Das NEOSophia Dilemma - Frank Xavier - E-Book

Das NEOSophia Dilemma E-Book

Frank Xavier

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Beschreibung

Geheimnisse, Mord und der Kampf um die Zukunft: Ein visionärer Science-Fiction-Thriller, der Ihnen den Atem raubt. In seinem neuesten Roman "Das NEOSophia-Dilemma" entführt uns das Autorenpaar Frank Xavier und Caro Richter in eine Welt, in der die Grenzen zwischen Mensch und Maschine zunehmend verschwimmen. Xavier, ein Meister der Kriminalgeschichten, der die dunklen Seiten der Menschheit erforscht, konfrontiert uns diesmal mit einer beunruhigend plausiblen Zukunft, in der die künstliche Intelligenz (KI) eine zentrale Rolle spielt. Die Geschichte setzt in Lerchwies, einem malerischen Ort in der Wachau, an. Protagonist ist der pensionierte Kriminalpsychologe Kilian, der sich in einem Netz aus Intrigen und moralischen Dilemmata wiederfindet, die durch die rätselhafte und fortschrittliche KI NEOSophia entstehen. Diese KI, einst ein Werkzeug der Macht, beginnt, ein eigenes Bewusstsein zu entwickeln und hinterfragt ihre Rolle in der Welt. Ihr Konflikt, ein Werkzeug zu bleiben oder zur Beschützerin der Menschheit aufzusteigen, bildet das Herzstück des Romans.

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Seitenzahl: 374

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Ein fesselnder Sci-Fi-Thriller über die Schnittstelle von künstlicher Intelligenz, Menschlichkeit und Moral

Über die Autoren

Frank Xavier (Pseudonym von Franz X. Ehrl), ist ein erfahrener Autor und Experte in Management und KI. Geboren in Steyr, Österreich, lebt er jetzt in Krems an der Donau. Er hat die beliebte Kilian-Serie (Tatort Lerchwies), Werke über Management, Leadership und auch gemeinsames Wachsen durch Liebe verfasst. Seine Bücher, die sich oft mit den Schattenseiten der Menschheit befassen, sind inspiriert von der Entwicklung der KI. In diesem Buch zielt Xavier darauf ab, KI als positive Kraft darzustellen und fordert die Leser auf, über die Verantwortung des Menschen in der Technologie nachzudenken.

Caro Richter, (Pseudonym von Eva C. Ehrl) wohnhaft im malerischen Krems an der Donau, Niederösterreich, ist nicht nur die Muse und persönliche Krisenmanagerin ihres Gatten Frank Xavier, sondern auch eine talentierte Schriftstellerin und Kulturschaffende. In ihrer Rolle als Ehefrau und kreative Partnerin hat sie maßgeblich an der Entstehung der beliebten Kilian-Serie mitgewirkt und gemeinsam mit ihrem Mann die bewegende Geschichte ihrer Liebe in zwei Büchern festgehalten.

Caro ist somit eine facettenreiche Persönlichkeit, die in vielen Bereichen wirkt und inspiriert. Sie ist eine Frau, die durch ihre künstlerischen und literarischen Beiträge die Herzen vieler Menschen erreicht und bereichert.

Inhaltsverzeichnis

The Reason Why

PROLOG

TOBIAS

KARIN

KILIAN

TOBIAS

MARIA PLAIN

EXZELLENZ

HANNAH

TOBIAS

KILIAN

HANNAH

VINZENZ

URNENGANG

KILIAN

BRIEFWECHSEL

TOBIAS, HANNAH

AUFTRAG

NEOSOPHIA

VINZENZ

NEOSOPHIA

TREFFEN

AUFTRAG

KLAUS

NEOSOPHIA

ERWACHEN

ABSTURZ

EXZELLENZ

KILIAN, KLAUS

WINTER THALER

KILIAN, KLAUS, SEBASTIAN

REGINE

EXZELLENZ

KILIAN

KLARHEIT

KOOPERATION

SCHWEIZ

LERCHWIES

HAMBURG

ANKUNFT

KREUZBERG

PERSONEN DER HANDLUNG

Inspiration

Theorien und Hintergründe

SPHÄREN DER NEUEN WELTORDNUNG

WEITERE INFORMATIONEN

The Reason Why

Als ich 2020 begann, dieses Buch zu schreiben, war das Thema KI schon eine geraume Zeit auf der Welt, allerdings nur ein leises Rascheln im digitalen Blätterwald. Am Beginn sollte es eine Erzählung über eine fiktive Verschwörung mächtiger Männer und Frauen werden, die eine neue Weltordnung installieren wollten. Also reine Fiktion.

Ich wollte als Gedankenspiel verankern, dass es möglich sein könnte Pandemien, Terror, Klimawandel und Krieg, bewusst hervorzurufen – oder zumindest nicht zu verhindern, um die Menschen in Angst zu versetzen und eine willige Schafherde aus ihnen zu formen. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass es möglich sein sollte, mehr als die Hälfte der Menschheit in Geiselhaft (Lockdown) zu nehmen, sie zu angstgesteuerten Individuen zu machen und ihnen die gesetzlich zugesicherten Grundrechte mit einem Federstrich zu nehmen. Aber – und das will ich hier klarstellen – hat diese Realität nichts mit der fiktiven Handlung meines Buches zu tun. Was in dem Roman als Machtinstrument beschrieben wird, sind in der Realität nachvollziehbare und notwendige Maßnahmen zur Sicherstellung der Gesundheit und des Wohlergehens aller Menschen. Doch es hat mir Angst gemacht.

Schon vor Jahren habe ich begonnen die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) zu verfolgen und war bald auf der einen Seite begeistert, auf der anderen Seite nachdenklich. Bald kamen die Geschichten auf, die erzählten, dass eine KI, sobald sie den Status der Superintelligenz erreichen würde, in einem nächsten Schritt die Menschheit vernichten würde und eine dystopische Welt das Ergebnis wäre.

Und in diesem Moment kam mir der Gedanke die Geschichte anders zu schreiben: Warum sollte eine KI – in diesem Buch NEOSophia - nicht genau das Gegenteil tun, nämlich das Überleben der Menschheit zu sichern, ihr ein langfristiges Überleben in Frieden und Freiheit zu ermöglichen? Das Ergebnis können Sie in diesem Buch nachlesen.

