Die Hoffnung des Highlanders - Hannah Howell - E-Book
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Die Hoffnung des Highlanders E-Book

Hannah Howell

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Beschreibung

Ist sie die Frau, die für ihn bestimmt ist? Der historische Liebesroman »Die Hoffnung des Highlanders« von Hannah Howell als eBook bei venusbooks. Die schottischen Highlands im Jahre 1456: Nichts ist dem stolzen Cormac Armstrong so wichtig wie seine Ehre – und so steht für ihn außer Frage, dass er bald die kühle Isabel heiraten wird, die sein Clan für ihn auserkoren hat. Doch dann steht er plötzlich der Frau gegenüber, die ihm vor vielen Jahren das Leben gerettet hat. Die ebenso schöne wie temperamentvolle Elspeth schwebt in großer Gefahr, und selbstverständlich wird Cormac nicht ruhen, bis er sie in Sicherheit gebracht hat. Doch auf ihrer gemeinsamen Flucht merkt er, dass Elspeth tiefe Gefühle in ihm weckt, wie er sie nie für seine Verlobte empfinden könnte – und eine verbotene, alles verzehrende Leidenschaft, die sein Herz in Flammen aufgehen lässt … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Romance-Highlight »Die Hoffnung des Highlanders« von New-York-Times-Bestsellerautorin Hannah Howell. Lesen ist sexy! venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 580

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Über dieses Buch:

Die schottischen Highlands im Jahre 1456: Nichts ist dem stolzen Cormac Armstrong so wichtig wie seine Ehre – und so steht für ihn außer Frage, dass er bald die kühle Isabel heiraten wird, die sein Clan für ihn auserkoren hat. Doch dann steht er plötzlich der Frau gegenüber, die ihm vor vielen Jahren das Leben gerettet hat. Die ebenso schöne wie temperamentvolle Elspeth schwebt in großer Gefahr, und selbstverständlich wird Cormac nicht ruhen, bis er sie in Sicherheit gebracht hat. Doch auf ihrer gemeinsamen Flucht merkt er, dass Elspeth tiefe Gefühle in ihm weckt, wie er sie nie für seine Verlobte empfinden könnte – und eine verbotene, alles verzehrende Leidenschaft, die sein Herz in Flammen aufgehen lässt …

Über die Autorin:

Hannah Howell, geboren 1950 in Massachusetts, kann ihren amerikanischen Familienstammbaum bis in das frühe 17. Jahrhundert zurückverfolgen – liebt aber vor allem die Geschichte Englands und Schottlands; auf einer Reise dorthin lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen. Hannah Howell hat in ihrer schriftstellerischen Karriere über 60 Liebesromane veröffentlicht, darunter den großangelegten Zyklus über die Familie Murray, in dem sie mitreißend vom Schicksal mehrerer Generationen einer weitverzweigten schottischen Highlander-Dynastie erzählt. Hannah Howell wurde für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Golden Leaf Award und dem Preis des Romantic Times Bookclub Magazine.

Bei venusbooks erschienen die folgenden Romane von Hannah Howell:

HIGHLAND HEROES

Das Schicksal des Highlanders

Die Lust des Highlanders

Das Schwert des Highlanders

HIGHLAND DESIRE

Die Hoffnung des Highlanders

Der Wunsch des Highlanders

Das Herz des Highlanders

HIGHLAND ROSES

Im Zeichen des Highlanders

Die Spur des Highlanders

Die Sehnsucht des Highlanders

HIGHLAND LOVERS

Der Fürst der Highlander

Der ungezähmte Highlander

Der Held der Highlands

HIGHLAND DREAMS

Das Begehren des Highlanders

Das Sehnen des Highlanders

Der Stolz des Highlanders

Die Versuchung des Highlanders

Der Mut des Highlanders

Der Traum des Highlanders

Bei den folgenden beiden Romanen handelt es sich um Einzelbände:

Der Kuss des Schotten

Die Geliebte des Earls

***

eBook-Neuausgabe August 2022

Ein eBook des venusbooks-Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 2000 unter dem Originaltitel »Highland Vow« bei Zebra Books/Kensington Publishing Corp., New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2008 unter dem Titel »Der Schwur des Highlanders« bei Weltbild.

Copyright © der Originalausgabe 2000 by Hannah Howell

Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., New York, NY, USA

Copyright © der deutschsprachigen Erstausgabe 2008 Verlagsgruppe Weltbild GmbH Steinerne Furt, 86167 Augsburg

Copyright © der Neuausgabe 2022 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-96898-202-1

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Hoffnung des Highlanders« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

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Hannah Howell

Die Hoffnung des Highlanders

Roman

Aus dem Amerikanischen von Andrea Hahn

venusbooks

Prolog

Schottland – 1446

»Holzkopf!«

»Hundehaufen!«

Cormac Armstrong musste fast lachen, als die wütenden Kinderstimmen sein langsames, resigniertes Abdriften in die Bewusstlosigkeit aufhielten. Es schien eine grausame Ironie des Schicksals zu sein, dass er sein junges Leben zu den Stimmen von Kindern, die sich gegenseitig ärgerten, langsam ausbluten musste. Diese Stimmen erfüllten ihn mit überwältigender Traurigkeit. Sie erinnerten ihn schmerzlich daran, dass er seine Brüder, mit denen er sich unzählige Male gezankt hatte, nie Wiedersehen würde.

»Du bist hässlich!«

»Ach ja? Ha! Na gut, ich behaupte, dass du auch hässlich bist, und dazu noch dumm!«

Auf das Geräusch einer kleinen Hand, die ihrerseits auf einen kleinen Körper schlug, folgte schnell der Lärm raufender Kinder. Weitere kindliche Stimmen drangen durch die nasskalte Morgenluft, als die anderen Kinder dem jeweils bevorzugten Kämpen zujubelten. Es klang, als würde sich auf der anderen Seite des Dickichts, hinter dem er sich verbarg, eine wahre Horde von Kindern befinden. Cormac flehte innerlich, dass sie blieben, wo sie waren, und keiner von ihnen zur anderen Seite der Sträucher wechselte, um nicht ahnungslos in seine verzweifelte Situation hineingezogen zu werden. Einen Herzschlag später fluchte er, denn er stellte fest, dass seine Gebete nicht erhört wurden.

Große grüne Augen und eine Fülle rabenschwarzer Haare waren das Erste, was er sah, als sich ein kleines, dünnes Mädchen durch das Gebüsch zwängte und an seiner Seite niederkniete. Es war ein bezauberndes Kind, und Cormac wünschte sich verzweifelt, es möge weit weg gehen. Er glaubte nicht, dass seine Feinde noch seine Spur verfolgten, konnte sich aber täuschen, und dieses übermütige Kind würde dann von ihnen vielleicht brutal beiseitegestoßen, möglicherweise sogar getötet oder verletzt.

»Geh, Mädelchen«, befahl er mit einer Stimme, die kaum mehr als ein heiseres, zittriges Flüstern war. »Nimm all deine kleinen Freunde und verschwinde mit ihnen von diesem Ort. Schnell!«

»Ihr blutet«, sagte sie, nachdem sie ihn gemustert hatte.

Seine Augen weiteten sich, als sie ihm mit ihrer kleinen, weichen Hand über die Stirn strich. Die Stimme war für ein solch kleines Mädchen erstaunlich tief, fast sinnlich. Mehr Stimme als Mädchen, dachte er sich.

»Ja«, stimmte er ihr zu, »und ich werde bald tot sein, was aber für solch schöne große Augen kein Anblick ist.«

»Nein, Ihr werdet nicht sterben. Meine Mutter, müsst Ihr wissen, kann fast jede Verletzung heilen. Ich bin Elspeth Murray.«

»Und ich heiße Cormac Armstrong.« Es verblüffte ihn, dass er die Kraft hatte, die kleine Hand, die sie ihm hinstreckte, zu schütteln. »Du darfst deiner Mutter nicht von mir erzählen.«

»Ihr braucht meine Mutter, damit Eure Blutung gestillt wird.«

»Mädchen, ich blute, weil jemand ziemlich massiv versucht, mich zu töten.«

»Warum?«

»Sie sagen, ich sei ein Mörder.«

»Seid Ihr das?«

»Nein.«

»Dann kann Euch meine Mutter helfen.«

Cormac hätte allzu gern dem Kind erlaubt, seine Mutter zu holen, damit sie die Wunden heilte. Er wollte nicht sterben. Und ganz gewiss wollte er nicht für ein Verbrechen zahlen, das er nicht begangen hatte, oder wenigstens nicht, bevor er diesen schwarzen Fleck von seinem Namen getilgt hatte. Es war alles so ungerecht, dachte er und verzog das Gesicht. Ihm wurde bewusst, dass er selbst schon fast wie ein Kind klang.

»Oh, armer Junge«, murmelte sie. »Ihr habt Schmerzen. Ihr braucht Ruhe. Ich werde den Kindern sagen, dass sie ruhig sein sollen.« Bevor er widersprechen konnte, stand sie auf, ging zum Rand es Dickichts zurück und schob sich halb durch. »Ihr müsst alle euren kleinen Mund halten«, schrie Elspeth mit erstaunlich lauter, befehlender Stimme. »Hier liegt ein armer blutender Mann, und er braucht Ruhe. Payton, nimm deine dünnen kleinen Beine in die Hand und lauf. Such Donald oder meinen Vater. Hol jemanden, denn dieser Junge braucht bestimmt Hilfe.«

Das Einzige, was Cormac einfiel, als sie an seine Seite zurückkehrte, war: »Ich bin kein Junge mehr. Ich bin ein Mann, ein gejagter Mann.« Er fluchte leise, als sich weitere Kinder durch das Gestrüpp wanden.

