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Gibt es eine Gebrauchsanweisung für gute Bilder? Eine Frage, die sich nicht so einfach mit ja oder nein beantworten lässt, weil jedes Bild zwei Ebenen der Beurteilung hat, den Inhalt, also die Aussage der Fotografie auf der einen Seite und ihre Gestaltung auf der anderen Seite. In diesem Buch von Harald Mante, einem der Klassiker der Fotoliteratur, das in der 4. Auflage erscheint und völlig neu illustriert wurde, geht es um die Bildgestaltung, die Komposition eines Bildes mit Form und Farbe. Auch dafür gibt es keine Gebrauchsanweisung, keine Patentrezepte, aber es gibt sehr wohl Prinzipien und Regeln, die sich durch die Epochen der Malerei und der Fotografie entwickelt haben. Harald Mante vermittelt diese Grundlagen, das kreative Arbeiten mit "Punkt, Linie, Fläche und Farbe" und illustriert alles mit wunderbaren Fotografien. Seine Gestaltungs- und Farbenlehre geht zurück auf die Bauhaus-Schule, insbesondere auf Johannes Itten und Vincent Weber, bei dem Harald Mante Malerei studiert hat. Viel wird in der Fotografie über "Looks" und über "fotografische Techniken" gesprochen, wobei häufig die grundlegenden Themen der Gestaltung und der Bildaussage vernachlässigt oder ignoriert werden. "Das Foto" von Harald Mante möchte diese Grundlagen der Fotografie wieder in Erinnerung rufen und mit seinem Buch den Fotografen die Prinzipien guter Bildgestaltung vermitteln. Und es soll anregen mehr und intensiver zu sehen - mehr als vorher, mehr als Andere. Denn fotografisches Gestalten bedeutet in erster Linie fotografisches Sehen.
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Seitenzahl: 75
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Harald Mante
unter Mitarbeit vonEva Witter-Mante
Bildaufbau und Farbdesign
Harald Mante
Lektorat: Gerhard Rossbach
Copy-Editing: Petra Kienle, Fürstenfeldbruck
Satz: Ulrich Borstelmann, www.borstelmann.de
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de, unter Verwendung eines Bildes des Autors
Alle Aufnahmen vom Autor mit digitalen Kameras von »Sony«
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
978-3-86490-473-8
978-3-96088-614-3
ePub
978-3-96088-615-0
mobi
978-3-96088-616-7
4. Auflage 2018
© 2018 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg
© 1.–3. Auflage erschienen im Verlag Photographie, 82205 Gilching
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Durch ein Studium der Malerei bei dem Bauhausschüler Vincent Weber wurde ich – nach einer Lehre als Schildermaler – mit dem Gedankengut des Bauhauses vertraut gemacht. Als ich 1960 im Alter von vierundzwanzig Jahren fast zufällig das Medium Fotografie für mich entdeckte, konnte ich meine Erkenntnisse in der Malerei fast 1:1 auf dieses, für mich neue Medium anwenden. Schon immer habe ich gerne mein Wissen weitergegeben und schon bald konnte ich erste Kurse an der VHS Wiesbaden anbieten. Die Leitung von zwei Jugendlaboren und ein Lehrauftrag an der Werkkunstschule Wiesbaden folgten. Die Erfahrungen in der Lehre bildeten die Grundlage für meine ersten beiden Bücher »Bildaufbau« und »Farb-Design« 1969 und 1970. Der internationale Erfolg dieser Bücher führte 1971 zu einer Berufung an die Gesamthochschule Wuppertal und 1974 zu einer Professur an der Fachhochschule Dortmund. Dreißig Jahre Lehrtätigkeit und eine rege Reisetätigkeit führten zu zahlreichen Veröffentlichungen und weiteren Büchern. Zu meiner Emeritierung 2001 erschien die erste Auflage von »Das Foto«. Obwohl im Titel dieses Buches der Vermerk »4. Auflage« steht, ist es für mich wie ein neues Buch. Illustriert mit über 300 bisher unveröffentlichten digitalen Bildern der letzten sieben Jahre, mit überarbeiteten Grafiken, der Wiederaufnahme der grafischen Bildanalysen in den Kapiteln der Gestaltungselemente Punkt, Linie und Fläche, sowie das quadratische Buchformat, geben diesem Buch von Außen und von Innen ein ganz eigenes, neues Erscheinungsbild.