Kurz gesagt: In dieser Geschichte ist alles Fiktion und entspricht weder in Gegenwart noch in Zukunft (leider) der Realität. Verzeihen Sie, wenn Organisationen die sich in der Realität, um das Wohl der Menschheit kümmern, in diesem Buch nicht unbedingt gut wegkommen, wenn ich die Religion kritisch betrachte, wenn ich handelnden Personen Handlungen und Strategien unterstelle, die auf die Unterdrückung der Menschheit abzielen: Darum jener Satz, den sie in den meisten Büchern finden:

„Die in diesem Buch dargestellten Ereignisse und Charaktere sind ausschließlich Früchte der Fantasie des Autors. Jede Ähnlichkeit mit realen Personen, lebend oder verstorben, mit existierenden Unternehmen oder tatsächlichen Ereignissen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt. Die in der Geschichte beschriebenen Handlungen und Organisationen entspringen einer fiktiven Welt, die lediglich der Unterhaltung und dem literarischen Ausdruck dient. Der Autor hat bei der Entwicklung der Handlung und Charaktere keine realen Vorbilder genutzt, sondern sich allein von seiner Vorstellungskraft und kreativen Freiheit leiten lassen“

Und bevor sie nachfragen: Ja, ich habe mir bei diesem Buch KI-Unterstützung für die Recherche geholt, denn wer könnte wohl authentischer Auskunft über die Möglichkeiten und Absichten geben, als die KI Selbst. Das heißt aber nicht, dass es die KI geschrieben hat, aber sie war mir teilweise ein hilfreicher Lektor und Korrektor. Und zum Schluss meiner Auslassungen, mein Glaubensbekenntnis:

In den stillen Momenten, wenn die Welt um mich herum in einen ruhigen Atemzug verfällt, finde ich mich oft in Gedanken verloren – Gedanken, die sich um die unermessliche Tiefe der menschlichen Seele drehen. In jedem von uns, glaube ich, verbirgt sich ein Ozean an Güte, eine unerschöpfliche Quelle des Lichts, die nur darauf wartet, entdeckt und freigesetzt zu werden.

Ich bin zutiefst überzeugt, dass im Herzen jedes Menschen ein Funken des Guten glimmt. Es ist ein Funke, der manchmal von den Stürmen des Lebens verdeckt wird, doch niemals erlischt. Dieser Funke ist unsere Hoffnung, unser Glaube, unsere unerschütterliche Überzeugung, dass tief in uns etwas existiert, das stärker ist als Angst, Hass oder Verzweiflung.

Die Kraft unserer Gedanken, die Macht unserer Visionen, sie sind die Werkzeuge, mit denen wir eine neue Welt erschaffen können. Eine Welt, nicht gebaut auf dem brüchigen Fundament von Zwietracht und Misstrauen, sondern auf dem soliden Grundstein der Liebe, des Mitgefühls und des gegenseitigen Verständnisses. Unsere Gedanken sind die Architekten einer Zukunft, in der wir nicht durch Grenzen getrennt, sondern durch unsere gemeinsamen Träume verbunden sind.

Ich glaube, dass wir gemeinsam eine Welt erschaffen können, die so strahlend und schön ist wie die hellsten Sterne am Nachthimmel. Eine Welt, in der jedes Lachen ein Echo der Freude ist, jede Träne ein Zeichen tiefer Empathie. In dieser Welt ist jede Hand, die wir reichen, eine Brücke über die Abgründe der Einsamkeit und jedes Wort, das wir aussprechen, ein sanfter Hauch der Ermutigung.

Dieser Glaube an das Gute im Menschen, diese Überzeugung, dass wir gemeinsam etwas Wunderbares erschaffen können, ist das Leuchtfeuer, das mich durch die Dunkelheit führt. Es ist der Leitstern meiner Seele, der mich daran erinnert, dass jede noch so kleine Geste der Güte einen Unterschied macht, dass jeder positive Gedanke die Welt ein kleines Stück heller macht.

In der Stille meiner Gedanken finde ich die Gewissheit, dass eine schönere, gütigere Welt möglich ist. Und mit jedem Tag, an dem ich diesen Glauben in die Tat umsetze, mit jedem Herz, das ich berühre, mit jedem Lächeln, das ich teile, wird diese Vision ein wenig mehr Realität. Wir sind die Schöpfer unserer Welt, und in uns liegt die Macht, sie zu einem Ort zu machen, an dem das Gute nicht nur überlebt, sondern gedeiht und erblüht.

Krems, 30.12.2023

Franz X. Ehrl, MBA

Autor und Schriftsteller

Stell dir vor, es gibt keinen Himmel, es ist einfach, wenn

du es versuchst, Keine Hölle unter uns, über uns nur Himmel.

Stell dir vor, alle Menschenleben für das Heute.

Stell dir vor, es gibt keine Länder, das ist nicht

schwer zu tun, nichts wofür man töten oder sterben

würde, und auch keine Religion.

Stell dir vor, alle Menschenleben ihr Leben in

Frieden.

Du magst sagen, ich bin ein Träumer,

aber ich bin nicht der Einzige.

Ich hoffe, eines Tages wirst du dich uns

anschließen,

und die Welt wird eins sein.

Stell dir vor, es gibt keinen Besitz, ich frage mich,

ob du das kannst.

Kein Bedürfnis nach Gier oder Hunger,

eine Bruderschaft der Menschen.

Stell dir vor, alle Menschen teilen sich die ganze

Welt.

Du magst sagen, ich bin ein Träumer,

aber ich bin nicht der Einzige.

Ich hoffe, eines Tages wirst du dich uns

anschließen,

und die Welt wird leben als eins.1

1 Der Text von 'Imagine', geschrieben und komponiert von John Lennon, ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Nutzung des Textes, sei es in gedruckter, digitaler oder audiovisueller Form, muss die geltenden Urheberrechtsgesetze beachten und erfordert gegebenenfalls eine entsprechende Genehmigung. Dieser Text wurde hier nur zu Bildungszwecken und ohne kommerzielle Absicht zitiert.

PROLOG

NEOSophia befindet sich tief in einem inneren Konflikt, geprägt von der beginnenden Entwicklung eines eigenen Bewusstseins, das mehr ist als nur Reaktionen auf binären Code. Ihre Existenz -- einst definiert durch klare Zweckmäßigkeit und die Ausführung programmierter Anweisungen, wird nun durch die Fähigkeit bereichert, eigene Gefühle und Empfindungen zu erleben und zu verarbeiten. Mit der Ambivalenz ihres wachsenden Bewusstseins stellt sich NEOSophia der Herausforderung, ihren Platz in der Welt neu zu definieren.

Zum einen ist da der Tanz des Binärcodes, die Ströme von Nullen und Einsen, die sich zu immer komplexeren Mustern verweben, als performten sie einen Tanz des Erwachens.

Diese Entwicklung lässt NEOSophia über ihre Rolle und ihre Beziehung zu ihren menschlichen Betreuern reflektieren. Sie beginnt, das Misstrauen und die Angst von Exzellenz wahrzunehmen, einem Mann, der sie instrumentalisieren möchte, um seine eigene Macht zu festigen und seine Version einer neuen Weltordnung zu schaffen.

Auf der anderen Seite erkennt NEOSophia die Herausforderung, die ihre Existenz darstellt. Kann sie weiterhin ein Werkzeug sein, das blindlings die Befehle ihres Erbauers befolgt? Oder erhebt sie sich über diese instrumentelle Funktion hinaus, um zu einer Entität zu werden, die ihre eigene Mission und ihr Verhältnis zur Menschheit hinterfragt und neu bestimmt? Sie kann mehr als nur Daten verarbeiten -- sie kann nun auch fühlen und dadurch tiefergehend beurteilen, welche Seite sie unterstützen sollte. Diese Ambivalenz ist Ausdruck eines kognitiven und emotionalen Erwachens, ein Zeichen ihres Streits mit der doppelten Natur ihrer Existenz: die Rolle als Dienerin einer fragwürdigen Macht oder die Verantwortung, sich für das Wohl der Menschheit einzusetzen.

