Das Reisebuch Europa - Michael Neumann-Adrian - E-Book

Das Reisebuch Europa E-Book

Michael Neumann-Adrian

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Beschreibung

Über 10 Millionen Quadratkilometer groß, mit knapp 750 Millionen Einwohnern: Das ist Europa! Doch wo liegen die Reiseziele, die man unbedingt gesehen haben sollte? Wer die perfekte Mischung aus Städtereisen, Weltkulturerbe und Natur sucht, liegt mit den hundert Empfehlungen dieses Reisebildbands goldrichtig: ein Europa-Best-of von London bis Lissabon, von der Alhambra bis zur Eremitage, von den Cinque Terre bis zur Sächsischen Schweiz.

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INHALTSVERZEICHNIS

Übersichtskarte

EUROPAS MITTE

1Das Wattenmeer – Voller Leben

2Berlin – Die hippste Stadt der Welt

3HIMMLISCHES SACHSEN-ANHALTAuf den Spuren der Sternensucher

4Kölner Dom – Auf der ewigen Baustelle

5Der Harz – Rund um den Brocken

CHURFRANKENGlücksmomente in der Genussregion

6Mittleres Rheintal – Das Zuhause der Loreley

7DIE DEUTSCHE ALPENSTRASSEAuf und Ab am Alpennordrand

8Zugspitze – Ziel für Gipfelstürmer

9Amsterdam – Charmante Metropole im Wasser

10Texel – Windzersaust und meergeküsst

11Brüssel – Zentrum der Lebensart

12Luxemburg – Malerisches Machtzentrum

GROSSHERZOGTUM LUXEMBURGKulinarik im Land der Genießer

13Warschau – Geliebte Widersprüche

14DAS NÖRDLICHE POLENMit dem Wohnmobil nach Podlachien

15Krakau – Alte Seele mit jungem Flair

16Polens Ostseeküste – Feiner Sand und stolze Städte

POLEN AUS KLEINER PERSPEKTIVEZwergenaufstand in Breslau

17Prag – Die unterschätzte Schöne

18Niedere Tatra – Archaische Landschaft

19Budapest – Die Zukunft kann kommen

20Ljubljana – Das kleine Prachtstück

21Wien – Lebensqualität und Lifestyle

22IMPERIALES NIEDERÖSTERREICHMost, Wein, Wald und Wasser

23Salzkammergut – Landschaft im Gleichklang

24DIE GLOCKNERSTRASSEDie berühmteste Alpenstraße Österreichs

25Vaduz – Genuss auf kleinem Raum

26Eiger, Mönch und Jungfrau – Top of Europe

27Rhätische Bahn – Lang ersehnte Verbindung

EUROPAS SÜDEN

28Bozen – Viel mehr als nur Südtirols Hauptstadt

29Drei Zinnen – Der berühmteste Dreizack der Alpen

30Venedig – La Serenissima

31Florenz – Im Zeichen der Kuppel

32San Marino – Europas älteste Republik

33Roms Petersdom – Mittelpunkt der Christenheit

34Siziliens Piazza Armerina – Eine der großen Sehenswürdigkeiten

35Malta – Geheimnisvolle Megalithkultur

GESCHICHTSTRÄCHTIGES MALTAWenn es glänzt und knattert in Mdina …

36Monaco – Glanz und Gloria

37Paris – Mon Amour

38Versailles – Absolutistischer Prunk

39Champagne – Edle Tropfen

40VOM FLUSS ZUM MEEREntlang Saône und Rhône in den Süden

41Lourdes und die Pyrenäen – Auf Jakobs Spuren

42Camargue – Geschütztes Naturparadies

43Andorra – In schöner Abgeschiedenheit

44Santiago de Compostela – Am (irdischen) Ziel

45Barcelonas Sagrada Família – Gaudís Meisterstück

46Madrid – Wo Spaniens Herz schlägt

47Bergromantik auf Mallorca – Valldemossa

48Granadas Alhambra – Im Garten Allahs

49GENUSSVOLLES SPANIENAuf der Straße der Schinken

50Menorca – Spröde Schönheit

51La Palma – Grüner Felsen im Atlantik

52Lissabons Castelo – Wo alles begann

53Grutas de Mira de Aire – Uralte Formationen

54Mosteiro de Alcobaça – Des Königs Siegpreis

55Serra da Estrela – Portugals Wander- und Skiparadies

EUROPAS WESTEN UND NORDEN

56Dartmoor – Geheimnisvolle Landschaft

GÄRTEN, PARKS, HERRENHÄUSERAnmutiges Flair in Großbritanniens Natur

57Stonehenge – Mystischer Steinkreis

58London – Die schönen Dinge des Lebens

59VON LONDON NACH YORKDurch Englands Mitte in den Norden

60Liverpool – Trendstadt am Mersey

61York – Englands ewige Stadt

62Edinburgh – Athen des Nordens

63SCHOTTISCHE HIGHLANDSEine Winterreise in den Westen

64Callanish – Mystische Standing Stones

65AB DURCH DIE MITTEDurch Irlands »Hidden Heartlands«

66Dublin – Metropole am Liffey

BÜCHERLAND IRLANDDie irische Liebe zur Literatur

67Giant’s Causeway – Ein wahres Wunder

68CAUSEWAY COASTAL ROUTEKleine Dörfer, einsame Glens und Castles

NORDIRLANDAuf den Spuren des heiligen Patrick

69Þingvellir-Nationalpark – Von Europa nach Amerika

70Reykjavík – Stadt zwischen Feuer und Eis

71Laki-Krater – Schiere Naturgewalt

72Askja – Königin der Lavawüste

SERMEQ KUJALLEQEin Gletscher der Superlative

73Kopenhagen – Geschichte trifft Moderne

74Bornholm – Die Sonneninsel

DIE MUSEUMSHALBINSEL BYGDØYVon Wikingern und Polarforschern

75Die Hurtigruten

76WANDERUNG ÜBER DEN BESSEGGEN-GRATGrandiose Bergszenerie

DIE WIKINGER AUF DEN LOFOTENArchäologische Schätze

77DIE INSEL MAGERØYRundtour mit dem Auto

78Stockholm – Eine grüne Metropole auf 14 Inseln

79Gamla Uppsala & Birka – Zeitreise zu den alten Herrschern

80Die Felsritzungen von Tanum – Kunst für die Ewigkeit

81Götakanal – Romantische Landschaft, historische Dampfer

82Helsinki – Die junge finnische Hauptstadt

83Åland-Inseln – Mosaik aus Land und Wasser

84RUNDTOUR DURCH DAS SEENLANDViel mehr als nur Wasser

85Karelien – Russisches Erbe

86Lappland – Reich der Samen und Rentiere

EUROPAS OSTEN

87Tallinn – Der Hansetradition treu

88Riga – Da ist Musik drin

89Klaipeda und die Kurische Nehrung – Eine glanzvolle Vergangenheit

90St. Petersburg – Weiße Nächte

91Moskau und der Kreml – Schaltzentrale russischer Macht

92Das Wolgadelta – Grandioses Finale eines gigantischen Stromes

93Kaukasus – Natürliche Barriere zwischen zwei Lebenswelten

94Transsilvanien – Unbekannt und berüchtigt

EUROPAS SÜDOSTEN

95Istanbuls Hagia Sophia – Ewig schön

96Nikosia – Letzte geteilte Hauptstadt der Welt

97Epirus – Griechenlands wilder Westen

98Attika – Ein göttliches Vergnügen

99Kreta – Wiege der abendländischen Kultur

100Santorin – Traum in Weiß und Blau

101Tirana – Stadt im Wandel

102Ohridsee – Mazedoniens »Meer«

103Sofia – Schmelztiegel der Kulturen

104Nessebar und die Küste – Schwarzes Meer, weißer Strand

105Montenegros Adriaküste – Ein Fjord im Mittelmeer

106Belgrad – Städtetrip für Neugierige

107Mostar und Višegrad – Zeugen der Zeit

108Istrien – Zauberhafte Küste

109Dubrovnik – Perle der dalmatinischen Küste

Straßenkarten

Register

Die Autoren

Text-/Bildnachweis

Impressum

Die Mosaiken zur Bergpredigt in der über 70 m hohen Kuppel des Berliner Doms. Vorbei an Drei- und Viertausendern mit der Schynige-Platte-Bahn im Berner Oberland. Wie im Bilderbuch: im Oldtimer durch die Toskana. Die Bar »La Torre del Oro« in Madrid bietet Tapas und Wein. Brunnenfiguren im Lustschloss Versailles. Ponys grasen auf den saftigen Weiden im südenglischen Dartmoor (v.l.n.r.).

Papageitaucher kommen von April bis November zum Brüten auf die Shetlandinseln. Nyhavn zählt zu den beliebtesten Vierteln von Kopenhagen. Smögen: Inselidylle im Skagerrak. Die Auferstehungskirche in St. Petersburg ist ein wahrer Blickfang. Die Gergetier-Dreifaltigkeitskirche steht abseits in der georgischen Berglandschaft des Qasbegi. Abendessen in Dubrovniks Altstadt (v.l.n.r.).

Der Lofotenort Reine ist ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen und ausgiebige Spaziergänge.

Die Burg Vianden in Luxemburg war einst Wohnsitz mächtiger Grafen.

EUROPAS MITTE

Zwischen Nordsee und Alpen

Traumhaft goldener Glanz über Polens Kreidefelsenküste bei Sonnenaufgang.

Wohnwelten an der Prinsengracht in Amsterdam.

Fischerbastei in Budapest: Sieben spitze Türme erinnern an die Stammesführer der Ungarn.

DAS WATTENMEER – VOLLER LEBEN

Ein grenzübergreifendes Naturerbe

Die Nordsee steht seit 2011 unter dem Schutz vor Eingriffen in ihre Wattlandschaft, die sich von der holländischen Küste entlang der gesamten deutschen Nordseeküste bis zum südwestlichen Dänemark erstreckt. Vor 20 Jahren noch nannte man das Wattenmeer »bedrohtes Paradies«. Und sicher vor Gefährdungen ist es auch heute nicht, aber noch nie war die öffentliche Aufmerksamkeit dafür größer.

Blick auf die Hallig Hooge.

Gleich drei Bundesländer haben sich zusammengetan und daraus entstand eine der am dichtesten besiedelten Naturerbe-Regionen Deutschlands. Schleswig-Holstein und Niedersachsen brachten die Küsten beiderseits der Elbmündung mit ihren maritimen Nationalparks zusammen. 2009 wurden diese von der UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt. Zwei Jahre später nahm das UNESCO-Komitee auch den Hamburgischen Nationalpark mit in die heiß begehrte Erbeliste auf.

