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Mehr als ein Ernährungsleitfaden für Schwangere und Mütter:
Traditionelles Wissen für neues Leben
Die zertifizierte Expertin für pränatale Ernährung Lily Nichols schließt mit diesem Buch eine gravierende Wissenslücke: Im Gegensatz zu den bisher gängigen Ratgebern bedient sie sich neuester ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse, kombiniert diese klug mit dem Erfahrungswissen traditionell lebender Kulturen und räumt dabei mit Ernährungsmythen auf. Ihr Grundsatz: Qualität statt Quantität!
Mit den Grundsätzen der Autorin lassen sich die typischen Schwangerschaftsbeschwerden wie Heißhungerattacken, Übelkeit, Erbrechen, Schwangerschaftsdiabetes, Sodbrennen, Reflux oder Völlegefühl deutlich reduzieren. Zudem bietet sie Lösungen für die Herausforderungen bei einer vegetarischen Ernährung.
Dieser Begleiter für Sie und die Gesundheit Ihres Babys bietet:
„Endlich ein Buch über Ernährung in der Schwangerschaft, bei dem Sie nicht vor lauter Langeweile einschlafen, sondern Lust – und Appetit – auf mehr bekommen! Keine ‚Schwangerschaftspolizei‘ weit und breit, denn Lily präsentiert die Fakten, so wie sie sind, ohne sich zum Moralapostel aufzuspielen. Als Hebamme empfehle ich jeder schwangeren Frau, dieses Buch zu lesen.“
‒ Tracy Donegan, Hebamme und Gründerin von GentleBirth
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Seitenzahl: 747
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LILY NICHOLS
Das richtige Essen
in der
SCHWANGERSCHAFT
Neueste wissenschaftlicheErkenntnisse und zeitlosesWissen für eine optimaleErnährung vor der Geburt
Vorwort
Einleitung
Kapitel 1 - Warum Sie sich während der Schwangerschaft gesund ernähren sollten
Warum echte Nahrung?
Kapitel 2 - Echte Nahrung und gesunde Ernährung für die Schwangerschaft
Was sind echte Nahrungsmittel überhaupt?
Muss ich für zwei essen?
Makronährstoffe
Kohlenhydrate
Proteine
Fette
Gemüse
Flüssigkeit
Salz
Wie man Nahrungsmittel richtig kombiniert
Die Teller-Methode
Achtsam essen
Mahlzeiten planen
Tipps für den Anfang
Kapitel 3 - Echte Nahrung für ein gesundes Baby
Eier
Leber
Fleisch mit Knochen, langsam geschmortes Fleisch und Knochenbrühe
Gemüse und grünes Blattgemüse
Lachs, öliger Fisch und Meeresfrüchte
Vollmilchprodukte und fermentierte Milchprodukte
Die Herausforderungen einer vegetarischen Ernährung während der Schwangerschaft
Zusammenfassung
Kapitel 4 - Nahrungsmittel, mit denen Ihr Baby nicht gesund wird
„Nahrungsmittel, die Sie MEIDEN SOLLTEN“ und der gesunde Menschenverstand
Beim Essen „auf Nummer sicher gehen“ und das Risiko einer Mangelernährung
Der hygienische Umgang mit Lebensmitteln
Unterstützen Sie Ihr Immunsystem
Nahrungsmittel, die Sie meiden oder nur eingeschränkt verzehren sollten
Alkohol
Koffein
Raffinierte Kohlenhydrate
Zucker
Künstliche Süßstoffe
Pflanzliche Öle
Transfette
Soja
Zusammenfassung
Kapitel 5 - Menüplanung
Nur Mut
Der 7-Tage-Menüplan für echte Ernährung
Snacks
Getränke
Zusammenfassung
Kapitel 6 - Nahrungsergänzungsmittel
Vitamine für die Schwangerschaft
Vitamin D
Omega-3-Fette und Fischöl
Probiotika
Calcium
Magnesium
Eisen
Gelatine und Kollagen
Chiasamen
Kräuter
Andere Nahrungsergänzungsmittel
Zusammenfassung
Kapitel 7 - Erwartungen in der Schwangerschaft und häufige Beschwerden
Übelkeit und Erbrechen
Abneigung und Heißhunger auf bestimmte Nahrungsmittel
Sodbrennen
Verstopfung und Hämorrhoiden
Gewichtszunahme
Bluthochdruck
Hoher Blutzucker
Zusammenfassung
Kapitel 8 - Sport und Bewegung
Sport macht gesund
Sport tut Ihrem Baby gut
So kommen Sie in Bewegung
Ein Wort der Vorsicht
So können Sie Bauch, Rücken und Beckenboden stärken
Beispielübungen
Die richtigen Übungen für jedes Trimester
Zusammenfassung
Kapitel 9 - Laboruntersuchungen
Vitamin D
Eisen
Schilddrüse
Screening für Gestationsdiabetes
Weitergehende Untersuchungen
Ein Wort über Ketone im Urin
Zusammenfassung
Kapitel 10 - Giftstoffe
Chemikalien in Kunststoffen (BPA und Phthalate)
Parabene
Pestizide
Beschichtetes Kochgeschirr und verwandte Chemikalien (PFC)
Fluorid
Aluminium
Quecksilber
Andere Chemikalien, die es zu vermeiden gilt
Zusammenfassung
Kapitel 11 - Stress und psychische Gesundheit
Die Nebenwirkungen von Stress
Tipps zur Stressbewältigung in der Schwangerschaft
Zusammenfassung
Kapitel 12 - Das vierte Trimester
Die Zeit nach der Geburt – die traditionellen Ansätze
Echte, gesunde Nahrung für das Wochenbett zum Auffüllen der Nährstoffspeicher
Stillen
Nahrungsergänzungsmittel
Laboruntersuchungen
Bewegung und die körperliche Erholung
Gewichtsabnahme – lieben Sie Ihren Körper
Mentale und emotionale Gesundheit
Familienplanung nach der Geburt
Zusammenfassung
Rezepte
Spinatquiche ohne Teig
Getreidefreies Knuspermüsli
Lachstörtchen
Gegrillter Lachs mit Zitrone und Pfeffer
Rinder-Chili ohne Bohnen
Knochenbrühe
Hühnersuppe mit Gemüseeinlage
Hackbraten mit Rindfleisch aus Weidehaltung
Low-Carb Shepherd’s Pie
Zweifach gebackener Spaghetti-Kürbis mit Hackfleischbällchen
Hühnchen-Curry mit Kokos
Langsam gekochte Carnitas
Blumenkohlreis
Gebackener Rosenkohl
Sautierter Grünkohl
Gebackener Brokkoli mit Zitrone
Gebackene Süßkartoffel-Fritten
Gebackener Blumenkohl mit Curry-Gewürz
Gebackener Butternuss-Kürbis
Spinat-Dip
Nussiger „Müsli“-Riegel
Leberpastete mit Leber aus Weidehaltung
Selbstgemachtes Beerensorbet
Kokosmakronen
Pots de Crème (gebackener Pudding) mit Ahorn
Saure Drops
Lilys Erfrischungsdrink mit Elektrolyten
Referenzen
Über die Autorin
Stimmen zum Buch
Index
Impressum
Sie halten ein sehr mächtiges Buch in Ihren Händen. Alles, was Sie während der Schwangerschaft essen, formt gewissenmaßen die Gesundheit Ihres Babys, nicht nur in den ersten Lebensjahren, sondern für den Rest seines Lebens. Die Lebensmittel, die Sie essen, die Nahrungsergänzungsmittel, die Sie einnehmen, die Art und Weise, wie Sie sich bewegen, die Giftstoffe, denen Sie in dieser Zeit ausgesetzt sind (oder nicht) und nicht zuletzt Ihr persönlicher Umgang mit Stress können eine direkte und dauerhafte Spur in den Genen Ihres Babys hinterlassen und somit die Gesundheitsrisiken Ihres Kindes beeinflussen.
Lily und ich leben in sehr unterschiedlichen Gegenden der Vereinigten Staaten. Als eine Freundin von mir hier in meine Gegend zog, wurde sie von ihrem Kinderarzt darüber aufgeklärt, dass das Risiko einer Adipositaserkrankung in den Südstaaten besonders hoch sei. Während Ihnen das vielleicht übertrieben vorkommen mag, deutet der Anstieg chronischer Krankheiten bei Kindern darauf hin, dass in dieser Warnung mehr als nur ein Funken Wahrheit steckt.
Als Professorin der Ernährungswissenschaften halte ich regelmäßig Vorlesungen über das Thema Ernährung bei Schwangeren und Kindern. Mit diesen Vorlesungen möchte ich meine Studenten über die Komplexität dieses Themengebietes aufklären und ihnen eine Fülle an wissenschaftlicher Literatur und aktuelle Richtlinien an die Hand geben. Ich nehme meine Verantwortung in der Ausbildung zukünftiger Ernährungsberater sehr ernst, denn letztendlich werden sie im Laufe ihrer beruflichen Laufbahn großen Einfluss auf die Ess- und Ernährungsgewohnheiten zahlreicher Menschen haben, darunter viele schwangere Frauen. Nur allzu oft klafft zwischen dem aktuellen Forschungsstand und den Empfehlungen der öffentlichen Einrichtungen eine – unter Umständen sehr große – Lücke. Diese Lücke möchte ich mit und für meine Studenten schließen. Als ich Lily und ihre ausgezeichnete Arbeit auf dem Gebiet der Ernährung bei Schwangerschaftsdiabetes kennenlernte, führte ich ihr Buch Real Food for Gestational Diabetes als Pflichtlektüre in meinen Kursen ein. Meine Studenten lernten nicht nur viel über eine weit verbreitete Schwangerschaftskomplikation, sondern – und das ist fast noch wichtiger – sie lernten viele andere Aspekte und Annahmen bezüglich der pränatalen Ernährung kritisch zu hinterfragen, die seit vielen Jahrzehnten gelehrt und nie in Frage gestellt wurden.
