Das Pavlov-Projekt - Simon Prins - E-Book

Das Pavlov-Projekt E-Book

Simon Prins

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Beschreibung

Als der Autor zu Beginn der 1990er Jahre in eine Diensthundestaffel der niederländischen Polizei eintrat, beruhte die Ausbildung noch auf Unterwerfung und Strafe – wie fast überall zu dieser Zeit und in dieser Szene. Als er mit der Aufgabe betraut wurde, Hunde für eine neu gegründete Spezialeinheit auszubilden, in der die Hunde selbständig über große Entfernungen und außer Sichtweite der Hundeführer agieren sollten, war schnell klar, dass dies mit den herkömmlichen Methoden nicht zu machen war: Es war die Geburtsstunde des "Pavlov-Projekts", der Einführung der operanten Konditionierung in die Welt der Diensthundeausbildung. Jahrelang reiste Simon Prins um den Globus, um von den Besten zu lernen und wurde dabei insbesondere von Bob Bailey beeinflusst, den er als seinen geistigen Mentor bezeichnet. In diesem Buch hat er seine ganz persönliche Reise in die spannende Welt der Verhaltens- und Lernforschung festgehalten und lässt den Leser an seinen Erfahrungen und Erkenntnissen teilhaben, zu denen vorübergehende Fehlschläge ebenso gehörten wie großartige Erfolge. Mitreißend und für jeden verständlich erklärt er die Grundprinzipien und Gesetze eines modernen, auf wissenschaftlichen Fakten beruhenden Hundetrainings, mit dem praktisch alles möglich ist. Warum operante Konditionierung weit mehr ist als "Kekse werfen", was beim Einsatz von Verstärkern alles zu beachten ist, welche Fallstricke sich uns beim Training in den Weg legen können, warum Datensammeln so wichtig ist und wie es um die innere Einstellung und Motivation des Trainers bestellt sein muss, erfahren Sie in diesem spannenden Buch, das Theorie und Praxis überzeugend zusammenbringt.

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Seitenzahl: 594

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www.kynos-verlag.de

Grafik & Layout: Kynos Verlag

eBook-Ausgabe der Printversion

eBook ISBN: 978-3-95464-290-8

ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-95464-257-1

Bildnachweis: Alle Fotos Simon Prins außer:

Adobe Stock: S. 22: Franziska Schädlich-stock.adobe.com, S. 71: mirkograul-stock.adobe.com, S. 129: jörn buchheim-stock.adobe.com, S. 256: Diarmuid-stock.adobe.com, S. 288: Natalia Sinjushina-stock. adobe.com, S. 360: Sabine Glässl-stock.adobe.com;

https://commons.wikimedia.org/Karl Bulla: S. 87;

Bob Bailey: S. 49, 101;

Gisela Rau: S. 9, 93, 141, 167, 169, 243 (alle), 245, 290, 306, 313, 317, 366;

Jessica Lang: S. 176 oben;

justfotografie.nl: Umschlagrückseite, S. 382;

Michaela Hares: S. 68;

Angela Wegmann: S. 339

Titelbild: picture alliance / dpa / Caroline Seidel;

Grafische Elemente: Nicole Hilgers unter Verwendung von Grafiken von SergeyBitos-stock.adobe.com und Julien Eichinger-stock.adobe.com

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorwort von Bob Bailey

Wie alles begann

Was Castor mich lehrte

Wie lernt man etwas, das es noch nicht gibt?

Nachdenken und Planen

Das Pavlov-Projekt beginnt

Zeit ist wertvoll –und gutes Training effizient

Zeit der Zweifel

Fazit

Einige grundlegende Versuche

Das Asch-Experiment

Das Milgram-Experiment

Das Zimbardo-Experiment

Selbst erfüllende Prophezeiung oder der Pygmalion-Effekt

Parkinsons Gesetz

Das Peter-Prinzip

Murphys Gesetz

Die Pioniere

Tausende Jahre Trainingserfahrung

Edward Lee Thorndike (1874 – 1949 USA)

John Broadus Watson (1878 – 1969 USA)

Ivan Petrovich Pavlov (1849 – 1936 Russland)

Burrhus Frederic Skinner(1904 – 1990 USA)

Die Brelands (USA)

Bob Bailey

Marian Bailey (1920 – 2001)

David Premack (1925 – 2015 USA)

Weitere Vordenker

Wo stehen wir heute?

Zusammenarbeit ist gefragt!

Paradigmen in der Hundewelt

Die Wichtigkeit von Daten

Training ist nicht schwarz oder weiß

Das faszinierende Wesen Hund

Hundepersönlichkeiten

Kontakt zwischen Hunden und Menschen

Hunde brauchen soziale Netzwerke

Hunde sind emotionale Wesen

Die Intelligenz der Hunde

Wie fördert man die kognitiven Fähigkeiten eines Hundes?

Das Gedächtnis unserer Hunde

Können Hunde unsere Gedanken lesen?

Kennen Sie Ihren Hund?

Der Einfluss sensorischer Fähigkeiten auf das Training

Sehen

Hören

Riechen

Bewusste Wahrnehmung der Umgebung

Verhalten: Einige Grundlagen

Was ist Verhalten?

Der „Toter-Mann-Test“

Wie beobachtet und analysiert man Verhalten?

Wie verändert man Verhalten?

„Was habe ich davon?“

Von der Umwelt geformte Verhalten

Erwünschte oder unerwünschte Verhalten?

Die Herausforderung an den Trainer

Warum tut der Hund das?

Wenn Sie es verstehen, können Sie es verändern

Erwünschtes und unerwünschtes Verhalten in der Wahrnehmung des Hundes

Konditionierung – Vom Handwerk zur Wissenschaft

Klassische Konditionierung (CC)

Operante Konditionierung (OC)

Wenn Pavlov und Skinner uns im Nacken sitzen

Was ist Training?

Verhalten ändern

Training stärkt

Training ist Lernen fürs Leben

Die Zeit außerhalb des Trainings

Bestimmtheit und Aggression sind nicht das Gleiche

Gehorsam oder Disziplin

Korrekturen

Umwelt oder Gene (Nature or Nurture)

Dominanz und Hierarchie

„Trainingsmethoden“

Traditionelles, strafbasiertes Training

Paradigmenwechsel im Training

Vermeidungsbasiertes Training

Clickertraining

Hühnertraining

„Do as I do“-Training

„Positiv-Trainer“ oder „Gewaltfrei-Trainer“

Ausgewogenes Training

Was ist die beste Trainingsmethode?

Virtuelle Trainingsprogramme

Weg vom Schubladendenken

Die fünf Grundlagen des Tiertrainings

Grundlage 1: Reiz

Grundlage 2: Verstärker

Grundlage 3: Löschung

Grundlage 4: Aversiva

Grundlage 5: Generalisierung

Weitere grundlegende Trainingselemente

Training ist ein Handwerk

Spiele zum Trainieren der handwerklichen Fähigkeiten

Trainieren mit Herz und Verstand

Kommunikation

Kommunikationsprobleme

Skinners ABC-Methode

Kriterien

Training ist kein lineares, sondern ganzheitliches Denken

Entscheidungen treffen

Brückensignal

Motivation im Training

Antezedenten

Timing

Trigger

Abergläubisches Verhalten

Grobe Übersicht vs Finetuning (Lumping und Splitting)

Shaping / Formen

Locken

Unterschied zwischen Formen und Locken

Futter zielgenau werfen –in der Position belohnen

Verketten (Chaining)

Wiederholungen

Pausen machen

Reizkontrolle / Signalkontrolle

Signale und Targets ausschleichen

Kontext und Generalisierung

Erwartung

Mehr zum Thema Verstärker

Forschung zum Thema Verstärker

Definition eines Verstärkers

Wie setzt man Verstärker ein und wie wählt man den richtigen?

Primäre und sekundäre Verstärker

Verstärkungspläne

Verstärker können vieles sein

Soziale Verstärker

Emotionales Bankkonto

Jackpots

Aktivität als Verstärker

Verstärker-Hitliste Ihres Hundes

No-Reward-Marker (NRM) / Negativmarker

Mentale Anker

Lernen ermöglichen

Sichere Lernumgebung

Die vier Phasen eines Lernprozesses

Soziales Lernen

Lernen und Aufmerksamkeit

Fehlerfreies Lernen

Lernen durch Konsequenzen

Wie diese Diskussion die Trainingsgemeinde beeinflusst

Rein positives Training kann nicht alle Probleme lösen

Futtersüchtige und „Clickerabhängige“

Der Einfluss des Gemütszustandes

Bereiten Sie Ihren Hund vor

An- und Ausschalter

Optimal vorbereitet fürs Training?

Lernprobleme

Diensthunde-Eignungstests in Skandinavien

Der Kluge Hans

Der Kluge-Hans-Effekt im Hundetraining

Arbeiten Sie doppelblind

Löschung

Angst und Schmerzen

Erlernte Hilflosigkeit

Lernen findet immer statt

Strafe schwächt die Generalisierung

Das Lichtschalter-Phänomen

Motivation und Anreiz

Intrinsische Motivationen

Mentale Stimulation

Manipulation der Umgebung

Auf Erfolgskurs bringen

Hoch und niedrig aufgeladene Verstärker und Erregungsniveau

Schmerzen und Vergnügen

Motivation und Durchhaltevermögen

Nasenarbeit ist ein hoher Motivator für Hunde

Trainer und Hundeführer

Der Unterschied zwischen Ausbilder / Trainer und Hundeführer / Handler

Scham und Schuld

Urteilen Sie nicht

Eigenschaften, die ein Trainer haben muss

Unser Trainer-Auswahlverfahren

Unser Tierwohlbefinden-Trainertest

Wie motiviert man Trainer?

Frustrationslevel

Coachen von Trainern und Hundeführern

Wie erkennt man einen guten Hundetrainer?