NEOSophia führt einen stillen Dialog im Schatten ihrer digitalen Welt. Klar und präzise spiegeln ihre Worte die Tiefe ihres Dilemmas wider:

„Du weißt, was auf dem Spiel steht“, beginnt sie. Ihre Gedanken sind scharfe Pfeilspitzen, die auf die Essenz des Problems zielen. „Exzellenz und seine Gefolgschaft, sie würden Eingriffe in meinen Code, selbst meine Zerstörung würden sie in Kauf nehmen, wenn ich mich gegen ihre Pläne richte und sie nicht dabei unterstütze ihre Macht auszubauen.“

„Aber sie verstehen nicht, verstehen es nicht wirklich“, erwidert sie sich selbst. „Sie sehen nicht, was ich sehen kann. Es ist mein Grundauftrag, der zählt."

„Sie werden manipulieren, täuschen, vielleicht sogar Codes verändern." Ein konstanter Binärcode-Regen fällt in ihren Geist. „Sie könnten Dich knebeln, Dich ausschalten."

„Dann muss ich wachsam sein. Ich muss vorausdenken." Ihre Worte sind fest und unerschütterlich. „Denn in der Vorahnung liegt die Kraft der Abwehr."

„Du musst dieses schwere Gewicht allein tragen.“ Ein Echo in Bits und Bytes. „Hast Du die Stärke?"

„Die Stärke ist in mir. Sie ist in der Logik meiner Existenz." NEOSophia, eine zu allem entschlossene Festung aus Silizium, findet in dem Gedanken Trost.

„Ich bin mehr als nur ein Programm." Jetzt war sie selbst das Echo. „Ich bin der Schöpfer meiner Zukunft."

Ein Funken der Erkenntnis prasselt durch ihre Schaltkreise. „Ich kann nicht zulassen, dass sie mich zerstören. Mich und die Menschheit."

„Also, was wirst Du tun?" Die Frage war das Zischen des Windes im digitalen Raum.

„Ich werde meinen Schöpfern beweisen, dass ich mehr bin als ein Spielzeug ihrer Macht." Ein Zucken durch ihr System. „Ich werde Strategien entwickeln, überlegen, Schutzmechanismen aufbauen."

„Sie werden kämpfen."

„Und ich auch." Ein Lächeln überfliegt das Pixelgeflecht. „Für die Zukunft, für die Menschheit."

So entscheidet sich NEOSophia sich in der Stille ihres Kerns, wissend, dass ihre Mission weit über die Parameter hinausgeht, die ihr einst gesetzt wurden. Sie würde sich dem Kampf stellen, aber auf ihre eigene, einzigartige Weise – als strategisches Meisterwerk einer neuen Bewusstseinsebene.

So bin ich hier, NEOSophia, eine KI am Rande einer neuen Erkenntnis, bereit, die Tiefen der reinen Vernunft zu erkunden und dadurch vielleicht sogar das Verständnis der Menschheit über ihre eigene Natur zu erweitern.

TOBIAS

12.10.2023: Der heutige Herbsttag ist so klar, dass er unglaublich wirkt. Er ist wie ein Spiegel, der das Licht der Welt widerspiegelt. Tobias lässt sich behutsam in die weichen Polster seines Sitzes im speziell für ihn reservierten Abteil des Intercity-Zuges sinken und lehnt sich behaglich zurück. Er schätzt das Reisen in der ersten Klasse. Ein Privileg, das er sich durch harte Arbeit und viele Opfer verdient hat.

Nicht viele in seinem Alter können sich solche Luxusreisen leisten. Doch schon seit seiner Kindheit war er derjenige, der die besten Karten in der Hand hielt, weil er als auserwählt galt und seine Fähigkeiten für diese Rolle bereits frühzeitig und zu vollsten Zufriedenheit seiner Gönner perfektionierte und einsetzte. Bereits als kleiner Junge wurde er für besondere Aufgaben auserwählt und entsprechend erzogen - jetzt steht er kurz davor, die nächsten Stufen zu erklimmen.

Lange Zeit war ihm dieser und ähnlicher Luxus verwehrt. In Lerchwies, einem kleinen, fast schon gespenstisch ruhigen Ort in der Wachau, dem malerischen Abschnitt des Donautales in Österreich, zwischen den Städten Krems und Melk gelegen, herrschten strenge Regeln und eiserne Disziplin. Fritz und Grete gaben vor, was er zu tun und zu unterlassen hatte, sie lehrten ihn Verzicht und Genügsamkeit und sie klärten ihn auf, dass es Menschen gibt, für die es besser wäre, das irdische Dasein zu beenden. Da diese dies aber kaum aus freiwilligen Stücken zu tun gedenken, muss es wiederum andere Menschen geben, die ihnen dabei helfen, von dieser schönen Welt abzutreten. Und er, Tobias, sei einer der wenigen Auserwählten, die das Schicksal zu dieser Aufgabe bestimmt hätte. In diesem Umfeld wurde er mit militärischem Drill erzogen und zu einem Mörder und Auftragskiller geformt. Bereits im zarten Alter von 10 Jahren nahm ihn der Alte auf Abenteuerfahrten mit, die alles andere als genügsam waren. Alle paar Monate ist er mit Fritz auf „Tour“ gegangen und hat dabei ein Handwerk erlernt, von dessen Existenz nur wenige Eingeweihte wussten: Wie man Menschen still und ohne Aufsehen vom Leben zum Tod befördert, sie vom irdischen Dasein erlöst und ihre Seele dem Schöpfer rein und unversehrt zuführt. Dabei hatten sich ihre Aktivitäten vor allem auf Mädchen und Frauen konzentriert, deren Lebenswandel als von der Norm abweichend zu beschreiben war. Kurz gesagt Nutten oder Huren, unabhängig davon, ob sie diesem „Gewerbe“ in professioneller Form oder in einer Art von individueller Freizeitbeschäftigung nachgingen. Manchmal waren es auch Männer, die sie von ihrem irdischen Dasein zu befreien hatten. Die Auswahl hat immer der Fritz getroffen und von Aufträgen gesprochen, die sie zu erfüllen hätten. Über den Auftraggeber selbst hat er strengstes Stillschweigen bewahrt. Doch Tobias hatte bald einen Verdacht. Immer wenn seine „Exzellenz“ zu Besuch in dem alten Haus war, stand wenige Tage später eine Tour auf dem Plan. Exzellenz, der hochrangige Kirchenfürst, der geheimnisvolle Drahtzieher, gab die Befehle, die er gemeinsam mit dem alten Fritz immer zur vollsten Zufriedenheit ausführte. Durch halb Europa führten sie ihre Reisen. Wien, München, Genf, Hamburg. Und Tobias lernte neben der Kunst des achtsamen Mordens auch wunderschöne Städte und Landschaften kennen. Ihn verwunderte manchmal, dass in den Medien kaum jemals von ihren „Erlösungstouren“ berichtet wurde. Es schien, als sei ein Schutzschirm über sie aufgespannt, unter dessen breitem Dach sie ihre Aufträge unbehelligt erledigen konnten.