»Wie alt seid Ihr?«, fragte Elspeth, als sie ihm mit ihrer kleinen Hand erneut über die Stirn strich.

»Siebzehn.« Cormac wunderte sich, wie eine so winzige Hand derart tröstlich sein konnte.

»Ich bin heute neun geworden. Deshalb haben sich so viele Murrays zusammengefunden. Und Ihr seid ein Junge. Mein Vater sagt immer, jeder unter einundzwanzig Jahren ist ein Junge oder ein Mädchen, manche sollen angeblich sogar nie mehr als das sein, selbst wenn sie so alt und groß geworden sind wie er. Das hat er meinem Cousin Cordeil gesagt, als der sechzehn geworden ist und damit prahlte, was er für ein schöner, großartiger Mann sei.«

»Ja«, pflichtete ihr ein Kind mit bernsteinfarbenen Augen bei, das noch kleiner als Elspeth war. Es setzte sich neben ihn.

»Onkel Balfour sagt, ein Junge muss sich erst seine Sporen verdienen, eine Frau und Kinder haben und sich bei beiden Aufgaben Auszeichnungen verdienen, bevor er sich damit brüsten und sich einen Mann nennen darf. Warum blutet er, Elspeth?«

»Weil er ein paar riesengroße Löcher in sich hat, Avery.« Elspeth grinste kurz, als die anderen Kinder kicherten.

»Das sehe ich. Wie wurde er verletzt?«

»Jemand wollte ihn für einen Mord zahlen lassen, den er nicht begangen hat.«

»Mädchen« – Cormac betrachtete die erstaunliche Ansammlung von elf wunderschönen Kindern, bevor er seinen Blick auf Elspeth heftete – »ich sagte zwar, dass ich unschuldig bin, aber du weißt doch nicht, ob ich die Wahrheit sage.«

»Doch, das tut ihr«, behauptete Elspeth mit fester Stimme.

»Keiner kann Elspeth anlügen«, sagte ein großer, schlanker Junge, der sich links von Cormac niedergekauert hatte. »Ich bin Ewan, ihr Bruder, und das ist eine äußerst lästige Sache, das kann ich Euch verraten.«

Cormac hätte beinahe gelächelt, schaute den Jungen, der ein wenig älter zu sein schien als Elspeth, dann aber streng an. »Also wird sie auch wissen, dass ich ihr die Wahrheit sage, wenn ich behaupte, dass ich nichts als Ärger mit mir bringe – tödlichen Ärger – und dass sie mich einfach meinem Schicksal überlassen soll. Ihr solltet nach Hause eilen, bevor die Gefahr, die mir auf den Fersen folgt, Eure Tore erreicht.«

Der Junge öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber ganz schnell wieder. Cormac folgte dem Blick des Jungen aus weit aufgerissenen Augen zu seiner Schwester, und seine Augen wurden selbst ein wenig größer. Sie saß sehr aufrecht, ihre wunderschönen Augen waren unverwandt auf ihren unglücklichen Bruder gerichtet. Auf ihrem Gesichtchen lag ein sehr ernster, ein sehr erwachsener Ausdruck. Cormac hatte volles Verständnis für den Jungen, der es nur widerwillig mit diesem Gesichtsausdruck aufnahm.

»Ewan, warum versuchst du nicht, zusammen mit den anderen Jungen auf die Suche nach etwas zu gehen, aus dem man eine Trage bauen kann«, sagte Elspeth. »Oh, und bevor ihr davonspringt, um zu tun, was man euch gesagt hat, gib mir bitte den Weinschlauch, den du Donald weggenommen hast.«

»Ich? Niemals«, protestierte der Junge. Doch dann stieß er einen Fluch aus und übergab Elspeth den Weinschlauch, bevor er mit den anderen Jungen verschwand.

»Es ist nicht wirklich schlimm, wenn der Knabe seinen Kopf Bekanntschaft mit Wein schließen lässt«, sagte Cormac.

»Ich weiß, doch Donald füllt in seinen Weinschlauch ein herzhaftes Gebräu, und ich glaube, Ihr könnt es besser brauchen. Ewan kann die Widerstandskraft seiner Innereien gegenüber diesem Trank ein anderes Mal testen.«

Sie zeigte eine erstaunliche Stärke, als sie ihm einen Arm um die Schultern legte und dabei half, sich so weit aufzusetzen, dass er trinken konnte. Nicht nur die Verblüffung darüber ließ ihn ein wenig husten, als er einen Schluck nahm. Wein lief nicht brennend die Kehle hinab, um danach den ganzen Körper mit Wärme zu überfluten.

»Avery, geh und hol mir etwas Wasser«, befahl Elspeth. Sobald ihre Cousine weg war, schaute sie die beiden noch verbliebenen Mädchen an. »Bega, Morna, eine von euch gibt mir ihren Unterrock, damit ich dem Jungen die Wunden verbinden kann. Genau gesagt brauch ich von jeder ein großes Stück.«

»Warum nimmst du nicht deinen eigenen?«, schimpfte das kleine blonde Mädchen. »Man wird mich tadeln.«

»Nicht, wenn du dadurch verhinderst, dass das ganze Blut eines Menschen im Boden versickert, Bega.«

Während sich die beiden kleinen Mädchen abmühten, ihre Unterröcke zu zerreißen, sah Cormac Elspeth an. »Mädchen, das ist keine Aufgabe für ein kleines Kind.«

»Na ja, Spaß macht es nicht, aber wir wissen nicht, wie lange Payton braucht, bis er Hilfe bringt, also stillen wir die Blutung lieber, falls das geht. Meine Mutter ist Heilerin. Ich beherrsche manches davon. Trinkt noch ein bisschen Wein.«

»Das ist kein Wein«, murmelte er und nahm einen weiteren Schluck. Sie lächelte, und er dachte, ein wenig benommen, dass sie, sobald sie erwachsen war, eine sehr schöne Frau sein würde.

»Ich weiß. Und fast alle anderen wissen es auch. Aber Donalds Frau hatte einen übel gelaunten Trunkenbold zum Vater, und sie gibt sich immer äußerst heilig, wenn sie glaubt, dass ihr Mann uisge beatha, also Kornschnaps, trinkt. Deshalb versteckt er ihn im Weinschlauch. Wir alle wissen, dass unser Donald niemals ein Trunkenbold wird, er ist nicht schwach. Aber er mag hin und wieder einen wärmenden Schluck oder auch einen herzhaften Umtrunk mit den anderen Männern, weshalb wir alle diesen Schwindel übergehen. Ich glaube, seine Frau weiß das alles auch, aber diese kleine Lüge hilft ihr dabei, ihre Angst, das zänkische Eheweib gegenüber ihrem armen Mann zu spielen, zu bezähmen.«

»Wenn du Donalds Weinschlauch hast, kann er nicht weit weg sein. Außerdem würde keiner so viele Kinder unbeaufsichtigt herumlaufen lassen. Also, Mädchen, wo ist Donald?«

»Ja, also, ich fürchte, wir waren dem armen Mann gegenüber ungezogen. Wir sind seiner Aufsicht entschlüpft. Ja, und ich glaube, wir waren sogar ziemlich ungezogen, denn wir sind schon sehr lange aus Donncoill weg, und mein Vater wird vielleicht kommen und nach uns suchen. Das heißt, der arme alte Donald muss sich eine Frage gefallen lassen, die er fürchtet.«

»Wo sind sie, Donald?«

Donald zitterte und versuchte, vor dem brüllenden Laird of Donncoill und seinen zwei grimmig dreinschauenden Brüdern stehen zu bleiben und keinen Schritt nach hinten zu tun. Balfour sah so aus, als sei er bereit, ihn ohnmächtig zu prügeln, und Nigel und Eric schienen darauf zu brennen, ihn festzuhalten, während Balfour das machte. Donald wünschte sich sehnlichst, dass er seinen Weinschlauch nicht zusammen mit den Kindern verloren hätte, denn ein großer, stärkender Schluck wäre für den Augenblick eine Wohltat gewesen.

»Ich weiß nicht«, erwiderte er und trat angesichts der geradezu greifbaren Wut der Murray-Brüder nun doch hastig einen Schritt zurück. »In dem einen Augenblick waren sie bei mir, und im anderen waren sie weg. Ich suche fast schon eine Stunde lang nach ihnen.«

»Unsere Kinder sind seit einer Stunde außer Sichtweite?«

Bevor Donald eine Antwort auf diese leise gezischte Frage einfiel, trottete Jung-Payton einher und packte seinen Vater, Nigel, am Arm. »Du musst mit mir kommen, Vater.«

Nigel seinerseits packte seinen kleinen Sohn an den Schultern. »Ist den Kindern etwas zugestoßen?«

»Nein, wir sind alle gesund.« Er sah zu dem blassen Donald. »Entschuldige, dass wir abgehauen sind.«

»Mach dir jetzt keine Gedanken darüber. Wo sind die anderen?«, wollte Nigel wissen.

