ob sie auch passen!«

Der Pullover kratzt, aber Frieder sagt nichts, er schluckt an seinem Tränenkloß. Und beim Strümpfeanziehen schaut er schnell unter den Tisch, ob da der Greifbagger … vielleicht … nein.

»Passt alles!«, sagt die Oma zufrieden. »Und jetzt komm in die Küche! Mittagessen. Schnitzel gibt’s, weil heute Geburtstag ist. Deiner!« Und damit lässt sie den Frieder stehen und verschwindet in die Küche.

Der steht im kratzigen, neuen Pullover und den warmen, dicken Kniestrümpfen da und ist enttäuscht und kann’s immer noch nicht begreifen. Hat sich denn der Greifbagger in Luft aufgelöst?

»Jetzt komm halt, Bub Geburtstagskind«, ruft die Oma aus der Küche, »die Schnitzel werden ja kalt.«

Frieder seufzt tief auf, schnupft und schnieft und schluckt den Tränenkloß runter und schleicht in die Küche.

Da steht die Oma am Küchentisch, und vor ihr steht groß und prächtig rot … der Greifbagger. Und mit dem baggert sie geschickt aus der Pfanne ein Schnitzel auf Frieders Teller. Dem Frieder bleibt der Mund offen stehen. Da ist er ja! Da ist er ja endlich!

»So«, sagt die Oma und baggert ein Schnitzel auf ihren Teller, »ich will doch sehen, ob das neumodische Zeug auch funktioniert!«

»Ich will doch sehen, ob das neumodische Zeug auch funktioniert!«

Da schreit der Frieder los. Und wie!

»Hurra, Oma!«, brüllt er. »Hurra, hurra, da ist ja der Bagger!« Und er stürzt auf die Oma zu. Und auf den Greifbagger.

»Ich bin zwar eine alte Frau, aber blind bin ich nicht!«, sagt die Oma und holt die Kartoffeln. »Schlüssellochgucker, schlimmer!«

Der Frieder grinst und wird rot, beinahe so rot wie der Greifbagger. Er packt ihn und baggert Kartoffeln aus der Schüssel auf die Teller. Und fast überhaupt keine fallen daneben.

Es ist dann noch ein sehr schöner Geburtstag geworden.

»Der schönste!«, behauptet der Frieder.

»Das sagst du jedes Jahr!«, behauptet die Oma. »Schlüssellochgucker.«

Aber der Frieder wird nicht mehr rot. Jetzt hat er sich schon an das Wort gewöhnt.

Mensch-ärgere-dich-nicht

»Oma!«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, du sollst mit mir spielen!«

»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma. »Spielen geht nicht, ich muss erst die Wäsche aufhängen. Eine alte Frau ist doch kein D-Zug, jetzt zerr nicht an mir herum!«

Und damit packt sie den Wäschekorb und die Wäscheklammern und will zur Tür hinaus.

»Oma«, schreit der Frieder noch lauter und hält sie am Rock fest, »du sollst aber mit mir spielen. Weil ich es will. Jetzt gleich!«

»Ja wirst du wohl!«, ruft die Oma und droht mit einer Wäscheklammer.

»Was nicht geht, geht nicht, und damit Schluss.«

Aber als sie Frieders enttäuschtes Gesicht sieht, da tut’s ihr dann doch leid, und sie sagt: »Schau, Bub, jetzt hänge ich erst die Wäsche auf, und dann spiele ich mit dir, ja? Mensch-ärgere-dich-nicht, ja?« Und damit schnauft sie, Wäschekorb unterm Arm, zur Tür hinaus.

»Bäh!«, schreit der Frieder hinterher. Aber das hört die Oma zum Glück nicht mehr. Da ist sie schon unten im Hof. Und Frieder steht im Flur und ärgert sich.

Wäscheaufhängen! Das dauert ja ewig! Das weiß er schon. Mist! Wo er doch so Lust auf Spielen hat. Jetzt sofort. Aber die Oma ist weg.

Frieder überlegt. Und dann hat er eine Idee. Eine prächtige.

Wenn die Oma weg ist, dann … dann spielt er halt: Er ist auch weg! So!

Wenn die Oma vom Wäscheaufhängen wiederkommt, dann ist er einfach nicht zu Hause. Dann kann die Oma lange vor der Tür stehen und klopfen. Er macht nicht auf, er ist ja weg. Soll sie ruhig warten. So wie er. Das hat sie dann davon.

Den Haustürschlüssel hat die Oma nicht mitgenommen, das hat der Frieder genau gesehen. Den nimmt sie nämlich nie mit, wenn sie in den Hof geht zum Wäscheaufhängen. Weil ja der Frieder sonst immer zu Hause ist und wartet. Sonst immer. Heute nicht!

