Das Leben so: nein!  Ich so: doch! - René Träder - E-Book

Das Leben so: nein! Ich so: doch! E-Book

René Träder

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Beschreibung

Stress im Studium oder Job? Depressionen, Ängste, Sorgen? In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der jungen Erwachsenen mit psychischen Diagnosen rapide angestiegen. Jeder sechste Student leidet unter einem psychischen Problem. Psychologe und Journalist René Träder zeigt in seinem Ratgeber anhand bestimmter Fragen, Denkanstöße und Übungen, wie leicht man die psychische Widerstandskraft (wieder)erlernen kann. Dazu stellt er acht Bausteine für ein stabiles Leben vor. Optimismus ist z.B. ein wichtiger Resilienzfaktor, der sich leicht im Alltag trainieren und integrieren lässt. Mit diesen Übungen lernt man, die schönen Dinge im Leben wahrzunehmen und selbst etwas für sein Wohlbefinden zu tun. Ein wichtiges Buch, das jeden durch schwierige Zeiten navigiert, damit man wieder zu einem glücklichen Leben zurückfindet.

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Das Buch

Probleme sind kein Fehler in der Matrix, sie gehören zum Leben dazu. Entscheidend ist, wie wir mit ihnen umgehen. Immer mehr Menschen leiden unter Stress im Job oder im Studium und wollen etwas dagegen tun. Depressionen, Ängste oder Sorgen sind für viele kein Fremdwort.

Der bekannte Psychologe René Träder zeigt, wie du mit Hilfe bestimmter Fragen, Denkanstöße und Übungen deine psychische Widerstandskraft stärken kannst. Resilienz schützt uns vor Krisen und hilft, dass wir besser mit den Belastungen des Lebens klarkommen. Dieses Buch ist ein Geschenk für dich selbst, denn das Leben ist zu schön, um sich vom Negativen kleinkriegen zu lassen.

Der Autor

RENÉ TRÄDER, geb. 1979, ist Psychologe und Journalist. Seit rund 20 Jahren arbeitet er für verschiedene Radiosender als Moderator und beschäftigt sich u.a. mit psychologischen Themen. Außerdem präsentiert er den 7Mind-Podcast und DAK-Podcast, in denen es um Achtsamkeit und Resilienz geht. Und auch auf seinem Youtube-Kanal gibt er Impulse für ein gutes Leben und Arbeiten. Als Psychologe bietet René Träder zudem Coachings und Workshops für Einzelpersonen, Teams und Unternehmen an.

Ullstein

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ISBN 978-3-8437-2359-6

Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch

1. Auflage September 2020

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2020

Umschlaggestaltung: zero-media.net, München

Titelabbildung: © Daavid Mörtl

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis
Über das Buch/Über den Autor
Titel
Impressum
Zitat
Widmung
Vorwort: Schön, dass du hier bist!
Einleitung: Resilienz – Das Immunsystem unserer Psyche und wie wir es stärken können
1. Resilienz-Baustein: Verantwortungsübernahme – Wenn dir das Leben Zitronen gibt, kannst du trotzdem Erdbeeren essen
Nimm keine Opferhaltung ein, denn sie schwächt wie Kryptonit, sondern sieh dich als Gestalter deines Lebens an. Dafür ist es wichtig, Verantwortung für dein Leben zu übernehmen. In diesem Kapitel erfährst du, wie du verantwortlich mit negativen Emotionen und Gedanken umgehen kannst, die dich blockieren, und wie du auch für deine Probleme ein Mindset der Verantwortung entwickelst.
2. Resilienz-Baustein: Akzeptanz –Schicksal, ich wär dann so weit!
So lange wir das Negative und die Probleme nicht akzeptieren, leben wir in einer Fantasiewelt. Wir verschließen die Augen vor der Realität und damit auch vor den Möglichkeiten, darauf zu reagieren. In diesem Kapitel erfährst du, wie Akzeptieren, Loslassen und Verzeihen gelingen können und wie man damit dem eigenen Leben neue Chancen gibt. Ganz wichtig dafür ist es, auch sich selbst zu akzeptieren, so wie man ist.
3. Resilienz-Baustein: Zukunftsorientierung – Mach das Leben zu einer Party, auch wenn du dich nicht eingeladen fühlst
Zukunftsorientierung bedeutet, nach vorne zu schauen und für das bereit zu sein, was es noch zu entdecken, zu erleben und zu erreichen gibt. Wer zukunftsorientiert ist, hat Ziele, kennt sein Warum, ist bereit aktiv zu werden und entwickelt bei Niederlagen und Rückschlägen einen Plan B. In diesem Kapitel erfährst du, wie du deine Ziele richtig formulierst, welche Rolle dabei deine Werte spielen können und wie du gute Gewohnheiten entwickelst, um mit sogenannten Micro-Actions tatsächlich ins Handeln zu kommen.
4. Resilienz-Baustein: Lösungsorientierung – Es ist nicht leicht, ein Stachelschwein zu kitzeln, unmöglich ist es aber nicht
Um aus dem Labyrinth der Schwierigkeiten herauszufinden, braucht es ein Umdenken: Nicht die Probleme stehen im Mittelpunkt, sondern die Lösungen, egal ob sie erst einmal realistisch erscheinen oder nicht. In diesem Kapitel erfährst du, wie du dein lösungsorientiertes Denken und Handeln trainieren kannst. Außerdem stelle ich dir neun Schritte vor, mit denen du eine Therapeutin oder einen Therapeuten finden kannst. Denn: Lösungsorientiert zu sein, kann auch bedeuten, sich Hilfe zu suchen und anzunehmen.
5. Resilienz-Baustein: Netzwerkorientierung – Kein Mensch ist eine Insel
Wir Menschen sind soziale Wesen. Andere Menschen sind wichtig für uns. In guten wie in schlechten Zeiten tun sie uns gut. Durch andere Menschen können wir uns zugehörig fühlen, erfahren, was Liebe ist, und bekommen Unterstützung in Krisenzeiten. Netzwerkorientierung bedeutet aber auch, auf andere zuzugehen und sich helfen zu lassen. In diesem Kapitel stelle ich dir Übungen und Modelle vor, die dir dabei helfen, dein Netzwerk zu stärken und positive Beziehungen zu anderen zu gestalten.
6. Resilienz-Baustein: Optimismus – Ich bin dann mal hin und weg von meinem Leben
Durch unser Denken erschaffen wir uns unsere eigenen Realitäten. Niemand sieht die Welt, wie sie wirklich ist, wir alle sehen sie durch unseren Filter. Resiliente Menschen blicken hoffnungsfroh und positiv in die Zukunft und glauben an einen guten Verlauf der Dinge. Dadurch treffen sie mutigere Entscheidungen und kommen leichter ins Handeln. In diesem Kapitel erkläre ich dir, wieso wir uns von Natur aus eher auf das Negative konzentrieren und wie wir mit kleinen Achtsamkeitsübungen im Alltag gegensteuern können. Ein wichtiger Schlüssel für Optimismus ist Dankbarkeit. Selbst in Zeiten großen Unglücks kann es nämlich glückliche Momente oder gute Aspekte geben, auch wenn wir eine Lupe brauchen, um sie wahrzunehmen.
7. Resilienz-Baustein: Selbstwirksamkeit – Was wäre, wenn du stärker bist, als du denkst?
Die Überzeugung, dass man sein Leben und die Dinge gestalten kann, weil das eigene Handeln wirklich etwas bewirkt, ist enorm wichtig, um überhaupt ins Handeln zu kommen. Selbstwirksame Menschen lassen sich nicht so leicht einschüchtern, sondern gehen davon aus, dass sie mit den Anforderungen des Lebens zurechtkommen. Vier einfache Herangehensweisen helfen dir, mehr Selbstwirksamkeit zu entwickeln. In diesem Kapitel stelle ich sie dir zusammen mit konkreten Übungen vor.
8. Resilienz-Baustein: Erholung – Ey Stress, chill mal!
Gerade in stressigen und belastenden Lebensphasen ist es wichtig, regelmäßig Kraft zu tanken, seine Bedürfnisse achtsam wahrzunehmen und für Erholung zu sorgen. Ein gutes Stressmanagement im Leben kann außerdem dabei helfen, zu verhindern, dass aus kleinen Problemen große werden. In diesem Kapitel erfährst du, was Stress mit dir macht und wie du ganz einfach für Erholung sorgen kannst, um achtsamer und resilienter zu leben. Denn: Stress ist eine Entscheidung, Erholung aber auch.
Nachwort Freundschaftsanfrage vom Leben
Kontaktadressen für Krisenzeiten
Danksagung
Endnoten
Feedback an den Verlag
Empfehlungen

