Das Schicksal des Highlanders - Highland Heroes: Erster Roman - Hannah Howell - E-Book
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Das Schicksal des Highlanders - Highland Heroes: Erster Roman E-Book

Hannah Howell

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Beschreibung

Er liebt sie über alles, aber kann er ihr trauen? Der historische Liebesroman »Das Schicksal des Highlanders« von Hannah Howell als eBook bei venusbooks. Schottland im Jahre 1430. Seit langer Zeit schwelt der Konflikt zwischen den Highland-Familien der Murrays und Beatons – doch nun kommt es zum offenen Kampf! Als sein Bruder schwer verletzt wird, ist Balfour Murray verzweifelt. Kann die ebenso schöne wie geheimnisvolle Maldie Kirkcaldy ihn retten? Schon bald entbrennt zwischen dem Lord und der Heilerin eine ungeahnte Leidenschaft … aber dann fällt ein dunkler Verdacht wie ein Schatten auf ihr Glück: Ist Maldie eine Spionin der Beatons? Als sie von der Burg der Murrays flieht, ist Balfour von ihrer Schuld überzeugt – und ahnt nicht, dass Maldie bereit ist, alles zu riskieren, um ihre Unschuld zu beweisen und ihre Liebe zu retten … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Romance-Highlight »Das Schicksal des Highlanders« von New-York-Times-Bestseller-Autorin Hannah Howell ist der Auftakt zur historischen Liebesroman-Trilogie »Highland Heroes«. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 598

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Über dieses Buch:

Schottland im Jahre 1430. Seit langer Zeit schwelt der Konflikt zwischen den Highland-Familien der Murrays und Beatons – doch nun kommt es zum offenen Kampf! Als sein Bruder schwer verletzt wird, ist Balfour Murray verzweifelt. Kann die ebenso schöne wie geheimnisvolle Maldie Kirkcaldy ihn retten? Schon bald entbrennt zwischen dem Lord und der Heilerin eine ungeahnte Leidenschaft … aber dann fällt ein dunkler Verdacht wie ein Schatten auf ihr Glück: Ist Maldie eine Spionin der Beatons? Als sie von der Burg der Murrays flieht, ist Balfour von ihrer Schuld überzeugt – und ahnt nicht, dass Maldie bereit ist, alles zu riskieren, um ihre Unschuld zu beweisen und ihre Liebe zu retten …

Über die Autorin:

Hannah Howell, geboren 1950 in Massachusetts, kann ihren amerikanischen Familienstammbaum bis in das frühe 17. Jahrhundert zurückverfolgen – liebt aber vor allem die Geschichte Englands und Schottlands; auf einer Reise dorthin lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen. Hannah Howell hat in ihrer schriftstellerischen Karriere über 60 Liebesromane veröffentlicht, darunter den großangelegten Zyklus über die Familie Murray, in dem sie mitreißend vom Schicksal mehrerer Generationen einer weitverzweigten schottischen Highlander-Dynastie erzählt. Hannah Howell wurde für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Golden Leaf Award und dem Preis des Romantic Times Bookclub Magazine.

Bei venusbooks erschienen die folgenden Romane von Hannah Howell:

HIGHLAND HEROES »Das Schicksal des Highlanders« »Die Lust des Highlanders« »Das Schwert des Highlanders«

HIGHLAND ROSES »Die Spur des Highlanders« »Die Sehnsucht des Highlanders«

HIGHLAND LOVERS »Der Fürst der Highlander« »Der ungezähmte Highlander« »Der Held der Highlands«

HIGHLAND DREAMS »Das Begehren des Highlanders« »Der Stolz des Highlanders« »Die Versuchung des Highlanders«

»Der Kuss des Schotten«

»Das Herz des Highlanders«

***

eBook-Neuausgabe November 2019

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe dieses Buchs erschien 1998 unter dem Titel »Highland Destiny« bei Zebra Books/Kensington Publishing Corp., New York.

Copyright © der Originalausgabe 1998 by Hannah Howell; published by Arrangement with Kensington Publishing Corp., New York, NY, USA

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2007 by Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Copyright © der eBook-Lizenzausgabe venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock/kiuikson, Martin M303, LouieLea, Mihai Tamasila, Mariabo29015

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-95885-701-8

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

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Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Das Schicksal des Highlanders« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

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Hannah Howell

Das Schicksal des Highlanders

Roman

Aus dem Englischen von Angela Schumitz

venusbooks

Kapitel 1

Schottland, Frühjahr 1430

»Der junge Eric ist weg.«

Balfour Murray, Laird von Donncoill, blickte stirnrunzelnd von seinem üppigen Wildeintopf auf. Vor ihm stand der gedrungene Wachhauptmann James, schmutzig, erschöpft und blass vor Sorge. James war an und für sich nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Balfour wurde flau im Magen, sein Appetit war wie weggeblasen.

»Was meinst du damit – weg?«, fragte er und spülte den Mund mit einem kräftigen Schluck Rotwein.

James schluckte und trat von einem Bein aufs andere. Die frischen Binsen, die heute auf den Boden des großen Saals gestreut worden waren, raschelten leise. »Der Junge ist entführt worden«, gestand er und betrachtete den großen, dunklen Laird von Donncoill mit einer Mischung aus Beschämung und Wachsamkeit. »Wir waren auf der Jagd, als fast ein Dutzend Männer uns umzingelte. Colin und Thomas wurden niedergemacht, Gott schenke ihren tapferen Seelen Ruhe; aber sie nahmen doppelt so viele Männer mit, bevor sie zu Boden gingen. Als sich eine Bresche zwischen unseren Feinden auftat, sagte ich Eric, er solle fliehen. Wir galoppierten los, doch sein Pferd strauchelte. Bevor ich ihm zu Hilfe eilen konnte, hatten sie ihn schon erwischt. Sie machten sich zusammen mit ihm aus dem Staub. An mir waren sie nicht weiter interessiert, deshalb bin ich gleich zurückgekehrt.«

»Woher kamen die Männer?«, fragte Balfour, nachdem er einem jungen Pagen befohlen hatte, seinen Bruder Nigel zu holen.

»Es waren Beatons Leute.«

Dass Sir William Beaton wieder einmal Ärger machte, verwunderte Balfour nicht weiter, denn der Laird von Dubhlinn reizte die Murrays schon seit vielen Jahren. Doch dass er Eric entführt hatte, war ein Schock. Eric entstammte einer Liaison zwischen ihrem Vater und einer von Beatons verstorbenen Gemahlinnen. Der Mann hatte das Neugeborene kaltherzig auf einem Hügel ausgesetzt, wo es gewiss gestorben wäre, wenn nicht James auf dem Heimweg von der Jagd zufällig vorbeigekommen wäre. Der winzige Eric war in ein Tuch mit den Farben der Beatons gewickelt gewesen, und sein Vater hatte bald herausgefunden, wer dieses Kind war. Die Murrays waren entsetzt, dass Beaton ein hilfloses Kind zum Sterben ausgesetzt hatte, noch dazu einen kleinen Murray. Das erzürnte sie zutiefst. Die Beatons waren ihnen zwar immer ein Dorn im Auge gewesen, doch von da an wurden sie zu richtigen Feinden. Balfour wusste, wie sehr sein Vater Beaton hasste, und dieser Hass war bei dem plötzlichen und sehr merkwürdigen Tod von Erics Mutter, der Frau, die er geliebt hatte, noch gewachsen. Es war zu einer blutigen, erbitterten Fehde gekommen. Nach dem Tod des Vaters hatte Balfour gehofft, dass endlich Frieden einkehren würde. Doch nun war klar, dass dem Laird von Dubhlinn nicht an Frieden gelegen war.

»Was will Beaton von Eric?«, fragte Balfour erregt. Er packte seinen schweren Silberkelch so fest, dass dessen reiche Verzierungen in seine Handfläche schnitten. »Glaubst du, dass er den Jungen töten will? Dass er vollenden will, was er vor vielen Jahren schon einmal versucht hat?«

»Nein«, erwiderte James, nachdem er eine Weile nachdenklich die Stirn gerunzelt hatte. »Wenn Beaton den Jungen hätte töten wollen, dann hätte er seinen Leuten befohlen, ihm an Ort und Stelle den Garaus zu machen. Er hat die Sache gründlich geplant. Es war keine zufällige Begegnung, bei der den Beatons plötzlich einfiel, dass die Zeit günstig sei, unsere Zahl zu dezimieren. Diese Männer haben uns aufgelauert, uns und vor allem Eric.«

»Das heißt, dass wir gefährlich sorglos geworden sind. Ah, Nigel«, rief Balfour, als sein jüngerer Bruder in den großen Saal schlenderte. »Gut, dass man dich so rasch gefunden hat.«

»Der Bursche, den du nach mir geschickt hast, plapperte etwas davon, dass Eric entführt worden sei?« Nigel ließ sich auf die Bank neben Balfour nieder und schenkte sich Wein ein.