»Ich werde es euch zeigen.« Payton ging los, um die Männer zurück zu Elspeth und den anderen Kindern zu führen. »Elspeth hat einen blutenden Mann gefunden und mich losgeschickt, um Hilfe zu holen.«

Nigel warf seinen Brüdern, die bedenkliche Gesichter machten, einen schnellen Blick zu. Es mochte viele Gründe dafür geben, warum ein Mann verletzt in einer entfernten Ecke des Murray-Landes lag, aber die wenigsten waren erfreulich. Nigel drängte seinen Sohn, sich zu beeilen, während Donald die Zügel ihrer Pferde ergriff und ihnen folgte.

»Es tut mir leid, wenn ich Euch wehgetan habe, Cormac«, sagte Elspeth, die gerade einen Fetzen Leinen anfeuchtete und ihm den Schweiß vom Gesicht wischte, »aber ich glaube, ich habe die Blutungen ein kleines bisschen stillen können.« »Ja, das hast du sehr gut gemacht, Mädchen«, stieß er mühsam hervor.

»Meine Mutter wird die Wunden an der Seite und am Bein nähen müssen.«

»Mädchen, ich kann dir gar nicht genug dafür danken, aber willst du nicht lieber auf mich hören und gehen? Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Männern, die mich verfolgen, wirklich entkommen bin, und es täte mir sehr weh, wenn sie dich verletzen, falls sie hierherkommen und mich finden. Und sie würden dich und die anderen verletzen.«

»Ich habe Eure Warnung gehört, deswegen halten Avery, Morna und Bega sehr sorgfältig Wache.«

»Du bist ein eigensinniges Mädchen.«

»Stimmt, man hat mich dafür schon das ein oder andere Mal getadelt. Ihr braucht Hilfe, und ich habe vor, sie Euch zu leisten.«

»Ich bin ein verfolgter –«

»Ja, das weiß ich. Meine Tante Gisele, Averys Mutter, wurde auch verfolgt, und wir haben ihr geholfen. Sie wurde auch zu Unrecht des Mordes bezichtigt, daher wissen wir, dass es noch lange nicht stimmen muss, wenn einer sagt, du hast es getan, und versucht, dich dafür zu bestrafen.«

Bevor sich Cormac von seinem Schreck über diese Enthüllung erholen und das Gespräch fortsetzen konnte, erschien Avery bei ihnen und verkündete: »Unsere Väter kommen.«

Das Kind hatte seinen Satz kaum beendet, als Cormac schon drei Männern mit harten Gesichtern und in voller Bewaffnung entgegenstarrte. Unwillkürlich langte er nach seinem Schwert, musste aber feststellen, dass es nicht mehr da war. Cormac verzog innerlich das Gesicht, als der kleine Junge, der zusammen mit den Männern angekommen war, es dem großen Mann mit den bernsteinfarbenen Augen reichte. Er wusste, dass er nicht mehr die Kraft hatte, sich zu verteidigen, und einen schwerwiegenden Fehler begehen konnte, wenn er das Schwert gegen Männer zog, die ihm vielleicht helfen würden. Trotzdem missfiel es ihm, dass er von einem Kind so geschickt entwaffnet worden war. Als wollte sie dieser Verletzung auch noch eine Beleidigung hinzufügen, nahm seine kleine, grünäugige Retterin das Messer, das in seinem Stiefel steckte, an sich und übergab es dem großen, breitschultrigen Mann mit dem braunen Haar und den braunen Augen. Danach kühlte sie ihm wieder sanft das Gesicht.

Balfour Murray sah auf seine kleine Tochter hinunter. »Du bist dem armen Donald davongelaufen.«

»Ja, das bin ich«, antwortete sie und reichte dem brummenden Donald beiläufig seinen Weinschlauch.

»Du weißt, dass du das nicht tun sollst.«

»Ja, aber ich fürchte, manchmal überwältigt mich der Ungehorsam.«

»Nun, wenn dich das nächste Mal der Ungehorsam überwältigen will, versuche dich daran zu erinnern, dass auf ihn eine strenge Strafe folgen wird.« Balfour sah sich um und konnte nur die vier Mädchen sehen. »Wo sind die anderen?«

»Sie machen eine Trage für den Jungen«, erwiderte Elspeth.

»Erwartest du, dass ich ihn auf Donncoill mitnehme?«

»Ja.«

»Du stopfst mein Land mit einer enormen Ansammlung von Blinden und Lahmen voll, Mädchen.«

»Er ist nicht lahm, er blutet nur.«

Balfour betrachtete eingehend den jungen Mann, um den sich seine Tochter so fürsorglich kümmerte. Volles, tief kastanienbraunes Haar und klare blaue Augen ergaben eine bemerkenswerte Mischung. Seine Gesichtszüge waren fein geschnitten und unversehrt. Er war groß und jugendlich schlank, versprach aber zu einem kräftigen Mann heranzureifen. Ginge es nach dem Aussehen, überlegte sich Balfour, würde jedermann den Jungen als Freund bezeichnen und willkommen heißen. Elspeth mochte zwar erst neun Jahre alt sein, aber Balfour fragte sich, ob seine Tochter dieses Mal nicht mehr als ihre übliche Neigung zeigte, alle verletzten Wesen an ihr Herz zu drücken. Angesichts seiner Jugend neigte Balfour dazu, ihm ohne Frage zu helfen, aber er zwang sich zur Vorsicht.

»Ich bin Sir Balfour Murray, Laird of Donncoill, und das sind meine Brüder, Sir Nigel und Sir Eric.« Er neigte den Kopf zuerst in Richtung des Mannes, der zu seiner Linken stand, dann in Richtung des Mannes zu seiner Rechten. »Wer seid Ihr, Junge, und warum liegt Ihr blutend auf diesem abgelegenen Stück meines Landes?«, verlangte Balfour zu wissen, ohne dass er dabei auch nur die kleinste Spur von Barmherzigkeit verriet.

»Ich bin Cormac Armstrong, Sir, und ich bin hier zu Boden gegangen, als ich versuchte, meine Verwandten im Süden zu erreichen«, antwortete Cormac.

»Wo ist Euer Pferd?«

»Davongelaufen, als ich ohnmächtig wurde und herunterfiel.«

»Wer hat Euch verletzt und warum?«

»Ich werde von den Verwandten eines Mannes verfolgt, dessen Todes man mich beschuldigt.« Cormac seufzte, als alle drei Männer an ihre Schwerter griffen und ihn mit erneutem Argwohn musterten.

»Habt Ihr es getan?«

»Nein.«

»Und warum sollte ich Euch Glauben schenken?«, fragte Balfour, wobei er aber seine angespannte, vorsichtige Haltung ein wenig lockerte.

»Ich kann Euch nur mein Ehrenwort geben.« Cormac hoffte, dass bald einer eine Entscheidung über sein Schicksal fällen würde, denn er wusste nicht, ob er noch lange bei Bewusstsein bleiben konnte. »Ich bin unschuldig.«

»Die Jungen sind mit der Trage gekommen«, verkündete Nigel.

»Lasst uns besser nachsehen, ob sie robust genug ist«, sagte Balfour. »Wir nehmen den Jungen vielleicht mit auf Donncoill.« Er sah auf Cormac zurück. »Wen habt Ihr der Anklage nach ermordet?«

»Einen Douglas.« Es überraschte Cormac nicht, dass sowohl Balfour als auch Eric zusammenzuckten und in beunruhigte Anspannung gerieten.

»Einen Douglas, wie? Habt Ihr die Kraft, uns die Geschichte zu erzählen?«

»Ich versuche es. Ich habe einem Mädchen den Hof gemacht. Ihre Familie entschied sich, sie mit einem Douglas zu verheiraten. Er hatte mehr Land und Geld zu bieten. Na ja, und ich habe den Verlust nicht sehr gut hingenommen, sondern meiner Zunge freien Lauf gelassen und meinem Ärger zu laut Luft gemacht – und auch meiner Eifersucht. Als dann der Mann nur sechs Monate nach der Trauung tot aufgefunden wurde, mit durchschnittener Kehle, wandten sich alle Blicke mir zu. Ich habe es nicht getan, aber ich habe kein Alibi für die Zeit seines Todes, und ich habe niemanden, auf den ich den Verdacht lenken kann. Also bin ich geflüchtet, und ich flüchte seitdem, seit zwei langen Monaten.«

»Und die Douglas verfolgen Euch?«

»Einige. Kleinere Familienzweige des Clans, aber ich bin bei keinem Douglas willkommen, auch habe ich von ihnen keine Hilfe zu erwarten.«

»Ihr verlangt mir eine schwere Entscheidung ab, Junge. Soll ich Euch glauben und mit den mächtigen Douglas Ärger riskieren, indem ich Euch am Leben erhalte? Soll ich Euch dem Tod überlassen oder gar den Douglas ausliefern, obwohl Ihr vielleicht unschuldig seid? Ihr bittet mich darum, ein großes Risiko einzugehen, und das nur auf ein Ehrenwort hin.«

»Nicht er bittet dich – ich tu’s«, sagte Elspeth. »Und du musst noch etwas anderes zu seinen Gunsten sprechen lassen, Vater.« »Und was ist das?« – »Von dem Augenblick an, in dem ich ihn gefunden habe, wollte er mich dazu bewegen, wegzugehen und ihn seinem Schicksal zu überlassen. Er hat nicht aufgehört, mich davor zu warnen, dass er Schwierigkeiten mit sich bringen könnte.«

»Aber du bist ein eigensinniges Mädchen.«

»Ja, das bin ich.«

Balfour lächelte seiner Tochter zu und stellte sich dann zu Füßen Cormacs. »Komm, Eric, hilf uns mal. Wir legen diesen jungen Dummkopf auf die Trage und zerren seinen löchrigen Kadaver zu Maldie, damit sie ihn versorgen kann.«

»Bist du dir dessen sicher, Balfour?«, fragte Eric, als er sich in Bewegung setzte, um beim Tragen von Cormac Hilfe zu leisten.

