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Menschen sind gefährlich, sagen sie. Oh ja, vor allem für mein Herz … Seit Jahrhunderten verstecken wir Wassergeister uns vor den Menschen, ihrem Forschungsdrang und ihrer Gier. Nun bin ich eine derjenigen, die an Land gehen und diese Wesen besser kennenlernen soll. Ich habe dafür meine schillernden Schuppen und das paralysierende Gift meiner Fangzähne aufgegeben, aber als ich auf Austin treffe, drohe ich obendrein mein Herz zu verlieren. Er sollte an sein Football-Stipendium denken, ich an meine Heimat. Doch sein Vater sucht wie besessen nach uns Wassergeistern – und Austin könnte meine Chance sein, ihn aufzuhalten. Softcover mit Farbschnitt
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Seitenzahl: 640
Copyright © 2023 by
Drachenmond Verlag GmbH
Auf der Weide 6
50354 Hürth
https://www.drachenmond.de
E-Mail: [email protected]
Lektorat: Julia Adrian
Korrektorat: Lillith Korn
Layout Ebook: Stephan Bellem
Umschlagdesign: Alexander Kopainski
www.kopainski.com
Bildmaterial: Shutterstock
ISBN 978-3-95991-543-4
Alle Rechte vorbehalten
Kehlani
1. Kehlani
2. Kehlani
3. Kehlani
4. Lani
5. Lani
6. Lani
7. Lani
8. Lani
9. Lani
10. Lani
11. Lani
12. Lani
13. Lani
14. Lani
15. Lani
16. Austin
17. Lani
18. Lani
19. Lani
20. Lani
21. Lani
22. Austin
23. Lani
24. Lani
25. Lani
26. Lani
27. Lani
28. Lani
29. Lani
30. Lani
31. Lani
32. Lani
33. Lani
34. Lani
35. Lani
36. Lani
37. Lani
38. Austin
39. Lani
40. Austin
41. Lani
42. Lani
43. Lani
44. Austin
45. Austin
Lani
Playlist
Danksagung
Drachenpost
Für dich, Wiebke,
weil du die Geschichte so gerne gelesen hast
&
für dich Mo,
weil du sie so gerne lesen wolltest.
In the deepest and darkest sea
is there nothing
or everything?
Du bist stark, meine kleine Abenteurerin. Du schaffst das.«
Ich schlinge die Arme fester um meine Mutter, doch die Panik ebbt nicht ab. Ich will nicht, dass sie geht, den Ozean verlässt und den Wellen entsteigt.
»Ich habe Angst.«
»Brauchst du nicht! Denk an all die Dinge, die ich erleben werde und von denen ich dir dann erzählen kann.« Sie haucht mir einen Kuss auf den blauen Haaransatz und schiebt mich sanft ein Stück von sich fort. »In ein paar Monaten bin ich wieder da. Bis dahin musst du hier die Stellung halten und auf deinen Vater aufpassen.«
»Hey, ich habe alles im Griff!«, ruft dieser gespielt beleidigt aus. Er hält Mamas Gepäck bereit, damit es gleich losgehen kann. Doch obwohl er sich unbeschwert gibt, sehe ich, wie blass er ist. Auch er will nicht, dass sie geht.
»Natürlich.« Meine Mutter grinst. Leise raunt sie mir zu: »Pass auf ihn auf, ja?«
Das Muschelhorn ertönt, sein Dröhnen erfüllt das Meer und ich weiß, was es bedeutet: Abschied.
Die Mission, auf die man sie schickt, ist gefährlich und deshalb ist es eine große Ehre, dass Mama gehen darf. Dass man ihr vertraut. Trotzdem macht mir genau das Angst. Was, wenn die Gefahr zu groß ist? Wenn sie es nicht schafft?
Niemand von uns hat jemals Kontakt zu den Cursi gehabt. Die Wassergeister, die vor Jahrhunderten an Land gelebt haben, sind längst nur noch Meerschaum. Die Oberwelt ist uns fremd geworden, mehr eine Legende, denn ein Ort, an dem wir einst ebenso heimisch waren wie sie.
Cursi, Häuser, Strände.
Jetzt ist alles plötzlich ganz real.
»Das werde ich. Und Lani?« Meine Mutter umfasst meine Arme und ich schwimme hinauf, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. Sie lächelt. »Ich komme zurück zu euch. Das verspreche ich!«
* * *
Die Dunkelheit legt sich wie ein sanftes Tuch über das Land und das Meer. Die Wellen branden mit sprudelnden Schaumkronen an den Sandstrand. Vielleicht würden sie im Mondlicht geheimnisvoll schimmern, doch der Himmel ist wolkenverhangen, sodass weder der Himmelskörper noch die Sterne sich zeigen können. Das einzige Licht kommt von dem Haus, nur wenige Meter von der Küste entfernt. Ein schmaler Weg schlängelt sich zu ihm hoch, sein Holz ist morsch und feucht. Ich kann schwach Stimmen von Cursi, den Menschen, vernehmen, höre sie lachen und über Dinge reden, die ich nicht verstehe und die ich nicht kenne.
Das Wasser überspült meinen Kopf, treibt mich weiter zum Strand. Obwohl es nun schon eine ganze Weile ist, die ich hier ausharre, wollen meine Finger nicht aufhören zu beben.
Mama muss hier irgendwo sein. Sie kommt sicher gleich. Denn heute ist der Tag, an dem man sie alle nach Hause holt. Die Mission ist beendet, meine Mama von ihrer Pflicht entbunden. Sie muss nur noch zurückkommen. Ins Wasser.
Wo bleibt sie?
In dem Haus brennt eine Lampe; sie scheint durch die gläsernen Schiebetüren, die die Küche vom Garten trennen. In ebenjenem Garten haben die Cursi Fackeln aufgestellt, die lebhaft flackern, und ihr warmer Schein erleuchtet ihre Gesichter.
Sie nennen es Feuer, das weiß ich, und doch habe ich es noch nie in meinem Leben von Nahem gesehen. Fasziniert beobachte ich, wie das rote Glühen in der Nacht tanzt.
Ich weiß, es ist gefährlich und deshalb auch verboten, an die Oberfläche zu tauchen, aber ich konnte nicht am Grund auf sie warten, war viel zu aufgeregt.
Es wird mich schon niemand bemerken und Mama ist ja gleich zurück. Sie ist die letzte, die zurückkehrt, denn sie ist stärker und mutiger als anderen. Sie war bereits auf vielen Reisen Unterwasser. Papa nennt sie immer Abenteurerin, mit diesem liebevollen Ton in der Stimme, und ich finde, das passt sehr gut zu ihr. So viele Dinge und Geschichten hat sie stets von ihren Ausflügen mit nach Hause gebracht – wo bleibt sie jetzt?! Ich spüre, wie ich unruhig werde, und schließe meine Augen, flehe meine Mutter in Gedanken an, sich zu beeilen.
Das Lachen eines Jungen lässt mich aufschrecken.
Hektisch sehe ich mich um. Die Cursi bewegen sich durch den Garten auf den Strand zu. Wollen sie zu mir?
Sie dürfen mich auf keinen Fall sehen, denn sie sind anders als wir. Wie sie sich bewegen. Wie es ihre Körper nicht verändert, verbessert, wenn klares Wasser über ihre Haut streicht. Sie mögen das Meer, nennen es wunderschön, aber die reißenden Fluten sind heimtückisch und können zur Gefahr für sie werden, denn Cursi können unten auf dem Meeresgrund nicht atmen. Das macht sie schwach und verletzlich. Vor allem, wenn es dunkel wie jetzt ist und sie nicht sehen, wann eine Welle heranrollt. Mich kümmert Dunkelheit nicht. Selbst in den tiefsten Schluchten, wo Laternenfische durch das Wasser ziehen und Plankton herumschwimmt, finde ich mich zurecht.
»Kinder, bleibt hier, es ist Zeit fürs Bett!«, weht eine warme Stimme herüber.
»Ja gleich! Wir wollen nur noch kurz ins Meer!«
»Ihr wart bereits den ganzen Tag schwimmen! Also geht und sagt den Wellen schnell gute Nacht. Dann ab ins Bett!«
Ich tauche unter und warte angespannt. Obwohl mein Kopf unter Wasser ist, kann ich hören, wie zwei kleinere Cursi die Treppe hinuntertrappeln.
Näher zu mir.
Tapp, Tapp.
Ihre Schritte hallen auf dem Holzboden wider.
»Hier irgendwo müssen die hübschen Seesterne gewesen sein! Ich möchte Mami einen zum Geburtstag schenken!«
»Sieh du vorne bei den Felsen nach, ich gucke hier!«
Wieder Schritte. Ich schnaube innerlich. Einen Seestern verschenken? Was glauben die beiden, wer sie sind? Sie gehören ihnen nicht!
Ich treibe ein Stück zurück, um vorsichtig aufzutauchen und einen Blick auf die Cursi zu erhaschen.
Einer von ihnen verschwindet gerade aus meinem Blickfeld, aber der andere ist noch da, ein Junge.
Seine Haare sind bleich wie der Mond, er wird kaum jünger sein als ich. Vielleicht ein oder zwei Jahre. Obwohl mich vieles von ihm unterscheidet, ist er mir erschreckend ähnlich. Mama sagt immer, mehr, als wir wahrhaben wollen.
Ich glaube, ich verstehe, was sie meint.
Der Junge schüttelt seine Flipflops ab und rennt auf das Wasser zu. Unter seinen nackten Füßen knirschen die Kieselsteine.