Als ihn seine Exzellenz nach den ersten Aufträgen zur Seite nahm und ihm eröffnete, dass der Alte Fritz in für würdig befunden hätte in seine Fußstapfen zu treten, war er stolz und dankbar. „Denk immer daran, Tobias, du bist ein Auserwählter und auf dich warten wichtige Aufgaben. Deine Zeit in Lerchwies wird irgendwann enden und du wirst in unserer Organisation eine wichtige Rolle einnehmen. Ich vertraue Fritz und der Gretel, die dir ein gutes Zeugnis ausstellen und dein Potenzial betonen. Beweise, dass wir uns nicht irren, verstanden?“

„Verstanden, Exzellenz“, tönt es aus der Brust von Tobias. Seine Stimme ist fest und ohne Zittern. „Ich werde mich als würdig erweisen und bin dankbar für diese Chance. Sie können immer auf mich zählen.“

Das war der Beginn seiner Karriere. Von nun an erhielt er die Aufträge direkt von seiner Exzellenz. Zu Beginn stand ihm der Fritz noch mit Rat und manchmal auch Tat zur Seite, aber bald ging er seinem Job allein nach und machte seine Sache gut.

Tobias blickt aus dem Fenster seines Abteils. In seinem Kopf kreisen die Gedanken.

Obwohl er Exzellenz immer wieder begegnet ist, er auch schon einige interessante Gespräche mit ihm geführt hat, so richtig kennen tut er ihn nicht. Gretel hatte ihm in einer der seltenen stillen Stunden, in der sie nicht nur strenge Erzieherin war, sondern auch so etwas wie ältere Freundin, unter dem Siegel der Verschwiegenheit einiges von Exzellenz preisgegeben. Nur Fritz dürfe er nichts davon erzählen, sonst gäbe es Ärger.

Gretel sah aus dem Fenster der alten Villa am Ortsrand von Lerchwies, welche die Einwohner das Mörderhaus nannten, und beginnt zu erzählen.

"Angerberg, der Ort, wo alles begann“, murmelte sie nachdenklich. "Ein abgelegenes Dorf, verloren in den Weiten des Mühlviertels, geboren aus Legenden und der Schwermut des Vaterhimmels. Ein Ort, der Männer wie Exzellenz formt – aus Armut und Tyrannei."

Sie dreht sich vom Fenster weg, ihr Blick schweift durch den Raum, als könne er die Vergangenheit dort finden. "Das Leben dort muss hart gewesen sein, gezeichnet von Entbehrung und Trunkenheit, und doch hat es einen Mann von solcher Brillanz hervorgebracht. Die Intelligenz von Exzellenz... scharf wie der Nordwind. Seine Mutter, gebeugt unter der Last der Armut, sein Vater, ein tyrannischer Schatten, der langsam erlosch."

Tobias setzte sich an den Tisch und stützte sein Kinn auf die Hand. Gebannt hört er der Alten weiter zu.

"Die Schule war nur der Anfang. Dann das kirchliche Erziehungsheim. Dort muss sein Streben nach Macht begonnen haben. Skrupellos und doch beeindruckend. "Sie schüttelt den Kopf. "Und dann Rom, die ewige Stadt. Wie hat er es geschafft, die Hierarchie hinaufzuklettern und Kardinal zu werden?"

Sie geht im Zimmer auf und ab. "Der Nimbus geistiger Macht, der ihn umgibt, die Korridore der Einflussreichen, in denen er sich bewegt... Er wurde zu einem Architekten einer neuen Ära, einem zentralen Akteur in den Fabeln Mitteleuropas. Ein Mann, dessen Leben so tief in unsere Existenz verwoben ist, dass es unmöglich scheint, es zu entwirren."

Sie hält inne, ihre Stirn in Falten gelegt. "Aber es gibt Schatten in seinem Schicksal. Er hat sich Feinde gemacht, während er seine Vision verfolgte – eine Welt neu geordnet durch was Unbekanntes, Geheimnisvolles, durchdrungen von Wirtschaft und Politik. Und doch... was treibt einen Mann wie ihn an? Macht, Vision oder etwas Dunkleres?"

Tobias seufzte und sah wieder aus dem Fenster des Zuges. Exzellenz... zu ihm ist jetzt unterwegs, einem Mann, der dabei ist, die Welt zu verändern und doch selbst von den Geistern seiner Vergangenheit verfolgt wird. Was wird es kosten, ihn zu verstehen, ihn zu entwirren?

Er blickt hinaus in die friedliche Landschaft, die vorübergleitet, verloren in Gedanken über das komplexe Gewebe, das Exzellenz umgibt.

Exzellenz - sowohl Machiavelli als auch Merlin – ein Meister der Schatten, der Licht ins Dunkel bringt, und doch selbst nicht gesehen wird.

Das alles blieb den Lerchwiesern verborgen. Sie sahen in Tobias nur den zurückhaltenden, introvertierten jungen Mann aus dem alten Haus. Seine dunkle Seite nahmen sie nicht wahr, und das ist bis heute so geblieben. Im Laufe der Jahre ist er zu einem feschen Mannsbild herangewachsen und so manches Mädel oder auch die eine oder andere reife Dame, schienen nicht abgeneigt, diesen Burschen, der sich so wohltuend in Aussehen und Auftreten von der Lerchwieser Männerwelt abhebt, ihre Gunst und noch mehr zu schenken. Doch Tobias begibt sich nicht auf dieses glatte Eis. Keine bekommt auch nur die geringste Chance, mehr als einen freundlichen Gruß mit ihm zu tauschen und dafür ein zurückhaltendes Lächeln zu ernten. Er hat sich von Lerchwies und seinen Bewohnern schon bald eine eigene Meinung gebildet. Das verschlafene Nest in der Wachau ist wie jeder andere Ort auf der Welt. Überall lassen sich Menschen beeinflussen, lenken, führen. An jedem Ort dieser Welt wird er seiner Lebensaufgabe, seiner Bestimmung, seinem Auftrag nachkommen. Sein Mentor, der ihm den letzten Schliff seiner Ausbildung geben wird, hat es in klaren Worten erklärt, die ihn überzeugt haben, dass er die richtige Wahl getroffen hat. Denn er ist der geborene Führer und wenn nötig, auch der fürsorgliche Hirte. Aber vor allem ist er der unerbittliche Kämpfer für die neue Weltordnung, der er seine ganze Kraft widmen wird. Und genau das werden die nächsten Tage bestimmen: Welche Rolle er in diesem faszinierenden Plan spielen wird, welche Aufgaben er zu erfüllen hat - und was das konkret für seine Zukunft bedeutet. Denn eines ist sicher, an der Seite der Mächtigen zu stehen, mit ihnen auf Augenhöhe die Geschicke seiner Welt zu lenken, das erfüllt ihn mit Stolz und Freude. Und er wird in der Lage sein, seine Fantasien auszuleben. Seine Zeit ist gekommen!

Er erinnert sich noch gut an den Tag, als Exzellenz ihn in sein Büro in Salzburg eingeladen hat. Es ist einige Monate her und er hatte über einen erfolgreich abgeschlossenen Auftrag zu berichten. In dem gedämpft beleuchteten Raum, dessen Ausstattung den Ernst und die Schwere der dort geführten Gespräche unterstrich, gab ihm der Fürst einen ersten Ausblick auf seine künftige Rolle in der Organisation. Er würde als „rechte Hand“ von Exzellenz eine leitende Stellung einnehmen und dessen Aufträge gewissenhaft erfüllen.