»Nicht ganz, aber welcher Mörder, welcher Verfolgte lehnt schon ein Hilfsangebot ab, weil er fürchtet, dass ein dummes kleines Mädchen dabei verletzt werden könnte?«

»Ich bin nicht dumm«, schimpfte Elspeth, als sie ihrem Vater folgte.

Eric und Balfour tauschten ein Grinsen aus, bevor Eric sagte: »Nicht dass ich wüsste. Mir geht es wie dir. Ich hoffe nur inständig, dass wir diesen Jungen heilen können und aus Donncoill wegbekommen, bevor der Douglas-Clan erfährt, was wir getan haben. Es klingt nach Feigheit, das weiß ich, aber …«

»Ja, ›aber‹. Er ist kein Verwandter, ist noch nicht einmal ein Freund oder der Sohn eines Freundes.« Balfour sah auf Cormac hinunter, während er und Eric den jungen Mann auf die Trage legten. »Sofern es Gottes Wille ist, werdet Ihr geheilt und wieder zu Kräften gebracht, Junge, aber danach müsst Ihr Eures eigenen Weges ziehen. Habt Ihr verstanden?«, fragte er und musterte dabei das graue, schweißgebadete Gesicht des Jünglings.

»Ja, ich habe das Bewusstsein noch nicht verloren«, antwortete Cormac.

»Gut. Ihr habt die Reichtümer, die ich zu beschützen habe, gesehen.« Balfour sah kurz auf die Kinder hinunter. »Wir Murrays sind ein kleiner Clan. Selbst wenn wir alle unsere Verbündeten aufbieten, bleiben wir klein – zu klein, um den Zorn des Douglas-Clans auf unsere Häupter zu wälzen.« Balfour gab Donald ein Zeichen, damit er die Trage an seinem eigenen Pferd befestigte.

»Ich glaube nicht, dass einer – außer dem König selbst – genug Verbündete für eine solche Schlacht zusammenbekommen könnte.«

»Und vielleicht noch nicht einmal er. Ihr habt Euch einen ziemlich mächtigen Gegner ausgesucht.«

»Ach ja, ich war schon immer der Meinung, dass man in allem nach dem Besten streben sollte«, flüsterte Cormac, bevor er das Bewusstsein verlor.

»Er ist doch nicht gestorben, oder?«, fragte Elspeth mit weicher, zittriger Stimme, als sie Cormacs bleiche Wange berührte.

»Nein, Mädchen.« Balfour hob seine Tochter hoch, und nachdem Donald und seine Brüder die kleineren Kinder auf die Pferde gesetzt hatten, nahm er sein Pferd bei den Zügeln und machte sich auf den Weg zurück nach Donncoill. »Der arme Junge ist nur in Ohnmacht gefallen. Ich glaube, er wird wieder gesund, denn allein dadurch, dass er so lange wach blieb und in Zusammenhängen sprach, hat er eine Menge Stärke verraten.«

»Und wenn er wieder kräftig genug ist, wirst du ihn wegschicken?«

»Ich muss, Mädchen. Es wäre schön, wenn ich mein Schwert erheben und deinen armen blutüberströmten Jungen verteidigen könnte, denn ich bin mir sicher, dass man ihm Unrecht tut, aber es würde uns teuer zu stehen kommen. Es könnte uns sogar in Konflikt mit dem König bringen.«

»Ich weiß.« Elspeth schlang ihre dünnen Arme um den Hals des Vaters und küsste seine Wange. »Du musst dich zwischen uns allen und einem Jungen entscheiden, den du überhaupt nicht kennst und mit dem dich nichts verbindet. Und ich glaube, bei so großen Schwierigkeiten ist es besser, wenn er allein weitermacht. Er ist der Einzige, der weiß, wo er nach der Wahrheit suchen muss, die ihm die Freiheit schenken kann.«

Cormac stand auf der Treppe zur Burg Donncoill, als man ihm sein gesatteltes Pferd herbeibrachte. Die Murrays hatten ihn geheilt und ihm während der zwei Monate seiner Genesung ein Obdach gewährt. Er verspürte große Abneigung dagegen zu gehen, und zwar nicht nur, weil er sich erneut den Problemen mit den Douglas stellen musste. Cormac konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemals an einem lebhafteren und harmonischeren Ort geweilt hätte. Seine Brüder und er standen sich nah, aber sein eigenes Zuhause war ihm nie so glücklich erschienen. Seine Brüder und er waren nicht zuletzt durch das Elend, das allzu oft die Hallen ihrer Burg überschattete, zusammengeschweißt worden, Schatten, die von ihren Eltern erzeugt wurden, die sich gegenseitig verabscheuten, und von zu vielen tödlichen Ränkespielen.

Innerlich straffte er sein Rückgrat. Er konnte sich nicht auf Donncoill verstecken, er musste seinen Namen reinwaschen. Er drehte sich um, um Lady Maldie anzusehen, und verbeugte sich taktvoll, dann nahm er ihre kleine Hand in seine und hauchte ihr einen Kuss auf den Rücken. Gerade als er sich wieder aufrichtete, um ihr Lebwohl zu sagen und nochmals für ihre Fürsorge zu danken, wurde eine kleine schmutzige Hand vor sein Gesicht gestreckt.

»Elspeth, mein Liebes«, sagte Maldie, die gegen ein Schmunzeln ankämpfte, »du darfst niemals den Handkuss eines Mannes einfordern.« Sie beugte sich leicht zu ihrer kleinen Tochter hinab. »Und ich denke, du solltest dir überlegen, zuerst ein kleines bisschen von dem Schmutz abzuwaschen.« »Sie wird wiederkommen«, sagte Balfour, der seiner Frau den Arm um die schmalen Schultern legte und beobachtete, wie Elspeth davonrannte. »Ihr müsst wohl den Höfling für sie spielen.«

»Das macht mir nichts aus. Ich kann sowieso nur schmerzlich wenig für das Mädchen tun. Hätte sie mich nicht gefunden, wäre Rabenfutter aus mir geworden. Ehrlich gesagt habe ich nie verstanden, warum sie es getan hat.« Gedankenverloren tätschelte er Elspeths einäugigen Hund Canterbury, als sich dieser zu seinen Füßen niederließ.

»Unsere Elspeth hat eine wahre Gabe, die Verletzten und Notleidenden aufzuspüren«, erwiderte Maldie.

Cormac lächelte. »Und von Euch wird erwartet, dass Ihr sie alle gesund macht.«

»Ja.« Maldie lachte. »Glücklicherweise musste sie nie erfahren, dass nicht alle Wunden geheilt werden können. Aha, da kommt sie« – Maldie biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu kichern – »mit einer sehr sauberen Hand.«

Elspeth stellte sich vor Cormac hin und streckte ihre Hand aus. Cormac bemühte sich, Balfour und Maldie nicht anzusehen, denn deren Bemühen, nicht zu lachen, war geradezu spürbar, und ein Blick auf sie würde seine eigene, schwer erkämpfte Haltung zunichtemachen. Klein-Elspeth war noch immer schmutzig, Dreckspritzer schmückten Gesicht und Kleid, aber die Hand, die ihm entgegengestreckt wurde, war so sauber geschrubbt, dass sie rot schimmerte. Pflichtbewusst nahm er die kleine Hand und strich mit seinen Lippen über die Fingerknöchel. Nach einigen Augenblicken mehrmaliger Versicherung seiner Dankbarkeit eilte er davon, gewappnet für den Kampf um die Reinwaschung seines Namens.

Balfour nahm seine ernst aussehende Tochter hoch und küsste sie auf die Wange. »Er ist ein starker Junge. Es wird ihm gut gehen.«

»Ja, ich war nur traurig, weil ich glaube, dass er diesen Kampf sehr lange austragen muss.«

Kapitel 1

Schottland – Zehn Jahre später

»Mein Vater wird Euch verfolgen. Ja, und meine Onkel, meine Cousins und all unsere Clan-Angehörigen. Sie werden Euch hetzen wie ein Rudel hungriger, rasender Wölfe und Euch in kleine, blutige Stücke zerfetzen. Und ich werde auf Euren zerfetzten Körper spucken, bevor ich gehe und Euch den Aaskrähen überlasse.«

Sir Cormac Armstrong blieb so unvermittelt vor der schweren Tür zu Sir Colin MacRaes privaten Gemächern stehen, dass sich seine Muskeln kurz verspannten. Es war nicht die kalte Androhung einer scheußlichen Vergeltung, die ihm Einhalt gebot, sondern die Stimme, die sie androhte. Diese weiche, kräftige Stimme, die für eine Frau fast zu tief war, zerrte an einer alten Erinnerung – einer fast zehn Jahre alten Erinnerung, von der er dachte, dass er sie vollständig aus dem Gedächtnis verloren hätte.