Abrupt bleibt er stehen. Beugt sich neugierig vor.
»Hallo?«
Wie erstarrt halte ich inne. Ich kann den Blick nicht von ihm wenden. Noch nie war ich einem Cursi so nah!
Er watet durch das Wasser auf mich zu. Klein wie er ist, ist der Saum seiner kurzen Hose schnell nass, das scheint ihn allerdings nicht zu stören.
»Ist da wer?« Jetzt klingt er verunsichert.
Ich muss fort! Mama ist nicht hier und er darf nicht wissen, wer ich bin. Niemals darf er das wissen.
Doch ich bin wie gebannt. Gefesselt von seinem Anblick. Es platscht, als er die Füße bewegt und näher kommt.
Schwimm!, zischt die Stimme in meinem Kopf. Schwimm endlich weg! Du hast schon viel zu viel gewagt.
»Hey, hörst du mich?«
Er klingt verängstigt, als wäre ich etwas Lauerndes, bereit, auf ihn loszugehen. Dabei habe ich genauso viel Angst. Ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Wir fixieren einander. Ruhelos. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er mich erkennen kann, indes rührt er sich genauso wenig wie ich.
Ein spitzer Schrei zerreißt die nächtliche Luft. Ein dumpfer Knall.
Wir zucken beide zusammen, der Junge fährt herum. Er ruft etwas, das ich nicht verstehen kann, im nächsten Moment wird das Wasser um mich herum aufgewirbelt. Jemand packt mein Handgelenk und reißt mich hinab.
»Lani!«
Ich erkenne die Stimme sofort.
»Mama!«
In ihren Augen glitzert es unheilvoll, die Lippen hat sie fest aufeinandergepresst. Ist sie wütend, weil ich hier bin? Ich hatte gehofft, sie würde sich freuen, mich zu sehen.
Doch in ihrem Gesicht steht kein Lächeln. Da ist nur etwas, das mich frieren lässt.
Kalte Angst.
»Wir müssen von hier verschwinden!«, stößt sie hervor. Sprudelnd schäumt das Meer, als wir hinabtauchen. Fort vom Strand, hinein in die offene See, die wilder, tiefer und unberechenbarer ist, als die Menschen ertragen können.
Mama umklammert mein Handgelenk die ganze Zeit über fest. Immer wieder wirft sie gehetzte Blicke über ihre Schulter zurück.
»Mama«, piepse ich. »Du bist so schnell!« Ich kann kaum mit ihr mithalten, sie wird trotzdem nicht langsamer. Im Gegenteil. Mit kräftigen Beinschlägen schießt sie durch das Wasser.
»Ist … Ist alles in Ordnung?«
Schweigen. Als sie erneut zurücksieht, fange ich für den Bruchteil eines Wimpernschlags ihren Blick auf. Er wühlt alles in mir auf, denn meine Mama, meine mutige, starke, schlaue Mama sieht aus, als hätte sie gerade gar nichts unter Kontrolle.
Sie sieht aus, als hätte sie einen großen Fehler begangen.
Das Blau des Meeres wird tiefer und dunkler, so dunkel, dass man kaum noch die Hand vor Augen erkennen kann, bis endlich das helle Licht der Sonnenkugeln die Schwärze vertreibt und den Blick auf unsere schimmernden gläsernen Behausungen freigibt. Ich bin erschöpft von der wilden Schwimmerei und muss erst einmal zu Kräften kommen, Mama hingegen schwimmt aufgekratzt auf und ab. Sie hat gar kein Gepäck bei sich, fällt mir da auf.
»Mama?«
Sie hält unerwartet inne, mit wirrem Blick versucht sie, mich zu fokussieren, sieht mich nicht wirklich an. Ich kann erkennen, dass ihr gerade unzählige Gedanken durch den Kopf rasen, ich bin indes kein einziger davon.
»Es wird alles gut, Lani«, murmelt sie abwesend und versucht sich an einem Lächeln. Meine Herzen ziehen sich schmerzhaft zusammen, denn ich liebe Mamas warmes Lächeln, das mir immer das Gefühl gibt, zu Hause zu sein.
Dieses Lächeln kenne ich nicht.
Es ist verkrampft und alles andere als zärtlich.
»Alles wird gut.«
* * *
Meine Mama ist immer ein ehrlicher Wassergeist gewesen. Sie hat mich nie belogen. Umso mehr tat mir diese Lüge weh, denn von da an wurde nichts wieder gut, sondern alles anders.
Zunächst bemerkte ich es nicht, doch bald fiel mir auf, dass sie zurück an die Oberfläche schwamm, wieder und wieder und wieder. Ich wusste, dass ihr Verhalten seltsam war, denn sie erzählte weder Papa noch mir davon. Sie tat es heimlich. Von den anderen Wassergeistern, die auf der Mission gewesen waren, ging niemand je wieder an Land. Nur sie.
Wenn ich sie fragte, wohin sie verschwand, sagte sie, sie müsse ein wenig den Kopf freikriegen und hätte sich am Korallenriff rumgetrieben. Dabei wusste ich, dass sie an den Strand ging. Dass sie log. Denn ich folgte ihr heimlich, wann immer ich konnte. Sie brachte auch Dinge von diesen Ausflügen mit, doch diese waren nicht wie sonst für Papa oder mich, sondern für eine Kiste, die sie unter ihrem Bett verstaute.
Anfangs war sie nur für eine kurze Weile weg, später wurden ganze Tage daraus, dann Wochen.
Bis sie irgendwann nicht mehr ins Meer zurückkehrte.
Nie mehr.
Ich presse die Lippen aufeinander, erhöhe mit einem kurzen Tippen auf dem leuchtenden Display die Geschwindigkeit, in der sich das Laufband bewegt. Inzwischen brennen meine Waden und Oberschenkel, doch genau darauf habe ich hingearbeitet.
Ich will keine Gedanken mehr in meinem Kopf, kein anderes Gefühl als die pure Erschöpfung.
Das Lauftraining in der Lufthalle, aus der sämtliches Wasser herausgesaugt wurde und in der daher die gleichen Bedingungen wie an Land herrschen, ist anstrengend. Die Schwerkraft ist ein lästiges Biest, das uns, die wir unter Wasser daheim sind, das unangenehme Gefühl gibt, plump und unkoordiniert zu sein. Ich verbringe dennoch jeden freien Moment hier, denn nur so habe ich das Gefühl, mein Leben im Griff zu haben.
Noch schneller.
Ich gehe in den Sprint über. Längst bin ich über den Punkt hinaus, an dem ich fürchte zu stolpern. Das passiert nicht mehr. Es geht einzig und allein um die Zeit, um meine Zeit. Ich bin mein einziger Feind.
Als ich das Laufband anhalte, haben sich vereinzelt Strähnen aus meinem hohen Zopf gelöst. Gehetzt schiebe ich sie hinter meine Ohren, als wäre dieser Makel bereits zu viel. Als würde die fehlende Perfektion meiner Frisur bedeuten, dass auch dieser Tag bereits gelaufen ist. Dabei hat er kaum begonnen.
Bestzeit. Nicht einmal das kann mich beruhigen. Heute steht die Zwischenprüfung an der Akademie an und ich hasse es, nicht zu wissen, was sie darin von uns verlangen werden. Niemand weiß es, denn die Aufgabe wird uns erst gleich verkündet werden.
Gleich.
Meine Kommilitoninnen und Kommilitonen schlafen noch in den Muschelkojen, ich hingegen habe es nicht mehr ausgehalten. Ich musste etwas tun, mich produktiv fühlen, kontrolliert.
Die Ausbildung an der Akademie bedeutet mir alles. Sie bringen uns bei, wie es ist, an Land zu leben. Unter Menschen zu wandeln. Wir werden Teil der Mission sein, die vor Jahren begonnen hat: mit meiner Mutter. Seither wurden unzählige Wassergeister an die Oberfläche geschickt, um die Menschen auszuspähen und kennenzulernen, nachdem wir uns jahrelang vor ihnen versteckt hielten.
Es ist die Mission, an die ich meine Mutter verloren habe.
Wenn ich erst an die Oberfläche darf, kann ich vielleicht verstehen, was sie dort so fasziniert hat.
Warum sie auch nach der Mission noch dorthin schwamm und vor allem: Warum sie nicht mehr zurückgekehrt ist.
Ich verlasse den Trainingsraum und spüre, wie meine Kiemen zurückkehren und sich Schwimmhäute zwischen Zehen und Fingern bilden. Ich tauche die langen Flure entlang. Leuchtend rosa Quallen treiben sich darin herum, ein paar giftgelbe Fische kreuzen meinen Weg. Die Akademie erinnert an eine gigantische gläserne Koralle und besitzt entsprechend viele Öffnungen und Spalten, durch die andere Meeresbewohner gelegentlich hereinschwimmen. Ich vermeide es, mich umzuschauen, als müsste ich mich vor meinem eigenen Blick fürchten, der mir in den spiegelnden Glaswänden begegnen könnte.
Denn nur ich weiß, dass ich einen weiteren Grund als die übrigen Wassergeister habe, an Land zu gehen. Was, wenn das noch jemand anderes sehen würde? Ich will es mir nicht ausmalen. Sicher dürfte ich dann nicht hochschwimmen. Sie brauchen konzentrierte Absolventinnen, keine emotionalen.