Balfour fragte sich, wie Nigel nur so ruhig sein konnte. Doch dann sah er, dass sein Bruder den Kelch genauso fest umklammerte wie er selbst und dass das Blut aus seinen Knöcheln wich. In Nigels bernsteingelben Augen lag ein harter Blick, der sie verdüsterte, bis sie fast ebenso dunkel waren wie seine eigenen. Balfour glaubte nicht, dass er jemals aufhören würde zu staunen, wie gut sein Bruder starke Gefühle beherrschen konnte. Lakonisch berichtete er ihm das Wenige, was er erfahren hatte. Dann wartete er ungeduldig, dass Nigel aufhörte, an seinem Wein zu nippen, und endlich den Mund aufmachte.

»Beaton braucht einen Sohn«, meinte Nigel endlich. Die Kälte in seiner Stimme war der einzige Hinweis auf seine Wut.

»Er hat Eric vor langer Zeit ausgesetzt«, wandte Balfour ein und bedeutete James, sich zu ihnen zu setzen.

»Stimmt. Aber damals dachte er bestimmt, er habe noch viel Zeit, einen Sohn zu zeugen. Doch das hat er nie geschafft. In Schottland wimmelt es von seinen Töchtern, Kinder, die ihm seine Frauen, seine Geliebten, seine Huren und arme, unwillige junge Mädchen geboren haben, die das Pech hatten, in seine Reichweite zu gelangen.«

James nickte langsam und fuhr sich nachdenklich durch sein bereits ergrauendes schwarzes Haar. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass es um die Gesundheit des Mannes nicht allzu gut bestellt ist.«

»Der Mann klopft an die Tür des Todes!«, entgegnete Nigel gedehnt. »Seine Verwandten, seine Feinde und seine nächsten Nachbarn rücken ihm auf den Pelz. Bislang hat er noch niemanden zu seinem Erben bestimmt. Wahrscheinlich hat er davor Angst, denn dieser Mann würde seinen Tod bestimmt beschleunigen. Die Wölfe heulen vor seinen Toren, und er versucht mit aller Macht, sie draußen zu halten.«

»Als er Eric seinem traurigen Schicksal auf dem Hügel überließ, gab er aller Welt zu verstehen, dass er nicht glaubte, das Kind sei von ihm«, meinte Balfour.

»Eric ähnelt seiner Mutter mehr als seinem Vater. Beaton könnte Anspruch auf ihn erheben. Ihm würden zwar nur wenige glauben, aber niemand könnte etwas dagegen tun, denn schließlich hat Beatons Gemahlin das Kind zur Welt gebracht. Mit irgendeinem Lügenmärchen über blinde Eifersucht könnte er erklären, warum er damals behauptet hat, dass unser Vater ihm Hörner aufgesetzt hätte. Der Mann neigt zu blinden Wutanfällen, das wissen alle. Vielleicht würden manche an seiner Vaterschaft zweifeln, aber keiner würde daran zweifeln, dass er so wütend werden könnte, ein Kind auszusetzen, selbst wenn es sein eigenes wäre.«

Balfour fluchte und fuhr sich mit langen Fingern durch das dichte, kastanienbraune Haar. »Dann hat der Mistkerl also vor, den jungen Eric zwischen sich und seine Feinde zu stellen.«

»Beweisen kann ich es natürlich nicht, aber ich glaube, genau darum geht es ihm.«

»Wenn ich bedenke, was ich von dem Mann weiß, was ich in letzter Zeit gehört habe und was du denkst, fallen mir keine Gegenargumente ein. Eric ist zu jung, um in diese Drachenhöhle geworfen zu werden. Vielleicht passiert ihm nichts, solange Beaton noch am Leben ist und seine Männer aus Angst loyal sind. Aber ich glaube, sobald der Laird von Dubhlinn so schwach ist, dass man sich nicht mehr vor ihm zu fürchten braucht, oder tatsächlich gestorben ist, wird Eric nicht lange überleben.«

»Nein. Wahrscheinlich wird er nicht einmal das Begräbnis des Halunken überstehen. Wir können den Jungen nicht dort lassen. Er ist ein Murray!«

»Ich denke nicht daran, ihn den Beatons zu überlassen, auch wenn er ebenso viel Anspruch auf Beatons karge Hinterlassenschaft hat wie alle anderen. Ich frage mich nur, wie viel Zeit wir haben, um ihn aus Beatons tödlicher Umklammerung zu befreien.«

»Vielleicht ein paar Tage, vielleicht auch Monate oder Jahre.«

»Oder vielleicht auch nur ein paar Stunden«, warf Balfour ein. Er verzog den Mund zu einem grimmigen Lächeln, als Nigel mit den Schultern zuckte und damit bedeutete, dass er derselben Meinung sei.

»Wir müssen sobald wie möglich nach Dubhlinn aufbrechen«, meinte James.

»Jawohl, wahrscheinlich hast du recht«, pflichtete Balfour ihm bei.

Fluchend trank er seinen Wein in großen Zügen, um sich ein wenig zu beruhigen. Wieder würde es zu einer Schlacht kommen. Wieder würden wackere Männer ihr Leben lassen, Frauen leiden, Kinder ihre Väter verlieren. Balfour hasste es. Vor dem Kampf hatte er keine Angst. Wenn es darum ging, sein Heim, die Kirche oder den König zu verteidigen, war er unter den Ersten, die die Rüstung anlegten. Doch die ständigen Fehden und das Blutvergießen machten ihm große Sorgen. Viele Murrays waren schon gestorben, weil sein Vater die Gemahlin eines anderen geliebt und das Lager mit ihr geteilt hatte. Nun würden weitere bei dem Versuch sterben, das Kind, das bei dieser außerehelichen Affäre entstanden war, zu retten. Obgleich Balfour seinen kleinen Bruder liebte und glaubte, der Junge verdiene es, dass man für ihn kämpfte, war es doch auch die Fortsetzung einer langen Fehde, die erst gar nicht hätte anfangen dürfen.

»Wir werden uns morgen gleich bei Tagesanbruch auf den Weg nach Dubhlinn machen«, ordnete Balfour schließlich an. »Rüste die Männer, James!«

»Wir werden gewinnen und uns den jungen Eric wiederholen«, versicherte Nigel seinem Bruder, sobald James den großen Saal verlassen hatte.

Balfour betrachtete seinen Bruder nachdenklich und fragte sich, ob Nigels Optimismus echt war. In manchem waren sie sich sehr ähnlich, in manch anderem aber so unähnlich, dass er immer wieder staunte. Nigel war viel heiterer und sein Teint viel heller. Balfour hatte sich nie darüber gewundert, dass Nigel bei den Ladies viel mehr Erfolg hatte, denn Nigel war wortgewandt und charmant, was ihm völlig abging. Außerdem sah Nigel blendend aus. Wenn Balfour sich im Spiegel betrachtete, fragte er sich oft, wie man nur so dunkel sein konnte, angefangen von den Haaren über die Augen hin zu einem dunklen Teint. Manchmal musste er gegen den bitteren Geschmack des Neides auf seinen Bruder ankämpfen; vor allem, wenn die Damen sich wieder einmal schmachtend über das dichte, rotbraune Haar seines Bruders, seine bernsteingelben Augen und seine goldene Haut ausließen. Jetzt war er, wie so oft, versucht, sich von seinem Bruder und dessen hoffnungsvollem Blick auf die kommende Schlacht anstecken zu lassen. Doch sein Gefühl, dass sie alle geradewegs in ihren Tod marschierten und womöglich auch noch Erics Tod herbeiführen würden, wollte nicht weichen. Balfour beschloss, seine Stimmung irgendwo zwischen diesen beiden Polen anzusiedeln.

»Mit Gottes Hilfe werden wir gewinnen«, meinte er schließlich widerwillig.

»Einen unschuldigen Knaben wie Eric vor einem Mistkerl wie Beaton zu retten sollte ja wohl ein Anlass sein, den Gott wohlwollend bedenkt.« Nigel verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Allerdings hätte Gott diese Viper schon vor Jahren erschlagen müssen, wenn er tatsächlich aufpassen würde.«

»Vielleicht hat Er auch beschlossen, dass Beaton eher den langsamen, qualvollen Tod verdient, den er gerade erleidet.«

»Wir werden dafür sorgen, dass dieser Mann alleine stirbt.«

»Was du über Beatons Pläne gesagt hast, kommt mir einleuchtend vor. Aber der Mann muss vollkommen von Sinnen sein, wenn er glaubt, dass er damit Erfolg hat. Nun gut, vielleicht bringt er andere dazu zu glauben, dass Eric sein Sohn ist, oder zumindest dazu, es nicht offen anzuzweifeln. Doch bei all seinen Intrigen hat er unseren kleinen Eric nicht in Betracht gezogen. Der Junge ist zwar nicht besonders kräftig, aber er ist nicht schwach und auch nicht dumm. Beatons Plan funktioniert nur, wenn Eric mitspielt. Aber ich bin mir sicher, dass der Junge aus diesem Irrenhaus flieht, sobald der Mann in seiner Wachsamkeit nachlässt.«

»Stimmt, aber es gibt viele Möglichkeiten, ein dürres Bürschchen wie ihn festzuhalten.« Seufzend rieb sich Nigel das Kinn und kämpfte um seine Beherrschung. »Und außerdem wissen wir, dass es viele Wege gibt, Menschen zu manipulieren. Erwachsene Männer, starke, kampferprobte Ritter, sind gezwungen worden, Verbrechen zu gestehen, die sie nie begangen haben. Geständnisse wurden ihnen entlockt, die sie das Leben kosteten; sie wurden in einen Tod geschickt, der oft weder rasch noch ehrbar war. Eric ist zwar mutig und klug, aber trotzdem ist er noch sehr jung und nicht besonders kräftig.«

»Und er ist allein«, murmelte Balfour. Er musste sich beherrschen, nicht sofort nach Dubhlinn zu reiten und mit gezücktem Schwert Beatons Kopf zu fordern. »Warten wir den morgigen Tag ab. Ob wir nun gewinnen oder verlieren – zumindest wird der Junge wissen, dass er nicht alleine ist und dass sein Clan um ihn kämpft.«

Der frühe Morgen hüllte sich in einen kühlen, grauen Nebel. Balfour stand in dem Gewimmel seiner Männer auf dem Burghof und bemühte sich, den düsteren Gedanken beiseitezuschieben, dass einige nicht von dieser Schlacht zurückkehren würden. Doch selbst wenn Eric nicht von allen in Donncoill geliebt worden wäre, hätte es die Ehre geboten, ihn aus den Fängen des Feindes zu befreien.