Kein Bild ohne Gestaltung
Punkt und Punkte
Der Punkt und störende Punkte
Zwei und drei Punkte
Optische Linien und optische Formen
Punkthäufung, Struktur
Die Linie
Erscheinungsform und Kräfte der Linie
Die waagerechte Linie im Quer- und im Hochformat
Die senkrechte Linie im Quer- und im Hochformat
Die Diagonale und die Schräge im Quer- und im Hochformat
Freie Linien, Linie und Begleitlinie, Linienkontrast
Die Fläche
Kreis und Oval als Gestaltungselemente
Das Dreieck als Gestaltungselement
Das Quadrat als Form und Bildfläche
Das Rechteck als Form und Bildfläche
Freie Formen, Formenkontrast
Positiv- und Negativform
Die Farbkontraste
Farbwirklichkeit und Farbwirkung
Lineare und koloristische Farbgebung
Der Farbtonkontrast, Farben der 1. und 2. Ordnung
Die Farben der dritten Ordnung
Der Hell-Dunkel-Kontrast
Der Komplementär-Kontrast
Der Quantitäts-Kontrast
Der Kalt-Warm-Kontrast
Der Simultan-Kontrast
Der Qualitäts-Kontrast
Die Harmonie der Farben, Farbklänge
Farbiges Grau, Grau und Farbe
Anwendung der künstlerischen Mittel
Motive im Hoch- und im Querformat
Statische und dynamische Gestaltung
Der Ausschnitt und der Anschnitt
Die Darstellung des Raums
Kreative Unschärfen
Das Hochformat
Gesetze der Harmonie
Unabhängig vom Inhalt und dessen Bedeutung bezieht jedes Bild seine optische Wirkung durch die Elemente der Gestaltung und der Farbgebung. Eine gute Bildkomposition unterstreicht den Bildinhalt, ohne selbst aufdringlich zu sein. Die Lehrer des Bauhauses – und später deren Schüler – haben sich sehr intensiv mit allen Problemen von Punkt, Linie, Fläche und Farbe auseinandergesetzt. Die bekanntesten Schriften und Bücher zu diesen Themen sind »Punkt, Linie und Fläche« von Wassily Kandinsky, »Das pädagogische Skizzenbuch« von Paul Klee und »Kunst der Farbe« von Johannes Itten. Diese Lehren habe ich nach meinem Studium (1957–1960) der angewandten Malerei bei dem Bauhausschüler Vincent Weber fast nahtlos bei meiner neuen Leidenschaft – der Fotografie – anwenden können. Diese Erkenntnis führte dann zu meinen ersten beiden Büchern »Bildaufbau – Gestaltung in der Fotografie« (1969) und »Farb-Design in der Fotografie« (1970).
Allen Porter (Chefredakteur Camera) schreibt im Vorwort zum Buch »Bildaufbau«: »Man sucht nach Wegen die Fotografie zu erlernen wie andere Kunstübungen, aber auf der Beherrschung der Technik allein kann keine Kunst bestehen. Ziel und Absicht in der Platzierung, Verteilung und Ordnung von Linie, Raum, Tiefe und anderen Faktoren sind es, worum wir uns bei einem schöpferischen Bild bemühen müssen.« und »Ich habe in meinem Unterricht oft die Notwendigkeit gespürt ein solches Buch zu haben, damit der Lernende seine eigenen Arbeiten nach einem bewussten Gestaltungskonzept verwirklicht.«.
Im Vorwort zum Buch »Farb-Design« sagt Karl Pawek (Totale Photographie): »Farbfotografie ist gegenüber der Schwarzweißfotografie ein völlig neues Werk mit neuen Gestaltungsansprüchen. Wer Farbaufnahmen macht, will mit der Farbe etwas erreichen. Die Farbe hat daher in der Fotografie eine ganz neue Dimension des Gestalterischen eröffnet, sie hat in die Fotografie etwas hineingebracht, was vorher höchstens ein Missverständnis der Kunstfotografen war: das Design.« Und: »Wenn Farbfotografie nicht völlig sinnlos sein soll und nicht ausschließlich in der Imitation gängiger Leitbilder bestehen soll, wenn es den sich selbst entfaltenden Farbfotografen geben soll, dann muss er die Gesetze des Farb-Design erlernen.«
Meine langjährige Tätigkeit in der Lehre und ständiges unabhängiges Fotografieren haben meine Kenntnisse erweitert und mir bewusst gemacht, wie sehr sich Gestaltung und Farbgebung verzahnen. Das führte letztendlich 2001 zur ersten Auflage von »Das Foto«, welches hier nun in der 4. Auflage in neuem Format und mit völlig neuen, ausschließlich digitalen Bildern vorliegt.