Frieder grinst, setzt sich im Flur auf den Boden, legt den Finger auf den Mund und wartet.

Ziemlich lange. Die Oma kommt und kommt nicht.

Frieder wird schon ganz kribbelig, da hört er endlich jemanden die Treppe raufschnaufen. Die Oma.

Und da ruft sie auch schon: »Bub, mach auf, ich bin wieder da!«

»Das klingt ja wie der Wolf bei den sieben Geißlein«, denkt der Frieder, »ganz genauso. Und die haben aufgemacht, und es ist schlecht ausgegangen. Ich mach nicht auf.« Er kichert leise in sich hinein und rührt sich nicht vom Fleck.

Da klopft die Oma gegen die Tür. »Ja sitzt du jetzt auf deinen Ohren? Aufmachen sollst du!«

»Nichts da«, denkt der Frieder, »jetzt grad nicht.« Er rührt sich nicht und macht auch keinen Mucks.

Nun pumpert die Oma feste gegen die Tür: »Ja bist du denn verrückt? Mach sofort auf. Ich steh mir ja die Beine in den Bauch.«

Da muss der Frieder beinahe laut lachen, aber er hält sich rechtzeitig den Mund zu und bleibt sitzen.

Schließlich hat er ja beschlossen, nicht zu Hause zu sein. Soll doch die Oma warten. Und sich die Beine in den Bauch stehen.

Die denkt aber gar nicht dran, sondern haut nun aus Leibeskräften gegen die Tür und jammert: »Bub, Bub, mach auf! Oder ist dir was passiert? Es wird dir doch nix passiert sein?«

Also, nun tut sie ihm aber doch ein bisschen leid, die Oma. Weil sie so jammert und sich Sorgen macht.

Sorgen soll sie sich nicht machen, und so ruft er ganz laut: »Nein, Oma, es ist nichts passiert. Ich bin bloß nicht zu Hause!«

Eine Weile bleibt’s still vor der Tür, dann schreit die Oma: »Was bist du?«

»Nicht zu Hause!«, brüllt der Frieder zurück. »Weil ich immer auf dich warten muss. So!«

»Jetzt schrei nicht so, ich bin doch nicht taub«, ruft die Oma und dann murmelt sie noch was und dann ist nichts mehr zu hören.

Der Frieder lauscht. Nichts. Absolut nichts.

Frieder wartet eine Weile, horcht … noch immer nichts. Warum sagt denn die Oma nichts mehr? Ist sie etwa weggegangen und lässt ihn hier ganz alleine sitzen?

Frieder probiert’s noch mal.

»Oma«, ruft er, »du, Oma, bist du noch da?«

Keine Antwort.

»Oma«, ruft der Frieder lauter, »Oma, sag doch was!«

Wieder keine Antwort.

»Bitte, liebe Oma!«, schreit der Frieder ganz laut, und beinahe muss er dabei heulen.

Nichts.

Jetzt ist dem Frieder klar, die Oma ist weg.

Auf immer.

Er springt auf und reißt die Tür auf und will ganz laut schreien … da sitzt die Oma vor ihm auf der Treppe und lässt ihre Wäscheklammern auf ihrem Schoß auf und ab spazieren. »Mensch, Oma!« Der Frieder schnauft tief durch. »Hast du mir aber Angst gemacht!«

»Das kommt davon«, sagt die Oma, aber sie schaut nicht auf, sie schaut auf die Wäscheklammern auf ihrem Schoß.

»Was machst du denn da, Oma?«, fragt der Frieder.

»Ich spiele«, sagt die Oma, »Mensch-ärgere-dich-nicht! Jetzt hab ich mich schon wieder selber rausgeschmissen.«

»Mensch, Oma!«, sagt der Frieder noch mal und grinst und macht die Tür weit auf. »Komm rein. Dann spielen wir richtig. Ich bin nämlich wieder zu Hause, weißt du!«

»Na, Gott sei Dank«, sagt die Oma, steht schnaufend auf und nimmt Wäschekorb und Wäscheklammern. »Hier draußen zieht’s. Und ich verlier andauernd.«

Und damit marschiert sie am Frieder vorbei in die Küche. Der Frieder grinst und springt hinterher. Und dann holen sie das Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel und dann sitzen Frieder und Oma in der Küche und spielen. Die Oma gewinnt andauernd.

Weil der Frieder sie gewinnen lässt.

Oder weil sie auf der Treppe so fleißig geübt hat.