Ich konzentriere mich also auf die Kugeln, in denen wir das Sonnenlicht verwahren; es schafft den weiten Weg bis zu uns nicht hinab. Also haben wir gelernt, es aus dem Wasser zu filtern und zu konservieren. Auf diese Weise können wir die Tageszeiten messen: Gerade schimmern die Sonnenkugeln nur schwach, der Tag hat noch nicht begonnen.
Im Schlafsaal herrscht noch tiefe Stille. Ich schwimme zu der geöffneten Muschel, die mir gehört. Sie treibt an einer Kette, die sie an Ort und Stelle hält. Unter dem weichen Kissen aus Tang verberge ich meinen größten Schatz: Mutters Muschelamulett. Ich klappe es auf. Kleine Blubberblasen steigen daraus empor, in ihnen spiegelt sich das Gesicht meiner Mutter, ihr warmes Lächeln.
»Wo bist du nur?«, flüstere ich.
Ich lasse die Muschel zuschnappen. In einem kleinen Beutel aus Algen befinden sich noch einige weitere meiner kostbarsten Besitztümer. Oder eher: Mamas kostbarster Besitztümer, denn diese Schätze waren es, die sie von ihren Reisen mitbrachte und in ihrer geheimen Kiste versteckte. Erst lange, nachdem sie verschwand, habe ich es gewagt, sie an mich zu nehmen: Als ich mich an der Akademie bewarb, um die Mission fortzuführen und ihr an Land zu folgen.
Denn wenn es so weit ist, werde ich Mama dort oben finden.
An Land. Bei den Cursi.
Und den Grund, warum sie ging.
Noch konnte ich nicht herausfinden, was ihr Verschwinden mit dem Fläschchen violetter Flüssigkeit oder der in Folie gepressten Seite zu tun hat, die dem Titel nach eine Besitzurkunde ist. Für ein Haus. Auf den Namen Parker. Warum auch immer das relevant ist.
Ich fische den Schlüsselanhänger aus Metall aus dem Beutel, in den ein Name geprägt worden ist:
Westworgh.
Ein Ort in der Oberwelt, das konnte ich bereits herausfinden. Der Ort, an dem sie ist? Ich kann den Tag kaum erwarten, an dem ich an Land gehen und die Antwort endlich erfahren werde.
Ein Dröhnen hallt durch die Akademie und lässt das Wasser um mich herum vibrieren.
Sofort schrecke ich auf.
Jetzt schon?!
Hektisch verstaue ich die Sachen unter dem Kissen und ziehe meine eng anliegende silbrige Trainingskleidung zurecht. Das Oberteil sitzt wie eine zweite Haut, die Hose ebenso. Wassergeister brauche keine Kleidung, Cursi schon.
Diese Anzüge bereiten uns auf sie vor.
Mit einem Mal herrscht reges Treiben um mich herum. Muscheln klappen auf, Wassergeister schwingen sich hinaus und schießen an mir vorüber. Ich verlasse den Schlafsaal fluchtartig. Meine Herzen pochen heftig. Es sind zwei, fast so viele, wie sie ein Tintenfisch besitzt.
»Kehlani!« Daxton schwimmt aus einem gläsernen Gang zu mir hinab, wahrscheinlich hat auch er die letzten Stunden mit Vorbereitungen verbracht, er ist niemand, der ausschläft oder gar Zeit vertrödelt. »Bist du bereit?«
»Natürlich«, entgegne ich meinem Mentor und Trainingspartner und versuche dabei, möglichst gelassen zu klingen. Doch das Beben meiner Stimme verrät mich. Er bemerkt es, er bemerkt alles und kommentiert diese Schwäche wie auch alle anderen: mit einer gehobenen Braue.
»Ich möchte, dass du ruhig bleibst, ganz gleich, welche Aufgabe sie gleich stellen werden. Es bringt nichts, im Kopf alles zu überschlagen und in Panik zu verfallen. Wir haben geübt. Wenn du dich anstrengst und an das hältst, was ich dir im Training gezeigt habe, wird es wohl keine Katastrophe.«
»Sehr optimistisch.«
»Wie bitte?«
»Nichts, nichts«, murmele ich und folge ihm nach draußen in den Innenhof der Akademie. Es ist ein nahezu magischer Ort. Der Glaspalast, in dem wir unterrichtet werden, schwebt inmitten der tiefsten Schwärze des Ozeans, mit eisernen Ketten an seinem dunklen Grund verankert. Der Innenhof ist ein gigantisches Loch in der Mitte dieses Komplexes. Das Licht der Sonnenkugeln bricht sich in den geschliffenen Wänden und erfüllt die Dunkelheit mit seinen bunten Strahlen.
Ich habe mich schon immer gefragt, wie etwas Gebrochenes so wunderschön sein kann.
Nach und nach treffen die Prüflinge ein. Viele sehen verschlafen aus. Ein Glück, dass Daxton mich härter fordert, als es die anderen Mentoren mit ihren Schützlingen tun: Ich bin es gewohnt, vor allen anderen aufzustehen, um allein zu trainieren, und deshalb hellwach – und bereit. Wenngleich schrecklich nervös.
»Gehört das zur Prüfung?«, frage ich Daxton, obwohl mir bewusst ist, dass er keine Ahnung hat. Kein Mentor oder Mentorin soll seinem Schützling einen Vorteil verschaffen können, deshalb sind sie unwissend wie wir. Dennoch hätte man Daxton sicher informiert, sollte es eine zeitliche Planänderung gegeben haben. Oder?
Doch auch er hebt nur die Schultern.
»Sie wollen sicher, dass ihr lernt, auf spontane Planänderungen zu reagieren.«
Ich unterdrücke ein Stöhnen.
Ich hasse spontane Planänderungen!
Im Gegensatz zu mir bleibt Daxton vollkommen ruhig und gelassen. Klar, er hat seinen Einsatz ja ebenfalls schon hinter sich. Deshalb wurde er wie die anderen Rückkehrer zu einem Mentor für die neuen Rekruten. Für mich.
Ich presse die Lippen aufeinander. Meine Mutter hätte auch Mentorin sein können, vielleicht sogar meine, wäre sie hier unten geblieben.
Das Muschelhorn wird erneut geblasen und ich verteile mich mit Daxton und all den anderen Wassergeistern kreisförmig im Innenhof. Angespannt warten wir darauf, dass etwas geschieht, und als es schließlich passiert, beginne ich mit meinen kleinen Flossen hektisch zu paddeln, um nicht in die Tiefe zu treiben. Mit meiner Rückenflosse halte ich mich aufrecht.
Wächter in glänzenden Rüstungen tauchen zu uns hinauf, in ihrer Mitte einen Wassergeist, der mir nur allzu bekannt vorkommt: Keno. Er wird auch an der Akademie ausgebildet. Seine Ausbilderin ist eine Freundin von Daxton und ihre blauen Augen blitzen auf, als sie ihren Schützling erkennt.
Sie sieht nicht so aus, als hätte sie davon gewusst, dass man ihn festgenommen hat.
Wofür?
Kenos schaumkronenweiße Haare umwirbeln sein Gesicht, sodass ich kaum einen Blick darauf erhaschen kann. Seine Schuppen hingegen, die seine Haut bedecken, sehen blass und farblos aus, genau wie die silbrigen Runen an seinen Schultern. Die Wächter zerren ihn in unsere Mitte, ihnen folgt der Leiter der Akademie, ein imposanter Mann, der zugleich Mitglied des Parlaments ist, das die Regeln unserer Welt aufstellt. Ein Mann mit Macht, einer, den niemand zum Feind haben möchte.
Ich spreize unruhig die Finger, spüre, wie sich die Schwimmhäute dazwischen spannen. Was geht hier vor sich?
»Kaleias und Levikas.«
Lernende und Lehrende. Der Leiter wirft einen Blick in die Runde. »Heute beginnt die Zwischenprüfung für alle neuen Rekruten. Zuvor muss ich leider mitteilen, dass einer von euch nicht daran teilnehmen wird.«
Er wendet sich Keno zu, der merklich bebt. Der Leiter schwimmt hinter ihn.
»Dieser junge Wassergeist hat gegen unsere wichtigste Regel verstoßen und die Oberwelt aufgesucht. Er ist an Land gewesen. Das ist nur denjenigen gestattet, die an dieser Akademie ausgebildet werden und im Rahmen einer Prüfung oder Mission die Erlaubnis dazu erhalten.«
Gemurmel versetzt das Wasser in Schwingungen.
»O nein …«
Daxton wirft mir einen strengen Blick zu. »Er hat es nicht anders verdient, Kehlani.«
»Er kann doch nicht …«
»Er hat einen Fehler gemacht. Dafür muss er bezahlen.«
Daxton drängt mich zurück. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass ich vorwärts geschwommen bin. »Halte deine Gefühle im Zaum, Kehlani.«
Ich spreize erneut die Finger. Diese Ermahnung höre ich nicht zum ersten Mal. Wassergeister sind reserviert, sie denken rational und handeln stets überlegt. Daxton hat mich mehr als einmal dafür kritisiert, dass ich diese Dinge vermissen lasse. Er sagt, ich sei zu weichherzig, beinahe naiv. Ich dürfe nicht alles an mich heranlassen, müsse meine Empathie gewählt lenken – was auch immer das bedeutet.
»Keno von den schnellen Wassern«, erschallt es vom Leiter, »ist von einem Cursi entdeckt worden und hat damit unsere ganze Existenz in Gefahr gebracht.«
»Sie ist nicht gefährlich!« Leben kommt in Keno. »Sie ist wunderschön! Ich wollte mich auf die Prüfung vorbereiten, bin aufgetaucht, um zu wissen, wie die fremde Welt aussieht. Da habe ich sie gesehen.«
Sie. Eine Menschenfrau.