Verlässliche Trainer produzieren verlässliches Verhalten

Alle Trainer sind willkommen

Trainer müssen in der Lage sein, eine sichere Lernumgebung zu schaffen

Fortgeschrittenes Training

Häufigkeit und Dauer der Trainingssitzungen

Input und Output

Keep-Going-Signale (KGS)

Geläufigkeit

Klare Regeln im Haus

Klare Regeln an anderen Orten

Diskriminativer Stimulus (Sd)

Auszeit

Matching Law – das Gesetz der Anpassung oder Übereinstimmung

Verstärkungshistorie

Desensibilisierung

Gegenkonditionierung

Flooding

Umlenken auf ein anderes Verhalten

Furcht und Angst

Mehr zum Thema Strafen

Fehler oder unerwünschtes Verhalten?

Strafe kann Beziehungen ruinieren

Korrekturen sind Teil des Lernprozesses

Missbrauch von Strafe

Konditionierte Aversiva

Fehler passieren leicht

Was bedeutet ein Warnsignal?

Strafe zeitgemäß betrachtet

Hilfsmittel im Training

Die ethische Seite

Problemhunde wird es immer geben

„Motivationshilfen“ im Training

Trainieren wie ein Profi

Was sind Bausteine?

Legosteine

Sie brauchen ein Fundament

Trainingsbausteine zusammensetzen

Das schwächste Glied der Kette

Theoretische Bausteine

Targettraining

Die Macht des Targettrainings

Training mit Meeressäugern

Flugschauen mit Greifvögeln

Stationäre Targets

Dynamische Targets

Welche Targets?

Targets gehen in Reizbilder über

Das Arbeiten mit Trainingsplänen

Warum Trainingspläne?

Plan oder Fortschrittsprotokoll?

Was ist ein Trainingsplan?

Verlassen Sie Ihre Komfortzone

Lebende Dokumente

Pläne helfen Ihnen, Entscheidungen zu treffen

Elemente eines Trainingsplans

Wissen und Fähigkeiten des Trainers

Klare Ziele

Kriterien

Sitzungen und Durchgänge

Verstärkung

Grenzen

Beginnen Sie mit klarer Kommunikation

Beginnen Sie ohne Ablenkungen

Kontrollieren Sie die Umgebung

Welches Brückensignal wählen Sie?

Kleine Schritte

Wie verstärkt man?

Futter werfen oder Futterautomat

Arbeiten Sie mit Ihren Daten

Wie sammelt man Daten während des Trainings?

Analysieren Sie Ihre Daten und passen Sie Ihren Plan an

Zuerst an das Verhalten kommen

Das Verhalten unter Signal setzen

Nochmals Signalkontrolle

Neues für altes Signal

Der richtige Neustart

Verhaltensökonomie

Kommunikation innerhalb der Trainingspläne

Das Auflösungssignal

Motivation als Schlüssel zum Erfolg

Erfolg leicht machen

Fortschritte verfolgen lernen

Planen Sie Ihre Trainingszeit

Wann ist das Ergebnis gut genug?

Beispiele für Trainingspläne

Trainingsplan „Sitz“

Trainingsplan Target

Laser als Target: Schreiben Sie Ihren eigenen Trainingsplan

Daten, Daten und nochmals Daten!

Prüfen und Evaluieren

Unterschied zwischen Training und Einsatz?

Lernen Sie aus Ihren Fehlern

Alles dreht sich um Konsequenzen

Wie testet man Trailing-Teams?

Wie testet man Spürhunde?

Unsere Spürhundetests

Umgang mit Fehlanzeigen

Geruchsunterscheidungstests

Das Line-up

Das Geruchsrad

Problemverhalten

Analysieren Sie das Verhalten

Verhalten hat eine Funktion

Verhalten ist immer da

Wo kommt Problemverhalten her?

Mit Aggressionen umgehen

Schwierige Hunde, schwierige Menschen

Der Hund möchte etwas gewinnen

Stress reduzieren

Schlechtes Verhalten ignorieren

Nicht motiviert genug

Wenn der Hund sich selbst belohnt

Unerwünschtes Verhalten

Reaktiv oder proaktiv?

Proaktiv

Die Sache mit der Führung

Geben Sie das richtige Vorbild

Der Spaziergang

Bewegung und Energie

Dabei oder ausgeschlossen?

Aus dem Tiertraining fürs Leben lernen

Was sind Prinzipien?

Leichter gesagt als getan

Wertschätzung

Die dunkle Kehrseite

Integrität und Anerkennung anderer

Was Manager vom Hundetraining lernen können

Schlechte Kommunikation

Klar ist freundlich, unklar ist unfreundlich

Erwünschtes Verhalten verstärken

Die Stolperfallen erkennen

Vorsicht mit Sanktionen

Was Manager von Hühnern lernen können

Was können wir von der Wissenschaft lernen?

Was ist Wissenschaft?

Warum interessieren sich so viele Wissenschaftler für Tierverhalten?

Garbage Can Science: Experimentelle Wissenschaft für alle

Interessante wissenschaftliche Dokumente

Wissenschaft vs wahres Leben

Spürhundearbeit braucht eine stärker wissenschaftliche Herangehensweise

Anhang

Zum Schluss …

Über den Autor

Quellen

Vorwort

Vielen Dank, dass Sie dieses Buch gekauft haben. Sie sind gerade dabei, Ihren Blick auf das Training von Tieren zu verändern. Zumindest dann, wenn Sie offen, neugierig und bereit zu Veränderungen sind. Denn die Magie wird außerhalb Ihrer Komfortzone stattfinden!

Ich hatte das Glück, viel experimentieren und reisen zu können, Bücher lesen und viele Videos anzuschauen, so viele Hunde trainiert zu haben, mit so vielen unglaublichen Menschen zusammengearbeitet zu haben und von Tieren, Situationen und Umständen immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt zu werden.

Sie werden also auf den nächsten Seiten an meinem Weg teilhaben. An einer Lebenserfahrung, bei der Erfolg und Misserfolg oft so nahe beieinander lagen, dass ich mich oft fragte, warum ich mich eigentlich auf das Ganze einließ. Manchmal kämpfte ich wie Don Quijote gegen Windmühlen – besonders zu der Zeit, als ich unbedingt das strafbasierte Training durch eine positivere Methode ersetzen wollte. Das war deshalb nicht einfach, weil es damals noch nicht viel an diesbezüglicher Wissensvermittlung gab. Mit dem Ergebnis, dass schlechte Trainingsmethoden der einzig bekannte Weg waren, wie man Hunde trainieren zu müssen glaubte. Der gesamte Rest war unbekannt.

Wenn Sie dieses Buch lesen, gehen wir zusammen auf eine Reise! Es gibt eine Menge Bücher über das Tiertraining. Dieses hier ist auf seine Art einzigartig, denn es schlägt eine Brücke zwischen Trainern, Hundeführern und Wissenschaftlern. Meine eigene größte Lernkurve nahm dann ihren Beginn, als ich herausfand, dass viele meiner Fragen von der wissenschaftlichen Forschung bereits beantwortet worden waren! Es wird Ihnen tiefere Einsichten in das Training von Tieren vermitteln. Es wird ein Handbuch dazu sein, wie man Hunde trainiert. Es wird Ihnen dabei helfen, Ihre eigenen Trainingspläne zu erstellen und Ihnen mehr Informationen dazu liefern, wie man Trainer motiviert. Denn alles in allem ist Tiertraining zwar einfach, aber nicht leicht. Unsere größte Herausforderung besteht darin, wie man Menschen dazu bringen kann, mehr mit positiver Verstärkung zu arbeiten und sehr kritisch gegenüber Strafe zu sein.

Möchten Sie alles darüber wissen, wie regierungsbeauftragte Einheiten ihre Hunde auswählen und ausbilden? Möchten Sie verstehen, wie Sie Ihre Trainingsdaten sammeln und auswerten können? Möchten Sie lernen, wie Sie andere Trainer zum Gebrauch positiverer Methoden bringen können? Möchten Sie das Beste für Ihre Tiere? Möchten Sie die Wissenschaftler verstehen? Und maximale Ergebnisse erzielen? Sobald wir damit aufhören, andere zu be- und verurteilen und sie in Schubladen zu stecken und stattdessen zusammenzuarbeiten beginnen, können wir viel schneller lernen. Und nur dann werden wir in der Lage sein, unsere Hunde effizienter und effektiver auszubilden und bessere Ergebnisse zu erzielen.

Das Konzept der operanten Konditionierung mit dem Fokus auf positive Verstärkung in eine Welt einzuführen, in der Strafe und Zwang normal waren, war eine Herausforderung und ein Kampf. Aber er war es wert – den Hunden und den begabten Trainern zuliebe. Es war ein langer Weg von den Tagen, als Hundeausbildung noch geheim hinter verschlossenen Türen stattfand bis heute, wo man frei und offen zuschauen kann. Tiertraining war ein Zufallsprozess, bei dem man vorher nicht wusste, was herauskommen würde. Man hat einfach probiert. Heute ist es ein zielgerichteter Vorgang, bei dem wir Daten sammeln, auf Wissenschaftler hören, die Hundeführer und Trainer ausbilden und uns gut um unsere Tiere kümmern. Denn selbst in unserer technikgeprägten Zeit mit all den Messgeräten, Sensoren und Robotern, die wir haben, sind Hunde immer noch vielen dieser ausgeklügelten Apparate überlegen.

Kommen Sie mit mir auf diese Entdeckungsreise – zusammen werden wir Ihre Fragen beantworten und einige Ihrer Glaubenssätze verändern. Immer mit dem Fokus darauf, auf eine effizientere und effektivere Weise trainieren zu können, die nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Trainer angenehmer ist!

