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Mitten im schlimmsten Sturm stolpert Mona, die Maus, in die wunderbare Welt des kleinen Waldhotels. Sie hat großes Glück und kann als Zimmermädchen anfangen - und bleiben! Doch das Leben besteht nicht nur aus Eichelsoufflé und moosweichen Betten: Das Hotel und seine Bewohner sind in größter Gefahr! Bären und Wölfe haben das geheime Hotel entdeckt. Mona muss all ihren Einfallsreichtum beweisen, um den Ort zu beschützen, den sie liebt. Denn das Hotel ist mehr als eine warme Unterkunft für die Nacht: Es ist ein Zuhause. Ein herzerwärmendes Abenteuer um Freundschaft, Mut und das Glück, seinen Platz im Leben zu finden!
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Seitenzahl: 114
Für Luke: Zu Hause ist dort,
wo das Herz eine Heimat findet,
und mein Herz ist bei dir.
– K.G.
Für Theresa und Sophia
– S.G.
Mona Maus
Zu Hause ist dort, wo das Herz eine Heimat findet, das hatte sie zumindest so gehört. Mona, die Maus, war jedoch bisher nirgendwo zu Hause gewesen, zumindest nicht für lange.
Ein staubiger Heuhaufen, ein verlassenes Vogelnest, ein dorniges Dickicht – in ihrem kurzen Leben hatte sie bereits an mehr Orten gewohnt, als ihr Tasthaare wuchsen. Dieses Mal vertrieb ein Sturm sie aus ihrem Unterschlupf, einem alten und hohlen Baumstumpf.
Als sie den Baumstumpf im Sommer entdeckt hatte, der mit einem Pilztisch ausgestattet war und in der Nähe eines Baches lag, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Warum nur wohnte kein anderes Tier hier?
Nun wusste Mona Bescheid. Zitternd und verängstigt sah sie von einer Wurzel aus zu, wie das Wasser in ihren Unterschlupf hineinbrauste, um ihr Bett aus Moos wirbelte, gegen ihren Tisch drückte und drohte, ihren Koffer mit sich fortzureißen.
Der Koffer war das Einzige, was Mona von ihrer Familie geblieben war. Er bestand aus einer Walnussschale, in die ein winziges Herz eingeschnitzt war. Mona nahm nun den Koffer in die Pfote.
Zeit für einen Umzug, dachte sie und verließ, den Griff des Koffers fest umklammert, den Baumstumpf und watete in den Sturm hinaus.
Regen trommelte auf die bereits herbstlich leuchtenden Blätter des Farnholzwaldes. Sofort war Mona von Kopf bis Schwanzspitze durchnässt. Bei jedem Schritt versanken ihre Pfoten in dem weichen Waldboden.
Wohin soll ich bloß gehen?, fragte sie sich. Zu ihrer Rechten lag in weiter Ferne ein Bauernhof, dort wohnte jedoch eine Katze. Das wusste sie, da sie schon einmal den Versuch unternommen hatte, dort zu leben. Also entweder nach links oder geradeaus.
Kaum hatte sie sich für den Weg geradeaus entschieden, als es donnernd krachte und blitzte und Mona erschrocken zusammenfuhr. Vielleicht doch besser nach links. Sie lief immer tiefer in den Wald hinein und hüpfte dabei von Ast zu Blatt, um nicht in den Matsch zu fallen.
Wenn es doch nur einen Stein gäbe, unter dem sie Schutz suchen könnte, eine Gruppe von Pilzen oder einen hohlen Baum. Aber Mona fand nichts. Noch nicht einmal Anzeichen von anderen Tieren. Alle anderen sind vermutlich zu Hause, dachte sie, und haben sich vor dem Sturm in Sicherheit gebracht.
Schon bald rannen ihr die Regentropfen in die Ohren. Mona schüttelte sie ab und konnte nun den Sturm nur noch deutlicher hören.
Der Wind wehte, wirbelte und peitschte – und trug ein Heulen mit sich. Wölfe!
Mona quiekte, lief schneller. Die Wölfe heulten. Es klang noch weit entfernt. Aber Wölfe waren schließlich Wölfe, jedes kleine Tier fürchtete sie. Gefährliche Jäger, denen man nicht trauen konnte. Es gab nichts Schlimmeres als Wölfe.