Das Murmeln wird lauter, die anderen werfen sich entsetzte Blicke zu. Der Leiter verengt die Augen.
»Cursi sind nicht schön. Sie sind gierig. Sie dürfen nicht auf uns aufmerksam werden, denn wann immer dies geschah, haben sie uns gejagt und getötet. Sie wollen beherrschen und besitzen. Doch was sie nicht verstehen, ja, nicht beherrschen können, das fürchten sie. Das vernichten sie.«
Ich schaudere.
Von Fischen wissen wir, dass sie in Aquarien gehalten werden, schrecklichen Glaskästen, an denen sich die Cursi die Nasen plattdrücken, um sie zu beobachten. Von Delfinen und Orcas hörten wir, es gäbe Vergnügungsparks, in denen Cursi Meerestiere gefangen halten und Kunststücke rein zu ihrem Vergnügen aufführen lassen. Von den endlosen Schleppnetzen, die sie über den Meeresboden ziehen, ganz zu schweigen. Ich blinzele zu Daxton hinüber. Im Licht der Sonnenkugeln sind die zahlreichen Narben in seinem Gesicht leicht zu erkennen.
»Deshalb«, bellt der Leiter, »gilt seit Jahrhunderten vor allem eines: Kein. Cursi. Darf. Uns. Finden.«
Daxton beugt sich zu mir hinüber. »Sieh hin, Kehlani. Das passiert, wenn man glaubt, die Cursi seien harmlos.«
»Ich will das nicht sehen!«
»Manche Dinge muss man selbst erleben«, entgegnet Daxton und berührt eine besonders breite Narbe, die sich quer über seinen Hals zieht. Der Schnitt hat damals seine Kiemen schwer verletzt. Er hatte großes Glück, dass er überlebt hat. »Es ist wichtig, zu wissen, wo unsere Grenzen sind.«
Einer der Wächter zieht ein Messer aus einem Haifischzahn hervor und reicht es dem Leiter. Dieser legt eine Hand auf Kenos Schulter, während zwei weitere Wächter seinen Kopf packen und hochzerren. Ich sehe direkt in seine stechend blauen Augen, die er mit jedem Wassergeist gemein hat.
Ich sehe die unbändige Angst in ihnen.
»Hiermit verbanne ich dich, Keno von den schnellen Wassern, von der Akademie und aus der Gemeinschaft der Wassergeister. Wenn du zu den Menschen gehören möchtest, dann soll es so sein. Schwimm zu ihnen.«
Ratsch.
Mit einem Ruck zieht der Leiter den Haifischzahn über Kenos Rücken und zerfetzt die Rückenflosse. Das Geräusch, das Keno dabei ausstößt, geht mir durch sämtliche Schuppen. Eine Mischung aus Schreien und Stöhnen, so gequält und schmerzerfüllt, dass ich zittere.
Keiner von uns rührt sich. Wir halten kollektiv den Atem an. Ich sehe Lider zucken, wie Lippen zusammengepresst werden oder Flossen an den Fußknöcheln unruhig hin und her peitschen. Dennoch: Schweigen.
Nicht einmal Kenos Mentorin wagt es, zu protestieren. Auch sie weiß, dass es Regeln gibt. Konsequenzen.
In mir hingegen ist es unerträglich laut.
Keno brüllt: »Ich habe nichts Falsches getan! Niemand ist zu Schaden gekommen!«
Wie ein Wahnsinniger windet er sich hin und her, schafft es, sich aus dem Griff eines Wächters zu befreien, und stößt ihn von sich. Ein Aufschrei geht durch die Menge, als er einem anderen den Haifischzahn entwendet und ihn drohend von sich streckt.
»Jemand muss ihn aufhalten!«
»Er dreht völlig durch!«
Im nächsten Moment geht alles rasend schnell. Ein Wächter stößt vor, Keno hackt nach ihm. Blut wabert durch das Wasser, der Leiter reagiert blitzschnell. Er zieht einen weiteren Haifischdolch und verstümmelt mit einem sauberen Schnitt Kenos Kiemen.
Sein Brüllen verwandelt sich in ein ersticktes Gurgeln.
Er beginnt zu paddeln, hektisch will er aufsteigen. Ich schwimme vor, Daxton packt mich grob.
»Er wird sterben!«, keuche ich.
Jeder hier weiß, dass wir viel zu tief unten sind, am dunkelsten Meeresgrund, wo nichts mehr ist und gleichzeitig alles.
»Das war seine Entscheidung.«
Trotzdem gibt Keno nicht auf, was bleibt ihm ohne seine Kiemen auch anderes übrig?
Es dauert nur wenige Augenblicke, bis sein lebloser Körper zurück in unsere Mitte sackt, hinabsinkt in die Schwärze des Grabens, über dem die Akademie thront.
Ohne Kiemen kein Sauerstoff. Ohne Sauerstoff kein Leben.
Auch nicht für Wassergeister.
Der Leiter wischt Kenos Blut an seiner Rüstung ab, es wabert als Wolke durch das Wasser, folgt Keno in die Tiefe. Es verflüchtigt sich nur langsam und mir dreht sich der Magen um.
»Einhundertsechs Jahre«, dröhnt der Leiter. »So lange verstecken wir uns nun schon vor den Cursi. Wir verließen die Weiher und Flüsse unserer Vorfahren und flohen in die Sicherheit des Ozeans, aus Furcht vor dem, was sie uns antaten. Doch selbst hier sind wir nicht sicher. Denn sie mögen zwar unsere Existenz vergessen haben, ihr Drang, sich die ganze Welt untertan zu machen, ist ungebrochen. Es ist diese Hybris, die ihnen und uns allen zum Verhängnis werden wird. Deshalb dürfen wir nicht länger ausharren, wir müssen handeln!«
Zustimmendes Gemurmel erhebt sich.
»Wir sind stark, stärker denn je! Die Furcht hat uns wachsam gemacht, mutig und unbeugsam. Die Welt, die wir einst verließen, und jene, die nun unsere Heimat ist, muss verteidigt werden. Das ist der Grund, warum ihr hier seid. Warum ihr euer Leben dem Dienst der Akademie verschrieben habt!«
Keno ist vergessen, die Prüflinge schlagen sich die Faust auf die Brust und brüllen: »So ist es!«
»Wir bilden euch aus, lehren euch, unerkannt unter den Menschen zu leben, damit ihr die Oberwelt aufsuchen und Informationen über sie sammeln könnt. Damit wir eines Tages dazu in der Lage sind, sie aufzuhalten und unsere Meere, unsere Heimat vor ihren Öltankern, ihren Forschungsbooten, Müllbergen und Fischernetzen zu beschützen. Doch das funktioniert nur, solange wir ein Mythos bleiben, etwas, das einzig in ihren Geschichten existiert. Die oberste Regel lautet daher: Lasst euch niemals erwischen! Seid wachsam. Die Zwischenprüfung wird zeigen, ob ihr einer Mission gewachsen sind.«
Meine Herzschläge beschleunigen sich, als wollten die beiden Herzen in meiner Brust sich gegenseitig überholen.
Ich kann mich nicht beruhigen.
Gerade eben mussten wir mit ansehen, wie Keno gestorben ist, jetzt bekommen wir unsere Anweisungen?!
»Das ist eure Aufgabe«, fährt der Leiter fort. »Ihr werdet für drei Monate die Oberwelt aufsuchen. Jeder Prüfling wird selbst den Ort auswählen, sich eine Möglichkeit für den Aufenthalt suchen und nach drei verglühten Sonnenkugeln an Land gehen.«
Stille. Nicht weniger angespannt als eben.
»Und dann?«, fragt jemand.
Der Leiter wendet sich ihm zu. »Dort beweist ihr, dass ihr unter den Menschen leben könnt, ohne von ihnen entdeckt zu werden. Das ist die Voraussetzung, unter der wir euch überhaupt auf eine weitere Mission schicken können.«
»Weiter nichts?« Alia von den schwarzen Sümpfen klingt ungläubig. Der Leiter hat sie gehört und pflügt so pfeilschnell durchs Wasser, dass er nur eine Kiemenöffnung und -schließung später vor ihr treibt.
»Glaub mir.« Sein Lächeln ist kühl. »Das ist schwer genug.«
Alia schweigt. Ich sehe, wie ihre Rückenflosse zittert, und nicht nur ihr Blick zuckt in die Tiefe, in der Keno nun ruht und vermutlich Laternenfischen als Mahlzeit dient.
»Es geht hier nicht um irgendeine Mission. Es geht um unsere gesamte Art und ihre Existenz. Nur wenn wir die Cursi verstehen und ihre Schwachstellen kennen, können wir sie aufhalten. Dazu brauchen wir Rekruten, die gelernt haben, sich wie Cursi zu bewegen, Freundschaften zu schließen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Überlebt drei Monate unerkannt an Land und erweist euch als kompetent genug, in einer echten Mission Nachforschungen anzustellen und konkrete Gefahren durch die Cursi zu verhindern. Nur dann bilden wir euch hier weiter aus.«
Er dreht sich einmal um die eigene Achse, sein langes Haar wabert wie Algen um ihn herum und seine stechend blauen Augen blitzen uns an. »Ich wünsche euch viel Glück.«
Der Leiter stößt hinab und verschwindet in den Tiefen der Akademie. So ist es bei Wassergeistern üblich: Je tiefer du im Meer lebst, desto höher dein Ansehen. Ich frage mich, ob er nach Keno sehen wird, bezweifle es jedoch.