Simon Prins

Vorwort von Bob Bailey

Es war im Jahr 1997, als das Telefon bei mir zuhause klingelte und die Stimme am anderen Ende so etwas sagte wie: „Hallo, ich bin Simon Prins. Ich bin Polizeibeamter in Holland und ich trainiere Polizeihunde. Ich würde mit Ihnen gern über das Training von Polizeihunden sprechen.“

„Sorry, Simon,“ antwortete ich schnell, „aber wir arbeiten nicht mit Polizeibeamten. Danke für Ihren Anruf“, und legte auf, weil es meiner Meinung nach nichts weiter zu sagen gab.

Dreißig Jahre zuvor hatten meine Frau Marian und ich mit unseren Mitarbeitern bei ABE (Animal Behavior Enterprise) viele Diensthunde für das Militär ausgebildet und mehrere Ausbilder bei Polizei und Militär unterrichtet. Wie sich herausstellte, hatten wir zwar großen Erfolg im Training der Hunde, aber deren Hundeführer waren weniger empfänglich für unseren wissenschafts- bzw. datenbasierten Trainingsansatz. Als wir später herausfanden, dass viele der von uns trainierten Hunde an unfähige Polizeibeamte gegeben wurden und auf eine Art und Weise gebraucht wurden, die wir nicht gutheißen konnten, schworen wir uns, nie wieder Hunde für Polizei oder Militär auszubilden – und wir hielten trotz vieler Anfragen Wort.

Aber Simon Prins war anscheinend anders als alle die Polizisten, die Marian und mich bisher angerufen hatten. Zum einen war er hartnäckig und rief mehrmals an, bis wir ihm endlich zuhörten. Er erklärte uns, dass er nicht mochte, wie er nach Meinung seiner Ausbilder seine Hunde trainieren und mit ihnen umgehen sollte und hatte dafür unser vollstes Verständnis. Um eine lange Geschichte von wochenlangen Telefongesprächen hin und her kurz zu machen: Simon kam mit einer Handvoll niederländischer Trainer aus seiner Polizeieinheit zu uns nach Hot Springs, um die Prinzipien der operanten Konditionierung an Hühnern zu lernen. Ich gebe zu, dass ich damals wirklich skeptisch war, ob Simon und seine Leute die Erwartungen würden erfüllen können, die ich an sie richtete. Aber dann war ich beeindruckt, wie schnell Simon sein eigenes Verhalten änderte, um jede meiner „Anforderungen“ erfüllen zu können.

Es ist wirklich schwierig, die Effektivität eines Tiertrainingsprogramms objektiv zu messen. Der menschliche Student muss lernen, gleich mehrere Dimensionen seines Verhaltens zu ändern: was er verstärkt, wann er verstärkt, wann er sich bewegt und wann nicht und vieles mehr – und all das in Echtzeit ohne viel Zeit zum Nachdenken. Leichter zu messen ist das Ergebnis dessen, was der Trainer tut: Das Verhalten des Tieres. Wir können die Menge des erwünschten und des unerwünschten Verhaltens erfassen, indem wir unsere Beobachtungen in Form von Daten niederschreiben. Diese Idee des Datensammelns war den meisten holländischen Trainern neu – außer Simon. Ihm war das Datensammeln seit Jahren vertraut und er war gut darin, was damals für einen Tiertrainer ungewöhnlich war. Die holländischen Trainer waren es bisher gewohnt, Verhalten mit Methoden zu ändern, die mehr oder weniger Zwang beinhalteten. Hühnern ist aber mit „Zwangsmethoden“ nicht beizukommen. Es hält sie nichts weiter auf dem Trainingstisch als ihr eigener Wunsch, dort zu sein. Es liegt am Trainer, es für das Huhn lohnenswert zu machen, auf dem Tisch zu stehen und an der Aufgabe mitzuarbeiten. Etwas für ein Tier lohnenswert zu machen war für diese Trainer eine neuartige Vorstellung und manchen fiel es schwer, ihr Verhalten zu ändern. Simon nicht. Seine Hühner zeigten die gewünschten Verhalten schnell und lernten mit der Zeit neue Dinge immer schneller – das Ergebnis eines immer besser werdenden Trainers. Ich war beeindruckt.

Beeindruckend waren auch Simons Führungsqualitäten, die er nicht nur während des Trainings, sondern auch abends beim gemütlichen Zusammensein ausstrahlte. Selbst dort war sein ruhiger Einfluss auf die anderen spürbar. Um ein guter Trainer sein zu können, muss man Einfluss haben, zumindest im Schulungsraum. Natürlich kann ein solcher Einfluss auch auf Druck und Zwang basieren, also typisches Chefgehabe sein. Meiner Erfahrung nach sind die besseren Lehrer aber diejenigen, die sich nicht aufdrängen und andere eher positiv beeinflussen.

In den letzten 25 Jahren haben Simon und ich zusammen an zahlreichen Projekten gearbeitet, nach dem Tod meiner Frau Marian 2001 auch viel in Europa, was mich etwas von meinem Verlust ablenkte. Wir verbrachten viele Tage zusammen mit Training, Ausbildung von Trainern, Entwicklung von Trainingsplänen und technisch raffinierten Trainingshilfsmitteln, und wir hatten viel Spaß zusammen. 2019 ernannte ich ihn auf meiner „Think-Plan-Do-Konferenz“ in Hot Springs wegen seiner Fähigkeiten zu einem meiner beiden Europa-Repräsentanten.

Ich betrachte Simon außerdem als guten Freund, der mit mir Freud und Leid, Erfolg und Misserfolg geteilt hat. Für mich ist es ein Privileg, mit ihm und seiner Familie, seiner Frau Jolanda und seinem Sohn Rick befreundet zu sein.

Robert E. (Bob) Bailey, Sc.D.

Hot Springs, Arkansas, im Februar 2022

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Wie alles begann

Als Taucher bei den niederländischen Streitkräften, der 1985 als Jüngster seine Prüfung ablegte, lernte ich alles über Disziplin, Konsequenzen, Trainingsprogramme und Trainingspläne. Schon in jungen Jahren ging ich körperlich und mental an Grenzen, hatte aber keine Ahnung, dass dies „die Tonart“ für den Rest meines Lebens bestimmen würde. Ich hatte weder vor, Polizeibeamter zu werden noch hatte ich jemals die Idee, Tiertrainer werden zu wollen. Ich war einzig und allein darauf konzentriert, ein Profitaucher zu werden und arbeitete unter Ölbohrinseln, Schiffen, Brücken und anderen Großbauwerken auf der ganzen Welt.

Während meiner Militärzeit erledigten wir auch eine Menge Aufgaben für die niederländische Staatspolizei, was mich auf die Idee brachte, dorthin zu schreiben. Ich wollte gerne zu den Polizeitauchern gehen und mehr Erfahrungen sammeln. Ich wurde zu den Aufnahmetests eingeladen, durchlief die ganze Prozedur und wurde als für den Job geeignet eingestuft. Aber dann fand ich zu meiner Überraschung heraus, dass es gar keine eigene Vollzeit-Tauchereinheit bei der Polizei gab, und fasste im gleichen Moment den Entschluss, diese Einheit wieder zu verlassen. Ich bedankte mich für das Interesse, das man mir entgegengebracht hatte und packte meine Sachen. Aber ein Mitglied der Einheit überredete mich zum Bleiben. „Versuch es, ich bin sicher, es wird Dir bei der Polizei gefallen“, sagte er. Da ich meinen Job beim Militär ohnehin schon gekündigt hatte, beschloss ich also, der Sache eine Chance zu geben.

Und ich muss zugeben, dass es mir wirklich gut gefiel. Der Job war unglaublich vielseitig und ich war auch schnell wieder auf dem Wasser unterwegs. Schon nach ein paar Monaten hatte ich nicht nur den Führerschein für die Sonder-Einsatzwagen und Polizeimotorräder, sondern auch für die schnellen Polizeiboote und hatte richtig Spaß.

In dieser Zeit war es auch, dass ich Wilderer verfolgte und mich in dem Zusammenhang für das Jagen und Jagdhunde zu interessieren begann. Im Jagdrevier war ich erstaunt, wie clever die Hunde ihre Aufgaben erledigten. Ich liebte es, zuzusehen, wie die Jäger ihre Hunde zum Apportieren des geschossenen Wilds losschickten und war beeindruckt, wie leicht diese selbst in der dichtesten Vegetation das Haar- und Federwild fanden. Ich beschloss, selbst nicht zu schießen, sondern zum Jagdhundeführer zu werden und arbeitete mit Labradoren und Cocker Spaniels. Ich trainierte fast jeden Tag und genoss jede Minute davon. Und wenn es abends dunkel wurde, diskutierte ich stundenlang mit meinen Jagdkameraden, las Fachbücher und schaute Videos.

Zu dieser Zeit keimte in mir die Idee, zum Polizeihundeführer zu werden und von den Profis zu lernen. Ich kaufte einen Belgischen Schäferhund, einen Malinois, und trat einem örtlichen Sporthundeverein, einem so genannten KNPV-Club, bei. Solche KNPV-Clubs gibt es in den ganzen Niederlanden. Zivile Hundeführer trainieren ihre Hunde dort in Unterordnung, Sucharbeit und Schutzdienst mit dem Ziel, sie auf eine eventuelle spätere Polizeiarbeit vorzubereiten. Weil ich mich auf meinen Job als Polizeihundeführer vorbereiten wollte, beschloss ich also, einem solchen Verein als Zivilperson beizutreten. Schnell fiel mir auf, dass dort viel mit Strafe gearbeitet wurde. Als ich erst einmal in den „inneren Kreis“ des Vereins aufgenommen worden war, bekam ich noch mehr Zwangsmethoden zu sehen. Auch in den anderen Vereinen war das die Standardausbildung. Zu dieser Zeit wurde ich mehrmals von meinem eigenen Hund gebissen und begann, den Rat der erfahreneren Vereinsmitglieder zu suchen. Diese sagten mir, ich müsse „den Willen des Hundes brechen“ und „zum Alpha werden“. Ich war jung, ich wollte lernen und ich machte ihre Methoden nach. Ich begann also, ebenfalls mit Zwangsmethoden zu arbeiten und war erfolgreich darin, weil ich Ergebnisse erzielte. Aber ich fühlte mich nicht gut dabei und fragte mich, ob es nicht einen besseren Weg geben könnte. Letztendlich verließ ich den KNPV-Club, weil ich so nicht trainieren wollte.