Dann überfielen ihn Zweifel. Es gab keinen Grund dafür, warum sich dieses kleine Murray-Mädchen auf Sir Colins Burg aufhalten sollte. Zudem hatte er mit den Murrays nichts mehr zu tun gehabt, seit sie ihm so großzügig geholfen hatten. Er hatte ihnen nur noch die Nachricht zukommen lassen, dass er seinen Namen reingewaschen habe, und eine schöne Stute als Geschenk geschickt, sonst nichts. Dass das kleine Mädchen, welches ihm das Leben gerettet hatte, nicht mehr auf Donncoill gehegt und behütet würde, konnte er nicht glauben. Seine Erinnerung mochte ihn täuschen. Und wie könnte sie Sir Colin in die Hände geraten sein? Und warum?

»Nun, wir wissen, dass wenigstens einer Eurer elenden Cousins uns nicht wieder belästigen wird«, erwiderte Sir Colin gedehnt. »Jener hübsche, unverschämte Junge, der mit Euch geritten ist, gibt ganz gewiss schon Rabenfutter ab, während wir sprechen.«

»Nein, Payton ist nicht tot.«

In diesen wenigen Worten schwang solch großer Schmerz, gemischt mit inbrünstiger Hoffnung, mit, dass Cormac es beinahe körperlich spürte, und er fluchte. Es war schwer, sich nach all den Jahren an viel zu erinnern, aber der Name Payton schien ihm bekannt vorzukommen. Der Name und diese Stimme – eine Stimme, die die äußerst deutliche Erinnerung an eine kleine, sauber geschrubbte Hand zurückbrachte, die ihm zum Kuss entgegengestreckt wurde – setzten Cormac schließlich in Bewegung. Er wusste nicht, was er tun sollte, aber er musste erfahren, was da vorging. Dies war ganz gewiss kein Freundschaftsbesuch, und das konnte bedeuten, dass das kleine Mädchen in Gefahr schwebte.

In der Woche, seit er seine junge Cousine Mary zu ihrer Hochzeit mit Sir Colins Neffen John auf Duncaillie gebracht hatte, hatte Cormac jede erdenkliche Anstrengung unternommen, alle noch so verborgenen Ecken der Burg kennenzulernen. Er mochte Sir Colin nicht, vertraute diesem Mann ganz und gar nicht. Als die Verlobung seiner Cousine verkündet wurde, war er fast der Einzige, der sich dagegen aussprach. Er wollte nicht, dass seine Familie mit einem Mann in Verbindung kam, von dem er wenig Gutes gehört hatte.

Er versicherte sich, dass ihn niemand beobachtete, und schlüpfte in den Raum, der neben Sir Colins Gemach lag. An der Verbindungstür zwischen den beiden Gemächern stand keine Wache. Entweder war Sir Colin zu überheblich, um zu glauben, dass ihn jemand ausspionieren würde, oder es interessierte diesen Mann ganz einfach nicht. Cormac drückte sich an die Wand neben der Tür und öffnete sie vorsichtig. Schnell schaute er sich in dem Raum um, in dem er sich befand, und merkte sich sorgfältig verschiedene Stellen, an denen er sich verbergen konnte, falls jemand bemerkte, dass die Tür aufgesprungen war. Wenn er in den zwei Jahren seiner Flucht vor der Wut des Douglas-Clans etwas gelernt hatte, und zwar gut gelernt hatte, dann das, wie man die Dunkelheit und jede noch so dürftige Deckung ausnützte, um sich den Blicken zu entziehen. Mit einem tiefen, beruhigenden Atemzug spähte er in das Gemach.

»Dieser unerfahrene Junge ist nun unwichtig«, fuhr Sir Colin sie an.

»Unerfahren?« Die Verachtung in jener rauen Stimme ließ Cormac zusammenfahren. »Selbst der bartloseste unter meinen Brüdern und Cousins hatte mehr Frauen, als Ihr je haben werdet.«

Als Sir Colin aus seinem schweren Eichenstuhl aufsprang und auf seine Peinigerin zuging, musste Cormac seine Fäuste fest zusammenballen, um sich von einer unbesonnenen Handlung zurückzuhalten. Zu seiner Erleichterung blieb der Mann direkt vor der Frau stehen und hob die Hand, ohne aber den Schlag auszuführen, den er ihr offensichtlich so liebend gern versetzt hätte. Cormac wusste, dass er all seine Selbstbeherrschung verlieren würde, sollte Sir Colin die kleine, schlanke Frau, die so gelassen vor ihm stand, schlagen.

Er konnte das, was seine Augen ihm enthüllten, nicht leugnen, obwohl Cormac genau das minutenlang versuchte. Es war schwer zu glauben, dass Elspeth Murray in Sir Colins Gemächern stand, allein und weit weg von der liebevollen Sicherheit auf Donncoill. Cormac wusste nicht so ganz, ob er darüber erfreut war, dass er vor all den Jahren recht gehabt hatte: Elspeth war eindeutig zu einer entwaffnend schönen Frau herangewachsen.

Volles, wild zerzaustes Haar fiel in schweren Wellen über ihren schlanken Rücken, um verführerisch am Anfang ihrer schlanken Beine zu enden. Ihre Hände waren im Rücken gefesselt, und Cormac musste lächeln. Diese Hände sahen nicht sehr viel größer aus als an jenem Tag, als sie ihm über die Stirn strichen, während er blutend im Schlamm ihres Vaters lag. Ihre Figur war fast zu schlank, zu zerbrechlich und doch weiblich genug, um in seiner Leistengegend Interesse zu wecken. Die Art und Weise, wie ihre Arme nach hinten gezogen wurden, enthüllte die Vollkommenheit ihrer Brüste. Ihre Taille war verführerisch schlank, und ihre Hüften waren anmutig gerundet. Elspeths Gesicht ging in der Fülle ihres Haares und unter ihren großen, strahlenden grünen Augen geradezu unter. In ihrem sanften, herzförmigen Gesicht spiegelte sich von der kleinen, geraden Nase bis hinunter zu dem ein wenig spitzen Kinn kindliche Unschuld. Trotzdem zeugten ihre langen, dichten Wimpern, die ihre großen Augen umrahmten, und die weichen, vollen Lippen von ihrer Fraulichkeit. Sie war ein Bündel von Gegensätzen, das das Blut in Wallung brachte. Elspeth stand so nahe an der Tür, dass er den Eindruck hatte, er könnte leicht seine Hand ausstrecken und sie berühren. Cormac war etwas überrascht, wie sehr er sich bemühen musste, diesem Bedürfnis zu widerstehen.

Dann sprach sie mit ihrer vollen, tiefen, rauchigen Stimme, und alle Spuren des Kindes, alle Anzeichen von Unschuld waren wie weggeblasen. Sie wurde von ihrem offenen Haar bis zu ihren kleinen, in Stiefeln steckenden Füßen zu einer heißblütigen Verführerin. Cormac verspürte den scharfen Ruck der Begierde. Es schlug so heftig und so schnell zu wie ein Schlag in den Magen. Jeden Mann, der sie sah oder sie sprechen hörte, würde man mit Gewalt davon abhalten müssen, die schweren Tore von Donncoill einzutreten, um zu ihr zu gelangen. Wäre sein Herz nicht schon einer anderen versprochen, würde er, dessen war Cormac sich sicher, heftig in Versuchung geraten. Er fragte sich, ob Sir Colin ihren Reizen einfach erlegen war.

»Was? Ihr zögert, ein Mädchen zu schlagen?«, verspottete Elspeth den finster dreinblickenden Sir Colin mit ihrer wunderschönen Stimme, die jetzt so voller Verachtung war. »Ich habe lange Zeit geglaubt, dass nichts, was Ihr macht, mich überraschen könnte, aber vielleicht habe ich mich ja getäuscht.«

»Ihr bettelt geradezu danach, geschlagen zu werden«, sagte Sir Colin. Nur ein leichtes Zittern in seiner Stimme deutete auf seinen Kampf um Selbstbeherrschung.

»Dennoch steht Ihr da wie ein stinkender Misthaufen.«

Cormac spannte sich an, als Colin seine muskulöse Hand um ihren langen, schlanken Hals legte und mit kalter Stimme sprach: »Das ist also Euer Spiel, nicht wahr? Ihr versucht mich zu blinder Wut aufzustacheln? Nein, meine hübsche, grünäugige Schlampe, Ihr seid nicht diejenige, die hier aufstachelt.« Drei der fünf Männer in jenem Raum kicherten.

»Es soll also auf eine Vergewaltigung hinauslaufen, oder? Ihr solltet Euch lieber ganz sicher sein, dass Ihr bereit seid, Eure letzte Brunft auszuleben, wenn Ihr das armselige, kleine Ästlein aus Fleisch in mich steckt. In dem Augenblick, in dem es mich berührt, wird es zu einem dem Untergang geweihten, kleinen Büblein werden.«

Sir Colins Hand legte sich fester um ihre Kehle. Cormac konnte sehen, wie die Adern seiner dicken Hand anschwollen. Seine eigene Hand legte sich ans Schwert, obwohl er wusste, dass es verrückt war, einzugreifen. Elspeth gab keinen Ton von sich, machte nicht die kleinste Bewegung, hielt ihren Blick aber fest auf Sir Colins zornrotes Gesicht gerichtet. Cormac sah, wie sie ihre Hände im Rücken zusammenpresste, bis die Knöchel weiß hervortraten. Er bewunderte ihren Mut, hielt es aber für tollkühn, diesen Mann so zu reizen, wie sie es tat. Er konnte sich nicht denken, was sie damit erreichen wollte, ausgenommen einen schnellen Tod. Als Cormac gerade zu dem Schluss kam, ungeachtet der geringen Chance auf Erfolg eingreifen zu müssen, gab Sir Colin sie endlich frei. Elspeth holte nur einmal tief Luft und taumelte leicht, obwohl es ihr sicher wehgetan und sie kaum Luft bekommen hatte.

