Das Herz des Highlanders - Hannah Howell - E-Book
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Das Herz des Highlanders E-Book

Hannah Howell

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Beschreibung

Wie verführt man eine willensstarke schottische Lady? Der historische Liebesroman »Das Herz des Highlanders« von Hannah Howell als eBook bei venusbooks. Schottland im Jahr 1465. Niemand scheint es mit Gillyanne Murray aufnehmen zu können: Die Tochter eines angesehenen Highlander-Lords ist ebenso schön wie klug … und wild entschlossen, aus keinem anderen Grund zu heiraten als aus wahrer Liebe! Doch dann gerät sie in eine bedrohliche Lage, aus der nur ein Mann sie befreien kann – und so bleibt Gillyanne nichts anderes übrig, als Connor McEnroy das Ja-Wort zu geben. Natürlich ist sie sicher, dass auch der ebenso arrogante wie attraktive Highland-Laird bald nach ihrer Pfeife tanzen wird. Gillyanne hat jedoch nicht damit gerechnet, wie intensiv die Funken zwischen ihnen fliegen werden … bei leidenschaftlichem Streit, aber auch im Schlafgemach! Aber ist die Widerspenstige wirklich bereit, sich dem Willen eines Manns zu fügen? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Romance-Highlight »Das Herz des Highlanders« von New-York-Times-Bestseller-Autorin Hannah Howell. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 620

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Über dieses Buch:

Schottland im Jahr 1465. Niemand scheint es mit Gillyanne Murray aufnehmen zu können: Die Tochter eines angesehenen Highlander-Lords ist ebenso schön wie klug … und wild entschlossen, aus keinem anderen Grund zu heiraten als aus wahrer Liebe! Doch dann gerät sie in eine bedrohliche Lage, aus der nur ein Mann sie befreien kann – und so bleibt Gillyanne nichts anderes übrig, als Connor McEnroy das Ja-Wort zu geben. Natürlich ist sie sicher, dass auch der ebenso arrogante wie attraktive Highland-Laird bald nach ihrer Pfeife tanzen wird. Gillyanne hat jedoch nicht damit gerechnet, wie intensiv die Funken zwischen ihnen fliegen werden … bei leidenschaftlichem Streit, aber auch im Schlafgemach! Aber ist die Widerspenstige wirklich bereit, sich dem Willen eines Manns zu fügen?

Über die Autorin:

Hannah Howell, geboren 1950 in Massachusetts, kann ihren amerikanischen Familienstammbaum bis in das frühe 17. Jahrhundert zurückverfolgen – liebt aber vor allem die Geschichte Englands und Schottlands; auf einer Reise dorthin lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen. Hannah Howell hat in ihrer schriftstellerischen Karriere über 60 Liebesromane veröffentlicht, darunter den großangelegten Zyklus über die Familie Murray, in dem sie mitreißend vom Schicksal mehrerer Generationen einer weitverzweigten schottischen Highlander-Dynastie erzählt. Hannah Howell wurde für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Golden Leaf Award und dem Preis des Romantic Times Bookclub Magazine.

Bei venusbooks erschienen die folgenden Romane von Hannah Howell:

HIGHLAND HEROES: Das Schicksal des Highlanders; Die Lust des Highlanders; Das Schwert des Highlanders

HIGHLAND ROSES: Die Spur des Highlanders; Die Sehnsucht des Highlanders

HIGHLAND LOVERS: Der Fürst der Highlander; Der ungezähmte Highlander; Der Held der Highlands

HIGHLAND DREAMS: Das Begehren des Highlanders; Der Stolz des Highlanders; Die Versuchung des Highlanders

Der Kuss des Schotten

Das Herz des Highlanders

***

eBook-Neuausgabe November 2019

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien 2002 unter dem Originaltitel »Highland Bride« bei Kensington Publishing Corp., New York, und in Deutschland erstmal 2005 bei Weltbild, Augsburg, unter dem Titel »Irrtum des Herzens«.

Copyright der Originalausgabe © 2002 by Hannah Howell; published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., New York, NY, USA

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2005 Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt 67, 86167 Augsburg

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Copyright © der eBook-Lizenzausgabe 2019 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock/Halay Alex, Helen Hotson, Pixeljoy, Stephen McCluskey, Vladimir Arndt, enterphoto

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-95885-711-7

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Das Herz des Highlanders« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

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Hannah Howell

Das Herz des Highlanders

Roman

Aus dem Englischen von Angela Schumitz und Heinz Tophinke

venusbooks

Im Angedenken an Joyce Flaberty – der besten Freundin und besten Agentin

Doch wenn die Blicke ich zu dir nun wende,ersetzt ist alles und mein Gram zu Ende.

Shakespeare

Prolog

Schottland, 1465

»Sir Eric! Sir Eric!«

Seufzend wandte sich Sir Eric Murray dem hageren Mann zu, der durch den Garten auf ihn zueilte. Er hatte sich auf eine nette, schattige, etwas abseits gelegene Steinbank zurückgezogen in der Hoffnung, in Ruhe die Nachrichten von Zuhause lesen zu können. Nun war es aus mit seiner Ruhe. Auch wenn er Sir Donald mochte, schätzte er es nicht, wenn einer seiner seltenen friedlichen Momente so abrupt gestört wurde. Als Sir Donald stolpernd vor ihm stehen blieb, richtete sich Eric auf.

»Ich wusste gar nicht, dass Ihr schon wieder da seid«, sagte Sir Donald und tupfte sich mit einem kleinen Leinentüchlein die Schweißtropfen von seinem schmalen Gesicht. »Ihr habt den Auftrag des Königs also rasch erledigen können?«

»Jawohl«, erwiderte Eric kurz angebunden. Er war sich nicht sicher, wie geheim der König die Sache halten wollte, aber er wusste, dass sich Sir Donald immer gierig auf den neuesten Klatsch stürzte.

»Der König erwartet Euch. Auch er weiß nicht, dass Ihr schon zurück seid.«

»Nein, ich habe es nicht in alle Welt hinausposaunt. Eine Reihe von Aufträgen wartet auf mich, und ich wollte erst einmal in Ruhe die Neuigkeiten von Zuhause lesen.«

»Wie geht es der schönen Gemahlin? Und den Kindern?«

»Danke, gut. Allerdings regt sich in mir das Bedürfnis heimzukehren, und das nicht nur, weil ich sie liebe. Meine kleine Gillyanne hat sich in den Kopf gesetzt, das Land zu inspizieren, das ihr als Mitgift übergeben werden soll. Meine Gemahlin weiß nicht, wie lange sie unser dickköpfiges Kind noch zügeln kann oder ob sie es überhaupt sollte.«

»Ach, das trifft sich ja ganz hervorragend! Über eben dieses Land möchte der König nämlich mit Euch reden!«

»Ich wusste gar nicht, dass jemand davon Kenntnis hatte. Wir haben uns bemüht, nichts Näheres verlauten zu lassen – zumindest was die Größe und die genaue Lage angeht.«

»Darüber wissen inzwischen aber alle am Hof Bescheid.«

»Wie das?«

Sir Donald schluckte nervös. Diese knappe Frage war in einem sehr scharfen Ton geäußert worden, und Sir Erics Miene war streng, ja fast bedrohlich. »Nun, drei Lairds von Rang und Namen, deren Ländereien an das fragliche Land angrenzen, befragten den König eindringlich nach dem Besitzer. Schließlich bekamen sie heraus, dass Euer Clan damit zu tun hat, aber Euer Verwalter lehnte es ab, ihnen Rede und Antwort zu stehen. Erst als der König persönlich ihn befragte, konnte er nicht mehr aus. Daraufhin teilte der König den drei Lairds mit, dass das Land die Mitgift Eurer bislang noch unverheirateten Tochter sei. Er geht davon aus, dass die drei demnächst bei Euch vorstellig werden.« Als Sir Eric sichtlich verärgert aufsprang, trat er hastig zurück. »Alle drei sind Ritter mit eigenem Land, Sir Eric. Ich verstehe nicht, was Ihr dagegen haben könntet, Eure Tochter mit einem der drei zu vermählen.«

»Ich habe sehr wohl etwas dagegen«, erwiderte Sir Eric halblaut, aber kühl. »Und zwar aus tiefstem Herzen! Zum einen wünsche ich, dass mein Kind wie ich, meine Brüder und viele andere aus unserem Clan aus Liebe heiratet. Zum anderen ist es mir alles andere als recht, dass Männer, die nach einem Stück Land gieren, versuchen, es durch meine kleine Gillyanne in die Hände zu bekommen. Weilen diese Ritter noch am Königshof?«

»Nein. Nachdem sie erfahren hatten, wem dieses Land gehört, blieben sie noch ein paar Tage, aber dann ritten sie weg. Einer brach mitten in der Nacht auf, die anderen beiden gleich am Morgen darauf. Wahrscheinlich wollen sie mit Euch reden, vielleicht ja auch um die Hand Eurer Tochter anhalten.«

»Das mag sein. Aber vielleicht haben sie sich auch nur auf die Lauer gelegt, um zu sehen, wer meine Kleine als Erster schnappen und vor einen Priester zerren kann.« Sir Eric verließ mit großen Schritten den Garten, Sir Donald stolperte hinter ihm her. Eric konnte nur mehr daran denken, dass seine zarte kleine Gilly, die mit ihren rotbraunen Haaren und ihren verschiedenfarbigen Augen ihrer Mutter so ähnlich sah, von irgendeinem dahergelaufenen Schwachkopf entführt werden könnte, der nach ihrem Land gierte. Dieser Gedanke machte ihn rasend. »Der König hat ein Rudel Wölfe auf Gillyanne gehetzt. Ich hoffe inständig, dass meine Frau das Mädchen nicht fortlässt, bis ich heimgekehrt bin.«

Kapitel 1

Schottland, 1465

»Ich glaube nicht, dass sich unsere Mutter darüber gefreut hat, Gillyanne.«

Gillyanne lächelte den gut aussehenden jungen Mann an, der neben ihr ritt. James war ihr Lieblingsbruder, auch wenn die Frau, die er als Mutter bezeichnete, eigentlich seine Tante war. Bald würde er sein Erbe antreten und Laird von Dunncraig werden. Aber Gillyanne wusste, dass sie sich immer nahe sein würden, egal, wie viele Meilen sie trennten. Sie wusste auch, dass er ihren Entschluss, ihre Mitgift zu begutachten, nicht besonders klug gefunden hatte.