Ich habe großes Vertrauen in Lily, weil ihre praxisnahen Empfehlungen aus ihrer akademischen Arbeit, ihren Forschungen und ihrer klinischen Erfahrung heraus entstanden sind. Zudem nimmt sie nicht alles, was als Ernährungspolitik verbreitet wird, als bare Münze, sondern forscht gründlich und beleuchtet jede Empfehlung von allen Seiten. In Das richtige Essen in der Schwangerschaft nimmt sie den aktuellen Forschungsstand genau unter die Lupe und stellt viele Grundsätze in Frage, auf denen die herkömmlichen Ernährungsrichtlinien basieren.
Warum ist das alles so wichtig? Wenn Sie nun selbst schon viel über Ernährung in der Schwangerschaft gelesen haben, dann werden Ihnen viele widersprüchliche Ratschläge begegnet sein darüber, welche Nahrungsmittel Sie am besten meiden, wie viel Protein, Fette oder Kohlenhydrate Sie brauchen und welche Nahrungsergänzungsmittel Sie einnehmen sollten. In den folgenden Kapiteln wird Lily diese oft gut gemeinten Ratschläge nicht nur als ungültig entlarven, sondern auch belegen, dass es sich um überholte oder wissenschaftlich nicht haltbare Empfehlungen handelt. Dieses Buch gibt Ihnen klare Antworten auf die Frage, was Sie denn nun essen sollten und warum. Jede einzelne ihrer Empfehlungen kann Lily dabei mit wissenschaftlichen Fakten untermauern. Sie werden auch viel Historisches lernen und sehen, wie sich Frauen aus unterschiedlichen Kulturen und Traditionen während der Schwangerschaft ernährt haben und dies heute noch tun.
In diesem Buch geht es nicht nur um Nahrung und Ernährung, sondern auch um andere, breit gefächerte Themen, die damit zusammenhängen: Bewegung und Sport in der Schwangerschaft, häufige Beschwerden (wie man Übelkeit, Verstopfung, Bluthochdruck usw. natürlich behandeln kann), spezifische Labordiagnostik für die richtige Ernährung und Lebensführung und warum die Vermeidung bestimmter Toxine für Schwangere so wichtig ist. Zusätzlich gibt es ein ganzes Kapitel über die Zeit nach der Entbindung. Gleich mehrere kontroverse Themen werden unter die Lupe genommen, darunter Screening für Schwangerschaftsdiabetes (einschließlich Alternativen zum oralen Glukosetoleranztest), Ketose in der Schwangerschaft und kohlenhydratarme Ernährung. Außerdem geht es darum, wie die Ernährung die Nährstoffdichte der Muttermilch beeinflussen kann, was die moderne Forschung zu Alkoholkonsum während der Schwangerschaft sagt und vieles mehr.
Ich bin mir sicher, dass dieses gründlich recherchierte Buch eines der wichtigsten Fachbücher für Ernährungsberater, Studenten und alle Mitarbeiter im Gesundheitswesen sein wird. Wichtiger noch, es ist sehr gut lesbar und anwenderfreundlich, was es zu einem besonders wertvollen Nachschlagewerk für schwangere Frauen macht. Echte Nahrung und eine gesunde Lebensführung unterstützen Ihren Körper inmitten eines der schönsten Mysterien des Lebens – Zellen wachsen heran und bilden ganze Organsysteme, die sich zu einem menschlichen Körper entwickeln und uns mit der nächsten Generation verbinden. Es gibt viele Glaubensrichtungen – und meine eigene gehört dazu – in der diese Zeit als besonders heilig gilt.
Je nachdem, wie sehr Sie mit echter Nahrung und wirklicher Ernährung schon vertraut sind, kann es eine Weile dauern, bis Sie die Informationen in diesem Buch verinnerlichen können. Wenn Ihnen die Vorstellung, Vollmilchprodukte (zum Beispiel Weidebutter), Eier inklusive Eigelb oder selbstgemachte Knochenbrühe zu konsumieren, zu sehr widerspricht, möchte ich Sie dazu ermutigen, einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Die Rezepte und Planer für Mahlzeiten werden Ihnen helfen, den richtigen Zeitpunkt dafür zu finden. Diese Form der Ernährung kann köstlich und nachhaltig zugleich sein.
Das richtige Essen in der Schwangerschaft bringt Ihnen Freude an und Lust auf gesunde Ernährung in der Schwangerschaft, Sie werden es auf den nächsten Seiten aus erster Hand erfahren. Lesen Sie selbst und lernen Sie, die üblichen Warnungen bezüglich Lebensmittelsicherheit in den richtigen Kontext zu setzen, damit Sie sicher durch die Lebensmittelkunde navigieren können. Lernen Sie, wie man Lebensmittel richtig zubereitet, so dass auch Sie gesunde Lebensmittel wie Fisch und weichgekochte Eier genießen können – was schon fast einem Tabubruch gleichkommt. Lily klärt über die Mythen auf, die sich um Salz und Fett ranken, damit Sie Ihre Mahlzeiten wieder mit Genuss, Lust und Freude essen und gleichzeitig viele Schwangerschaftskomplikationen vermeiden können (auch wenn Ihnen das vielleicht schwer fällt zu glauben). Sie werden lernen, sich beim Essen wieder zu entspannen und keine Kalorien zählen oder auf Portionen achten zu müssen. Stattdessen steht achtsamer Genuss auf dem Menü. Um es schlicht zu sagen: Sie haben wieder die Erlaubnis, Köstliches zu essen und nach Lust und Laune zu schlemmen. Sie dürfen wieder satt und zufrieden sein. Unter Lilys kompetenter Anleitung können Sie gesund essen und gesund bleiben. Es wird das größte Geschenk sein, das Sie Ihrem Baby, Ihrer Familie und sich selbst für viele Jahre machen können.
Melissa Powell, zertifizierte Ernährungsberaterin
University of Tennessee in Chattanooga
Im Dezember 2017
„Die Ernährung der Mutter spielt eine wichtige Rolle für die Entwicklung und das Wachstum des Fötus.“
— Dr. Guoyao Wu, Texas A&M University
Die Erkenntnis, dass die Nährstoffaufnahme der Mutter während der Schwangerschaft die Entwicklung ihres Kindes beeinflusst, gilt in vielen Disziplinen der Ernährungswissenschaften und in traditionellen Kulturen als etabliert. Auch wenn dieses Buch das erste sein sollte, dass Sie zu diesem Thema in den Händen halten, werden Sie mir wahrscheinlich zustimmen. Sie werden sich vielleicht fragen, warum ich mir die Mühe gemacht habe, über Ernährung in der Schwangerschaft zu schreiben, wenn sich alle zu diesem Thema einig sind. Nun ist es in der Tat so, dass es bezüglich einiger weniger Nährstoffe einen allgemeinen Konsens gibt, aber ansonsten weitverbreitete Uneinigkeit herrscht. Sobald man sich näher mit den konventionellen Richtlinien über pränatale Ernährung beschäftigt und diese mit modernen Forschungsergebnissen und den überlieferten Bräuchen traditioneller Kulturen vergleicht, stellt man sehr schnell fest, dass es viele Diskrepanzen gibt. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, dieses Buch zu schreiben.
Bevor ich mich in diese Thematik vertiefe, möchte ich einige Begriffe definieren, auf die ich mich im Text häufig beziehen werde. Im Allgemeinen orientieren sich in den USA die Empfehlungen bezüglich einer gesunden Ernährung an der Ernährungspolitik der Regierung. Auf diesen Ernährungsrichtlinien ruht die sogenannte Lebensmittelpyramide, die inzwischen von dem Symbol eines Tellers abgelöst wurde. Die Botschaft dahinter ist jedoch gleichgeblieben: Essen Sie weniger Fleisch, so wenig gesättigte Fette wie möglich und dafür mehr Getreide. Steinzeit- oder Ur-Diäten und die Ernährung der wenigen noch existierenden traditionellen Kulturen stützen sich auf die Ernährungsgewohnheiten von Menschen, die vor vielen hundert Jahren oder noch länger lebten. Heute gibt es nur noch vereinzelt isolierte Stammeskulturen, die so leben und sich so ernähren. Zu der damaligen Zeit gab es weder Industrialisierung noch massenproduzierte Nahrungsmittel. Die Menschen aßen echte, naturbelassene Nahrungsmittel, die sie vor Ort (regional) ernten konnten und zum großen Teil auch in ihrer natürlichen, nicht verarbeiteten Form zu sich nahmen. Ich werde die Begriffe Steinzeitdiät, anzestrale Ernährung, Nahrungsmittel aus traditionellen Kulturen und echte Nahrung oft verwenden. Sie alle sind austauschbar.
Obwohl sich die klassischen Ernährungsrichtlinien zum Teil mit den Ernährungsgewohnheiten traditioneller Kulturen überschneiden – in beiden nimmt der Verzehr überwiegend frischer Produkte einen hohen Stellenwert ein – gibt es dennoch gravierende Unterschiede. Laut aktueller Empfehlungen sollen schwangere Frauen kein Fleisch oder Innereien verzehren und Meeresfrüchte und Fisch nur eingeschränkt (nicht mehr als 340 g pro Woche). Zusätzlich sind sie angehalten, ausschließlich fettarme Milchprodukte zu essen und möglichst viele Kohlenhydrate (45–65 % der Kalorienzufuhr) zu konsumieren, um ein gesundes Baby auszutragen.
