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Das Höhlengleichnis ist das berühmteste Gleichnis der antiken Philosophie und der Erkenntnistheorie. Platon schildert einige gefangene Menschen, die in einer Höhle einzig die durch ein Feuer aufgeworfenen Schatten der wirklichen Gegenstände sehen können. Da sie nur diese Schatten wahrnehmen, halten sie sie für die reale Welt. Platons zentrale Grundgedanken treten in den von ihm erzählten Mythen und Gleichnissen hervor, sie erscheinen in verwandten, aber abgewandelten Bildern: die Wiedergeburt der Seele, das Leben im Jenseits, die Geburt des Eros, die Erfindung der Schrift, das Goldene Zeitalter und das Höhlengleichnis als Abbilder der menschlichen Erkenntnis.
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Seitenzahl: 280
Das Höhlengleichnis ist das berühmteste Gleichnis der antiken Philosophie und der Erkenntnistheorie. Platon schildert einige gefangene Menschen, die in einer Höhle einzig die durch ein Feuer aufgeworfenen Schatten der wirklichen Gegenstände sehen können. Da sie nur diese Schatten wahrnehmen, halten sie sie für die reale Welt.
Platons zentrale Grundgedanken treten in den von ihm erzählten Mythen und Gleichnissen hervor, sie erscheinen in verwandten, aber abgewandelten Bildern: die Wiedergeburt der Seele, das Leben im Jenseits, die Geburt des Eros, die Erfindung der Schrift, das Goldene Zeitalter und das Höhlengleichnis als Abbilder der menschlichen Kenntnis.
PLATON
DAS HÖHLENGLEICHNIS
Sämtliche Mythen und Gleichnisse
Ausgewählt und eingeleitet von Bernhard Kytzler
Insel Verlag
Umschlagabbildung: Bildnis Guillaume Apollinaire, 1914,
Centre Georges Pompidou, Paris.
© VG Bild-Kunst, Bonn 2009
Der Herausgeber dankt der University of KwaZulu/Natal, Durban, RSA,
für die bei der Ausarbeitung erfahrene Unterstützung.
eBook Insel Verlag Berlin 2012
© Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 1997
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Hinweise zu dieser Ausgabe am Schluß des Bandes
Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus
eISBN 978-3-458-73185-6
www.insel-verlag.de
Vorbemerkung
Mythen
Vom Ursprung der Tiere und Menschen · Protagoras
Zamolxis · Charmides
Das Leben im Jenseits · Apologie
Die Inseln der Seligen und der Tartaros · Gorgias
Das Faß und das Sieb · Gorgias
Die Wiedergeburt der Seele · Menon
Das Leben im Jenseits · Phaidon
Bericht aus dem Jenseits · Der Staat
Die Erdgeborenen · Der Staat
Gyges und sein Ring · Der Staat
Der Seelenwagen · Phaidros
Die Zikaden · Phaidros
Von der Erfindung der Schrift · Phaidros
Der kugelrunde Urmensch · Symposion
Die Geburt des Eros · Symposion
Das Goldene Zeitalter · Der Staatsmann
Atlantis · Timaios
Der Demiurg · Timaios
Das Zeitalter des Kronos · Gesetze
Gleichnisse
Das Höhlengleichnis · Der Staat
Das Schiffergleichnis · Der Staat
Das Ungeheuer, der Löwe und der Mensch · Der Staat
Der Vogelkäfig · Theaitetos
Die Marionette · Gesetze
Der Magnetstein und die Muse · Ion
Nachwort
Nachweise
Im folgenden werden die Mythen und Gleichnisse in Platons Werk zum ersten Mal gesammelt in deutscher Übertragung vorgelegt. Die Zeugnisse seiner bildlichen Rede sind, wie leicht zu sehen, schon quantitativ beeindruckend genug. Mehr noch ist es ihr Inhalt: eine Art Quintessenz seines Denkens zeichnet sich ab, ein Summarium seines Fragens und Antwortens. Die dem Philosophen wichtigen Probleme treten wiederholt hervor, die Grundgedanken erscheinen mehrfach in verwandten, aber abgewandelten Bildern. Der poetische Glanz der Rede, die gedankliche Kraft und Tiefe der Vorstellungen machen diese Texte zu einem zentralen Zugang zu der Welt des Fürsten der Philosophie, wie kaum ein anderer Weg sonst ihn bieten kann.