»Und diese dreimal verfluchten Biester, mussten die wirklich auch noch mit?«, schimpfte er.

»Jawohl! Vielleicht gibt es dort ja Ratten«, erwiderte sie seelenruhig.

Sie griff in den Korb an ihrem Sattel und kraulte ihre beiden Katzen, Lump und Schmutzfink, sanft an den Ohren. Lump war ein riesiger, schwarz-gelber Kater, der seinem Namen alle Ehre machte: Er hatte schon ein Auge verloren, an einem Ohr fehlte ein Stück und zudem hatte er aus all seinen Kämpfen zahllose weitere Narben davongetragen. Schmutzfink hingegen war eine süße, zarte Katzendame in allen möglichen Farben – schwarz, grau, orange und weiß –, deren Name rein gar nicht zu ihr passte; denn von dem Moment an, als sie gerettet und gesäubert worden war, achtete sie stets peinlich auf ihr Äußeres. Gillyanne nahm die beiden in einem mit Fell ausgeschlagenen Lederkorb, der am Sattel befestigt werden konnte, überallhin mit. Sie hatte sich von ihnen nie mehr getrennt, seit sie sie vor drei Jahren in einem von Ratten wimmelnden Verlies in einer Nachbarburg gefunden hatte, in das grausame Menschen sie geworfen hatten. Die zwei sehr geschwächten Kätzchen hatten aus zahllosen Wunden geblutet, der Boden der Zelle jedoch war mit so vielen toten und sterbenden Ratten übersät gewesen, dass Gillyanne sie gar nicht hatte zählen wollen. Und seit sie die Kätzchen nach Hause gebracht hatte, hatten es ihr die beiden schon überaus reichlich gelohnt, dass sie sich ihrer angenommen hatte.

»Das mag sein. Na, ihr zwei«, meinte James und streichelte sie sanft. Offenbar bereute er seine harten Worte. »Es geht doch nichts über unser Zuhause in Dubhlinn. Mutter und ich konnten über deinen Wohnturm leider nur in Erfahrung bringen, dass er noch nutzbar ist. Mutter meinte, der Mann, den sie befragt hatte, habe wohl nicht so recht verstanden, was sie eigentlich von ihm hatte wissen wollen. Sie hatte an Sauberkeit und Komfort gedacht, er aber nur an Sicherheit und Schutz. Na ja, schließlich meinte sie, sicher und geschützt müsse uns einstweilen reichen; um alles weitere müsse sich eben ein weibliches Wesen kümmern.«

»Es war ja früher das Land der MacMillans, und auch jetzt bewacht es einer von ihnen. Mutter kennt ihn nicht näher, sie weiß nur, dass ihn mein Großonkel MacMillan sehr lobte. Nun denn, wenn wir erst einmal dort sind, wird sich schon alles finden.«

»Ich hoffe nur, dass es einigermaßen behaglich ist.«

»Ich bin zufrieden, wenn es ein Bett, ein Bad und etwas zu essen gibt. Die schönen Dinge, die wir in Dubhlinn haben, werden im Lauf der Zeit schon noch dazukommen.«

»Stimmt«, erwiderte James. »Aber ich verstehe nach wie vor nicht recht, warum du so versessen darauf warst, dorthin zu reiten.« Er musterte sie neugierig.

»Ich glaube, ich verstehe es selbst nicht so ganz.« Gillyanne lächelte ihren Vetter freimütig an, dann zuckte sie seufzend Achseln. »Es gehört mir – mehr kann ich dazu nicht sagen. Es gehört mir, und ich möchte es kennen lernen.«

»Das wiederum kann ich gut verstehen. Auch ich fühle mich immer zu meinem Land hingezogen, obwohl ich erst in einem Jahr oder noch später den Platz des Lairds einnehmen kann.«

»Bestimmt nicht viel später«, tröstete sie ihn.

»Wahrscheinlich nicht. Aber es macht mir auch nichts aus, wenn es noch ein Weilchen dauert. Wahrscheinlich ist es ganz gut so. Ich brauche noch etwas mehr Erfahrung, ich habe mir ja gerade erst meine Sporen verdient. Unser Cousin kümmert sich bestens um meinen Besitz, und ich muss noch einiges lernen, um in seine Fußstapfen treten zu können, denn die sind ziemlich groß. Ein unerfahrener Laird nützt meinem Clan rein gar nichts.« Er runzelte die Stirn. »Doch was werden die Leute, die auf deinem Land leben, sagen, wenn eine schmächtige junge Frau daherkommt, um ihre Mitgift einzufordern?«

»Das hat sich Mutter auch schon gefragt. Aber als sie sich bei anderen danach erkundigte, fand sie heraus, dass es kein größeres Problem sein dürfte. Schließlich ist es nur eine kleine Burg, und die paar Leute, die dort wohnen, scheinen gewillt zu sein, mehr oder weniger jeden willkommen zu heißen. Momentan steht ihnen nämlich nur ein ziemlich betagter Verwalter vor, so dass ihre Zukunft einigermaßen unklar ist. Sie hätten gerne mehr Sicherheit.«

»Das spricht für dich«, pflichtete James ihr bei. »Aber hast du denn vor, dich dort niederzulassen?«

Gillyanne zuckte abermals die Achseln. Sie wunderte sich nicht weiter darüber, dass er offenbar erraten hatte, was ihr gerade durch den Kopf ging. Sie hatte tatsächlich immer wieder einmal daran gedacht, ihren Haushalt in Ald-dabhach einzurichten. Und vielleicht würde sie auch den Namen ändern, bislang hieß dieser Besitz nämlich nur »Altes Stück Land«. Sie war ruhelos; warum, wusste sie selbst nicht genau, denn sie liebte ihre Familie von ganzem Herzen. Aber ihre Verwandten schienen ihre Rastlosigkeit nur noch zu verstärken. Vielleicht würde sie sich ja endlich ein wenig nützlicher fühlen, wenn sie ihr eigenes Land hatte, um das sie sich kümmern musste, und vielleicht würde das auch diese bohrende Sehnsucht in ihr stillen.

Außerdem gab es auch noch einen anderen Grund, der ihr das Leben im Schoß ihrer Familie erschwerte, auch wenn sie sich diesen nur sehr ungern eingestand, denn er grenzte schon fast an Neid: Es fiel ihr zunehmend schwerer, von lauter glücklich verheirateten Paaren umgeben zu sein und zusehen zu müssen, wie ihre Cousinen Familien gründeten. Bei jeder Geburt, zu der sie eingeladen wurde, überkam sie eine Mischung aus Freude und wachsendem Kummer. Sie war nun bald einundzwanzig Jahre alt und es hatte sich noch kein einziger Mann ernsthaft für sie interessiert. Auch mehrere Reisen zum Königshof hatten nichts geholfen. Jedes Mal hatte sich nur wieder deutlich gezeigt, dass Männer sie einfach nicht für begehrenswert hielten. Gegen diesen Schmerz konnten auch all die Liebe und das Verständnis ihrer Familie nichts ausrichten.

Manchmal wurde sie richtig böse auf sich selbst. Sie brauchte doch gar keinen Mann; tief in ihrem Herzen wusste sie, dass sie auch ohne einen Mann ein glückliches, erfülltes Leben würde führen können. Und dennoch sehnte sie sich nach Leidenschaft, nach Liebe und vor allem nach den Kindern, die ein Ehemann ihr schenken konnte. Immer, wenn sie eine ihrer Cousinen mit ihren Kindern beobachtete oder die lustvollen Blicke mitbekam, die zwischen Mann und Frau getauscht wurden, wusste sie, dass ihr Glück zwar nicht davon abhing, sie aber so etwas dennoch auch haben wollte.

»Wie willst du jemals einen Ehemann finden, wenn du dich auf deinem Land versteckst?«, fragte James.