»Im Leben geht es nicht darum, gute Karten zu haben, sondern auch mit einem schlechten Blatt gut zu spielen.«

ROBERT LOUIS STEVENSON (1850–1894), SCHOTTISCHER SCHRIFTSTELLER

Dieses Buch ist für alle Menschen, die ihr Leben wirklich leben wollen. Go for it!

Vorwort: Schön, dass du hier bist!

Wie geht es dir?

Diese Frage bekommen wir zwar oft gestellt, aber nur selten will der Fragende die Antwort wirklich hören, und noch seltener beantworten wir die Frage ernsthaft.

Ein schnelles »Gut gehts« kommt uns dann über die Lippen, gefolgt von einem »Und dir?«

Meine Frage hier ist durchaus ernst gemeint. Mit diesem Buch möchte ich dich einladen, achtsam mit dir selbst umzugehen, deine Gefühle zu erspüren, bewusst auf dich und dein Leben zu schauen und dir über deine Wünsche, Ziele, Visionen und Hoffnungen klar zu werden. Mir ist wichtig, dass du erkennst, was in dir steckt, dass du an dich glaubst und dass du schließlich ins Handeln kommst. Ich möchte dich mit diesem Buch dazu ermuntern, dir dein Leben zu schnappen und daraus etwas zu machen, egal wie deine Vergangenheit war, was dir passiert ist oder an welchem Punkt du gerade stehst.

In China sagt man: »Bete nicht um leichtere Lasten, sondern um einen stärkeren Rücken.« Die Widerstandskraft unserer Psyche lässt sich ähnlich wie ein starker Rücken trainieren. Schließlich gibt es im Leben nicht nur Sonnenschein. Auch Probleme, Schwierigkeiten und Krisen gehören dazu. Antoine de Saint Exupéry, der »Der kleine Prinz« geschrieben hat, bezeichnet das als die Zugaben des Lebens. Diese Dinge sind einfach ein Teil des Lebens. Und Wilhelm von Humboldt schrieb: »Gewiss ist es fast noch wichtiger, wie der Mensch sein Schicksal nimmt, als wie sein Schicksal ist.«

Natürlich weiß ich nicht, wieso du dieses Buch ganz konkret lesen möchtest. Vielleicht sind Stress, Ängste und Sorgen ständige Begleiter in deinem Leben, und die Dinge laufen gerade nicht so, wie du es dir vorstellst. Vielleicht steckst du gerade mitten in einer privaten oder beruflichen Krise, hast Probleme und weißt nicht, wie es weitergehen soll, fühlst dich schwach und antriebslos. Vielleicht bist du von einem Schicksalsschlag getroffen worden, hast einen lieben Menschen verloren oder musst lernen, mit einer Erkrankung klarzukommen. Mit Sicherheit weiß ich aber, dass du etwas in deinem Leben ändern möchtest. Selbst wenn es sich nur um kleine Aspekte handelt, kannst du jetzt aktiv werden und die Dinge bewusst gestalten, um mutiger und optimistischer in die Zukunft zu schauen und ein gutes, selbstbestimmtes Leben zu führen. Wäre es anders, hättest du dieses Buch nicht in die Hand genommen. Und falls du das Buch geschenkt bekommen hast, zeigt das, dass es Leute in deinem Umfeld gibt, die an dich glauben und denen es wichtig ist, dass es dir gut geht. Dieses Buch soll dich auf deinem Weg der Veränderung begleiten. Es soll dich dabei unterstützen, mehr Resilienz zu leben. Sieh die einzelnen Themen und Übungen für Resilienz als Inspiration an. Du entscheidest, was davon du annehmen und ausprobieren möchtest. Und auch: Wann du es tun willst. Arbeite das Buch in deinem Tempo durch.

Bevor du anfängst, möchte ich dir einen Tipp geben, der mir sehr wichtig ist. Vor über zehn Jahren habe ich in einem Laden ein Kochbuch mit Nudelgerichten entdeckt, das mich fasziniert hat. Es enthält über einhundert verschiedene Rezepte. Ich habe es sofort gekauft, weil die Gerichte alle so lecker aussahen. Allerdings habe ich bis heute erst ein Rezept daraus ausprobiert. Was ich damit sagen will: Auch die leckersten Nudelrezepte machen einen nicht satt, wenn man sie nur liest, aber nie kocht.