Die Gewohnheiten in traditionellen Kulturen sahen dagegen ganz anders aus: Dort wurden alle Teile eines Tieres gegessen, fettes Fleisch galt als besonders wertvoll und selbst in küstenfernen Gegenden wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Fisch zu fangen und Meeresfrüchte zu ernten. Wenn überhaupt, wurde nur unbehandelte Milch mit Rahm verzehrt und Kohlenhydrate nur gelegentlich. Raffinierte Kohlenhydrate – wie zum Beispiel Weißmehl und Zucker – kannte man bis vor ein- oder zweihundert Jahren überhaupt nicht. Konventionelle Ernährungsregeln stipulieren dagegen, dass „ungefähr die Hälfte der Kohlenhydrate Vollkorn sein sollte“. Im Umkehrschluss bedeutet diese Empfehlung also, dass es völlig in Ordnung ist, die Hälfte der Kohlenhydrate in der Form von industriell verarbeiteten Cerealien und Weißbrot zu sich zu nehmen.
Wer liegt nun richtig? Unsere Ernährungsrichtlinien oder die traditionellen Kulturen? Auf der Suche nach einer Antwort begann ich, die wissenschaftliche Fachliteratur gewissenhaft zu überprüfen und kam zu überraschenden – und sehr enttäuschenden – Schlussfolgerungen. Als zertifizierte Ernährungsberaterin hätte ich Besseres von unseren politischen Entscheidungsträgern erwartet.
Um es kurz zu fassen: Aktuelle Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass bestimmte Nährstoffe bei schwangeren Frauen besonders häufig fehlen, nämlich Vitamin A, Vitamin B6 und B12, Zink, Eisen, die Omega-3-Fettsäure DHA, Jod und Cholin. Diese Nährstoffe kommen ausgerechnet in den Nahrungsmitteln vor, die Sie konventionellen Empfehlungen zufolge während der Schwangerschaft nicht konsumieren sollten. Außerdem gilt, dass je mehr Kohlenhydrate Sie verzehren – und vor allem raffinierte Kohlenhydrate –, desto weniger Mikronährstoffe nehmen Sie über die Nahrung auf (d. h. Vitamine und Mineralien). Damit ist auch ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen verbunden.
Auch wenn einige von Ihnen vielleicht mit den Achseln zucken und argumentieren, dafür seien ja schließlich Nahrungsergänzungsmittel und Multivitamine da, muss ich Sie enttäuschen. Die meisten Multivitaminpräparate für Schwangere enthalten nicht annähernd genügend Nährstoffe, die für eine gesunde Schwangerschaft entscheidend sind, und in vielen sind die wichtigsten davon gar nicht erst enthalten (zum Beispiel Jod und Cholin). Darüber hinaus bieten viele Nahrungsergänzungsmittel die Nährstoffe nur in schlecht verwertbarer Form an (zum Beispiel Folsäure anstelle von L-Methylfolat). Natürlich gibt es hochwertige Nahrungsergänzungsmittel, die einen zusätzlichen Schutz bieten, aber selbst diese können eine gesunde Ernährung mit echten Lebensmitteln nicht ersetzen.
Ich habe mich schon immer für das Thema Ernährung in der Schwangerschaft interessiert, bin mir deren Bedeutung aber erst so richtig bewusst, seit ich die Auswirkungen einer mangelhaften Ernährung aus erster Hand beobachten konnte. Meine Arbeit sowohl in der klinischen Praxis als auch im öffentlichen Bildungswesen zu dem Thema Gestations- oder Schwangerschaftsdiabetes machte mich auf die Problematik aufmerksam. Diese Form des Diabetes tritt erstmals während der Schwangerschaft auf oder wird in dieser Zeit erstmalig diagnostiziert. Bis zu 18 % der Schwangeren werden mit dieser Diagnose konfrontiert. Ein unzureichend behandelter Diabetes in der Schwangerschaft kann für die Gesundheit des Kindes schwerwiegende Folgen haben. Tatsächlich haben Babys, deren Mütter an einem Schwangerschaftsdiabetes litten, ein sechsfach erhöhtes Risiko in den ersten dreizehn Lebensjahren an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken.1
Zwischen 2001 und 2009 stieg die Zahl der an Diabetes-Typ-2 erkrankten Kinder um ein Dreißigfaches an und wird voraussichtlich weiter steigen.2 Diese Statistiken sind beängstigend und heben noch einmal hervor, wie wichtig die Ernährung und ein gesunder Blutzuckerspiegel der Mutter auch für das Baby sind. Diabetes und Fettleibigkeit im Kindesalter haben sich zu einer wahren Epidemie entwickelt, die nicht nur auf schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung in der Kindheit zurückzuführen sind, sondern auch viel mit unzureichender Ernährung und Stoffwechselproblemen während der Schwangerschaft der Mütter zu tun haben.
Der markante Unterschied zwischen herkömmlichen Ernährungsempfehlungen für werdende Mütter und der echten oder ursprünglichen Ernährung unserer Vorfahren wurde mir besonders in meiner klinischen Arbeit mit Gestationsdiabetes vor Augen geführt. In meiner Rolle als Ernährungsberaterin konnte ich die Auswirkungen der konventionellen Empfehlungen mit meinem Ansatz einer „echten Ernährung“ vergleichen und aus erster Hand beobachten, welche Auswirkungen die beiden Konzepte auf Schwangerschaft und Blutzuckerwerte hatten.
Die Ergebnisse waren wirklich erstaunlich. Mithilfe meiner Empfehlungen für echte Nahrung konnten wir die Anzahl der insulinpflichtigen oder auf Medikamente angewiesenen Frauen halbieren. Auch allgemein waren die Auswirkungen sehr erfreulich: Die Mütter waren gesünder, hatten kaum mit Heißhunger oder zu großer Gewichtszunahme zu kämpfen, die Zahl der Frauen mit Präeklampsie nahm ab und die Anzahl der Frauen, die gesunde Kinder mit Normalgewicht und gesundem Blutzuckerspiegel entbanden, nahm zu. Es war bemerkenswert zu beobachten, welche Auswirkungen die echte, naturbelassene Nahrung auf Schwangerschaft und Geburt hatte. Der Ansatz war nicht nur deshalb erfolgreich, weil wir die Menge der Kohlenhydrate reduzierten, sondern weil die Frauen deutlich mehr Nährstoffe zu sich nahmen als die Ernährungsrichtlinien für Schwangerschaftsdiabetes vorschreiben.
Die Ergebnisse machten mir Mut, mein erstes Buch zu schreiben – Real Food for Gestational Diabetes –, damit die Botschaft bei möglichst vielen Müttern, Ernährungsberatern und medizinischen Fachleuten ankommen würde. Innerhalb weniger Monate wurde das Buch zum Bestseller und ist es bis heute. Ich erhalte viele positive Rückmeldungen von Müttern, die mir berichten, dass sie trotz Diabetes in früheren Schwangerschaften und dank meiner Ratschläge eine komplikationslose Schwangerschaft hatten und ein gesundes Baby entbinden konnten. Das machte und macht mir Mut.
Nach der Veröffentlichung meines ersten Buches kamen Anfragen, ob ich denn nicht auch ein Buch allgemein über Ernährung in der Schwangerschaft schreiben könnte. Viele Hebammen und Ärzte hatten Frauen mit Gestationsdiabetes mit diesem Ansatz erfolgreich behandeln können und wünschten sich einen Ratgeber für alle schwangeren Frauen, auch solche ohne Diabetes. Sie wollten meine Expertise (oder eher gesagt meine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse) zu anderen schwangerschaftsrelevanten Themen wie Nahrungsergänzungsmittel, Toxine, Lebensmittel, die man meiden sollte und vieles mehr.
Anfangs wehrte ich mich dagegen, weil ich dachte, es gäbe schon genügend Literatur auf dem Markt. Dann musste ich aber feststellen, dass es wirklich keine guten Bücher zu diesem Thema gibt – zumindest keine, in denen evidenzbasierte Informationen zusammengetragen und überholte Ratschläge gründlich überarbeitet werden. Die meisten Bücher, die ich finden konnte, geben die konventionellen Ernährungsrichtlinien wieder oder bringen die persönliche Meinung des Autors zu Papier, ohne diese mit wissenschaftlichen Fakten und Quellenangaben zu untermauern.
Das Fass kam schließlich zum Überlaufen, als eine meiner Kolleginnen mich um Rat fragte bezüglich einiger Informationen, die sie im Leitfaden der Academy of Nutrition and Dietetics zu Ernährung während der Schwangerschaft gelesen hatte. Das Papier wurde unter dem Titel „Gesund in der Schwangerschaft – Tipps zu Ernährung und Lebensstil“ veröffentlicht. Falls Sie die Academy of Nutrition and Dietetics nicht kennen: Früher bekannt als American Dietetics Association, handelt es sich hier um den Berufsverband der zertifizierten Ernährungsberater und -wissenschaftler in den USA. Der Verband nimmt maßgeblich Einfluss auf die Empfehlungen und Ernährungsrichtlinien aller Ernährungsberater und gilt als federführend für die Ernährungspolitik der Vereinigten Staaten. Bei der Lektüre dieses Leitfadens war ich schockiert. Während es durchaus auch Empfehlungen gab, die ich vertreten kann, gab es in diesem Papier so viele eklatante Fehlinformationen, dass ich umgehend beschloss, mein Buch doch zu schreiben.