»Komm, Bruder!«, murmelte Nigel, der mit den Pferden zu Balfour trat. »Du musst wirken, als dürstetest du nach Beatons Blut und als hegtest du keinerlei Zweifel an unserem Sieg!«

Gedankenverloren tätschelte Balfour den muskulösen Hals seines Schlachtrosses. »Ich weiß. Du wirst mich nicht mehr wanken sehen, sobald wir im Sattel sitzen. Ich hatte nur inständig gehofft, uns wären jetzt friedlichere Zeiten vergönnt, Zeiten, um alte Wunden endlich heilen zu lassen, zu Kräften zu kommen und unser Land zu bearbeiten. Unser Boden ist gut, aber wir hatten nie Zeit, die volle Ernte einzubringen. Entweder mussten wir das Land vernachlässigen, um in den Kampf zu ziehen, oder unsere Feinde zerstörten, was wir angebaut hatten, und wir mussten wieder von vorne beginnen. Ich bin einfach müde.«

»Das verstehe ich gut, auch ich fühle mich manchmal so. Doch jetzt kämpfen wir um Erics Leben, ja vielleicht sogar um seine Seele. Daran solltest du denken, und an nichts sonst.«

»Das werde ich. Schließlich ist das mehr als genug, um den Kampfgeist zu wecken, den man braucht, um Männer in die Schlacht zu führen.« Er stieg in den Sattel und hielt sein Pferd zurück, bis Nigel ebenfalls im Sattel saß. Dann führte er sein Gefolge vom Hof.

Unterwegs folgte Balfour Nigels Vorschlag und dachte nur an seinen jungen, freundlichen Bruder. Bald war er mehr als bereit, Beaton und seinen Männern mit dem Schwert entgegenzutreten. Es war wirklich allerhöchste Zeit, diesem Mann und seinen Verbrechen ein Ende zu setzen.

***

Nigel stürzte aus dem Sattel. Ein Pfeil steckte in seiner Brust, ein weiterer in seinem rechten Bein. Balfour stieß einen heftigen Fluch aus, Angst und Wut ließen seine tiefe Stimme wie Donner grollen. Er sprang vom Pferd und drängte sich durch seine wild kämpfenden Männer zu Nigel. Als er neben Nigel kauerte, ohne sich um Schutz vor dem tödlichen Pfeilregen aus Dubhlinn zu kümmern, merkte er, dass sein Bruder noch atmete.

»Gott sei Dank!«, murmelte er und bedeutete zweien seiner Männer, Nigel hochzuheben.

»Nein, wir dürfen nicht aufgeben, nur weil ich gefallen bin«, protestierte Nigel, als er ans hintere Ende des Heers gebracht wurde. »Ihr dürft diesen Schuft nicht gewinnen lassen!«

Balfour wies seine Leute an, eine Bahre für Nigel herzurichten, dann wandte er sich wieder an seinen Bruder. »Er hatte diesen Kampf schon gewonnen, bevor wir uns auf dem verdammten Schlachtfeld aufgestellt hatten. Der Mann wusste, dass wir kommen würden, um Eric zu holen, und hat sich vorbereitet.« Er packte einen bleichen Pagen und zog ihn von den anderen Jungen fort, die bei den Pferden kauerten. »Sieh zu, dass zum Rückzug gerufen wird, Junge. Wir müssen fliehen, bevor noch alle hier begraben werden.«

Nigel stieß grässliche Flüche aus, als der Junge davoneilte. »Mögen dem Schurken die Augen in den Höhlen verrotten!«

»Eine Niederlage schmeckt immer bitter«, meinte Balfour und kniete sich neben Nigel. »Aber wir können diese Schlacht nicht gewinnen; wir können hier nur sterben. Damit ist dem jungen Eric nicht gedient. Dubhlinn ist stärker, als ich es in Erinnerung hatte. Wir müssen fliehen, unsere Wunden lecken und uns etwas anderes einfallen lassen, um unseren kleinen Bruder aus Beatons Fängen zu befreien. He, ihr zwei dort drüben«, er deutete auf die größten der um ihr Leben bangenden Pagen, »kommt her und haltet Nigel fest, wenn ich ihm die Pfeile herausziehe!«

Sobald die zwei Jungen seinem Befehl gefolgt waren, machte sich Balfour ans Werk. Als er den ersten Pfeil herauszog, schrie Nigel auf und fiel in Ohnmacht. Balfour wusste, dass das seinen Bruder nicht gänzlich vor Schmerzen bewahrte, doch er entfernte auch den zweiten Pfeil so rasch wie möglich. Dann riss er sein Hemd in Streifen und verband die Wunden, auch wenn der Stoff ziemlich schmutzig war. Seine Männer hatten bereits den Rückzug angetreten, als er Nigel auf die Bahre legte. Unverzüglich folgte er ihnen.

Die Niederlage lag ihm wie ein Stein im Magen, aber er zwang sich, sie zu akzeptieren. Sobald er auf die offenen Felder, die Dubhlinn umgaben, geritten war, hatte er gespürt, dass er einen Fehler machte. Seine Männer hatten sich in den Angriff gestürzt, bevor er sie aufhalten konnte, und rasch hatte sich gezeigt, dass Beatons Abwehr stark und tödlich war. In Balfour mischten sich Wut und Schmerz über die Männer, die getötet oder verletzt worden waren, bevor er sie aus dem Gemetzel abziehen konnte. Er hoffte nur, dass seine Torheit ihm nicht allzu teuer zu stehen gekommen war. Als sie, von einer sorgfältig ausgewählten Gruppe gedeckt, nach Donncoill zurückmarschierten, betete Balfour, dass ihm etwas einfallen möge, um Eric zu befreien, ohne dass es erneut zu einem Blutvergießen kommen würde, zumindest zu keinem so heftigen wie an diesem unheilvollen Tag auf den Feldern vor Dubhlinn. Als er zu Nigel blickte, der allmählich wieder zu sich kam, betete er auch, dass der Versuch, den einen Bruder zu befreien, nicht das Leben des anderen kostete.

***

Furchterregende Kampfgeräusche störten den Frieden und die Freude an diesem ungewöhnlich warmen Frühlingsmorgen. Maldie Kirkcaldy fluchte. Sie unterbrach ihren entschlossenen Gang nach Dubhlinn, einen Gang, der vor drei langen Monaten am Grab ihrer Mutter begonnen hatte. Als der in ein Leichentuch gewickelte Körper ihrer Mutter zur letzten Ruhe gebettet wurde, hatte sie sich geschworen, den Laird von Dubhlinn teuer zahlen zu lassen für das Unrecht, das er ihnen angetan hatte. Sie hatte sich sorgfältig auf alles Mögliche vorbereitet – schlechtes Wetter, den Mangel an Obdach und Nahrung. Doch sie hatte nie an die Möglichkeit gedacht, dass ein Kampf sie auf ihrem Weg behindern könnte.

Maldie setzte sich an den Rand der zerfurchten Straße und blickte finster Richtung Dubhlinn. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie sich nicht doch näher an das Schlachtfeld wagen sollte. Schließlich könnte es von Nutzen sein zu wissen, welcher der benachbarten Clans versuchte, Beaton zu schlagen. Doch sie ließ diesen verlockenden Gedanken wieder fallen. Es war zu gefährlich, sich zu nah an eine Schlacht zu wagen, vor allem, wenn man für beide Seiten eine Unbekannte war. Selbst diejenigen, die im Gefolge ihrer Clanmitglieder kamen und bei Freund und Feind bekannt waren, riskierten in der Nähe eines Schlachtfelds ihr Leben. Doch es bestand ja immer noch die Möglichkeit, Beatons Feinde zu einem späteren Zeitpunkt zu treffen. Und dann musste sie diesen Feind nur überzeugen, dass sie eine Verbündete und obendrein sehr nützlich sei.