Das Wasser um uns herum wird in merkliche Schwingungen versetzt. Es wird aufgeregt getuschelt, Flossen peitschen durch das Meer, als nach und nach alle nach drinnen verschwinden, um mit der Planung zu beginnen.
Ich kann mich nicht rühren, um ihnen zu folgen. Der Schock lastet auf mir. Daxton muss es bemerkt haben, denn er ergreift meinen Arm und zieht mich nach oben. Mit kräftigen Beinschlägen schwimmt er an der Glasfassade vorbei, hinauf zu den zerklüfteten Felsen, die die Schlucht einfassen. Nur selten steigen wir so weit hinauf, dass wir das Ende der Gesteinswand erreichen. Algen und Seegras kauern zwischen den Ritzen des rauen Steins und wiegen sanft in der Strömung. Sie erinnern mich an die Schlieren aus Blut, die ähnlich leicht im Meer trieben.
»Kehlani!«
Ich schrecke auf. Daxton packt meine Schultern und hält mich so auf der Stelle treibend fest. Sein Blick fesselt meinen.
»Was machen wir hier? Sollten wir nicht auch beginnen?«, frage ich bemüht leichthin, woraufhin er schnaubt und eine Reihe Luftbläschen aufsteigt. Er durchschaut mich sofort.
»Nicht, bevor du dich nicht im Griff hast! Wir trainieren seit Jahren hierfür, das ist deine Chance! Wenn du diese Prüfung vermasselst, wirst du die Akademie verlassen müssen. Dann war es das mit der großen Mission für dich!«
»Ich weiß«, erwidere ich knapp.
Es macht mich wütend, dass er glaubt, ich würde die Zwischenprüfung nicht ernst nehmen. Nein, eigentlich mache ich mich selbst wütend, weil Daxton recht hat und ich gerade nicht bei der Sache bin. Obwohl das hier alles für mich bedeutet.
»Ach ja? Was war das gerade dann bitte?!«, bohrt er sogleich nach. Ich weiche seinem Blick aus, doch er wendet den seinen nicht ab. Ich spüre ihn auf meiner Haut wie Seeigelgift.
»Ich kann nicht fassen, dass er tot ist …«
»Weil er einen Fehler gemacht hat!«, entgegnet Daxton sofort. »So etwas darf sich hier niemand erlauben, am allerwenigsten die Lernenden. Also sei nicht töricht und begehe selbst einen, indem du dich ablenken lässt!« Er sieht sich um, drückt er erneut meine Schulter. »Kehlani. Ich weiß, du hoffst, die Cursi seien vielleicht nicht so gefährlich, wie alle behaupten, aber sieh dir an, was sie aus Keno gemacht haben! Er ist völlig durchgedreht, hat gebrüllt und einen von uns angegriffen! Die Welt da oben kann dich verändern, deshalb darfst du niemals vergessen, woher du kommst und woher sie kommen. Wie sie sein können.«
Ich nicke ruckartig. Mir war nicht klar, dass Daxton ahnt, dass ich manchmal, ganz leise, meine Zweifel habe. Mama ist nach ihrer Mission zu ihnen zurückgekehrt.
Wieder und wieder.
Wie schrecklich können die Cursi da schon sein?
Ich muss es herausfinden.
Insofern hat Daxton recht: Das mit Keno war heftig, ich darf mich davon trotzdem nicht aus der Bahn werfen lassen. Hier geht es um zu viel, um meinen Platz an der Akademie zu gefährden!
Ich muss an die Oberfläche!
»Das werde ich nicht«, sage ich mit Nachdruck. »Es war nur … hart mit anzusehen.«
Er legt eine Hand auf meine Schulter, eine große Geste für ihn. »Ich weiß, aber vertrau mir, es ist besser so. Cursi glauben nur an Dinge, die sie sehen, und wenn Keno nie wieder auftaucht, haben sie keinen Beweis für unsere Existenz. Dann jagen sie etwas nach, das andere als Hirngespinst abtun. Kenos Tod dient unserer Sicherheit!«
Daxton greift in seine silbrigweißen Haare, die sein scharf geschnittenes Gesicht umrahmen, und fasst sie zu einem Zopf zusammen. Wenn er sie sich so streng aus dem Gesicht bindet, treten die harten Konturen noch stärker hervor, genau wie die Narben, auf die er jetzt deutet.
»Weißt du, woher ich die hier habe?«
Seine Frage überrumpelt mich. Nie zuvor hat Daxton mit mir über die Schnitte gesprochen, die seinen Nasenrücken, seine linke Wange und vor allem seine Arme grausam verletzt haben.
»Von den Cursi?«, vermute ich nach einem Zögern und er bestätigt es.
»Ich bin als Kind in eines ihrer Fischernetze geraten und habe Panik bekommen. Unzählige Fische waren mit mir dort drin, alle haben gezappelt. Ich habe mit meinen Zähnen das Netz zerrissen. Die Seile haben meine Haut zerschnitten, aber ich habe es geschafft. 17 Sonnenkugeln hat es gebraucht, bis ich wieder zusammengeflickt und einigermaßen bei Kräften war. Dennoch sind diese Narben kein Vergleich zu dem, was geschehen wäre, wenn sie mich entdeckt hätten. Wir wissen, wie sie Fische sezieren und verspeisen, sie untersuchen oder ausstellen.«
Ich erinnere mich an die entsprechenden Einheiten, die wir in der Akademie zu diesem Thema hatten. An die grauenvollen Berichte und die Besuche der Krankenstation, auf der Fische behandelt wurden, die Plastiktüten im Bauch hatten oder Öl in ihrem Magen.
»Deshalb habe ich mich für die Mission gemeldet. Um den Cursi Einhalt zu gebieten. Sie glauben, sich alles erlauben zu können, alles zu beherrschen. Ihr Land reicht ihnen nicht, sie wollen auch das Meer. Das muss aufhören!«
Er klingt beinahe wie der Leiter, eine Position, die ich mir durchaus bei ihm vorstellen könnte. Daxton hat Ambitionen, die weit über die meinen hinausgehen. Er will unsere Art retten. Ein hehres Ziel. Ich hingegen suche etwas anderes. Jemand anderes.
»Wassergeister wie Keno gefährden uns alle mit ihrem Leichtsinn und ihrer Gutgläubigkeit. Er behauptet, nicht alle Menschen seien schlecht? Das mag sein. Doch jeder einzelne, der von uns weiß, bringt uns der Ausrottung einen Schritt näher. Deshalb, Kehlani, sag mir, warum ist dir diese Mission wichtig? Warum hast du dich beworben?«
Ich schließe kurz die Augen, verdränge die Bilder von Kenos verstümmelten Kiemen, die Erinnerung an seine Schmerzenslaute. Ich muss rational denken, muss mein Ziel im Blick haben.
Denn ich habe eines: Ich will meine Mutter finden.
Das kann ich Daxton nicht sagen. Er ist nicht nur streng mit mir, sondern auch absolut. Ich will ihm keinen Anlass geben, zu glauben, ich würde in eigenem Interesse handeln und könnte dieses über das Wohl der Wassergeister stellen.
Nicht so wie Keno.
»Ich will wie meine Mutter sein. Ich will an Land gehen und das unterstützen, woran sie geglaubt hat: Ein Leben, in dem wir keine Angst mehr haben müssen.«
»Gut.« Daxton nickt. »Dann reiß dich gefälligst zusammen. Wir haben jetzt eine Aufgabe: Du musst einen Ort in der Oberwelt auswählen, an dem du drei Monate leben wirst. Was sind die Kriterien dafür?«
Ich weiß, was er hören will.
»Es muss ein Ort sein, an dem es viel regnet, denn zu viel direkte Sonneneinstrahlung ist gefährlich für unsere Haut. Es sollte größere Flüsse oder einen See in der Nähe geben, weil unsere Körper den regelmäßigen Kontakt zu Wasser brauchen – jedoch besser nicht an der Küste, denn dann müsste ich Ausreden erfinden, warum ich nicht mit den Cursi schwimmen gehe.« Wir sind Amphibien. Wir können im Wasser und an Land leben, doch nur in Ersterem treten unsere Schuppen und unsere kräftigen Haarfarben hervor. Unsere Flossen, Fangzähne und Runen kann ich vor ihnen verstecken, alles andere schwerlich.
»Weiter«, fordert Daxton ungerührt.
»Ich wähle einen eher ruhigen, abgelegenen Ort, denn ich war noch nie an Land. Eine Großstadt wird überfordernd sein.«
»Wir schwimmen ins Kartenarchiv. Du hast die meisten der Karten bereits studiert, deshalb will ich, dass du noch vor dem Abendessen einen Ort auswählst, der für diese Mission in Frage kommt.«
Er wartet auf keine Antwort, sondern wendet sich ab und taucht an einem kleinen Fischschwarm vorbei zur Akademie. Alle meine Schuppen beginnen derweil zu kribbeln.
Drei Monate an Land und ich muss alles allein vorbereiten. Ich treffe die Entscheidungen.
Hastig schwimme ich Daxton nach, schließe zu ihm auf, noch bevor wir die ersten Ausläufer der gläsernen Koralle erreicht haben.
»Ich habe bereits einen Ort im Sinn«, verkünde ich. Natürlich lässt Daxton sich seine Überraschung nicht anmerken, falls er denn überrascht ist. Vielleicht hat er auch erwartet, dass ich vorbereitet bin. So wie er: allzeit bereit.