Am meisten enttäuscht war ich von den konkreten Vorschlägen und Menüplanungen für werdende Mütter – für mich Inbegriff falscher Aufklärung über Ernährung in der Schwangerschaft. Das Frühstück enthielt weder Protein noch Fett und bestand lediglich aus Polenta, Erdbeeren und fettarmer Milch. Die empfohlene Menge an Kohlenhydrate war unglaublich hoch (mehr als 300 g) und der Nachmittagssnack bestand aus Crackern mit Möhren und sonst nichts. Kein rotes Fleisch, keine Eier (es sei denn man zählt den Klecks fettreduzierter Mayonnaise dazu, die erlaubt war) und unter keinen Umständen Innereien. Ich war geradezu erleichtert zu sehen, dass zum Abendessen Lachs serviert werden durfte, natürlich mit gedünsteten Brokkoli-Röschen, weißem Reis und noch mehr fettarmer Milch (und kein Hinweis, dass der Lachs aus Wildfang stammen sollte).
Es war das genaue Gegenteil von dem, was ich als idealen Ernährungsplan für eine Klientin verfassen würde. Schon beim bloßen Lesen kam bei mir ein starkes Verlangen nach Nährstoffen auf. Nach allem, was ich über Ernährung und darüber weiß, wie schwer es sein kann, zum Beispiel Cholin und Vitamin A in die Ernährung einzubauen, konnte ich mir nicht vorstellen, dass die Bedürfnisse einer schwangeren Frau mit diesen Empfehlungen gedeckt werden könnten. Ich beschloss, den Nährstoffgehalt dieses Menüplans mit einem meiner eigenen Pläne zu vergleichen. Die Ergebnisse bestätigten meinen Verdacht. Mit jeder Mahlzeit wurde zwar die gleiche Menge an Kalorien aufgenommen, aber bei den Nährstoffen sah das ganz anders aus. Bei den Mikronährstoffen deckte mein Menüplan den Bedarf für 19 Nährstoffe vollständig ab. Der Bedarf an Vitamin B12 war um das Dreifache abgedeckt, die Vitamine A und E um das Doppelte, Zink zu 55 % mehr als die empfohlene Tagesdosis, Eisen zu 37 % mehr und Cholin zu fast 70 %. Außerdem enthielt mein Plan mehr Omega-3-Fettsäuren, in einem vorteilhaften Verhältnis zu Omega-6. Das ist wichtig für ein gesundes Gehirn. Besonders beunruhigend war die Tatsache, dass die Academy of Nutrition and Dietetics wenig Wert auf Vitamin A – oder Retinol – zu legen schien, weil in der Menüplanung kaum Fleisch zu finden war. Es versteht sich von selbst, dass ich, bei allem Respekt, mit diesen Empfehlungen nicht einverstanden bin und diese Menüplanung schwangeren Frauen nicht guten Gewissens empfehlen kann. Wenn man einem im Mutterleib heranwachsenden Kind die essentiellen Nährstoffe vorenthält, die es für eine gesunde Entwicklung und vor allem für eine gesunde Hirnfunktion braucht, dann verstößt das gegen das weltweit zentrale ethische, medizinische Prinzip, keinem Menschen Schaden zuzufügen. Oft dauert es Jahrzehnte, bevor Forschung in die Praxis umgesetzt wird und veraltete Richtlinien überarbeitet werden. Es überrascht also nicht, dass wir uns in einer solch desolaten Situation befinden. Aber wir können dafür sorgen, dass es besser wird.
Mit Das richtige Essen in der Schwangerschaft möchte ich nicht nur die Richtlinien zur Ernährung während der Schwangerschaft von mittelalterlichen Vorstellungen befreien, sondern Ihnen einen praktischen und leicht verständlichen Ratgeber in die Hände legen, damit Ihnen während Ihrer Schwangerschaft die beste Ernährung und der beste Lebensstil für Sie und Ihr Baby zur Verfügung stehen. Als ich begann, dieses Buch zu schreiben, war mein Sohn noch kein Jahr alt, so dass es mir leichtfiel, all die Fragen in Erinnerung zu rufen, die mich selbst während meiner Schwangerschaft beschäftigt hatten und diese jetzt direkt anzusprechen.
Würden Sie sich nicht anders ernähren, wenn Sie wüssten, dass die richtigen Nahrungsmittel dafür sorgen, dass Ihr Kind später einmal kein Diabetes bekommen wird oder Übergewicht oder chronische Hautausschläge? Die meisten Frauen bejahen diese Frage mit Nachdruck, weil sie für ihre Kinder nur das Beste wollen. In meiner Klinik gehören die schwangeren Frauen zu den am meisten motivierten Klienten.
Leider ist es so, dass Sie einen Nährstoffmangel haben werden und keinen Nährstoffüberschuss, wenn Sie den aktuellen, konventionellen Richtlinien zur Ernährung in der Schwangerschaft folgen.
Das muss aber nicht so sein. Ich habe den Status Quo in Frage gestellt, damit es für Sie keine Zweifel gibt, wenn es darum geht, in Ihrer Schwangerschaft die richtigen Entscheidungen bezüglich der Ernährung und der Lebensführung zu treffen. Dieses Buch füllt eine wichtige Lücke und ist die Informationsquelle, nach der proaktive schwangere Frauen und alle, die sie im Gesundheitsbereich betreuen, schon lange vergeblich gesucht haben. Ich habe die komplizierten wissenschaftlichen Zusammenhänge für Sie auseinandergenommen, damit Ihnen ein kompetenter, evidenzbasierter Ratgeber über Ernährung in der Schwangerschaft beiseite steht. Zu jedem Kapitel gibt es detaillierte Quellenangaben. Zugegeben bin ich eine ziemliche Streberin, was das Thema Ernährung betrifft, und ich möchte, dass sie sich auf das, was ich geschrieben habe, verlassen können. Auch wenn mein Mann mir zu Hause schon spaßeshalber vorwirft, ich hätte ja ein ganzes Schulbuch geschrieben. So weit würde ich jetzt nicht gehen, mir ist aber wichtig, dass jede Frau Zugang zu den bestmöglichen und akkuratesten Informationen hat, auch wenn sie nicht wissenschaftlich versiert ist oder als Ernährungsberaterin arbeitet. Bei manchen Kapiteln habe ich mehr als 100 Quellenangaben hinzugefügt, damit Sie bei Bedarf in den entsprechenden Fachveröffentlichungen nachlesen können.
Richtig Essen in der Schwangerschaft
Beispiel für einen Essensplan
Herkömmliche Ernährung
Beispiel für einen Essensplan
Frühstück:
Spinat-Quiche ohne Teigboden Frühstückswürstchen aus SchweinefleischBanane
Frühstück:
HaferflockenFettarme MilchErdbeeren
Vormittags-Snack:
Apfel mit Mandelbutter
Vormittags-Snack:
Nusskern-Mischung mit Trockenfrüchten
Mittagsessen:
Selbstgemachter Hühner- und Gemüseeintopf mit LinsenRuccola-Salat mit Zitronendressing und Parmesan
Mittagsessen:
Putenbrust-Sandwich (Vollkornweizen-Brot, Putenbrust, leichte Mayonnaise)Salat (grüner Salat, Tomaten, Kidney-Bohnen, French-Dressing)BananeFettarme Milch
Nachmittags-Snack:
Sardinen in OlivenölVollkornreis-Kräcker
Nachmittags-Snack:
Karotten-SpaltenVollkornweizen-Kräcker
Abendessen:
Rinderhackbraten aus WeidehaltungGebratener RosenkohlGebratene Rote KartoffelnSnack zum späteren Abend:Griechischer Joghurt (normaler Fettgehalt) mit VanilleChiasamen
Abendessen:
Krautsalat (Kohl, Ananas, leichte Mayonnaise)Gegrillter Lachs (mit Öl)Gedünsteter BrokkoliReisSnack zum späteren Abend:Selbstgemachtes Popcorn
Dessert:
Himbeeren mit selbstgemachter Schlagsahne
Dessert:
Fettarmer Frozen-Vanilla-Joghurt
Bei einer Schwangerschaft gibt es keine Garantien, aber Sie können vieles tun, um die Zeit so angenehm wie möglich zu machen und Ihrem Baby alles zu geben, was er oder sie für eine optimale Entwicklung braucht. Dieses Buch ist hauptsächlich dem Thema Ernährung gewidmet, aber auch andere, verwandte Themen werden angesprochen: Sport in der Schwangerschaft, Chemikalien und Toxine, Stressbewältigung, die Zeit nach der Geburt und das Stillen. Mit anderen Worten, es geht um viel mehr als nur „Essen“.
Ich habe mein Buch vor allem für schwangere Frauen geschrieben, möchte aber gleichzeitig alle Frauen ansprechen, die schwanger werden möchten. Ihr Gesundheitszustand vor der Schwangerschaft beeinflusst auch Ihre Gesundheit als werdende Mutter und es lohnt sich, diese Informationen schon in die Familienplanung miteinfließen zu lassen. Es gibt keinen falschen Zeitpunkt, um die eigene Gesundheit zu optimieren und sich richtig, natürlich und gesund zu ernähren. Es wird einfach exponentiell wichtiger, wenn es darum geht, ein neues Leben zu schaffen und heranwachsen zu lassen.