Gedankenverloren kritzelte Maldie mit einem Stock ein Muster auf die Erde, dann schüttelte sie den Kopf und lachte über ihre Torheit. »Jawohl, schließlich brennt ja jeder feine, schwerttragende Ritter im ganzen Land darauf, die kleine Maldie Kirkcaldy zur Waffengefährtin zu haben!«

Mit einem raschen Blick auf ihre Umgebung stellte sie fest, dass sie noch immer alleine war. Nervös fuhr sie sich durch ihr üppiges, widerspenstiges Haar. Obgleich sie klein und schlank war, hatte sie es geschafft, drei Monate lang durch unbekanntes Land zu wandern. Es wäre der reine Wahnsinn, jetzt die Vorsicht aufzugeben, die sie bislang am Leben gehalten hatte – vor allem, da sie kurz davor stand, ihren Schwur zu erfüllen. Nie zuvor war sie so lange allein gewesen, nur begleitet von ihren Rachegelüsten. Sie durfte jetzt nicht leichtsinnig werden, nein, sie musste sogar von nun an noch umsichtiger sein. Jetzt zu versagen, wo sie so kurz davor stand, die Rache zu nehmen, um die ihre Mutter sie gebeten hatte, wäre allzu bitter.

Die Kampfgeräusche verebbten. Maldie erhob sich langsam und angespannt. Ihr Instinkt sagte ihr, dass die Schlacht ihrem Ende zuging. Der Straße, auf der sie stand, war anzusehen, dass sie vor Kurzem passiert worden war. Bald würde das Heer auf dieser Straße zurückkehren, entweder ausgelassen den Sieg feiernd oder von der Niederlage bedrückt. Beides konnte gefährlich sein. Maldie klopfte den Staub aus ihren viel geflickten Röcken und zog sich in das dichte Strauchwerk und die windzerzausten Bäume am Straßenrand zurück. Sehr sicher war diese Zuflucht nicht, doch sie hoffte, dass es reichen würde. War das Heer, das hier bald vorüberziehen würde, siegreich, würden die Männer kaum auf mögliche Bedrohungen achten. Im Falle einer Niederlage würden sie nur die rückwärtige Seite decken. In beiden Fällen würde ihr nichts passieren, solange sie sich ruhig verhielt.

Nachdem sie eine Weile in den Büschen gekauert und auf die Straße gestarrt hatte, dachte sie, sie hätte sich wohl geirrt und niemand käme hier entlang. Doch dann hörte sie schwach das unverkennbare Klirren von Zaumzeug. Sie verkrampfte sich und überlegte fieberhaft, was zu tun sei, Auch wenn ihr Stolz ihr beharrlich sagte, dass sie sich so ganz allein und auf sich gestellt äußerst tapfer durch die Welt schlug, wusste sie, dass ein Verbündeter sehr nützlich sein konnte. Immerhin käme sie auf diese Weise vielleicht zu einem etwas behaglicheren Platz, wo sie sich in aller Ruhe überlegen könnte, wie sie das Wissen, das sie in den letzten drei Monaten gesammelt hatte, am besten nutzen konnte.

In dem Moment, in dem sie beschlossen hatte, dass Beatons Feinde ihre Freunde waren und dass es für sie nur von Vorteil sein könnte, sich an sie zu wenden, fiel ihr Blick auf das Heer, und sie schwankte wieder, was sie nun tun sollte. Selbst aus der Ferne wirkte dieses Heer, das aus Dubhlinn abzog, geschlagen. Welche Hoffnungen konnte sie hegen, Beaton zu schlagen, wenn selbst ein Heer kampferprobter Ritter mit all ihren Waffen und Rüstungen es nicht schaffte? Doch rasch schüttelte Maldie ihre Selbstzweifel ab. Weniger leicht fiel es ihr, die Zweifel an den Männern abzuschütteln, die da auf sie zugestolpert kamen. Was konnten sie ihr nützen, wenn Beaton sie besiegt hatte? Als sie nahe genug waren, dass Maldie das Leid, die Erschöpfung und den Schmerz auf den schmutzstarrenden Gesichtern erkennen konnte, wusste sie, dass sie sich jetzt entscheiden musste.

Ein Verbündeter war besser als keiner, auch wenn er einmal geschlagen worden war, sagte sie sich und stand langsam auf. Vielleicht wussten diese Männer ja etwas, was sie noch nicht wusste und was ihr helfen würde, ihr Ziel zu erreichen: Beatons Tod. Vorausgesetzt natürlich, sie käme nicht vorher selbst ums Leben ... Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie jetzt nicht ihren eigenen Tod provozierte, dann trat sie beherzt auf die Straße.

Kapitel 2

Maldie hoffte inständig, dass der große, dunkle Ritter, der vor ihr stehen blieb und sie misstrauisch beäugte, nicht hörte, wie rasch und heftig ihr Herz klopfte. Immerhin machte er keinen bedrohlichen Schritt auf sie zu. Sie fasste neuen Mut. Als sie aus dem dichten, beschützenden Buschwerk getreten war und sich vor das geschlagene Heer gestellt hatte, schien ihr die Aussicht auf ein paar Verbündete einen solchen Schritt wert zu sein. Jetzt aber, als sie direkt vor den Männern stand und ihre abweisenden Mienen und ihre schlamm- und blutverkrustete Kleidung musterte, war sie sich nicht mehr so sicher. Schlimmer noch, sie war sich nicht mehr sicher, ob sie ihnen erklären könnte, woher sie so plötzlich aufgetaucht war, ganz allein auf der Straße nach Dubhlinn, und ob sie ihnen ihre düsteren Rachepläne enthüllen sollte. Diese Männer waren Krieger, sie aber hatte keine Schlacht im Sinn, sondern einen kaltblütigen Mord.

»Könntest du mir vielleicht erklären, was ein schmales junges Ding wie du hier zu suchen hat?«, fragte Balfour, der sich gewaltsam von ihren weit aufgerissenen, dunkelgrünen Augen losreißen musste.

»Vielleicht wollte ich mir ja nur mal ansehen, wie schlimm Euch der alte Beaton zugesetzt hat«, entgegnete Maldie. Beunruhigt fragte sie sich, was dieser breitschultrige, dunkeläugige Mann an sich hatte, dass sie ihm eine solch unverschämte Antwort gab.

»Jawohl, der Schurke hat die Schlacht gewonnen.« Balfours tiefe Stimme klang rau und kalt vor Wut. »Gehörst du zu dem Gesindel, das die Taschen der Toten ausplündert? Wenn ja, dann tritt beiseite und scher dich weg!«

Sie beschloss, die Beleidigung zu ignorieren, schließlich hatte sie es sich selbst zuzuschreiben, weil sie ihre Worte so schlecht gewählt hatte. »Mein Name ist Maldie Kirkcaldy, und ich komme aus Dundee.«

»Das ist aber ganz schön weit weg! Was führt dich an diesen verfluchten Ort?«

»Ich bin auf der Suche nach ein paar Verwandten.«

»Wen? Vielleicht kenne ich sie und kann dir helfen.«

»Das ist sehr freundlich von Euch, aber ich glaube nicht, dass Ihr mir helfen könnt. Meine Verwandten haben wenig Anlass, einen hochwohlgeborenen Herrn wie Euch zu kennen.« Bevor er sie zu einer ausführlicheren Erklärung drängen konnte, wandte sie sich dem Mann auf der Bahre zu. »Euer Begleiter sieht aus, als sei er böse verletzt worden, Sir. Vielleicht kann ich Euch helfen.« Sie trat näher an den Verwundeten, ohne auf den großen Ritter zu achten, der sich anschickte, ihr in den Weg zu treten. »Es ist keine eitle Prahlerei, wenn ich behaupte, großes Geschick im Heilen zu besitzen.«

Die feste Zuversicht in ihren Worten veranlasste Balfour, die junge Frau gewähren zu lassen. Doch er beobachtete sie düster. Es passte ihm gar nicht, dass er sich von einer Frau derart rasch hatte umstimmen lassen. Auch war es nicht besonders klug, einer völlig fremden Person so schnell zu vertrauen. Sie war schön, daran bestand kein Zweifel, von ihrer wilden, rabenschwarzen Mähne hin zu den kleinen, in Stiefeln steckenden Füßen; doch er ermahnte sich, sich von einem hübschen Gesicht nicht um den Verstand bringen zu lassen. Er stellte sich ihr gegenüber neben Nigels Bahre und ließ die kleine Frau nicht aus den Augen, die ihre Röcke gerafft hatte und nun neben seinem Bruder kniete.

»Mein Name ist Sir Balfour Murray, Laird von Donncoill, und dieser Mann ist mein Bruder Nigel«, sagte er. Er legte eine Hand auf den Knauf seines Schwertes und beugte sich ein wenig vor, um jede Bewegung ihrer blassen, zarten Hände zu beobachten. »Er wurde niedergestreckt, als unser Feind uns mit List und Tücke in eine Falle lockte.«

Maldie untersuchte Nigels Wunden. Rasch beschloss sie, was getan werden musste, wobei sie insgeheim fluchte, dass sie nicht die richtigen Dinge dabeihatte. »Ich wundere mich immer wieder, dass Männer glauben, alle würden sich im Krieg ehrenvoll und anständig verhalten. Würdet ihr nur etwas mehr Vorsicht walten lassen, dann würden vielleicht auch nicht mehr so viele von euch niedergestreckt.« Angewidert verzog sie das Gesicht, als sie die schmutzigen Lumpen entfernte, mit denen die Wunden des Mannes bedeckt waren.

»Es ist ja wohl nicht unbillig davon auszugehen, dass sich ein Mann, der den ehrenwerten Titel eines Ritters trägt, seiner Stellung geziemend verhält«, entgegnete er.