»Welchen?«
Ich begreife erst jetzt, was für eine Chance mir geboten wird: Was auch immer aus dir geworden ist, Mama, ich finde es heraus!
Selbstbewusst recke ich das Kinn.
»Ich werde nach Westworgh gehen.«
* * *
Drei Sonnenkugeln. Mehr Zeit lässt man uns nicht, um alles für unseren Aufenthalt an Land vorzubereiten. Nach meinem Gespräch mit Daxton bin ich wild entschlossen. So viele Erwartungen liegen auf mir: Daxton will, dass sich sein Training bezahlt macht, und verlangt in der kurzen Zeit noch mehr als ohnehin schon. Ich schlafe kaum noch, verbringe sämtliche Pausen im Trainingsraum, setze zum wiederholten Mal die getönten Kontaktlinsen ein und bete die Namen von Küchengeräten herunter, die Cursi verwenden.
Nicht nur der Leiter, auch sämtliche Wassergeister erwarten, dass wir einen Beitrag dazu leisten, unsere neue Heimat zu beschützen.
Mama ist nicht mehr hier, doch ich spüre auch ihre Erwartungen auf mir lasten. Ich erinnere mich, dass sie vor ihrer Abreise keine Angst hatte. Im Gegenteil, sie hat die Mission als eine Art großes Abenteuer gesehen.
Du bist stark, meine kleine Abenteurerin, hallen ihre Worte in meinen Gedanken nach und ich wünschte, ich wäre so mutig wie sie. Auch wenn ich neugierig bin, wie die Cursi sind, die ich nur aus Geschichten und Legenden kenne, muss ich gestehen, dass ich Angst habe. Immerhin handelt es sich um die gefährlichsten Geschöpfe dieser Welt!
Nicht zuletzt erdrücken mich meine eigenen Erwartungen. Ich will diese Zwischenprüfung meistern und unter Beweis stellen, dass ich alledem gewachsen bin, damit Daxton ja keine Zweifel daran bekommt. Ich muss an Land. Andernfalls werde ich niemals herausfinden, warum meine Mutter verschwand.
Ist ihr dort etwas geschehen? Oder hat sie jemand anderes kennengelernt und ist deshalb dortgeblieben?
Fern von mir und Vater?
Zu ihm bin ich auf dem Weg. Es ist der Abend vor der Prüfung, meine letzte Chance, ihn noch einmal an mich zu drücken und zu verabschieden. Auf einem Mantarochen gleite ich durch das Wasser, verlasse die Schlucht und schwimme mit ihm über den Seetangwald, in dem wir als junge Wassergeister so gerne verstecken gespielt haben.
Ich bin müde, Daxton hat mich vorhin noch laufen lassen, meine Muskeln brennen. Im Kopf gehe ich zum wiederholten Mal die Strecke durch, die wir morgen zurücklegen müssen, um nach Westworgh zu gelangen. An den Tiefseekabeln entlang bis zur großen Bucht, dann den Fluss hinauf.
Die Tiefseekabel, sie gleiten auch jetzt unter mir hindurch, lange, glänzende Röhren, durch die die reine Macht Cursi fließt. Ihre Stärke und ihre Schwäche zugleich.
Wir brauchen im Gegensatz zu ihnen keinen elektrischen Strom, aber wir haben gelernt, ihre Tiefseekabel anzuzapfen und ihn zu unserem Vorteil zu nutzen. So können wir in den Lufträumen der Akademie Laptops betreiben und uns in ihre Systeme einhacken. Dadurch konnte ich mir eine Wohnung mieten und mich an der örtlichen Highschool einschreiben.
Ich erreiche mit meinem Manta die schillernden Halbkugeln, die wir unser Zuhause nennen. Sie erinnern an die fluoreszierenden Schirme von Quallen und hängen an fließenden Bändern, die mit dem Meeresboden verwachsen sind.
»Hallo, Kleines!«, begrüßt mich mein Vater und berührt, wie es Brauch ist, meine Nase. »Komm, Clea hat wunderbares Essen für uns gemacht.«
Ich zwinge mich zu einem Lächeln. Mir ist zwar bewusst, wie viel sicherer wir leben, wenn wir jemanden an unserer Seite haben, trotzdem wäre es mir lieber, der Platz an Papas Seite wäre noch frei.
Für Mama. Falls sie zurückkommt.
Dass sie es noch nicht tat, heißt nur, dass es etwas gibt, dass sie daran hindert.
Etwas oder jemanden.
Ich begrüße Clea höflich, umarme sie sogar flüchtig. Aus ihrer Sicht hat sie keinen Fehler gemacht. Papa war allein, sie war allein – und ein Wassergeist ohne Partner schwebt in ständiger Gefahr. Deswegen werden Partnerschaften unter Wassergeistern schließlich geschlossen: aus Kalkül. Wir brauchen jemanden, sei es, um einen Haiangriff abzuwehren, oder gemeinsam in die tieferen Schluchten auf der Suche nach Nahrung zu tauchen. Einen Partner, der beständig da ist, uns Schutz und Sicherheit bietet.
Dennoch versetzt mir Cleas Anblick an Papas Seite einen Stich. Es hat nicht lange gedauert, bis sie Mama ersetzt hat, und dass wir seither nicht mehr über sie reden, macht es eher schlimmer.
Ich habe Papa nie offenbart, wie sehr mich das verletzt. Was sollte ich auch sagen? Vermutlich werde ich selbst eines Tages mit Daxton zusammenleben, ganz gleich, was Papa von ihm hält. Daxton ist intelligent und zielstrebig, ich lerne schnell und bin ehrgeizig, wir ergänzen uns gut. Im besten Fall leben wir unser ganzes Leben zusammen und brauchen uns keine Sorgen zu machen.
Papa mag Daxton nicht. Vielleicht, weil er – wie Mama – nur für die Mission lebt.
Ist das etwas, mit dem ich leben kann?
Dabei sollte ich mir diese Fragen nicht stellen. Es geht nicht um ein gutes Leben, es geht ums gut Überleben.
Als ich mich nach dem Essen von Papa und Clea verabschiede, umarmen mich beide.
»Viel Erfolg, Kehlani«, sagt Clea. »Du wirst die Zwischenprüfung sicher problemlos meistern!«
Papas Flosse an seinem linken Knöchel zuckt. Das tut sie immer, wenn das Gespräch auf die Akademie kommt. Er sagt nichts, zieht mich kurz an sich. Ich bin mir nicht sicher, wie er darüber denkt, dass ich denselben Weg wie Mama wähle und die Welt der Cursi betrete. Gesagt hat er dazu nie etwas, aber eigentlich ist sein Schweigen auch Antwort genug.
Ich kehre zum Mantarochen zurück und gleite auf seine riesigen Flossen. Das war es also: das Lebwohl. Nur eine Umarmung, kein Wort des Bedauerns, nicht einmal ein Vorwurf. Als wäre selbst das zu viel. Als könnten wir nicht einmal so von ihr sprechen. In Form von einer Warnung.
Erst jetzt, da ich zum Horizont blicke, wird mir bewusst, wie sehr ich mir wünsche, dass er etwas gesagt hätte.
Über die Akademie, die Mission oder Mama.
Über die Lücke, die sie hinterlassen hat.
»Kehlani!«
Ich sehe über die Schulter zurück. Mit kräftigen Beinschlägen schießt er heran, sieht mich ernst und seltsam erschüttert an. Und zum allersten Mal frage ich mich, ob er es weiß: Dass ich sie suchen werde, dass ich allein deshalb diesen Weg gehe, um sie zu finden und die Lücke zu schließen.
Ich halte die Luft an, wünsche verzweifelt, dass er etwas dazu sagt. Dass ich sie finden soll. Dass ich sie zurückbringen soll. Dass er sie und uns vermisst.
Doch Papa spricht nichts davon aus. Es sind lediglich zwei Worte, die er mir zum Abschied schenkt:
»Komm zurück.«
Es ist so weit.
Meine Finger beben, als ich das Aufbereitungsset von der Mentorin entgegennehme. Sie war es, die Keno trainierte, die stumm zusah, als er ermordet wurde. Ermordet. Ein Ausdruck, den die anderen wohl nicht verwenden würden. Sollte seine Mentorin über Kenos Tod entsetzt sein, so verbirgt sie es zumindest gekonnt. Statt ihrem Schützling bei der Transformation zum Cursi zur Seite zu stehen, kümmert sie sich um das Organisatorische.
»Kontaktlinsen, Zahnschiene, Halsband und Korsett«, zählt sie auf und schenkt mir ein Lächeln. Unglaublich, sie hat sich perfekt im Griff. Oder es ist ihr egal.
Ob Daxton genauso abgebrüht zum Pflichtprogramm übergegangen wäre, hätte er meinem Tod mitansehen müssen? Ich blinzele zu ihm hinüber, gebe mir dann einen Ruck und schwimme zu ihm.
Er hat einen der Muschelsitze für uns reserviert, in dem ich mich nun fertig machen werde. In der Glasfront kann ich mein Spiegelbild sehen, denn die Sonnenkugeln sorgen dafür, dass es in der Akademie deutlich heller ist als draußen.