Das richtige Essen in der Schwangerschaft
Herkömmliche Ernährung
Vergleich der Nährstoffe
Gesamtkalorienanzahl
2.329
Gesamtkalorienanzahl
2.302
Höherer Nährwert durch
Das richtige Essen in der Schwangerschaft
Makronährstoffe
Kohlenhydrate: 156 g
26 %
davon Ballaststoffe: 41 g Protein: 140 g
24 %
Fett: 134 g
51 %
Makronährstoffe
Kohlenhydrate: 319 g
54 %
davon Ballaststoffe: 43 g Protein: 109 g
19 %
Fett: 134 g
28 %
Essentielle Fettsäuren
Omega-3: 3,3 g Omega-3 zu -6 im Verhältnis: 3,2:1
Essentielle Fettsäuren
Omega-3: 2,9 g Omega-3 zu -6 im Verhältnis: 4,3:1
Essentielle Fettsäuren
Omega-3: 114 %
Vitamine
Vitamin A: 13.935 mcg davon Retinol: 2.492 mcg Vitamin C: 194 mcg Vitamin D: 18 mcg Vitamin E: 18 mg Vitamin B1: 1,5 mg Vitamin B2: 3,1 mg Vitamin B3: 32 mg Vitamin B6: 3 mg Vitamin B12: 23 mcg Folat: 609 mcg Cholin: 633 mg
Vitamine
Vitamin A: 6.753 mcg davon Retinol: 83 mcg Vitamin C: 171 mcg Vitamin D: 16 mcg Vitamin E: 9,3 mg Vitamin B1: 1,5 mg Vitamin B2: 2 mg Vitamin B3: 25 mg Vitamin B6: 2,6 mg Vitamin B12: 8,1 mcg Folat: 518 mcg Cholin: 374 mg
Vitamine
Vitamin A: 206 % davon Retinol: 3002 % Vitamin C: 113 % Vitamin D: 112 % Vitamin E: 193 % Vitamin B2: 155 % Vitamin B3: 128 % Vitamin B6: 115 % Vitamin B12: 284 % Folat: 118 % Cholin: 169 %
Mineralien
Calcium: 1.462 mg Kupfer: 4.700 mcg Eisen: 20,5 mg Magnesium: 482 mg Kalium: 4.522 mg Selen: 131 mcg Zink: 17 mg
Mineralien
Calcium: 1.394 mg Kupfer: 1.200 mcg Eisen: 15 mg Magnesium: 433 mg Kalium: 4.027 mg Selen: 126 mcg Zink: 11 mg
Mineralien
Calcium: 105 % Kupfer: 392 % Eisen: 137 % Magnesium: 111 % Kalium: 112 % Selen: 104 % Zink: 155 %
„Obwohl gute Ernährung in allen Lebensphasen wichtig ist, erkennt man zunehmend, dass das Ernährungsniveau und die individuellen Erfahrungen vor der Geburt und in der frühen Kindheit für die spätere metabolische Gesundheit von besonderer Bedeutung sind. Wird ein Mensch in kritischen Entwicklungsphasen einer unangemessenen Nährstoffversorgung ausgesetzt, kann das im späteren Leben zu einer Disposition für Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes führen. Im weiteren Sinne fällt also der Ernährung schwangerer Frauen und stillender Mütter eine Schlüsselrolle zu für den gesunden Stoffwechsel eines jeden Menschen.“
— Dr. Beverly Muhlhausler, University of Adelaide
Jede Schwangerschaft kommt einem Wunder gleich. Nach wie vor fühle ich mich von dem Gedanken, dass wir neues Leben in uns wachsen lassen können, geradezu überwältigt. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, dass mir während meiner eigenen Schwangerschaft deutlich bewusst war, dass sich in dieser Zeit in meinem Körper an jedem Tag und in jeder Sekunde sehr komplexe Vorgänge abspielten (dazu gehören Dinge, die bereits in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben wurden, als auch Dinge, die wir noch nicht kennen). Ich musste noch nicht einmal über diese Vorgänge nachdenken, denn mein Körper wusste ganz von selbst, was zu tun war. Er wusste, dass an jede Hand fünf Finger gehören, wusste, wo genau die Fingernägel wachsen müssen und wo die Haare hingehören. Das neue kleine Herz wuchs einfach und auch jedes neue Blutgefäß bekam seinen richtigen Platz usw.
Manchmal wird diese Gedankenkette – die Vorstellung, dass der Körper sich um alles kümmern wird und die Bedürfnisse des heranwachsenden Fötus auch ohne Ihr Dazutun befriedigen wird – dahingehend interpretiert, dass man den Verlauf einer Schwangerschaft bzw. die Gesundheit eines Babys nicht steuern oder beeinflussen kann. Man geht davon aus, dass der Körper das tun wird, was er tun muss, und man kann nur hoffen, dass das Schicksal es gut meint und man die richtigen Gene vererbt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Erlauben Sie mir, hier eine kurze Metapher zu bemühen. Jeder, der schon einmal einen Garten hatte, weiß, dass man Tomaten ernten wird, wenn man eine Tomatenpflanze sät. Der Sämling wird weder zu einer Erbse noch zu einer Brokkoli-Pflanze heranwachsen. Im Samen der Tomate sind genetische Informationen gespeichert, die dafür sorgen, dass hier eine Tomatenpflanze heranwächst, solange die Grundvoraussetzungen erfüllt sind: etwas Erde, Wasser und Licht. Das passiert von selbst, auch wenn man keinen grünen Daumen hat. Was aber den blutigen Anfänger vom Gärtnermeister unterscheidet, ist das Auge fürs Detail und das Bereitstellen optimaler Wachstumsbedingungen. Ein Meistergärtner weiß, dass die Pflanze nährstoffreichen Boden und viele nützliche Mikroben benötigt, um optimal wachsen zu können. Er wird seine Pflanze mit allem versorgen, was sie braucht. Er weiß genau, wie viel Licht und Wasser die Tomatenpflanze benötigt, um die besten Tomaten zu produzieren und nicht einfach nur zu vegetieren. Letztendlich geht es auch um die liebevolle Pflege und Zuwendung, die der Gärtner seinen Pflanzen zukommen lässt, damit sie leuchtend grüne Blätter und pralle, saftig rote Tomaten wachsen lassen.
Genauso ist es in der Schwangerschaft. Um es einfach auszudrücken: Wir Menschen sind programmiert, uns erfolgreich fortzupflanzen. Unser Körper wird alles in seiner Macht Stehende tun, um die genetische Information weiterzugeben und die Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen. Wäre das nicht so, hätten wir Menschen uns nicht aller Schwierigkeiten wie Mangelernährung und toxischer Belastung zum Trotz so erfolgreich vermehren können. Nun stehen wir aber vor dem Problem, dass die chronischen Krankheiten auf dem Vormarsch sind und vor allem Kinder zunehmend davon betroffen sind. Es gibt bereits einige Forscher, die unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hormonstörungen, Diabetes und Adipositas mit vorgeburtlichen Einflüssen in Verbindung bringen.
Leider dauert es Jahrzehnte, bis diese Art von Forschung es in die klinische Praxis schafft und in die öffentlichen Richtlinien eingearbeitet wird. Deshalb muss man selbst aktiv werden, in die Tiefe gehen und auch die versteckten Zusammenhänge ausfindig machen – genau das habe ich beim Verfassen dieses Buches getan.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Es gibt viele Aspekte einer Schwangerschaft, die Sie nicht beeinflussen können (Ihre Gene, Ihr Alter, Ihre persönliche Familien- und Krankengeschichte, um nur einige Beispiele zu nennen). Aber es gibt auch vieles, auf das Sie Einfluss nehmen können und dazu gehören Ihre Ernährung, ob Sie Sport treiben oder nicht, wie Sie mit Stress umgehen, wie vielen Toxinen Sie ausgesetzt sind und anderes. All das kann Ihre Schwangerschaft nachhaltig beeinflussen und die Gesundheit Ihres Babys langfristig prägen. Man nennt dies auch fetale Programmierung. Das Konzept der fetalen Programmierung existiert schon seit Jahrzehnten und schreibt fest, dass eine Mangelernährung während der Schwangerschaft die Entwicklung des Kindes beeinträchtigt und zu dauerhaften Stoffwechselstörungen führen kann, die das Risiko bestimmter Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas erhöhen. Dieses Konzept wurde ausführlich wissenschaftlich untersucht und belegt.1
Die meisten von uns sind überzeugt, dass es für unsere Gene einen festgelegten, unveränderlichen Bauplan gibt. Nun haben Forscher aber herausgefunden, dass unsere Gene durch bestimmte Expositionen im Uterus an- und ausgeschaltet werden können, wie zum Beispiel Nährstoffgehalt, Blutzucker- und Insulinspiegel der Mutter, ihre Bewegungsgewohnheiten, Stresshormone, Toxine usw. Das bedeutet, dass Sie immer noch die Auswirkungen dieser „schlechten“ Gene durch gesunde Ernährung und gute Lebensführung minimieren können, selbst wenn Sie denken, nicht das beste genetische Material zu haben. Es wird sich positiv auf die Entwicklung Ihres Kindes auswirken. Natürlich bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass sich „gute“ Gene vielleicht nicht durchsetzen können, wenn Sie sich ungesund ernähren oder allgemein nicht gesund leben.
Was Ihre eigene Schwangerschaft betrifft, so haben Sie die Möglichkeit, eventuelle Risiken wie Gestationsdiabetes, Präeklampsie, Frühgeburt, Eisenmangel und ungesunde Gewichtszunahme bzw. Gewichtsverlust durch persönliche Entscheidungen bezüglich Ihrer Lebensführung zu minimieren. Was könnte ermächtigender sein als das?
Wenn Sie eine schwangere Frau fragen, was für sie am wichtigsten ist, dann wird Ihnen jede Frau antworten, dass sie eine gute Schwangerschaft haben und ein gesundes Kind zur Welt bringen möchte. JETZT ist also die ideale Zeit, das „Schicksal“ zu Ihren Gunsten zu beeinflussen.