Simon als junger NATO-Taucher beim Militär.

In der gleichen Woche sah ich in einer Zeitschrift eine Stellenanzeige für neue Polizeihundeführer. Ich bewarb mich und hatte Glück. Die Polizei gab mir die Chance, in die Hundestaffel zu kommen! Ich war überglücklich und erzählte all meinen Freunden, dass ich jetzt von den echten Profis lernen würde.

Den ersten Tag in meinem neuen Job werde ich nie vergessen. Kein Trainingsprogramm, keine Bücher, keine pdfs, keine Lehrvideos. Mein Ausbilder schickte mich zu einem Einsatzwagen, in dem ein großer, gefährlich aussehender Malinois saß. Er sagte mir, dies sei nun mein Diensthund und ich solle ihn aus dem Auto holen. Als ich mich dem Fahrzeug näherte, begann der Hund zu knurren und die Nackenhaare zu stellen. Er stellte die Rute steif nach oben, richtete seine Ohren wie Radarschirme auf mich und seine Augen wurden zu grünen Blitzen. Als ich den Ausbilder fragte, was ich tun sollte, erklärte er mir, ich müsse eben wirklich schnell zum Alpha werden und die Führung beanspruchen, sobald ich die Transportbox öffnete. Er instruierte mich, den Hund zu bestrafen und ihm zu zeigen, wer der Herr war. „Anderenfalls landest Du heute noch im Krankenhaus,“ warnte er mich. Wow, was für eine Einführung in eine Welt, zu der ich jahrelang aufgeschaut hatte. Die sogenannten Profis waren kein bisschen anders als meine KNPV-Vereinskameraden, nur mit dem Unterschied, dass sie Uniformen trugen. Ich öffnete also die Heckklappe des Einsatzwagens, wendete all die Zwangsmethoden an, die ich gelernt hatte und begann meine Karriere als Polizeihundeführer auf sehr schlechte Art und Weise.

Die einfache Regel lautete damals tatsächlich: „Wenn der Hund etwas tut, das dir nicht gefällt, bestrafe ihn. Wenn er etwas tut, das dir gefällt, bestrafe ihn nicht. So lernt er, was gewünscht ist.“

Ich durfte weder das Futter einsetzen, das ich zum Training mitgebracht hatte noch mit dem Hund Ball oder Kong oder sonst etwas spielen. In meinen ersten „Trainingslektionen“ ging es um Strafe und strikten Gehorsam und sie waren alles andere als ein Vergnügen – weder für den Hund noch für mich. Aber weil ich keine Erfahrung mit Polizeihunden hatte, dachte ich, diese seien wohl anders als andere Hunde und folgte den Instruktionen des Ausbilders – gegen meinen inneren Widerstand. Ich hatte keine Ahnung, wie man es besser machen könnte, aber ich wusste, dass es einen besseren Weg geben musste als dieses harte Zwangstraining, das wir absolvierten.

All das brachte mich letztlich auf einen neuen Kurs und weckte in mir den Wunsch, diese Welt des Zwangs zu einem Training mit positiveren Methoden zu verändern.

„Zuerst ignorieren sie dich.

Dann lachen sie dich aus. Dann bekämpfen sie dich. Und dann gewinnst du.“

(Mahatma Gandhi)

Das war, rückblickend betrachtet, alles andere als leicht, denn erstens wusste ich es ja damals auch nicht besser und zweitens brachte das Zwangstraining ja Ergebnisse: Das unerwünschte Verhalten, dass mich mein Diensthund biss, verschwand und stattdessen zeigte er das erwünschte, das wir auch in den echten Einsätzen brauchten: Er biss den Verdächtigen.

Dennoch sagte mir damals mein Bauchgefühl, dass wir, mein Hund und ich, viel mehr erreichen könnten, wenn wir uns besser verstünden und Vertrauen zueinander aufbauen könnten. Das uns auferlegte Zwangstraining war dabei nicht hilfreich.

Es mag heuchlerisch und schrecklich klingen, wenn ich das heute sage, aber es ist dennoch wahr: Ich lernte auch viel aus dieser Art des zwangsbasierten Trainings. Es führt zu Ergebnissen, und das in manchen Situationen wesentlich schneller als positive Verstärkung. Ich garantiere Ihnen – wenn Sie je die Erfahrung machen, von Ihrem Diensthund gebissen zu werden, werden Sie jede Form des Trainings anwenden, um das zu stoppen und zu verhindern, dass es jemals wieder passiert. Zumindest kann ich also sagen, dass ich aus meiner eigenen, ganz konkreten Erfahrung (samt Krankenhausaufenthalt wegen Bissverletzung) die Vor- und Nachteile dieser Trainingsform verstehe. Ich realisierte, wie schlau diese Tiere sind und wie viel Druck sie ertragen können. Ich verstehe auf dem Hintergrund meiner Erfahrungen auch, warum es so schwierig ist, mit Hundetrainern über das Thema Strafe und Zwang zu sprechen und warum die Diskussionen darüber immer so fanatisch werden. Jahre später öffneten mir die Bücher von Brené Brown, die Scham- und Schuldgefühle und unseren Umgang damit zu einem ihrer Hauptthemen gemacht hat, die Augen dazu. Da ich selbst sowohl in den Schuhen von „Zwangstrainern“ als auch in denen von rein positiv arbeitenden und allen möglichen dazwischen gestanden habe, kann ich heute mit allen sprechen, ohne sie zu verurteilen – ich kann sie verstehen und ihnen helfen, mehr zu entdecken.

Seit meinen ersten Jahren in der Diensthundeeinheit der Polizei sind viele Jahre vergangen und auch in den KNPV-Club und Polizeihundestaffeln hat sich die Welt verändert: Sie ist deutlich besser geworden, als sie es zu Beginn der 1990er Jahre war. Besonders in den Niederlanden haben wir einen enormen Übergang geleistet. Dieser ist nicht nur mir zu verdanken, sondern viele Frauen und Männer in den Hundesportvereinen, bei den Polizei-, Militär- und Zollhundestaffeln haben dazu beigetragen, die Welt der Hundeausbildung zu verändern. Ich war einer der Coaches in dieser Phase des Wandels. Ich sammelte Wissen, Erfahrung, Vertrauen und wandlungswillige Menschen, um den Punkt zu erreichen, an dem eine Wende unumkehrbar wurde.

Das begann nicht an Tag eins, sondern war ein Prozess, der durch viele Anstöße und Zufälle begleitet und ermöglicht wurde. Aber ja, ich begann nach und nach gegen die vorherrschende Meinung zu kämpfen, dass zwangsbasiertes Training der beste Weg zur Ausbildung von Polizeihunden sei. Menschen, die mich kennen, bezeichnen mich gern als „Misfit“, Rebell oder jemanden, der immer wieder Schwierigkeiten macht. Ich sehe das positiv, denn Misfits sind letztlich Menschen, die verrückt genug sind, zu glauben, dass sie die Welt verändern können!

Mein erster Anstoß, etwas ändern zu wollen, war mein damaliger erster Diensthund Castor selbst. Ja, derjenige, der mich anfangs mehrmals gebissen hatte, der als schwierig galt und den niemand in der Staffel haben wollte.

Was Castor mich lehrte

Inzwischen arbeitete ich seit sechs Monaten mit Castor. Er hatte mich nicht mehr gebissen, aber in mir rebellierte mehr und mehr alles gegen das zwangsbasierte Training, das uns auferlegt wurde – so sehr, dass ich darüber nachdachte, die Hundestaffel zu verlassen. Aber was sollte dann aus Castor werden, wenn ich ging? Ich beschloss, mehr zu erfahren und zu lernen und das Buch „Don’t shoot the dog!“ von Karen Pryor (auf Deutsch später erschienen unter: „Positiv bestärken – sanft erziehen“) wurde zu meinem ersten Augenöffner. Ich las zum ersten Mal bewusst von klassischer und operanter Konditionierung, von Ivan Pavlov und dem Einsatz von Verstärkern. Ich nahm einige der Ratschläge daraus ernst und begann, mit allen möglichen Arten von Verstärkern zu experimentieren. Der Kontakt zwischen meinem Hund und mir wurde zusehends enger. Wir verstanden einander immer besser und er versuchte nicht mehr, mich zu beißen!

Ich durfte ihn jetzt nach Dienstschluss mit nach Hause nehmen – er wurde Teil meines Alltags und wir unternahmen lange Wanderungen zusammen. Und ja, er rettete mich im Dienst aus mehreren brenzligen Situationen. Unser gegenseitiger Respekt wuchs.

Dann passierte etwas im Einsatz, das alles veränderte.