Balfour runzelte die Stirn bei dem leisen, verächtlichen Schnauben, das sie von sich gab. So leise dieses Geräusch auch war, so schwang doch sehr deutlich Wut und Verbitterung mit – und ein gänzlicher Mangel an Respekt. Obgleich ihr grobes schwarzes Gewand auf ihre niedere Herkunft schließen ließ, zollte sie ihm, der weit über ihr stand, keinerlei Achtung; wahrscheinlich tat sie das bei keinem von höherer Geburt, wenn er sie richtig einschätzte. Balfour überlegte, ob ihr einmal ein grobes Unrecht zugefügt worden war, doch gleich darauf fragte er sich, was ihn das eigentlich anginge.

Er betrachtete sie aufmerksam, als sie Nigels Wunden spülte und sie wieder verband, um die Blutung zu stillen. Nigel wirkte, als ob seine Schmerzen schon nachließen. Die Behauptung der jungen Frau, des Heilens kundig zu sein, schien also nicht unbegründet zu sein. Es kam Balfour vor, als würde allein die Berührung ihrer Hand Nigels Schmerzen lindern. Als er sah, wie sie Nigel das Haar aus der Stirn strich, ertappte er sich dabei, darüber nachzugrübeln, wie sich ihre kleinen Hände mit den langen Fingern wohl auf seinem eigenen Körper anfühlen würden. Zu seiner großen Überraschung verhärtete sich sein Körper sofort, und es kostete ihn einige Mühe, die unpassende Erregung zu ignorieren und an etwas anderes zu denken.

Doch als er sie noch einmal gründlich musterte, musste er sich zögerlich eingestehen, dass sie einiges an sich hatte, was einen Mann auf unheilige Gedanken bringen konnte. Sie war zwar klein und ihr Gewand war alt und abgetragen, aber es schmiegte sich eng an ihren schlanken, doch wohlgeformten Körper. Sie hatte hohe, volle Brüste, eine schmale Taille und verführerisch geschwungene Hüften. Für eine solch kleine Frau hatte sie sehr lange Beine, schlanke lange Beine, die in Füßen endeten, die fast so zierlich waren wie die eines Kindes. Ihr widerspenstiges, rabenschwarzes Haar ließ sich kaum durch das schwarze Lederband bändigen, das es zusammenhielt. Dicke, lockige Strähnen hatten sich gelöst und umspielten ihre blassen Wangen. Ihre funkelnden grünen Augen waren so groß, dass sie ihr kleines, herzförmiges Gesicht völlig dominierten. Lange, dichte schwarze Wimpern umrahmten diese wunderschönen Augen, und die zart geschwungenen dunklen Brauen unterstrichen ihre Schönheit noch. Sie hatte eine kleine, sehr gerade Nase, die nur an der Spitze ein wenig nach oben ging, volle, verführerische Lippen und ein hübsches, doch sehr energisch wirkendes Kinn. Balfour fragte sich, wie jemand so jung und zart und gleichzeitig so temperamentvoll aussehen konnte.

Ich will sie haben. Auf diesen Gedanken reagierte er erstaunt und gleichzeitig ein wenig belustigt. Belustigt, weil er eine solch kleine, unverschämte und zerzauste Frau begehrte; erstaunt, weil dieses Verlangen so schnell und heftig auf ihn einstürmte, schneller und heftiger als je zuvor bei einer Frau. Das Verlangen, das sie in ihm weckte, reichte so tief und war so stark, dass es ihn schon fast beunruhigte. Ein solches Verlangen konnte einen Mann dazu bringen, sich töricht zu verhalten. Er bemühte sich um einen klaren Kopf und darum, nur noch an Nigels Gesundheit zu denken.

»Meinem Bruder scheint es schon etwas besser zu gehen«, meinte er.

»Höfliche Worte, aber sie zeigen mir, dass Ihr wenig vom Heilen versteht.« Maldie kauerte sich auf die Fersen und wischte sich die Hände an ihren Röcken ab. Ernst blickte sie Balfour an. »Ich habe ja nur das Blut und den Schmutz entfernt und die Wunden mit saubereren Lumpen verbunden. Das, was ich bräuchte, um die Wunden wirklich zu versorgen, steht mir hier nicht zur Verfügung.«

»Was bräuchtest du denn?« Seine Augen wurden groß, als sie eine lange Liste aufzählte. Von vielen dieser Dinge hatte er noch nie gehört. »Solche Sachen habe ich nicht dabei, wenn ich in den Kampf ziehe.«

»Vielleicht solltet Ihr das beim nächsten Kampf. Schließlich holt ihr Toren euch solche Wunden immer im Kampf.«

»Es ist nicht töricht, seinen kleinen Bruder aus den Klauen eines Mannes wie Beaton befreien zu wollen.« Balfour bedeutete ihr mit einer knappen Handbewegung zu schweigen, als sie etwas erwidern wollte. »Ich habe mich jetzt lange genug hier aufgehalten. Vielleicht hat man Beatons Hunde noch nicht in ihre Zwinger gesperrt. Sie könnten jederzeit auf uns einstürmen. Außerdem muss Nigel in Sicherheit gebracht und versorgt werden.«

Maldie stand auf und klopfte sich den Staub aus den Gewändern. »Jawohl, das stimmt. Also sputet Euch!«

»Du hast dich jetzt schon so gut um ihn bemüht, ohne all die Sachen, die du bräuchtest – ich bin sehr neugierig zu erfahren, welche Wunder du bewerkstelligst, wenn du alles hast, was du brauchst.«

»Was wollt Ihr damit sagen?«

»Dass du mit uns nach Donncoill kommst.«

»Dann bin ich also Eure Gefangene?«

»Nein, mein Gast.«

Maldi verbiss sich die grobe Absage, die ihr auf der Zunge lag. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um stur und widerspenstig zu sein. Mit einiger Mühe führte sie sich die Vorteile vor Augen, die es hätte, ihr Schicksal mit dem von Sir Balfour zu verbinden. Wie sie führte er einen Krieg gegen Sir Beaton, und obgleich er die heutige Schlacht verloren hatte, standen ihm noch immer genügend Männer und Waffen zu Gebote, um dem Laird von Dubhlinn einen bleibenden Schaden zuzufügen. Außerdem würde sie dann ihre Rachepläne ausarbeiten können ohne die Sorge um ein Dach über dem Kopf und Nahrung.

Allerdings gab es auch Nachteile, wie sie sich mit einem innerlichen Stirnrunzeln zu bedenken gab. Beaton hatte Sir Balfour offenbar schweres Leid zugefügt. Wenn dieser herausfand, wer ihre Eltern waren, war sie vielleicht nicht mehr so sicher. Außerdem konnte es Ärger geben, wenn er erführe, warum sie eigentlich auf der Straße nach Dubhlinn unterwegs gewesen war. Wenn sie jetzt mit ihm ging, müsste sie ihn belügen; und instinktiv wusste sie, dass Sir Balfour Murray ein Mann war, der eine Lüge nicht leicht verzieh. Ihr Plan, einen Verbündeten zu gewinnen, erwies sich alles andere als einfach.

Ein eingehender Blick auf ihn zeigte ihr auch noch eine andere mögliche Komplikation. Sie kannte den Ausdruck in seinen dunklen Augen, denn sie hatte ihn schon zu oft gesehen: Er begehrte sie. Am meisten Sorgen aber machte ihr, dass sie auf die Lust dieses dunklen Ritters reagierte, und zwar nicht mit Wut, Ekel und Verachtung, wie sie es bei den anderen Männern sonst immer getan hatte.

Einerseits beunruhigte es sie, andererseits machte es sie aber auch neugierig. Er sah zweifellos gut aus, doch sie hatte auch schon andere stattliche Männer getroffen. In seinem großen Körper steckte eine unbändige Kraft, die sicher jede Frau, die Augen im Kopf hatte, mit Wohlwollen betrachtet hätte. Hohe Wangenknochen, eine lange, gerade Nase und ein kantiges Kinn bildeten markante Züge. Sein dichtes, dunkelbraunes Haar wellte sich bis auf die breiten Schultern. Es schimmerte rot, wenn die Sonne darauf fiel. Doch am stärksten faszinierten sie seine Augen, sanfte Augen von einer satten braunen Farbe, umgeben von überraschend dichten schwarzen Wimpern unter schwach geschwungenen dunklen Brauen. Beunruhigt von seinem forschenden Blick betrachtete sie seinen Mund, beschloss aber sogleich, dass es gefährlich wäre, dort länger zu verweilen. Denn er hatte einen sehr netten Mund, die Unterlippe etwas voller als die obere. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie es sein würde, von diesem Mund geküsst zu werden.