Der Regen wurde immer stärker. Würde es ihr so ergehen wie ihren Eltern: vom Sturm weggespült? Wenn sie doch bloß eine Pfote zum Festhalten hätte oder jemanden, der ihr versichern würde, dass alles gut endet. Doch sie war ganz allein.
Da endlich entdeckte Mona etwas: einen riesigen Baum, so hoch, dass sie noch nicht einmal die Wipfel sehen konnte. Und er war hohl! Schnell huschte sie auf die Öffnung zu.
Sofort merkte sie, dass dies kein Heim für eine Maus war. Es war das Zuhause eines Bären. Allerdings war gerade keiner da, und es sah auch nicht so aus, als hätte in letzter Zeit jemand hier gelebt. Dennoch hing ein leichter Geruch nach Fell, Fisch und Beeren in der Luft, und Mona wusste sofort, dass sie in dieser Umgebung niemals gut schlafen würde. Was, wenn doch ein Bär zurückkäme? Sie hatte vor Bären nicht so viel Angst wie vor Wölfen, da sie eine Zeit lang in der Nähe von einem gelebt hatte. Dieser war stärker an Beeren als an ihr interessiert gewesen, und dennoch behagte ihr die Vorstellung überhaupt nicht, mit einem Bären allein zu sein.
Widerwillig verließ Mona den hohlen Baum und wagte sich erneut in den Sturm hinaus.
Ein durch das Unwetter zu einem reißenden Strom angewachsener Bach versperrte ihr den Weg. Sie sah sich nach einer Möglichkeit um, ihn zu überqueren. Da entdeckte sie einen Ast, der wie eine Brücke darüberlag. Wie alle Mäuse konnte Mona gut balancieren und war schon beinahe auf der anderen Seite, als sie hochschaute und vor sich in den dunklen Büschen Augen erblickte!
Glühende Wolfsaugen! Sie war sich ganz sicher. Nicht nur ein Paar oder zwei oder drei, nein, unzählbar viele. Monas Herz schlug bis zum Hals, ihre Pfoten verloren den Halt und …
Platsch! Sie fiel ins Wasser.
Hui!
Anstatt von den Wölfen wurde sie von dem Strom verschluckt, der gurgelte und zischte und sie mit sich riss.
Ihr Mund füllte sich mit Wasser, Mona hustete und spuckte. Sie hielt sich krampfhaft an ihrem auf und ab hüpfenden Koffer fest, trieb mit der Strömung einen Hügel hinab, vorbei an Büschen und Farnkraut, Steinen und Wurzeln, immer tiefer in den Wald hinein.
Weiter und weiter trug sie der Strom. Sie klammerte sich an den Koffer und sah, wie die Bäume um sie herum immer moosiger und knotiger wurden. Jetzt bin ich wohl im Herzen des Waldes, dachte sie – hier war sie noch nie zuvor gewesen.
Irgendwann wurde die Strömung langsamer, und das Wasser sprudelte in ein Becken aus dicken Wurzeln. Wie eine helfende Pfote ragte eine der Wurzeln hervor, Mona griff danach und zog sich aus dem Wasser.
Sie rang nach Luft. Vor ihren Augen wuchs ein weiterer riesiger Baum in die Höhe. Nein, er war mehr als riesig. Geradezu … majestätisch.
Gigantische Äste breiteten sich weit oben zu einer Krone aus. Goldene Blätter hielten Regen und Wind ab. Zwischen den Wurzeln wuchs das Moos so ordentlich, als habe es jemand dort angepflanzt und zurechtgeschnitten. Vielleicht war es ja tatsächlich so … Auf dem Baumstamm, kurz über ihrem Kopf, entdeckte Mona eine Schnitzerei.
Ein Herz, wie das auf ihrem Koffer, und darin der Buchstabe W.
Was hat das zu bedeuten?, fragte sie sich.
Mona konnte nicht widerstehen. Sie stellte sich auf die Pfotenspitzen, bis sie die Schnitzerei berühren konnte.
KLICK.
Das Herz schwang nach innen, und im Baumstamm öffnete sich eine Tür.