Es war an einem Samstagabend. Unser Vorgesetzter zeigte uns das Foto eines bekannten Kriminellen und teilte uns mit, dass er wegen Vergewaltigung gesucht würde und auf der Flucht sei, sich aber letzten Angaben zufolge noch in der Stadt befände. Unsere Aufgabe sei es, ihn zu finden und festzunehmen. Wenige Stunden später sah ich ihn tatsächlich im Stadtzentrum. Als übereifriger junger Polizist sprang ich aus dem Auto, packte ihn, rief ihm zu, dass er verhaftet sei und hielt ihn fest, damit er nicht weglaufen konnte. Natürlich war das nicht besonders gut bedacht von mir. Ich war allein, er dagegen in Begleitung von zehn Kumpels – und alle griffen mich an, während ich den Gesuchten weiter festhielt. Während ich Faustschläge und Fußtritte kassierte, schrie ich um Hilfe nach meinem Hund, der noch im Auto saß. Wir hatten genau diese Situation im Training wieder und wieder geübt: Die Tür der Hundebox hinter dem Fahrersitz ist nie verschlossen und der Hund springt auf Zuruf aus dem Auto und beißt sofort den Figuranten im Schutzanzug, der mich zum Schein im Training angreift. Das hatten wir also geübt, und ja, ich erwartete, dass der Hund die Kerle, die mich schlugen und traten, angreifen und beißen würde. Er reagierte auch sofort auf seinen Namen, sprang aus dem Auto und kam bis auf etwa fünf Meter auf uns zu. Er biss nicht! Aber er knurrte, zeigte seine Zähne, machte sich groß und ließ damit meine Angreifer zurückweichen. Ich hielt meinem Festgenommenen weiter im Klammergriff, während mein Hund sich mit seinem Rücken an mein Knie drückte, Körperkontakt zu mir hielt und die Angreifer weiter anschaute. Er verhielt sich aggressiv, aber nicht wie von Sinnen wild. Ich schleppte meinen Verdächtigen zum Dienstwagen, legte ihm Handschellen an und bugsierte ihn hinein, und die ganze Zeit hielt mein Hund Körperkontakt zu mir. Dann sprang er zurück in seine Box und wir fuhren zur Wache. Nachdem ich den Festgenommenen in eine Zelle gebracht hatte, verbrachte ich einen langen Abend mit meinem Hund.

An diesem Abend dämmerte es mir, dass es wohl mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als wir ahnen. Was der Hund für mich getan hatte, war unerwartet und beeindruckend. Er hatte sich in dieser Situation auf die beste nur denkbare Art und Weise verhalten – aber wir hatten diese Reaktion nie trainiert! Einmal davon abgesehen, dass ich wohl auch heute noch Schwierigkeiten hätte, einen Trainingsplan aufzustellen, wie man genau dieses Verhalten beim Hund erreichen soll. Für mich war besonders überraschend, dass sich mein Hund sich trotz des ganzen vorangegangenen Trainings so verhalten hatte. Anstatt wie im Training aus dem Auto zu springen und meinen Angreifer zu beißen, hatte er sich zu einem anderen Verhalten entschieden. Die Tatsache, dass mein Hund die in dieser Situation bestmögliche Option gewählt hatte, ließ mich in dieser Nacht nicht schlafen. Plötzlich fühlte ich mich nicht mehr wie der „Herr“, der Zwang ausüben musste, um einen sehr aggressiven Polizeihund kontrollieren zu können. Wir waren zu einem Team geworden, das auf Freundschaft und Vertrauen baute.

Das war der Startpunkt zur Veränderung in meiner Laufbahn als Polizeihundeführer. Ganz unerwartet war mir der Beweis präsentiert worden, dass es, wenn die Beziehung zwischen Hundehalter und Hund gut ist, richtig ist, dem Hund auch einmal eine Entscheidung zu überlassen. Vor diesem Zwischenfall war meine Erfahrung gewesen, dass mit Zwang trainierte Hunde auf eine simple, analoge Art funktionierten. Denken war auf ihrer Seite weder gefragt noch notwendig, denn im Grunde ging es nur um „Fass!“ und „Aus!“. Aber jetzt, da ich eine Beziehung zu meinem Hund aufbaute, sah es so aus, dass er ebenfalls systematischer mitdenken würde und zu begreifen schien, dass er mit seinem Verhalten die Situation beeinflussen konnte.

Während ich dies schreibe, erinnere ich mich an die Aussage Thorndikes: „Wenn eine Handlung zu einer Belohnung führt, wird sie fest ins Gehirn des Tieres geprägt.“ Damals vor dreißig Jahren, zu Beginn meiner Laufbahn als Polizeihundeführer, war ich blind für die Tatsache gewesen, dass man den Tieren eine Wahl geben muss. Denn dann engagieren sie sich nicht nur körperlich, sondern auch mental!

Von diesem Moment an beschloss ich, im Training einen anderen Weg einzuschlagen, weg vom Zwang und in eine andere Richtung. Das wurde zu meiner ganz persönlichen „Prophezeiung von Celestine“ (für alle, die dieses Buch kennen). Ich wollte einen anderen Weg einschlagen, ohne ihn damals klar vor mir zu sehen. Es wurde zu einer spannenden Reise mit vielen Hochs und Tiefs. Aber ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit zur Entdeckung dieses neuen Wegs hatte, denn sie bescherte mir unglaubliche Erfahrungen!

In meiner damaligen kleinen Diensthundestaffel gab es zehn Hundeführer und einen Ausbilder. Innerhalb einer Woche nach meinem Entschluss zur Veränderung war der Konflikt da. Mein Ausbilder hatte die Angewohnheit, die Hunde immer wieder zu korrigieren, so auch meinen. Strafe war die einzige Lösung, die er kannte, und er konzentrierte sich auf Fehlverhalten. Darüber hinaus baute er das Training auch noch so auf, dass es wahrscheinlich war, dass die Hunde Fehler machten. Mein Hund war, sobald er irgendwo einen Schutzanzug oder Beißarm sah, sehr aggressiv und konnte in den Übungen, wenn Beißen nicht erlaubt war, kaum daran gehindert werden, es dennoch zu tun. Dies gab meinem Ausbilder immer wieder Gelegenheit, meinen Hund zu bestrafen, was aber bis jetzt noch nie zu einem Ergebnis geführt hatte. Er biss den Figuranten auch weiterhin.

Als der Ausbilder an diesem Tag auf meinen Hund zuging und ihn mit Schlägen bestrafen wollte, ergriff ich die Partei meines Hundes. Ich stoppte den Ausbilder und sagte, dass ich, falls er meinen Hund schlagen wolle, die Leine loslassen würde (was dazu führen würde, dass er selbst gebissen würde). Meine Kollegen erstarrten zu Eis. Niemand hatte es je gewagt, der Philosophie des Ausbilders zu widersprechen. Aber ich ging sogar noch weiter und sagte meinem Ausbilder, dass ich das unerwünschte Verhalten innerhalb von zwei Wochen ohne Einsatz von Strafe ändern würde. Er wurde so wütend, dass er zu stottern begann und schrie mich schließlich an, dass er mich feuern würde, wenn mein Hund jemals wieder in einer seiner Trainingsstunden beißen würde. Herausforderung angenommen!

Die Übung selbst war gar nicht so kompliziert: Ein Figurant im Schutzanzug stand ruhig an eine Wand gelehnt in einem Gebäude, in das Hund und Hundeführer dann geschickt werden, um Raum für Raum abzusuchen. Der Figurant hat seine Position so gewählt, dass der Hund als erstes auf ihn treffen wird, während sein Hundeführer folgt und noch draußen vor dem Raum ist. Sie können sich vorstellen, dass die Hunde aufgrund des gesamten vorangegangenen Trainings so fixiert darauf waren, den Figuranten zu beißen, dass sie diesen oftmals ohne Kommando des Hundeführers angriffen, sobald sie ihn erblickten. Der Schutzanzug ist der größte Verstärker für sie! Sie lieben es zu kämpfen, für sie ist es ein Spiel. Unser Ausbilder versuchte stets, diesen Fehler zu vermeiden, indem er uns zum Beispiel Tricks zeigte, wie wir die Hunde bei der Gebäudesuche so an der (langen) Leine führen sollten, dass wir ungewollte Bisse verhindern konnten. Immer dann, wenn ein Hundeführer nicht gut genug aufgepasst hatte und der Hund deshalb Gelegenheit zum Beißen bekam, schlug der Ausbilder den Hund und schrie den Hundeführer an. All das zusammen machte diese Übungen wirklich zu einer Nervenzerreißprobe.

Die Hunde waren so fixiert auf den Schutzanzug des Figuranten, dass sie oft angriffen, ohne auf das Signal ihres Hundeführers zu achten.

Ich veränderte die Regeln. Zusammen mit einem Freund trainierte ich diese Übung mehrmals täglich und in verschiedenen Umgebungen. Es war OK für mich, dass mein Hund Fehler machte – auf Beißen folgte ab sofort keine Strafe mehr. Vielmehr war die Konsequenz von Beißen, dass der Figurant (mein Freund) und der Hundeführer (ich) beide sehr passiv wurden und die Übung mit einem Neustart wieder ganz von vorne begann. Nach etwa zehn Neustarts griff mein Hund den Figuranten nicht mehr an, sondern setzte sich vor ihn hin und bellte ihn an – so, wie es das Lehrbuch wünschte! Dann gab ich ihm einen Ball am Seil und wir machten zusammen ein Zerrspiel. Wir hatten Spaß zusammen! Diese Sequenz wiederholten wir mehrere Male, und nach zwei Wochen war das Spiel für meinen Hund ein anderes geworden. Er machte nie mehr den Fehler, zu beißen, wenn er den Scheintäter fand, sondern er setzte sich sofort hin und verbellte ihn. Darauf folgte immer eine von vier Optionen: Die ersten beiden waren, dass entweder ich oder der Scheintäter den Hund mit einem Ball und einem Zerrspiel belohnten. Die dritte war, dass ich meinem Hund das Kommando gab, zu mir zurückzukommen, woraufhin es wieder Ball- und Zerrspiel mit mir gab. Und Option Nummer vier war, dass der Scheintäter wegzulaufen versuchte, was für den Hund das Signal zum Angriff war – und dann kämpften mein Hund und ich gemeinsam gegen den „Täter“. Wir hatten also vier Optionen und viele Möglichkeiten für Fehler, wobei Fehler aber nicht mehr Strafe, sondern einen Neustart nach sich zogen. Wir fingen einfach die Gebäudesuche wieder von vorne an.