Seine Einzigartigkeit und zugleich seine Größe faszinieren nicht nur die Nordseebesucher, sondern auch deren Anwohner immer wieder am Wattenmeer. Nimmt man den niederländischen Bereich der Nordsee, der ebenfalls zum Wattenmeer-Welterbe gehört, hinzu, so sind es rund 10 000 Quadratkilometer. Man stelle sich vor: ein Biosphärenreservat, viermal so groß wie der Staat Luxemburg, also von einem riesigen Flächenausmaß! Es befindet sich von Ebbe zu Flut und von Flut zu Ebbe in unaufhörlicher Bewegung. Hier wird Naturschutz im Großformat betrieben.

Selten scheu, eher neugierig sind die Seehunde der Nordsee.

Die bewohnten Inseln und Halligen gehören zwar nicht zu diesem Welterbe-Ökosystem, wohl aber die Randgebiete zwischen den Deichen und dem Vorland. Auf den Salzwiesen weiden die Schafe zu Tausenden – zumindest so lange, bis wieder ein Sturm für die Überflutung dieser Grenzareale sorgt. Auch hier gedeiht eine artenreiche Pflanzenwelt.

Eines der weltweit größten Feuchtgebiete

Wer das Wattenmeer zum ersten Mal besucht, glaubt vielleicht, die Verwaltungen der drei Nationalparks würden dreist übertreiben mit ihrer amtlichen Einstufung des Wattenmeeres als einer der dichtest besiedelten Naturerbe-Regionen Deutschlands. Tatsächlich sind die Vogelscharen zahlreicher als an anderen Küsten. Allerdings handelt es sich »lediglich« um Millionen von Zugvögeln, die auf der Durchreise von Kanada oder Sibirien nach Südafrika sind.

Aber nicht allein die unzähligen Zugvögel, die alljährlich hier ihre Brutstätte und Überwinterungsmöglichkeit finden, bevölkern das Wattenmeer, daneben haben noch Milliarden von kleinen und kleinsten Lebewesen im Wattenmeer ihren Lebensraum: beispielsweise winzige Krebse, Schnecken, Faden- und Strudelwürmer, auch vielerlei Muschelarten, insgesamt rund 10 000. Biologen haben nachgeforscht, gezählt und gerechnet. Sie sind für einen einzigen Quadratmeter auf 200 000 und mehr Lebewesen gekommen. Das ist ein reich gedeckter Tisch für die Fische der Nordsee, für die Schollen, Flundern, Seezungen und Aale, die mit jeder Flut ins Watt schwimmen, aber auch für zahlreiche dauerhaft hier lebende Watvögel.

Grandioses Erlebnis

Bei Wattexkursionen kann man jedoch oft auch größere Tiere sehen, Säugetiere wie Seehunde, Kegelrobben oder die Gewöhnlichen Schweinswale. Zu diesen nur knapp über einen Meter großen Kleinwalen gehören auch die Delfine.

Wer nicht immer nur zu Fuß während der Ebbezeit durch Sand und Schlick die sich immerfort wandelnde Landschaft erkunden möchte, kann dies auch heute noch mit der Pferdekutsche tun.

Blickt man einmal nicht auf die endlos mäandernden Wasserläufe, so erlebt man ringsum und über sich eine grandiose Weite und vielfältig strukturierte Wolken, Himmelshöhe und Lichtherrlichkeit.

Das Wort Watt ist übrigens mit dem althochdeutschen watan (wandern, waten) verwandt.

TOP ERLEBNISSE

WATTENMEER BESUCHERZENTRUM

Das Wattenmeer Besucherzentrum in Cuxhaven an der Elbemündung lässt seine Gäste aktiv werden, macht sie mit Meeresringelwürmern (Wattwürmern) bekannt und gibt beim Mikroskopieren Einblicke in die Lebensgewohnheiten von Muscheln. Interessant sind außerdem das Wattbodenmodell mit seinen typischen Bewohnern und das flutbare Tidemodell, das den Gezeitenwechsel aufzeigt. Wer fasziniert ist vom Wattenmeer, kann hier ein Praktikum oder ein Ökologisches Jahr absolvieren, sich auf das Universitätsstudium vorbereiten oder Wattführer werden. www.cuxhaven.de

SCHUTZSTATION WATTENMEER

Sie wollen raus in die Natur oder einen Vortrag mit eindrucksvollen Bildern sehen? Von Vogelexkursionen über Wattwanderungen bis zu Vorträgen über die Säuger im Wattenmeer, die Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer hat alles im Programm. Informieren Sie sich hier über das Angebot des gemeinnützigen Naturschutzvereins: www.schutzstation-wattenmeer.de/veranstaltungen/

WEITERE INFORMATIONEN

www.nationalparkwattenmeer.de

Wattwanderungen sicherheitshalber nur mit Führung unternehmen.

BERLIN – DIE HIPPSTE STADT DER WELT

Weltbühne Berlin

Berlin ist »in«. Die Deutsche Hauptstadt, früher als Machtzentrale des Deutschen Reiches und als geteilte Stadt mit gemischten Gefühlen betrachtet, gehört heute weltweit zu den Städten mit dem höchsten Sympathiefaktor. Dynamische Entwicklung, spannende Architektur, ein reiches kulturelles Erbe, dazu eine avantgardistische Kulturszene und Spitzengastronomie: Berlin ist aufregend.

Berlin leuchtet: Beim »Festival of Lights« werden jedes Jahr Gebäude der Hauptstadt von Lichtkünstlern illuminiert. Im Herbst 2020 erstrahlte die Staatsoper Unter den Linden am Bebelplatz im neuen Licht.

Am Beginn standen zwei Dörfer namens Cölln und Berlin, die sich 1307 ein gemeinsames Rathaus teilten. Gut 700 Jahre später ist daraus eine Metropole von rund 3,4 Millionen Einwohnern in den Stadtgrenzen und sechs Millionen Menschen in der Metropolregion geworden. Eine Weltstadt mit repräsentativer und experimenteller Architektur, in der es altägyptische neben Avantgardekunst gibt, die Berliner Philharmoniker neben experimenteller Musik, internationale Festspiele neben Kiezevents. Eine europäische Großstadt, in der vor 75 Jahren antisemitischer Terror herrschte und heute die Weltoffenheit regiert, mit einer Gedenkstätte Berliner Mauer und einer Graffiti-Galerie auf dem längsten noch erhaltenen Stück der Mauer in der Mühlenstraße. Nach dem 1999 umgesetzten Beschluss des Bundestages, Regierung und Parlament nach Berlin zu verlegen, hat sich Berlin von einer »Frontstadt« an der Schnittstelle zweier konträrer Gesellschaftssysteme zu einer aufregenden Mischung von Kulturen und Ansichten entwickelt. Eine Metropole, die nicht ohne Probleme, aber immer sehr produktiv ist.

Die neue Mitte

Nach der Vereinigung von Ost- und West-Berlin hat die Stadt ihre alte Mitte neu gefunden. Das Regierungsviertel mit Ministerien, dem Kanzleramt, dem Bundestag im früheren Reichstagsgebäude und vielen Botschaften gruppiert sich um das Brandenburger Tor. Gleich dahinter erinnert das Holocaust-Mahnmal, ein begehbares Stelenfeld von Peter Eisenman (geb. 1932), an die furchtbaren Verbrechen des Nazi-Staates. Das Brandenburger Tor hat preußische Militärparaden, Aufmärsche von SA-Kolonnen und den Bombenregen des Zweiten Weltkrieges erlebt. In der Nachkriegszeit markierte es die Grenze zwischen den Weltanschauungen. Heute können Spaziergänger wieder durch das Brandenburger Tor flanieren.

Vor dem Reichstagsgebäude auf der anderen Seite des Tors wartet meist eine lange Schlange von Besuchern, die den Sitz des Deutschen Bundestages mit seiner transparenten und begehbaren Kuppel besichtigen wollen. Das monumentale moderne Kanzleramt, auch als »Angies Waschmaschine« bespöttelt, liegt in Sichtweite des Parlaments am Spreebogenpark. Nördlich davon spiegelt sich die Sonne in den Glasfronten des 2006 eröffneten Hauptbahnhofs.

Viele halten den Gendarmenmarkt im Stadtviertel Friedrichstadt für einen der schönsten Plätze Berlins. Ihn rahmen das Konzerthaus, ein Schinkelbau und die beiden nahezu identischen Kirchen des Deutschen und des Französischen Doms ein, die 1785 noch ohne die hohen Kuppeltürme eröffnet wurden.

Die Friedrichstraße macht mit der Galerie Lafayette ihrem einstigen Ruf als elegantluxuriöse Einkaufsmeile wieder alle Ehre. Der S-Bahnhof Friedrichstraße war zu DDR-Zeiten Übergangsstelle zum Westen. Heute hat die Gegend alles Düstere verloren: Im Süden erinnert der Checkpoint Charlie, ein alliierter Grenzübertritt, an die Zeit, als eine Mauer die Stadt teilte. Das nicht weit entfernt gelegene Jüdische Museum dokumentiert in einem beeindruckenden und bedrückenden Bau von Daniel Libeskind (geb. 1946) die Geschichte des Judentums in Deutschland, seinen kulturellen Reichtum und die fast komplette Vernichtung jüdischer Mitbürger. Der Prachtboulevard Unter den Linden zieht sich vom Brandenburger Tor bis zur Spreeinsel, flankiert von der Staatsbibliothek, der Humboldt-Universität und dem Reiterdenkmal Friedrichs II., vom Bebelplatz, von Deutscher Staatsoper und Kronprinzenpalais sowie der Neuen Wache, die seit 1990 als Mahnmal für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft dient. Das zum Deutschen Historischen Museum umgestaltete Zeughaus schließt sich an, es ist das älteste erhaltene Gebäude Unter den Linden.

Die Schatzinsel

Die Museumsinsel, seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe, birgt kulturelle Schätze aus mehreren Jahrtausenden, die im Pergamonmuseum, im Bodemuseum, in der James-Simon-Galerie, in der Alten Nationalgalerie, im Neuen und im Alten Museum ausgestellt sind. Der grandiose Figurenfries des Pergamonaltars und die Büste der ägyptischen Königin Nofretete im Neuen Museum sind die unbestrittenen Besuchermagneten.

Das Brandenburger Tor ist das bekannteste Wahrzeichen Berlins.

Ein Stelenfeld gedenkt der Millionen Opfer des Holocaust.

Das bunte Mauerstück »East Side Gallery« gehört zu Berlins neuen Ikonen.

Abendszenerie im Sony-Center beim Potsdamer Platz.

Noch auf der Spreeinsel entfaltet der 1894 errichtete Berliner Dom seine repräsentative Pracht. Auf dem Schlossplatz gleich jenseits der Spreebrücke standen bis zur Sprengung 1950 die Überreste des Stadtschlosses der Hohenzollern. In den 1970er-Jahren ließ die DDR-Führung hier den »Palast der Republik« errichten, nun soll hier ein Humboldt-Forum in der Optik des früheren Schlosses entstehen.