Als ich zum ersten Mal einen Fuß in die Welt der pränatalen Ernährung setzte, war ich schockiert darüber, wie wenig wir eigentlich über die Entwicklung des Fötus wissen. Die Wissenschaft ist immer noch dabei, Stück für Stück herauszufinden, was genau und wann etwas geschieht. Sie mögen es nicht glauben, aber wir finden gerade erst heraus, welche Nährstoffe in welchem Schwangerschaftsstadium in welchen Mengen überhaupt benötigt werden. Selbst die empfohlene Tagesmenge (RDA), die Auskunft darüber gibt, wie viel Sie von einem bestimmten Nährstoff täglich einnehmen sollten, bleibt nach wie vor eine eher vage Vermutung. Bis uns bessere Informationen zur Verfügung stehen (die wir vielleicht nie haben werden), müssen wir uns andere Orientierungshilfen schaffen.
Eine Möglichkeit besteht darin, die Ernährungsgewohnheiten traditioneller Kulturen zu untersuchen, in denen schon seit Urzeiten überwiegend gesunde Babys geboren werden. Von ihnen können wir viel lernen. Die Arbeit von Dr. Weston Price, einem Zahnarzt und Ernährungswissenschaftler aus dem frühen 20. Jahrhundert, könnte hier wertvolle Hinweise liefern. Während seiner Forschungen fand er heraus, dass in traditionellen Kulturen bestimmte sehr nährstoffreiche Lebensmittel für werdende Mütter und Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter besonders geschätzt werden.3 Dr. Price reiste für seine Forschungen um die ganze Welt und erfasste die Ernährungsgewohnheiten zahlreicher Kulturen, die Nährstoffdichte ihrer Nahrungsmittel und den allgemeinen Gesundheitszustand der Menschen. Zu den untersuchten Bevölkerungsgruppen gehörten die Schweizer, Gälen, Inuit, verschiedene malaiische Stämme, die Maori aus Neuseeland, die indigene Bevölkerung der USA und Kanada, Stämme in Ost- und Zentralafrika, Pazifik-Insulaner (Polynesier und Melanesier), die Aborigines aus Australien, die Südamerikaner des Amazonasbeckens sowie die alten Zivilisationen aus Peru und deren Nachkommen. Er entdeckte bemerkenswerte Unterschiede im Nährstoffgehalt der traditionellen, ursprünglichen Ernährung und der importierten, modernen Lebensmittel.
Außerdem fand Dr. Price heraus, dass sich die Ernährungsgewohnheiten dieser Bevölkerungsgruppen auch in deren Gesundheitszustand widerspiegelten. Die Menschen, die sich nach den Gewohnheiten ihrer Vorfahren ernährten, hatten keine Krankheiten und brachten kerngesunde Kinder zur Welt. Im Gegensatz dazu litten Familienmitglieder, die moderne Lebensmittel in ihre Ernährung integriert hatten, deutlich häufiger an gesundheitlichen Problemen. Das gleiche galt für ihre Nachkommen. Kinder, deren Eltern sich von „modernen Lebensmitteln“, wie zum Beispiel Zucker und verarbeiteten Getreideprodukten, ernährten und weniger traditionelle Nahrungsmittel aßen, litten häufiger unter folgenden gesundheitlichen Beschwerden: Zahnkaries, Kieferengstand und -fehlstellungen, Missbildungen (zum Beispiel Klumpfuß und Neuralrohrdefekt), Immunschwäche (erhöhte Infektanfälligkeit, zum Beispiel für Tuberkulose), psychischen Krankheiten und vielen anderen gesundheitlichen Problemen.
Mir fiel an seiner Arbeit am meisten auf, dass sich die negativen Folgen einer schlechten Ernährung nicht nur auf die Kinder der Betroffenen auswirkten, sondern auch auf deren Enkelkinder.
Dr. Prices Beobachtungen konnten in Tierstudien repliziert werden und mittlerweile gilt es in weiten Kreisen als akzeptiert, dass Faktoren wie gesunde, nährstoffhaltige Ernährung und Bewegung den Verlauf einer Schwangerschaft maßgeblich und positiv beeinflussen können, während Toxine, Stress und verarbeitete Lebensmittel genau das Gegenteil bewirken.4,5,6,7,8 Gegenwärtig gibt es einen ganzen Forschungszweig, der sich mit dem Thema „Epigenetik“ beschäftigt und untersucht, wie unsere Gene und die unserer Kinder durch unseren Lebensstil und andere Faktoren beeinflusst werden.9
Nach allem, was ich bei Dr. Price gelesen hatte (und lernte, welche Nahrungsmittel in den traditionellen Kulturen besonders geschätzt wurden), musste ich das, was ich in meiner Ausbildung als Ernährungsberaterin gelernt hatte, sehr in Frage stellen. Wie kann eine fettarme Ernährung als gesund gelten, wenn dabei die wichtigsten Quellen für Vitamin A, Cholin, Eisen und Zink ausgeklammert werden? In den traditionellen Kulturen wird genau das Gegenteil praktiziert. Konventionelle Ernährungsrichtlinien empfehlen während der Schwangerschaft künstlich angereicherte Lebensmittel – zum Beispiel Getreideprodukte, die zusätzlich Folsäure und Eisen enthalten – während sie die Nahrungsmittel ignorieren, die von Natur aus viel von diesen Nährstoffen enthalten. Ganz im Gegenteil – von nährstoffreichen Nahrungsmitteln wie Leber und Vollmilch wird nachdrücklich abgeraten. Wie kann es sein, dass Frauen aus traditionellen Kulturen gesunde Schwangerschaften hatten, wenn sie künstlich angereicherte Lebensmittel überhaupt nicht kannten?
Die modernen Ernährungswissenschaften konzentrieren sich fast ausschließlich auf einzelne Nährstoffe, anstatt diese im Kontext der Nahrungsmittel zu betrachten, in denen sie enthalten sind. Das führt dazu, dass der Fokus auf individuelle Nahrungsergänzungsmittel gelenkt wird und sich fast nur auf die Zufuhr bestimmter Vitamine beschränkt. Diesen Ansatz – vielen bekannt unter dem Begriff „Nutritionismus“ – habe ich nie so richtig nachvollziehen können. Warum übertragen wir die Erkenntnisse der modernen Wissenschaften nicht einfach auf echte Nahrungsmittel?
Mit anderen Worten: Wir müssen herausfinden, welche natürlichen Nahrungsmittel alle wichtigen Nährstoffe enthalten, die für die gesunde Entwicklung eines Fötus wichtig sind, anstatt jeden Tag eine Handvoll Pillen zu schlucken. Schließlich wirken die Nährstoffe synergistisch. Die Natur weiß, was sie tut und es gibt kein Nahrungsergänzungsmittel, das besser wäre als echte, naturbelassene Nahrung.
Deshalb bilden in meinen Ernährungsempfehlungen echte, lebendige Nahrungsmittel den Mittelpunkt für eine perfekte Ernährung in der Schwangerschaft. Wir können das, was wir über einzelne Nährstoffe gelernt haben, mit dem kombinieren, was wir über traditionelle Kulturen wissen.
Und das Ergebnis? Wir vereinen das Beste aus der modernen Forschung und überlieferten Traditionen, damit Sie ein gesundes Baby austragen können. In den folgenden Kapiteln werde ich Ihnen zeigen, welche Nahrungsmittel und Nährstoffe eine gesunde Schwangerschaft fördern und wie Sie Ihr Leben gestalten können, damit sich Ihr Baby gut entwickeln kann. Gleichzeitig möchte ich Ihnen vermitteln, was Sie unbedingt vermeiden sollten und warum. Ich habe es bereits erwähnt – das Schicksal liegt in Ihrer Hand, nutzen Sie Ihre Chance.
„Wir wissen, dass die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft aus biologischer Sicht sehr wichtig ist. Es ist nicht nur die einzige Möglichkeit für den Fötus, alle wichtigen Nährstoffe zu bekommen, sondern wirkt sich auch auf die Anpassungsfähigkeit des mütterlichen Stoffwechsels aus, der sich auf die Hormone einstellen muss, die von der Plazenta ausgeschüttet werden. Das wiederum beeinflusst den Stoffwechsel aller Nährstoffe. Besonders die Ernährung während der frühen Entwicklung hat einen starken Einfluss auf das Wachstum des Kindes, die Entwicklung der Organe und die körperliche Konstitution und Funktionsfähigkeit. Sie wirkt sich langfristig auf die Gesundheit aus und spielt eine wichtige Rolle für das Krankheits- und Sterberisiko im Erwachsenenalter. Außerdem beeinflusst sie die Entwicklung der neuralen Funktionen und das Verhalten, ein Phänomen, das wir als ‚metabolische Programmierung’ bezeichnen.“
— Dr. Irene P. Tzanetakou, Europäische Universität Zypern
Denken Sie bitte einen Moment über die Ernährungsratschläge für schwangere Frauen nach, die Ihnen bekannt sind. Die meisten Frauen wenden sich an ihren Arzt, wenn sie zu diesem Thema Rat suchen, nicht wissend, dass die Mehrheit der Ärzte nur sehr wenig darüber weiß (in nur 25 % der akkreditierten medizinischen Fakultäten der USA gehört Ernährung zum Pflichtprogramm).1 Wenn Sie auch schon einmal die Empfehlung gehört haben „Nehmen Sie ein Multivitaminprodukt für Schwangere ein und trinken Sie keinen Alkohol“ und sich insgeheim dachten, das kann doch nicht alles sein, gebe ich Ihnen Recht: Sie können mehr tun – sehr viel mehr – um während der Schwangerschaft gesund zu bleiben.