Im übertragenen Sinne gilt das auch für dieses Buch. Deshalb möchte ich dich bitten, dass du es nicht nur liest, also nicht nur theoretisch durchdenkst, sondern dass du einige der Impulse aufgreifst und ausprobierst, sodass du (neue) Erfahrungen sammelst. Du wirst merken, dass schon Kleinigkeiten viel bewirken können. An mehreren Stellen habe ich in diesem Buch extra etwas Platz gelassen, damit du deine Gedanken und Ideen direkt aufschreiben kannst. Natürlich kannst du dafür auch ein Notizbüchlein nehmen, in dem es noch mehr Platz zum Schreiben gibt. Du kannst es dann immer bei dir tragen und es wird dich an deine Vorhaben erinnern und mit dir wachsen. Natürlich ist es oft nicht leicht, etwas zu verändern. Das behaupte ich aber auch gar nicht. ;-) Die Dinge müssen auch gar nicht immer leicht sein. Sieh die Anstrengung auf deinem Weg der Veränderung als etwas Positives an. Dadurch merkst du nämlich, dass gerade etwas in dir passiert, so, als wenn du nach dem Sport Muskelkater bekommst.

Ich wünsche dir eine gute und achtsame Zeit!

René Träder

Berlin, im Sommer 2020

PS: Für eine bessere Lesbarkeit habe ich darauf verzichtet, mit Sternchen oder großem I zu gendern. Selbstverständlich meine ich aber immer alle Menschen, egal ob weiblich, männlich oder divers.

Einleitung: Resilienz – Das Immunsystem unserer Psyche und wie wir es stärken können

»Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von neuem beginnen.«

BUDDHA

Probleme, Krankheiten und negative Erfahrungen sind Teil des Lebens und kein Fehler in der Matrix. Deshalb brauchen wir alle Strategien, um damit umzugehen. Die gute Nachricht ist: Psychische Widerstandskraft lässt sich trainieren. Das Zauberwort lautet Resilienz. In diesem Kapitel erfährst du, wieso die Psyche krank werden kann, aber auch, was ihr hilft, gesund zu bleiben oder gesund zu werden. Kraft entsteht schließlich häufig aus Krisen.

Puh, das war knapp! Um ein Haar wäre es gar nicht dazu gekommen, dass du dieses Buch in den Händen halten kannst. Weißt du, warum?

Weil es ein riesiges Wunder ist, dass es dich und mich überhaupt gibt.

Wenn Wissenschaftler sich langweilen, können sie auf die absurdesten Ideen kommen. Einige haben versucht, auszurechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass man überhaupt geboren wird. Dr. Ali Binazir ist zum Beispiel auf eine statistische Wahrscheinlichkeit von 1 zu 102.685.000 gekommen. Das ist eine 10 mit mehr als 2,5 Millionen Nullen. Eine andere Zahl, die rumgeistert, ist 1 zu 400 Billionen. Das sind zwar nicht mehr ganz so viele Nullen, aber es ist immer noch sehr beeindruckend. Oder würdest du auch nur einen Euro für einen Lottoschein ausgeben, wenn die Chance zu gewinnen bei 1 zu 400 Billionen liegen würde?

Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich diese gewaltigen Zahlen nicht nachgerechnet habe. ;-) Die Erkenntnis hinter den Berechnungen finde ich aber spannend: Es gibt dich entgegen jeder Wahrscheinlichkeit, und du bist jetzt am Leben. Du hast dich gegen wahnsinnig viele Nullen durchgesetzt. Mir gibt diese Vorstellung jedes Mal einen kleinen Energieschub. Probleme, Sorgen und Ängste werden dadurch vielleicht direkt ein bisschen kleiner, und die Lust wächst, das Leben achtsam zu gestalten und voll auszukosten. Schließlich sind wir (wahrscheinlich) nur einmal hier auf der Erde.

Und dass ausgerechnet du es geschafft hast, ist noch auf einer anderen Ebene etwas Besonderes. Denn die Samenzelle, aus der du ursprünglich zur Hälfte bestehst, hatte im Schnitt 500 Millionen Konkurrenten. Keine Frage: Du bist ganz schön stark und brauchst niemandem mehr etwas zu beweisen. Die Tatsache, dass du da bist, ist Beweis genug.

Egal, wie sich dein Leben anfühlt, mach dir immer wieder bewusst:Dass es dich gibt, ist entweder ein riesiger Zufall oder ein wahres Wunder, je nachdem wie du es sehen möchtest.

Jetzt sind wir auch schon bei einer ganz entscheidenden Zutat, die einen starken Einfluss darauf hat, ob sich unser Leben gut anfühlt und ob wir zufrieden sind oder eben nicht: nämlich unsere individuelle Sicht und unsere Bewertungen. Shakespeare legte seinem Hamlet in den Mund: »An sich ist nichts weder gut noch böse. Das Denken macht es erst dazu.« Unser Denken ist so wichtig, weil jede Veränderung im Kopf beginnt. Wenn wir uns anders verhalten möchten, wenn wir anders mit etwas oder jemandem umgehen möchten, müssen wir anfangen, anders zu denken. Das kann bedeuten, positiver zu denken oder auch die Opferrolle zu verlassen und uns dazu zu entscheiden, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen und das Leben bewusst zu gestalten. Das Leben ist ein riesiges Geschenk, und wir sollten es gut nutzen. Klar, manchmal fühlt es sich eher wie etwas an, das man beim Schrottwichteln bekommen hat, denn es gibt eine lange Liste von Dingen, auf die man gut verzichten könnte. Grundsätzlich lassen sich diese negativen Dinge in drei Kategorien einteilen:

1. Stress: Er macht sich zum Beispiel durch Nervosität, Schwitzen und dadurch bemerkbar, dass unser Gedankenkarussell in Fahrt kommt. Stress entsteht immer dann, wenn unsere Ressourcen gerade nicht für die Anforderungen auszureichen scheinen, denen wir gegenüberstehen – wenn also zu viel auf uns einprasselt und wir nicht wissen, wie wir alles schaffen sollen. Wenn wir sechs Monate am Stück gestresst sind, wird von chronischem Stress gesprochen. Dauerstress ist gesundheitsschädlich. Stress kann aber auch eine Superkraft sein, indem er uns ganz plötzlich Energie gibt, die uns wach und aktiv macht. Viele Dinge im Alltag können Stress auslösen: Prüfungen, Bewerbungen, zu viele Aufgaben, Zeitdruck, Konflikte mit Mitmenschen, Krankheiten und so weiter. Aber auch unser Denken kann ein Stressfaktor sein.

2. Krisen: Sie verschwinden meistens nicht so schnell wieder wie die meisten Stresssituationen, sondern kleben an uns wie ein alter Kaugummi an der Schuhsohle. Wo wir auch hingehen, sie sind ein ständiger Begleiter und können uns extrem belasten und lähmen. Sie haben einen großen Einfluss auf unsere Stimmung und können unseren Blick so stark verengen, dass wir keine Lösungsmöglichkeiten mehr sehen und die Hoffnung verlieren. Zu Krisen können zum Beispiel Krankheiten, Konflikte mit Mitmenschen, Trennungen, Mobbing und Arbeitslosigkeit gehören.

