Das letzte Mal - Leon Specht - E-Book

Das letzte Mal E-Book

Leon Specht

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Beschreibung

Ayurveda - das klingt eigentlich nach Entspannung, Wellness, gesundem Essen und Meditation. Eigentlich. Denn LTM muss nach ihrer Ankunft in einer Ayurveda-Klinik bei Kassel feststellen, dass bei ihr wieder alles anders ist. Anstelle von Entspannung findet sie in der Klinik eine Leiche. Klar, dass sie sich für die Aufklärung des Mordfalls entscheidet, statt ihre Auszeit mit Tee und Meditation zu genießen. Und damit tritt sie ihren Kollegen aus Kassel gehörig auf die Füße…

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Das letzte Mal

LTM in Kur

Leon Specht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by Waldemar Kramer Verlag in der Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden 2015Covergestaltung: Kerstin Göhlich, Verlagshaus Römerweg GmbHTitelbild: © Leon SpechteBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0481-3

www.verlagshaus-roemerweg.de

Inhalt

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Epilog

Prolog

LTM kochte innerlich.

Ja, Ihr Vater meinte es gut mit ihr. Wie oft hatte er das schon gesagt. Sie verstand ihn mittlerweile. Der Ministerpräsident meinte es sicherlich auch gut. Aber nicht mit ihr. Das war ihr ultraklar.

Da stand sie nun bei diesem Empfang, und wusste, sie musste die Nerven behalten. Musste diese angebliche Würdigung, die sie als Demütigung empfand, ertragen.

In huldvollen Worten pries der Ministerpräsident, den LTM nur MP nannte, ihr Vorgehen in der Klinik. Sie hörte gar nicht mehr zu. MP. Die Assoziation war klar. Er schoss nur, wenn man ihm eine Vorlage gab. Dann aber Dauerfeuer. Wie peinlich.

Am liebsten hätte sie ihm die Zunge rausgestreckt. Mann! Musst du dich immer prostituieren, wenn es um Wählerstimmen geht? Das hätte sie ihm gesagt, wenn sie gekonnt hätte.

Aber sie war gefangen durch ihre Erziehung, durch einen Vater, der ihr vermittelt hatte, dass man seine persönliche Meinung bisweilen nicht sagen konnte. Durfte sie anlässlich der Ehrung den Aufstand wagen? Nein. Natürlich nicht. Also war es sinnvoller, zu warten, um zu einem späteren Zeitpunkt die Trumpfkarte auszuspielen.

Ihre Gedanken wanderten zum Ausgangspunkt dieses Trauerakts. Zu dem Zeitpunkt, an dem für sie alles angefangen hatte. Als ihr Vater ihr die Leviten las, ihre Mutter sie erstmals anschrie und das unheilvolle Geschehen seinen Lauf nahm.

1

LTM war hellwach. Als ob jemand eine Lichtquelle in ihrer Birne angeknipst hätte. Ein Blick auf die Uhr: 7:30 Uhr. Sie ärgerte sich. Eigentlich hatte sie ausschlafen wollen, wenn sie schon nicht arbeiten musste. Aber gestern hatte man ihr bei der Ankunft in der Klinik mitgeteilt, dass sie um 8 Uhr einen Arzttermin hätte. Bitte nüchtern. Eingangsuntersuchung.

Auf schier endlosen Gängen war sie mit ihrem kleinen Rollkoffer minutenlang unterwegs gewesen, bis sie die Nummer 3801 gefunden hatte. Sie hatte ihr kleines Gemach bezogen, das wie ein Hotelzimmer aussah. Kein Wunder: Ayurveda-Klinik bedeutete wohl eher Wellness als Krankenhaus. Den Wecker auf 7:45 Uhr gestellt, ein Buch gelesen und gegen 23 Uhr eingeschlafen. Und nun hatte ihr Unterbewusstsein sie sogar vor dem elektronischen Piepen aus dem Schlaf geholt.

Sie zuckte mit den Schultern, und der Ärger verflog sofort. Gut gelaunt tapste sie barfuß ins Bad. Schlechte Laune und LTM passten nicht zusammen. Wenn sie sich ärgerte, dann nur einige Sekunden lang. Ein Blick in den Spiegel, schnell die Nase gerümpft, mit den Fingern durch die widerspenstigen Haare gestrichen, kurz auf den Topf, die Hände gewaschen: Fertig war die Morgentoilette. Zähne putzen fiel erst noch aus. Sie nahm die Anweisung „nüchtern“ wörtlich.

Munter machte sie sich auf den Weg durch die Klinikgänge. Sie war eine Viertelstunde vor der Zeit und wollte sich ein wenig umschauen. Mehrere Schilder wiesen den Weg zu den Massageräumen, der Therme, der Physiotherapie, zum Frühstücksraum und zum Sekretariat. Vom Arztzimmer keine Spur. Also entschied sie sich, einfach weiterzulaufen. An den Treppenhäusern hingen weitere Übersichten, wie sie sich durch ihre kleine Wanderung am Vortag erinnerte.

Ein stechender Geruch nach Alkohol drang in ihre Nase. LTM schnupperte. Es roch nach frischer Farbe. Die linke Wand war neu gestrichen, wie ein Schild mit der Aufschrift „Nicht berühren, frisch gestrichen“ anzeigte. Sie wunderte sich: Wie konnte man in einer Klinik Farbe mit Lösungsmitteln verwenden? Das fing ja gut an.