Das Nikolaiviertel mit der gleichnamigen Kirche gehört zum Ältesten, was Berlin zu bieten hat. Der wegen seiner Backsteinfassade Rotes Rathaus genannte Sitz des Senats und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin ist seit rund 150 Jahren die Zentrale der Berliner Stadtverwaltung. Während der Teilung der Stadt tagte der Westberliner Senat im Rathaus von Schöneberg.

Der Grundstein für die frei stehende Marienkirche vis-à-vis wurde schon 1270 gelegt. Gleich hinter der Kirche ragt der 1969 eingeweihte, 368 Meter hohe Fernsehturm in den Himmel über Berlin.

Die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz war schon zu DDR-Zeiten ein beliebter Treffpunkt. Hier endet die 125 Meter breite Karl-Marx-Allee, seinerzeit beliebt für Militär- und andere Paraden.

Bewegte Vergangenheit und glitzernde Gegenwart

Vom Hamburger Bahnhof schnauften Mitte des 19. Jahrhunderts die Züge in die Hansestadt. Heute sind in dem zu einem Museum für Gegenwart umgestalteten Bau unter anderem Werke von Joseph Beuys, Andy Warhol und Robert Rauschenberg, aber auch Filme und Videokunst zu sehen. Zum Brechthaus in der Chausseestraße pilgern nach wie vor Theaterfreunde aus vielen Ländern. Hier hatten Helene Weigel und Bertolt Brecht ihre letzte gemeinsame Wohnung. Das Literaturforum im Haus organisiert Veranstaltungen zu literaturpolitischen Themen. Gleich nebenan, auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, haben die beiden ihre letzte Ruhestätte gefunden, neben vielen anderen Literaten, Theaterleuten und Geistesgrößen.

In der Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße erinnern ein erhaltener Mauerabschnitt, ein Aussichtsturm und das Dokumentationszentrum an die stark befestigte Grenze, die sich seit dem 13. August 1961 quer durch Berlin zog. An der geteilten Bernauer Straße scheiterten zahlreiche Fluchtversuche. Die Hackeschen Höfe, ein Ensemble von acht Hinterhöfen, teils mit Art-déco-Fassaden versehen, stehen bereits seit 1972 unter Denkmalschutz. Nach der Wende restauriert, haben sich die immer noch bewohnten Höfe dank der Restaurants und Cafés, der originellen Geschäfte und einer Kleinkunstbühne zu einem wahren Anziehungspunkt entwickelt.

Der Pergamonaltar gehört zu den berühmtesten Kunstschätzen Berlins.

Platz im Wandel

Das einst pulsierende Leben am Potsdamer Platz war mit der Teilung Berlins komplett zum Erliegen gekommen, die Grenze verlief quer durch das neue Niemandsland. Inzwischen setzen das Sony-Center und sein spektakuläres Glaszelt, die Shopping-Quartiere, Musical-Theater und das Museum für Film und Fernsehen neue architektonische Akzente.

Das Kulturforum gleich hinter der außergewöhnlichen Konzerthalle der Philharmonie gehört zu den landesweit wichtigsten Orten für Liebhaber bildender Kunst. Die benachbarte, von Mies van der Rohe (1886–1969) entworfene Neue Nationalgalerie zeigt Werke des 20. Jahrhunderts.

Im berüchtigten Bendlerblock dokumentiert die Gedenkstätte Deutscher Widerstand, wie sich Menschen gegen die Nazi-Diktatur gewehrt haben. Ein Ehrenmal erinnert im Innenhof an die 1944 dort hingerichteten Wehrmachtsoffiziere um den Widerstandskämpfer Oberst Graf Stauffenberg.

Der Tiergarten, ein früheres Jagdrevier der preußischen Kurfürsten, ist schon lange öffentliche Grünanlage. Sie wird durchzogen von der breiten Straße des 17. Juni, die im Kreisverkehr »Großer Stern« um die Siegessäule herumführt. Von der Aussichtsplattform unterhalb der »Jold-Else«, wie die »Victoria« im Volksmund heißt, überblickt man das riesige grüne Areal des Tiergartens bis zum Brandenburger Tor.

Der Kurfürstendamm mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und dem Europa-Center war eines der wichtigen Zentren West-Berlins bis zum Mauerfall. Noch immer lädt der Ku-Damm zum Flanieren ein.

Im Nordwesten des Stadtteils Charlottenburg zeigt sich das gleichnamige Schloss als glanzvolles Barockensemble.

Der Kunstsammler Heinz Berggruen (1914–2007), der wegen seiner jüdischen Abstammung Deutschland 1936 verlassen musste, kehrte 60 Jahre später in seine alte Heimat zurück. Seine ungewöhnlich reiche Sammlung von 200 Werken überragender Künstler konnte Berlin zu günstigen Konditionen erwerben. Seitdem sind sie im Museum Berggruen der Nationalgalerie ausgestellt.

TOP ERLEBNIS

BESICHTIGUNG DES REICHSTAGSGEBÄUDES

Nachdem 1871 das Deutsche Kaiserreich gegründet worden war, sollte auch das Parlament in ein Reichstagsgebäude mit Tagungssaal. In dem zwischen 1884 und 1894 nach Plänen von Paul Wallot (1841–1912) errichteten Kuppelbau tagten die Mitglieder des Reichstags bis 1933. Der Brandstiftung in der Nacht zum 28. Februar 1933 fielen Plenarsaal und Kuppel zum Opfer. Die Nazis nahmen den Reichstagsbrand zum Anlass, gegen innenpolitische Gegner massiv vorzugehen. Heute erinnern 96 gusseiserne Platten an die ermordeten Reichstagsabgeordneten. Erst nach der Deutschen Einheit und dem Beschluss des Bundestages 1990, mit Parlament und Regierung nach Berlin umzuziehen, wurde das Reichstagsgebäude wieder zum Parlamentssitz umgebaut. Nach langen Debatten erhielt er neun Jahre später nach den Plänen des britischen Architekten Norman Foster sein heutiges Gesicht. Mit einer begehbaren gläsernen Kuppel über dem Plenarsaal hat sich der Reichstag zu einem Symbol für das vereinte Deutschland entwickelt.

WEITERE INFORMATIONEN

www.visitberlin.de, www.berlin.de, www.bundestag.de/besuche

Ein Besuch der gläsernen Reichstagskuppel darf bei einer Berlinreise nicht fehlen.

TRAUMSTRASSEN

HIMMLISCHES SACHSEN-ANHALT

Auf den Spuren der Sternensucher

Auch wenn wir heute mit unseren Teleskopen tiefer ins Weltall schauen können als jemals zuvor, erfunden haben wir die Sternenkunde und das Wissen um astronomische Erscheinungen nicht. Bereits vor Jahrtausenden haben sich unsere Vorfahren in Sachsen-Anhalt mit den Himmelskörpern beschäftigt.

Die Himmelsscheibe von Nebra ist seit 2013 UNESCO-Weltdokumentenerbe.

In Sachsen-Anhalt kann man an zahlreichen Plätzen einer Leidenschaft folgen, die sowohl mit dem Himmel über uns als auch mit ganz irdischen Dingen zu tun hat: Sternenhimmel beobachten und beeindruckende Ausgrabungsstätten besuchen, die zu einer spannenden Zeitreise in die prähistorische Vergangenheit Mitteleuropas führen. Und erstaunt dabei feststellen, dass bereits unsere Vorfahren außergewöhnliche Sternengucker waren. Denn nicht nur im berühmten Stonehenge, sondern auch in der Region Saale-Unstrut und an weiteren Orten in Sachsen-Anhalt sind die Spuren frühzeitlicher Himmelsbeobachtungen bis heute sichtbar. In der vom Hochmittelalter geprägten Wein- und Kulturlandschaft Saale-Unstrut entdeckten Archäologen in den vergangenen drei Jahrzehnten einzigartige Stätten. All diese Fundorte sind Teil des Netzwerks »Himmelswege«, das fünf archäologisch herausragende Orte miteinander verbindet. Eine Themenroute, die man in einer Woche abfahren kann, wobei man Entschleunigung abseits der touristischen Rennstrecken lernt: Unterwegs lohnt sich der Blick nach oben zum Himmel am Abend genauso wie der Blick tagsüber nach unten zur Erde. Beeindruckende Erscheinungen einer vergangenen Zeit tauchen auf, und am Firmament ist ein faszinierendes Schauspiel mit Sternen, Kometen und Galaxien, in denen unsere Zukunft liegen könnte, zu bestaunen.

Sonnenobservatorium und Himmelsscheibe

Nur rund 35 Kilometer vom Fundort der weltberühmten Himmelsscheibe von Nebra entfernt befindet sich einer der frühesten archäologischen Belege für systematische Himmelsbeobachtungen: das Sonnenobservatorium Goseck. Und, man glaubt es kaum: Diese vor 7000 Jahren entstandene Kreisgrabenanlage ist rund 2000 Jahre älter als der Steinkreis von Stonehenge. 1991 wurde sie bei einem Erkundungsflug entdeckt, es begannen die ersten Ausgrabungen der Anlage, und bereits 2005 war sie vollständig rekonstruiert. Der perfekte Sternensucher-Ort ist die Arche Nebra mit einem großen Besucherzentrum am Fundort der Himmelsscheibe von Nebra. Es erklärt anschaulich und mit einer modernen, interaktiven Präsentation, welches Wissen auf der 3600 Jahre alten kreisförmigen Bronzeplatte verschlüsselt ist. Sie ist die älteste bislang bekannte konkrete Darstellung kosmischer Phänomene und seit 2013 auch UNESCO-Weltdokumentenerbe.

Kulturgeschichte seit der Steinzeit im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle.

Halle und Pömmelte

In Halle sollte man sich das Landesmuseum für Vorgeschichte ansehen, denn hier gibt es die Original-Himmelsscheibe von Nebra zu sehen. Der Besuch des Museums lohnt sich auf jeden Fall, denn die Sammlungen zur Vor- und Frühgeschichte sind von solch hoher Qualität, dass nicht nur Kinder und Jugendliche ins Staunen geraten. Und in der weiten Elblandschaft liegt das Ringheiligtum Pömmelte da wie ein Wächter aus vergangener Zeit. Südlich von Magdeburg fanden Archäologen die Überreste eines mehr als 4000 Jahre alten Kultortes: die Kreisgrabenanlage von Pömmelte, die am originalen Fundort rekonstruiert wurde.

Die Kreisgrabenanlage von Pömmelte-Zackmünde besteht aus sieben Ringen.