»Manche werden es vielleicht Vergewaltigung nennen, aber ich habe nur vor, mit meiner Ehefrau zu schlafen«, sagte Sir Colin.

»Ich habe Euch zurückgewiesen«, erwiderte sie mit einer etwas schwächeren, ein wenig heiseren Stimme. »Eine weitere Unterhaltung über dieses Thema wäre nur ermüdend.«

»Niemand weist mich zurück.«

»Ich habe es getan und tue es wieder.«

»Ihr habt in dieser Angelegenheit nichts mehr zu sagen.« Er gab den beiden Männern, die links und rechts von ihr standen, ein Zeichen. »Sperrt sie in den Westturm.« Sir Colin fuhr mit seinen derben Fingerspitzen über ihre vollen Lippen und konnte sie gerade noch wegreißen, bevor Elspeth nach ihnen schnappte, wobei das Aufeinanderschlagen ihrer gleichmäßigen, weißen Zähne laut in dem Gemach widerhallte. »Ich habe einen Raum speziell für Euch hergerichtet.«

»Ich fühle mich von Eurer Großzügigkeit gedemütigt.«

»Gedemütigt? Oh ja, du hochmütige Schlampe, du wirst bald wirklich gedemütigt sein.«

Cormac schob die Tür so weit, wie er es nur wagte, zu und hielt erst inne, bevor sie ins Schloss fallen konnte. Einen Augenblick später war er wieder in der Halle und nützte die Schatten, die vom Licht der Fackeln geworfen wurden, um Elspeth und ihren Wachen zu folgen. Nur ein einziges Mal sah sich jemand um, und das war Elspeth. Sie starrte in die Schatten, die ihm Schutz boten, und ihre vollen Lippen verzogen sich flüchtig. Sogleich wurde sie aber von ihren Wachen weitergezogen. Cormac glaubte nicht, dass sie ihn gesehen hatte, wenn aber doch, besaß sie eindeutig den Verstand, nichts zu sagen. Er folgte seiner Beute bis zu der Tür, die in das Turmgemach führte, wobei er sich die ganze Zeit über bemühte, einen klugen Plan auszuhecken.

Elspeth stolperte leicht, als eine der Wachen sie grob in den Raum stieß, konnte sich aber sofort wieder fangen. Sie unterdrückte ein erleichtertes Aufseufzen, als die andere Wache den Strick, mit dem ihre Handgelenke gefesselt waren, aufschnitt. Anschließend kämpfte sie dagegen an, sie zu reiben, womit sie verraten hätte, wie sehr sie schmerzten, als das Blut wieder in sie hineinzuströmen begann. Erst als sich die schwere Tür hinter den beiden Männern schloss und sie hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde, begann sie die wundgescheuerten, schmerzenden Handgelenke zu reiben und sich einen schnellen, aber gründlichen Überblick über das Gemach zu verschaffen.

»Es scheint, als sei der einzige Weg aus diesem Raum die Unterwerfung unter den sündigen Drang, mich aus diesem Fenster zu stürzen und mein armes Leben zu beenden«, schimpfte sie, als sie sich auf das große Bett setzte, das den Raum dominierte. Sie krauste die Stirn und hopste gedankenverloren auf der Matratze auf und ab. »Federn. Dieser Mistkerl hat eindeutig vor, es sich bequem zu machen, während er mich schändet.«

Erschöpft, krank vor Angst um Payton und wie zugeschnürt vor lauter Furcht, rollte sich Elspeth auf dem Bett zusammen. Einen Augenblick lang unterdrückte sie das Bedürfnis zu weinen, da sie ihrer Schwäche nicht nachgeben wollte, doch als schließlich die Tränen zu fließen begannen, zuckte sie die Achseln. Sie war allein, und wenn sie ihr Elend so richtig herausweinte, konnte ihr das vielleicht helfen, sich ihre Kraft zu bewahren – vor allem für später.

Nach einem, wie sie fürchtete, schmachvoll langen Weinanfall ließ sich Elspeth auf den Rücken fallen und starrte zur Decke. Sie fühlte sich leer, so als hätte ein Arzt überall auf ihr Blutegel angesetzt – Blutegel, die statt des Blutes all ihre Gefühle aus dem Körper gesaugt hatten. Es würde geraume Zeit dauern, bis sie wieder all ihre Kraft und ihren Verstand beisammenhatte – zwei Dinge, die sie in den vor ihr liegenden Tagen bitter nötig haben würde.

Sie dachte an Payton und hätte am liebsten gleich wieder von vorne angefangen zu weinen. Das Letzte, was sie von ihrem Cousin gesehen hatte, war sein blutüberströmter Körper, der neben den beiden bewaffneten Männern lag, die sie begleitet hatten. Elspeth hatte nur einmal hinsehen müssen, um zu wissen, dass ihre beiden Wachen tot waren, aber bei Payton war sie sich nicht so sicher. Sie wollte es nicht sein. Sie wollte sich an die Hoffnung klammern, dass er noch immer am Leben war, egal, wie gering diese Hoffnung sein mochte. Elspeth konnte allein schon den Gedanken an den Schmerz, den ihr Onkel Nigel und ihre Tante Gisele angesichts des Verlustes ihres Sohnes erleiden würden, nicht ertragen. Auch wenn der Verstand ihr sagte, dass es nicht ihre Schuld war, so wusste sie doch, dass sie das Schuldgefühl vielleicht niemals mehr würde abschütteln können, denn es war ihr abgewiesener Freier, der diese Tragödie ausgelöst hatte. Es erschien ihr entsetzlich ungerecht, dass die schauderhaften Erinnerungen und Albträume, die sie drei lange Jahre verfolgt hatten, nun vom Anblick ihres ermordeten Cousins ersetzt werden sollten – ein alter Albtraum von einem neuen ersetzt!

Elspeth schloss die Augen und gestand sich zu, dass es ihr nicht schaden würde, wenn sie sich den Schlaf, den ihr Körper so dringend benötigte, gönnte. Sie würde ihn brauchen, um das, was vor ihr lag, überstehen zu können. Auch wenn sie wusste, dass ihre Familie ihr zu Hilfe eilen würde, und zwar in voller Stärke, begriff sie auch, dass sie vielleicht nicht rechtzeitig da sein würde, um sie vor allem, was Sir Colin vorhatte, zu retten. Das lag in ihren eigenen Händen.

Als sie spürte, wie der Schlaf sie übermannte, hörte sie ein leises Geräusch an der Tür. Entweder brachte ihr jemand etwas zu essen, oder man hatte einen armen Dummkopf geschickt, der nachsehen wollte, ob sie tatsächlich noch immer war, wohin man sie gebracht hatte. Elspeth widerstand dem Bedürfnis nachzusehen. Sie war zu müde und zu niedergeschlagen, um etwas zu tun. Genau genommen war sie fast zu müde, um auch nur die Augen zu öffnen. Dann berührte jemand ihren Arm, und sie fuhr zusammen. Ihre Erschöpfung wurde schnell von Alarmbereitschaft verdrängt, obwohl ihrem Gefühl nach von demjenigen, der neben ihrem Bett stand, keine wirkliche Bedrohung ausging.

Vorsichtig öffnete Elspeth die Augen gerade weit genug, um ihren Besucher durch den Schleier ihrer noch immer feuchten Wimpern sehen zu können. Es war ein wunderschöner Mann. Sein groß gewachsener, schlanker und muskulöser Körper beugte sich auf eine eigenartig beschützende Weise über sie. Sein Gesicht war fein geschnitten und ohne Narben. Eine hohe, breite Stirn, hohe Wangenknochen, eine lange, gerade Nase, ein gutaussehendes, markantes Kinn, ein schön geformter Mund, der für ein Gesicht geschaffen worden war, das einem Mädchen leicht den Atem rauben konnte. Seine cremefarben schimmernde Haut war für einen Mann fast zu blass und edel, viele Frauen würden ihn darum beneiden, ihre gesunde Wärme bettelte geradezu darum, sie zu berühren. Sie war das perfekte Gegenstück zu seinem tief kastanienbraunen Haar. Allerdings waren es seine Augen, die ihre Aufmerksamkeit erst richtig auf sich zogen. Unter den schön gebogenen Augenbrauen und umrahmt von langen, dichten Wimpern, erstrahlten sie in dem dunklen Blau sauberen, tiefen Wassers – einer Farbe, die sie bisher nur einmal in ihrem Leben gesehen hatte. Es waren Augen, von denen viele mädchenhafte Träume erfüllt waren, und auch manche nicht so mädchenhafte.

»Cormac«, flüsterte sie und lächelte schwach, als sich seine wunderschönen Augen überrascht weiteten.

»Ihr erinnert Euch an mich?«, fragte er leise und ein wenig aufgewühlt von dem warmen Ausdruck in ihren strahlend grünen Augen und dem weichen, verführerischen Willkommenlächeln, das sie ihm schenkte.