3. Schicksalsschläge: Im Gegensatz zu Krisen sind Schicksalsschläge meistens radikaler, und es gibt für sie oft keine Lösungen. Die Dinge lassen sich nicht rückgängig machen oder in Ordnung bringen. In diesen Fällen geht es vor allem darum, zu lernen, mit der neuen Situation zu leben und trotzdem ein gutes Leben zu führen. Zu Schicksalsschlägen gehören zum Beispiel Unfälle, Behinderungen, finanzielle Verluste, (sexualisierte) Gewalterfahrungen, schwerwiegende Krankheiten oder Todesfälle. Vieles davon platzt einfach so in unser Leben hinein, ganz ohne Vorwarnung. Und vieles davon passiert uns einfach, ohne dass wir etwas dafür können. Wir sind beispielsweise einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Das Leben kann sich dadurch radikal verändern, teilweise so stark, dass ein riesiger Schatten über allem liegt, man keine Energie und keinen Sinn mehr verspürt.

Als sich Anfang des Jahres 2020 das Corona-Virus rasend schnell in der Welt verbreitet hat, haben wir einen globalen Schicksalsschlag erlebt. Die allgemeine Unsicherheit und die Maßnahmen, die getroffen wurden, haben das private und berufliche Leben von uns allen verändert. Anhand von Corona lässt sich sehr gut erkennen, auf wie vielen Ebenen gleichzeitig ein Schicksalsschlag einwirkt und wie radikal er ist. Schicksalsschläge triggern bei uns häufig vier grundsätzliche Lebensthemen und zwingen uns ganz plötzlich zur Auseinandersetzung damit. Dabei handelt es sich um Sicherheit, Freiheit, Wohlstand und unsere begrenzte Lebenszeit. Schicksalsschläge bedrohen das Leben, wie wir es kennen, indem sie unsere Gesundheit gefährden, uns mit unserer Endlichkeit konfrontieren, Fragen aufwerfen, uns Entscheidungen abverlangen und unser Handeln einschränken.

Vielleicht kennst du individuelle Schicksalsschläge auch aus deinem Leben oder bist sogar aktuell mit einem konfrontiert. Du bist nicht allein. Jedem Menschen geschehen im Laufe seines Lebens Dinge, die ihn aus der Bahn werfen, extrem belasten, traurig machen oder sogar nachhaltig schwächen. Sie können einem Lebensfreude und Hoffnung nehmen. Entscheidend ist deshalb, wie man damit umgeht. Wie kann man trotz allem weiterleben und ein gutes Leben haben? Auch das hat die Corona-Krise gezeigt: Obwohl wir alle davon betroffen waren, haben nicht alle Menschen auf die gleiche Weise darauf reagiert. Einige haben Klopapier gehortet, andere sind cool geblieben und haben darauf vertraut, dass es ausreichend Klopapier für alle gibt. Einige haben einen persönlichen Shut-down erlebt, der geprägt von Sorgen und Einsamkeit war, wohingegen andere kreativ geworden sind und sogar alte Freundschaften und Kontakte wiederbelebt haben. Einige haben die äußeren Umstände als nur belastend erlebt, andere haben darin auch Chancen gesehen und Neues ausprobiert. Was hat die Menschen voneinander unterschieden?

Hilfreich in schwierigen Zeiten oder bei radikalen Einschnitten im Leben ist psychische Stärke. Sie sorgt dafür, dass Schwierigkeiten uns nicht direkt umhauen. Und falls das doch mal passiert, können wir uns dadurch schneller und leichter wieder aufrappeln. In der psychologischen Fachsprache wird das als Resilienz bezeichnet. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit, Probleme und Krisen zu bewältigen sowie mit Stress, Niederlagen, Rückschlägen und Schicksalsschlägen (besser) umzugehen.

Resiliente Menschen kommen zum Beispiel besser mit Stresssituationen klar, sie gehen Probleme aktiv und konstruktiv an, und sorgen dafür, dass es ihnen selbst gut geht. Auch in schwierigen Zeiten bewahren sie sich ihren Optimismus und ihre Lebensfreude. Resiliente Menschen sehen in Hürden eher Herausforderungen und gehen davon aus, dass sie einen Weg finden werden, damit umzugehen. Sie hadern weniger mit ihrem Schicksal und verfangen sich nicht in einer Opferhaltung, sondern akzeptieren die Dinge, wie sie sind, und übernehmen Verantwortung für ihre Lage und ihr Leben. Sie glauben an sich selbst und suchen nach Lösungen, wobei sie bereit sind, Hilfe anzunehmen. Dadurch können sie aus schwierigen Lebensphasen gestärkt hervorgehen oder trotz Problemen und Schicksalsschlägen ein selbstbestimmtes Leben führen, in dem Glück und Zufriedenheit keine Fremdwörter sind. Resilienz ist damit im übertragenen Sinne das Immunsystem der Psyche, denn sie macht uns stark gegenüber den Widrigkeiten des Lebens. So wie Bakterien und Viren unser körperliches Immunsystem belasten, belasten Stress und Probleme unser psychisches Immunsystem. Jemand, der resilient ist, würde von sich sagen: »Was auch immer auf mich zukommt, ich kann damit umgehen und werde eine Lösung finden. Ich selbst kann etwas tun, um die Krise, das Problem, die Niederlage oder den Fehlschlag zu bewältigen. Mein Leben gehört mir. Ich gestalte es.«

Das Schöne ist: Resilienz kann man lernen und trainieren. Natürlich ist es besonders gut, wenn man so früh wie möglich damit anfängt. Fahrradfahren lernen, Sprachen lernen, ein Instrument lernen; all diese Dinge klappen als Kind leichter, und so verhält es sich auch mit der Resilienz. Aber auch als Erwachsener, egal ob mit zwanzig, vierzig oder achtzig kann man etwas dafür tun, um Krisen besser bewältigen zu können. Es ist nie zu spät! Wirklich nie! Tagtäglich können wir an unserer Resilienz arbeiten.

Auch wenn du es vielleicht (manchmal) nicht glaubst: In deinen Genen steckt auch schon eine ganze Menge Resilienz, denn du stammst von Menschen ab, die es im Laufe der Evolution innerhalb von mehreren Millionen Jahren geschafft haben, sich fortzupflanzen. Dafür mussten sie unzählige Hungersnöte, Naturkatastrophen, Krankheiten und Konflikte überstehen. Dieses Erbe tragen wir alle in uns. Wir brauchen es nur zu aktivieren. Am besten fangen wir damit nicht erst an, wenn die Probleme bei uns an die Tür klopfen. Wenn wir regelmäßig, ganz selbstverständlich etwas für unsere psychische Gesundheit tun, zucken wir beim ersten Klopfen nicht direkt zusammen. Und wer weiß: Vielleicht ist das, was vor der Tür steht, ja gar kein Problem, sondern etwas Positives.

