Das kleine Waldhotel, Band 03 - Kallie George - E-Book

Das kleine Waldhotel, Band 03 E-Book

Kallie George

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Beschreibung

Der Frühling ist gekommen und im Waldhotel geht es turbulent zu. Denn wenn der Inhaber des Hotels im Urlaub ist, liegt es an Mona und dem Rest der Belegschaft, dafür zu sorgen, dass alles reibungslos läuft. Weil Gerüchte über ein konkurrierendes Hotel kursieren, ist Gilles entschlossen, allen zu beweisen, dass das Waldhotel das Beste ist. Er veranstaltet ein großes Blütenfest. Die Gäste checken von nah und fern ein und wollen um das süßeste Ei oder die beste Blüte zu kämpfen. Newcomer Henry ist bei allen gern gesehen und Mona stelle sich die bange Frage: Braucht das Hotel sie wirklich so sehr, wie sie dachte? Schon bald gibt es neue Sorgen: ungebetene Gäste werden von den Festlichkeiten angezogen. Kann Mona einen Weg finden, um alle rechtzeitig vor der Gefahr zu retten?

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Seitenzahl: 109

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Herr von Walde macht sich auf den Weg

 

 

 

Ein geschäftiges Brummen lag in der Luft. Mona spürte es bis in die Schnurrhaarspitzen. Endlich wurde es Frühling, und die Gäste des Waldhotels, die Hotelangestellten und sogar der Baum selbst erwachten zu neuem Tatendrang. Knospen sprossen an den Ästen, Saft sickerte aus der Rinde, und die Böden federten sanft.

Ein ständiges Summen war zu hören, da Bienen zur Honigproduktion für die Gäste angeheuert worden waren.

Der Einzige, dem es an Energie mangelte, war der Hoteleigentümer Herr von Walde selbst. Der letzte Winter war ungewöhnlich erlebnisreich gewesen, und der Dachs hatte alle Pfoten voll zu tun gehabt. Nach jeder Menge gutem Zuspruch hatte er sich nun endlich entschlossen, selbst eine Pause einzulegen und einen Freund zu besuchen.

Alle Angestellten hatten sich im Eingangsbereich versammelt, um ihn zu verabschieden. Es war schließlich eine ganz besondere Abreise.

Mona strich, bemüht, ordentlich auszusehen, ihre Zimmermädchenschürze glatt und legte den Schlüssel an ihrem Hals zurecht.

Ausnahmsweise trug Herr von Walde nicht seine vie­len Schlüssel oder sein Hemd. Stattdessen hatte er eine Strickjacke angezogen und eine Mütze auf dem Kopf. Neben ihm stand sein Koffer aus gemasertem Holz mit zwei Wurzelgriffen.

Mona hatte im Hotel schon die unterschiedlichsten Arten von Gepäck gesehen, gefertigt aus kleinen Samenschalen oder aus hohlen Ästen. Herrn von Waldes Koffer war jedoch mit Abstand der größte.

Aber Herr von Walde nahm ihn nicht auf. Stattdessen versuchte er weiterhin, das Hotel zu führen.

»Der Frühjahrsputz –«

»… hat bereits begonnen, und alles ist organisiert, Herr von Walde«, fiel ihm die Igeldame Frau Busch ins Wort. Sie war die Haushälterin des Waldhotels und verantwortlich für den Frühjahrsputz.

»Und das Essen –«

»… wurde aufgestockt und in die Vorratskammer gebracht, Herr von Walde. Eine neue Lieferung ist gerade an­gekommen«, sagte Fräulein Prickel, die Stachelschwein­dame, die als Köchin im Waldhotel arbeitete.

»Was die Zimmerbuchungen betrifft –«

»Bisher gibt es für diese Saison noch nicht so viele Anfragen …«, begann Frau Busch zu erklären.

»Aber machen Sie sich keine Sorgen«, mischte sich Gilles, die Empfangseidechse, ein. Er trug die Verantwortung, solange Herr von Walde verreist war. »Der Hüpf in den Mai steht vor der Tür, und ich habe Pläne, ihn dieses Mal etwas anders zu gestalten.«

»Was ist denn der Hüpf in den Mai?«, flüsterte Mona Tilda zu.

»Ein Fest – ein bisschen wie das Eichelfest«, wisperte sie zurück.

Tilda, das Eichhörnchen, war nicht nur Monas beste Freundin, sondern auch das Chef-Zimmermädchen und manchmal ziemlich schlecht gelaunt. Neuerdings lächelte sie jedoch häufiger, anstatt zu murren, da sie ihren kleinen Bruder Henry nach langer Zeit wiedergefunden hatte.

»Ich liebe Feste!«, sagte Henry. Er hatte eine sehr laute Stimme.

