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Magdalena Paulus, selbst Jahrgang 1953, begrüßte zunächst viele Ziele der 68er-Bewegung. Arbeiterkindern wie ihr wurde der gesellschaftliche Aufstieg oft verwehrt und Frauen besaßen nur wenig Rechte. Doch schon bald stellte sie fest: Aufklärung und Toleranz haben auch ihre Schattenseiten - Orientierungslosigkeit und Entfremdung. Eine persönliche und ausgewogene Bilanz der 68er und ihrer Folgen, ein Plädoyer für eine christliche "Kultur der Freiheit".
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Der SCM-Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-7751-7260-8 (E-Book)ISBN 978-3-7751-5618-9 (lieferbare Buchausgabe)
Datenkonvertierung E-Book:CPI books GmbH, Leck
© der deutschen Ausgabe 2015
SCM-Verlag GmbH & Co. KG · Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen
Internet: www.scmedien.de · E-Mail: [email protected]
Umschlaggestaltung: Jens Vogelsang, Aachen
Titelbild: shutterstock.com
Autorenfoto: Ellensohn Fotografie
Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach
Kapitel 1Aufbruch in eine neue Zeit – die 68er und ich
Die Kölner Demo 1966
Chancengleichheit: Bildung und Wohlstand für alle!
Die Ständegesellschaft lässt grüßen
Aufbruch in die Freiheit
Der Kalte Krieg und die Bundesrepublik im Jahr 1968
Notstandsgesetze und die APO
Radikale Gesellschaftskritik und Rudi Dutschke
Gewalt und Gegengewalt
Wurzeln des Jugendprotestes
Kapitel 2Die Aufklärung: Abschied von der Fremdbestimmung
Ständeordnung: Gott gibt jedem seinen Platz in der Welt
Die Reformation: Die Idee von der Verantwortlichkeit des Fürsten
Das Ende des Untertanen: Die Rechte des Bürgers
Der Absolutismus: Machtmissbrauch und der Ruf nach Mitbestimmung
Der Fürst als »erster Diener des Staates«: Der aufgeklärte Absolutismus
Von John Locke nach Amerika: »We, the people«
Die Aufklärung: Der Kampf für die Freiheit
Von der Aufklärung zu den 68ern
Kapitel 3Die Frauen und die Freiheit
Eine Frau darf nicht lehren oder leiten
Frauenrolle: Haushalt, Kinder, Ehemann
Die Frau ist minderwertig!
19. Jahrhundert: Der Kampf um Gleichberechtigung beginnt
Die Frau im Ehe- und Familienrecht
Der Sieg des Grundgesetzes
Kapitel 4Europa ohne Gott: Der Glaube an die Wissenschaft
Religion? Nein danke!
Der Fortschritt ersetzt Gott
Die Entthronung Gottes
Von Darwin zu Hitler
Das europäische Haus ist zerbrochen
Kapitel 5Toleranz oder Gleichgültigkeit? Das Ende der Wahrheit
Der Sinn von Religion: Anstand und Ordnung?
Wahrheit und Nützlichkeit
Der Dreißigjährige Krieg: Im Namen Gottes!
Toleranz: Im Namen der Vernunft!
Die Ringparabel: Schlüsseltext der Toleranzidee
Die Irrtümer der Ringparabel
Das Christentum ist keine Morallehre
Eine neue Religion: Der intolerante Humanismus
Die Wahrheit unter Fanatismusverdacht
Wenn alles gleich gültig ist, ist alles gleichgültig
Kapitel 6Im Supermarkt der Religionen
»Wir glauben doch alle dasselbe!«?
Spiritualität ist cool: Harmonie mit dem Universum und dem Selbst
Der Esoterik-Boom: Geschäft, Gesundheit, Lebenshilfe
Esoterik: »Heilender« Glaube, wissenschaftlicher Humbug
Postmoderne: Abschied vom Rationalismus
Gott als Supermarkt-Artikel
Der Mensch als Gott: Die Religion der »Ich-Pflege«
Es geht um Wellness, nicht um die Welt
Die Kirchen: Verpasste Chancen
Kapitel 7Auf der Suche nach dem Glück und der Stress der Selbstverwirklichung
Fremde Welt Gymnasium
Die multioptionale Gesellschaft
Moderne Erfolgsgeschichten
Von Performern, Expeditiven und Hedonisten
Gewinner der Postmoderne
»Du sollst schauen! Ich bin einmalig!«: Das Leben als Castingshow
Die Schattenseiten der multioptionalen Gesellschaft
Kapitel 8Das grenzenlose Ich: Die Freiheit in Gefahr
Wo ist mein Platz in der Welt? Selbst-Test USA
Wer bin ich? Die Frage nach der Identität
Die bedrohte Freiheit
Der missbrauchte Mensch
Die Zukunft der Freiheit
Kapitel 9Kirche im Milieugetto
Christentum und Kultur
Kampfplatz Universität
Postmoderne: Die Christen in der Minderheit
Die »normale« bürgerliche Mitte und die Postmoderne
Gemeinden: Zeitinseln der Vormoderne
Ist das biblische Christsein vormodern?