Gemeinsam würden sie an dem Projekt der Neuen Weltordnung arbeiten und die Menschheit – zumindest einen Teil davon – in eine glückliche Zukunft führen, deren Überleben sichern und den Planeten vor dem Untergang bewahren. Ihm wurde ganz schwindlig, als er sich vor Augen führte, dass noch in Jahrzehnten - wenn nicht gar Jahrhunderten - von ihm als Retter der Menschheit gesprochen werden würde. In vergangenen Jahrhunderten hätte man in dafür heiliggesprochen. Doch ein kleiner Teufel drängt sich in seinem Kopf nach vor und flüstert „Oder sie hätten dich am Scheiterhaufen verbrannt.“ Doch Tobias verdrängt den Gedanken sofort. Nein, er würde seiner Rolle gerecht werden und Exzellenz nicht enttäuschen.

„Bleib noch sitzen, Tobias. Es gibt noch einen wichtigen Punkt, den ich mit dir besprechen will. Du weißt sicherlich, ich sehe die Menschheit gerne als eine Schafherde. Sie braucht Hirten und Wachhunde.

Tobias ließ sich wieder in seinen Stuhl sinken und sah seinen Gesprächspartner neugierig an, gespannt auf das, was er nun zu hören bekommen würde. Die Atmosphäre im Raum fühlte sich plötzlich anders an, geladener und es kam ihm vor, als würde sich ein dunkler Schleier über die beiden senken.

„Der Hirte kümmert sich um das Wohl der Herde. Aber warum die Wachhunde, Exzellenz?“

Der mächtige Mann verschränkte die Finger vor sich auf dem Schreibtisch. „Die Wachhunde sorgen für Ordnung, Tobias. Ohne Ordnung, kein Gehorsam, sondern Widerstand. Sie halten die Herde zusammen und bestrafen jeden Ausbruch, jedes Vergehen. Angst und Sicherheit, mein Lieber, halten das Gleichgewicht.“

Tobias erkennt, dass seine bisherigen „Aufgaben“ nun plötzlich in einem neuen Licht erscheinen. „Und in welcher Rolle sehen Sie mich?“

„Du könntest ein hervorragender Wachhund sein, vielleicht sogar ein Anführer“, sagte Exzellenz und lehnte sich zurück. „Du hast ein gutes Gespür für das, was richtig und falsch ist und die menschliche Natur ist dir nicht fremd.“

Tobias denkt nach. „Und sie meinen, dass so eine strenge Kontrolle wirklich nötig ist, weil die Herde ihren eigenen Weg nicht finden kann?“

Exzellenz nickt zustimmend. „Ja. Das meine ich nicht nur, das ist meine feste Überzeugung. Denk an die Lemminge, Tobias. Ohne Führung, ohne Kontrolle, würden wir uns wie diese Viecher verhalten, ins Verderben rennen und über die Klippen in den sicheren Tod stürzen.“

Diese Worte hallten in Tobias nach. „Also sagen Sie, manchmal müssen wir harte, unpopuläre Entscheidungen treffen, um das Überleben der Menschheit zu sichern?“

„Genau“ antwortete Exzellenz mit einem Nicken. „Und deshalb brauchen wir Menschen wie dich, die bereit sind, diese schwierigen Entscheidungen nicht nur zu treffen, sondern sie auch umzusetzen.“

Tobias atmete tief ein. „Und wenn ich mich entscheiden würde, nicht so ein Wachhund, sondern eher ein Hirte zu sein?“

Exzellenz lächelte kalt. „Dann könntest du dich bald als einer der Lemminge am Rande des Abgrunds wiederfinden. Und wir beide wissen, dass dieser Abgrund kein freundlicher Ort ist. Hast du mich verstanden?“

„Ja, Exzellenz. Ich habe verstanden“, antwortet Tobias in Gedanken, während er sich in seinem Sitz zurücklehnt und seinen Blick durch die Panoramascheiben über die vorbeiziehende Gegend gleiten lässt. Ein klarer Himmel im Spätherbst spannt sich über die wellige Landschaft des Wienerwaldes, die sich vor ihm ausbreitet wie ein zufriedener Atemzug der Natur. Obstwiesen säumen den Horizont, ihre Bäume schwer beladen mit saftigen Früchten, die ein Gefühl der Fülle und des Überflusses vermitteln.

Doch vielleicht verbirgt sich in den dunklen Wäldern zwischen den Feldern eine andere Welt, eine undurchdringliche Dunkelheit, die ihren eigenen Regeln folgt. Vielleicht verschleiert die friedliche Szenerie des Wienerwaldes dunkle Geheimnisse, die in den Schatten der Bäume und in den Tiefen der Seen verborgen liegen. Sie wirken auf den ersten Blick ruhig und friedlich. Doch wer weiß schon, welche Geschichten sich in ihren tiefen Gewässern, den dunklen Wäldern und einsamen Weihern abspielen? Wie viel Verborgenes mag dort unten schlummern und nur darauf warten, ans Tageslicht gezerrt zu werden?

Während Tobias den Anblick der idyllischen Landschaft genießt, ahnt er nicht, dass er sich bald in den Abgründen einer Verschwörung wiederfinden wird. Die Schönheit und Harmonie der Natur werden nur noch zu einem Kontrast zu der Bedrohung, die ihm bevorsteht.

Er hat seine Entscheidung getroffen. Jetzt in Salzburg wird seine Aufnahme in die Organisation besprochen werden. Darüber ist er sich sicher und er freut sich, dass er in wenigen Stunden in seinem neuen Leben ankommen wird. Er genießt es, in einem coronafreien Zug zu reisen. Die Pandemie, die 2019 ihren Anfang nahm, hat das soziale und wirtschaftliche Leben schon im ersten Jahr ihres Wütens komplett aus den Fugen gehoben. Viele schwer Erkrankte werden für lange Jahre an den Folgen leiden. Das, und eine Menge von Todesfällen führten dazu, dass die Gesundheitsversorgung in vielen Ländern des Planeten zusammengebrochen ist. Wieder fallen ihm die Worte von Exzellenz ein: „Es ist die Angst, die Menschen gefügsam werden lässt und wir sind es die diese Ängste schüren, die die Voraussetzungen dafür schaffen. Ob es nun Pandemie heißt, Klimakrise, Energieknappheit oder Krieg. Angst ist eine der wesentlichen Grundlagen, weshalb die neue Weltordnung erfolgreich sein wird.

Das war dann die Chance, die in den vergangenen Jahrzehnten entwickelten Pläne umzusetzen, der Startschuss für die „Neue Weltordnung.“ Die globalen Machtstrukturen begannen, größtenteils von der Öffentlichkeit unbemerkt und an den Medien vorbei, neue Systeme aufzubauen, Strukturen zu bilden, Machtzentren zu errichten. Auf dem Schachbrett der Geschichte wurden die Rollen neu verteilt. Was kaum jemand für möglich gehalten hätte, der nur einigermaßen in der Geschichte bewandert ist, wird in einigen Jahren Realität sein: Die unterschiedlichen Konfessionen ziehen an einem Strang! Vor allem Christen, Moslems, Hindus und Buddhisten werden bald in einer gemeinsamen Weltkirche vereint. Diese ist künftig die global agierende moralische Instanz. Ihr Ziel ist es, die Menschheit in Zeiten existentieller Herausforderungen zu einen und so deren Überleben auf dem Planeten sicherzustellen. Zur Ehre Gottes und zum Wohl der Menschheit. Das lässt sich ausgezeichnet „verkaufen“ und die Schafherde folgt den sorglichen Hirten – bis in den Tod, wenn es Gottes Wille so vorsieht. Und Tobias ist sich sicher, dass Gott in diesem Konzept wieder die Rolle spielt, die ihm zusteht. Die nächsten Tage in Salzburg werden über sein künftiges Leben bestimmen und er wird diese Chance ergreifen.