»Aha, Ihr habt Euch ja gar nicht an mich erinnert. Ihr schleicht Euch nur auf Zehenspitzen durch die Schlafgemächer von Duncaillie, um zu sehen, ob sie etwas enthalten, was Euch gefällt. Ich bin am Boden zerstört.«

Cormac richtete sich auf und legte die Hände in die Taille. Ihre Stichelei hatte ihn schneller von seiner Benommenheit befreit als ein heftiger Schlag ins Gesicht. Sie war aus der Nähe noch schöner, und als er in ihre weit geöffneten, schläfrigen Augen blickte, wurde er einen Augenblick lang von dem überwältigenden Bedürfnis überkommen, zu ihr ins Bett zu klettern. Die Art, wie sie mit ihrer vollen, sinnlichen Stimme seinen Namen geflüstert hatte, war tief in sein Inneres eingedrungen und hatte seine streng kontrollierten Begierden zu sofortigem heftigem Leben erweckt. Dieses Gefühl war noch immer da, aber jetzt bemühte er sich, sein erhitztes Blut abzukühlen.

»Ja, ich erinnere mich an Euch«, sagte er. »Ihr seid ein kleines bisschen größer geworden und habt eine schärfere Zunge bekommen, aber Ihr seid ganz gewiss Elspeth – meine kleine, schmutzige Retterin aus vergangener Zeit.«

Langsam setzte sich Elspeth auf und kniete sich schließlich auf das Bett, um ihn anzusehen. Einige von jenen nicht so mädchenhaften Träumen, die sie von ihm geträumt hatte, drängten sich in ihrem Kopf zusammen, und sie versuchte, sie zu verdrängen. Er war gekommen, um sie zu retten. Elspeth musste insgeheim lachen, als sie darüber nachdachte, dass es ein schlechter Zeitpunkt war, um einem Mann zu sagen, dass sie ihn seit zehn langen Jahren liebte und begehrte. Soweit sie wusste, war er ein verheirateter Mann, mit ein oder zwei Kindern, die auf seinen Knien herumhopsten. Da ihr diese Vorstellung schmerzlich war, konzentrierte sie sich auf die Frage ihrer Rettung.

»Und seid Ihr nun als mein Retter gekommen?«

»Ja.«

Elspeth lächelte und beschloss unvermittelt, wenigstens einen kleinen Traum in eine wirkliche Erinnerung zu verwandeln. Cormac konnte leicht den Eindruck haben, dass ihre nächste Handlung einfach nur spontaner Ausdruck von Erleichterung oder Dankbarkeit war – oder dieser Eindruck musste ihm vermittelt werden. Sie kam näher und küsste ihn. Seine Lippen waren so weich und köstlich, wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Wenn er verheiratet war, würde dieser gestohlene Kuss eine kleine Sünde sein.

Und dann geschah es. Ihre Mutter hatte sie davor gewarnt. Elspeth wünschte sich, sie hätte genauer hingehört, aber sie war zu jung, um hinreichend auf solche Worte wie Begehren und Leidenschaft auf den Lippen der Mutter zu achten.

Er zitterte schwach, sie ebenso, aber sie war sich nicht sicher, wo sein Zittern endete und ihres anfing. Sein Körper straffte sich, und sie verspürte tief in ihrem Unterleib einen antwortenden Schmerz. Sie spürte seine Hitze, konnte sein Verlangen fast riechen. Cormac packte sie an den Schultern und vertiefte den Kuss. Elspeth öffnete bereitwillig die Lippen, um das Eindringen seiner Zunge willkommen zu heißen. Als er das Innere ihres Mundes liebkoste, hatte sie das Gefühl, als würde er ihre Seele streicheln. Sie wollte ihn mit auf das Bett hinunterziehen, sehnte sich danach, sich um seinen schlanken Körper zu schlingen. Noch als ihr dieser Gedanke durch den von Leidenschaft umwölkten Verstand schoss, fühlte sie, wie Cormac einen Rest innerer Stärke zusammenraffte und sich von ihr zu lösen begann. Elspeth unterdrückte das Bedürfnis, sich an ihn zu klammern und seinem Rückzug Einhalt zu gebieten.

Cormac sah unverwandt auf die junge Frau, die vor ihm kniete. Er zwang sich, den Kopf nicht heftig zu schütteln, um seinen umnebelten Verstand zu befreien. Es war nicht leicht, sein Blut abzukühlen, während er in ihre weit geöffneten grünen Augen blickte, denn er war sich sicher, darin Leidenschaft zu entdecken. Er musste sich ernsthaft daran erinnern, dass Elspeth ein Mädchen von hoher Abkunft war – ein Mädchen, dem er sein Leben schuldete – und dass er nicht frei war. Er war da, um sie zu retten, nicht um sie zu entehren.

»Warum?«, fragte er, worauf er sich hastig räusperte, um die Heiserkeit aus seiner Stimme zu vertreiben.

»Warum nicht?«, fragte sie ihn zurück. »Seid Ihr verheiratet?«

»Nein, aber –«

Elspeth wollte den Rest nicht hören, nicht solange ihr Herz noch immer heftig pochte und sie ihn noch immer spüren konnte. »Eine überstürzte Handlung, entstanden aus meiner Freude darüber, dass Ihr noch am Leben und hier seid. Ich weiß, dass meine Verwandten bald nach mir suchen, aber es ist eine Hilfe, die möglicherweise zu spät kommt.«

»Und wenn wir nicht schnell machen, könnte sich auch meine Hilfe als wertlos erweisen.«

»Ihr habt einen Plan, nicht wahr, mein tapferer Ritter?« Sie nahm sehr genau wahr, dass er sie bis jetzt noch nicht freigegeben hatte, sondern mit seinen starken, feingliedrigen Händen in einer selbstvergessenen, aber vielsagenden Liebkosung über ihren Oberarm strich.

»Den habe ich. Deswegen hat es mich fast eine Stunde gekostet, bis ich kommen konnte, um Euch zu holen«, antwortete er.

»Eine Stunde?«, murrte Elspeth, die ihre Überraschung nicht verbergen konnte.

»Ich hatte mich, bevor ich hierherkam, um ein paar Dinge zu kümmern, die unsere Flucht erleichtern sollen.«

»Ich wollte damit keine Kritik üben, Sir Cormac. Es war nur etwas enttäuschend für mich, dass ich so viel Zeit damit vertan habe, mich in meinem Elend zu wälzen. Ich hätte mich nicht für solch einen Schwächling gehalten.« Sie legte die Stirn in Falten, als er kicherte. »Euch amüsiert meine Verzweiflung?«

»Nein, Mädchen, mich amüsiert die Andeutung, dass Ihr Euch als schwach betrachtet.« Er nahm sie an der Hand und zog sie vom Bett. »Ihr wart niemals schwach. Nein, nicht einmal als kleines, schmutziges neunjähriges Mädchen.«

Elspeth wurde ein wenig rot vor Freude über seine Bemerkung, obwohl sie in scherzendem Ton gehalten war. »Wie sieht Euer Plan aus?«

»Ihr hüllt Euch in diesen Umhang, und wir werden hier hinausgehen.« Er reichte ihr einen langen, schweren Wollumhang, den er auf das Bett gelegt hatte, bevor er sie weckte.

»Das ist Euer Plan?«, fragte sie, als sie den Umhang umlegte.

»Einfachheit ist oftmals das Beste«, antwortete er, als er die Tür öffnete und ihre bewusstlose Wache ins Innere zog.

Elspeth sah dabei zu, wie er den Mann fesselte und knebelte, dann auf das Bett zerrte und die Decken so über ihn legte, dass nur etwas von dem schwarzen Haar darunter herausschaute. »Ich glaube nicht, dass sie das sehr lange täuschen wird.«

»Lange genug, damit wir diesen Mauern entfliehen können.«

»Habt Ihr wirklich vor, einfach so mit mir hier herauszuspazieren?«

Cormac zog ihr die Kapuze des Umhangs über den Kopf, und zwar so weit nach vorne, bis sie ihr Haar vollständig bedeckte und ihr Gesicht verhüllte. »Sollte mich jemand fragen, was ich da mache, sage ich einfach, dass ich meine kleine Cousine Mary zu einem Ausritt mitnehme.«

»Habt Ihr wirklich eine kleine Cousine namens Mary?«

»Ja, und sie ist hier. Sie ist Sir Colins Neffen John versprochen. Ich brachte sie zur Hochzeit her. Sie bleibt auf ihren Gemächern und kommt nur zum Essen in die große Halle. Das nächste Mahl findet erst in ein paar Stunden statt, also sollte diese List eigentlich funktionieren.«

Als er sie aus dem Gemach führte und die Tür schloss und verriegelte, fragte sie ihn: »Wäre es nicht besser, wenn wir uns davonschleichen und uns an die Schatten halten? Vielleicht kennt Ihr ja einen Geheimgang, den wir benützen können.« »Das wäre das Beste, aber dann könnten wir mein Pferd nicht benutzen.«

Elspeth wollte etwas sagen, schloss aber schnell den Mund. Sein Vorhaben konnte leicht scheitern, aber sie hatte nichts dagegenzusetzen. Er hatte zudem recht damit, wenn er sein Pferd nehmen wollte. Zu Fuß würden sie nicht weit kommen.