Ganz vorne im Buch hast du wahrscheinlich schon das Zitat des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson entdeckt, der unter anderem »Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde« und »Die Schatzinsel« geschrieben hat. »Im Leben geht es nicht darum, gute Karten zu haben, sondern auch mit einem schlechten Blatt gut zu spielen.« Mit nur 44 Jahren ist Stevenson gestorben. Seit seiner Kindheit hatte er Atemwegsprobleme und musste mehrmals wegen verschiedener Krankheiten, die damals grassierten, umziehen oder war selbst davon betroffen. Trotz allem war er sehr produktiv, hat seine Leidenschaft ausgelebt und viele Bücher geschrieben, ist viel gereist und hat sich für andere Menschen eingesetzt. Auf Fotografien und Zeichnungen macht er einen gut gelaunten, verschmitzten Eindruck. Er wirkt auf mich wie jemand, der seine Karten nicht wütend über den Tisch geschleudert hat, sondern tatsächlich versucht hat, gut zu spielen.

Mir gefällt seine Kartenmetapher sehr, weil sie uns helfen kann, das Leben besser zu verstehen. Negative Dinge sind keine Ausnahme, vor der man sich zu 100 Prozent schützen kann. Sie sind ein Teil des Lebens. Außerdem kann sich das Blatt wenden. Karten, die anfangs katastrophal wirken, können sich als gut erweisen und sogar zum Sieg führen. Und selbst wenn man am Ende nicht als Gewinner hervorgeht, kann das Spiel an sich Spaß gemacht haben und schön gewesen sein. Nicht zu vergessen: Mit der Zeit lernt man besser zu spielen, seine Karten also besser einzusetzen. Erkennst du die Parallelen? In den nachfolgenden Kapiteln werde ich dir viele Übungen und Gedanken vorstellen, die dir dabei helfen können, das Beste aus deinem Blatt zu machen und ein schönes Spiel zu haben.

Psychische Erkrankungen sind normal

Jeder, der einen Arm hat, kann ihn sich brechen. Klaro! Und jeder, der eine Psyche hat, kann eine psychische Krankheit bekommen. So einfach ist das. Unser Gehirn ist ja auch ein Organ, das krank werden kann, so wie jedes andere auch. Psychische Krankheiten sind keine Schande und auch kein Zeichen dafür, dass man schwach oder verrückt ist. Psychische Krankheiten sind genauso normal wie körperliche Krankheiten. Normal im Sinne von: Sie treten auf.

Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass weltweit jede vierte Person, die zu einer Ärztin oder einem Arzt geht, (eigentlich) eine psychische Krankheit hat, die behandelt werden sollte. Viele psychische Erkrankungen machen sich nämlich körperlich bemerkbar, werden als solche aber leider oft nicht erkannt oder ernst genommen. Am häufigsten treten Angststörungen, Depressionen und somatoforme Störungen auf. Soma bedeutet Körper. Gemeint sind zum Beispiel Migräne, Bauchschmerzen, das Reizdarm-Syndrom, Schlafstörungen, Atembeschwerden oder Herzstolpern.

Schätzungen der TU Dresden gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung zu leiden, sogar bei über fünfzig Prozent liegt. Genau lässt sich das nicht sagen, weil sie bei vielen Menschen entweder nicht erkannt wird oder weil die Betroffenen sich davor scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Niemand würde sich, wenn er sich den Arm gebrochen hat, im Baumarkt ein paar Stangen und etwas Gips besorgen, um den Bruch selbst zu richten. Wenn die Seele allerdings angeknackst ist, versuchen viele, damit allein klarzukommen. Sie verheimlichen es vor anderen, ziehen sich zurück oder kompensieren es. Sie strengen sich also sehr an, damit es nicht auffällt und sie ihren Alltag weiterhin halbwegs bewältigen können – und leiden häufig im Stillen, nicht selten mit zusätzlichen Schuldgefühlen. Nicht allen ist übrigens bewusst, dass sie eine ernst zu nehmende Erkrankung haben. Sie wollen es nicht wahrhaben, verdrängen es oder haben den Eindruck, dass eher das Umfeld komisch (geworden) ist.

Wie bei körperlichen Erkrankungen gibt es auch bei psychischen Erkrankungen viele verschiedene Formen. Daher lässt sich nicht allgemeingültig sagen, woran man erkennt, dass man möglicherweise eine psychische Erkrankung hat. Es gibt aber einige Hinweise. Dazu gehören: – Du leidest. – Du fühlst dich unwohl. – Du bist antriebslos. – Du vernachlässigst Dinge, die dir früher Freude bereitet haben.

– Du vernachlässigst Freunde und andere Menschen in deinem Umfeld und ziehst dich immer stärker zurück.

– Du bist oft traurig und antriebslos.

– Du denkst stark negativ.

– Du denkst darüber nach, dir das Leben zu nehmen.

– Dich plagen Ängste, Sorgen oder Gedanken, die dich immer wieder heimsuchen.

– Du nimmst Drogen, die dir Energie oder gute Gefühle geben, oder du brauchst sie, um abzuschalten.

– Dinge, die dir früher leicht gefallen sind oder die anderen Menschen leichtfallen, sind für dich sehr anstrengend.

– Du isst extrem viel oder extrem wenig oder unternimmst Dinge, um nicht zuzunehmen.

– Du verletzt dich selbst.

Kurzum: Psychische Erkrankungen beeinträchtigen das Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Verhalten. Die gute Nachricht lautet: Es gibt viele anerkannte und gut erforschte Therapiemöglichkeiten, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Außerdem gibt es viele Beratungsangebote und Selbsthilfegruppen, sodass man auf verschiedenen Wegen Informationen und Unterstützung bekommen kann. Im Kapitel zum vierten Resilienz-Baustein, der Lösungsorientierung, schlage ich dir vor, wie du dich auf die Suche nach einer Therapeutin oder einem Therapeuten machen kannst.

Die Frage, warum die Psyche krank wird, ist nicht leicht zu beantworten. Auch hier lohnt sich ein Ausflug in die Medizin. Wieso bekommt jemand Krebs? Vielleicht weil er viele Jahre geraucht hat? Na gut, aber was ist mit dem Onkel, der fünfzig Jahre lang jeden Tag eine Schachtel Zigaretten geraucht hat, und sonntags zwei, und der mit 99 Jahren topfit ist? Man kann davon ausgehen, dass äußere Faktoren das Risiko für eine Krankheit erhöhen, aber nicht allein für sie verantwortlich sind. In der Medizin schaut man sich deshalb auch an, welche Anlagen eine Person mitbringt. Es gibt genetische Grundausstattungen, die anfälliger für Erkrankungen machen, und andere, die einen robuster machen. Die Gene können also ein weiterer Risikofaktor, aber auch ein Schutzfaktor sein. Und schließlich kommen noch viele Risiko- und Schutzfaktoren durch die individuelle Lebensweise hinzu. Kommen viele Risikofaktoren zusammen, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine Krankheit, kommen viele Schutzfaktoren zusammen, können sie negative Einflussfaktoren abpuffern. Vielleicht hatte der Onkel einfach Glück und richtig gute Gene. Vielleicht waren die Zigaretten aber auch sein einziges Laster und ansonsten hat er sich sehr gesund ernährt, viel bewegt und dafür gesorgt, dass er nicht zu viel Stress hat.