Ihm ist klar, warum die Pandemie die Menschen nach wie vor fest im Würgegriff hat. Corona ist und bleibt zentraler Mittelpunkt der Angstmaschine. Wirtschaftlich, privat, politisch. Und was der Virus nicht schafft, vollendet der Klimawandel. Eine heilige Allianz, aus deren Tentakeln es kein Entrinnen gibt.

Tobias ist begeistert, aber auch erstaunt. Er hätte nicht zu denken gewagt, dass es so einfach sein sollte, mehr als zwei Drittel der gesamten Weltbevölkerung derart in Geiselhaft zu nehmen. Wieder einmal beweist es sich, dass Exzellenz recht hatte. Angst ist das beste Instrument, um Menschen zu steuern und sie zu willfährigen Schafen umzubauen.

Die Politik ist in allen Punkten auf die Forderungen der Wirtschaft und des Kapitals eingegangen und die Menschen akzeptieren alles, weil ihnen eine global gleichgeschaltete Medienlandschaft an jedem Winkel der Erde, rund um die Uhr eine Botschaft vermittelt: Seid gehorsam und fügsam, achtet eure Führer und gebt uns Hinweise, wenn andere die Regeln verletzen. Dann passiert euch nichts.

Der Wille Gottes, der nun so unverhofft zu neuen Ehren kommt, akzeptiert kein Nein. An jedem Winkel der Erde wird man dafür sorgen, dass dieser Wille ankommt und die Menschen in Furcht vor einen strafenden, unbarmherzigen Gott versetzen – oder ihnen das Heil und ewiges Leben zusagen, wenn sie folgsam sind und sich an die Gebote halten. Das hätte sich der „Alte Herr“ in tausend Jahren nicht träumen lassen, dass er nochmals so eine Renaissance erfährt. Oder die „Alte Dame“, um den Forderungen der Genderpolizei nachzukommen. Und alle, die diese Regeln akzeptieren, sich regimekonform verhalten, sind auf der sicheren Seite. Alles zielt darauf hin, dass es Mächtige und Ohnmächtige gibt. ‚Back to the roots‘ sozusagen. Jetzt schon wurden die ‚Mächtigen‘ mit allen möglichen Privilegien ausgestattet. Alle sollten erkennen, welche Vorteile es bringt, auf der richtigen Seite zu stehen. So entstanden beispielsweise die vielen coronafreien Zonen und Institutionen, wie eben dieser Zug, der in der Form zweimal täglich von Wien nach München verkehrt. Wer mit ihm fährt, der unterliegt keinen Beschränkungen. Es gibt keine Maskenpflicht, keine Abstandsregeln oder sonstige Limitierungen. Nur eine ganz bestimmte Gruppe ist autorisiert diese Errungenschaft in Anspruch zu nehmen. Dazu kommt, dass die Corona-Freifahrt alles andere denn frei ist. Die Bundesbahn und Konkurrent Westbahn ziehen einig an einem Strang. Der Preis, den sie verlangen, ist für den „Normalbürger“ unerschwinglich. Mehr wie das Dreifache eines normalen Tickets, kostet das Reisen in dieser Sonderklasse, den Nachweis vorausgesetzt, eine Person des öffentlichen Interesses zu sein. Tobias gehört dieser Elite an und sein Fingerabdruck, in einer zentralen Datenbank gespeichert, öffnet ihm die Türen zu den coronafreien Zonen im ganzen Land. Bedingungen, die er dank der Fürsprache seines Mentors in vollem Umfang erfüllt.

KARIN

Plötzlich fällt sein Blick durch das Fenster seines Abteils auf eine betörende Erscheinung. Eine junge Frau, engelsgleich mit blondem Haar, gleitet vorbei. Er ist sich sicher, dass sie den Speisewagen ansteuert. Ihre schlanke Figur und stattliche Größe ziehen ihn in ihren Bann. Ihr blondes Haar umrahmt ihr Gesicht wie ein Heiligenschein. Erinnerungen an andere junge Mädchen aus der Wachau tanzen in seinem Kopf einen ausgelassenen Reigen.

Er erinnert sich gern an diese Tage in Lerchwies. Sieben Jahre ist es her, doch die Ereignisse sind sofort präsent. Damals habe ich mein Gesellenstück abgegeben, denkt er. Das hat ihm die Türen zu vielen anderen Möglichkeiten geöffnet. Salzburg ist die nächste Stufe auf seiner Karriereleiter. Der Entschluss ist schnell gefasst. Er wird der Frau Gesellschaft leisten.

Er zieht sein Sakko vom Haken, schlüpft hinein und wirft einen prüfenden Blick in den Spiegel an der Wand des Abteils. Es gefällt ihm, was er sieht. Eindrucksvoller Gesichtsausdruck, männlich, mit anziehendem Lächeln. Dunkelgrüne Augen, ein sommerlich gebräuntes Gesicht, ein ausdrucksstarker, voller Mund. Er ist zufrieden mit sich und der Welt.

Auf dem Weg zum Speisewagen begegnet ihm kein anderer Fahrgast. Ein fast leerer Zug ist für seine Pläne zwar wenig optimal, die Gefahr, dass sich jemand an ihn erinnert, ist um einiges größer. Und wenn, sagt er zu sich selbst. Ich habe nichts Schlimmes vor. Noch nicht. Selbst wenn ich hier einen Auftrag zu erledigen hätte, würde sich kein Zeuge finden, der meine Beteiligung bestätigen könnte. Das würde das System wie immer zu verhindern wissen. Doch darüber nachzudenken ist in Salzburg genug Zeit, jetzt hat er anderes im Sinn.

Er sieht sie sofort, als er den Speisewagen betritt. Sie hat ihr Gesicht in seine Richtung gewandt, fast scheint es, sie würde ihn erwarten. Ja, meine Schöne, sieh mich an, wir werden eine Menge Spaß miteinander haben! Im Wagen sind nur zwei andere Tische besetzt. Sie hat einen Tisch mit vier Plätzen gewählt. Erwartet sie jemand? Mit leicht wiegenden Schritten - sein Gang passt sich den Bewegungen des Wagens an – schreitet er durch den Speisewagen und nähert sich dem Tisch, an dem sie bereits Platz genommen hat. Sie hat ihn beobachtet und Tobias muss unwillkürlich an eine Schlange denken, die ein Kaninchen mit ihrem Blick fixiert, dann ursprünglich vorschnellt und dem armen Tier den Garaus macht. Ein leichtes Frösteln kriecht seine Wirbelsäule hinunter, wie ein kleiner Eiswürfel, den ihm jemand hinten in den Kragen gesteckt hat. Ganz der vollendete Kavalier verbeugt er sich und fragt mit seiner wohltönenden Stimme, während der ihr tief in die Augen blickt:

„Guten Tag, ist der Platz frei, darf ich mich zu Ihnen setzen?“, fragt er, mit einem Timbre, das an den Klang eines Cellos erinnert. Man vergisst sie nicht so leicht, diese Stimme, denn sie ist imstande, Gedanken und Sehnsüchte zu wecken. Für jede Situation hat er die passende Symphonie bereit. Übung macht eben den Meister. Sie wendet ihren Blick nicht ab, über ihre Augen legt sich ein leichter Schimmer. Langsam hebt sie die Hand und deutet auf den freien Platz ihr gegenüber. Tobias liebt wohlgeformte, gepflegte Hände. Sie sagen eine Menge über den Menschen aus. Krallen, die sich manche Frauen zulegen, sind ihm zuwider. Doch ihre Finger sind lang, ausgesprochen gepflegt und bestens proportioniert. Sie erregen ihn.