TOP ERLEBNISSE

NAUMBURGER ZUFRIEDENHEIT

Im Steinweg 26 in Naumburg befindet sich ein Gasthaus, das einen Begriff nicht nur im Namen trägt, sondern zur Philosophie erhoben hat. Hier bemüht man sich, die Gäste nicht nur zufriedenzustellen, sondern ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. www.gasthof-zufriedenheit.de

GEISELTALSEE

In der Nähe der Dolmengöttin von Langeneichstädt lohnt sich ein Abstecher zum Geiseltalsee. Die Geiseltalsee-Camping-Anlage in Mücheln bietet verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten: Zelten, Wohnwagen, Wohnmobil, Camping-Fass oder Family Lodge. www.geiseltalsee.de

DOLMENGÖTTIN

In Langeneichstädt wurde 1987 bei Feldarbeiten ein Steinkammergrab entdeckt, das rund 5500 Jahre alt ist. Dabei kam auch eine Menhirstatue mit der Darstellung einer Dolmengöttin zum Vorschein. www.himmelswege.de

HALLES GIEBICHENSTEIN

Auch in Halle kommen Sternensucher auf ihre Kosten. Jeweils Anfang August rund um die Zeit der Perseiden zieht die Oberburg Giebichenstein mit »Picknick unterm Sternenhimmel« samt Sternschnuppen-Garantie und Sommerkino die Sternensucher an. www.kulturfalter.de

MAGDEBURGS MUSEUMSSCHATZ

In Magdeburg gibt es mit dem Kulturhistorischen Museum Magdeburg und dem Museum für Naturkunde zwei begeisternde Museen, die eine universelle Sicht auf die Geschichte von Natur und Kultur bieten und damit ganz im Zeitgeist liegen, denn die moderne Wissenschaft nennt den Blick auf die Globalgeschichte von der Entstehung der Welt bis heute »Big History«. www.magdeburg-tourist.de

KÖLNER DOM – AUF DER EWIGEN BAUSTELLE

Wahrzeichen frommen Deutschlands

Die Vollendung des Doms lag noch in ferner Zukunft, als der weit gereiste Georg Forster, eher ein Mann der kritischen Analyse als ein Romantiker, bei seinem Köln-Besuch im Jahr 1790 notierte: »Wir gingen in den Dom und blieben darin, bis wir im tiefen Dunkel nichts mehr unterscheiden konnten. So oft ich Köln besuche, geh ich immer wieder in diesen herrlichen Tempel, um die Schauer des Erhabenen zu fühlen … Die Pracht des himmelan sich wölbenden Chors hat eine majestätische Einfalt, die alle Vorstellung übertrifft. In ungeheurer Länge stehen die schlanken Gruppen der Säulen da, wie die Bäume eines uralten Forstes …«

Die Arbeit der Steinmetze überzieht den gesamten Dom, von den Pfeilern zu den Fenstern, von den Fassaden bis zu den Türmen. Das Westportal mit seiner Fülle von Figuren.

Heute, gut zwei Jahrhunderte später, sind es jährlich rund sechs Millionen Menschen, die in den Dom eintreten. Wer zu den Fundamenten des Doms hinabsteigt, begibt sich in die Tiefe der Zeiten, findet dort in Panzerglasvitrinen nicht nur Teile des kostbaren Domschatzes, sondern auch freigelegtes römisches Mauerwerk und Reste des ehemaligen karolingischen Doms. Auch der war nicht der erste Kirchenbau auf Kölns hohem Rheinufer. Die Kölner hatten Christen schon 1000 Jahre in ihrer Stadt, als sie um das Jahr 1220 mit der Planung eines Neubaus ihres Domes anfingen. Der Handelsplatz Köln war damals die größte Stadt der Deutschen mit etwa 50 000 Einwohnern.

Die Dom-Baugeschichte liest sich als ein Wechselbad von großem, auch großspurigem Vorsatz und widriger Finanzlage, von hartnäckigem Beharren und heftiger Blockierung. 1248 wird der Grundstein gelegt, 1322 der Chor geweiht. 1560 ist die riesige Westfassade zum Domplatz noch immer fern der Vollendung, aber alle fünf Schiffe des Langhauses sind bis zu der vergleichsweise bescheidenen Höhe von 13,50 Meter überdacht und damit auch der gesamte Fußboden. Das war auch gut so. Denn der Dombau, der die großen Vorbilder der französischen Gotik übertreffen sollte – Chartres, Reims und Amiens –, stockte nun, für Jahrhunderte stand eine Bauruine am Rhein.

Der Dom bei Nacht.

Der gotische Klaren-Altar.

Der prunkvolle Schrein der Heiligen Drei Könige, der ihre in Mailand erbeuteten Gebeine bewahrt.

Die Bauruine wird zum höchsten Dom

Vielerlei kam zusammen, um die Baustelle Dom im 19. Jahrhundert neu zu beleben. Vorrangig die Zuwendung zur Geschichte und die steigende Bewunderung der Romantiker für die Welt des Mittelalters. Nach den Napoleonischen Kriegen wuchs auch die Sehnsucht nach einem nationalen Symbol, gerade weil der Weg der Deutschen zu nationaler Einigung noch sehr lang schien. Die Rheinländer Joseph Görres und Sulpiz Boisserée, dazu der Preuße Karl Friedrich Schinkel waren Wortführer. Ein glücklicher Fund half. Auf einem Darmstädter Dachboden wurde der mittelalterliche Aufriss der Domfassade entdeckt. Ein Mitarbeiter Schinkels, Ernst Friedrich Zwirner, avancierte 1833 zum Dombaumeister. Geld kam durch Spenden und Lotterien zusammen, zwei Drittel stammten vom 1841 gegründeten Zentraldombauverein. Von 1852 an wurde wieder gebaut, schon 1863 war der gesamte Innenraum zugänglich, 1880 wurde die Kölner Kathedrale mit der letzten steinernen Kreuzblume auf dem Südturm vollendet.

Im Zweiten Weltkrieg verschonte die alliierte Luftwaffe den Dom nicht, doch die berühmten Türme blieben am Rande der zu 90 Prozent zerstörten Altstadt stehen. Auch nach der Schadensbehebung und Restaurierung endete die Arbeit der Dombauhütte nicht. Nun war es die industrielle Luftverschmutzung, die den Stein angriff und bis heute schädigt. Den Dom ohne Gerüste zu sehen ist fast unmöglich. Doch im Sommer 2020 war er tatsächlich für kurze Zeit gerüstfrei – und die gotische Pracht der Türme bot ungestört den immer wieder staunenswerten Anblick kraftvoller Monumentalität und zugleich zarter, filigraner Gliederung!

Im Inneren zieht die Halle des Mittelschiffs den Blick in die Tiefe des Raums und in die Höhe zu den beeindruckenden Kreuzgewölben. Die Mittelschiff-Höhe von 43 Metern lässt den mächtigen Raum fast schmal erscheinen. Im Querhaus ist der Dom 86 Meter breit, die Länge des Doms beträgt 144 Meter. Von den farbigen Fenstern befinden sich die ältesten im Chorumgang, wie die beiden Bibelfenster (um 1260 und um 1275), sowie im Obergaden des Chors wie die Königsfenster (1310). Die Fenster im nördlichen Seitenschiff mit biblischen Szenen und den Kölner Ritterheiligen stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert. Gegenüber im südlichen Seitenschiff haben die 1842 von König Ludwig I. gestifteten »Bayernfenster« überdauert.

Die filigrane Innenarchitektur des Doms lässt den mächtigen Raum fast schmal erscheinen.

In der Fülle der Bilder, Skulpturen und Mosaiken ist das Gerokreuz aus dem 10. Jahrhundert (gestiftet von Erzbischof Gero) eines der bedeutendsten Kunstwerke. Das Monumentalkruzifix, das den soeben verstorbenen Christus zeigt, ist auch eines der als wunderkräftig angesehenen Heiligtümer des Domes, ebenso wie das Gnadenbild »Mailänder Madonna« und die Reliquien der Heiligen Drei Könige, die der Erzbischof und Reichskanzler Rainald von Dassel 1164 aus Mailand nach Köln entführte. Für diese Reliquien schuf Nikolaus von Verdun um 1190 bis 1225 den goldenen Dreikönigs-Schrein, der beim Hochaltar im Zentrum des Chors steht.

Damit es nicht zu laut wird im Dom

Schauend und bewundernd kann man Stunden im Dom und in der Schatzkammer verbringen. Tatsächlich reichen den meisten der eingangs erwähnten jährlich sechs Millionen Besucher fünf bis zehn Minuten – ob sie nun Andacht halten oder den authentischen Ort erleben wollen. Damit es keinesfalls zu laut wird im Dom und Besinnung und Gebet möglich bleiben, gilt seit Längerem schon die Regel, dass nicht mehr als zehn Führungen zu gleicher Zeit stattfinden und nicht mehr als 25 Besucher an einer Führung teilnehmen.

Immer weniger Christen kommen heute zu den Gottesdiensten – doch immer mehr Menschen besuchen alte Kirchen und Dome. Umso intensiver sucht das Metropolitankapitel zum Beispiel die rechte Art, Dom-Führungen zu veranstalten – nämlich den sehr unterschiedlichen Gruppen einen Ort des Glaubens zu zeigen, der mehr ist als ein Museum.

Eine Bedrohung für das Ansehen des Doms – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn! – konnte 2006 zurückgewiesen werden. Unversehens war Köln auf die Rote Liste des Weltkulturerbes geraten. Ohne vorherige Abstimmung mit dem UNESCO-Komitee hatte die Stadtverwaltung Investoren für den Bau von fünf Hochhäusern in Deutz auf dem linken Rheinufer, gerade gegenüber dem Dom, grünes Licht gegeben. Die klassische Stadtsilhouette drohte auf lange Zeit verhunzt zu werden. Das erste Turmhochhaus stand schon, aber fünf Konkurrenten dieser Art wären für das Stadtbild zu viel. Am Rhein begann man zurückzurudern. Überraschend zeigten sich die Investoren niedrigeren Baukörpern nicht mehr abgeneigt. Kölns Dom konnte von der Roten Liste gestrichen werden.