Das Eichelfest
Erstaunt quiekend trat Mona ein und wurde sofort von Licht, Wärme und dem köstlichen Duft gerösteter Eicheln umhüllt.
Der Raum war groß – sehr groß sogar für eine Maus – und bot problemlos Platz für eine Gruppe kleiner Tiere. Gegenüber der Tür entdeckte Mona einen steinernen Kamin, in dem kein Feuer brannte, der jedoch mit einer Girlande aus farbenfrohen Blättern geschmückt war. Davor lag ein moosgrüner Teppich, und um ihn herum standen ein Sofa und verschiedene Sessel aus Ästen, die mit noch mehr Moos gepolstert waren. Links davon war ein großer hölzerner Schreibtisch zu sehen, auf dem ein dickes Buch und ein Stift aus einem Zweig lagen. Von der Decke hingen Kränze mit Kerzen hinab und verströmten ein warmes goldenes Licht.
Mona war noch nie zuvor an so einem besonderen Ort gewesen.
Wer hier wohl lebt?, fragte sie sich. Doch es war niemand da, der ihr hätte weiterhelfen können.
Plötzlich nahm sie gedämpfte Musik und Gelächter wahr. Mona wagte sich noch ein paar Schritte in den Raum hinein und entdeckte eine geöffnete Tür in der Nähe des Kamins, aus der die Geräusche zu kommen schienen. Sie lief darauf zu und blieb dann abrupt stehen. Mona warschließlich eine Maus und musste sich in Acht nehmen. Vorsichtig schnüffelte sie.
Der Duft nach gerösteten Eicheln war hier noch stärker. Tiere, die geröstete Eicheln mochten, waren bestimmt keine Bedrohung. Dann entdeckte sie aus ihrem Augenwinkel ein Schild über dem Kamin. Zuvor war es ihr nicht aufgefallen, da die Laubgirlande es halb verdeckte. Aber jetzt konnte sie erkennen, was darauf geschrieben stand:
TIERE, DIE IN FRIEDEN KOMMEN,
SIND IM WALDHOTEL WILLKOMMEN.
DENN WIR BESCHÜTZEN HIER
AUCH DAS ALLERKLEINSTE TIER.
Erleichtert folgte Mona den Gerüchen und Geräuschen durch die Türöffnung, über einen kurzen, ebenfalls mit Girlanden geschmückten Flur bis hin zu einer weiteren Tür. Diese war größer als die erste, und auf einem Schild las Mona: BALLSAAL. Die Tür stand einen Spalt offen, gerade weit genug, dass Mona einfach hindurchschlüpfen konnte.
Der Anblick, der sie hinter der Tür erwartete, war überwältigend! Unmengen von Tieren tummelten sich hier: Kaninchen, Streifenhörnchen, Eichhörnchen, Igel und Vögel! Ja, sogar eine Eidechse. Das größte Tier war ein Dachs! Nicht matschbefleckt und durchnässt wie sie, nein, die Tiere hatten sich herausgeputzt, tanzten, aßen und lachten. Mona sah dem Treiben fasziniert zu, ihren Koffer fest umklammert. Bisher war sie nur vereinzelt Tieren im Wald begegnet, noch nie hatte sie eine so große Menge auf einmal gesehen.
An einer Seite des Raumes stand ein mit Köstlichkeiten beladener Tisch: Pilze, Wacholderbeeren, Süßholzwurzeln und jede Menge Eicheln! Püriert, gedünstet, gebraten und sogar als Eichelsuppe, Mona kannte nicht einmal alle diese Zubereitungsarten. In der Mitte des Tisches stand außerdem eine riesige Bienenwabe mit Tassen, um den Honig daraus zu schöpfen.
In der Nähe des Tisches, über einer kleinen Bühne, hing ein Spruchband: DER HERBST IST DA – WIR FEIERN DAS EICHELFEST! Auf der Bühne sangen drei wunderschöne blaue Vögel mit schmachtenden Stimmen. Als ihr Lied endete, brach Applaus im Saal los.