Gillyanne musste sich beherrschen, ihren Vetter nicht von seinem Pferd zu schubsen. »Ich glaube kaum, dass ich mir darüber den Kopf zerbrechen muss, James. Falls es denn einen passenden Mann für mich gibt – worauf bislang wenig hindeutete –, kann er mich dort genauso leicht finden wie in Dubhlinn oder am Königshof.«

James verzog das Gesicht und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Das klingt, als hättest du's aufgegeben. Elspeth und Avery waren ungefähr in deinem Alter, als sie heirateten.«

»Na, ein bisschen jünger waren sie schon. Ich glaube aber, dass sich auch vor ihrer Hochzeit gelegentlich ein Mann für sie interessierte.« Sie lächelte über die besorgte Miene ihres Vetters. »Gräme dich nicht! Meine Cousinen haben ihre Ehemänner dort kennen gelernt, wo sie nie damit gerechnet hätten. Vielleicht geht es mir ja ebenso.« Sie kamen gerade aus einem kleinen Wäldchen, und Gillyanne verkündete: »Ah, dort vorne ist es – meine Burg und mein Land!«

Ald-dabhach hatte früher offenbar nur aus einem festen Turm bestanden. Im Lauf der Zeit waren dann zwei kleine Flügel angebaut worden. Das Ganze war von einer hohen, dicken Mauer umgeben und lag auf einem steilen Hügel, war also gut geschützt und leicht zu verteidigen. Das kleine Dorf unterhalb wirkte sehr ordentlich, das Land ringsum war bebaut oder wurde von Rindern und Schafen als Weide genutzt. Hinter der Burg glitzerte ein kleiner Bach im Licht der untergehenden Sonne. Gillyanne gefiel, was sie sah, und sie hoffte, dass es auch so friedlich war, wie es wirkte. Sie spornte ihr Pferd an und galoppierte auf das Tor zu.

»Das nenne ich eine Burg!«, meinte James, der nach dem Abendessen neben Gillyanne auf der Ringmauer stand.

»Sehr wehrhaft!«, bestätigte Gillyanne und lachte froh.

Sehr viel mehr ließ sich über ihre Mitgift eigentlich nicht sagen. Alles war sauber, aber Dinge, die auf die Anwesenheit einer Edelfrau hingewiesen hätten, wie etwa ein Leinentuch auf dem Tisch im großen Saal, fehlten. Das war nicht weiter verwunderlich, denn in Ald-dabhach gab es fast nur Männer. Natürlich lebten auch ein paar weibliche Wesen im Wohnturm – zwei ältere Frauen, die mit Bewaffneten verheiratet waren, und ein sehr schüchternes Mädchen von zwölf Jahren, die Tochter des Kochs. Sir George, der Verwalter, war schon mindestens sechzig und hörte und sah ziemlich schlecht. Die meisten Bewaffneten waren mittleren Alters. Gillyanne konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die MacMillans ihre Müden und Fußlahmen nach Ald-dabhach schickten. Gerade fiel ihr Blick auf so einen, einen der wenigen jüngeren Männer auf der Burg, der zum Stall humpelte. Aber all das bestärkte sie nur in ihrer Meinung, dass es hier eigentlich sehr friedlich zuging. Die fünf Männer, die sie hierher begleitet hatten und wohl auch zu bleiben gedachten, waren fast ebenso überschwänglich begrüßt worden wie sie selbst.

»Ich glaube, deine Männer werden bleiben«, sagte James. »Das wird die Mädchen hier sehr freuen.«

»Bestimmt. Beim Abendessen wurden wir plötzlich von ziemlich vielen jungen Mädchen bedient. Sicher hat man unsere Ankunft vom Dorf aus beobachtet.«

»Und dann sind sie alle gleich hergeeilt. Na ja, der Mangel an rüstigen jungen Männern ist unübersehbar.« James seufzte. »Eigentlich hatte ich gehofft, die weniger Rüstigen hätten Ehefrauen gefunden, weil die Mädchen nicht so dumm sind zu glauben, ein lahmer Fuß sei von Bedeutung. Aber inzwischen frage ich mich, ob sie nicht einfach nur deshalb die Lahmen geheiratet haben, weil keine anderen da waren.«

»Manche vielleicht, aber viele haben sicher mehr Sinn und Verstand.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf den Hinkenden, der gerade im Stall verschwand. »Ich habe ihn zusammen mit seiner Frau gesehen, bevor sie ins Dorf zurück ist. Sie hat ihn angehimmelt, als sei er der stattlichste, stärkste und tapferste junge Mann weit und breit.«

»Dann kann ich meine Zweifel wohl begraben.«

»Jawohl, und damit ist dein Glaube an das Gute im Menschen hoffentlich wiederhergestellt!«

»Deiner gerät natürlich nie ins Wanken.«

»Manchmal wankt er nicht nur, er stolpert und fällt der Länge nach hin«, meinte sie gedehnt und lächelte, als er belustigt auflachte.

James legte den Arm um ihre Schultern und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

»Du siehst einfach nur zu viel und zu klar«, meinte er.

»Ich weiß.«

Sie starrte in die zunehmende Dunkelheit. »Aber das hat auch sein Gutes. Immerhin dient es uns als Warnung, nicht wahr? Elspeth sagt immer, wir müssen einfach lernen, uns gelegentlich taub zu stellen. Aber ich fürchte, diese nützliche Fähigkeit werde ich wohl nie erwerben. Gewöhnliche Menschen kann ich zwar ignorieren, aber wenn jemand etwas an sich hat, was mich neugierig macht oder mir zu verstehen gibt, dass ich besser auf der Hut sein sollte, dann muss ich unbedingt erfahren, was es ist. Elspeth kann Dinge spüren oder in den Augen anderer Menschen lesen. Und ich – ich schwöre dir, oft fühle ich richtiggehend, was um mich herum in der Luft liegt. Elspeth hat die Gabe zu erkennen, ob jemand lügt; sie spürt Angst oder wenn Gefahr im Verzug ist. Und ich? Na ja, sagen wir mal, ein voller Raum ist die reinste Folter für mich.«

»Ich wusste gar nicht, dass es so stark ist. Es ist bestimmt sehr schwer für dich, wenn du ständig von den Gefühlen der Menschen um dich herum bestürmt wirst.«

»Das ist nicht bei allen so. Deine Gefühle und auch die der meisten meiner anderen Verwandten kann ich nicht ständig lesen. Das schlimmste Gefühl ist Hass; er fühlt sich ausgesprochen widerlich an. Angst ist auch unangenehm; irgendwie weiß ich zwar, dass es nicht meine Angst ist, die da auf mich einstürmt, aber manchmal kann ich dann nicht mehr klar denken und urteilen. Ich bin schon blindlings aus einem Raum geflohen, bis ich merkte, dass die Angst weg war; sie war bei dem geblieben, der sie eigentlich spürte.«

»Und Elspeth fühlt das auch?«

»Mehr oder weniger. Sie sagt, ihre Gabe sei nicht so ausgeprägt; es kommt ihr eher wie ein Geruch vor, den sie bestimmen kann.«

»Zum Glück bin ich nicht mit einer solchen Gabe geschlagen.«

»Du hast auch etwas Besonderes, James«, murmelte Gillyanne und tätschelte seine Hand, die er auf die Mauer gelegt hatte.

»Ach ja?« Er musterte sie argwöhnisch, denn er misstraute ihrer Unschuldsmiene. »Und das wäre?«

»Du kannst einem Mädchen das Paradies auf Erden bereiten. Jedenfalls höre ich das von allen Seiten.« Sie kicherte, als er rot wurde und sie entrüstet anfunkelte.

»Cameron hat Recht«, brummte er. »Du bist als Kind nicht oft genug versohlt worden.«

»Hmmm. Als ob mir Averys großer dunkler Ritter Angst machte! Er stößt seit fast acht Jahren nur leere Drohungen aus.«

»Und du freust dich über jede Einzelne.«

»Er kann das wirklich gut. Dafür muss man ihn einfach bewundern.« Als er lachte, musste sie grinsen.

»Spürst du hier denn etwas Besonderes, Gilly?«, fragte er schließlich. »Etwas, worüber ich mir Sorgen machen müsste?«

»Nein, obwohl ich gelernt habe, nicht jeden, der mir begegnet, allzu genau zu betrachten. Wenn ich schon mit dieser Gabe geschlagen bin, dann kann ich wenigstens froh sein, dass mein Vater ein Murray ist; in diesem Clan verstehen sie meine Gabe, weil viele von ihnen ähnliche Fähigkeiten besitzen.« Sie stützte sich auf die Steinmauer und blickte über ihr Land. »Im Augenblick spüre ich nur Ruhe, Frieden, eine angenehme Zufriedenheit, aber auch eine gewisse Erwartung, ein Warten, aber keine Angst. Ich habe das Gefühl, dass es die richtige Entscheidung war, hierher zu kommen. Dieser Ort oder vielleicht auch dieses Land vermitteln mir das Gefühl, hierher zu gehören.«

»Es wird deinen Eltern wehtun, wenn du beschließt, hier zu bleiben.«

Gillyanne nickte seufzend. Das war das Einzige, was sie wirklich bedauerte. »Ich weiß, aber sie werden es verstehen. Wahrscheinlich war das sogar der Grund, warum Mutter versucht hat, mich aufzuhalten oder zumindest bis zu Vaters Rückkehr in Dubhlinn festzuhalten. Ich wollte sie nicht verlassen und, weiß Gott, wahrscheinlich werde ich von nun an ständig traurig sein, wenn ich nicht auf Schritt und Tritt über einen Verwandten stolpere. Auf dem Weg hierher kamen mir immer wieder Zweifel, aber sobald ich durch dieses Tor getreten war, hatte ich das Gefühl, dass es für mich richtig ist, hier zu sein. Ich weiß nicht, warum oder für wie lange, aber einstweilen werde ich hier meine Zelte aufschlagen.«

»Dann musst du bleiben. Du musst auf deine innere Stimme hören. Es würde dir nicht so ergehen, wenn es nicht einen Grund dafür gäbe.«

Sie lehnte sich an ihn und lächelte still. James hatte keine dieser seltsamen Gaben, die im Murray-Clan so häufig auftraten, denn er war kein Blutsverwandter. Seine Stärken waren sein Mitgefühl und sein angenehmes Wesen. Er stellte die Fähigkeiten anderer nie in Frage, ließ sich von ihnen aber auch nicht verunsichern. In der Tat war es gerade sein Mangel an solchen Gaben, der ihn in ihren Augen so liebenswert machte. Das und die Tatsache, dass sie kaum je etwas von seinen Gedanken oder Gefühlen spürte. Wenn sie zusammen waren, dann waren sie einfach nur zwei ganz gewöhnliche Menschen. Wahrscheinlich würde er nie verstehen, warum gerade dies manchmal so tröstlich für sie war.