Hastig wandte sie sich ab und hob ihren kleinen Beutel auf. »Es ist sehr freundlich von Euch, mir eine Zuflucht anzubieten, aber der Frühling ist schon weit fortgeschritten. Es gibt nur noch wenige Monate mit schönem Wetter. Ich kann jetzt nirgends länger verweilen. Ich muss meine Verwandten finden, bevor mich der Winter und das schlechte Wetter zwingen, irgendwo unterzuschlüpfen.«

»Wenn es zu lange dauert, bis Nigel wieder gesund ist, kannst du in Donncoill überwintern.« Er packte sie am Arm und zerrte sie zu seinem Pferd. »Nigel braucht dich und deine Heilkunst.«

»Dann ist das also keine Einladung, mein Laird, sondern ein Befehl.«

Balfour umfasste ihre schmale Taille und hievte sie in den Sattel, wobei er flüchtig daran dachte, dass sie ein paar gute Mahlzeiten nötig hatte, denn sie wog kaum mehr als ein Kind. »Es würde deinen Aufenthalt in Donncoill angenehmer machen, wenn du versuchen würdest, es als Einladung zu betrachten.«

»Ach ja? Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir so in die Tasche lügen kann.«

»Versuch es einfach!«, meinte er lächelnd.

Maldie spürte, wie ihr Atem rascher ging. Sein Lächeln war verführerisch in seiner Aufrichtigkeit. Hinter diesem etwas schiefen Grinsen steckte keine Hinterlist oder Arroganz, sondern nur die reine Belustigung, und er forderte sie stillschweigend auf, sie mit ihm zu teilen. Sie musste sich eingestehen, dass ihr nicht nur sein Aussehen gefährlich werden könnte, sondern der Mann selbst. Es sah allmählich so aus, als habe Sir Balfour Murray eine Menge guter Eigenschaften, von denen sie vor langer Zeit beschlossen hatte, dass sie bei keinem Mann zu finden wären. Maldie wusste, dass ihre Geheimnisse unter solchen Umständen womöglich sehr schwer zu hüten sein würden.

Sie lächelte schwach. »Wie Ihr wünscht, mein Laird. Und wenn Euer Bruder wieder gesund ist, kann ich dann gehen?«

»Aber sicher«, erwiderte er. Warum nur kamen ihn diese Worte so hart an?

»Dann sollten wir jetzt lieber losreiten, Sir Murray. Der Tag schwindet rasch, und Eurem Bruder wird die Kälte nicht guttun, die sicher kommt, sobald die Sonne untergegangen ist.«

Balfour nickte und bedeutete seinen Männern, sich wieder in Bewegung zu setzen. Er selbst schritt an der Seite seines Bruders einher. Die kleine Maldie schien keine Probleme mit seinem Pferd zu haben, obwohl es die Bahre hinter sich herzog. Sein Ross schien sogar recht erfreut über die winzige Lady auf seinem starken Rücken. Es hatte die Ohren nach hinten gelegt, um eifrig die Worte aufzuschnappen, die sie ihm zuflüsterte.

»Das Mädchen kann auch gut mit Tieren umgehen«, meinte Balfour und blickte zu seinem Bruder hinab.

»Stimmt, mit Pferden und mit Männern«, murmelte Nigel.

»Warum bist du so beunruhigt? Sie hat deine Schmerzen gelindert, das sehe ich dir an.«

»Richtig, sie hat meine Schmerzen gelindert. Sie hat es in ihren Händen. Und außerdem ist sie eine hübsche kleine Frau mit den schönsten Augen, die ich je gesehen habe. Aber du weißt nicht, wer sie ist. Das Mädchen hat Geheimnisse, Balfour, da bin ich mir ganz sicher.«

»Aber warum sollte sie uns denn alles erzählen? Sie weiß ebenso wenig über uns wie wir über sie. Sie ist eben vorsichtig.«

»Ich hoffe sehr, dass das alles ist, was ich spüre – eine natürliche Vorsicht Fremden gegenüber. Doch die Zeiten sind zu gefährlich, um jemandem so rasch zu vertrauen oder sich von einem hübschen Gesicht einnehmen zu lassen. Ein falscher Schritt könnte Eric sein junges Leben kosten.«

Balfour verzog das Gesicht, als er auf Maldies Rücken starrte. Nigel hatte recht. Es war nicht die Zeit, um sich von einem hübschen Mädchen den Kopf verdrehen zu lassen. Er konnte sie jetzt nicht einfach vergessen und laufen lassen, doch er nahm sich fest vor, auf der Hut zu sein. Seine Familie hatte bereits einmal die Folgen gedankenloser Lust zu spüren bekommen. Er würde die Fehler seines Vaters nicht wiederholen.

***

Als sie aus dem dichten Wald heraustraten, geriet Donncoill in Maldies Blickfeld. Die Burg thronte auf einem langsam ansteigenden Hügel, den sie nun hinaufritten. Sie wirkte sicher, aber auch bedrohlich. Das umgebende Land sah aus, als könnte es den Murrays einen Wohlstand bescheren, um den sie viele Schotten beneidet hätten. Doch selbst ein flüchtiger Blick zeigte, dass dieses Land nicht vollständig genutzt wurde. Die ausgedehnten, ungepflügten Felder und nicht beweideten Wiesen bargen ein Versprechen, das von keinem eingefordert zu werden schien. Maldie vermutete, dass die hinter den Männern liegende Schlacht nur eine von vielen gewesen war. Wenn diese Männer ständig kämpfen mussten, hatten sie natürlich nicht die Zeit, dieses reiche Land intensiv zu bewirtschaften. Traurig fragte sie sich, ob Männer jemals einsehen würden, was ihnen durch ihre ständigen Fehden und Schlachten alles entging.

Doch sie beeilte sich, diese düsteren Gedanken abzuschütteln. Es nützte nichts, Dinge zu bedauern, die man nicht ändern konnte. Sie wandte sich wieder der näher rückenden Burg zu. Hinter den hohen steinernen Mauern schien Donncoill nicht so verwahrlost zu sein wie das Land. Offenbar waren die Mauern verstärkt worden, und der ursprüngliche quadratische Wohnturm, den man noch immer deutlich erkennen konnte, war um einige Anbauten erweitert worden. Auf der rechten Seite des alten, niedrigen Turms befand sich ein Anbau, der in einen zweiten, schmaleren Turm mündete. Ein zweiter Flügel führte an der linken Seite des alten Bauwerks zu einer Baustelle, an der offenbar ein weiterer Turm entstehen sollte. Ihre Mutter hatte ihr oft von den großen Schlössern in Frankreich und England erzählt. In Maldie keimte der Gedanke, dass Sir Balfour solche Orte vielleicht mit eigenen Augen gesehen oder doch zumindest dieselben Geschichten gehört hatte, denn die Burg, die hinter den dicken Wehrmauern Gestalt annahm, würde bald aussehen wie die, von denen ihre Mutter ehrfürchtig berichtet hatte.

»Die Arbeit geht nur langsam voran«, erklärte Balfour, der neben sie getreten war und ihr die Zügel seines Pferdes abnahm.

Sein plötzliches Auftauchen und seine Nähe verwirrten Maldie. Sie hoffe nur, dass er nichts davon bemerkte. Gedehnt meinte sie: »Vielleicht solltet Ihr Euer Schwert öfter in seiner Scheide stecken lassen.«

»Ich wäre froh, wenn ich das könnte, ich fürchte nur, Beaton hegt nicht dieselben Hoffnungen auf Frieden wie ich.«

»Ihr sprecht von Frieden und zieht trotzdem in den Kampf. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Beaton Euch nicht aufgefordert hat, seine Burg zu bestürmen.«

»Na ja, mehr oder weniger hat er das. Selbst ein Herold hätte es kaum deutlicher sagen können. Er hat nämlich meinen jungen Bruder Eric entführt und seine Handlanger auf mein Land gehetzt, als Eric jagte.«

»Und deshalb hat er auch damit gerechnet, dass Ihr vor sein Tor treten und ihm den Kampf ansagen würdet.«

Balfour nickte verlegen, denn jetzt sah er selbst, wie töricht er gehandelt hatte. »Stimmt. Sobald wir auf die Lichtung vor seiner Burg ritten, wusste ich, dass unser Angriff ein Fehler war. Ich rief ihm zu, ob wir die Sache nicht ohne Blutvergießen regeln könnten. Er ließ mich in dem Glauben, dass er damit einverstanden sei, und ich blinder Narr rückte näher. Es war eine Falle. Er wollte nur, dass wir nahe genug herankämen und dass meine Männer unvorsichtig würden, um uns leichter töten zu können. Sein Plan wäre fast aufgegangen. Doch nicht alle Pfeile erreichten ihr Ziel, und meine Männer waren klüger als ich. Sie trauten Beaton nicht über den Weg, als er um Frieden bat.«

»Dennoch habt Ihr ihn in aller Ruhe die Stärke Eurer Truppe erkunden lassen.«

»Das verstehst du nicht, Mädchen.« Balfour fragte sich, warum er sich überhaupt die Zeit nahm, ihr sein Tun und den Kampf zu erklären. Dann wurde ihm klar, dass es ihm einfach Spaß machte, mit ihr zu reden. Er vermutete allerdings auch, dass er versuchte, sich selbst den bitteren Fehlschlag zu erklären. »Meine Männer ärgerten sich über Beatons gemeine Hinterlist und verlangten nach Blut. Sie sind den ständigen Krieg ebenso leid wie ich, doch ihre Wut war übermächtig. Bald erkannte ich, dass die Schlacht verloren war, doch wenn Krieger kämpfen und vom Blutrausch geblendet sind, kann man kaum auf ihre Vernunft zählen. Erst als Nigel fiel, kamen sie so weit zur Besinnung, dass sie meine Aufforderung zum Rückzug befolgten.«

»Und Beaton hat noch immer Euren Bruder in seinem Gewahrsam.« Maldie spürte eine Woge des Mitleids in sich aufwallen, doch sie wollte sich nicht mit seinen Ärgernissen belasten. Schließlich hatte sie genügend eigene Probleme.