»Bist du aufgeregt?«, will Daxton wissen, während ich damit beginne, die Kontaktlinsen über meine stechend blauen Iriden zu schieben. Ihre Farbe ist deutlich intensiver, als es für Cursi üblich ist, und muss deshalb verborgen werden. Außerdem haben wir durch die geringere Helligkeit im Meer schwächer pigmentierte Augen – die Kontaktlinsen sollen also uns vor der Sonneneinstrahlung über Wasser schützen, die uns unter Umständen sogar erblinden lassen könnte. Deshalb werde ich an sonnigen Tagen zusätzlich eine sogenannte Sonnenbrille tragen müssen, die ich mir probeweise ins Haar schiebe. Die Augentropfen, die man für uns hergestellt hat, verstaue ich in einer kleinen Tasche.
»Ich wäre wohl verrückt, wenn ich es nicht wäre«, sage ich unbedacht und füge hastig hinzu: »Ich habe mich abgesehen davon selbstverständlich im Griff!« Demonstrativ schiebe ich die maßgefertigte Schiene auf meine spitzen Eckzähne. Das Lächeln, das ich Daxton schenke, gleicht jetzt dem eines Cursi.
Ohne Reißzähne und ihr paralysierendes Gift.
Es wäre mehr als abträglich für die Mission, sollte das Gift durch einen ärgerlichen Zufall in die Venen eines Cursi gelangen. Nicht, dass ich vorhätte, den Cursi so nahe zu kommen, aber man weiß ja nie.
Daxton reicht mir die breite Kette, die meine Kiemen an Land verdecken wird, und hilft mir, sie anzulegen. Noch liegt sie locker um meinen Hals; erst über Wasser, wenn sich die Kiemen leicht zurückbilden, werde ich sie fester ziehen.
»Das hier ist die letzte Gelegenheit, mit mir zu sprechen, falls du noch Fragen haben solltest«, erinnert mich Daxton. »Über Wasser musst du allein klarkommen. Du darfst mich nicht kontaktieren.«
Ich habe derweil zur Feile gegriffen, um meine Krallen zu kürzen, damit sie mehr wie die Fingernägel der Cursi aussehen.
»Ich weiß.«
Ich lege die Feile zurück, ziehe das letzte wesentliche Utensil hervor: ein eng anliegendes Korsett, um die Rückenflosse abzuschnüren. Aus offensichtlichen Gründen werde ich es erst an Land tragen, Daxton hilft mir dennoch, es ein letztes Mal anzuprobieren, um zu überprüfen, ob es wirklich perfekt sitzt. Ich nutze die Gelegenheit, ihm nicht direkt in die Augen blicken zu müssen, für das, was mir bereits die ganze Zeit unter den Nägeln brennt.
»Eine Frage habe ich tatsächlich.«
Daxton zieht die Schnüre des Korsetts ruckartig fest und ich muss heftig mit meinen Beinen strampeln, um ohne meine Flosse die Balance zu halten.
»Könntest du … mir ein Paket schicken? Ich habe ein paar Sachen, die ich dort oben brauche.«
»Ein Paket?« Daxton klingt wenig überzeugt. »Der Leiter hat alles, was ihr mitnehmen dürft, abgesegnet: Kleidung, die Tarnausrüstung und die Muschel, mit der ihr im äußersten Notfall Kontakt zu uns aufnehmen könnt. Was solltest du noch brauchen?«
»Ein paar Kleinigkeiten«, weiche ich aus. »Ich habe bereits alles vorbereitet, du musst das Paket nur von einigen kleineren Fischen in den Westriver bringen lassen.«
»Ist es etwas Verbotenes?« Er zurrt das Korsett noch etwas fester zusammen und mein Brustkorb protestiert.
Rasch schüttele ich den Kopf. »Natürlich nicht! Es sind bloß … Karten, die ich gezeichnet habe, damit ich mich über Wasser besser zurechtfinden kann. Ich will nicht, dass der Leiter denkt, ich würde mir einen Vorteil verschaffen wollen, aber er hat es auch nicht verboten, sich vorzubereiten, meine ich. Du sagst doch auch immer, ich solle alle Gelegenheiten nutzen, die ich habe. Und das hier scheint mir eine Art Lücke zu sein.«
Daxton schweigt und ich wage nicht, mich zu ihm umzudrehen.
»Du hast das Paket bereits gepackt?«
»Es liegt unter meinem Algenkissen.«
Die anderen um uns herum bringen das Wasser mit ihren Stimmen zum Vibrieren, sodass ich befürchte, Daxtons Antwort zu verpassen. Schließlich lockert er die Schnüre, hilft mir aus dem Korsett heraus.
»Passt perfekt.«
Ich bin nicht sicher, ob er nur das Korsett oder auch die Kiste meint, leider erhalte ich keine Gelegenheit, um nachzufragen, denn gleich darauf ertönt das Dröhnen des Muschelhorns und ruft uns hinaus auf den Innenhof.
Erneut finden wir uns am Treffpunkt ein und erneut verstummen alle, sobald der Leiter zu uns hinauftaucht. Ich spreize meine Finger, spüre den Druck der Schwimmhäute.
Bald werden sie verschwunden sein.
»Kaleias«, dröhnt der Leiter und das eine Wort hängt schwer im Wasser. »Ihr habt euch allesamt angemessen auf diese Zwischenprüfung vorbereitet. Entsprechend darf ich euch nun verabschieden.«
Der Leiter weist auf die gläserne Fassade der Akademie, an der ein kleiner Abschnitt zu schimmern beginnt.
»Wir wollen sehen, wohin ihr gehen werdet. Alia von den schwarzen Sümpfen.«
Sie schwimmt vor und in der Glasfassade zeigt sich das Bild einer Stadt. Die Sonne über ihr ist so grell, dass ein Ächzen durch die Anwesenden wandert. Hände werden gehoben, um Augen abzuschirmen. Ich blinzele gegen die beißende Helligkeit, erkenne knallige Häuserfassaden und – Cursi. Sie spazieren auf braungebrannten Beinen umher, tragen Shorts und Sonnenbrillen. Selbst für sie ist das Licht zu grell.
»Du gehst nach Phoenix in Arizona, Alia. Interessante Wahl. Viel Erfolg!«
Sie bedankt sich eilig und nimmt den schmalen Reif entgegen, den jeder von uns erhält. Er ist nicht so breit wie das Schmuckstück derjenigen, die bereits an Land waren und erfolgreich zurückgekehrt sind. Mein Arm kribbelt bei der Vorstellung, dieses sichtbare Zeichen tragen zu dürfen.
Das Zeichen dafür, dass auch ich an Land gehen darf.
Alia schwimmt nach oben, wo die Mentorinnen und Mentoren mit den Koffern warten.
Ich bin die Nächste.
»Kehlani vom kleinen Riff.«
Der Weg zum Leiter kommt mir endlos vor, doch kaum treibe ich vor ihm, erfüllt mich Entschlossenheit.
Ich will, dass diese Prüfung beginnt.
Ich will endlich an die Oberfläche.
Darauf habe ich so lange hingearbeitet, es wird Zeit.
Das Glas hinter mir zeigt ein Bild von Minnesota, dem Bundesstaat, in dem Westworgh liegt. Es ist weitaus weniger hell, die Bäume mit ihrem dichten Blätterdach dämpfen das Licht. Wir sehen einen schmalen Fluss, kleinere Häuser, weniger Cursi. Am Blick des Leiters kann ich nicht erkennen, was er über meine Wahl denkt, seine Worte sind dieselben wie für Alia:
»Du gehst nach Westworgh, Minnesota. Interessante Wahl. Viel Erfolg.«
Ich bedanke mich und strecke ehrfürchtig den Arm aus, damit der Leiter den Ring um ihn schließen kann. Stolz betrachte ich das silbrige Funkeln unterhalb meiner Schulter, dann schwimme ich mit Daxton hoch, nehme meinen Koffer an mich und ziehe ihn mit auf die Flossen eines Mantarochen, der neben vielen anderen bereits auf uns wartet.
»Zu den Bahnhöfen«, verlangt Daxton und die klugen Tiere tragen uns mit eleganten Flossenschlägen durch das Meer.
Ich versuche, meine Umgebung ganz bewusst wahrzunehmen, um mir alles einzuprägen: die Seetangwälder und Fischschwärme, die wiegenden Anemonen und die schillernden Korallen. Wir tauchen unter Felsbögen hindurch, umschwimmen das steinige Riff mit seinen zahlreichen bunten Bewohnern, den orange leuchtenden Seepferdchen, hellrosa Seesternen und knallgelben Fischen. Seegras wiegt sanft am sandigen Meeresgrund, dann tauchen wir tiefer hinab in die blaue Dunkelheit, durchqueren breite Schluchten und Gräben, die die Natur geschaffen hat.
All das sehe ich für die kommenden Monate zum letzte Mal.
Du bist stark, meine kleine Abenteurerin.
Es ist Mamas Stimme in meinem Ohr und ich will sie verbannen, genauso wie ich mich an sie klammere, denn ich möchte so gerne stark sein. Ich muss stark sein.
Die Mantarochen bringen uns schnell an unser Ziel: eine gigantische fluoreszierende Kuppel, deren Eingang von bogenförmigen Felsen gerahmt wird. Hinter ihrem Glas verbirgt sich der Bahnhof.
Der Weg für Wassergeister, in weit entfernte Städte von unsereins zu gelangen.
Gleichzeitig unser Tor in die Welt der Cursi.
Menschen.
Ich muss mir dringend angewöhnen, den Namen für sie zu verwenden, den sie selbst nutzen.
Für mich ist es das erste Mal, dass ich mit den Unterwasserzügen reise. Ich umfasse den Griff meines Koffers fester und gleite von den Flossen des Rochens, streiche dem Tier über den Kopf.