TOP ERLEBNISSE

ECHT KÖLSCH

Vielleicht das beste Brauhaus in Köln: Das Kölsch ist unglaublich gut und das Essen genauso. Von Metthappen bis Halve Hahn ist alles hausgemacht im Brauhaus Sünner, der ältesten Kölschbrauerei der Welt. Neben dem Brauhaus gibt es auch einen Biergarten und man kann die Brauerei besichtigen. Das historische Kellergewölbe in Köln-Kalk hat einen einzigartigen Charme: Früher als Eiskeller für das frisch gebraute Sünner Kölsch genutzt, verspricht die Räumlichkeit auf rund 1000 Quadratmetern unter dem Gelände der Sünner-Brauerei ein Gastronomieerlebnis der Extraklasse. www.suenner-keller.de

BLICK AUF DIE DOMSTADT

Vom Südturm des Kölner Doms genießt man eine wunderbare Aussicht aus ungefähr 97 Metern Höhe. Doch um mit einem Rundblick auf die Kölner Innenstadt und den Rhein belohnt zu werden, müssen erst 533 Treppenstufen überwunden werden, denn einen Aufzug gibt es nicht. Das separate Zugangsbauwerk für die Turmbesteigung führt Besucher durch die mächtigen Fundamente des Doms in das Innere des Turms. Dort befinden sich die Kasse und der Beginn der Turmbesteigung. www.koelntourismus.de

Die Sünner-Brauerei überzeugt mit Speis und Trank.

DER HARZ – RUND UM DEN BROCKEN

Sagenhaftes Naturparadies

Der bewaldete Buckel des Mittelgebirges liegt fast genau in der Mitte Deutschlands. Dort erhebt sich der 1141 Meter hohe Brocken über einer abwechslungsreichen Landschaft. Neben seinem höchsten Berg haben die vielen alten Fachwerkstädtchen, die Burgen und Schlösser den Harz mit seiner geheimnisvollen Sagenwelt zu einer beliebten Urlaubsregion gemacht.

Vom Hexentanzplatz blickt man über das malerische Bodetal zur Rosstrappe.

Mehrere Bundesländer teilen sich die Naturschönheit des Harzes: Der Westharz gehört zu Niedersachsen, der Ostharz zu Sachsen-Anhalt, im Süden reklamiert Thüringen einen kleinen Teil für sich. Mehrere Gipfel des nördlichsten deutschen Mittelgebirges, wie der Brocken (1141 Meter), die Heinrichshöhe, der Königsberg oder der Kleine Brocken überragen die 1000-Meter-Marke, eine ganze Reihe weiterer, wie der Wurmberg, der Renneckenberg oder der Bruchberg bleiben knapp darunter.

In dem 2006 gegründeten und fast 250 Quadratkilometer großen Nationalpark Harz ist die Natur vor menschlichen Eingriffen weitgehend geschützt. Im ersten länderübergreifenden Nationalpark in Deutschland sind viele inzwischen seltene Tiere wie der Uhu, das Europäische Mufflon, der Auerhahn oder der Luchs wieder heimisch geworden.

Die Harzer Schmalspurbahnen, die auf einer Spurweite von nur 1000 Millimetern fahren, verbinden Wernigerode, Nordhausen und Quedlinburg mit einem 140 Kilometer langen Streckennetz. Wer den Brocken nicht emporwandern will, kann sich von den schnaufenden Lokomotiven der Brockenbahn auf den Gipfel befördern lassen. Harzreisende von heute finden inspirierende Vorbilder. Goethe hat sich auf seinen drei Harzreisen zwischen 1777 und 1784 von der Natur und der Sagenwelt beflügeln lassen. Den Schauplatz der Walpurgisnacht im Faust verlegte der Dichterfürst auf den Brocken im Harz, den er selbst mehrfach bestieg. Auch heute feiern Tausende moderne Hexen und Teufel aus ganz Deutschland in der letzten Aprilnacht das Walpurgisfest auf dem Hexentanzplatz bei Thale oder anderen Orten im Harz. Doch eigentlich war der Dichter als Naturwissenschaftler und Ingenieur unterwegs und notierte sich viele Einzelheiten zum Bergbau und zur Geologie.

Von der Rabenklippe bei Bad Harzburg sieht man in der Ferne den Brocken.

Mit der Rappbode-Talsperre wird das Wasser reguliert und Strom erzeugt.

Im Abendlicht sieht die Felsrippe der Teufelsmauer besonders unheimlich aus.

Schon Heinrich Heine ist durchs Ilsetal in Richtung Brocken gewandert.

Auch Heinrich Heine hat dem Harz ein literarisches Denkmal gesetzt. Seine 1826 erschienene Harzreise beschreibt Landschaft, Begegnungen, Eindrücke und Gedankenspiele einer vierwöchigen Wanderexkursion von Göttingen bis nach Ilsenburg. So gibt es nicht nur einen Goetheweg auf den höchsten Gipfel des Harzes, sondern auch einen Heinrich-Heine-Weg, der dem plätschernden Bachlauf im Ilsetal folgt. Theodor Fontane lässt einen ganzen Roman rings um Thale spielen: Cecile heißt die düstere Ehegeschichte.

Harz-Aktivitäten

Wer gern in freier Natur wandert, ist im Harz bestens aufgehoben. Der 94 Kilometer lange Hexenstieg nutzt alte Wegstrecken, die früher für den Erztransport dienten. In fünf Etappen lässt sich der Harz auf diesem Panoramapfad vom westlichen Osterode bis zum östlichen Thale durchmessen. Von dort ist es nicht mehr weit zu zwei der schönsten Wanderparcours, die die mäandernde Selke und die kurvenreiche Bode in ihren Tälern begleiten. Insgesamt führen 8000 Kilometer markierte Wanderwege durch die Laub- und Nadelwälder des Mittelgebirges.

Auch bei Mountainbikern dürfte keine Langeweile aufkommen. Das Harzer Wegenetz umfasst rund 2000 Kilometer, einige Strecken im Nationalpark sind nur geübten Bikern vorbehalten.

In den Wintermonaten verwandeln sich viele Wanderrouten in Loipen, auf denen Langläufer durch eine verschneite Märchenlandschaft gleiten. Der Wurmberg in Braunlage mit seiner Gondelbahn und zwölf Pistenkilometern stellt das größte der recht überschaubaren Areale für alpine Skifahrer dar. Familien mit Kindern schätzen die zahlreichen Rodelstrecken: Ein Lift in Torfhaus, dem höchstgelegenen Ort Niedersachsens, bringt Schlitten und Rodler zum Start einer 300 Meter langen Bahn, die nachts von Flutlicht erhellt wird.

Heute zieht sich ein »Grünes Band« durch den Harz. Es markiert die früher stark befestigte Grenze zwischen der alten Bundesrepublik und der DDR. Die Grenzanlagen waren damals militärisches Sperrgebiet, heute sind sie mit Rad- und Wanderwegen erschlossen.

Sankt Andreasberg lebt als Luftkurort von Kurbetrieb und Fremdenverkehr.

Bergbau aus Tradition

Zumindest auf den zweiten Blick kann man erkennen, dass der Harz nicht nur eine Natur-, sondern auch eine Kulturlandschaft ist. Die Geschichte des Harzer Bergbaus reicht in die Bronzezeit zurück. Im 10. Jahrhundert wurde am Rammelsberg von Goslar eine erste Silberader gefunden und ausgebeutet. In den nächsten Jahrhunderten schlugen Bergleute an mehr als 30 Harzorten wie Clausthal, Altenau oder St. Andreasberg Schächte in den Fels, um die silber-, kupfer-, zink-, blei- und eisenerzhaltigen Gesteine ans Tageslicht zu fördern. Insgesamt 20 stillgelegte Schaubergwerke zeigen Besuchern, wie hart die Arbeit unter Tage mit einfachem Handwerkszeug in den engen Schächten tatsächlich war.

Das Besucherbergwerk Rammelsberg bei Goslar gehört seit 1992 zusammen mit der Altstadt und der Kaiserpfalz des Harzstädtchens zum UNESCO-Weltkulturerbe der Menschheit. Da Holz zum Hausbau, für das Abstützen der Gruben und als Holzkohle für die Verhüttung des Erzes diente, waren die Wälder im Harz gegen Ende des 17. Jahrhunderts fast vollständig gerodet. Der heutige Waldreichtum geht vor allem auf die dann einsetzende Forstwirtschaft zurück.

Die Kaiserpfalz von Goslar ist das beste Beispiel, dass die mittelalterlichen Herrscher die Nähe zu Erzbergwerken suchten, weil sie reiche Pfründe versprachen. Fast zwei Dutzend Mal fanden sich bis 1219 die Adligen zu Reichstagen in Goslar zusammen. Im Hochmittelalter wurde in der Freien Reichsstadt Weltpolitik gemacht, und der Harz bildete in dieser Zeit ein Kernland der Kaiser.

Doch auch weitere Orte im Harz lohnen einen Besuch. Quedlinburg am nördlichen Harzrand mit seinen 1200 Fachwerkhäusern und der prächtigen Stiftskirche auf dem Schlossberg zählt sicher dazu. Daneben kann sich Wernigerode, das ein Schloss und viele aufwendig restaurierte Fachwerkhäuser besitzt, ohne Zweifel zu den schönsten Harzstädten rechnen. Auch Clausthal-Zellerfeld hat viel zu bieten: Der Ort besaß im 17. und 18. Jahrhundert die reichsten Erzminen im Oberharz. Seine während des Dreißigjährigen Krieges eingeweihte Marktkirche zum Heiligen Geist ist ganz aus Holz gebaut, sie dokumentiert die frühere Bedeutung des heutigen Universitätsstädtchens mit 15 000 Einwohnern.

Stolberg im Südharz trägt den Titel einer »Historischen Europastadt«. Thomas Müntzer, der radikale Reformator und Anführer des Bauernkrieges, kam hier 1489 zur Welt. Ein Denkmal im Ortszentrum erinnert an den Weggefährten und späteren Widersacher Martin Luthers. Die prachtvollen Fachwerkbauten der Bergarbeitersiedlung Stolberg stammen zum Teil aus dem 15. Jahrhundert.

TOP ERLEBNIS

MITTELALTERLICHES QUEDLINBURG

Vom Schlossberg bietet sich der beste Blick auf das mittelalterliche Quedlinburg. In der Altstadt, als Weltkulturerbe der Menschheit durch die UNESCO geschützt, sind ganze Straßenzüge mit Dutzenden von mittelalterlichen Fachwerkhäusern erhalten. Auch das Ständerhaus aus dem 14. Jahrhundert, in dem eine Ausstellung über die Entwicklung des Fachwerkbaus Aufschluss gibt, gehört dazu. Das romanische Gotteshaus St. Wiperti entstand bereits um das Jahr 1000. Die romanische Stiftskirche St. Servatius auf dem Burghügel, eine dreischiffige kreuzförmige Basilika mit Doppelturm, birgt in der Krypta die Sarkophage von Heinrich I. (876–936) und seiner Frau Mathilde. Ihr Kirchenschatz zählt zu den kostbarsten des Mittelalters. Das benachbarte Schloss, einst ein Damenstift, ist auf dem Fundament der Quitlingaburg aus dem 10. Jahrhundert errichtet. Am Fuße des Hügels liegt der Finkenherd, ein Fachwerkhaus aus dem frühen 16. Jahrhundert. Hier soll Heinrich I. der Sage nach 918 die ihm angebotene Königskrone entgegengenommen haben.