»Richtig. Aber immerhin weiß der junge Eric nun, dass die Murrays um ihn kämpfen werden.«

»Warum sollte er etwas anderes annehmen? Er ist doch Euer Bruder.«

Balfour verzog das Gesicht und zögerte. Doch dann befand er, dass er ruhig mit offenen Karten spielen konnte. »Eric ist nur mein Halbbruder. Mein Vater hatte mit einer von Beatons Gemahlinnen geschlafen, und Beaton bekam es heraus. Als Eric zur Welt kam, ließ er das Neugeborene auf einem Hügel aussetzen. Einer unserer Männer fand den kleinen Kerl, und bald stellten wir fest, um wen es sich handelte und warum er ausgesetzt worden war.«

»So nahm die Fehde also ihren Anfang.«

»Genau. Und sie endete nicht einmal mit dem Tod meines Vaters. Inzwischen hat sie allerdings eine neue Qualität angenommen. Beaton versucht, Eric als den Sohn einzufordern, den er selbst nie zu zeugen vermochte. Er will den Knaben als Schild zwischen sich und all denjenigen verwenden, denen es nach seinem Besitz gelüstet. Wir müssen Eric retten, bevor Beatons Krankheit ihn so sehr schwächt, dass er die Wölfe nicht mehr abwehren kann, oder sie ihn ins Grab bringt.«

»Beaton liegt im Sterben?«

Maldie biss sich in die Wange, bis ihr Tränen in die Augen traten, aber auch ohne Balfours scheelen Blick wusste sie, dass ihre Reaktion sehr verdächtig gewesen war. Ihre Stimme war viel zu scharf gewesen, viel zu viele Gefühle hatten mitgeschwungen. Die Vorstellung, dass Beatons Alter und seine Krankheit ihr die Gelegenheit zur Rache nehmen würden, erboste sie zutiefst. Wenn Beaton jetzt starb, hätte sie den Schwur nicht erfüllen können, den sie ihrer Mutter geleistet hatte. Maldie wusste, dass sich all ihre Gefühle in ihrer Stimme gezeigt hatten. Sie hoffte inständig, dass sie Sir Murray seine offenkundige Neugier würde ausreden können.

»Na ja, das habe ich zumindest gehört«, meinte Balfour und beobachtete sie sehr genau. Er wusste nicht, wie er das plötzliche Aufflackern heftiger Gefühle auf ihrem hübschen Gesicht und ihr ebenso rasches Verschwinden deuten sollte.

»Ich bitte Euch um Verzeihung, Sir«, bat Maldie. »Einen kurzen Augenblick konnte ich an nichts anderes denken, als dass Ihr Euer Schwert gegen einen alten, sterbenden Mann erhoben habt. Doch dann fiel mir wieder Euer Bruder und dessen hartes Schicksal ein.«

»Du hast nicht viel Vertrauen in das Ehrgefühl von Männern!«

»Nein. Mir wurde selten Anlass gegeben, daran zu glauben.« Sie starrte auf das große, mit Eisenbeschlägen verstärkte Tor von Donncoill. »In so einer stattlichen Burg gibt es doch sicher eine Heilerin, und Ihr müsst nicht auf meine Fähigkeiten zurückgreifen.« Sie musterte Balfour forschend, doch dieser bedachte sie nur mit einem kurzen Blick, bevor er wieder auf seine Burg starrte.

»Wir hatten eine sehr gute Heilerin, aber sie starb vor zwei Jahren. Die Frau, an die sie ihr Wissen weitergeben wollte, ist weder besonders schlau noch besonders geschickt. Für sämtliche Leiden nimmt sie am liebsten Blutegel. Ich habe mir oft gedacht, dass das den Tod meines Vaters beschleunigt hat.«

»Blutegel«, murrte Maldie und schüttelte den Kopf. »Natürlich haben sie auch ihr Gutes, aber sie werden viel zu oft falsch eingesetzt. Euer Bruder hat schon genug Blut verloren, das die bösen Säfte und das Gift aus seinem Körper gespült hat.«

»Das glaube ich auch.«

»Aber ich will die Frau nicht beleidigen.«

»Keine Sorge! Sie mag ihre Aufgabe nicht besonders und geht ihr nur nach, weil es sonst keiner tun kann oder will, und natürlich bringt sie ihr ein gewisses Ansehen ein. Doch ich finde sicher eine andere Aufgabe für sie, mit der sie einen genauso ehrbaren Platz unter den Frauen einnehmen wird.«

Maldie nickte stumm. Inzwischen hatte sie die Burg, in die sie soeben einritten, in Bann geschlagen. Der Hof war voller Menschen. Die meisten achteten nicht weiter auf sie. Schrille Klagelaute erhoben sich. Maldie versuchte verzweifelt, die Ohren davor zu verschließen. Schon als kleines Kind hatte sie fühlen können, was andere fühlten, und das Leid von Menschen, die einen geliebten Angehörigen in der Schlacht verloren hatten, raubte ihr die Luft zum Atmen und verursachte ihr Bauchgrimmen. Wieder einmal wünschte sie, ihre Mutter hätte ihr beigebracht, wie sie sich eines solchen Ansturms von Gefühlen erwehren könnte. Doch gleich darauf schimpfte sie sich selbst ob ihrer Undankbarkeit. Ihre seltsame Gabe war ihr schon mehrmals gelegen gekommen und hatte ihr manchmal auch bare Münze eingebracht. Um ruhiger zu werden und die zudringlichen fremden Gefühle aus Kopf und Herz zu vertreiben, atmete sie ein paar Mal tief durch.

»Geht es dir nicht gut?«, fragte Balfour, als er ihr aus dem Sattel half und dabei merkte, wie besorgniserregend bleich sie war und wie kalt sich ihre Haut anfühlte.

»Ich bin nur etwas erschöpft«, erwiderte sie und wandte sich rasch zu Nigel. »Er sollte gleich ins Bett. Die Reise auf der Bahre war sicher strapaziös für ihn, und jetzt geht die Sonne unter und nimmt die Wärme des Tages mit sich.«

»Ich glaube, auch du solltest dich etwas ausruhen.«

Sie schüttelte den Kopf und lief hinter den Männern her, die Nigel in die Burg trugen. »Es geht schon wieder. Vielleicht war es auch nur der Ritt. Euer Ross ist zwar ein prächtiger Bursche, der mit leichter Hand und sanften Worten zu lenken ist, aber ich bin das Reiten nicht gewöhnt. Macht Euch keine Sorgen um mich, Sir Murray, ich bin robust genug, um Euren Bruder bald wieder so weit herzustellen, dass er sich ins nächste Kampfgetümmel stürzen kann.«

Balfour blickte ihr leise lächelnd nach. Einen Moment lang hatte sie gewirkt, als hätte sie das Leid der trauernden Frauen so mitgenommen, dass sie einer Ohnmacht nahe schien. Doch dann war sie gleich wieder so forsch gewesen, wie er sie bisher kannte, auch wenn sie noch sehr bleich gewesen war und leicht gezittert hatte. Nigel hatte recht, das Mädchen barg Geheimnisse. In einem Augenblick war sie mitfühlend, im nächsten verächtlich. Außerdem hatte sie auf die Nachricht, dass Beaton im Sterben lag, sehr sonderbar reagiert, und ihre Erklärung dafür war ihm nicht aufrichtig vorgekommen. Noch immer begehrte er die kleine Maldie Kirkcaldy mehr, als ihm ratsam erschien, aber er würde auf der Hut sein. Erics Leben hing an einem seidenen Faden – er konnte es sich nicht leisten, sich den Verstand von Leidenschaft trüben zu lassen. Maldie Kirkcaldy hatte Geheimnisse. Er würde versuchen, sein Verlangen nach ihr zu stillen, doch er nahm sich fest vor, dabei auch ihre Geheimnisse zu lüften.

Kapitel 3

Maldie erhob sich, leise vor Erschöpfung stöhnend. Rasch vergewisserte sie sich, dass Nigel noch friedlich schlief und sich von ihrem Seufzer nicht hatte stören lassen. Drei lange Tage und Nächte hatte sie den stark fiebernden Mann gepflegt und sich nur eine kurze Pause gegönnt, wenn Balfour den Platz am Bett seines Bruders einnahm. Endlich sank das Fieber wieder, doch sie traute dem Frieden noch nicht so ganz.