»Aber ich bin mir nicht sicher, ob du hier jemals einen Mann finden wirst«, fuhr er fort. »Der Mangel an Männern hier ist wirklich auffallend.«

»Stimmt«, erwiderte sie. »Aber das ist nicht so schlimm. Es werden sich bestimmt genügend finden, wenn diese Burg einmal verteidigt werden muss.«

»Ich spreche jetzt nicht von Beschützern oder von Männern, die viel Kraft besitzen, das weißt du ganz genau. Hier wirst du nie einen Ehemann finden!«

Am liebsten hätte sie ihn für diese Bemerkung kräftig geohrfeigt. Aber warum reagierte sie so heftig? Es war doch nur eine Feststellung gewesen, die der Wahrheit entsprach: Hier gab es keine Männer, unter denen sie hätte wählen können, und Sir George zufolge brauchte sie von den Männern der drei benachbarten Clans keinen Anstandsbesuch zu erwarten. Ja, Sir George wirkte sogar, als sei er froh über die Nachlässigkeit dieser drei Lairds. Ein Besuch von diesen Clans würde hier jedenfalls eine gewisse Beklommenheit und erhöhte Wachsamkeit auslösen. Es herrschte zwar keine Fehde, aber eben auch keine Freundschaft. Daraus ergab sich auch der anhaltende Männermangel.

Plötzlich kam Gillyanne etwas in den Sinn, das ihr gar nicht gefiel: Entsprang der Friede, die Zufriedenheit, die sie empfand, etwa gar nicht so sehr ihrem Land und ihrer Burg, sondern vielmehr der Tatsache, dass sie tief in ihrem Inneren akzeptiert hatte, dass sie niemals mehr sein würde als Tante Gilly, die unverheiratete Tante Gilly, die alte Jungfer Tante Gilly, die verdorrte alte Gilly? Gillyanne hasste diese Vorstellung.

»Das ist nicht weiter schlimm«, sagte sie schließlich, auch wenn sie nicht daran glaubte. »Ich brauche keinen Mann, um glücklich zu sein.«

»Aber willst du denn keine Kinder? Du brauchst einen Mann, um Kinder zu bekommen.«

»Aber keinen Ehemann.« Sie musste sich ein Lachen verkneifen, als sie sah, wie schockiert James war. »Nun«, beeilte sie sich hinzuzufügen, bevor er etwas erwidern konnte, »ich könnte ja den jungen Mädchen hier beibringen, einen ordentlichen Haushalt zu führen. Oder ich könnte einige der verlassenen Kinder aufnehmen, die man überall auf den Straßen, in jedem Dorf und jedem Weiler findet. Es gibt sehr viele Kinder, die Liebe, Fürsorge und ein Heim bitter nötig haben.«

»Stimmt, aber das ist nicht dasselbe wie eigene Kinder, oder?«

»Nein, aber wenn es nicht anders ginge, würde ich mich damit zufrieden geben. Mach dir keine Sorgen um mich, James! Ich kann mich ganz gut um mich und mein Glück kümmern. Natürlich wäre ein Leben mit einem liebevollen Ehemann und Kindern das Beste, aber ich kann auch ohne ein solches Glück Freude empfinden. Soll ich dir etwas sagen? Tatsächlich war einer der Gründe, warum ich von zu Hause wegwollte, der, dass ich es satt hatte, die Menschen immer überzeugen zu müssen, dass ich auch ohne einen Ehemann leben kann. Ihre liebevolle Besorgnis fing an, mir auf die Nerven zu gehen. Ich will das nicht mehr!«

»Tut mir Leid«, murmelte James. »Ich habe das eben auch gemacht, oder?«

»Mehr oder weniger. Offen gestanden hatte ich manchmal Angst, an meinem Neid ersticken zu müssen – und das ist wahrlich nicht besonders schön. Es tut mir zwar weh, nicht bei meiner Familie zu leben, aber wenn ich denn keinen Ehemann finde und es wirklich mein Schicksal ist, ledig zu bleiben, dann ist es so wahrscheinlich besser. Ich möchte lieber mein eigenes Leben führen und in das Leben meiner Familie nicht zu sehr verwickelt werden. Mir ist es lieber, dass man mich besucht, als dass man mir Obdach gewährt.«

»Glaubst du wirklich, man würde dich unfreundlich behandeln, Gilly?« James' Miene drückte eine merkwürdige Mischung aus Verlegenheit und Unverständnis aus.

»Nicht absichtlich, nein, das sicher nicht«, erwiderte sie ohne zu zögern. »Dennoch – sie sind alle so zufrieden mit ihrem Leben, mit ihren Männern und ihren Kindern, dass sie mir dasselbe wünschen. Und deshalb stellen sie mich ständig irgendwelchen Männern vor, zerren mich an den Hof des Königs, versuchen, mich in schöne Kleider zu stecken oder zu einer neuen Frisur zu überreden.« Gillyanne zuckte mit den Schultern. »Ich bin jetzt zwanzig, aber mit der Zeit wird dieses Drängen vielleicht nachdrücklicher, ihre Sorge offensichtlicher. Nein, es ist besser, wenn ich etwas Abstand habe. Sie können aufhören, einen Mann für mich zu suchen, und ich werde nicht mehr spüren, wie besorgt und traurig sie sind, wenn keiner auftaucht.« Sie hakte sich bei ihm ein und steuerte die steile, schmale Treppe an, die zum Hof hinabführte. »Komm, lass uns ausprobieren, wie die Betten hier sind. Es war ein langer Tag.«

James schwieg, obwohl Gillyanne das Gefühl hatte, dass er noch etwas sagen wollte. Wahrscheinlich wollte er sie aufmuntern, mit Schmeicheleien beruhigen, aus ihr, klein und schmächtig, wie sie war, eine Schönheit machen, aber ihm fiel nichts Passendes ein. So ging es allen aus ihrer Familie, und das war einer der Gründe, warum sie sich im Kreis ihrer Lieben zunehmend unwohl fühlte. Jedes Mal, wenn einer von ihnen versuchte, ihren Stolz oder ihr Selbstwertgefühl zu päppeln, wurde ihr schmerzlich bewusst, warum sie meinten, dies tun zu müssen.

Während sie sich zum Schlafengehen fertig machte, überlegte sie sich, wie sie ihre ziemlich karge Schlafkammer verschönern könnte. Es gab in Ald-dabhach viel zu tun, und sie wusste, dass diese Arbeit sie befriedigen würde. Sie würde aus ihrem Land ihre Zukunft, ihr Leben machen. Und vielleicht würde ja schließlich doch noch ein Ehemann für sie auftauchen, wenn sie und ihre Familie aufhörten, so emsig nach einem zu suchen.

Sie kletterte in das hohe Bett und kuschelte sich seufzend unter die Decke. Wahrscheinlich hatte ihr Mangel an Verehrern etwas mit ihre Größe zu tun. Sie war einfach zu klein und sie hatte zu wenig weibliche Formen, um die Männer zu beeindrucken. Männer schätzten es, wenn eine Frau Fleisch auf den Knochen hatte, doch in dieser Hinsicht konnte sie herzlich wenig vorweisen.

Plötzlich sprangen die Katzen zu ihr auf das Bett. Schmutzfink machte es sich an ihrer Brust bequem, Lump schmiegte sich an ihren Rücken, so dass sie von beiden Seiten gewärmt wurde. Als sie die Augen schloss, wünschte sie, Männer wären ebenso leicht zufrieden zu stellen wie Katzen. Ein warmer Platz zum Schlafen, ab und zu eine liebevolle Hand, die sie streichelte, ein voller Bauch – mehr brauchten Katzen nicht zu ihrem Glück. Ihren Katzen war es egal, dass sie kleine Brüste hatte, dass sie manchmal etwas zu scharfsinnig war und dass sie die Gabe hatte, eine Lüge und manchmal sogar schon die Absicht dazu zu spüren. Wahrscheinlich brauchte sie einen Mann, der einfache Bedürfnisse hatte, einen, der über ihren Mangel an Rundungen und ihre gelegentlich etwas seltsame Art hinwegsehen konnte. In ihren Träumen gab es diesen Mann, doch Gillyanne befürchtete, dass sie ihn auch nur dort würde finden können.