In diesem Kapitel werde ich Ihnen einige grundlegende Konzepte für eine echte, gesunde und lebendige Ernährung in der Schwangerschaft vorstellen. Für diejenigen unter Ihnen, die meine Bücher bereits kennen wissen, dass ich mit den Grundlagen beginne und mich allmählich zu den komplexeren Themengebieten hinarbeiten werde. Das trifft nicht nur auf dieses Kapitel zu, sondern auch für alle anderen. Ich werde mit einigen wichtigen Definitionen beginnen und Kategorien zusammenfassen, damit wir auch später noch den Überblick behalten können.
Inzwischen wissen Sie ja, dass es viele Vorteile bringt, sich in der Schwangerschaft „richtig gesund“ zu ernähren. Aber vielleicht fragen Sie sich, was das heißt und wie das aussehen soll. Bevor wir uns mit den Details beschäftigen, wollen wir uns einmal anschauen, was echte Nahrung eigentlich ist.
Jeder hat sein eigenes Verständnis von echten Nahrungsmitteln, aber für den Zweck dieses Buches definiere ich diesen Begriff wie folgt:
• Echte Nahrungsmittel sind so naturbelassen wie möglich und werden unter Bedingungen angebaut oder gehalten, die eine maximale Nährstoffdichte garantieren. Ein Beispiel ist regional angebautes frisches Gemüse der Saison, das kurz nach der Ernte verzehrt und ohne Pestizide angebaut wird. Dieses Gemüse hat einen höheren Nährwert als Dosenware.
• Echte Nahrungsmittel werden nur minimal verarbeitet und sehen so aus, wie sie in der Natur oder auf dem Feld vorzufinden wären. Nehmen wir einmal nicht Gemüse, sondern Milchprodukte als Beispiel. Kühe sind von Natur aus dazu bestimmt, auf der Weide zu grasen und Vollmilch zu geben. Aus der Perspektive einer natürlichen, echten Ernährung betrachtet hat Vollmilch von Kühen aus Weidehaltung einen höheren Nährwert als fettreduzierte Milch von Kühen, die Getreide fressen müssen und im Stall gehalten werden.
• An echten Nahrungsmitteln klebt meist kein Etikett (zum Beispiel an frischem Gemüse oder Fleisch), wenn aber doch, sollten nur einfache Zutaten und keine Zusatzstoffe darauf stehen. Wahre Puristen würden jetzt argumentieren, dass echte Nahrung überhaupt nicht beschildert sein dürfte. Aber wir leben in einer modernen Welt und Sie werden wahrscheinlich eine ganze Menge an Nahrungsmitteln mit Etiketten darauf kaufen müssen. Das ist auch in Ordnung so. Wenn Sie abgepackte Lebensmittel kaufen, sollten Sie aber immer genau hinschauen, welche Zutaten diese enthalten. Sobald eine ganze Liste an chemischen Stoffen deklariert ist, handelt es sich nicht mehr um ein naturbelassenes Nahrungsmittel.
Kurz gesagt, echte Nahrung besteht aus einfachen Zutaten, die so naturbelassen wie möglich sind und schonend verarbeitet werden, damit keine Nährstoffe verlorengehen.
Zu einer ausgewogenen Ernährung während der Schwangerschaft sollten aber immer Gemüse, Obst, Fleisch, Geflügel, Fisch, Meeresfrüchte, Nüsse, Saaten, Hülsenfrüchte und reichlich gesunde Fette gehören. Für die meisten Frauen sind auch Milchprodukte von Vorteil, es muss aber nicht sein. Wenn Ihr Körper Getreide gut verträgt, dürfen Sie auch Vollkornprodukte essen.
Ich werde noch näher darauf eingehen, warum diese Nahrungsmittel für die Schwangerschaft so wichtig sind und im nächsten Kapitel die Rolle der spezifischen Nährstoffe erörtern, aber zuerst möchte ich einige Missverständnisse aus dem Weg räumen und Ihnen einen Überblick über Ernährung in der Schwangerschaft geben.
Das Konzept der Ernährung für zwei ist nicht unbedingt schlecht, wird aber fast immer falsch interpretiert. „Essen für zwei“ suggeriert, dass Sie während der Schwangerschaft doppelt so viel essen müssen als sonst. In Wirklichkeit benötigt Ihr Körper nicht so viele Kalorien extra, um ein gesundes Baby auszutragen. Herkömmliche Empfehlungen legen nahe, dass der Kalorienbedarf gegen Ende des ersten Trimesters zunimmt und Ihr Körper danach etwa 300 Kalorien pro Tag zusätzlich für das Baby benötigt. Untersuchungen mit schwangeren Frauen weltweit zeigen aber, dass es sich hier lediglich um eine Schätzung handelt. In der Tat gibt es Frauen, die nur 70 Kalorien am Tag zusätzlich brauchen.2 Auch wenn der zusätzliche Bedarf von 300 Kalorien pro Tag stimmen sollte, entspricht das einer zusätzlichen Zwischenmahlzeit und nicht doppelten Portionen bei jeder Mahlzeit. Um es in den Worten eines Wissenschaftlers auszudrücken: „Der alte Spruch, dass eine schwangere Frau für zwei essen muss, ist eine Übertreibung“ und sollte umformuliert werden zu „eine schwangere Frau muss für 1.1. essen“.3 Was natürlich deutlich zunimmt ist der Bedarf an bestimmten Nährstoffen wie Vitamin A, Folat, Vitamin B12, Cholin, Eisen, Jod und viele mehr.4
Anstatt die Redewendung „essen für zwei“ als Ausrede für doppelte Portionen oder noch mehr Junkfood zu nehmen, betrachten Sie es eher als Hinweis, dass sich Ihr Baby in punkto Ernährung ganz auf Sie verlassen muss. Lassen Sie sich davon inspirieren, so viele Nährstoffe wie nur möglich in Ihren Speisenplan einzubauen, d. h. jeder Happen, den Sie zu sich nehmen, sollte im Idealfall eine wahre Nährstoffbombe sein. Denken Sie an Qualität, nicht Quantität. Je besser Sie sich selbst ernähren, desto besser können Sie Ihr heranwachsendes Baby versorgen. Dafür müssen Sie wissen, was zu einer ausgewogenen Ernährung überhaupt gehört.
Ein Makronährstoff ist etwas, das Ihnen Energie gibt, während man unter Mikronährstoffen alle Vitamine und Minerale versteht, die der Körper für andere Funktionen braucht. Zu einer optimalen pränatalen Ernährung gehört, dass sich Ihr Körper auf eine gute Versorgung mit den drei wichtigsten Makronährstoffen verlassen kann: Kohlenhydrate, Fett und Protein.
Alle echten Nahrungsmittel enthalten eine Kombination dieser drei Makronährstoffe, mit einigen Ausnahmen, die nur ein oder zwei davon enthalten. Süßkartoffeln zum Beispiel bestehen überwiegend aus Kohlenhydraten, enthalten nur wenig Protein und fast gar kein Fett. Viele Milchprodukte wie Vollmilch und Joghurt enthalten eine Kombination aus allen drei Makronährstoffen. Es lohnt sich, zu wissen, wie sich Makronährstoffe auf den Körper auswirken und in welchen Nahrungsmitteln man sie findet, damit Sie Ihre Ernährung optimal auf Ihre individuellen Bedürfnisse einstellen können.
Nach und nach findet die moderne Ernährungswissenschaft heraus, dass es Makronährstoffe gibt, die bei schwangeren Frauen Beschwerden verursachen, wenn zu viele oder zu wenige davon konsumiert werden. Ihnen ist sicher schon aufgefallen, dass hier nicht alle über einen Kamm geschert werden können. Vielleicht benötigen Sie weniger Kohlenhydrate als die schwangere Frau von nebenan, die mehr körperliche Arbeit verrichten muss. Ich werde später noch darauf eingehen, wie Sie Ihre Ernährung in der Schwangerschaft optimal gestalten können. Ich habe schon viele hundert Frauen zum Thema Ernährung beraten und festgestellt, dass die meisten Frauen zu viele Kohlenhydrate essen (was überhaupt nicht schwerfällt). Nur wenige Frauen essen zu viel Protein oder Fett.
Ich bin der Meinung, dass dies in erster Linie auf veraltete Ernährungsempfehlungen zurückzuführen ist. Diese neigen dazu, Fette buchstäblich zu verteufeln und haben einen ganzen Industriezweig geschaffen, der fettreduzierte Lebensmittel (sprich mit vielen Kohlenhydraten) als Massenware herstellt. Diese raffinierten Kohlenhydrate (zum Beispiel in Brot, Cerealien, Pasta und Snacks) gehören häufig zu den Grundnahrungsmitteln, haben aber in Hinblick auf die Nährstoffdichte wenig zu bieten. Aus diesem Grund möchte ich zuerst über Kohlenhydrate schreiben, um zu erklären, worauf man bei einer gesunden Ernährung in der Schwangerschaft achten muss.