Sie trat an den kleinen Tisch in der Nähe des schmalen Pfeilschlitzes in der Wand, dem einzigen Fenster im Raum, und goss sich einen Becher gewürzten Apfelwein ein. Es war nicht leicht, sich alleine um Nigel zu kümmern, doch beim ersten Blick auf Grizel, die Heilerin in Donncoill, war ihr klar gewesen, dass sie diese Frau nicht an Nigel heranlassen würde. Grizel war schmuddelig und hatte von hässlichen Geschwüren verunzierte Arme. Außerdem spürte Maldie, dass die Frau zutiefst unglücklich war. Grizel missfiel nicht nur ihre Aufgabe als Heilerin bei den Murrays, ihr missfiel hier alles und jeder. Einer solchen Frau war es völlig egal, ob derjenige, den sie pflegen sollte, überlebte oder starb. Aus der Frau würde nie eine gute Heilerin werden, egal, wie viel Wissen sie erwarb, denn sie verspürte nicht den geringsten Drang zu helfen oder zu heilen; sie hatte nicht die Spur von Mitgefühl für Kranke und Gebrechliche. Maldie hatte sich fest vorgenommen, das Balfour zu erklären, damit er dieser Frau nicht wieder den Ehrenplatz und die damit einhergehende Verantwortung überließ, wenn sie fort war. Es würde ihr leichter fallen, wenn sie einen Ersatz mit mehr Herz und Geschick auftreiben könnte, aber dazu musste sie Nigels Kammer verlassen.

Sie schnitt eine Grimasse, trank ihren Apfelwein aus und schenkte sich noch einmal nach. Jetzt hätte sie eigentlich gehen können, doch sie zögerte. Es würde nämlich bedeuten, dass sie Balfour ohne Nigel und seine Wunden als Schutz gegenübertreten müsste. Maldie hatte zwar ihre Aufgabe als Heilerin äußerst gewissenhaft versehen und sich beharrlich darum bemüht, Nigel am Leben zu halten – aber sie hatte sich auch hinter dem vom Fieber geplagten Mann versteckt, wann immer Balfour sich ihr genähert hatte.

Diese Feigheit störte und beunruhigte sie. Balfour hatte nie versucht, sie zu berühren. Er war immer nur aus tiefer Sorge um seinen Bruder in die Kammer gekommen. Dennoch hatte sie jedes Mal, wenn er sie angeblickt hatte, gespürt, wie ihr warm wurde. Wenn er in der Kammer weilte, waren alle ihre Sinne lebendig geworden. Trotz ihrer Erschöpfung war es ihr oft schwergefallen sich auszuruhen, weil sie seine Anwesenheit so stark gespürt hatte. Sie konnte sich noch so oft sagen, dass sie nur eitel sei – sie spürte ständig, wie sehr er sie begehrte. Mit jedem Blick, ob flüchtig oder höflich, hatte sie seine Leidenschaft gespürt, und ihr Körper hatte höchst bereitwillig reagiert. Es konnte sehr gefährlich sein, Balfour zu nahe zu kommen. Sie musste stets gegen ihr eigenes Verlangen und die Anziehung, die dieser Mann auf sie ausübte, ankämpfen, und obendrein musste sie versuchen, sich vor seinem Verlangen und vor der Wonne, die es in ihr erregte, zu schützen. Maldie fragte sich des Öfteren, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sie nie aus den Büschen am Straßenrand getreten wäre.

»Allmählich glaube ich, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe«, murmelte sie und starrte in den schlichten Silberbecher in ihrer Hand.

»Das glaube ich nicht. Mein Bruder sieht aus, als ob es ihm schon wesentlich besser ginge«, erklang Balfours tiefe, volle Stimme direkt hinter ihr.

Maldie schnappte nach Luft. Sie war von seinem plötzlichen Auftauchen so überrascht, dass ihr fast der Becher aus der Hand fiel. »Ihr habt mich gerade um zehn Jahre meines armen kleinen Lebens gebracht!«

Balfour verkniff sich ein Lächeln. Er fand ihre Unsicherheit in seiner Anwesenheit ebenso ermutigend wie erheiternd. Anfangs hatte er sich gefragt, ob sie wohl Angst vor ihm hatte, doch diese Sorge hatte er rasch abgeschüttelt. In ihren wundervollen Augen konnte er keine Angst entdecken, sondern nur die Spiegelung seines Verlangens. Er hätte zu gern gewusst, ob ihr Unbehagen einer mädchenhaften Scheu gegenüber einem solchen Verlangen entstammte oder der Stärke ihrer eigenen Gefühle und dem heftigen Bedürfnis, ihnen nachzugeben. Mit diesem Wissen wäre es ihm leichter gefallen, über seinen nächsten Schritt zu entscheiden. Doch dann musste er innerlich über sich lachen. Selbst wenn er gewusst hätte, was sie in Wahrheit fühlte, hätte er nichts anderes geplant, er hätte sich nur frei gefühlt, rascher zu handeln. Er wollte Maldie Kirkcaldy, und er beabsichtigte, seine Gelüste bald zu stillen.

»Nun komm schon, so furchterregend bin ich doch gar nicht«, sagte er leise und gab dem Bedürfnis nach, sacht über ihr dichtes, widerspenstiges Haar zu streichen.

Obwohl seine Berührung sanft und flüchtig war wie ein laues Frühlingslüftchen, spürte Maldie sie überdeutlich. Er war ihr so nahe, dass sie sein Verlangen fast riechen konnte. Die Hitze schlug ihr entgegen, drang tief in sie ein, erwärmte ihr Blut und forderte eine Reaktion. Sie spürte seine verführerischen Gedanken, er brauchte sie gar nicht auszusprechen; sie waren für sie greifbar wie eine Liebkosung. Zitternd wich sie zurück. Sie nahm einen großen Schluck Apfelwein. Als sie Balfour heimlich musterte, zuckte sie zusammen. In seiner Miene las sie Belustigung. Er hatte ihren Schritt genau richtig gedeutet – als feigen Rückzug.

»Ich habe keine Furcht vor Euch, Sir. Aber die Umstände sind etwas beunruhigend.« Als sie den leeren Becher abstellte, merkte sie erfreut, dass ihre Hand trotz allem, was in ihr vorging, nicht zitterte – innerlich bebte sie nämlich wie die Erde unter den Füßen eines heranmarschierenden Heeres. »Man hat mir beigebracht, mich niemals mit einem Mann, den ich kaum kenne, in einer Schlafkammer aufzuhalten.«

»Nun, für diese Sorge gibt es eine einfache Lösung.«

»Ach ja? Geht Ihr?«

»Das nicht. Aber du musst mich eben besser kennenlernen.« Er lächelte hinreißend über ihren empörten Blick. »Es wird schon nicht so qualvoll sein. Du kannst dich doch nicht ständig in dieser Kammer verstecken!«

»Stimmt. Ich bleibe so lange, bis Euer Bruder gesund ist, und dann mache ich mich wieder auf den Weg.«

»Es kann noch Monate dauern, bis Nigel völlig geheilt ist. Aber schon jetzt müsste man sich eigentlich nicht mehr unablässig von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang um ihn kümmern. Du solltest raus und den Frühling genießen!«

Maldie betrachtete ihn mit einem scheelen Blick, denn in ihr keimte ein gewisser Verdacht auf. »Ich kann auch aus diesem kleinen Fenster sehen, wie schön der Frühling ist.« Der Mann schäkerte mit ihr, dessen war sie sich ganz sicher.

»Das schon, aber es ist nicht dasselbe wie ein Frühlingsspaziergang, wie das Einatmen der Frühlingsluft«, murmelte er. »Den Frühling muss man auf der Haut spüren.« Er streichelte sanft ihren schlanken Arm, ohne darauf zu achten, dass sie vor seiner Berührung zurückschreckte. »Man muss sich die sanfte Brise durch die Haare wehen lassen.« Sacht fuhr er mit den Fingern durch ihr Haar. Sie trat einen Schritt zurück und starrte ihn finster an. »Und man muss sich von der süßen, warmen Luft die Wut und alle bösen Säfte vertreiben lassen.«

»In mir gibt es keine bösen Säfte.« Sie stemmte die Hände in die Hüften und neigte den Kopf zur Seite, zwischen Belustigung und Verärgerung schwankend. »Und wütend werde ich nur, weil ich dieses Spiel nicht sehr gut spielen kann, Sir.«

Balfour hoffte, seine Unschuldsmiene wirke überzeugend, doch der Blick, mit dem sie ihn bedachte, sagte ihm, dass sie sich davon nicht hatte täuschen lassen. »Was für ein Spiel denn? Ich spiele kein Spiel.«

»Ihr seid ein schlechter Lügner, Sir Murray. Ihr schäkert mit mir, Ihr neckt mich, Ihr spielt das Spiel der Verführung.«

»Ich glaube, du schätzt mich falsch ein.«

»Nein, nein. Ich kenne dieses Spiel nur allzu gut.« Schon wenn sie an die mehr oder weniger einfühlsamen, manchmal aber auch richtig brutalen Methoden dachte, mit denen Männer versucht hatten, sie auf ihr Lager zu zerren, wurde sie wütend. »Man hat es bei mir schon sehr oft probiert.«

»Und nicht geschafft?« Es erstaunte und beunruhigte Balfour, wie sehr er sich wünschte, dass sie noch unberührt sei. Eigentlich hätte ihm der Zustand ihrer Unschuld doch egal sein sollen.

Maldie blieb der Mund offen stehen. Sie konnte kaum glauben, dass er so unmanierlich war, ihr eine solche Frage zu stellen. In ihr mischten sich Kränkung und Wut. Viele Männer glaubten, ein armes Mädchen habe keinen Anstand, und waren dann zutiefst verwundert, wenn sie ihnen klarmachte, dass das bei ihr anders war. Eigentlich hatte sie Balfour diese beleidigende Einstellung nicht zugetraut.