»Mensch, Oma, hast du mir aber Angst gemacht!«

Vertauschte Rollen

»Oma!«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, ich mag nicht immer Frieder sein, ich mag mal Oma sein!«

»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma.

»Jetzt sei froh, dass du ein Bub bist. Kinder haben’s besser!«

»Gar nicht«, sagt der Frieder und greift sich Omas Hut, den grauen, und Omas Tasche, die schwarze.

»Omas haben’s besser, das ist doch klar!«

»Ja bist du denn verrückt?«, ruft die Oma und will nach ihrem Hut greifen. Da klapst ihr der Frieder einfach auf die Finger, rückt den Hut gerade auf seinem Kopf und befiehlt: »Marsch, ab mit dir ins Kinderzimmer. Ich bin jetzt die Oma und damit Schluss!«

»Ja wie redest du denn mit mir?«, wundert sich die Oma und will nach ihrer Tasche greifen. Die zieht der Frieder aber schnell weg und er macht eine ganz tiefe Stimme und befiehlt noch mal: »Ab mit dir ins Kinderzimmer, habe ich gesagt! Da spiel schön. Aber ordentlich, haben wir uns verstanden? Ich geh in die Küche!« Und damit marschiert er würdevoll ab und lässt die verblüffte Oma stehen.

Die guckt, schüttelt den Kopf und murmelt dann: »Lausebengel, verflixter. Na, warte!« Und sie verschwindet im Kinderzimmer und macht die Tür fest zu.

Der Frieder steht in der Küche, Hut auf dem Kopf und Tasche in der Hand. Er schaut sich um. Dann legt er erst mal den Hut auf den Küchentisch und die Tasche daneben. So. Nun ist er also in der Küche. Als Oma. Was macht die Oma in der Küche? Sie wäscht ab. Aber abwaschen ist langweilig, und überhaupt hat die Oma längst abgewaschen. Nichts steht rum. Blitzblank ist die Küche.

Was macht sie denn noch? Sie kocht, ganz klar. Also muss er jetzt kochen. Am besten Reisbrei. Den mag er so gerne.

Zum Reisbrei braucht’s Reis und Milch und Zimt und Zucker. Das weiß der Frieder längst.

Der Reis steht im Küchenschrank. Frieder holt sich den Küchenhocker, steigt rauf, öffnet die Küchenschranktür, und dann reißt er die Reistüte so heftig hervor, dass sie platzt und die Reiskörner auf den Boden rieseln. Macht nichts. Das kann man ja zusammenfegen.

Jetzt holt er den Zucker. Der Zuckertopf steht auch im Küchenschrank. Vorsichtig holt ihn der Frieder heraus und steigt vorsichtig vom Küchenhocker und will ihn vorsichtig auf den Küchentisch stellen, da kippt der Zuckertopf beinahe von selber um, und der Zucker rieselt in Omas Hut und in Omas Tasche. Blöd.

Na ja, dann holt er eben jetzt mal den Zimt. Aber den findet er nicht. Auch wenn er sämtliche Schüsseln, Teller und Töpfe aus dem Küchenschrank räumt, der Zimt bleibt verschwunden.

Na gut, der Zimt kann warten. Jetzt erst mal die Milch. Frieder holt aus dem Kühlschrank die Milch, schüttet sie in einen Topf. Leider schwappt die Hälfte daneben. Macht nichts, kann man ja aufwischen.

Nun muss die Milch auf den Herd. Frieder stellt also den Milchtopf auf den Herd.

Macht nichts.

Das kann man ja zusammenfegen.

Nun muss aber auch ein Feuer drunter. Frieder sucht nach Zündhölzern, sucht und sucht und findet sie nicht. Zündhölzer braucht er aber. Weil’s sonst kein Feuer gibt. Und ohne Feuer kocht die Milch nicht, das ist klar. »Oma!«, schreit der Frieder und reißt die Tür auf. »Oma, bring mir Zündhölzer, aber schnell!«

»Ja bin ich denn dein Diener?«, schreit die Oma zurück. »Ich bin im Kinderzimmer und spiel schön, dass du’s nur weißt!« Der Frieder horcht auf. Was tut die Oma? Sie spielt schön? Das muss er sehen.

Frieder saust aus der Küche und ins Kinderzimmer. Da sitzt die Oma und hat alle seine Spielsachen um sich herum gestreut. Die Rennautos liegen im Bett, die Legosteine alle, aber auch wirklich alle, halb unterm Bett, halb auf dem Tisch. Die Malsachen liegen auf dem Boden, die Plüschtiere auf dem Stuhl, und gerade ist die Oma dabei, die Schachtel mit den Bauklötzen auszuleeren.