Aber Herrn von Walde schien das überhaupt nicht zu stören. Freundlich lächelte er dem Eichhörnchen zu. »Fast hätte ich es vergessen. Hier«, Herr von Walde öffnete seinen Koffer, nahm eine Eichel heraus und hielt sie Henry hin, »eine Frucht des Waldhotels zum Werfen und Spielen, während ich bei einem Freund …« Er machte eine Pause und suchte nach einem passenden Reim. Herr von Walde reimte immer.

Henry kam ihm jedoch zuvor. »Vielen Dank, Herr von Walde! Guckt mal!«, sagte er besonders laut zu Mona und Tilda.

»Pst!«, ermahnte ihn Tilda. »Wir spielen später.«

Herr von Walde schloss seinen Koffer und fuhr fort. »Was die Sicherheit betrifft –«

»Machen Sie sich keine Sorgen, Herr von Walde«, sagte Toni, der für die Sicherheit des Hotels zuständige Specht.

Er zwinkerte Mona zu.

Voller Stolz stellten sich ihre Schnurrhaare auf. Sie war vielleicht nur ein Zimmermädchen, aber sie hatte das Hotel bereits zweimal gerettet, vor Wölfen im Herbst und vor einer Hungersnot im Winter.

»Wunderbar. Ich kann tatsächlich ganz beruhigt sein, wenn ich mir mein Personal so ansehe …« Wieder fand Herr von Walde keinen passenden Reim. Normalerweise war das für ihn ein Kinderspiel.

»Schon gut«, sagte Fräulein Prickel. »Jetzt gehen Sie endlich. Sie sind wirklich nicht in Form und können eine Ruhepause gut gebrauchen.«

»Das stimmt«, erwiderte Herr von Walde. »Obwohl mein Freund häufig große Pläne macht.« Er setzte seine Mütze zurecht und hob seinen Koffer an. »Nicht vergessen: ›Schlafen Sie sorglos, speisen Sie königlich und …‹«

»›… seien Sie glücklich im Waldhotel‹!«, vollendeten die Angestellten gemeinsam den Wahlspruch des Hotels.

»Überglücklich!«, sagte Gilles und wurde dabei noch ein bisschen grüner. »Dafür werde ich sorgen.«

Ich auch, dachte Mona. »Auf –«, begann sie.

Aber Henry kam ihr zuvor. »Auf Wiedersehen, Herr von Walde! AUF WIEDERSEHEN!«

Durch die geöffnete Tür sah Mona, wie Herr von Walde im Farnholzwald verschwand. Er ist ja nicht so lange weg, dachte sie bei sich. Was soll da schon passieren?

Aber im Waldhotel wusste man nie so genau, was die nächste Saison bringen würde.

Frühjahrsputz und frische Fährten

 

 

 

Ran an den Honig! Aber zackig! Links, zwo, drei, vier!«, summte Kapitänin Rubina, die lieber »Kapitänin« als »Königin« genannt werden wollte. »Die Regeln gelten für alle!« Mona hörte, wie die Bienenstaffel zur Küche ­hinunterflog.

Wie auch immer die Regeln lauteten, die Bienen hatten alles klebrig zurückgelassen. Ihr Honig war wirklich köstlich, aber diese Sauerei verlangsamte den gesamten Frühjahrsputz. Der stand jetzt, nach Herrn von Waldes Aufbruch, für Mona und Tilda auf dem Programm. Aber Tilda hatte andere Pläne.

»Komm mit«, sagte sie und führte Mona einen Flur entlang.

»Wollten wir nicht die Abstellkammer sauber machen?«, fragte Mona.

»Es wird nicht lange dauern. Vertrau mir, du wirst es nicht bereuen.« Tilda lächelte ihr verschmitzt zu.

Sie waren am Ende des Flurs angekommen, da zeigte das Eichhörnchen nach oben.

»Ich sehe nichts«, sagte Mona.

»Guck genauer hin«, forderte Tilda sie auf.

Hoch über ihnen an der Decke glitzerte ein goldener Tropfen, der aussah wie ein kleiner Stern. Er löste sich und fiel – plopp – in eine Schüssel, die bereits voller Honig war.

»Der kommt von oben, aus dem Bienenstock. Dort ist ein Riss im Boden«, sagte Tilda. »Ich habe die Schüssel aufgestellt«, fügte sie hinzu.

»Sollten wir nicht Frau Busch Bescheid geben? Oder Gilles? Sie könnten die Riesenameisen bitten, das Leck auszubessern«, setzte Mona an.

»Ausbessern?«, rief Tilda. »Warum denn das?«

Sie holte zwei Kiefernnadeln aus ihrer Schürzentasche hervor und reichte eine davon Mona. Damit rührten sie in der Schüssel, wobei eine ganze Menge von dem Honig an den Nadeln hängen blieb.

Der Honig war süß und schmeckte vorzüglich. Mona musste Tilda zustimmen, sie leckte sich die Lippen und sagte: »So sollte es sein. Honig sollte man besser verputzen als wegputzen.«

»Wie hast du das Leck entdeckt?«

»Das war ich gar nicht …«

»Ich war es!« Henry tauchte ganz plötzlich im Flur auf, sein Schwanz war beinahe so groß wie er selbst.