Christen als Verhinderer und Blockierer
Die Gemeinde Jesu: Gefangen im Milieugetto
Schwimmen oder untergehen
Kapitel 10Kirche als Avantgarde
Den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche
Die Kontextualisierung des Evangeliums
In der Welt – und zum Dienst berufen an der Welt
Die Gemeinde als Avantgarde
Kapitel 11Die verlorenen Söhne
Der christliche Glaube und die Freiheit
Der jüngere Sohn: Rebellion und grenzenlose Freiheit
Der ältere Sohn: Die bürgerlich Anständigen
Der dritte Bruder: Jesus
Die Bewahrung der Freiheit
Anmerkungen
[Zum Inhaltsverzeichnis]
Es war im Oktober 1966. In Köln fand die erste Großdemonstration statt– und ich war dabei! Die Straßen waren schwarz vor jungen Menschen. Tausende Schüler und Studenten zogen durch die Innenstadt und riefen spöttisch: »Wir sind eine kleine, radikale Minderheit.« Das war die Verharmlosung, mit der ein Regierungspolitiker die anwachsende Unruhe der Jugend verniedlicht hatte. Ganz Köln war blockiert. Der Verkehr brach zusammen, Busse und Straßenbahnen waren lahmgelegt, denn auf den Schienen kam es zu den ersten Sitzstreiks. Vordergründig ging es um den öffentlichen Nahverkehr, um Busse und Straßenbahnen: Es war der große Streik gegen die Fahrpreiserhöhung der Kölner Verkehrsbetriebe. Die Studenten hatten sich mit den Schülern der Gymnasien vereint, und die geballte Frauenpower des städtischen Mädchengymnasiums Genovevastraße war mit dabei. Wir protestierten!
Am Abend gab es Straßenkämpfe zwischen der Polizei und den Studenten. Ich wollte bleiben, doch meine Freundin zerrte mich in eine überfüllte Straßenbahn und nach Hause. »Leider«, dachte ich damals. Denn endlich tat sich was! Ich wollte mich doch einsetzen im Kampf für eine bessere Welt und Chancengleichheit für alle. Und natürlich sollte sich auch politisch und sozial einiges ändern– das hoffte ich!
Ich hatte meine eigenen, ganz persönlichen Gründe für den Protest. Deutschland war damals ein ganz anderes Land. Die Gesellschaft war in mindestens zwei Schichten geteilt, jedenfalls aus der Sicht meiner Familie und der Leute in unserer Straße, einer Reihenhaussiedlung am Rand von Köln: Es gab die Klasse der Studierten, der Akademiker, die die leitenden Stellen in der öffentlichen Verwaltung und in Wirtschaft und Politik besetzten. Wer Abitur und ein Studium hatte, war vorgesehen für eine Führungsposition. Wer das nicht hatte, konnte kaum aufsteigen. Und dann gab es Leute wie uns, Arbeiter und kleine Angestellte. Anfang der 60er-Jahre wohnten in unseren Reihenhäusern keine Akademiker. Niemand war auf dem Gymnasium gewesen, keiner hatte Abitur, niemand hatte ein Auto und alle hatten viele Kinder.
Ohne es deutlich benennen zu können, fühlte ich eine unbändige Wut gegen eine Gesellschaft der Bevormundung und Ausgrenzung. Angeblich lebten wir ja in einer neuen Zeit, in der die Begabung und nicht die Herkunft über den Zugang zu Bildung entscheiden sollte. Doch als Familie waren wir zunächst auf die alten Strukturen geprallt.
In meiner Familie war ich das einzige Mädchen unter drei Brüdern, die Dritte von vieren. Für meine Eltern und uns bedeutete Freiheit Chancengleichheit: die Möglichkeit des Aufstiegs in eine höhere soziale Schicht. Die Voraussetzung dafür war ein Zugang zur Bildung, wie er lange nur Kindern von Akademikern oder Bessergestellten vorbehalten gewesen war. Mein Vater war Handwerker, gelernter Schneider, und wie meine Mutter hatte er »nur« einen Volksschulabschluss. Zu mehr hatten ihre Kreise damals keinen Zugang gehabt. Dabei konnten sich beide in Sprache und Schrift hervorragend– und fehlerlos– ausdrücken, anders als viele Menschen heute in den Zeiten der SMS. Beide waren sehr belesen und gaben ihre Lesekultur an uns Kinder weiter. Sie verschlangen alle Neuerscheinungen der »Büchergilde Gutenberg«. Das Haus war immer voller Bücher, und für Bücher war immer Geld und Zeit da. Täglich wurde der »Kölner Stadtanzeiger« von vorne bis hinten durchgelesen– und ich las ihn auch.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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