»So!«, sagt sie zufrieden, steht auf und marschiert am Frieder vorbei in die Küche.

Der Frieder staunt. Das Zimmer sieht vielleicht aus! So eine Unordnung! Das hat er ja noch nie geschafft! »Oma!«, brüllt er empört. »Mein Zimmer ist ja ein Schweinestall!«

»Wie du mir, so ich dir!«, brüllt die Oma zurück. »Meine Küche, die ist auch ein Schweinestall! Und überhaupt, mit Zündhölzern sollst du nicht zündeln, wie oft soll ich dir das noch sagen!«

»Und überhaupt«, schreit der Frieder, »mit meinen Spielsachen sollst du nicht so rumschmeißen, wie oft soll ich das noch sagen!«

»Na geh«, sagt die Oma und steckt den Kopf zur Küchentür raus, »ich hab halt schön gespielt. Omas als Frieder spielen halt so!«

»Und ich«, sagt der Frieder und grinst dabei, »ich hab halt schön gekocht. Frieders als Oma kochen halt so.«

»Leider!«, sagt die Oma und grinst auch, und dann gibt sie dem Frieder einen Schmatz auf die Backe und sagt: »Weißt was? Jetzt bin ich wieder die Oma, und du bist wieder der Bub. Und ich räum auf in meiner Küche und du räumst auf in deinem Zimmer, ja? Und dann koche ich uns was. Einen Reisbrei, ja?«

Der Frieder nickt und der Frieder seufzt und dann fängt er an, die Bauklötze wieder einzusammeln und die Legosteine und die Plüschtiere und … und … und …

Und eigentlich ist er jetzt doch lieber wieder der Frieder. Wenn er an die verschüttete Milch denkt und an den Zucker in Omas Hut …

Die Oma seufzt und stöhnt und schnauft und wischt und fegt und räumt auf.

Und endlich ist sie fertig.

Der Frieder auch.

Ja, und dann haben Oma und Frieder zusammen Reisbrei gekocht. Mit Zimt und Zucker. Die Oma hat den Zimt sofort gefunden. Weil sie ja weiß, wo er steht.

Ja, und dann haben Oma und Frieder zusammen gespielt. Mit den Legosteinen. Und sie haben ein sehr schönes, sehr großes Haus gebaut. Weil der Frieder ja weiß, wie so was geht.

Fußball

»Oma!«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, ich möcht so gerne Fußball spielen. Spiel mit mir!«

»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma.

»Eine alte Frau ist doch kein D-Zug. Und ein Fußballspieler schon gar nicht, dass du’s nur weißt. Ich muss jetzt bügeln!«

Und damit verschwindet sie in die Küche.

Frieder mault hinterher: »Nie und nie spielst du mit mir, dumme Oma!«

Aber er mault nur leise, damit die Oma es nicht hört, und dann zieht er ab ins Kinderzimmer. Wenn die Oma nicht will, dann will sie nicht, das weiß er schon längst.

Im Kinderzimmer greift der Frieder missmutig nach dem Fußball. Schön ist der, groß und schwer und schwarz-weiß, wie in echt.

Missmutig lässt er ihn über den Boden kullern. Kickt ein bisschen dagegen. Hebt ihn auf. Lässt ihn wieder fallen. Blöd. Niemand spielt mit ihm, und Fußball schon gar nicht. Wo er doch grad so Lust darauf hat.

Zornig haut er auf den Ball, dass der hochspringt und geradewegs ins Bett hineinhüpft.

Frieder schnappt ihn sich wieder, legt ihn sich vor den Fuß, den rechten, kickt, und im Bogen saust der Ball gegen die Schranktür. Boing! Das knallt!

Frieder grinst. Spielt er eben alleine Fußball. Wenn die Oma ja nicht will. Es geht gut ohne die Oma, prima sogar. Er schnappt sich wieder den Ball und kickt gleich noch mal. Wieder gegen die Schranktür. Das knallt diesmal noch ärger. »Ja bist du denn verrückt!«, schreit die Oma aus der Küche. »Schluss jetzt! Da kann ja kein Mensch in Ruhe bügeln!«

»Selber schuld«, denkt der Frieder, aber er sagt nichts, sondern kickt verbissen weiter. Diesmal ins Spielzeugregal. Volltreffer. Eine Schachtel mit Legosteinen prasselt zu Boden. Das lärmt. Herrlich!