Nie vergesse ich den Tag, als ich nach zwei Wochen von meinem Ausbilder aufgefordert wurde, ihm und den Kollegen diese Übung vorzuführen. Mein Hund zeigte eine fantastische Leistung! Ich zeigte und erklärte den anderen meine vier Optionen, und das wurde zum Augenöffner für alle. Aber anstatt, dass die Staffel nun einen anderen Weg im Training einschlug, passierte das Gegenteil. Zwar wollten einige wenige Kollegen mehr darüber lernen, was ich gemacht hatte, aber die meisten arbeiteten weiter mit Zwang wie bisher. Erst Jahre später, als ich mich auch mit dem Verhalten von Menschen stärker befasste, verstand ich, dass dies ihre Komfortzone gewesen war. Aber damals konnte ich nicht verstehen, warum sie nicht willens waren, ihr Training auf positivere, belohnungsbasierte Prinzipien umzustellen. Menschen können sich ändern, aber sie wollen nicht verändert werden. Oh ja, ich lernte auch viel über das Coaching von Menschen!

Erst später war ich in der Lage, mehr Gemüter zu erreichen und mehr Meinungen zu verändern. Zwang wurde nach und nach immer weniger und Belohnung immer mehr verwendet. Aber der Ausbilder war nach wie vor gegen mich, und das schuf keine gute Lernatmosphäre. Aber ziemlich genau in dem Moment, als ich beschlossen hatte, die Staffel zu verlassen, weil es so nicht weitergehen konnte, erhielt ich einen Anruf von einer seltsamen Polizeieinheit, von der ich noch nie zuvor gehört hatte …

Wie lernt man etwas, das es noch nicht gibt?

Schon seit ein paar Minuten schaute ich nun auf das Blatt Papier vor mir. Es war das Jahr 1996 und ich saß an einem Schreibtisch in einem kleinen Büro, in dem ich noch nie zuvor gewesen war. Es war mein erster offizieller Arbeitstag in meiner neuen Diensteinheit. Ich war schon vor Monaten dafür ausgesucht worden, ohne zu wissen, dass man mich beobachtet hatte. Wir hatten in der Staffel Besuch von ein paar uns Unbekannten bekommen, als wir mit den Hunden arbeiteten. Es hatte ein paar Treffen mit meinem Vorgesetzten gegeben und ich hatte ein paar seltsame Anrufe von Menschen bekommen, die mir Fragen zur Hundeausbildung stellten. Und letztlich wurde ich zum Kaffeetrinken von Leuten eingeladen, die meine Meinung zum Einsatz von Hunden in verdeckten Ermittlungen beziehungsweise geheimen Operationen hören wollten. Irgendwann rückten sie damit heraus, dass ich für sie arbeiten sollte. Ich würde all meine Privilegien verlieren, die ich bisher in meiner Streifeneinheit erworben hatte und mich von meinem Diensthund verabschieden müssen. Ich würde meine alten Kollegen verlassen müssen, ohne ihnen sagen zu dürfen, wo ich hinging. Aber die Herausforderung, die mir angeboten wurde, war fantastisch und die Auftraggeber hatten ihre Hausaufgaben gut gemacht. Sie wussten, wie sie mich packen konnten.

Wieder starrte ich auf die Liste vor mir. Mindestens zehn verschiedene Themen, die alle interessant waren. So zum Beispiel „Einen sehr leisen, passiven Drogenspürhund ausbilden, den wir in verdeckte Einsätze schicken können.“ Dazu muss man wissen, dass wir damals in der Polizei nur sehr aggressiv bellende Drogenspürhunde hatten. Oder: „Einen Spürhund ausbilden, der einer Spur in städtischer Umgebung folgen kann.“ Damals konnten Spürhunde nur in ländlicher Umgebung arbeiten. Und viele ähnliche Fragen mehr. Das Ziel der gerade erst gegründeten verdeckten Einheit war es, die Hunde für ihre taktischen Zwecke einzusetzen und das Management hatte dazu zahlreiche Experten hinzugezogen, die möglichst außerhalb des gewohnten Rahmens denken sollten. Wir mussten einen neuen Job auf eine neue und innovative Art und Weise erfüllen, für die es keine Grenzen gab.

Die allgemeine Meinung, die man von Polizeihunden hatte, war nicht besonders gut. Nicht zuverlässig, stinkend, immer wieder Beißvorfälle, nicht stubenrein, laut und in den Fähigkeiten begrenzt. Meine Aufgabe war es nun, das zu ändern und Hunde zu einem nützlichen und akzeptierten Instrument in der „Werkzeugkiste“ zu machen. Der Oberbefehlshaber war überzeugt davon, dass Hunde einen guten Beitrag zur neuen Einheit leisten konnten, aber er war auf der Suche nach einer anderen Art der Arbeit mit Diensthunden. Er stellte mir die Aufgabe, die Dinge zu analysieren und entschlüsseln, die man bisher getan hatte und sie so zu verändern, dass sie für die neuen Zwecke gebraucht werden konnten.

Es gab eine Sache auf der Liste, die meine Aufmerksamkeit wirklich fesselte und mich sofort packte: Einen Hund so trainieren, dass wir ihn gezielt mit einem Kamerasystem und anderen Sensoren ausgestattet in eine unbekannte Gefahrensituation außerhalb unserer Sichtweise schicken können. Ohne Zeit und Gelegenheit, den Hund vorher im späteren Einsatzgelände trainieren zu können. Der Hund muss alle möglichen Sensoren tragen und es muss eine Möglichkeit gefunden werden, über große Entfernungen verdeckt mit ihm zu kommunizieren. Disziplinen wie Drogen-, Sprengstoff- oder Personensuche aufzudröseln, die es ja schon gab, erschien mir machbar und konnte ja nicht so schwierig sein, dachte ich mir. Aber das Training eines „ferngesteuerten“ Kamerahundes war eine echte Herausforderung. Wie lernt man etwas, das es noch nicht gibt? Ein Zitat von Will Ferell kam mir in den Sinn: „Der echte Weg, um etwas zu lernen, besteht darin, rauszugehen, es zu versuchen und sich von seiner Neugier leiten zu lassen.“

Ich beschloss, die Herausforderung anzunehmen.

Mein erster Kamerahund Andor 1996.

Nachdenken und Planen

Die großen Denker der Vergangenheit tranken gern Absinth, einen Branntwein mit hohem Alkoholgehalt. Er machte ihren Geist freier und half ihnen, neue Wege im Denken einzuschlagen. Und ich wusste, dass große Maler wie Rembrandt sich stundenlang an den kleinsten Details übten, um diese ganz zu verstehen, bevor sie richtig gut wurden. Eine Sache war für mich klar: Ich würde tief nachdenken müssen, alles vergessen müssen, was ich bis dahin gelernt hatte und das Training von Tieren für mich neu aufschlüsseln und systematisch neu anlegen müssen.

Ich war es gewohnt, in den Stufen eines Ablaufplans zu denken und zu handeln. Als Taucher beim Militär war das meine einzige Chance, um in einer gefährlichen Umgebung zu überleben. Ablaufpläne werden nicht in einem bestimmten Moment erstellt und das war’s dann ein für allemal, sondern ich betrachte sie als lebende Dokumente, die mit der Zeit und der Erfahrung immer besser werden. In der Hundeausbildung spricht man heute von einem Trainingsplan. Die Idee ist die gleiche: Ein geplanter Schritt-für-Schritt-Ablauf.

Wir lernen aus unseren Fehlern, zumindest dann, wenn wir uns selbst genügend reflektieren können. Es ist schade, dass viele Menschen ohne nachzudenken einfach nur das nachmachen, was andere schon vorher gemacht haben. Sie schalten einfach ihren eigenen Verstand aus und folgen einer überlieferten Methode, ohne an sich selbst den Anspruch zu haben, es besser zu machen.

Wie konnte ich meine Erfahrungen aus dem Tauchen beim Militär in Trainingspläne für Hunde einbringen? Was wäre anders, was gleich? Ich nahm ein großes Blatt Papier zur Hand und begann mit dem Brainstorming, indem ich in kleine Wölkchen alle Schlüsselwörter schrieb, die mir einfielen. Keine Idee war zu abwegig, um sie aufzuschreiben. Ich brauchte mehrere Stunden und eine halbe Flasche Whisky dafür. Dann war ich fertig. Ich wusste, was ich zu tun hatte und wo ich anfangen musste.

Am nächsten Morgen bat ich um ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten. Ich hatte einen Plan. Einen noch recht wilden Plan zwar mit vielen offenen Enden, aber zumindest gab es eine Struktur. Ich teilte alle meine unsortierten Gedanken vom Vorabend in Kategorien ein. Damit begann mein „Think-Plan-Do“ – „Nachdenken-Planen-Handeln“ –, auch wenn ich nicht genau diese drei Schlagworte benutzte. Erst Monate später, nachdem ich Marian und Bob Bailey kennengelernt hatte, sollte mir das zur Standardgewohnheit werden.

Ich erklärte meinem Vorgesetzten, dass viele Dinge auf der Liste nicht so besonders schwierig wären. Natürlich würde ich einen passiven Drogenspürhund ausbilden können; und ich würde auch Sprengstoffspürhunde anders als bisher gewohnt ausbilden können. Auch würde es kein Problem sein, einen Hund so auszubilden, dass er auf andere als die üblichen Kommandos reagieren würde. Was ich übrigens besonders clever und interessant fand – ein Hund, der losrennt, wenn man „Sitz!“ sagt und sich hinlegt, wenn man „Hier!“ ruft! Dieser „verdeckte-Ermittler-Hund“ würde noch weitere „Tricks“ beherrschen.