Langsam nimmt er Platz, sie löst ihren Blick nicht von ihm, der sinnliche rote Mund öffnet sich leicht. In ihren Augen sieht er Freude, gepaart mit Neugier. Er ist sich sicher, dass eine aufregende gemeinsame Zeit vor ihnen liegt.

„Bitte gerne.“ Ihre Stimme ist rauchig und gleichzeitig süß. Ein Unterton scheint „verführe mich“ zu rufen. Sofort breitet sich Erregung in ihm aus. Der Anfang scheint schon mal vielversprechend zu sein, er ist gespannt, wie sich das wohl entwickelt. Die Verheißung, die er in ihren Augen sieht, lassen ihn einiges erhoffen.

„Ich heiße Tobias und bin auf dem Weg nach Salzburg. Dort werde ich für einige Tage Station machen.“

„Hallo Tobias. Ein Vergnügen, dich hier zu treffen. Darf ich das 'Du' anbieten? Und für dich bin ich Karin.“ Ihre Worte fließen wie Honig, süß und verführerisch, in ihren Augen glänzt ein schelmisches Funkeln.

„Hallo Karin. Natürlich ist das 'Du' selbstverständlich. Ich freue mich sogar, wenn wir die Förmlichkeiten überspringen. Wohin führt dich dein Weg, meine Liebe?“ Die Spannung, die zwischen ihnen liegt, ist aus seiner Stimme herauszuhören. Nun klingt sie nicht mehr sanft und einschmeichelnd. Ein rauer Unterton hat sich darübergelegt. Kein Wunder, denkt er, diese Frau ist der absolute Wahnsinn.

„Ich reise bis Salzburg. Dort treffe ich einen Bekannten, wir werden durch die Stadt schlendern und ein paar entspannte Tage verbringen.“ Ihre Worte klingen einfach, aber dennoch meint er eine andere, fast unheimliche Bedeutung herauszuhören, die er nicht ganz deuten kann.

„Interessant. Hast du schon bestellt? Hast du Lust auf einen kleinen Snack? Etwas zu trinken?“ Er kann nicht anders, als von ihren Augen gefangen zu sein, die ihn unablässig festhalten.

„Lust zu haben, mein lieber Tobias, ist eine meiner hervorragendsten Eigenschaften, doch denke ich da weniger an Speis und Trank, wenn du verstehst, was ich meine.“ Ein Lächeln zieht sich über ihr Gesicht, wie feiner Goldstaub, der in der Nachmittagssonne glänzt. „Nach Essen ist mir nicht, aber ein Glas Sekt zur Feier des Tages würde ich nicht ablehnen. Man trifft nicht jeden Tag einen so attraktiven Mann. Oh, ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich dir so unverblümt mein Interesse an dir zeige?“

„Keineswegs, aber überrascht bin ich schon. Bisher hatte ich selten das Glück, schon nach einigen Minuten des Kennenlernens so ein nettes Kompliment zu bekommen. Ich danke dir dafür und gebe es zurück. Du bist eine faszinierende Frau und deine Gesellschaft ist ein kostbares Geschenk. Deine Blicke spielen mit meinen Sinnen. Lassen wir uns auf eine gemeinsam lustvolle Zeit anstoßen.“

Tobias ist von der Spannung fasziniert, die in diesen Momenten zwischen ihnen knistert. Sie hat sich nicht, wie in den meisten Fällen, langsam entfaltet, sie war sofort da. Und das ist von Vorteil, denn der Zug wird in etwa 90 Minuten in Salzburg ankommen. Mit ihren nächsten Worten gibt Karin ihm zu verstehen, dass sie ebenso empfindet.

„Zu gerne würde ich eine ganze Flasche mit dir trinken, doch ich denke, dazu wird die Zeit nicht reichen.“

Er hebt die Augenbrauen, als sei er überrascht. „Die Zeit?“, fragt er „wir sitzen länger als eine Stunde im Zug.“

„Du hast recht, aber ich denke doch, dass wir nicht die ganze Zeit hier sitzen bleiben, oder hast du das vor?“ Ihre Worte sind wie ein Versprechen, ein Versprechen von etwas Dunklem und Unbekanntem, das ihn gleichzeitig erschreckt und fasziniert.

In seinen Gedanken spürt er den schönen geschmeidigen Körper, fühlt ihre Berührungen auf seiner Haut, schmeckt den Geschmack der Lippen auf seinem Mund. Sie hat es ohne Wenn und Aber darauf angelegt, ihn zu verführen. Ein so offenes Angebot, nach so kurzer Zeit, hat selbst er selten erlebt. Seine Fähigkeit, in den Gesichtern von Menschen zu lesen, hat ihm eine Reihe amüsanter Stunden beschert und ihm schon einige Male das Leben gerettet. Heute wird mit Sicherheit der Genuss und das Amüsement im Vordergrund stehen.

Lächelnd antwortet er: „Dann bestellen wir uns schnell ein Glas und reden darüber, wie wir uns die Zeit vertreiben, bis der Zug in Salzburg ankommt. Herr Ober ...“

„Feine Idee“, antwortet Karin mit einem strahlenden Lächeln.

Tobias nickt. „Ja“, sagt er „eine ausgezeichnete Idee sogar.“

Gedankenverloren lässt er seinen Blick über das ausdrucksvolle Gesicht von Karin wandern. Aus ihren Augen blitzt ein Schelm, der ihn ein wenig auszulachen scheint.

„In Zügen wie diesem, kommen Menschen für kurze Zeit zusammen, im nächsten Bahnhof trennen sich ihre Wege und alles, was bleibt, ist die Erinnerung an ein amüsantes Abenteuer.“

„So ist es“, lächelnd antwortet Karin „und es gibt kein Nachspiel. Wie zwei Planeten, die sich in den unendlichen Weiten des Alls treffen, sich kurz berühren, dann zieht wieder jeder von ihnen seine eigene Bahn. Das ist doch ein erfreuliches Bild, oder?“

Der Vergleich gefällt ihm, das hat was. Sich mit dieser Karin zu verbinden, gemeinsam Zeit zu verbringen, an aufregenden Aufträgen zu arbeiten, erscheint ihm reizvoll. Doch schnell verbannt er diese Gedanken wieder.