So ist diese Sammlung mehr als nur eine bunte Bildergalerie; sie will hinführen zu dem Gedankenreichtum Platons, indem sie mit der einen, der mythischen Seite seines Vortrags vertraut macht und so den Kontakt mit der anderen, dem Bereich des Logos, vorbereitet und erleichtert. Das Miteinander und Ineinander dieser beiden Ebenen im Werk des Atheners, ihr Wirken aufeinander ist ein fesselndes Schauspiel; ein erster Ansatz zu seiner Betrachtung und Beobachtung bietet sich hier in diesem Buch an. Alle Teile enthalten das Ganze; dieses teilt sich mit in unterschiedlicher Gestalt, doch ohne grundsätzlichen Gegensatz, und die einzelnen Elemente verstärken und erhellen sich gegenseitig. Der Poet Platon hat hier seine größte Wirkung, der Philosoph seine persönlichste Kommunikation. In diesen Bildersaal einzutreten, ihn zu besuchen, zu besichtigen und zu bedenken bedeutet Bereicherung eigener Art und Beglückung hohen Ranges.
Protagoras 320 C-323 A
Fast in Form einer Fabel führt der Philosoph Platon seinen frühesten mythologischen Vortrag vor. Die Erzählung rührt an eine gerade heute aktuelle Thematik: Es geht um Arterhaltung und Umweltanpassung. Bemerkenswert ist zunächst, daß sie nicht von Sokrates selbst berichtet wird, sondern von einem seiner geistig bedeutendsten Zeitgenossen: Protagoras.
Dieser, aus Abdera stammend, gilt als erster, vielleicht auch als wichtigster der Sophisten. Er führte ihre Lebensformen vor und damit auch ein. Er erteilte Unterricht gegen gutes Honorar, um areté zu lehren, »Tugend« oder besser »Tüchtigkeit« bzw. »Effizienz«. Er unternahm Vortragsreisen, und er lehrte als Gast bei begüterten bildungsbegeisterten Familien. Zahlreiche Jahre verbrachte er in Athen; daß er dort wegen seiner skeptischen Götterlehre verbrannt worden sei, ist späte Legende. Er war im Gegenteil mit Perikles befreundet und übte beachtlichen Einfluß aus auf Denker wie Demokrit, Antisthenes, Euripides und auch Platon, der seinen bedeutendsten Frühdialog nach ihm benannte und des Sophisten Figur in den Mittelpunkt des Szenarios stellte. Protagoras (ca. 485-415 v. Chr.) war freilich nicht mehr unter den Lebenden, als Platon ihn zur Titelfigur stilisierte; doch war, ähnlich wie im Falle des Gorgias (s. u. S. 27 ff.), sein Einfluß nach einiger Zeit noch immer stark, sein Name klangvoll genug, um ins Zentrum einer Auseinandersetzung gestellt werden zu können.