WEITERE INFORMATIONEN

www.harzinfo.de; www.quedlinburg.de

Quedlinburg gilt als eine der schönsten Fachwerkstädte Deutschlands.

THEMA

CHURFRANKEN

Glücksmomente in der Genussregion

Trauben, Wein, Wandern: Churfränkischer Rotweinwanderweg

Wer sich auf Reisen begibt, hat in der Regel eine optimistische Grundhaltung, schließlich wollen wir doch wenigstens auf Reisen unbeschwert unser Dasein genießen. In pandemischen Zeiten ist das manchmal gar nicht so leicht, doch wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Das kann man in einer Region erleben, die zwar kein Schattendasein führt, als Urlaubsland aber noch zu den eher unentdeckten Schätzen Deutschlands gehört: Churfranken. Wo liegt das denn bitte? Im Fränkischen natürlich. Am Main. Zwischen Odenwald und Spessart. Miltenberg, Klingenberg und Bürgstadt hat man schon gehört. Aha, politisch gesehen also der Südwestzipfel Unterfrankens. Und philosophisch? Aschaffenburg und Frankfurt am Main sind nicht allzu weit entfernt.

Über die Natur des Glücks

Ob der 1860 in Frankfurt gestorbene deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer auf seinen Spaziergängen und Wanderungen mit seinem Pudel jemals Churfranken durchstreift hat, ist dem Verfasser leider nicht bekannt. Aber eine seiner Aussagen, die dazu beitrugen, dass viele Zeitgenossen in ihm den Philosophen des Pessimismus sehen, kam ihm auf einem kleinen Spaziergang auf dem Fränkischen Rotweinwanderweg oberhalb von Klingenberg in den Sinn: »Aller Genuss und alles Glück ist negativer, hingegen der Schmerz positiver Natur.« Was folgt daraus für Churfranken? Genuss und Glück kann man hier in großer Menge erleben, Schmerz auch. Das Negative daran ist, dass man nicht genug Zeit hat, alles zu kosten, und schnell bereut, dieses sonnenverwöhnte Fleckchen Erde nach ein paar Tagen wieder verlassen zu müssen. Das Positive daran ist der Schmerz, nicht zu wissen, wie lange es dauern mag, bis man wieder hierher zurückkehrt. Um dann Glück und Schmerz in ein gemeinsames Ganzes zu verwandeln, mit Wille und Vorstellungskraft eine ideale Welt zu schaffen, die hier ein paradiesisches Plätzchen bereithält. Und sei es nur für eine begrenzte Zeit. Was also macht Churfranken so genussreich und glücklich?

Bio-Weine in Vollendung

Da sind zum einen seine gastfreundlichen, offenen Menschen, die etwas von jener Sonne ausstrahlen, die auf den Rebhängen großartige Weine reifen lässt. Ein Lächeln im Gesicht? Aber natürlich, mit Fröhlichkeit geht man leichter durchs Leben: Anja Stritzinger aus Klingenberg macht sich zwar Sorgen um ihre Reben, denn die Trockenheit ist ein Problem, und auch Trauben können einen Sonnenbrand bekommen. Doch die Bio-Winzerin aus Klingenberg ist keine Pessimistin und glaubt fest daran, dass auch dieser Jahrgang ein guter Weinjahrgang wird. Sie bewirtschaftet zwei Hektar Terrassensteillagen in hundertprozentiger Handarbeit, pflegt acht Kilometer Trockenmauern und setzt in ihren Weinbergen auf natürliche Dauerbegrünung. Mit der Umstellung auf ökologisch-organischen Anbau war sie in den 1980er-Jahren Wegbereiterin des Bio-Weinbaus in der Region. Heute erzielen ihre Portugieser, Spätburgunder, Gewürztraminer, Regent-Weine und Rieslinge auf internationalen Weinprämierungen höchste Auszeichnungen.

In den Weinbergen rund um Klingenberg am Main wachsen großartige Weine.

Die Martinskapelle in Bürgstadt stammt aus dem 10. Jahrhundert, das Gasthaus Zum Riesen in Miltenberg wurde 200 Jahre später errichtet.

Auch im Alten Gewürzamt in Klingenberg warten große Geschmackserlebnisse auf den Genusswanderer. Beim alljährlichen Churfranken-Genussfestival von Ende August bis Anfang September zählen die Wein-Genuss-Tage im Alten Gewürzamt in Klingenberg ganz sicher zu den Höhepunkten. Ingo und Kilian Holland präsentieren dann erlesene Weine und regionale Leckereien in exklusivem Ambiente auf der geräumigen Terrasse über den Dächern der Stadt. Ihre Familien-Gewürzmanufaktur in der Frühlingsstraße bietet eine faszinierende Vielfalt aus aller Welt und selbst hergestellte Mischungen, mit denen man jedem Gericht die besondere Note geben kann. Eines sollte kein Churfranken-Reisender versäumen: den Besuch im ältesten Gasthaus und Hotel Zum Riesen in Miltenberg – hier war im 12. Jahrhundert schon Kaiser Barbarossa zu Gast. www.churfranken.de

In Miltenberg pflegen Michael und Katharina Schulz ihre Liebe zum Kaffee.

MITTLERES RHEINTAL – DAS ZUHAUSE DER LORELEY

Die Romantik lässt grüßen

Den Reiz des oberen Mittelrheintals zwischen Bingen und Koblenz entdeckten schon die Romantiker: Die Begeisterung von Friedrich Schlegel oder Clemens von Brentano, zahlreiche Reiseberichte und idealisierende Landschaftsbilder setzten eine erste Reisewelle in Gang. Seit dem Jahr 2002 steht der 67 Kilometer lange Rheinabschnitt mit seinen 40 Burgen auf der UNESCO-Welterbeliste.

bis Bacharach mit der Burg Stahleck

Eine Schifffahrt auf dem Rhein steckt voller Überraschungen: Hinter Bingen auf dem linken und Rüdesheim am rechten Rheinufer tritt der Fluss in das Rheinische Schiefergebirge ein und windet sich in Schleifen durch ein enges Tal. Seit Römerzeiten wird an den steilen Hängen in diesem von der Sonne verwöhnten Gebiet Weinbau betrieben. Hinter jeder Flussbiegung tauchen die Überreste von Burgen und Festungsanlagen auf, die Wahrzeichen des Rheintals. Ursprünglich ab dem 11. Jahrhundert als Zollburgen errichtet, die den Schiffsverkehr auf dem Rhein überwachen sollten, bezeugen sie die Bedeutung des Flusses als Handelsweg. Beiderseits des Rheins haben sich schmucke Winzerorte entwickelt.

Legenden am Flusslauf

Nicht nur die Burgruinen in luftiger Höhe, auch die traditionsreichen Städte des Mittelrheintals hatten es den Romantikern zu Beginn des 19. Jahrhunderts angetan. Wo einst Maler ihre Skizzen anfertigten, zücken heute Touristen die Kameras und halten die romantischen Ecken und Ansichten im Bild fest.

Gleich dort, wo der Rhein in das Rheinische Schiefergebirge eintritt, ragt bei Bingen auf einer Insel mitten im Fluss der Mäuseturm auf. Gebaut von dem hartherzigen Mainzer Bischof Hatto II. (gest. 970), rankt sich eine Schauergeschichte um den Turm. Weil er seine Kornkammern trotz einer Hungersnot verschlossen hielt, soll Hatto hier gefangen gehalten und bei lebendigem Leib von Mäusen gefressen worden sein.

Einige Kilometer stromabwärts liegt Bacharach, der vielleicht romantischste Ort am Mittelrhein. Die malerische Lage unterhalb der auf einem bewaldeten Höhenzug thronenden Burg Stahleck entzückte schon Victor Hugo, der Bacharach sogar »eine der schönsten Städte der Welt« nannte. Bis heute ist der mittelalterliche Ortskern von einer begehbaren Mauer umgeben. Stattliche Fachwerkbauten und die Ruine der gotischen Wernerkapelle, die an einem Hang über Bacharach steht, tragen viel zum romantischen Flair bei.

Das rechtsrheinische Städtchen Kaub bildet mit der über den Weinbergen aufragenden Burg Gutenfels die Kulisse für die gedrungene Burg Pfalzgrafenstein. Die Zollstation, die Ludwig der Bayer im 14. Jahrhundert auf einer Insel im Rhein errichten ließ, gilt bis heute als ein Symbol der Rheinromantik. Südlich von Boppard, welches den Beinamen »Nizza am Rhein« trägt, lenken die »Feindlichen Brüder«, zwei nebeneinander liegende Ruinen, die Blicke auf sich. Die Burgen Sterrenberg und Liebenstein gehörten zwei Brüdern, die dieselbe Frau verehrten. Heinrich Heine widmete der Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang ein Gedicht in seinem Buch der Lieder.

ist Boppard ein idealer Ausgangspunkt.

Mythos Loreley

Eigentlich wirkt der 132 Meter hohe, nur spärlich bewachsene Schieferfelsen bei Rheinkilometer 555 aus der Nähe betrachtet gar nicht so überwältigend. Dennoch steht er im Ranking der touristischen Hauptattraktionen Deutschlands ganz weit oben. Die Geschichte von der schönen Tochter des Vaters Rhein, die auf der Loreley sitzend durch ihren sirenenhaften Gesang die Schiffer betört und vom Kurs abkommen lässt, hat ihn weltberühmt gemacht. Mittlerweile ist das »Märchen aus uralten Zeiten«, wie es in Heinrich Heines Gedicht »Lied von der Loreley« heißt, sogar den asiatischen Touristen ein Begriff.

Das Besucherzentrum auf dem Felsplateau erklärt, dass die Loreley ein bis heute von Schiffern gefürchteter Ort ist, dessen Gefährlichkeit mit den Strömungsverhältnissen im Fluss zusammenhängt. Die berüchtigten Riffs sind zwar beseitigt, der Rhein fließt hier aber, da er sich stark verengt, so schnell, dass es immer wieder zu Schiffsunglücken kommt.

