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Denken sollte stets ein Denken gegen die eigenen Sympathien sein. Rudolf Burger hat diese Maxime zum erkenntnisleitenden Prinzip seines Denkens und zur schützenden Klausel gegen illusionäre Neigungen gemacht. Denn er sympathisiert durchaus mit dem, was er angreift: mit humanistischer Bildung und Kultur, mit Liberalität und romantischer Sehnsucht, mit erhabenen Gefühlen und der Freiheit des Willens. Aber was, wenn diese schönen Worte sich als Ausdruck trügerischer Konzepte entpuppen? Ganz gleich, ob er sich mit dem Problem der Willensfreiheit auseinandersetzt, den Verständigungsschwierigkeiten zwischen Natur- und Geisteswissenschaftlern, ob er das humanistische Bildungsideal entzaubert, die vielbeschworenen Grundlagen einer europäischen Kultur auf ihren Nominalwert überprüft oder den Liberalismus beim Wort nimmt – Rudolf Burger erweist sich auch in den vorliegenden Essays als illusionsresistenter, das Nachdenken fulminant befördernder Zeitdiagnostiker.
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Seitenzahl: 133
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RUDOLF BURGER
Das Elend des Kulturalismus
Antihumanistische Interventionen
Reihe zu Klampen
Essay Herausgegeben von
Anne Hamilton
Rudolf Burger,
Jahrgang 1938, ist Professor emeritus für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Nach Abschluss seines Studiums der Technischen Physik (Promotion 1965) war er u. a. am Battelle-Institut in Frankfurt am Main und im Planungsstab des Bundesministeriums für Forschung und Technologie in Bonn tätig. 1987 wurde er als Professor für Philosophie an die Universität für angewandte Kunst berufen, deren Rektor er von 1995 bis 1999 war. Mit seinen Schriften zur politischen Situation sorgte er mehrmals für landesweite Kontroversen in Österreich. Bei zu Klampen sind bereits erschienen: »Ptolemäische Vermutungen«. (2001), »Re-Theologisierung der Politik?«. (2005) und »Im Namen der Geschichte. Vom Missbrauch der historischen Vernunft«. (2007).
Cover
Titel
Der Autor
Zitat
Was ist Bildung?
Der Triumph des LiberalismusEin Nachruf
Das Elend des Kulturalismus
Die Sehnsucht nach dem UnendlichenÜber das romantische Rezidiv
Vom Willen zum Erhabenen
Willensfreiheit als semantischer Effekt
Nachweise
Impressum
Fußnoten
WER nur Erbauung sucht, wer die irdische Mannigfaltigkeit seines Daseins und des Gedankens in Nebel einzuhüllen und nach dem unbestimmten Genusse dieser unbestimmten Göttlichkeit verlangt, mag zusehen, wo er dies findet; er wird leicht selbst sich etwas vorzuschwärmen und damit sich aufzuspreizen die Mittel finden. Die Philosophie aber muß sich hüten, erbaulich sein zu wollen.
G. W. F. Hegel
I.
WAS immer »Bildung« sein mag– der deutsche Begriff von ihr ist jedenfalls, so lautet die Auskunft gebildeter Leute, in andere Sprachen nicht wirklich übersetzbar. Die Wörter »education«. (engl.) oder »éducation«. (fr.) haben bei weitem nicht jenen Umfang– gebildet ist, wer »allgemein« gebildet ist– und jene Bedeutungsschwere, die der sehr deutsche Begriff »Bildung« als subjektive Inkorporation von »Kultur« seit dem Deutschen Idealismus, seit Johann Gottfried v. Herder, dem ersten Theoretiker und Stichwortgeber eines spezifisch deutschen Bildungsbegriffs, und Wilhelm v. Humboldt, dem großen Reformprogrammatiker der preußischen Universitäten, mit sich schleppt. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist der Bildungsbegriff, über den das Bildungsbürgertum sich lange Zeit kulturell definierte, idealistisch imprägniert; und zwar nicht nur durch die Philosophie und die Literatur der deutschen Klassik und Romantik, sondern vor allem durch einen Neuhumanismus, der in der griechisch-römischen Antike sein kulturelles Ideal erblickte und im humanistischen Gymnasium sowie in der neuorganisierten Universität seiner vermeintlich unpraktischen »Bildungsreligion« als notwendiger Grundlage jeder akademischen Fachausbildung eine praktisch folgenreiche Normgeltung verschaffte:
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