Kapitel 2

»Sie kommen!«

Gillyanne blickte kurz zu George, dann aß sie weiter, wobei sie ab und zu ein Stückchen Käse für Lump und Schmutzfink fallen ließ, die unter dem Tisch herumstrichen. Sie war so in Gedanken darüber vertieft gewesen, was sie in ihrem neuen Heim alles tun wollte, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie George hereingekommen war. Sein schmales, faltiges Gesicht wirkte wie immer sehr ernst und Gillyanne spürte, dass er sich Sorgen machte. Doch da er ihr dieses Gefühl bislang ständig vermittelt hatte, beunruhigte es sie jetzt nicht weiter. George schien es zu genießen, sich ständig nur Sorgen zu machen.

»Wer kommt?«, fragte sie und hielt ein Stückchen Hühnerfleisch hoch, so dass Schmutzfink für diesen Leckerbissen ein Männchen machen musste.

»Die Lairds«, erwiderte George.

»Welche Lairds?«

»Die drei, die wir hier nie zu Gesicht bekommen haben und eigentlich auch gar nicht sehen wollen.«

»Ach, die.«

»Sie werden bald an unser Tor pochen.«

»Und – soll ich es für sie öffnen lassen?«

George seufzte und zuckte seine schmächtigen, abfallenden Schultern. »Ich frage mich nur, warum sie gerade jetzt auftauchen. Natürlich reiten sie manchmal über unser Land, aber hergekommen sind sie noch nie. Vor kurzem haben sie einmal Boten hergeschickt, die wissen wollten, wem dieses Land gehört, und ich habe ihnen gesagt, den MacMillans. Doch seitdem habe ich kein Wort mehr von ihnen gehört und daraus geschlossen, dass diese Nachricht sie wohl nicht weiter beunruhigt hat. Warum also tauchen sie jetzt auf? Warum ausgerechnet jetzt?«

»Das ist eine sehr gute Frage«, erwiderte Gilly. »Aber ich glaube, die müssen wir ihnen persönlich stellen, denn sie sind die Einzigen, die sie uns beantworten können.«

»Heißt das, wir sollen sie einlassen?«

Georges Stimme war schrill vor Angst, doch Gillyanne sah höflich darüber hinweg. »Nur die drei Lairds, allein und ohne Waffen. Dieser Forderung müssten sie doch zustimmen, wenn sie nur hergekommen sind, um mit uns zu reden.«

»Jawohl, das ist ein guter Plan.«

»Holt Sir James zu Eurer Unterstützung!«, rief sie George nach, der sich bereits auf den Weg gemacht hatte, um ihre Befehle auszuführen.

»Noch eine gute Idee!«, erwiderte er im Hinausgehen.

Zustimmung ist schön, dachte Gillyanne, aber wahrscheinlich würde diese nicht von langer Dauer sein. Vermutlich hatte George nur deshalb zugestimmt, weil sie mit nur drei Männern relativ problemlos fertig werden konnten. Doch bald würde der Verwalter merken, dass es für die Männer, die die drei Lairds mitgebracht hatten und die Ald-dabhach umzingelten, keinen Plan gab.

Soeben kam die junge Mary in den großen Saal. Geschickt wich sie den flüchtenden Katzen aus. Gillyanne wies das Mädchen an, für die Gäste Essen und Trinken bereitzustellen. Gleich bei ihrer Ankunft in Ald-dabhach hatte Gillyanne bemerkt, dass Mary trotz ihrer Jugend das Zeug zu einer ausgezeichneten Haushälterin hatte. Im Vertrauen darauf, dass ihre Befehle rasch und ordentlich ausgeführt würden, konzentrierte sie sich ganz auf die ungeladenen Gäste.

Eigentlich konnte sie sich nichts vornehmen, solange sie die drei Lairds nicht gesehen hatte und den Grund ihres Besuchs nicht kannte. Bis dahin war es wohl am besten, die Burgherrin zu mimen, höflich zwar, aber dabei hoheitsvoll und unnahbar. Sie richtete sich in ihrem Laird-Stuhl auf, so hoch sie konnte, blickte auf ihre Füße und hoffte, die Lairds würden übersehen, dass sie nicht ganz bis zum Boden reichten. Da nahten auch schon ihre Gäste. Gillyanne streckte sich noch einmal und wiederholte halblaut: Ich bin die Herrin von Ald-dabhach.

James führte die drei Männer herein. Ihnen folgten zwei ihrer Bewaffneten und dann George, der versuchte, sich im Schatten neben der Tür möglichst unsichtbar zu machen. Die drei Lairds warfen einen kurzen Blick auf Gillyanne, dann suchten sie ganz unverhohlen den Raum nach weiteren Anwesenden ab, bevor sie sich endlich wieder ihr zuwandten. Die beiden etwas kleineren Männer starrten sie mit offenem Mund an, während der Größere nur ganz kurz eine hellbraune Braue hochzog, als er sie musterte.

»Meine Lairds, willkommen auf Ald-dabhach!«, sagte Gillyanne. »Ich bin Lady Gillyanne Murray. Nehmt bitte an meinem Tisch Platz. Für Essen und Trinken wird sogleich gesorgt.«

Der schwarzhaarige Laird trat als Erster vor und verbeugte sich. »Ich bin Sir Robert Dalglish, Laird von Dunspier, dem Land, das im Osten und Süden an Eures grenzt.« Er setzte sich zu ihrer Rechten, ließ jedoch noch Platz für James, der sich rasch zwischen sie setzte.

Als Nächster trat der vierschrötige rothaarige Laird vor und verbeugte sich schon fast beleidigend knapp.

»Ich bin Sir David Gourdie, Laird von Aberwellen, dem Land, das im Westen und Süden an das Eure grenzt.« Er setzte sich Sir Robert gegenüber und ließ James nicht aus den Augen.

Langsam trat der größte der drei vor, blickte kurz ein wenig finster und verbeugte sich dann steif. »Ich bin Sir Connor MacEnroy aus Deilcladach, Laird über das übrige Euch umgebende Land.« Er ließ sich zu ihrer Linken nieder.

Unterstützt von ihren jüngeren Brüdern trug Mary nun Essen und Trinken auf und verschaffte Gillyanne damit eine willkommene Verschnaufpause. Die Männer strahlten eine beunruhigende Mischung von Wachsamkeit, Anspannung und Kampfeslust aus. Es kostete Gillyanne eine Menge Kraft, sich diese Gefühle vom Leib zu halten, aber sie machten natürlich auch deutlich, dass die Männer nicht nur gekommen waren, um sie willkommen zu heißen.

Am liebsten hätte sie unverzüglich eine Erklärung von ihnen verlangt, doch sie wusste, dass sie dann möglicherweise schwach erscheinen und ihre Unsicherheit preisgeben würde. So versuchte sie also, in Ruhe ihren Wein zu trinken und aus James, der völlig gelassen neben ihr saß, Stärke zu ziehen.

Sir Robert schien ganz umgänglich zu sein. Er hatte sich elegant verbeugt und freundlich geklungen. Nachdem er seine anfängliche Überraschung überwunden hatte, wirkte er hauptsächlich neugierig. Doch bei Sir David war sie auf der Hut. Der Mann schien ihr Recht auf die Position der Burgherrin in Frage zu stellen. Gillyanne hatte das Gefühl, dass Sir David die Vorstellung, eine Frau könne Land oder etwas anderes von Wert besitzen, ganz und gar nicht behagte. Sir Robert war ein Höfling, Sir David ein brachialer Krieger. Gillyanne wusste zwar, dass sie damit grob vereinfachte, aber es half ihr, mit diesen beiden Männern zurechtzukommen, bis sie mehr über sie erfahren hatte.

Der Mann zu ihrer Linken bereitete ihr das größte Kopfzerbrechen. Wenn sie sich auf den beeindruckend großen Sir Connor konzentrierte, spürte sie überhaupt nichts, nichts bis auf eine gewisse Vorsicht, mit der er den beiden anderen Lairds zu begegnen schien.

Allerdings war ihr nicht klar, ob sie diese Vorsicht wirklich spürte oder nur glaubte, sie in den Blicken entdecken zu können, mit denen er die anderen beiden gelegentlich musterte. Zu ihr blickte er so gut wie nie.

Er verwirrte sie, aber sie war sich nicht sicher, woran das lag: an seiner Größe, an ihrer Unfähigkeit, etwas von ihm zu erspüren, oder an seinem – wie sie innerlich seufzend zugeben musste – unverschämt guten Aussehen. Sir Connor MacEnroy war ein sehr großer Mann mit breiten Schultern und stählernen Muskeln. Seine Bewegungen wirkten sehr elegant. Sein kräftiges, golden schimmerndes Haar wellte sich bis über die Schultern. Sein gut geschnittenes Gesicht würde wohl jede Frau aufseufzen lassen, trotz der Narbe, die sich vom linken Augenwinkel in einem schwachen Bogen über die hohen Wangenknochen hin zum linken Ohr zog. Und auch der leichte Knick der langen, geraden Nase, der darauf hinwies, dass diese mindestens einmal gebrochen war, schmälerte seine Schönheit nicht.