Auch bei psychischen Krankheiten gibt es viele äußere Faktoren, die uns belasten. Und es gibt genetische, also innere Faktoren, die entweder günstig oder ungünstig sind, also Risiko- oder Schutzfaktoren darstellen. Diese sogenannte Disposition beeinflusst, wie wir mit Belastungen umgehen und wie anfällig wir für psychische Erkrankungen sind. In der Psychologie spricht man von der Vulnerabilität, also der Verwundbarkeit. Das ist das Gegenteil von Resilienz. Jeder von uns durchläuft im Laufe seines Lebens vulnerable Phasen (zum Beispiel die Pubertät) oder erlebt vulnerable Dinge (zum Beispiel Scheidung der Eltern, Unfall, Kündigung, Trennung, Todesfall). Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell geht davon aus, dass es zwei Faktoren braucht, damit es zu einer Krankheit kommen kann: 1. Stressfaktoren und 2. eine Verwundbarkeit oder Krankheitsneigung. Wer also psychisch sehr stabil und damit resilient ist (also nicht vulnerabel), wird Belastungen leichter wegstecken und einen Weg finden, damit umzugehen. Diese Person kann den Stress gut abfedern, weil sie ausreichende Ressourcen hat, um darauf zu reagieren. Dagegen ist bei einer Person, die (gerade) psychisch instabil ist, das Risiko höher, bei belastenden Faktoren eine Krankheit zu entwickeln. Wenn viele belastende Faktoren zusammenkommen, kann dementsprechend schneller die Schwelle zur Erkrankung überschritten werden, da Belastungen sich aufsummieren. Man hat dann keine Kraft mehr, mit ihnen gesund umzugehen. Beeinflusst werden diese Prozesse von:

1. biologischen Faktoren (zum Beispiel Gene, Hormone, Schilddrüsenunterfunktion)

2. psychologischen Faktoren (zum Beispiel Denk- und Bewertungsmuster)

3. sozialen Faktoren (zum Beispiel Unterstützung, Mobbing).

Bei diesen drei Aspekten kann es Risikofaktoren und Schutzfaktoren geben. Man kann sich also fragen: Was schwächt mich und was stärkt mich? Wir haben nicht auf alle Faktoren einen Einfluss, aber können versuchen, für so viele Faktoren wie möglich Verantwortung zu übernehmen.

So wie es eine erbliche Anfälligkeit für Krebserkrankungen gibt, gibt es auch eine erbliche Anfälligkeit für bestimmte psychische Erkrankungen. Daran lässt sich nichts ändern. Man kann aber an den Ressourcen arbeiten und darauf achten, dass sich der Stress in Grenzen hält und man ihn rechtzeitig ausgleicht. Außerdem kann man sich bei psychischen Belastungen (professionelle) Unterstützung suchen, um Probleme zu bearbeiten und wieder aktiv am Leben teilzunehmen zu können.

Im Gegensatz zu vielen körperlichen Erkrankungen beginnen psychische Erkrankungen oft früh und betreffen überproportional häufig Jugendliche und junge Erwachsene. So brechen rund 50 Prozent aller psychischen Erkrankungen vor dem 15. Lebensjahr und 75 Prozent vor dem 25. Lebensjahr aus1, 2. Viele Menschen verwundert das, weil sie denken, dass Kinder und Jugendliche ein unbeschwertes Leben führen, noch viel spielen können, nur zur Schule gehen und noch keine ernsthaften Probleme haben, da sie ja noch nicht so viel Verantwortung tragen. Schließlich leben sie noch zu Hause und für sie wird gesorgt. Das ist allerdings ein Trugschluss, denn auch als Kind und Jugendlicher kann man großen Belastungen ausgesetzt sein, die einen besonders hart treffen können, weil man sowieso gerade in einer vulnerablen Phase ist, in der sich viel verändert. Außerdem können die Ressourcen, also die resilienten Faktoren, noch gering ausgeprägt sein, da man diese teilweise erlernen muss. Nach dem Motto »Was einen nicht umbringt, macht einen stärker« wird man im mittleren oder hohen Alter mit Belastungen wie zum Beispiel Verlusten besser umgehen können, wenn man im Laufe des Lebens Strategien dafür entwickelt hat. Viele negative Dinge erlebt man als Kind, Jugendlicher oder junger Erwachsener hingegen zum ersten Mal. Und die kleine Welt der Familie erscheint einem da oft noch als die einzige Welt, die es gibt. Man hat oft den Eindruck, höchstens einen kleinen Gestaltungsspielraum zu haben, und dass das Lebensglück stark von anderen abhängt. Diese scheinbare Ausweglosigkeit führt auch dazu, dass Suizid die zweithäufigste Todesursache bei den 15- bis 24-Jährigen ist. Das Suizidrisiko von homosexuellen Jugendlichen ist vier- bis siebenmal höher als von Jugendlichen im Allgemeinen.3 Fast jeder Mensch denkt im Laufe seines Lebens darüber nach, was wäre, wenn man nicht mehr lebt. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod ist normal. Bedenklich wird es allerdings, wenn daraus ein Todeswunsch entsteht oder der Tod als Ausweg aus den Problemen, ja geradezu als Erlösung gesehen wird. Wenn das bei dir der Fall ist, wende dich an Vertrauenspersonen und nimm in akuten Phasen Kontakt zu Beratungsstellen auf oder hab keine Hemmungen, die 112 anzurufen. Eine ausführliche Übersicht verschiedener Hilfsangebote findest du am Ende des Buches. Und wenn du merkst, dass es Menschen aus deinem Umfeld gerade so geht, sprich offen mit ihnen darüber. Oftmals gibt es die Sorge, dass das Thematisieren erst dazu führt, dass sich jemand was antut. Dieses Phänomen ist in der Psychologie auch bekannt als der »Werther-Effekt« und geht zurück auf ein berühmtes Buch: Nachdem Johann Wolfgang von Goethe 1774 »Die Leiden des jungen Werther« veröffentlicht hatte, kam es zu vermehrten Suizidversuchen. Offenbar identifizierten sich einige Leser mit der Hauptfigur Werther, der sich aus Liebeskummer das Leben nimmt. Die Stadt Leipzig hat das Buch deshalb damals für mehrere Jahrzehnte verboten. Andere Städte machten es ihr nach.