In der Philosophiegeschichte ist Protagoras vor allem durch zwei bedeutende Sätze bekannt. Der eine findet sich im ersten griechischen Werk ›Über die Götter‹, das er mit der Aussage begann: »Über die Götter vermag ich nichts zu erkennen, weder daß sie sind noch daß sie nicht sind, noch welcher Gestalt sie sind; denn vieles verhindert das Erkennen: ihre Nichtwahrnehmlichkeit und auch die Kürze des menschlichen Lebens.« Noch berühmter ist der sogenannte homo-mensura-Satz, den Protagoras an den Anfang seiner Schrift ›Die Wahrheit‹ stellte: »Der Mensch ist das Maß aller Dinge, für die seienden, daß (wie) sie sind, für die nichtseienden, daß (wie) sie nicht sind.«
Platon placiert seinen Dialog ›Protagoras‹ kurz vor den Beginn des Peloponnesischen Krieges. Sokrates zählt 432 v. Chr. 36 Jahre, Alkibiades 19; Platons Leben beginnt erst 5 Jahre später. Die Eingangsszene führt die Aufregung vor Augen, die aufgrund der Ankunft des Stargastes in Athen eingesetzt hat. Im privaten Gespräch eines Elite-Zirkels, den neben Protagoras Namen wie Sokrates und Alkibiades, die führenden Sophisten Prodikos und Hippias, die Politiker Kallias und Kritias auszeichnen, werden die Positionen abgesteckt: In der Fragestellung des Sokrates wird es zweifelhaft, ob die These des Protagoras stichhaltig ist, daß die »Tugenden« – Weisheit, Maß, Gerechtigkeit, Reinheit, Mut – lehrbar sind. Platon läßt nun Protagoras mit einem Mythos für die Haltbarkeit seiner Auffassung eintreten. Der Sophist stellt zur Disposition, ob er einen logos, eine logisch lehrhafte Darlegung, einen Lehrvortrag, vorlegen solle oder aber einen mythos, also eine Art Fabel. Protagoras entscheidet sich für die indirekte Erörterung in Fabelform, und Platon mag damit auch eine leise Karikatur des großen Mannes verknüpfen, der in seiner etwas simplistischen Aufbereitung eines komplizierten Fragenkomplexes eher einen breiteren Schülerkreis zu fesseln als einen Sokrates oder Platon zu beeindrucken vermag. Es sei noch vorweggenommen, daß das Ende des Dialoges dazu führt, daß Protagoras anerkennen muß, daß ›Tugend‹ im Wissen besteht; wie anders könnte sie lehrbar sein: wohingegen Sokrates seinerseits anerkennen muß, daß Tugend lehrbar ist.
Der Mythos selbst ordnet sich jenen Ursprungsmythen zu, wie sie schon zuvor bei Hesiod erscheinen und von Platon später mehrfach aufgegriffen und ausgeführt werden. Der Grundgedanke hier ist die physische Schwäche des Menschen im Vergleich zu den anderen Lebewesen und ihre Überwindung durch die Kulturfaktoren zweierlei Art: zum einen durch die vielfältigen Fertigkeiten der Handwerker zum Nutzen des Individuums; zum anderen durch die im Staat verwirklichte Gerechtigkeit als Organisationsprinzip zum Zwecke der Arterhaltung. Unterschiedlich sind demnach auch die beiden mythisch-übermenschlichen Gestalten der Stifter, das Brüderpaar Epimetheus (= »Nachbedacht«) und Prometheus (= »Vorbedacht«). Der erste vermag den anderen Arten viel zu helfen, um ihr Überleben zu sichern, aber er kann sein Werk nicht vollenden und den Menschen nicht sichern; der zweite führt die Schöpfung erfolgreich zu Ende, indem er statt der physiologischen Vorteile für den Menschen eine geistige Grundlage gewährt. Sie liegt für den einzelnen in den Fähigkeiten der Verarbeitung, also der technischen Intelligenz. Hinzu tritt zum anderen für die Erhaltung der Gattung die Gewährleistung der Gerechtigkeit im Rahmen staatlicher Ordnung, die allen die Rettung bietet. Während so die vordergründigen Fähigkeiten des physiologischen Überlebens Resultat des Feuer-Raubes bleiben, ist die große Gabe der Gerechtigkeit eine Gnade des Gottes.
Daß die Figur des Prometheus ein Ursymbol des Abendlandes ist, befragt, nachgestaltet, ausgelegt und stetig umgeformt, beweisen die zahlreichen – fast: zahllosen – Texte von Aischylos und Hesiod über Boccaccio und Bacon bis zu Goethe und Nietzsche, Brecht und Artaud, Kafka und Mandelstam; sie sind eben von Wolfgang Storch und Burghard Damerau vorzüglich versammelt und vor Augen gestellt worden (Mythos Prometheus, Leipzig 1995).
Der modern anmutende Bezug, daß Epimetheus natürlichen Schutz für die Gattungen ersann, »daß nicht eine Art ausgetilgt werde«, und daß er »Rettung für die Arten schuf«, darf nicht übersehen, aber auch nicht überzogen werden. Die These der Arterhaltung hat hier einen gewiß gewichtig grundierenden Klang, ist auch für die Spezies der Menschen relevant; doch steht das nicht im Zentrum der Fragestellung, sondern am Rande. Wichtigstes Resultat der Fabel bleibt, daß kulturelle Leistungen den Menschen zum Überleben befähigen, nämlich seine technische Intelligenz und seine Befähigung zum gerechten politischen Handeln.