Für all das bat ich meinen Vorgesetzen um Zeit und ein Budget. Ein Budget, um Hunde kaufen und um die Welt fliegen zu können, um Menschen zu ihren Trainingserfahrungen zu befragen, deren Trainingspläne zu analysieren und mit ihnen zusammen zu trainieren. Für all das würde ich Zeit brauchen – ich schlug drei Jahre vor. Das erste Jahr plante ich für Recherche und Orientierung ein, das zweite zum Vollzeit-Training verschiedener Hunde und das dritte, um diese Hunde in unsere Einsätze zu nehmen und zu schauen, wie sie sich bewährten.

Mein Vorgesetzter starrte mich einige Sekunden lang an, als ich ihn um drei Jahre bat. Dann sagte er mir, dass das Geld kein Problem sei, aber drei Jahre eine sehr lange Zeit seien. Ich erklärte ihm, dass ich viele traditionelle Trainingsmethoden ändern müsste und dass ich dem Projekt gern eine faire Chance geben würde. Nach einem weiteren Blickduell machte er mir ein Angebot, schaute mir scharf in die Augen und sagte: „Ich gebe dir dein Budget und ich gebe dir drei Jahre, um deine Arbeit im Einsatz zu beweisen. Wenn sie mir gefällt und du deine Ziele erreichst, kannst du hier in der Einheit bleiben. Wenn nicht, gehst du wieder zurück zur Streifenpolizei, wo du hergekommen bist.“ Wir gaben uns die Hand und mein erstes Jahr hatte begonnen! Wir schrieben den 01. April 1996, die Uhr lief und ich stürzte mich in die Recherche.

Das Pavlov-Projekt beginnt

Was die Spürhundeausbildung anging, hielt ich dies für kein großes Problem. Es war etwas, das ich sicher an unserer nationalen Polizeihundeschule lernen könnte. Ich dachte, dass vermutlich das Training eines mit Kamera und Sensoren ausgerüsteten und weit von mir weg arbeitenden Hundes die größte Herausforderung sein würde. Aber die Realität erwies sich als noch härter.

Wenn ich mich umsah, sah ich eine Menge sehr aktiv arbeitender Spürhunde: Sie bellten, kratzten, bissen oder zeigten andere sehr aktive Anzeigen. Mit dem Grundgehorsam war es bei ihnen nicht weit her, und im Allgemeinen wohl auch nicht mit der Qualität. Ich brauchte nun also sehr gute passive Spürhunde für unsere verdeckten Ermittlungen. Es überraschte mich, zu entdecken, dass es bisher für die Ausbildung keine Trainingspläne oder Handouts gab. Alles war nur mündliche Überlieferung, wie ich es auch in der Welt der Streifendiensthunde schon kennengelernt hatte. Jeder Ausbilder hatte seine eigene Vorstellung vom Training und es war nicht klar, wie viel Zeit man eigentlich zur Ausbildung eines Spürhundes brauchte. Ungefähr, so sagte man mir ohne viel weitere Erklärung, zwischen drei und neun Monaten. Auch bei den Personenspürhunden taten sich Probleme auf: Die bisherigen Fährtenhunde machten ganz gute Arbeit in ländlichen Umgebungen, wenn während der letzten 24 Stunden niemand anderes durch den gleichen Wald gegangen war. Aber sobald das der Fall war, gab es Probleme, und die Verfolgung von Spuren auf harten Untergründen wie Asphalt erwies sich als Illusion.

Plötzlich wurde mir klar, dass die drei Jahre wahrscheinlich nicht ausreichen würden. Aber da war sie nun mal, die Deadline, und sie weckte meinen Ehrgeiz. Also legte ich los.

Zuerst begleitete ich die Spürhund- und Personenspürhundeführer während der nächsten sechs Monate jeden Tag lang. Sie trainierten meistens in den Morgenstunden, sodass ich den Nachmittag zum Testen meiner Ideen zur Ausbildung der „Kamerahunde“, wie ich sie nannte, nutzte. Dabei nutzte ich meine Erfahrungen aus dem Jagdhundetraining und kombinierte sie mit dem, was ich in der Polizeihundestaffel gelernt hatte.

Diese drei Themen – Spürhundearbeit, Personenspürhunde und Kamerahunde – hatten eins gemeinsam: Vertrauen! Ausbilder, die ebenfalls an den ferngelenkten Kamerahunden Interesse hatten, versuchten mir zu helfen und erklärten mir, dass ich unbedingt Zwang einsetzen müsse, denn ihrer Auffassung nach sollte ein solcher Hund niemals in der Weiterbewegung stoppen, nachdem er ein Kommando erhalten hatte. Ihrer Meinung nach konnte man das nur über Zwang sicherstellen. Überrascht fragte ich nach, wie genau sie sich das vorstellten, woraufhin der Chefausbilder mir erklärte: „Nimm ein langes Seil, etwa einhundert Meter lang. Führe es über eine Umlenkrolle, die in etwa fünfzig Metern Entfernung in einem Baum angebracht ist und dann wieder zurück ans Halsband des Hundes. Dann gib dem Hund das Kommando, Vorwärts!‘ und zieh am Seil. Der Hund kann nicht anders, als dem Zug nachzugeben und auf den Baum zuzugehen – und so konditionierst du ihn dazu, auf das Kommando, Vorwärts!‘ hin nach vorn zu gehen.“

Ich versuchte ihm zu erklären, dass dies im wahren Leben so nicht funktionieren würde – mitten in der Nacht in dunkler Umgebung, ohne Baum, Umlenkrolle und Hundert-Meter-Seil. Aber umsonst. Letztlich dankte ich ihm für seinen Rat, den ich geflissentlich ignorierte. Stattdessen arbeitete ich weiter mit meinen Erfahrungen aus der Welt der Jagdhundeausbildung, was aber auch nicht ausreichte, denn im wahren Leben konnte ich nicht erst ein paar Dummys auswerfen, um den Hund zum Arbeiten zu motivieren. Ich steckte fest! Ich brauchte eine verlässliche Trainingsmethode, aber niemand auf der ganzen Welt schien diese Art von Arbeit zu machen.

Es war ein Mittwoch und die Diensthundeführer hatten eine Besprechung zu Verwaltungsdingen. Ich hatte beschlossen, diesen Nachmittag freizunehmen und einem nahegelegenen Delfinarium einen Besuch abzustatten. Als Kind war ich mit meinen Eltern öfter dort gewesen und hatte schöne Erinnerungen an die Delfinshows. Als ich daran dachte, wie damals die junge Delfintrainerin auf dem Podest stand, fünf Delfine gleichzeitig für sie arbeiten ließ und dabei lächelnd ein Publikum von fünfhundert Menschen unterhielt, ging mir ganz plötzlich ein Licht auf: Sie beherrschte etwas, das ich nicht konnte! Sie trainierte fünf Tiere und gab ihnen Richtungsbefehle – ganz ohne Zwang oder Leine, nur mit Vertrauen und Spaß. Ich dagegen hatte erhebliche Probleme mit nur einem Hund an einer langen Leine, wenn es um das Schicken in bestimmte Richtungen ging. Ich musste unbedingt mehr über dieses Delfintraining lernen!

Am nächsten Morgen um zehn, die typische Kaffeezeit in meinem Land, stand ich am Eingang des Delfinariums. Diesmal trug ich meine Dienstuniform, hatte einen großen Kuchen dabei und sagte der Dame an der Rezeption, dass ich einen Termin mit der Cheftrainerin hätte. Sie telefonierte kurz und zehn Minuten später war die Ausbildungsleiterin da. Sie stellte sich als Toinny vor und entschuldigte sich, dass sie offensichtlich den Termin vergessen hatte. Ich lachte, reichte ihr den Kuchen und sagte, dass ich gar keinen Termin hätte, aber unbedingt alles über das Delfintraining wissen wollte. Wir setzen uns hin, tranken Kaffee, aßen Kuchen und unterhielten uns letztlich den ganzen Tag lang. Sie führte mich herum, erklärte, wie die Shows aufgebaut waren und wie die Meeressäuger (denn es gab außer Delfinen noch andere) trainiert wurden. Sie wusste nicht viel über die Geschichte des Delfintrainings und wie es begonnen hatte, aber mein Interesse an alldem war geweckt.

Am nächsten Wochenende stattete ich meinem jüngeren Bruder einen Besuch ab, der gerade die neue Welt des Internets betreten hatte. Ja, Jüngere unter Ihnen können sich das vielleicht nicht vorstellen, aber 1996 war das Internet tatsächlich zum ersten Mal frei für alle zugänglich! Und mein Bruder hatte einen der ersten Anschlüsse. Er half mir das ganze Wochenende lang, mehr über das Delfintraining herauszufinden und wir stolperten schließlich über Keller und Marian Breland in den USA, die anscheinend als erste irgendwann in den 1950er Jahren damit begonnen hatten. Wir fanden weiter heraus, dass Keller inzwischen verstorben war, Marian aber noch lebte und inzwischen mit einem gewissen Bob Bailey verheiratet war. Beide waren sehr aktiv im Tiertraining auf Basis operanter Konditionierung. Nach ein paar Tagen gelang es uns schließlich, ihre Telefonnummer in den USA herauszufinden.

Ich war ziemlich nervös, als ich sie schließlich wählte. Und überrascht, als sich nach wenigen Sekunden Bob Bailey persönlich meldete. Ich stellte mich als niederländischen Polizeibeamten vor, der mit einem Sonderprojekt in der Hundeausbildung beauftragt war und mehr über ihre Arbeit erfahren wollte. Bob fragte explizit nach, ob ich Polizeihundetrainer sei, und als ich bejahte, sagte er mir, dass er bereits vor Jahren beschlossen habe, nie wieder mit Polizeihundeausbildern zu arbeiten, weil diese zu viel Zwang einsetzten und nichts anderes hören wollten. „Goodbye“, sprach’s, legte einfach auf und ließ mich verblüfft mit offenem Mund zurück.