Gibt es eine Gebrauchsanweisung für gute Bilder?
Eine Frage, die sich nicht so einfach mit ja oder nein beantworten lässt, denn die Antwort liegt irgendwo dazwischen. Dazwischen, weil jedes Bild immer zwei Ebenen der Beurteilung hat. Die Ebene »Inhalt und Aussage« mit den Bereichen des rationalen Erkennens und des emotionalen Reagierens und die Ebene »Qualität der Gestaltung« mit den Bereichen Bildaufbau und Farbdesign. Bildinhalte werden von Betrachtern nicht nach ihrer optischen Qualität, sondern nach Informationsgehalt und dem Interesse in dieser Information gemessen. Grob eingeteilt in sehr interessanten, interessanten, weniger interessanten und uninteressanten Bildinhalt – immer aus der Sicht des jeweiligen Betrachters. Während das rationale Erkennen mit dem Satz »man kann nur das erkennen, was man kennt« beschrieben werden kann, basiert die emotionale Reaktion (Betroffenheit, Entsetzen, Belustigung usw.) immer auf den persönlichen Erlebnissen jedes einzelnen Menschen, der plötzlich mit einem Bildinhalt konfrontiert ist. Um zu interessanten Bildinhalten zu kommen, braucht es den Zufall oder kreative Ideen – und um diese zu finden oder zu entwickeln, gibt es weder Rezepte noch Gebrauchsanweisungen. Bemerkenswert ist, dass Bildinhalte selbst bei schlechter Technik und schlechter Gestaltung noch erkannt werden können. Eine gute Technik und Gestaltung haben somit primär die Aufgabe, den Erkennungsprozess zu erleichtern und zu unterstützen. Dabei gelten für jedes Bild zwei allgemeine Thesen. Erstens: Es gibt keinen Inhalt ohne Gestaltung, wobei es aber Kriterien für die Qualität der Gestaltung gibt. Zweitens: Es gibt keine Gestaltung ohne Inhalt – und sei der Inhalt noch so gering oder uninteressant. Bildinhalt und Bildgestaltung können zunächst sogar identisch sein und erst durch ein spezielles Wissen inhaltliche Bedeutung bekommen. Zu sehen ist zum Beispiel ein großer roter Kreis auf einem weißen Rechteck oder ein schwarzes Quadrat auf weißem Untergrund: für den gebildeten Betrachter die japanische Nationalfahne beziehungsweise das berühmte Bild des russischen Malers Kasimir Malewitsch.
Die künstlerischen Mittel der Bildgestaltung
Da es also für die Bereiche Bildaufbau und Farbdesign erlernbare Gesetzmäßigkeiten gibt, ergeben sich – wie bei der erlernbaren Fototechnik – auch Möglichkeiten der qualitativen Beurteilung. Die Mittel der Gestaltungselemente und der Farbkontraste, die es erlauben, ein Bild in seiner Gestaltung als ein »gutes Bild« zu bezeichnen, können am Bild selbst analytisch erklärt und aufgezeigt werden. Für den Bereich der Gestaltung gibt es somit durchaus Mittel, die man als eine Art »Gebrauchsanweisung« bezeichnen könnte. Ein fundiertes Wissen über die Gesetzmäßigkeiten der künstlerischen Mittel kann zu einer sicheren Bildbeurteilung und einer qualitätsvollen Bilderstellung befähigen. Darüber hinaus ist es grundsätzlich eine große Bereicherung, auf Grundlage dieses Wissens in den Bereichen des Sehens und Empfindens sensibilisiert zu werden. Das Buch soll anregen, mehr und intensiver zu sehen – mehr als vorher, mehr als andere. Das Wissen um die Gestaltungsmittel sollte verinnerlicht werden und bei der praktischen Fotoarbeit aus dem Unterbewusstsein, also sozusagen »aus dem Bauch heraus« Einfluss nehmen. Die Konzentration beim Fotografieren kann so völlig bei der Aufnahme und im Bereich des Motivs und dessen Inhalt liegen.
Entstehung des Punkts