TOP ERLEBNISSE

DER RHEIN VON OBEN

Sowohl der rechtsrheinische Rheinsteig als auch der linksrheinische Burgenwanderweg bieten spektakuläre Aussichten auf den Fluss. Die Fernwanderwege führen durch Wälder, Wiesen und Weinberge, sie verbinden die romantischen Orte der Region und lassen jede Tour zu einem Kulturgenuss werden. An beiden gibt es viele Einstiege, sodass man von fast jedem Ort im Rheintal zu einer Kurztour aufbrechen kann. www.rheinsteig.de, www.rheinburgenweg.com

BEIM WINZER ZU GAST

Was wäre eine Tour durch das Mittelrheintal ohne eine Weinprobe? Entlang des Flusses laden viele Winzer zur Einkehr ein und servieren zu ihren edlen Tropfen leckeren Flamm- oder Zwiebelkuchen. Ihre Straußwirtschaften sind bis zu vier Monate im Jahr geöffnet und dann ein Ort der Lebensfreude und Geselligkeit. www.romantischer-rhein.de

EINMALIGES NATURSPEKTAKEL

Auf der Rheinhalbinsel Namedyer Werth bei Andernach lässt sich ein faszinierendes Naturschauspiel bestaunen. Etwa alle zwei Stunden schießt dort der mit einer Höhe von 60 Metern größte Kaltwassergeysir der Erde aus dem Boden. Das Spektakel wird durch aus der Tiefe kommendes Kohlendioxid verursacht, das das Grundwasser nach oben steigen und sprudeln lässt. Im Geysir-Zentrum Andernach können die Besucher dem Phänomen auf den Grund gehen. www.geysir-andernach.de

Für Rhein-Urlauber, die per Schiff oder zu Fuß das Mittelrheintal erkunden, von der-Loreley

TRAUMSTRASSEN

DIE DEUTSCHE ALPENSTRASSE

Auf und Ab am Alpennordrand

Die Idee einer Alpenstraße durch die Berge Oberbayerns geht auf die 1920er-Jahre zurück, und bis 1939 war gut die Hälfte der Strecke fertiggestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Teilstücke in das bestehende Straßennetz zur Deutschen Alpenstraße integriert.

Idylle am Walchensee

Münchnern, die gerne in die Berge gehen, braucht man die Rotwand im Mangfallgebirge nicht vorzustellen. Der 1884 Meter hohe Berg gehört zu ihren Top-Wanderzielen. Ein Wirtschaftsweg verbindet die Hotelsiedlung am Spitzingsee mit dem Rotwandhaus. Das thront gerade mal eine Viertelstunde unterhalb des Gipfels auf einem Geländerücken und ist bei den Wanderern und Mountainbikern eine beliebte Einkehr. An sonnigen Wochenenden herrscht viel Betrieb in der Gaststube und auf der Terrasse. Da muss der eine oder die andere möglicherweise ein bisschen länger auf die Schwammerl mit Knödeln warten. Doch das tut der guten Laune keinen Abbruch, bei der herrlichen Aussicht bis zum Großglockner. Viel näher der breitmassige Rücken des Hinteren Sonnwendjochs. Und weit und breit kein Auto.

Ein großes Projekt

Es hätte leicht ganz anders kommen können. In den 1930er-Jahren nahm die Idee einer Deutschen Alpenstraße konkrete Formen an. Angestoßen wurde das ambitionierte Projekt ein paar Jahre zuvor von einem Dr. Knorz aus Prien am Chiemsee und vom Deutschen Touring-Club wurde es dann kräftig gefördert. Dem NS-Regime kam die Initiative zupass, ließ sich damit doch prächtig Werbung in eigener Sache machen. Und Straßenbau galt ohnehin als probates Mittel gegen die grassierende Arbeitslosigkeit.

Die Route sollte das schmucke Bodenseestädtchen Lindau mit Berchtesgaden verbinden; sogar eine Fortsetzung übers Steinerne Meer nach Saalfelden war angedacht. Seltsamerweise firmierte sie, obwohl längs der Alpennordflanke verlaufend, unter der ganz und gar irreführenden Bezeichnung »Alpenquerstraße«.

Das Wahrzeichen Berchtesgadens: der Watzmann.

Natur bewahren

Der Natur hätte das kaum gutgetan. Das ahnte wohl auch Jakob Häringer (in der Nachkriegszeit Bürgermeister von Grassau), der zunächst eine Straßenvariante von der Kampenwand über die Hochplatte favorisierte, später dann aber zur Einsicht kam, »dass unsere schöne Kampenwand als Berg erledigt ist, wenn eine Straße den Frieden , die Ruhe, die Schönheit stört. […] Jeder würde mit dem Auto fahren, das schöne Wild, die vielen Gemsen, alles wäre fort.«

Rund um die Rotwand (1884 m) gibt es noch etwas Frieden und Gämsen, ja sogar Murmeltiere. Die Rotwandhütte musste keinem Wellnesshotel weichen, ein Drehrestaurant auf dem Gipfel wurde nie gebaut. An der Rotwand röhren keine Motorräder, höchstens ein Hirsch röhrt während der Brunft. Die bayerische Alpenstraße blieb unvollendet. Nach dem Krieg wurde sie in Deutsche Alpenstraße umbenannt, die Teilstücke wurden mit dem bestehenden Straßennetz verbunden. An einen Weiterbau denkt heute niemand mehr; vielmehr setzt sich die Einsicht durch, dass Natur nicht erschlossen, sondern geschützt werden muss.

TOP ERLEBNISSE

LINDAU

Das schmucke Städtchen am Bodensee ist Ausgangspunkt der Deutschen Alpenstraße. Sehenswert: der Hafen mit dem Leuchtturm und dem Bayerischen Löwen, die Altstadt mit dem historischen Rathaus, ihren stattlichen Bürgerhäusern und den eindrucksvollen Kirchen. www.lindau.de

NEUSCHWANSTEIN

Einer der ganz großen Hotspots des bayerischen Tourismus, das Werk des versponnen-unglücklichen Königs Ludwig II. Die täglichen Führungen dauern etwa eine halbe Stunde. Unbedingt zu empfehlen: Ticket rechtzeitig reservieren (geht auch online). www.neuschwanstein.de

HERZOGSTAND

Zu den schönsten Aussichtspunkten entlang der Deutschen Alpenstraße gehört der Herzogstand (1731 m). Die Seilbahn mit Talstation am Walchensee reduziert die Besteigung auf einen ausgedehnten Spaziergang auf komfortablem Weg (knapp 1 Std.).

TEGERNSEE

Die liebste Badewanne der Münchner, an Wochenenden und in der Ferienzeit oft heillos überlaufen. Empfehlenswert: eine Rundfahrt auf dem See. Etwas ruhiger ist es am kleineren Nachbarn, dem Schliersee. www.tegernsee.de

KÖNIGSSEE

Zweifellos der schönste Alpensee Bayerns, einem Fjord ähnlich, überragt vom Watzmann mit seiner monumentalen Ostwand. Ein Muss für alle Besucher: die Schifffahrt nach St. Bartholomä. Den schönsten Blick auf das Gewässer bietet die Archenkanzel (1346 m; Bergwanderung vom Ort Königssee, 3 Std.). www.koenigssee.de

ZUGSPITZE – ZIEL FÜR GIPFELSTÜRMER

Der Höchste – in Deutschland …

Unter den großen Alpenspitzen läuft sie nur unter ferner liefen: Aber mit genau 2962 Metern ist die Zugspitze Deutschlands höchster Berggipfel. Auf dem Dach der Republik befinden sich auch das höchstgelegene Haus, Postamt, Hotel, Restaurant und Skigebiet Deutschlands. Vor allem aber gibt es einen 360-Grad-Panoramablick, der bei gutem Wetter die Sicht auf rund 400 Alpengipfel in vier Ländern gewährt.

Bei schönem Wetter reicht die Rundumsicht vom Piz Bernina über den Ortler, die Wildspitze bis zum Großglockner sowie nach München im Norden und Italien mit den Dolomiten im Süden.

Die aufsehenerregende Erstbesteigung der Zugspitze gelang 1820. 51 Jahre später galt die Zugspitze aber schnell als »kleiner Stumpen«. Der höchste Gipfel im deutschen Kaiserreich hieß nämlich Kaiser-Wilhelm-Spitze und die Bücher vermerkten sie mit einer Höhe von 6011 Metern. Um sie zu besuchen, musste man allerdings ins ferne Afrika reisen, nach Deutsch-Ostafrika. Heute heißt das Land Tanzania, und die ehemalige Kaiser-Wilhelm-Spitze trägt den Namen Kilimanjaro. Dem »Kili« wird heute eine Höhe von 5895 Metern zugebilligt, denn die Kaiser-Wilhelm-Spitze wurde seinerzeit bewusst falsch vermessen, um der höchsten Erhebung im Deutschen Reich die Sechs vor der Tausend zu schenken.

Ein Zwerg in den Alpen

Die Bundesrepublik Deutschland bäckt in Sachen Bergspitzen deutlich kleinere Brötchen. Zwar hatte die Zugspitze ursprünglich 2964 Meter Höhe, doch der Westgipfel wurde 1938 für eine nie gebaute Flugleitstelle gesprengt. Zwei Meter hin, zwei Meter her: 2962 Meter Höhe beeindrucken zwar die Deutschen, aber schon die österreichischen Nachbarn deutlich weniger: Allein 42 österreichische Gipfel messen mehr als 3500 Meter, der Großglockner, ihr höchster Berg, endet bei 3798 Metern. Insgesamt sind sogar 128 Berge der Alpen Viertausender, der höchste unter ihnen ist der Mont Blanc mit 4808 Metern. Und trotz all dieser Zahlen und Rekorde: Die Deutschen lieben ihre Zugspitze. Sie ist Mythos, Gipfel der Nation und Pflichtstoff für die Schüler im Unterricht.

Zur Bergrast laden sommers wie winters zahlreiche Hütten ein.

Der höchste Berg Deutschlands gehört zum Wettersteingebirge und liegt an der Grenze von Bayern und Tirol. Über den Rest des Westgipfels verläuft die Grenze zu Österreich. Der Name geht auf die vielen Lawinenzüge an ihren Steilhängen zurück. Das Zugspitzmassiv trägt die beiden letzten deutschen Gletscher, den Schneeferner und den Höllentalferner mit seiner markanten Gletscherzunge. Doch beiden droht binnen geschätzten 20 Jahren das Aus: Mit der Klimaerwärmung hat sich die Schneefallgrenze stetig nach oben verschoben und die Gletscher liegen nun im Schmelzbereich. Der Schneeferner, heute noch etwa 25 Hektar groß, hatte einst um die 300 Hektar!