Tilda strahlte ihn an.

»Ich finde immer solche tollen Sachen«, sagte Henry. »So gut wie JEDEN Geheimplatz und Durchgang habe ich schon entdeckt. Das liegt an meinem besonderen ­Riecher. Ich habe schließlich den BESTEN Riecher weit und breit«, prahlte er. »Meine Nase hat mir auch gesagt, dass ihr hier seid. Ist es Zeit für eine Pause? Können wir spielen? Du hast es versprochen.«

»Noch nicht«, erwiderte Tilda.

»Geh schon«, ermutigte Mona sie wohlwollend. »Ich kümmere mich um die Abstellkammer.«

Mona sah ihnen nach, als sie die Treppen hinunterhüpften. Ein großer roter Schwanz und ein kleiner, beide gleich buschig.

Wenn irgendwer aus Monas Familie noch am Leben wäre, würde sie auch eine Pause mit demjenigen machen wollen. Es störte sie nicht, ihrer Freundin ein wenig Arbeit abzunehmen.

Als Mona jedoch die Abstellkammertür öffnete, musste sie erst einmal schlucken. Es war nicht nur ein bisschen zusätzliche Arbeit, es war jede Menge!

Der Raum war riesig, und es herrschte ein heilloses Durcheinander. Überall türmten sich Kisten, Bücher, ja sogar ein Bett! Neben einem wackligen Haufen aus Schirmen, hergestellt aus geflochtenem Seegras, gab es eine staubige Kiste, in der Schmuck aus Winterbeeren lag, sowie eine antike Truhe mit der Aufschrift KRIMSKRAMS.

Glücklicherweise fühlte sich Mona, gestärkt durch den Honig, der Aufgabe gewachsen und voller Tatendrang. Energisch schwang sie ihren Löwenzahnbesen und räumte im Vorbeigehen auf. Sie konnte immer noch nicht mit ihrem Schwanz Staub wischen wie Tilda, aber sie hatte fleißig geübt, Dinge damit zu glätten, und wurde immer besser.

Der Frühjahrsputz erfüllte sie mit Zufriedenheit. Ein ähnliches Gefühl durchströmte sie beim Anlegen ihrer perfekt gebügelten Schürze mit dem Herz darauf, die Tilda für sie gemacht hatte. Und aufregend war es auch, durch alte und neue Räume zu streifen, die sie noch nie gesehen hatte. Es kam ihr gar nicht so sehr wie Arbeit vor, sondern eher wie eine geheimnisvolle Schatzsuche.

Genau in diesem Augenblick, als sie über verborgene Schätze nachdachte, entdeckte sie etwas. Eine der Wände war von oben bis unten mit einem riesigen Regal bedeckt, auf dem in Birkenrinde eingebundene Bücher standen, jedes hatte ein Herz auf dem Buchrücken. Was sind das wohl für Bücher?, fragte sich Mona.

Neugierig lehnte sie ihren Besen gegen das Regal und versuchte auf Pfotenspitzen einen Band hervorzuziehen.

Für eine Maus war das Buch ganz schön schwer. Beinahe wäre sie unter dem Gewicht zusammengebrochen, schließlich schaffte sie es jedoch, das Buch so vorsichtig wie möglich zu dem Bett zu bringen und darauf abzulegen. Sie schlug die in Birkenrinde gebundenen Seiten auf, an denen der Zahn der Zeit genagt hatte. Dennoch konnte sie folgenden Eintrag entziffern:

 

Es war uns eine große Freude, unsere Hochzeit hier bei Ihnen zu feiern. Entschuldigen Sie bitte den Geruch. Wir waren beide einfach sehr aufgeregt. Alles war perfekt organisiert. Wir freuen uns schon darauf, an unseren künftigen Hochzeitstagen wieder bei Ihnen zu Gast zu sein.

Freiherr und Freifrau zu Grünental

 

Mona kannte die zu Grünentals. Sie hatte für die beiden Stinktiere im Herbst die Hochzeitssuite vorbereitet, als sie ihren zehnten Hochzeitstag dort gefeiert hatten.

Jetzt wusste sie auch, was es mit den Büchern auf sich hatte.

Es waren die Gästebücher! Es lag immer eins im Empfangsbereich, damit sich die Gäste darin verewigen konnten. Sie hatte bisher keinen Gedanken daran verschwendet, was mit ihnen geschah, sobald sie voll waren. In die Gästebücher konnten die Gäste ihre Erlebnisse im Waldhotel eintragen, Kritik und Lob gleichermaßen. Neugierig blätterte sie weiter. Der nächste Eintrag war aufgrund der Rechtschreibung nur schwer zu entziffern.

 

Entsuldigung das ich den Türknopf gegäsen habe. Der Pilz war ser leka aber Mama hat es ferboten. Nästes mal höre ich auf sie. Erenwort.

Elli Eichhörnchen

 

M