Das Gebäude war als großes Quadrat gebaut worden. Nach außen blickte man auf Kassel hinunter, zur anderen Seite lag ein großer Innenhof mit Bänken, schön angelegten Beeten und einem kleinen Labyrinth, von oben gut einsehbar. Zu dieser frühen Stunde irrte dort niemand umher, nur sie selbst war auf den verschlungenen Pfaden der Klinik unterwegs, dachte sie. Schon stand sie vor einer edel gestalteten Tafel: Chefarzt Professor Dr. Dr. Ajith Sharma, in schwungvollen goldenen Lettern. Sie folgte dem Pfeil und befand sich wenig später vor der Tür seines Ordinationszimmers. Ein kurzer Blick auf die Uhr: noch fünf Minuten bis zur vereinbarten Zeit. An der Tür prangte eine bedrucktes Schild. „Bitte warten Sie nebenan in der Teeküche, bis Sie aufgerufen werden.“ Es hielt LTM nicht davon ab, die unverschlossene Tür zu öffnen und einzutreten. Ihr fielen mehrere Punkte für eine mögliche Rechtfertigung ein. Sie sollte die erste Patientin sein, wie sie aus den Unterlagen entnommen hatte. Chefarzttermine von 8 bis 10 Uhr. Warum in der Teeküche warten, wenn sie ohnehin nichts trinken oder essen durfte?

„Hallo?“, rief LTM, als sie das Zimmer des Chefarztes betrat. Keine Antwort, kein Chefarzt zu sehen. Sie blickte auf einen leeren Schreibtisch, umsäumt von weißen Bücherregalen, prall gefüllt mit Bänden in unterschiedlichen Farben. Sie las die Titel auf den Buchrücken. Deutsche, englische und offensichtlich indische Fachbücher, wie sie die Schnörkel auf den Buchrücken interpretierte, reihten sich farblich bunt gemischt aneinander. An der Wand hingen große Karten, die den Körperbau des Menschen in Meridianen nachzeichneten. Hunderte von Akupunkturpunkten waren darauf zu sehen. Wirkte Akupunktur? In ihrem Studium hatte sich LTM auch mit klinischer Psychologie beschäftigt und erinnerte sich an zahlreiche Studien, die alle unterschiedliche Ergebnisse aufgezeigt hatten. Merkwürdig, dachte sie und schnupperte erneut. Ein metallischer Geruch lag im Raum. Sie betrat das Nebenzimmer, dessen Tür nur angelehnt war, und erschrak.

Auf einer Behandlungsliege lag ein nackter Mann. Schwarze Haare, kalkweißes Gesicht, offener Hals. Aus ihm war Blut geflossen, das weite Teile des Bodens bedeckte. Daher der Geruch.

LTM wusste, dass sie den Tatort nicht betreten durfte. Die Blutlache machte es ihr auch unmöglich. Sie spähte von der Tür aus zur Leiche hinüber und meinte zu erkennen, dass der Kopf halb abgetrennt war. Ein großes schwarzes Loch klaffte zwischen Kinn und Hals. Ihr Blickwinkel war nicht ideal. Doch es war eindeutig: Es gab nichts mehr zu retten. Der Mann war mausetot, das Blut bereits angetrocknet.

Ansonsten fiel ihr nichts Ungewöhnliches auf. Kein Chaos. Weder umgestürzte Stühle noch andere Hinweise, dass ein Kampf stattgefunden haben könnte. Der einzige ungewöhnliche Kontrast in dem ansonsten funktional und nüchtern eingerichteten Behandlungszimmer mit den üblichen Geräten und Medizinschränken blieb die dunkelrote Lache auf dem Boden und der Tote auf einer ehemals weißen Patientenliege. LTM ließ ihren Blick erneut wie einen Radarsensor durch den Raum schweifen, um auch nicht das kleinste Details zu übersehen. An einem Kleiderständer hing ein weißer Arztkittel, auf dem Stuhl daneben lagen säuberlich geordnet Kleidungsstücke. Die rabenschwarzen Haare des Toten und seine Gesichtszüge sahen nach einem Inder aus und deuteten neben den anderen Indizien darauf hin, dass der Chefarzt womöglich selbst das Opfer war.

Die Fenster waren alle geschlossen, die Rollos heruntergelassen. Eine weitere Tür gab es in diesem Raum nicht. Der Täter musste also durch das Arztzimmer geflohen sein. Gab es Fußspuren? Auf den ersten Blick nicht.

Sie musste die Polizei benachrichtigen.

2

Am Schreibtisch nahm LTM aus einem Spender ein Papiertuch und hob damit den Hörer des Telefons ab, während sie mit der anderen Hand, die sie in ein zweites Tuch gewickelt hatte, die Notrufnummer wählte. Diese Vorsicht schien ihr unnötig zu sein, aber sicher ist sicher, dachte sie.

Dem Beamten am Telefon gab sie alle notwendigen Informationen durch und bat ausdrücklich um einen Polizeiarzt. Was sollte sie bis zum Eintreffen der Kollegen tun? Sie schaute sich noch einmal in Ruhe im Arztzimmer um und warf einen erneuten Blick in den Nachbarraum. Sie konnte aus der Distanz nichts Neues entdecken.