An seinem markanten Kinn entdeckte Gillyanne ebenfalls eine kleine Narbe, und eine weitere auf der Stirn. Seine wohlgeformten Brauen waren dunkler als das Haar, ebenso die dichten, langen Wimpern. In den seltenen Momenten, in denen er sie direkt ansah, hatte ihr Herz sofort schneller geschlagen. Noch nie hatte sie so wunderschöne blaue Augen gesehen; sie hatten die Farbe ihrer Lieblingsblume, der Glockenblume. Ein rascher Blick auf seine Hände zeigte, dass auch sie wunderschön waren – stark, wohlgeformt, mit langen, eleganten Fingern. Doch auch die Handrücken wiesen Narben auf. Dieser Mann hatte trotz seiner Jugend schon in vielen Schlachten gekämpft.

»Ihr erhebt also Anspruch auf Ald-dabhach?«, fragte Sir David in einem Ton, der diese Frage eher wie eine Herausforderung klingen ließ.

»Jawohl, es gehört mir«, erwiderte Gillyanne sanft. »Mein Großonkel hat es mir als Mitgift überlassen.«

»Aber wenn ein Mädchen Land als Mitgift erhält, dann gehört dieses Land dem Ehemann. Seid Ihr denn verheiratet oder verlobt?«

»Nein.« Diese Frage war unverschämt. Gillyanne fiel es zunehmend schwer, ihren freundlichen Ton zu wahren. »Mein Großonkel hat mir versichert, dass ich keinen Mann brauche, um Ald-dabhach mein Eigen zu nennen. Dieses Land gehört mir.« Als Sir David sie zornig anfunkelte und ein unverständliches Brummen von sich gab, hätte Gillyanne ihn am liebsten geohrfeigt, doch James legte rasch eine Hand auf ihre geballte Faust.

»Ihr braucht einen Ehemann!«, verkündete Sir David. »Und eben deshalb sind wir hier.«

»Um mir einen Ehemann zu besorgen?«

»Da brauchen wir nicht lange zu suchen: Wir werden Euch heiraten.«

»Ihr alle? Ich glaube kaum, dass die Kirche damit einverstanden wäre.« Gillyanne hörte einen leisen Laut zu ihrer Linken, beschloss aber, Sir David nicht aus den Augen zu lassen. Wahrscheinlich würde sie ohnehin nicht herausfinden, was Sir Connors Räuspern zu bedeuten hatte.

»Nein. Ihr werdet einen von uns wählen«, erklärte Sir David, ohne die Miene zu verziehen.

Offenbar war ihm die Ironie von Gillyannes Worten völlig entgangen. Fast hätte sie ihn ausgelacht. Sir Robert blickte auf den Mann, als wüsste er nicht recht, ob er diesen Dummkopf auslachen oder schlagen sollte. Ein rascher Blick auf Sir Connor zeigte ihr, dass er sie nun sehr eingehend musterte. Warum, wollte sie lieber nicht wissen.

»Und weshalb sollte ich das tun?«, fragte sie.

»Ein Mädchen kann kein Land besitzen«, beharrte Sir David. »Ihr braucht einen Mann, der die Führung übernimmt.«

»Mylady«, warf Sir Robert rasch ein, bevor Gillyanne auf Sir Davids arrogante Bemerkung reagieren konnte, »mein Freund hier mag nicht die passenden Worte finden, aber es liegt ein Körnchen Wahrheit in dem, was er sagt.«

Doch Gillyanne ließ sich nicht von Sir Robert beschwichtigen. Dazu hätte er sich schon stärker ins Zeug legen müssen.

»Es sind unruhige Zeiten, Mylady«, fuhr Sir Robert fort. »Jeder Clan muss Stärke zeigen und ständig bereit sein, in die Schlacht zu ziehen. Ihr mögt durchaus klug genug und auch willens sein, aber auf diese Aufgabe werden nun einmal nur Männer vorbereitet.«

»Das weiß ich wohl. Aber eben deshalb fühle ich mich hier als Laird so sicher. Und ich werde nicht nur von meinem Vetter Sir James Drummond, Laird von Dunncraig, und den Männern, die mein Vater, Sir Eric Murray, ausgebildet hat, tatkräftig unterstützt, sondern auch von Sir George, einem sehr erfahrenen Mann, den mein Großonkel persönlich für diese Aufgabe ausgewählt hat.« Gillyanne faltete die Hände auf dem Tisch und lächelte die drei Männer an. »Und außerdem bin ich von drei starken Lairds umgeben, die uns hier noch nie belästigt oder bedroht haben, wie Sir George mir versichert hat.«

»Mylady ...«, begann Sir Robert.

»Lasst es bleiben, Robbie«, fuhr Sir David ihn an. »Das Mädchen verschließt sich vernünftigen Argumenten, das ist ja wohl klar.«

»Vernünftigen Argumenten? Ihr habt gesagt, ich bräuchte unbedingt einen Ehemann, und ich habe Euch sehr höflich widersprochen«, erwiderte Gillyanne. »Nicht mehr und nicht weniger.«

»Stellt Euch doch nicht so dumm! Ihr wisst genau, dass wir das Land wollen und daran interessiert sind, dass einer von uns es bekommt und nicht irgendein schmächtiges Ding, dem es ein lieber Verwandter geschenkt hat. Ihr wählt jetzt unverzüglich einen von uns als Ehemann, oder wir übernehmen diese Entscheidung für Euch!«, knurrte Sir David und stand auf.

Sir Robert und Sir Connor zögerten kurz, dann folgten sie seinem Beispiel.

Gillyanne stieß einen bedauernden Seufzer aus. »Ihr seid Euch also einig?« Als Sir Robert diese Frage mit einem Nicken bejahte, blickte sie auf Sir Connor. »Ihr habt bislang noch nichts gesagt, Sir Connor. Seid Ihr auf Seiten dieser Männer und teilt deren Absichten, was mich und mein Land angeht?«

»Es ist gutes Land, Mylady«, erwiderte Sir Connor. »Ein Land, auf das wir alle schon lange ein Auge geworfen haben.«

Gillyanne hätte am liebsten laut geflucht, als die drei hinausmarschierten. James beeilte sich, sie zum Tor zu begleiten und dieses fest hinter ihnen zu verriegeln. Kaum zwei Tage auf ihrer Burg lag sie schon im Streit mit drei Nachbarclans, und das nach all den Jahren, in denen hier offenbar Friede geherrscht hatte! Hastig schenkte sie sich Wein nach und nahm einen kräftigen Schluck.

»Ich glaube, wir haben ein kleines Problem«, meinte James gedehnt, als er in den Saal zurückkam.

»Ach ja?«, murmelte sie.

James bedachte sie mit einem leicht vorwurfsvollen Blick, dann setzte er sich zu ihr und goss sich ebenfalls etwas Wein nach. »Sie sind scharf auf dich.«

»Nicht auf mich, sondern auf mein Land.«

»Wir sind verloren«, stöhnte George, als er aus dem Schatten neben der Tür trat, zum Kopf des Tisches ging und sich auf den Platz zu Gillyannes Linken niederließ. »Vor unseren Toren stehen ziemlich viele Männer.«

»Wirklich?«, fragte Gillyanne James.

»Ja«, bestätigte er, »aber ich glaube nicht, dass sie uns alle auf einmal angreifen werden.«

»Nein? Und warum nicht?«

»Sie werden sich nicht gegenseitig daran hindern, Anspruch auf dich zu erheben, aber sie werden sich dabei auch nicht unterstützen. Ich glaube, jeder wird es erst einmal allein versuchen.«

»Und wie entscheiden sie, wer als Erster an die Reihe kommt?«, fragte Gillyanne.

»Sie werden wohl knobeln, mit Strohhalmen, Münzen oder Würfeln.«

James zuckte mit den Schultern.

»Ist das denn wichtig?«

Gillyanne schüttelte den Kopf. »Nein. Offenbar ist das Geschenk meines Großonkels doch nicht der Segen, für den ich es gehalten habe.«

»Aber immerhin hast du drei Heiratsanträge bekommen!« James lachte und wich ihrem halbherzigen Versuch aus, ihn zu schlagen.