Der sogenannte Werther-Effekt ließ sich später auch in den Medien finden, wenn es Berichte oder Spielfilme gab, in denen es um Suizid ging. Im journalistischen Kodex wurde deshalb vereinbart, dass über Suizide nicht berichtet werden soll, um Nachahmungen zu vermeiden.

Der Papageno-Effekt, dessen Name Wolfgang Amadeus Mozarts Oper »Die Zauberflöte« entlehnt ist, zeigt allerdings, dass ein offenes Ansprechen und Aufzeigen von Hilfsmöglichkeiten Suizide verhindern kann. Die Hauptfigur Papageno hat ebenfalls Liebeskummer und plant den eigenen Tod, entscheidet sich jedoch nach einem Gespräch dagegen. Forschung hat gezeigt, dass das Reden über suizidale Gedanken und Absichten helfen kann, Suizide zu vermeiden, wenn klar aufgezeigt wird, welche Alternativen die jeweilige Person hat, wenn der Tod nicht romantisiert dargestellt wird, wenn über Suizide nicht zu detailreich berichtet wird und wenn die individuelle Problematik im Mittelpunkt steht und Betroffene oder Angehörige interviewt werden. Für Betroffene kann sich das Reden also entlastend anfühlen und dazu führen, dass sie einen Blick für einen gesunden und konstruktiven Umgang mit ihren Problemen, Gedanken und Emotionen entwickeln. Und genau das ist auch Ziel dieses Buchs, denn Resilienz gibt uns ein mächtiges Werkzeug an die Hand, mit uns, unserem Leben und auch dem Negativen besser umzugehen.

Die Geschichte der Resilienz

Das Wort Resilienz stammt vom lateinischen resilire ab, was zurückspringen oder abprallen bedeutet. Dieser Begriff wird In vielen Fachgebieten verwendet. Auch wenn er sich konkret immer auf etwas anderes bezieht, wird dadurch die grundsätzliche Bedeutung klar. Ingenieure meinen damit die Fähigkeit von technischen Systemen, bei einem Teilausfall nicht völlig zu versagen. Ein Ökologe bezeichnet damit die Fähigkeit eines Ökosystems, nach einer Störung wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren. Und ein Betriebswirtschaftler beschreibt damit, wie robust ein Unternehmen gegenüber äußeren Einflüssen ist. Im Projektmanagement wird von Resilienz gesprochen, wenn trotz Pannen und Verzögerungen das Ziel erreicht wird. Zusammengefasst geht es also immer darum, wie widerstandsfähig ein System bei äußeren Einwirkungen, also Störungen ist. Auf psychologischer Ebene lässt sich das mit Stressfaktoren, Problemen, Krisen, Krankheiten und Schicksalsschlägen übersetzen.

Eine Metapher, die häufig verwendet wird, ist das Stehaufmännchen. Vielleicht hattest du als Kind auch eines. Man schubst es an oder legt es auf den Boden, doch nach kurzer Zeit pendelt es sich wieder in seine ursprüngliche Position ein. Auch wenn das Bild einleuchtend ist, sehe ich es etwas skeptisch. Es tut nämlich so, als ob man alles völlig unbeschadet übersteht. Dadurch werden falsche Erwartungen aufgebaut. Natürlich können uns negative Erlebnisse oder psychische und körperliche Belastungen verändern, und sie können ihre Spuren hinterlassen. Die Kraft von Resilienz ist nicht, alles wieder in den Originalzustand zu versetzen, sondern daran nicht zu zerbrechen, Wege herauszufinden, diese zu gehen und schließlich auch trotz oder sogar mit allem (wieder) glücklich zu sein. Deshalb lass uns zum besseren Verständnis noch darauf schauen, wie ein Physiker Resilienz erklären würde. Er würde vielleicht einen Luftballon aufblasen und uns dadurch zeigen, wie strapazierfähig das Material ist, dass es sich also dehnen kann, wenn mit Druck Luft reinkommt. Und dann würde er die Luft rauslassen. Der Luftballon zieht sich wieder zusammen. Er wird wieder kleiner und nimmt eine ähnliche Form wie zu Beginn an. Wenn wir ihn uns ganz genau anschauen, werden wir sehen, dass das Aufblasen den Ballon verändert hat. Aber er ist noch heil, weil er etwas aushält, auch wenn er vielleicht etwas verbeulter als vorher aussieht. Mit Beulen und Narben zu leben, finde ich allerdings nicht schlimm, so lange wir uns nicht von ihnen blockieren lassen.

Allein in Deutschland nehmen sich jedes Jahr rund 10.000 Menschen das Leben. Das sind dreimal so viele wie durch Verkehrsunfälle sterben. Diese Zahlen sind schockierend, aber leider Realität. Deshalb ist es so wichtig, dass junge Menschen mit ihren Problemen und Sorgen gesehen und ernst genommen werden und Unterstützung bekommen, sodass sie Hoffnung und Wege aus der Krise entwickeln können. Psychische Belastungen und Suizid dürfen keine Tabus sein. Wir dürfen nicht wegschauen, sondern sollten bereit sein, offen darüber zu reden. In der Psychologie hat wohl zum ersten Mal der US-amerikanische Persönlichkeitspsychologe Jacob »Jack« Block (1924–2010) den Begriff Resilienz verwendet4. Er untersuchte bei kleinen Kindern, wie stark sie ihr Ego, also ihren inneren Drang, im Griff hatten. Sogenannte hoch-Ego-resiliente Kinder wurden von ihren Kindergärtnern und Lehrern als einfühlsamer, neugieriger, kreativer und als weniger ängstlich und misstrauisch beschrieben. Außerdem fanden sie heraus, dass diese Kinder besser mit Stress umgehen konnten, sich angemessener in verschiedenen Situationen verhielten und weniger Konflikte mit anderen Kindern hatten.

Der US-Psychologe Norman Garmenzy (1918–2009) wird häufig als Großvater der Resilienz bezeichnet. Er machte in den 1960er-Jahren eine Langzeitstudie mit Kindern von schizophrenen und psychisch kranken Eltern. In seiner sogenannten Kompetenz-Studie fand er heraus, dass die Entwicklung von Resilienz davon abhängt, wie viele negative Dinge die Kinder zu bewältigen haben und welche Schutzfaktoren ihnen zur Verfügung stehen. Eine schützende Kompetenz waren beispielsweise gut ausgeprägte soziale Fähigkeiten5.