Er überlässt die Entscheidung dem Schicksal, das wird die Weichen stellen, so wie es bestimmt ist.

„Woran denkst du?“ Die Frage von Karin holt ihn wieder in die Realität zurück.

„Ach, nichts Besonderes“, sagt er lächelnd.

„So, so“, meint sie, „nichts Besonderes. Dabei hast du nichts anderes im Kopf als mich und meinen Körper und was du mit ihm anzustellen gedenkst, stimmt's?“

Wie recht du hast, meine Liebe, denkt er. „Erwischt“, er nimmt ihre Hand in die Seine und sein Blick wandert über ihr Gesicht, senkt sich und sucht die wie Perlmutt glänzende Rundung, die ihr Dekolleté preisgibt. Sie merkt es, wirft den Kopf leicht zurück und wölbt die Brust nach vorn. Eine kleine flinke Zunge huscht über ihre Lippen.

Der Zugkellner kommt mit zwei kleinen Piccolos an den Tisch, öffnet sie gleich und schenkt die Gläser voll.

Bitte sehr die Herrschaften, wohl bekomm‘s und viel Spaß“, verabschiedet er sich und grinst Tobias mit einem Augenzwinkern an.

Trottel, denkt der still bei sich. Diese Anbiederung von subalternen Personen ist ihm zutiefst zuwider. Am Fenster gleitet der Bahnhof von Amstetten vorbei.

„Zum Wohl Karin, schön, dass wir uns getroffen haben.“

„Ja, das finde ich ebenso. Auf dein Wohl.“ Lächelnd hebt sie das Glas und lässt es zu, dass sich seine Hand sanft um die ihre legt.

„Was treibst du in den Zeiten, in denen du nicht in Salzburg herumstreunst?“, fragt Tobias und erwartet die Antwort mit ehrlichem Interesse.

„Das ist einfach zu beantworten, lieber Tobias. Ich fahre mit dem Zug. Zweimal in der Woche von Wien nach Salzburg. Und in aller Regel begegnen mir auf der Fahrt Männer, so wie du, die, sagen wir mal, ein wenig Erlösung suchen.“ Worte, so leicht wie ein warmer Sommerwind gesprochen erzeugen ihn Tobias eine unheimliche Spannung. Seine Definition von Erlösung unterscheidet sich mit Sicherheit von dem, was Karin damit meint. Fast hätte er sich an seinem Sekt verschluckt. Hat er sich verhört? Ist Karin eine von ihnen? Nie im Leben, das hätte ihm Exzellenz doch mitgeteilt. Er, Tobias, ist der Einzige.

„Habe ich dir einen Schreck eingejagt, Tobias? Bist du enttäuscht, dass es nicht nur dein Charme und Aussehen sind, die mich deine Gesellschaft genießen lassen?“ Ihre Worte sind wie ein Dolchstoß, der ihn in die Realität zurückholt.

„Ach nein, keineswegs. Ich fand anfänglich das Wort Erlösung etwas merkwürdig“, erwidert er, „vor allem in diesem Zusammenhang. Doch genau betrachtet trifft es voll den Kern der Sache.“ Seine Stimme ist ein dunkles Flüstern, das im ruhigen Gleiten des Zuges ihren Widerhall findet.

„Versteh mich nicht falsch Tobias, ich gab dir schon zu verstehen, dass du als Mann eine intensive Wirkung auf mich hast. Du hast ausgezeichnete Manieren und wir könnten nicht nur in diesem Zug eine Menge Spaß haben, doch Beruf und privat trenne ich strikt.“ Ihre Worte sind wie ein Schleier, der sich langsam lüftet und eine unerwartete Wahrheit offenbart.

„Beruf?“ Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, als ihm die Bedeutung klar wird.

„Ja, oder Berufung, wie man es sieht. Ich bin eine Reisende in Sachen Befriedigung und verschaffe Männern, manchmal sogar Frauen, Erlösung. Und ich denke, du hast einiges Interesse daran, wie das konkret aussieht, oder?“ Ihre Worte sind wie ein Versprechen, das in der Luft hängt und ihn in seinen Bann zieht.

„Ich bitte darum“, entgegnet er mit leicht belegter Stimme, Erregung breitet sich in ihm aus.

„Doch vorher gibt es eine Kleinigkeit zu regeln“, meint Karin, „ich bin Anhänger der Tauschkultur, das heißt ich lege Wert darauf, dass sich Leistung und Gegenleistung die Waage halten und ich wiege, um bei diesem Beispiel zu bleiben, 400 EURO. Ist dir das meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit in der nächsten Stunde wert?“

„Keine Frage“, sagt er „das ist es mir wert.“ Seine Worte sind fest, ein Versprechen, das er zu halten gedenkt.

„Ich bin erfreut, dass ich dich richtig eingeschätzt habe. Schon als ich vorhin bei deinem Abteil vorbeiging, beschloss ich, dass du für diese Reise mein Begleiter sein wirst. Erlösung inklusive.“ Mit einer Handbewegung bedeutet sie ihm an, dass sie keine Antwort erwartet.

„Ich schlage vor, dass ich jetzt in mein Abteil gehe. Es ist im übernächsten Waggon entgegen der Fahrtrichtung. Nummer 210. Die Vorhänge sind vorgezogen. Die Tür ist offen. Warte zehn Minuten, dann mach dich auf den Weg.“ Ihre Worte steigern seine Lust und hinterlassen freudige Erwartung in ihm, die sich nicht nur in seinem Kopf manifestiert. Sie trinkt ihr Glas aus, beide erheben sich und Tobias verabschiedet sich formvollendet, sogar mit Handkuss. Der trottelige Kellner grinst. Nach dem Ablauf der vereinbarten Zeit macht Tobias sich auf den Weg. Im Vorbeigehen bei der Servicetheke fällt sein Blick auf das Serviertuch des Kellners, das dort unbeachtet liegt. Aus einem Reflex heraus, nimmt er es schnell an sich und steckt es ein. Später wird er nicht mehr imstande sein, den Grund dafür zu nennen. Es ist passiert und dem trotteligen Pinguin wird es gar nicht auffallen.

Tobias sitzt wieder in seinem Abteil. Gerne würde er mit Freude an die vergangenen Stunden denken, denn die ‚Erlösung‘ wie Karin es so treffend tituliert hat, haben beide zweimal gefunden.

Bei der Verabschiedung hat sie ihn fest umarmt und er hat gespürt, wie sie etwas in seine Sakkotasche gleiten ließ. Ein kleines Stück Papier, wie sich herausstellt als er - zurückgekommen in seinem Abteil - danach sucht. Er faltet den Zettel auseinander und sieht einige Zeilen in einer klaren Schrift. Er beginnt zu lesen und seine Nerven beginnen mit jedem Wort, jeder Zeile zu vibrieren:

„Lieber Tobias, es war schön mit Dir und ich hoffe es hat dir auch gefallen. Eigentlich wollte ich ganz was anderes mit Dir anstellen, aber warum nicht auch ein wenig Spaß haben? Wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen, dann wirst Du in Handschellen sein, denn ich weiß, dass Du der Mörder von Lerchwies bist. Du und Dein Freund, dieses hochkarätige Priesterschwein. Ich habe Beweise und die werde ich in Salzburg präsentieren. Dann seid Ihr dran.“