»Warum akzeptiert Ihr nicht einen von ihnen, Mylady?«, fragte George. »Alle drei sind zum Ritter geschlagene Lairds, und keiner kam mir unansehnlich vor, auch wenn ich nicht genau weiß, was in den Augen junger Frauen den Ausschlag gibt. Alle drei sind jung und stark. Und sie besitzen gutes Land.«

»Bestimmt ist jeder von ihnen ein feiner Mann«, sagte Gillyanne und versuchte, den bekümmerten Sir George mit einem Lächeln aufzumuntern. »Aber wenn ich es richtig verstanden habe, wollen sie nicht mich, sondern mein Land. Natürlich wollen sie keinen Krieg oder eine Fehde auslösen, indem sie sich einfach nehmen, wonach ihnen der Sinn steht. Aber in mir sehen sie jetzt die Chance, sich das Land ohne Probleme anzueignen. Wenn ich einen von ihnen erhört hätte, hätten sich die beiden anderen gefügt. Ich bin zu einem Preis in einem Wettkampf geworden. Nicht unbedingt die hohe Minne, von der ein Mädchen träumt.«

»Aber nur wenige Mädchen können behaupten, dass richtig um sie geworben wird.«

»Traurig, aber wahr.«

Seufzend trommelte sie mit den Fingern auf den Tisch. »Doch wie dem auch sei – ich möchte nicht, dass es deshalb zu einem Blutvergießen kommt.«

»Ich weiß nicht, wie sich das vermeiden ließe, wenn Ihr vorhabt, sie um Euch kämpfen zu lassen.«

»Ich glaube, dass es nicht gleich zu einem richtigen Kampf kommen wird. Zuerst werden sie unsere Stärke und unsere Geschicklichkeit prüfen. Und ich glaube auch nicht, dass sie Ald-dabhach und seinen Bewohnern wirklich Schaden zufügen wollen.«

»Das nicht, und außerdem müssen sie natürlich aufpassen, dass sie Euch nicht verletzen oder gar töten.«

»Es wäre in der Tat ein wenig schwierig, mich zu heiraten und mein Land zu beanspruchen, wenn ich tot bin. Es würde meinen Großonkel gegen sie aufbringen, worauf sie anscheinend nicht erpicht sind, und auch mit meinem eigenen Clan werden sie sich nicht anlegen wollen. Mich halten sie wohl für keine allzu große Bedrohung, aber immerhin riskieren sie, meinen Großonkel zu verärgern, wenn sie darauf drängen, mich gegen meinen Willen zu verheiraten.«

James rieb sich nachdenklich das Kinn. »Als sie herausfanden, dass dieses Land einem unverheirateten jungen Mädchen gehört, haben sie wahrscheinlich befürchtet, du würdest bald jemanden heiraten, dem es nach mehr Land gelüstet. Die MacMillans waren bislang sehr friedliebende Nachbarn, wenn nicht sogar echte Verbündete. Dein zukünftiger Ehemann könnte sich als sehr viel weniger liebenswürdig erweisen.«

»Nachdem hier alles so friedlich wirkte, dachte ich, die Lairds würden erst einmal versuchen, mit uns zu verhandeln«, meinte Gillyanne.

»Es war hier nicht immer so friedlich, Mylady«, erwiderte George. »Die Väter dieser drei Lairds, ihre Großväter und die Generation davor waren streitsüchtige und habgierige Männer. Auch Ald-dabhach hat unter ihnen gelitten, wenngleich sich das überwiegend darauf beschränkte, dass die gegnerischen Parteien das Land durchquerten oder als Speisekammer plünderten. Ständig wurden irgendwelche Verträge geschlossen und wieder gebrochen, Betrug stand auf der Tagesordnung und dieses schöne Land färbte sich rot vom Blut der drei Clans, aber auch von unserem.«

»Und wie endete dieser Streit dann wirklich?«, fragte Gillyanne.

»Die Väter der drei Lairds brachten sich gegenseitig um. Außer verbrannter Erde und viel zu vielen Gräbern war kaum mehr etwas übrig. Ich glaube, die MacEnroys hatten die größten Verluste zu beklagen. Die Lairds waren damals zwar noch recht jung, aber sie traten aus den Ruinen und schlossen einen Pakt mit dem Ziel, Krieg und Gemetzel ein Ende zu setzen. Gute Freunde, die einander wahrhaftig vertrauen, sind sie zwar nicht geworden, aber sie kämpfen auch nicht mehr gegeneinander. Würde einer von ihnen wortbrüchig und einen von ihnen angreifen, sähe er sich mit zwei Gegnern konfrontiert. Wenn ein Fremder einen von ihnen bedrohen würde, hätten sie es zwar nicht eilig, ihm zu Hilfe zu eilen, aber sie würden sich auch nicht auf die Seite des Feindes schlagen.«

»Es wurde also vereinbart, Frieden zu halten, aber nicht unbedingt, sich gegenseitig beizustehen?«

»Richtig, und an diese Abmachung haben sie sich nun seit fast zwölf Jahren gehalten. Ab und zu kam es zwar zu einem kleineren Vergehen oder einer Beleidigung, aber dadurch wurde weder ein Krieg noch eine Fehde ausgelöst. Die Lairds setzten sich zusammen und fanden eine Lösung.«

»Nun, wenn das alles so schlimm war, wie Ihr es geschildert habt ...«, meinte Gillyanne.

George fiel ihr ins Wort. »Mylady, glaubt mir, als die alten Lairds starben, war ich überrascht, dass es überhaupt noch Überlebende gab, die sich aus den Ruinen schleppen und von vorne anfangen konnten.«

»Das erklärt immerhin, warum sie nicht wollen, dass mich ein Fremder heiratet und meine Mitgift einfordert.«

Gillyanne machte es sich auf dem großen Stuhl bequem, starrte auf die dicke hölzerne Tischplatte und versuchte, ihre wirren Gedanken zu ordnen. Als Erstes musste sie Zeit gewinnen, und zwar so viel, bis ihr Vater nach Ald-dabhach kam.

Sie wusste instinktiv, dass er herbeieilen würde, sobald er die Geschäfte für den König erledigt hatte. Dann würde er die drei Lairds mit seinen herausragenden Überredungskünsten umstimmen und dieses Wirrwarr rasch ordnen. Doch bis dahin musste sie an Ald-dabhach und ihrer Jungfräulichkeit festhalten, ohne dass jemand zu Schaden kam, egal, auf welcher Seite – ein schwieriges Problem.

»Ihr werdet kämpfen, nicht wahr?«, fragte George, den Tränen nahe.

»Nur ein bisschen«, tröstete sie ihn. »Das verspreche ich Euch. Ich brauche nur etwas Zeit. Bald wird mein Vater kommen und uns aus dieser schwierigen Lage befreien. Die Lairds werden mit ihm bestimmt zu einer Übereinkunft gelangen.«

»Das glaube ich auch«, pflichtete James ihr bei. »Aber wir wissen nicht, wann er hier sein wird.«

»Deshalb habe ich George ja versichert, dass ich weder besonders hart noch besonders lange kämpfen werde. Ich will lediglich etwas Zeit gewinnen und beten, dass uns Vater rasch zu Hilfe kommt. Das ist zwar wenig ehrenhaft, lässt sich aber leider nicht ändern. Es ist wirklich Pech, dass ich beim ersten richtigen Problem hier tatsächlich einen Mann brauche – einen älteren und mächtigeren als dich, James«, fügte sie mit einem entschuldigenden Grinsen hinzu.

»Also stellen wir uns darauf ein, den einen oder anderen Angriff zurückzuschlagen.«

»Aber wir werden behutsam vorgehen. Ich möchte niemandem einen wirklichen Schaden zufügen.«

»Tja, dann werde ich wohl Kissen auf sie werfen müssen.« James lachte und wich wieder einmal einem ihrer halbherzigen Versuche aus, ihm eine Ohrfeige zu versetzen, ehe er wieder ernst wurde.

»Wir müssen mit List vorgehen und uns einiges einfallen lassen, um einem Angriff standzuhalten.«

»Glaubst du denn, dass wir morgen schon mit dem ersten Versuch rechnen müssen?«

»Ja. Die drei sind ebenso versessen darauf, die Sache zu klären, wie wir es sind, sie hinzuhalten, bis Vater eintrifft.«

»Dann sollte ich mich am besten gleich daran machen, meine erste Überraschung zu brauen«, meinte Gillyanne und stand auf.

»Und was wird das sein, Mylady?«, fragte George, während er mit James hinter Gillyanne aus dem großen Saal ging.

»Etwas, das möglichst schrecklich stinkt und dazu noch sehr gut haftet. Man muss einen Mann nicht unbedingt verletzen, um ihn dazu zu bringen zu fliehen, und zwar so rasch und so weit er nur kann.«

»Aber wenn es so übel riecht, dann werden wir bei der Herstellung dieses Gebräus auch ziemlich zu leiden haben, oder?«

»Ich fürchte, solche Kampftechniken erfordern ihren Preis.« Gillyanne lachte über die Grimassen ihrer Begleiter. »Keine Sorge, gar so schlimm wird es schon nicht werden. Die übelste Zutat kommt erst ganz zum Schluss. Und denkt daran – wir können uns von dem Gestank fern halten, aber die armen Idioten, auf die wir das Zeug kippen, werden wahrscheinlich tagelang danach stinken, selbst wenn sie ihre Kleider verbrennen.«

Als Gillyanne ihre Begleiter in die Küche führte, ertappte sie sich bei der Hoffnung, dass Laird MacEnroy nicht der erste Angreifer sein möge. Aber warum sollte er es nicht sein? Er war ihr als der Entschlossenste der drei vorgekommen und konnte deshalb sehr wohl auch der Gefährlichste sein. Doch dann verscheuchte sie ihre seltsamen Gedanken und sagte sich, wahrscheinlich waren sie ihr nur deshalb in den Sinn gekommen, weil es doch wirklich eine Schande wäre, einen solch stattlichen Mann mit dem Gestank zu versehen, den sie jetzt gleich zusammenbrauen würde.