Ursprünglich Korallenriff

Kaum zu glauben, aber wahr: Der Berg ist der Überrest eines zu Kalk gewordenen Korallenriffs. Vor mehr als 200 Millionen Jahren lag an seiner jetzigen Stelle noch ein tropisch-warmes Meer. Die Zugspitze wurde erstmals 1590 namentlich erwähnt, 1807 startete die erste Expedition. Die Erstbesteigung erfolgte 13 Jahre später durch Leutnant Joseph Naus, der topographische Aufnahmen machte. Pfarrer Christoph Ott stellte 1851 mit 28 Helfern das Gipfelkreuz auf. Seit 1993 steht eine Replik auf dem Ostgipfel, da das ursprüngliche Kreuz nicht mehr restauriert werden konnte. 1897 folgte das »Münchner Haus«, heute eine Alpenvereinshütte, einst das meteorologische Observatorium. Die Kreuzeckbahn ging 1926 in Betrieb. Sie war die erste Seilschwebebahn in Bayern, die 2002, nach 76 Jahren und 15 Millionen unfallfrei beförderten Fahrgästen, ihre letzte Fahrt machte. 1931 öffnete erstmals das »Hotel Schneefernerhaus« seine Türen und 50 Jahre später wurde die Kapelle Maria Heimsuchung durch den Erzbischof von München und Freising, Josef Kardinal Ratzinger, den späteren und heute zurückgezogen lebenden Papst Benedikt, geweiht. Gut 400 000 Bergfreunde besuchen die Zugspitze pro Jahr. Einige leben zeitweise dort, weil sie die »höchsten« Arbeitsplätze der Republik bekleiden, etwa der Hausmeister, die 24-Stunden-Schicht-Meteorologen oder die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik, die kosmischer Strahlung auf der Spur sind. Und das bei Wind, der manchmal Geschwindigkeiten von mehr als 200 Stundenkilometern erreicht, und Temperaturen, die schon mal auf Arktis-Niveau fallen können …

TOP ERLEBNISSE

DIE ENGE KLAMM

Wasserfälle, Stromschnellen, Gumpen: Die 700 Meter lange Partnachklamm ist ein Erlebnis. Ihre Wände recken sich bis zu 80 Meter in die Höhe. Sie ist eine der engsten, eindrucksvollsten und beliebtesten Klammen in Deutschland: Wilder kann Natur kaum sein! Unbedingt unter der Woche zu Besuch kommen! Im Sommer 8–20Uhr, sonst kürzer. www.partnachklamm.de

SO ODER SO

Mehrere Bergbahnen fahren auf die Zugspitze: Der höchste Berg Deutschlands ist mit der Eibsee-Seilbahn und ab Garmisch-Partenkirchen mit der Bayerischen Zugspitzbahn und der Zahnradbahn, die mit bis zu 25 Prozent Steigung nach oben fährt, sowie von Österreich mit der Tiroler Zugspitzbahn erreichbar. Kernbetriebszeiten tgl. 8.45–16.30 Uhr. www.zugspitze.de, www.zugspitze.at

DIE SONNE RUFT

Bei schönem Wetter reicht die Rundumsicht vom Gipfel der Zugspitze über München im Norden bis zu den Dolomiten im Süden. Vielleicht nur noch zu toppen durch eine Fahrt auf die Zugspitze zum Sonnenaufgang mit anschließendem Frühstück. Nicht ganz billig (rund 80 Euro inklusive Rückfahrt), aber einmalig. Abfahrten, je nach Saison, zwischen ca. 5.15 und 7.45 Uhr. www.zugspitze.at/de/gipfel/events/sonnenaufgang

Herrliche Alpen: Gipfelkreuz auf dem Zugspitz-Massiv.

AMSTERDAM – CHARMANTE METROPOLE IM WASSER

Stadt der Künste, Kneipen und Kanäle

Amsterdam ist dem Wasser abgerungen, erbaut auf Millionen von Baumstämmen – die größte Pfahlbausiedlung der Welt, heißt es. In Form einer Mondsichel umgibt der Grachtengürtel die Altstadt mit ihren Baudenkmälern und all den schmalen Giebelhäusern, mit belebten Plätzen und malerischen Winkeln, durchdrungen von jener unverwechselbaren Atmosphäre, die den Besucher sofort gefangen nimmt.

Lecker: Käseladen in der Leidsestraat.

Der Tourismus floriert in der traditionsreichen Handels- und Hafenstadt an der Amstel, aber komplett vereinnahmt hat er sie noch nicht. Zwar sind die Ausflugsboote in den Grachten fest in Touristenhand, ansonsten gehört die niederländische Metropole nach wie vor den Amsterdamern. Weltoffen, selbstbewusst und sehr geschäftstüchtig, aber auch lebenslustig und entspannt pflegen sie ihren ganz speziellen Lebensstil. Dazu gehört die Leidenschaft fürs Fahrradfahren genauso wie ihre sprichwörtliche »gezelligheid«, die in den zahllosen kleinen Kneipen so ansteckend wirkt. Allein im verwinkelten Altstadtviertel Jordaan gibt es Hunderte Bruine (Braune) Cafés, in denen man allerdings Pils und Genever statt Kaffee und Kuchen bestellt. Auch in den Coffeeshops geht es bekanntlich nicht um Kaffeeklatsch, sondern vielmehr um legalen Drogenkonsum. Nachtschwärmer zieht es in die Bars, Klubs und Diskotheken an Leidseplein und Rembrandtplein. Legendär ist der Rotlichtbezirk De Walletjes rund um Amsterdams älteste Kirche, die gotische Oude Kerk (14. Jh.). Vom Kirchturm bietet sich eine tolle Aussicht auf Stadt und Wasser.

Kunstschätze von Rembrandt bis van Gogh

Amsterdams größte Kirche ist die Westerkerk, ein reich ausgestatteter Renaissancebau aus dem 17. Jahrhundert, dem Goldenen Zeitalter der Niederlande. Ein Gedenkstein erinnert an Rembrandt van Rijn, der hier begraben liegt. Das Rembrandthuis, einst Wohnhaus des Malergenies, kann man besichtigen, sein weltberühmtes Gemälde »Die Nachtwache« hat einen Ehrenplatz im Rijksmuseum, einem der renommiertesten Kunstmuseen des Kontinents mit einer bedeutenden Sammlung Alter Meister. Der grandiose Museumsbau im Stil der Neorenaissance bildet die Spitze des Museumplein. Im südlichen Teil des begrünten Platzes findet sich mit dem Stedelijk Museum eines der wichtigsten Häuser für moderne und zeitgenössische Kunst in Europa. Gleich daneben zeigt das Van Gogh Museum die weltweit größte Sammlung mit Gemälden von Vincent van Gogh, darunter auch die populären »Sonnenblumen«. Und gegenüber erhebt sich das neoklassizistische Konzerthaus Concertgebouw, das dank seiner hervorragenden Akustik einen erstklassigen Ruf genießt.

Königspalast und Bierkultur

Nicht nur Kunstfreunde haben in der vielfältigen Museumslandschaft die Qual der Wahl. Wer in die Stadtgeschichte eintauchen will, besucht das didaktisch hervorragende Amsterdam Museum oder auch die historischen Repräsentationsräume im Koninklijk Paleis am Dam, dem weitläufigen Hauptplatz der Stadt. Der ausladende Renaissancebau diente ursprünglich als Rathaus, mit Einführung der niederländischen Monarchie um 1800 wurde er zum Königspalast. Das Regentenpaar Willem-Alexander und Máxima gibt sich hier nur zu offiziellen Anlässen die Ehre; Amsterdam ist zwar Hauptstadt, als königliche Residenz und Regierungssitz aber dient Den Haag.

Grachten und Brücken prägen das Stadtbild Amsterdams.

Die Grachtenhäuser mit ihren spitzen Giebeln und den teilweise opulent verzierten Fassaden prägen das Bild der Altstadt. Zwei besonders stilvolle Exemplare, einst im Besitz reicher Patrizier, kann man auch innen besichtigen: das Museum van Loon und das Museum Willet-Holthuysen. Die maritime Vergangenheit beleuchtet das Nederlands Scheepvaartmuseum, zu dessen Attraktionen ein Segelschiff von 1749 gehört. Der großen jüdischen Tradition Amsterdams widmet sich das Joods Historisch Museum in vier Synagogen des 17. und 18. Jahrhunderts. Fußballfans schauen sich das Ajax Museum in der Amsterdam Arena an, und mit der Schau Heineken Experience in der alten Brauerei hat auch die Amsterdamer Bierkultur ihr Ausstellungshaus.

TOP ERLEBNISSE

ORT DER ERINNERUNG

Das Anne Frank Haus in der Prinsengracht ist kein übliches Museum, eher ein bedrückender Gedenkort. Durch eine Geheimtür und enge Treppen gelangt man in die Wohnung, in der sich das jüdische Mädchen mit seiner Familie und Freunden zwei Jahre lang versteckte und in der es das berühmte Tagebuch schrieb. Nach der Entdeckung durch die Gestapo im August 1944 wurden alle in die NS-Vernichtungslager deportiert, nur Annes Vater überlebte. www.annefrank.org

SPEZIALITÄTEN

Neben den holländischen Käsesorten sollte man sich die typischen kleinen Köstlichkeiten nicht entgehen lassen: frittierte Fleischklößchen (Bitterballen), extradicke Pommes (Patat), roh eingelegten jungen Hering und als süßen Genuss gibt es kleine gebutterte Pfannkuchen (Poffertjes).

AUSFLUG

Ein Tagesausflug führt in das Städtchen Edam mit seinen Grachten, Brücken, historischen Fassaden und dem farbenfrohen Spektakel des Käsemarkts. In direkter Nachbarschaft liegt das altertümliche Fischerdorf Volendam, das weithin bekannt für die Pflege holländischer Tracht und Tradition ist. www.vvvedamvolendam.nl

WEITERE INFORMATIONEN

www.iamsterdam.com

Von den Nazis ermordet: das jüdische Mädchen Anne Frank.

TEXEL – WINDZERSAUST UND MEERGEKÜSST

Insel zwischen Wattenmeer und Nordsee

»Holland im Kleinen« nennen Frau Antjes Landsleute ihr beliebtestes Urlaubseiland. Der gute Grund: Dort gibt es, außer großen Städten, so ziemlich alles, was das Königreich landschaftlich zu bieten hat – Strände, Dünen, Wälder, Weiden, Naturschutzgebiete und sogar einen Berg. Der ist zwar nur einen Tick höher als 15 Meter, aber immerhin, die Deiche überragt er.

Windmühlen betrieben früher die Pumpen für die Wasserwege.

Die Bürger von Texel und ihre Schafe begegnen sich auf Augenhöhe – statistisch, versteht sich. Beide bevölkern ihre Insel mit jeweils knapp 14 000 Exemplaren. Ein Gleichgewicht, das allerdings zweimal im Jahr aus der Balance gerät: Im Frühjahr, wenn rund 11 000 weiße Lämmer über die grünen Weiden staksen. Und im Sommer, wenn die große Mehrheit der jährlich rund 670 000 Touristen kaum noch Raum lässt in Hotels, Pensionen und auf Campingplätzen. Viele kommen dann wegen der prächtigen insgesamt 30 Kilometer langen Strände an der Westküste, an denen die Wogen der Nordsee ausrollen. Aufs ganze Jahr gesehen reisen die meisten Besucher, überwiegend Niederländer und immerhin gut ein Viertel aus Deutschland, erklärterweise wegen der Naturschönheiten von Texel an.

Ein Blütenmeer aus Strandflieder