»Danke«, flüstere ich in ihrer Sprache.
Daxton treibt zur Eile.
»Der Zug fährt gleich!«, ruft er über die Schulter, bevor er durch einen der Eingänge hineinschwimmt. Ich folge ihm und sofort umgibt mich Stimmengewirr. Wassergeister drängen an uns vorbei und Daxton ergreift meine Hand, damit wir uns nicht verlieren.
»Gleis 10, schnell Kehlani!«
Daxton deutet an die Decke, die uns überspannt und an der Buchstaben und Zahlen in hellen Farben aufleuchten. Ich muss den Kopf weit in den Nacken legen, um sie erkennen zu können. Für gewöhnlich brauchen wir im Wasser keine solch klaren Wege wie die zahlreichen schimmernden Glasbrücken. Um die schiere Flut an Reisenden zu ordnen, sind sie allerdings hilfreich.
Wir schwimmen hinauf zu einer von ihnen, die der Beschilderung nach zu den Gleisen 1 – 10 führt.
Daxton schiebt sich ungeduldig an einer Familie vorbei, wobei die Mutter ihre Kinder rasch zur Seite zieht, sobald ihr Blick auf den breiten Reif an Daxtons Oberarm fällt.
»Einer, der in der Oberwelt war«, sagt sie leise zu den Kleinen, deren Augen groß werden.
»Wow! So jemanden habe ich noch nie gesehen.«
Ich bemerke, dass sie auch mich beobachten und den schmalen Ring an meinem Arm. Etwas verlegen wende ich den Blick ab und stelle dabei fest, dass es sich bei den Brücken um Hohlräume handelt, die ebenfalls mit Wasser gefüllt sind und durch die Tiere hindurchschwimmen können. Ein Schwarm Silberfische zieht unter uns entlang, weicht einem Tintenfisch aus, ein Seestern klebt am Glas. Beinahe hätte ich Daxton darüber im Gedränge verloren, doch seine ungeduldige Stimme ist unverkennbar:
»Kehlani! Wir haben keine Zeit für so etwas!«
Die Waggons des Zuges an Gleis 10 sind bereits gut gefüllt, als wir ankommen. Ich tauche mit dem Koffer hinein, gerade noch rechtzeitig, denn hinter mir schließen sich die Türen des silbrigen Gefährts. Bei unserem Anblick schwimmen mehrere Wassergeister bereitwillig zur Seite, legen ihre Hände ehrfurchtzollend auf ihre Herzen.
Ich sichere mir einen Platz weiter vorn – es gibt Schlingen aus dick geflochtenem Seegras, mittels derer man sich festbinden kann, um nicht durch den fahrenden Zug zu treiben. Muschelschalen wurden zusätzlich zu Sitzen umfunktioniert und ich drücke den Koffer nach oben in die dafür vorgesehene Gepäckablage. Auch hier gibt es Schlingen, um die Fracht zu sichern, und ich mühe mich damit ab, das sperrige Ding zu befestigen … erfolglos. Sofort wollen mir Passagiere zur Hilfe eilen, aber ich lehne dankend ab. Daran muss ich mich gewöhnen. Dinge ganz allein zu schaffen.
Daxton nimmt direkt neben mir Platz, als wollte er mich im Auge behalten, damit ich nicht davonschwimme. Beinahe hätte ich gelacht. All die Mühe, um nun klein beizugeben?
Der Zug setzt sich in Bewegung und ich blicke durch die großzügigen Fenster nach draußen. Die Gleise verlaufen auf dem Meeresboden, ganz ähnlich wie in der Welt der Cursi. Wir zischen durch einen röhrenförmigen Tunnel aus dem Bahnhof, werden schneller und schneller, bis mit einem Mal das Glas um uns herum verschwindet und wir uns im offenen Meer befinden.
Begeistert sehe zu, wie die Fische vorbeirauschen – bunte Farben, verschwunden, bevor sie richtig da waren. Wir gleiten rasend schnell durch das Wasser, entfernen uns weiter und weiter von zu Hause.
Du bist stark.
Dieser eine Gedanke trägt mich, während der Zug dahinrauscht. Die Türen öffnen sich am Ende des Waggons, eine junge Schaffnerin schwimmt herein und kontrolliert die Tickets der Passagiere, um zu überprüfen, ob sie im richtigen Zug sind, und ihnen zu sagen, wann sie aussteigen müssen. Ich werde sofort nervös:
»Daxton?! Ich habe nicht an ein Ticket gedacht«, stoße ich hervor. Mir wird heiß, was für ein wechselwarmes Lebewesen absolut kein gutes Zeichen ist. Soll es das jetzt gewesen sein? Die Prüfung beendet, weil ich kein Zugticket besorgt habe?! Daxton hat keine Zeit, um mir zu antworten, denn gleich darauf treibt die Schaffnerin neben uns.
Ich öffne den Mund, da fällt ihr Blick auf die Ringe an unseren Armen und sie senkt den Kopf, erweist uns mit der Berührung ihrer Herzen die Ehre.
»Möge das Meer Sie schützen«, wispert sie, dann schwimmt sie weiter. Überrascht schließe ich meinen Mund wieder, blicke zu Daxton, der lediglich die Brauen hebt, also verkneife ich mir jede weitere Frage und blicke wieder nach draußen.
Dann und wann halten wir in anderen Bahnhöfen, Wassergeister schwimmen nach draußen, nicht ohne dabei die Hälse zu recken, um einen verstohlenen Blick auf uns zu erhaschen. Daxton bemerkt es entweder nicht oder er ignoriert es gekonnt, auf mich hingegen wächst der Druck mit jeder ehrfürchtigen Geste und jedem leisen Getuschel.
»Viel Erfolg«, sagt ein älterer Mann mit tiefseeblauem Haar, bevor er den Zug verlässt. »Die Wassergeister sind Ihnen zu tiefstem Dank für Ihren Mut verpflichtet.«
»Es ist uns eine Ehre«, entgegnet Daxton und legt ebenfalls die Hand auf seine Herzen. Der Mann deutet auf meinen schmalen Reif.
»Mein Enkel ist auch einer der Kaleias für die Zwischenprüfung. Passen Sie bloß auf sich auf dort oben!«
»Das werde ich.«
»Ich habe meinen Vater an die Cursi verloren. Ein ausgelaufener Öltanker hat das Meer verunreinigt und die Kiemen so vieler Wassergeister verklebt, sodass sie elendig erstickten. Ihr seid die Hoffnung, dass Dinge wie diese endlich aufhören, oder wir zumindest einen Weg finden, in Sicherheit leben zu können.«
Er berührt erneut seine Brust, dann schwimmt er fort. Eine Zeit lang blicke ich ihm nach, bewegt von seinen Worten.
Als sich die Türen hinter ihm schließen, stelle ich fest, dass der Zug inzwischen geisterhaft leer ist. Zischend setzt er sich in Bewegung, doch das Geräusch verklingt bald und es tritt eine gespenstische Stille ein. Keine Flossen, mit denen jemand durch das Wasser paddelt, keine Gespräche, kein Gedränge.
Zurück bleiben nur Daxton und ich.
Ein sanftes Pling durchbricht schließlich die Stille.
»Endstation. Bitte verlassen Sie den Zug. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt«, säuselt eine sanfte Stimme.
Sofort wirbele ich wie elektrisiert herum und presse neugierig die Nase ans Fenster, wobei sich natürlich wenig verändert hat. Das Wasser ist etwas bläulicher, meine ich, und die Fische scheuer.
»Wir sind da, im Westriver«, sage ich, sowohl zu Daxton als auch zu mir selbst. Ich habe hunderte Karten studiert und einen Ort ausgesucht, an dem wir am auftauchen können, ohne dass uns jemand sieht. »Von da aus ist es nicht allzu weit bis …«
Ich verschlucke mich an meinen eigenen Worten. Der Bahnhof, an dem wir aussteigen, ist vollkommen verlassen. Unser Zug ist der einzige, der eines der vielen Gleise benötigt, und auch der zischt nun davon, als könnte er es kaum abwarten, zu verschwinden. Wie ausgestorben liegen die Brücken da, die Gleise sind von Algen überwuchert. »Ähm … bis zu dem Haus, das ich ausgesucht habe«, fahre ich hastig fort. Meine Stimme klingt dünn und ich bemühe mich, etwas dagegen zu unternehmen. »Das muss früher ja ein recht großer Bahnhof gewesen sein.«
»War es auch.« Daxton schwimmt neben mir in Richtung der Ausgänge. Das Felsentor ist verfallen, überhaupt erinnert alles um uns herum eher an eine Ruine aus längst vergangener Zeit, als Wassergeister noch an Land leben konnten.
Als wir dort eine zweite Heimat hatten.
»Westworgh war eine gute Wahl von dir, weil es ein ruhiger Ort ist. Wir erwarten hier keinerlei Probleme. Seine Geschichte ist jedoch relativ aufregend – weißt du, warum?«
Ich nicke rasch. »Das Städtchen existiert seit Ewigkeiten, einst von einem Hexenzirkel gegründet, der von Siedlern ausgelöscht wurde. Sie nahmen sich das Land und ernannten es zu ihrem«, rattere ich die Informationen herunter, die ich über Westworgh zusammentragen konnte.
Weit über unseren Köpfen wird es allmählich heller, ich vermute den See, den ich entdeckt habe, und folge dem Lauf des Flusses, der ihn speist.