***

»Und wie kommt es, dass du erst als Dritter an der Reihe bist?«, fragte Diarmot, als er sich zu seinem Bruder Connor kauerte, der unter einem Baum hockte. »Du hast doch sonst immer so viel Glück.««

Connor ließ Ald-dabhach nicht aus den Augen. »Als Dritter dranzukommen ist gar nicht so schlecht.«

»Was soll daran gut sein, diesen zwei Blödmännern den Vortritt zu lassen?«

»Tja, ich lasse ihnen auch den Vortritt, eine Niederlage einzustecken.«

»Hat das Mädchen denn ein Heer mitgebracht?«

»Ein halbes Dutzend gesunder, gut ausgebildeter Männer.«

»Das ist nicht sehr viel.«

»Wenn sie so gut ausgebildet sind, wie das Mädchen behauptet, kann ein halbes Dutzend Männer die Burg bestimmt eine Weile verteidigen. Ein schlauer Laird könnte das auch, und dieses Mädchen ist schlau.«

Diarmot setzte sich und blickte nun auch auf die Burg. »Ein schlaues Mädchen kann eine wahre Plage sein. Vielleicht solltest du doch einen der anderen gewinnen lassen.«

»Nein. Ich will Ald-dabhach. Der Boden bringt viel mehr Ertrag, als die hier Lebenden brauchen. Wir haben in Deilcladach keinen solchen Überfluss. Außerdem hättest du dann auch eine Burg, die du beschützen, und Leute, die du anführen könntest. Die anderen Lairds haben etwas, was sie ihren Brüdern geben können. Ich habe vier Brüder und kann ihnen nicht einmal ein kleines Landhaus anbieten. Das Mädchen mag so schlau sein, wie es will – es gibt viele Gründe, warum ich hoffe, dass die MacEnroys dieses Land bekommen.«

»Woher willst du wissen, dass sie so schlau ist? Du hast nicht sehr lange mit ihr gesprochen.«

»Lang genug. Sir David glaubt, er müsse nur ein paar Leute beiseite schubsen, einmarschieren und sie vor einen Priester zerren. Er hat wenig Respekt vor den Menschen, die hinter diesen Mauern leben, und noch weniger vor dem Mädchen. Das ist dumm von ihm. Sir Robert ist nicht viel besser, auch wenn er immerhin klug genug ist zu ahnen, dass ihm der Preis nicht kampflos zufallen wird. Ich bin mir nahezu sicher, dass beide scheitern werden, und deshalb werde ich einfach hier sitzen und zuschauen. Es interessiert mich sehr, was diese Lady tun wird und wie hoch der Preis ist, den sie ihren Leuten abverlangt.«

Connor dachte kurz über das schmächtige Mädchen nach, das jetzt im Besitz von Ald-dabhach war. Irgendetwas an dieser jungen Frau faszinierte ihn, auch wenn er nicht sagen konnte, was.

Lady Gillyanne war klein – wenn sie sich aufrecht hinstellte, reichte sie ihm wahrscheinlich gerade bis zur Achsel – und ihre weiblichen Rundungen waren nur ein schwaches Abbild dessen, womit viele andere Frauen aufwarten konnten. Ihr Haar war weder rot noch braun, die Augen eine Mischung aus grün und blau – das eine eher blau, das andere eher ein wenig grün. Alles an ihr war zart, von den anmutigen Händen mit schlanken Fingern hin zu den zierlichen Füßen, die, wie er bemerkt hatte, nicht ganz den Boden berührten, wenn sie auf dem Stuhl des Lairds saß. Eigentlich war sie ganz und gar nicht der Typ Frau, der ihn erregte, aber dennoch tat sie es. Das konnte natürlich problematisch werden. Außerdem hatte er das Gefühl, dass diese seltsamen und dennoch wunderschönen Augen viel mehr sahen als so manch andere.

»Wir werden also ein paar Tage hier bleiben«, sagte Diarmot und störte Connors müßige Gedanken über die Lady, die er für sich einzufordern gedachte.

»Jawohl. Du solltest diesen Priester nicht aus den Augen lassen«, riet Connor. »Er kam nicht gerade freiwillig mit und könnte versuchen, sich aus dem Staub zu machen.«

»In Ordnung. Ich sage einem unserer Männer, dass er ihn in die Dorfkirche bringen und dort festhalten soll. Ich glaube, es reicht nicht, wenn du dir das Mädchen schnappst; die zwei anderen werden dich deshalb noch lange nicht als Sieger anerkennen.«

»Nein, ich muss mir die Kleine schnappen, sie heiraten, die Ehe vollziehen und sie so rasch wie möglich nach Deilcladach bringen.«

»Da sie ja offenbar keinen von euch zum Mann haben wollte, wird sie möglicherweise den einen oder anderen Einwand gegen eine solch überstürzte Ehe vorbringen.«

Connor zuckte mit den Schultern. »Das spielt keine Rolle. Ich werde mir sie und ihr fruchtbares Land holen. Ich werde gewinnen.«

Kapitel 3

»Sie kommen!«

James sprach ein kleines Dankgebet, und Gillyanne stimmte im Herzen mit ein. Selbst die stark parfümierten Tücher, die sie sich vor die Nasen gebunden hatten, machten den Gestank dessen, was das heranrückende Heer in Eimern und Töpfen auf den Mauern erwartete, kaum erträglicher. Sie wunderte sich selbst über den äußerst üblen Geruch des Zeugs, das sie zusammengebraut hatte. Es roch so intensiv, dass sie nicht sicher war, ob man die Eimer und Töpfe mit dem speziellen Reinigungsmittel, das sie ebenfalls hergestellt hatte, sauber bekommen würde. Gillyanne vermutete, falls sie jemals einem Bewohner von Ald-dabhach anbieten würde, ihm etwas zu brauen, würde dieser entweder sofort die Flucht ergreifen oder sie auf Knien anflehen, es nicht zu tun.

»Welcher Laird ist es denn?«, fragte sie George, der sich links von ihr hinter der Mauer versteckt hatte.

»Sir David«, erwiderte er nach einem raschen Blick über die Mauer.

»Aha. Das ist gut!«

»In der Tat. Der verdient es am allermeisten, dass wir ihm gleich dieses verfluchte Zeug auf den Kopf kippen!«

»Hoffentlich ist es klebrig genug geworden.«

»Nun, der junge Peter hat ein wenig auf sein Hemd gekleckert und es nicht mehr wegbekommen, so fest er auch gerieben hat.«

»Habt ihr meine Reinigungsmixtur ausprobiert?«

»Ja, und sie wirkt auch ganz gut. Aber bis wir damit ankamen, hatte er sich schon das Hemd vom Leib gerissen und war dabei, seinen Arm zu schrubben.«

»Ach ja? Dann ist das Zeug also durch das Hemd gedrungen?«

»Ja. Er meinte, am schlimmsten sei das Brennen. Es war wie eine richtige Verbrennung, er kippte sich eimerweise Wasser auf den Arm.«

»Es hat ihn verbrannt?«, fragte Gillyanne leicht entsetzt.

»Nein, nein. Sobald er es abgewaschen hatte, ließ der Schmerz nach und auch die Rötung verschwand wieder. Wahrscheinlich war seine Haut von der ganzen Schrubberei so rot geworden.« George rieb sich die grauen Bartstoppeln. »Jetzt sieht es nur noch wie ein ganz leichter Ausschlag aus.«

Gillyanne lehnte sich erleichtert an die Mauer. »Gott sei Dank! Ich wollte ja niemanden ernsthaft verletzen. Aber vielleicht sollten wir es ihnen doch nicht direkt auf die Köpfe gießen, es könnte ihre Augen verätzen.« Sie merkte, dass George sie mit einem Blick bedachte, wie es auch James manchmal tat – ein Blick, der absolutes Unverständnis ob solch weiblichen Zartgefühls ausdrückte.

»Die Kerle, die da auf unsere Burg zugaloppieren, machen sich um uns sicher keine solchen Sorgen«, erinnerte James sie. »Sie schauen eher so aus, als wären sie ganz gut vorbereitet auf ein wenig Verstümmeln und Morden. Und außerdem sind sie drunten und wir droben, es ist also ganz unmöglich, diesen widerlichen Mist nicht auf ihre Köpfe zu kippen.«

»Ich weiß. Aber sagt unseren Leuten, bevor sie das Zeug ausgießen, sollen sie schreien: Passt auf eure Augen auf!« Als George und James ihren Befehl weiterleiteten, wunderte sie sich nicht, dass ein paar Leute aufstöhnten und andere kicherten über so viel Mitgefühl, das wirklich nur eine Frau empfinden konnte. »Hoffentlich schafft es jemand, diesem Idioten eine gute Dosis unseres Gebräus zu verabreichen«, sagte sie, als Sir David immer näher kam.

Sir David Goudie mit seinem übersteigerten Selbstwertgefühl war ein rotes Tuch für Gillyanne. Bestimmt gehörte er zu der Sorte Männer, die dachten, Frauen seien nur für eine Sache gut, und wahrscheinlich glaubte er, er tue der Welt einen großen Gefallen, wenn er ihr die Herrschaft über Ald-dabhach entwand. Am liebsten hätte sie ihn ein paar Tage mit den weiblichen Mitgliedern ihrer Familie in ein Zimmer gesperrt, um ihn ein bisschen erziehen und auch ein wenig piesacken zu lassen.

»Wenn alle Stricke reißen und du gezwungen bist, einen der Lairds zu heiraten, dann wohl nicht ihn«, meinte James.

»Diesen Schwachkopf? Bestimmt nicht!«

»Lady Gillyanne!«, brüllte Sir David. »Seid Ihr bereit, Euch zu ergeben?«

»Warum sollte ich das?«, rief sie zurück.

»Weil ich ein gottverdammtes Heer vor Euren Mauern versammelt habe!«