Die deutschstämmige Amerikanerin Emmy Werner (1929–2017) gilt als »Mutter der Resilienz«. In den 1950er-Jahren begann sie zusammen mit ihrem Team auf der hawaiianischen Insel Kauai eine Studie, die rund vierzig Jahre dauern sollte. Sie untersuchte darin die Entwicklung von allen 698 Kindern, die dort im Jahr 1955 geboren wurden. Dafür schaute sie sich an, in welchen familiären Verhältnissen die Kinder lebten, welche Probleme es dort gab und was die Kinder für Erfahrungen machten. Die ersten Befragungen wurden noch vor der Geburt durchgeführt und dann im Alter von einem, zwei, zehn, achtzehn, zweiunddreißig und vierzig Jahren. Dabei zeigte sich, dass rund ein Drittel der Kinder besonderen Belastungen ausgesetzt war. So gab es teilweise Komplikationen vor oder während der Geburt, einige Kinder wurden in extreme Armut geboren oder wuchsen bei Eltern auf, die mit dem Gesetz in Konflikt kamen, sich trennten oder psychische Erkrankungen hatten, wie zum Beispiel eine Alkoholabhängigkeit. Einige Kinder machten Gewalt- oder Missbrauchserfahrungen oder waren von Todesfällen im näheren Umfeld betroffen.

Emmy Werners Schlussfolgerung nach den ersten 25 Jahren6 war, dass sich Kinder, die biologischen, medizinischen oder sozialen Risikofaktoren ausgesetzt waren, im Schnitt schlechter entwickelten. Sie hatten häufiger mit psychischen oder körperlichen Belastungen zu kämpfen, waren eher verhaltensauffällig oder wurden straffällig und waren später weniger erfolgreich als Kinder, die diesen Risikofaktoren nicht ausgesetzt waren. Diese Erkenntnisse verwundern erst einmal nicht. Belastungen in der Familie und eigene negative Erfahrungen in der Kindheit können das Leben stark überschatten. Selbst wenn man schon lange kein Kind mehr ist, kann es sein, dass man einen sehr schweren Rucksack mit sich herumschleppt und man merkt, dass frühere Erlebnisse einen belasten.

Das bahnbrechende Ergebnis in der Forschung von Emmy Werner war, dass solche Belastungen in der Kindheit nicht zwingend zu Auffälligkeiten und Problemen führen. Als sie die Kinder im Erwachsenenalter untersuchte, stellte sie fest: Ein Drittel der Kinder, die ungünstige Startbedingungen hatten, entwickelte sich trotzdem positiv, führte also ein eher stabiles Leben.7 Im Alter von vierzig Jahren gab es bei ihnen weniger chronische Gesundheitsprobleme oder Todesfälle, weniger Scheidungen, keiner war straffällig, keiner brauchte Sozialhilfe, alle hatten einen Job und blickten eher positiv in die Zukunft.

Die spannende Frage ist also, was bei diesem Drittel anders verlief als bei den anderen zwei Dritteln? Wie haben die Kinder es trotz der Belastungen geschafft, sich so gut zu entwickeln? Für Emmy Werner standen drei Schutzfaktoren im Mittelpunkt:

1. Eine feste Bezugsperson mit enger emotionaler Bindung: Diese Bezugsperson muss kein Elternteil sein. Es kann sich um die ältere Schwester oder den Cousin handeln, um einen Onkel oder eine Oma, einen Freund der Familie, Eltern von Freunden, Lehrer, Sporttrainer oder einen Nachbarn. Entscheidend ist, dass das Kind die Erfahrung macht, dass es jemanden gibt, der es mag und dem es vertrauen kann.

2. Soziale Unterstützung: Auch hierzu können Bezugspersonen zählen, allerdings auch Menschen aus dem erweiterten Bekanntenkreis oder Vereinen, Organisationen, staatliche Institutionen. Dabei handelt es sich um Menschen, die einem Hilfe anbieten oder an die man sich bei Fragen und Problemen wenden kann.

3. Intelligenz und Temperament: Probleme lassen sich leichter lösen, wenn man nachdenkt, sich informiert, realistisch plant und die Bereitschaft aufbringt, auf Verbesserungen hinzuarbeiten. So ist eine gute Bildung, vor allem so grundlegende Fähigkeiten wie Lesen und Schreiben, ein wichtiger Schutzfaktor.

Der israelisch-amerikanische Soziologe Aaron Antonovsky (1923–1994) kam zu ähnlichen Erkenntnissen bei seinen Studien mit Erwachsenen. Er untersuchte Frauen, die das Konzentrationslager überlebt hatten, und stellte fest, dass 29 Prozent von ihnen trotz dieser Erfahrungen in guter psychischer Verfassung waren. Auch er fragte sich, was diese Frauen von den anderen unterschied, und entwickelte das Konzept der Salutogenese8. Das Wort setzt sich aus dem lateinischen Begriff salus (Gesundheit, Wohlbefinden) und dem griechischen Begriff genesis (Entstehung) zusammen und meint so etwas wie »Gesundheitsentstehung«. Diesen Begriff wählte er bewusst als Gegenentwurf zur Pathogenese, bei der die Entstehung und Entwicklung einer Krankheit beschrieben wird.

Bei der Salutogenese geht es also nicht um die Frage, »Was macht den Menschen krank?«, sondern darum, die Fragen zu beantworten, »Was macht den Menschen gesund?«. Was stärkt den Menschen? Was lässt ihn gesund bleiben oder werden? Antonovsky ging davon aus, dass wir alle in uns Ressourcen haben, die uns helfen, mit Risikofaktoren umzugehen. Allerdings unterscheiden sich Menschen darin, in welchem Umfang sie diese Ressourcen nutzen.

Forscher fanden heraus, dass die Selbstwahrnehmung für die eigene Resilienz ganz entscheidend ist. So erleben sich resiliente Menschen nicht als passiv, sondern als aktive Gestalter ihres Lebens9. Eine deutsche Studie zu Resilienz aus den Neunzigerjahren mit Kindern und Jugendlichen, die im Heim lebten, hat ergeben, dass sie mehr Probleme hatten, wenn sie ihre Belastungen als negativer wahrnahmen. Der Studie zufolge hatten resiliente Jugendliche nicht nur ein positiveres Selbstkonzept und fühlten sich seltener hilflos, sondern sie hatten auch eine höhere Selbstwirksamkeitserwartung und waren bereit, sich anzustrengen, waren in der Tendenz intelligenter, netzwerkorientierter und hatten mindestens eine feste Bezugsperson außerhalb der Familie10, 11. Die Bedeutsamkeit davon, wie wir unsere Belastungen selbst bewerten, wurde auch von Studien des Deutschen Resilienz Zentrums der Johannes Gutenberg-Universität bestätigt.12

Sicher hast du nun eine gute Vorstellung davon, was Resilienz ist und was sie bewirken kann. Doch wie entsteht sie und wie lässt sie sich trainieren? Darum geht es im nächsten Abschnitt. Ich schlage dir dafür acht verschiedene Aspekte vor.

Acht Bausteine für Stabilität im Leben

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