»Danke! Vielen Dank!«, sagte einer der Vögel. »Wir sind die Blaurücken-Waldsänger, und es ist uns eine große Ehre, hier unser letztes Konzert zu geben, bevor wir gen Süden fliegen. Wir freuen uns, dass trotz des Sturms so viele von euch kommen konnten. Um dem Regen draußen zu trotzen, wollen wir euch nun noch eine unserer Lieblingsmelodien vorstellen, damit es euch warm ums Herz wird. Sie trägt den Titel: ›Mondeslicht und Sonnenschein‹!«
Der Applaus wurde noch stärker, die Tiere pfiffen und jubelten. Als die Vögel zu ihrem Lied anhoben und der Tanz erneut begann, schwirrte Monas Kopf.
Lebten alle diese Tiere hier? Woher kamen sie? Jäh wurden ihre Gedanken von einer Stimme unterbrochen.
»Guten Tag, Frau Maus.« Eine Eidechse baute sich vor ihr auf und verbeugte sich dann. »Haben Sie am Empfang niemanden angetroffen? Bitte entschuldigen Sie. Ich heiße Gilles. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
Mona sah, dass die Eidechse um den Hals eine Fliege und einen großen hölzernen Schlüssel mit einem Herz am oberen Ende trug. Sie war ungewöhnlich sauber – von einem glitzernden Grün, als seien ihre Schuppen poliert worden – und schien Mona nicht zu nah kommen zu wollen. Um die Pfoten der Maus hatten sich matschige Pfützen auf dem Boden gebildet.
»Ich … ich …«, stammelte Mona.
»Leider sind wir heute Abend vollständig ausgebucht. Die Reservierungen für das Eichelfest wurden schon vor Monaten gemacht. Wir wurden geradezu überrannt von Botenraben mit Buchungsanfragen. Sie hätten auch eine schicken sollen!«
Mona fand ihre Stimme wieder: »Das wusste ich nicht. Ich bin nämlich noch nie hier gewesen. Wo … wo bin ich eigentlich?«
»Wo Sie sind? Na, Frau Maus, Sie befinden sich hier natürlich im Waldhotel!«
»Und was ist das?«, fragte Mona.
»Selbstverständlich das beste Hotel weit und breit!«, rief Gilles aus. »Das Waldhotel hat berühmte Gäste wie den Hochgeschwindigkeitsrenner Randolph den Hasen und die Herzogin der Eichhörnchen, Henriette die Dritte, beherbergt. Wir haben die Hochzeit der reichsten Stinktiere des Waldes ausgerichtet und veranstalten saisonale Feste für jede Jahreszeit. Von unserem guten Ruf in Sachen Entspannung und Erholung einmal ganz zu schweigen.« Die Eidechsenzunge bewegte sich schnell vor und zurück. »Es gibt keinen anderen Ort, der den Schutz vor Wölfen, Kojoten und Pumas garantieren kann. ›Schlafen Sie sorglos, speisen Sie königlich und seien Sie glücklich im Waldhotel‹. So lautet Herrn von Waldes Wahlspruch. Zumindest einer der vielen. Bitte verraten Sie ihm nicht, dass Sie noch nie von uns gehört haben. Er wird es auf das Tannenzapfen Tageblatt schieben. Wir sind dort immer noch nicht besprochen worden. Es gibt bereits Berichte über französische und italienische Hotels, aber das Waldhotel? Bisher Fehlanzeige.«
»Habe ich da etwa Tannenzapfen Tageblatt gehört?«, war plötzlich eine dröhnende Stimme zu vernehmen. »Ist endlich der lang ersehnte Kritiker da?« Das größte Tier im Saal gesellte sich nun zu ihnen, vielleicht auch das älteste, wie Mona aufgrund der gebeugten Schultern vermutete. Der Dachs hatte schwarz glänzendes Fell, trug eine feine Jacke und ein elegantes Hemd. Nicht nur ein Schlüssel, nein, ein ganzer Bund hing ihm um den Hals.
Mona zitterte.
Dachse waren nicht immer freundlich zu Mäusen, und dieser hier sah mit einem besonders prüfenden Blick auf sie herab.
»Nicht doch, mein Herr«, beeilte sich Gilles zu antworten. »Das hier ist kein Kritiker. Das ist …« Er hielt inne. »Wie war doch gleich Ihr Name?«
»Mona«, antwortete sie.