Es war einst eine Zeit, wo es Götter zwar gab, sterbliche Geschlechter aber gab es noch nicht; nachdem aber auch für diese die vorherbestimmte Zeit ihrer Erzeugung gekommen war, bildeten die Götter sie innerhalb der Erde aus Erde und Feuer, auch das hinzumengend, was von Erde und Feuer gemengt ist. Und als sie sie nun ans Licht bringen sollten, übertrugen sie dem Prometheus und Epimetheus, sie auszustatten, und die Kräfte unter sie, wie es jedem zukomme, zu verteilen. Vom Prometheus aber erbat sich Epimetheus, er wolle verteilen, und, sagte er, wenn ich ausgeteilt, so komme du es zu besichtigen. Und so nachdem er ihn beredet, verteilte er. Bei der Verteilung nun verlieh er Einigen Stärke ohne Schnelligkeit, die Schwächeren aber begabte er mit Schnelligkeit; Einige bewaffnete er, Anderen, denen er eine wehrlose Natur gegeben, ersann er eine andere Kraft zur Rettung. Welche er nämlich in Kleinheit gehüllt hatte, denen verlieh er geflügelte Flucht oder unterirdische Behausung, welche aber zu bedeutender Größe ausgedehnt, die rettete er eben dadurch, und so auch verteilte er alles übrige ausgleichend. Dies aber ersann er so aus Vorsorge, daß nicht eine Gattung gänzlich verschwände. Als er ihnen nun des Wechselverderbens Entfliehungen zu Stande gebracht, begann er ihnen auch gegen die Zeiten vom Zeus leichte Gewöhnung zu ersinnen durch Bekleidung mit dichten Haaren und starken Fellen, hinreichend um die Kälte, aber auch vermögend die Hitze abzuhalten, und außerdem zugleich jedem, wenn es zur Ruhe ging, zur eigentümlichen und angewachsenen Lagerbedeckung dienend. Und unter den Füßen versah er einige mit Hufen und Klauen, andere mit Haaren und starken blutlosen Häuten. Hiernächst wies er dem einen diese, dem anderen jene Nahrung an, dem einen aus der Erde die Kräuter, dem anderen von den Bäumen die Früchte, einigen auch verordnete er zur Nahrung anderer Tiere Fraß. Und diesen letzteren verlieh er dürftige Zeugung, dagegen den von ihnen verzehrten eine vielerzeugende Kraft dem Geschlecht zur Erhaltung. Wie aber Epimetheus doch nicht ganz weise war, hatte er unvermerkt schon alle Kräfte aufgewendet [für die unvernünftigen Tiere;] übrig also war ihm noch unbegabt das Geschlecht der Menschen, und er war wieder ratlos was er diesem tun sollte. In dieser Ratlosigkeit nun kommt ihm Prometheus die Verteilung zu beschauen, und sieht die übrigen Tiere zwar in allen Stücken weislich bedacht, den Menschen aber nackt, unbeschuhet, unbedeckt, unbewaffnet, und schon war der bestimmte Tag vorhanden, an welchem auch der Mensch hervorgehn sollte aus der Erde an das Licht. Gleichermaßen also der Verlegenheit unterliegend, welcherlei Rettung er dem Menschen noch ausfände, stiehlt Prometheus die kunstreiche Weisheit des Hephaistos und der Athene, nebst dem Feuer, denn unmöglich war, daß sie einem ohne Feuer hätte können angehörig sein oder nützlich, und so schenkt er sie dem Menschen. Die zum Leben nötige Wissenschaft also erhielt der Mensch auf diese Weise, die bürgerliche aber hatte er nicht. Denn diese war beim Zeus, und dem Prometheus stand in die Feste, die Behausung des Zeus, einzugehen nicht mehr frei, auch waren furchtbar die Wachen des Zeus. Aber in das dem Hephaistos und der Athene gemeinschaftliche Gemach wo sie ihre Kunst übten geht er heimlich hinein, und nachdem er so die feurige Kunst des Hephaistos und die andere der Athene gestohlen, gibt er sie dem Menschen. Und von da an genießt nun der Mensch Behaglichkeit des Lebens; den Prometheus