»Was machst du denn da?«, schreit die Oma wieder aus der Küche. »Das Haus stürzt ja ein!«

»Ich spiel bloß ein bisschen«, ruft der Frieder zurück und hat schon wieder den Fußball vorm Fuß liegen. »Es ist nix passiert!«

»Ich bin zwar eine alte Frau, aber taub bin ich nicht«, zetert die Oma. »Spiel leiser, haben wir uns verstanden?«

»Grad nicht«, denkt der Frieder und holt aus und schießt einen gewaltigen Schuss. Mitten in die Bauklötze hinein. Der Pappkarton kippt um und die Bauklötze poltern heraus.

»Tor!«, brüllt der Frieder. »Eins zu null für mich!« Und er packt den Ball und legt ihn wieder vor seinen Fuß und holt weit aus und zielt, und boing landet der Ball in der Fensterscheibe.

Es klirrt und Frieder steht verdutzt und der Ball ist draußen und die Fensterscheibe ist kaputt.

Auweia. Das hat er nicht gewollt!

»So, jetzt reicht’s!« Die Oma reißt die Tür zum Kinderzimmer auf und bleibt erstarrt auf der Schwelle stehen.

»Nein!«, ächzt sie.

»Doch!«, flüstert der Frieder.

Und beide beschauen mit großen Augen das gezackte Loch in der Fensterscheibe.

Und dann heult der Frieder los, und die Tränen hüpfen nur so über seine Backen: »Oma, das hab ich nicht gewollt, Oma!« Er dreht sich zur Oma und drückt seinen Kopf an ihre Schürze.

»Oma«, schluchzt er, »es tut mir ja so leid.«

»Mir auch«, sagt die Oma und betrachtet kopfschüttelnd den Schaden. »Was geschehen ist, ist geschehen«, sagt sie, »da beißt die Maus keinen Faden ab!«

Frieder schluchzt jammervoll auf. »Oma, was machen wir denn jetzt? Die Scheibe soll wieder heil sein!«

Und da zetert die Oma los: »Ja was meinst denn du? Von selber wächst die nicht mehr zusammen, die Fensterscheibe. Da muss der Glaser her. Was für ein Umstand, was für ein grausliger. Und bloß, weil du im Zimmer fußballerst. Wer macht denn auch so was, das möcht ich grad mal wissen!«

Der Frieder sagt nichts, der Frieder steht und heult und klammert sich an der Oma fest.

Da packt sie ihn um die Schulter und schiebt ihn zur Tür und sagt: »So, und jetzt gehn wir erst mal den Ball holen!« Und sie schiebt den heulenden Frieder die Treppe runter. Der Ball liegt im Vorgarten. Still, schwarz-weiß und friedlich. Und Scherben liegen auch da. Nicht viel, aber immerhin. »Dass du mir die nicht anlangst«, sagt die Oma und bückt sich und sammelt vorsichtig die Scherben zusammen und legt sie auf ein Häufchen. »Fehlt grad noch, dass du dich schneidest!«

Frieder steht und schluchzt und langt nichts an.

Die Oma hebt den Ball auf, guckt auf den Ball, guckt hoch zur zerbrochenen Fensterscheibe und murmelt: »Und gerade das Fenster hab ich morgen putzen wollen!«

»Das brauchst du jetzt nicht mehr, Oma«, flüstert der Frieder und schnieft und wischt an den Tränen herum.

»Lausebengel«, sagt die Oma und hat noch immer den Ball in der Hand. Nachdenklich schaut sie drauf, und dann sagt sie ganz langsam: »Na ja, wenn wir schon gerade unten sind …« Und sie legt den Ball vor sich hin, holt kräftig aus und kickt, und der Ball fliegt dem Frieder an den Kopf.

»Au!«, sagt der und greift sich an den Kopf und greift nach dem Ball. »Aber Oma!«

»Schieß zurück!«, schreit die Oma. »Und zwei Wochen gibt’s kein Eis. Strafe muss sein!«

Frieder schnieft und Frieder nickt und Frieder wischt sich die Tränen weg, dann grinst er und schießt den Ball zurück. Die Oma fängt ihn geschickt auf und kickt zurück, und Frieder schmeißt sich dem Ball entgegen und hält ihn.

»Das war ein Tor gewesen«, japst die Oma. »Platz da, jetzt klappt’s!« Und wieder holt sie mächtig aus und kickt, und diesmal saust der Ball ins Tulpenbeet. In das, was friedlich, rot und gerade im Vorgarten gepflanzt ist.

»Aber Oma!«, schreit der Frieder und muss noch mehr grinsen, aber dann springt er rasch zum Tulpenbeet und holt den Ball. Drei Tulpen sind umgeknickt. Abgebrochen sind sie zum Glück nicht. »Aber Oma!«, sagt der Frieder noch mal.