»Nehmen wir auch das Pferd Eurer Cousine? Oder meins?«

»Ich fürchte, meine Cousine hat kein Pferd.« Er verzog das Gesicht. »Sie ist ein ängstliches Mädchen und mag nicht reiten. Sie reist nur in einem Wagen oder reitet zusammen mit jemand anderem im Sattel. Alle hier wissen das. Wenn ich Mary plötzlich auf ein Pferd setze, würde das Verdacht erregen. Ich fürchte, wir müssen beide in einem Sattel reiten.«

»Reiten ist allemal besser als gehen. Schneller.«

»Ja, und jetzt muss ich Euch bitten, still zu sein.«

»Eure Cousine Mary spricht auch nicht?«

Er lächelte flüchtig. »Nicht viel, obwohl John und sie sich scheinbar eine Menge zu sagen haben, wenn sie nicht gerade versuchen, sich vor Sir Colin zu verstecken. Nein, ich denke, Ihr müsst wegen Eurer Stimme still sein.«

»Ist etwas nicht in Ordnung mit meiner Stimme?«

»Sie ist zu charakteristisch«, antwortete er, konnte aber an ihrem Gesichtsausdruck ablesen, dass sie ihn nicht wirklich verstand. »Vertraut mir«, sagte er und zog ihr die Kapuze noch mehr um das Gesicht.

Elspeth nickte und unterdrückte das Bedürfnis, mit ihm zu sprechen. Dafür genoss sie die einfache Tatsache, dass sie seine Hand hielt, während sie durch die Hallen von Duncaillie schlichen. Das war das einzig Gute an ihrem Gang durch die Burg, dachte Elspeth bei sich, während sie an jeder Ecke angespannt auf einen Ruf wartete, der verkündete, dass sie entdeckt worden waren. Ihr Magen verkrampfte sich derart stark, als sie über den bevölkerten Burghof auf die Stallungen zugingen, dass es schmerzte. Während Cormac sein Pferd holte, stand sie nahe der Stalltür im Schatten, erstaunt darüber, wie gelassen er mit den Männern dort sprach, so als hätte er keine Sorgen auf dieser Welt. Offensichtlich hatte er in den Jahren, in denen sie ihn nicht mehr gesehen hatte, einige interessante Fähigkeiten erlernt.

Cormac setzte sie in den Sattel und stieg hinter ihr auf, wobei er noch immer mit den Männern scherzte. Elspeth musste sich beherrschen, um ihm nicht einen Schlag zu verpassen und zu sagen, dass er sich bewegen solle. Als sie endlich aus dem Burghof hinausritten, ließ sie sich an ihn sinken, schwach vor Erleichterung. Sie mochten vielleicht noch lange nicht in Sicherheit sein, aber wenigstens befanden sie sich nicht mehr unter den Blicken von Sir Colin.

»Wohin reiten wir jetzt?«, fragte sie. Sie kam zu dem Schluss, dass es sich sehr gut anfühlte, ihm so nahe zu sein, und machte es sich an seiner breiten Brust bequemer.

»Da Sir Colin damit rechnen wird, dass Ihr versucht, auf Donncoill zurückzukehren, reiten wir in die Richtung, in die ich nach der Hochzeit geritten wäre.«

»Sir Colin könnte denken, dass Ihr mich ebenfalls zu meinem Clan zurückbringen wollt.«

»Ja, oder zu meinen Verwandten, die sowohl südlich als auch westlich von hier leben. Der Mann hat also zwei oder drei Wege zur Verfügung, um nach uns zu suchen. Er kann keine Ahnung von meinem wahren Reiseziel haben. Es war geplant, dass ich zur Hochzeit meiner Cousine bleibe und dann abreise, aber ich erzählte niemandem, wohin ich mich nach Beendigung der Zeremonie begeben wollte, nicht einmal der kleinen Mary.«

»Das ist eine gute Idee, aber dennoch: Wie soll ich dann zu meiner Familie zurückkommen? Nur dort bin ich auf Dauer sicher, nicht wahr? Ja, und nur dort gibt es die Mittel, Sir Colin Einhalt zu gebieten und ihn für meine Entführung, für den Tod von zwei Murrays und die Verletzung von Payton bezahlen zu lassen.«

Er stellte fest, dass sie sich noch immer gegen die Möglichkeit, dass ihr Cousin tot war, wehrte. Offensichtlich hielt der Murray-Clan noch immer eng zusammen. Wahrscheinlich wäre es das Beste für sie, den kalten Tatsachen ins Auge zu sehen, denn ihr Cousin war entweder tot oder würde es bald sein, da vermutlich Kälte und Blutverlust Sir Colins Werk vollendeten, aber Cormac hatte nicht das Herz, ihr die Hoffnung zu rauben.

»Ich reite zu dem Ort, an dem der königliche Hof residiert. Dort finden wir bestimmt jemanden, der Eurem Clan eine Nachricht zukommen lassen kann. Wenn es nötig ist, können wir Euch unter den Schutz des Königs stellen. Euer Clan hat nichts gemacht, was seine Stellung gegenüber dem König zerstört hat, oder?«

»Nein. Das wird ausreichen. Um ehrlich zu sein, ist es fast so gut, wie geradewegs zu meinem Vater zu reiten.«

»Wir werden beinahe zwei Wochen brauchen, da wir langsam reiten müssen, um unser Reittier zu schonen. Wenn uns das Glück verlässt und Sir Colin uns aufspürt, kann es noch länger dauern. Könnt Ihr eine so lange, beschwerliche Reise durchhalten?« Er wirkte skeptisch, während er die Zartheit und Zerbrechlichkeit der Frau, die er in seinen Armen hielt, betrachtete.

»Oh ja, ich bin kräftiger, als ich aussehe.«

Elspeth seufzte, als er darauf nichts erwiderte. Seine Zweifel waren so stark, dass sie sie beinahe fühlen konnte. Sie wusste, dass sie klein und von zerbrechlicher Gestalt war, aber sie war wirklich kräftig. Sir Cormac Armstrong würde lernen müssen, dass man nicht immer nach der Erscheinungsweise einer Person urteilen durfte.

Während sie einen Blick auf seine starken, langgliedrigen Hände warf, die die Zügel hielten, fragte sie sich einmal mehr, ob er verlobt oder verliebt war. Sie musste ein paar Informationen bekommen, musste wissen, ob er frei war. Als sie für die Nacht anhielten, schwor sie sich, dass sie es in Erfahrung bringen würde. Danach wollte sie entscheiden, was zu tun wäre. Sollte er verheiratet oder versprochen sein, würden die nächsten Wochen eine Qual sein, da sie all ihre Gefühle für diesen Mann verstecken oder sogar ersticken musste. Doch sollte er frei sein, standen ihr zwei Wochen zur Verfügung, in denen sie ihn dazu bringen musste, sich in sie zu verlieben. Auch das konnte sich als quälend herausstellen und ihr das Herz und ihre Selbstachtung in Stücke reißen. Das Schicksal war so gnädig, ihr ein bisschen Zeit mit dem Mann zu schenken, den sie seit Langem anbetete, aber das Schicksal hatte offensichtlich auch beschlossen, sie teuer für dieses Geschenk zahlen zu lassen. Alles, was sie tun konnte, war zu beten, dass sie das besaß, was nötig war, um den Preis zu erringen.

Kapitel 2

»Vier Ehemänner?«

Während sie sprach, spähte Elspeth um das Pferd herum, das sie gerade mit einer Handvoll Stroh und Gras abrieb, zu Cormac. Es hatte einigen Aufwand ihrerseits bedurft, aber schließlich hatte sie ihm einen Frauennamen entlocken können – Isabel. Sie spürte, wie ihr das Herz zu brechen drohte, als er ihr von der Liebe, die er für diese Frau empfand, von dem festen Band, das sie vereinte, erzählte. Dann, als er ihr mehr und mehr über diese Frau berichtete, wandelte sich Elspeths Verletzung zu Verwirrung und letztlich zu Wut über Isabel und auch ein wenig über Cormac und seine blinde Hingebung. Isabels vier Ehemänner waren ein Thema, das er eindeutig nicht ausführlich besprechen wollte, aber sie war fest entschlossen, jedes Stückchen Information aus ihm herauszuholen, das herauszuholen war.

»Ja.« Cormac, der das Feuer aufschichtete, antwortete fast brummig.

»Vier tote Ehemänner?«

»Ja.«

»Viermal verheiratet. Viermal verwitwet.«

»Ja.«

»Und welch kurze Ehen«, murmelte sie, als sie zu ihm ging und sich ihm gegenüber ans Feuer setzte. »Welch unglückselige Kerle, mit denen sie verheiratet war.«

Cormac sah kurz von der Haferspeise, die er zubereitete, auf, um sie anzublitzen. Er wusste, was sie dachte. Auch andere dachten das. Vier Ehemänner, und alle waren sie gestorben – auf seltsame Weise und schnell; der, der am längsten überlebt hatte, brachte es nicht einmal auf zwei ganze Jahre Ehe. Zu seiner Schande hatte auch er sich gewundert und gezweifelt, diese Treulosigkeit aber sofort wieder unterdrückt. Isabel brauchte Mitgefühl und Unterstützung, nicht Misstrauen.

»Ja, alle waren schwach oder auf unkluge Weise leichtsinnig«, fuhr er sie an, als er ihr Brot reichte.

Oder so blind wie du, dachte Elspeth bei sich und biss in das Brot. »Keine Kinder?« – »Nein.«