aber hat hernach, so wie erzählt wird, die Strafe für diesen Diebstahl um des Epimetheus willen ergriffen. Da nun aber der Mensch göttlicher Vorzüge teilhaftig geworden, hat er auch zuerst, wegen seiner Verwandtschaft mit Gott das einzige unter allen Tieren, Götter geglaubt, auch Altäre und Bildnisse der Götter aufzurichten versucht, dann bald darauf Töne und Worte mit Kunst zusammengeordnet, dann Wohnungen und Kleider und Beschuhungen und Lagerdekken und die Nahrungsmittel aus der Erde erfunden. So ausgerüstet wohnten die Menschen anfänglich zerstreut, Städte aber gab es nicht. Daher wurden sie von den wilden Tieren ausgerottet, weil sie in jeder Art schwächer waren, als diese, und die verarbeitende Kunst war ihnen zwar zur Ernährung hinreichende Hülfe, aber zum Kriege gegen die Tiere unwirksam; denn die bürgerliche Kunst hatten sie noch nicht, von welcher die kriegerische ein Teil ist. Sie versuchten also sich zu sammeln, und sich zu erretten durch Erbauung der Städte; wenn sie sich aber gesammelt hatten, so beleidigten sie einander, weil sie eben die bürgerliche Kunst nicht hatten, so daß sie wiederum sich zerstreuend auch bald wieder aufgerieben wurden. Zeus also für unser Geschlecht, daß es nicht etwa gar untergehn möchte, besorgt, schickt den Hermes ab, um den Menschen Scham und Recht zu bringen, damit diese der Städte Ordnungen und Bande würden, der Zuneigung Vermittler. Hermes nun fragt den Zeus, auf welche Art er doch den Menschen das Recht und die Scham geben solle. Soll ich, so wie die Künste verteilt sind, auch diese verteilen? Jene nämlich sind so verteilt: Einer, welcher die Heilkunst inne hat, ist genug für viele Unkundige, und so auch die andern Künstler. Soll ich nun auch Recht und Scham eben so unter den Menschen aufstellen, oder soll ich sie unter Alle verteilen? Unter Alle, sagte Zeus, und Alle sollen Teil daran haben; denn es könnten keine Staaten bestehen, wenn auch hieran nur Wenige Anteil hätten, wie an anderen Künsten. Und gib auch ein Gesetz von meinetwegen, daß man den, der Scham und Recht sich anzueignen unfähig ist, töte wie einen bösen Schaden des Staates. Auf diese Art also, Sokrates, und aus dieser Ursach glauben alle anderen und auch die Athener, daß wenn von der Tugend eines Baumeisters die Rede ist oder eines andern Künstlers, alsdann nur Wenigen Anteil zustehe an der Beratung; und wenn Jemand außer diesen Wenigen dennoch Rat geben will, so dulden sie es nicht, wie du sagst, und zwar ganz mit Recht, wie ich sage.Wenn sie aber zur Beratung über die bürgerliche Tugend gehen, wohin Alles auf Gerechtigkeit und Besonnenheit ankommt, so dulden sie mit Recht einen Jeden, weil es Jedem gebührt, an dieser Tugend doch Anteil zu haben, oder es könnte keine Staaten geben.
Charmides 156 D-157 C
Von den vier griechischen Grund- oder Kardinaltugenden ist die im Dialog ›Charmides‹ diskutierte gewiß die für den modernen Blick am schwersten faßbare. Sind Werte wie »Tapferkeit« oder »Gerechtigkeit« uns leichter zugänglich, so ist heute schwierig zu übersetzen und nur mühsam einzuordnen. Die Wörterbücher schlagen Bezeichnungen vor wie Mäßigung, Selbstbeherrschung, Enthaltsamkeit, Sittsamkeit, aber auch umschreibende Doppelbegriffe wie vernünftige Besonnenheit oder rechter Sinn, gesunder Verstand. Das griechische Wort selbst verbindet den Stamm , denken, mit der Vorsilbe , wohlbehalten, gesund, heil; es weist so auf die Ausgewogenheit des Denkens und Trachtens.
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