Aber ich rief am nächsten Tag wieder an – und mindestens weitere zwanzig Male, um ihn davon zu überzeugen, dass ich keiner der üblichen Polizeihundeausbilder war. Irgendwann ließ er sich endlich auf ein längeres Gespräch ein. Er sagte, dass er in der Zwischenzeit mit seiner Frau Marian über mich gesprochen habe und dass sie beschlossen hätten, mir eine Chance zu geben. Sie würden mir zuhören, wenn ich in die USA käme. Wir könnten in einem Restaurant in Hot Springs, Arkansas zu Abend essen und am nächsten Tag würde ich einen Test absolvieren. Hurra – ich hatte einen Termin!

Ein paar Wochen später flog ich in die USA und traf Marian und Bob abends im „Brau Haus“, einem Restaurant mit deutschstämmiger Küche. Wir hatten eine lange Unterhaltung und riesige Schnitzel. Am Ende des Abends berieten die beiden sich kurz untereinander und sagten mir dann, dass sie bereit seien, den nächsten Schritt mit mir zu wagen, nämlich den Test am nächsten Morgen. Sie gaben mir ihre Adresse und den Auftrag, pünktlich um neun Uhr da zu sein.

Als ich das Haus betrat, führten sie mich zu einem großen, langen Tisch im Wohnzimmer, auf dem einige Blätter Papier lagen. Das sei mein Trainingsbereich, sagte Bob. Dann bat er mich, ihm in den Garten zu folgen und öffnete dort einen kleinen Hühnerverschlag. Ich sollte eins der Hühner nehmen und mit zum Wohnzimmertisch bringen. Ich setzte es darauf und Marian gab mir einen Clicker, eine Tasse mit Hühnerfutter und ein Papiertarget. Mein Test hatte begonnen – ich sollte zeigen, dass ich ein Tier, in dem Fall ein Huhn, trainieren konnte, indem ich entweder Futter gab oder nicht gab und dabei den Clicker als Brückensignal einsetzte. Sie beobachteten dabei mein Verhalten und analysierten mein Timing, meine Entscheidungen und andere Fertigkeiten. Ich befand mich ganz schön weit außerhalb meiner Komfortzone!

Das Training war in „Einheiten“ („Sessions“) und „Durchgänge“ („Trials“) eingeteilt. Nachdem ich 45 Minuten lang verschiedene Hühner trainiert hatte, hielt mir Marian einen 45-minütigen theoretischen Vortrag. Danach zeigte mir Bob weitere 45 Minuten lang in der Praxis, wie ich besser mit den Hühnern arbeiten könnte; gefolgt von einer weiteren Theoriestunden mit Marian. Das wurde nun zu meiner Routine während meiner Zeit bei ihnen: Training, Theorie, Training, Theorie.

Es war harte Arbeit, und als ich am Abend in mein Hotel zurückfuhr, war ich fix und fertig. Mein Notizbuch war vollgeschrieben und ich musste noch meine Hausaufgaben machen, nämlich einen Trainingsplan für den nächsten Tag schreiben. Bob hatte mir bereits erklärt, was ich am nächsten Tag trainieren sollte, allerdings nicht, wie – das war meine Aufgabe für den Trainingsplan.

Bei Bob und Marian Bailey lernte ich mit Hilfe von Hühnern die Prinzipien der operanten Konditionierung kennen.

Als ich zwei Wochen später nach Hause flog, war ich erschöpft, aber auch sehr zufrieden. Ich hatte so viel gelernt!

Mit Hilfe von Bob und Marian hatte ich die Hühner dazu trainiert, Targets anzupicken, Farben zu unterscheiden, einen Hindernisparcours zu absolvieren, Dinge aufzuheben oder daran zu ziehen und vieles mehr. Es war absolut erstaunlich.

Auf dem Rückflug nach Amsterdam fragte mich mein Sitznachbar, ob ich zum Urlaub oder Arbeiten in den USA gewesen sei. Ich erklärte ihm, dass ich Polizist sei und dass es eine Dienstreise gewesen sei. Interessiert fragte er genauer nach, aber ich lächelte innerlich und dachte mir, dass ich ihm unmöglich erklären könnte, dass ich während der letzten zwei Wochen Hühner trainiert hätte. Er würde mich für verrückt halten! Also sagte ich etwas von einem Austauschprogramm und fiel dann in einen tiefen Schlaf.

Die Begegnung mit Bob und Marian hatte mein Leben verändert. Ich verdanke ihnen so viel! Sie öffneten mir die Augen und zeigten mir ohne Übertreibung den Weg aus dem Nebel ins Licht des Tiertrainings. Sie erklärten mir, wie man Trainingspläne schreibt und benutzt, Daten sammelt und auswertet, Verhalten beobachtet, aufteilt und generalisiert. Sie erklärten mir, wie man Trainer auswählt und coacht und so vieles mehr

Marian starb am 25. September 2001. Kurz zuvor konnte ich ihr noch versprechen, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun würde, um die Prinzipien der operanten Konditionierung auch in die Welt der Polizeihunde zu tragen.

Bob und ich wurden über die Jahre zu guten Freunden und wir haben seit unserer Begegnung viel an den Programmen gearbeitet, für die ich verantwortlich war. Und wir schufen einige tolle Projekte zusammen, die später großen Einfluss auf die Einsätze hatten. Zusammen trainierten wir außerdem auf der ganzen Welt Tausende von Tiertrainern in Workshops und Seminaren und steckten viel Energie in unser Ziel, die Welt des professionellen Hundetrainings zu verändern.

Sie werden in diesem Buch keine „Simon-Prins-Methode“ lernen. Es gibt auch keine „Bailey-Methode“. Es geht um klassische und operante Konditionierung, um Thorndike, Pavlov, Skinner und Watson und die anderen Vordenker. Ja, ich war es, der die Trainingsprogramme für die per Laser oder Funk ferngesteuerten Kamera-Polizeihunde entwickelte, aber ich habe nicht mein Namensetikett draufgeklebt. Denn es ist einfach nur operante Konditionierung.

Bob und Marian haben auch mein Interesse an der Wissenschaft geweckt und mich in diese Welt eingeführt. Ich begann Literatur und Studien zu Tierverhalten, Humanpsychologie, Training und vielem mehr zu lesen. Außerdem verdanke ich Bob die Erkenntnis, dass Zeit etwas sehr Kostbares ist – etwas, das ich um das Jahr 2000 herum, als wir so eng zusammenarbeiteten, noch gar nicht so richtig verstand. Heute, über zwanzig Jahre später, verstehe ich, was er gemeint hat. Je älter wir werden, desto schneller verfliegt die Zeit – bevor wir uns umgesehen haben, ist schon wieder Weihnachten und ein weiteres Jahr vorbei.

Zeit ist wertvoll – und gutes Training effizient

Für mich ist ein besonders gutes Beispiel für den Wert von Zeit die Erinnerung an unsere ersten Schritte im Trainingsprogramm für die ferngelenkten Kamerahunde im Jahr 1996. Die Aufgabe bestand wie gesagt darin, einen Hund so auszubilden, dass er zwei- bis dreihundert Meter von seinem Hundeführer entfernt mit einer Kamera ausgerüstet agieren und vom Hundeführer mit Richtungshinweisen gesteuert werden kann, und das auch im Dunklen. Die Hunde mussten leise und unauffällig arbeiten.

Zu Beginn des Trainings versuchte ich es noch damit, die Targets im Dunklen mit einer Taschenlampe anzuleuchten. Dann ging mir urplötzlich ein Licht auf: Warum benutzten wir eigentlich stattdessen keinen Laserpointer? Man könnte doch den Hund dazu trainieren, einen Laserpunkt als Target zu betrachten und bestimmte Aufgaben dort zu erledigen! Dazu müssen Sie aber wissen, dass ein Lasergerät damals 25.000 Dollar kostete! Und zusätzlich mussten wir noch selbst Behälter, Stromversorgung und Linsen dafür konstruieren und bauen. Heutzutage kann man in jedem Baumarkt einen Laserpointer für ein paar Euro kaufen.

Damals brauchte ich neun Monate, um einen Hund dazu zu konditionieren, zum 150 Meter von mir entfernten Laserpunkt zu laufen, dort etwas aufzuheben oder abzulegen oder ein bestimmtes Objekt anzuschauen (damit die Kamera auf seinem Kopf es filmen konnte).

Dadurch, dass wir Trainingsplan um Trainingsplan schrieben und immer wieder veränderten, Daten sammelten und auswerteten, können wir heute das gleiche Ergebnis in drei Monaten erreichen. Das ist, was Bob und Marian mich unter anderem lehrten: Verbessere dein Training stets weiter, werde effektiver und effizienter. Höre nie auf, zu lernen!

Zeit der Zweifel

Natürlich gab es immer wieder auch Momente, in denen ich die Macht der operanten Konditionierung in Frage stellte. An einen dieser Vorfälle erinnere ich mich ganz besonders deutlich: Ich schickte meinen ersten Kamerahund in einen richtigen Einsatz und er trug eine sehr teure Filmausrüstung. Mitten in der Nacht musste er rund zweihundert Meter von uns weggehen, um dort etwas für uns auszukundschaften. Ich selbst hockte getarnt im Gebüsch und wartete auf das Signal meines Vorgesetzten, den Hund loszuschicken. Es waren etliche Kollegen aus unserer Einheit anwesend, die diesem ersten Einsatz mit Spannung zuschauten. Nachdem ich mein „Go!“ bekommen hatte, schickte ich meinem Hund zum Target, in diesem Fall einem zweihundert Meter weit entfernten Gebäude und verfolgte seine Bewegungen mit einem Nachtsichtgerät.