Bevor ich anfange, möchte ich gern Folgendes sagen: Ich erinnere mich noch allzu gut an meine Zeit als Studentin der Ernährungswissenschaften. Ich hatte mein Studium gerade erst begonnen und war überzeugt, dass es überhaupt keinen Sinn ergäbe, Nahrungsmittel nach Makronährstoffen zu kategorisieren („Nahrung ist doch so viel mehr als nur das Zählen von Kohlenhydraten, Fett oder Protein!“, war meine Devise). Mittlerweile arbeite ich seit vielen Jahren als Ernährungsberaterin und habe aus erster Hand beobachten können, wie viele Menschen sich ungesund ernähren und wie schnell das passieren kann. Mir ist bewusst geworden, dass es durchaus angebracht ist, auch über Makronährstoffe nachzudenken. Es kann Ihnen helfen, eine ausgewogene Mahlzeit zu planen, ohne einen strengen Speiseplan einhalten zu müssen. So können Sie sich auch bildlich besser vorstellen, was auf Ihrem Teller sein sollte. Ich verspreche Ihnen aber, dass ich nur deshalb so sehr ins Detail gehe, damit Ihr Leben so einfach und angenehm wie möglich wird.
Viele Nahrungsmittel enthalten Kohlenhydrate, gesunde wie ungesunde. Von Natur aus kommen sie in fast allen pflanzlichen Nahrungsmitteln vor, in besonders hoher Konzentration sind sie jedoch in Getreide, Wurzelgemüse, Obst, Hülsenfrüchten und bestimmten Milchprodukten enthalten (und natürlich in allen verarbeiteten Lebensmitteln, die aus diesen Zutaten hergestellt werden). Kohlenhydrate bestehen aus Zuckermolekülen, die aneinandergereiht lange Ketten bilden. Während der Verdauung zerlegt der Körper diese Ketten wieder in ihre Einzelteile, damit die Moleküle absorbiert werden können. Sobald die Moleküle vom Körper aufgenommen wurden, steigt der Blutzuckerspiegel.
Tatsächlich sind die Kohlenhydrate die einzigen Makronährstoffe, die den Blutzuckerspiegel deutlich ansteigen lassen können.
Die meisten Frauen gehen davon aus, dass dies nur wichtig ist, wenn man gesundheitliche Beschwerden hat, bei denen man auf den Blutzuckerspiegel achten muss, wie es zum Beispiel beim Gestationsdiabetes der Fall ist. Allerdings hat sich in Untersuchungen gezeigt, dass selbst ein leicht erhöhter Blutzuckerspiegel auch Folgen für das Baby haben kann. Zum Beispiel haben Forscher an der Stanford University herausgefunden, dass ein erhöhter Blutzuckerspiegel (der aber weit unter der Schwelle zum Schwangerschaftsdiabetes liegt) zu einem signifikant erhöhten Risiko für angeborene Herzfehler führen kann.5 Eine weitere Studie konnte belegen, dass hohe Insulinwerte – mit denen der Körper auf einen hohen Blutzuckerspiegel reagiert – das Risiko für Neuralrohrdefekte deutlich steigert.6 Diese Ergebnisse machen Angst, vor allem in Hinblick auf die Tatsache, dass die meisten von uns nicht wissen, wie hoch unser Blutzuckerspiegel ist oder wie viel Insulin wir ausschütten. Eine 2015 im Journal of the American Medical Association veröffentlichte Analyse fand heraus, dass zwischen 49 und 52 % der Erwachsenen in den USA entweder einen Diabetes oder einen Prädiabetes haben. Meist handelt es sich um nicht diagnostizierte Fälle und die Zahlen nehmen dramatisch zu.7 Aus diesem Grund empfehle ich allen Frauen, während einer Schwangerschaft vorausschauend zu handeln und den eigenen Blutzuckerspiegel proaktiv auszugleichen. Dafür müssen Sie wissen, welche Rolle die Ernährung dabei spielt. Abgesehen von der Wirkung, die sie auf den Blutzucker haben, können zu viele Kohlenhydrate in der Ernährung (und ganz besonders raffinierte Kohlenhydrate in Saft, Limonaden und Weißmehlprodukten) noch andere Risiken bergen. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Sie während der Schwangerschaft zu viel an Gewicht zulegen und auch Ihr Baby ungesund groß wird (die sogenannte Makrosomie).8,9 Tatsächlich nehmen Frauen, die während der Schwangerschaft mehr raffinierte Kohlenhydrate essen, im Durchschnitt gut 18 Kilogramm mehr zu als Frauen, die Vollkornprodukte und nicht raffinierte Kohlenhydrate essen. Auch deren Babys sind deutlich größer und haben mehr Körperfett.10 Eine andere Studie legt den Verdacht nahe, dass die Auswirkungen bis in das Kleinkindalter hinein persistieren. Die Kinder von Müttern, die während ihrer Schwangerschaft viele Kohlenhydrate aßen, waren auch im Alter von zwei, drei und vier Jahren noch übergewichtig.11 Das ist aber noch nicht das Ende. Forscher vermuten, dass der Stoffwechsel des Kindes nachhaltig durch die Ernährung der Mutter und durch übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft beeinflusst wird.12
Mit einer kohlenhydratreichen Ernährung während der Schwangerschaft steigt auch das Risiko eines Gestationsdiabetes, einer Präeklampsie (Bluthochdruck während der Schwangerschaft) und einer Gallenblasenerkrankung in der Schwangerschaft (Gallensteine). Außerdem werden die Weichen gestellt für Stoffwechselstörungen, die bei dem Kind später im Leben auftreten (wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen).13,14,15 Isst die Mutter während der Schwangerschaft zu viele Kohlenhydrate, steigt ebenso das Risiko einer unausgereiften Lungenfunktion beim Neugeborenen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind im Laufe der Kindheit an lebensbedrohlichen Vireninfektionen der Atemwege erkrankt, nimmt zu.16
Das soll nicht heißen, dass Sie alle Kohlenhydrate aus Ihrer Ernährung verbannen müssen. Es heißt nur, dass Sie sich ausgewogen ernähren sollten und darauf achten, dass Ihr Blutzuckerspiegel nicht in die Höhe schießt. Außerdem ist es sinnvoll, Kohlenhydrate zu essen, die viele Nährstoffe enthalten (d. h. Vollkornprodukte) und raffinierte, industriell verarbeitete Lebensmittel zu meiden.
Sie möchten jetzt sicherlich wissen, welche Nahrungsmittel die meisten Kohlenhydrate enthalten, um besser einschätzen zu können, welche Nahrungsmittelkombinationen für Ihren Körper am besten funktionieren – keine Sorge, ich werde später noch näher darauf eingehen, wie Sie diese Nahrungsmittel in Ihre Ernährung integrieren können.
• Getreide: Vollkornprodukte, raffinierte Getreideprodukte und alles, was aus Mehl hergestellt wird (zum Beispiel Pasta, Brot, Tortillas, Pfannkuchen, Knäckebrot, Cerealien, Müsli usw.)
• Stärkehaltiges Gemüse: Kartoffeln, Süßkartoffeln/Yamswurzel, Kürbis, grüne Erbsen, Mais
• Hülsenfrüchte: Bohnen, Linsen, Erbsen
• Obst
• Milch und Joghurt (enthalten Laktose oder „Milchzucker“)
Wenn Sie sich mit Ernährung auskennen, dann wundern Sie sich sicher, dass ich einige dieser Nahrungsmittel im gleichen Atemzug erwähne wie Brot und Nudeln. Schließlich sind diese Nahrungsmittel auch gute Eiweißlieferanten. Das stimmt natürlich. Hülsenfrüchte, Milch und Joghurt enthalten zwar Protein, aber gleichzeitig auch einen nicht unerheblichen Anteil an Kohlenhydraten und heben so den Blutzuckerspiegel an. Im Vergleich zu Brot, Knäckebrot, Pasta und Cerealien sind sie aber gerade wegen ihres Proteingehaltes die bessere Wahl. Hülsenfrüchte enthalten außerdem viele Ballaststoffe, die dafür sorgen, dass die Kohlenhydrate langsamer verdaut werden. Ballaststoff- und eiweißreiche Nahrungsmittel lassen den Blutzucker langsamer ansteigen, aus diesem Grund sagt man auch, sie haben einen „niedrigen glykämischen Index“.
Was die Milchprodukte betrifft, ist Ihnen sicher aufgefallen, dass in der obigen Liste nur Milch und Joghurt aufgeführt sind. Das liegt daran, dass sie sehr viel Laktose („Milchzucker“) enthalten und somit als Quelle für Kohlenhydrate gelten. Abgesehen von gesüßten Milchprodukten wie Kakao oder Eiscreme enthalten andere Milchprodukte nur wenige Kohlenhydrate. Dazu gehören Käse, Butter, Schlagsahne und griechischer Naturjoghurt (bei dem die kohlenhydrathaltige Molke abgeschöpft wird).
Natürlich ist die obige Auflistung nicht vollständig, sondern umfasst nur Nahrungsmittel, die im Vergleich zu anderen Vollkornprodukten viele Kohlenhydrate enthalten. Eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten ist nicht gleichzusetzen mit einer Ernährung ohne Kohlenhydrate. Viele naturbelassene Nahrungsmittel enthalten Kohlenhydrate, aber meist in einem geringeren Verhältnis zu den anderen Nährstoffen (wie zum Beispiel in Nüssen, Saaten und nicht stärkehaltigem Gemüse). Diese Nahrungsmittel haben auch einen niedrigeren glykämischen Index, weil die Kohlenhydrate dort in der Form von Ballaststoffen vorhanden sind und – bei Nüssen und Samen – außerdem Fettsäuren und Eiweiß liefern. Diese Nahrungsmittel können meist uneingeschränkt gegessen werden, ohne dass man sich um den Blutzuckerspiegel sorgen müsste.
Nicht wenige verarbeitete Lebensmittel enthalten sehr viele Kohlenhydrate und sollten nur eingeschränkt oder überhaupt nicht gegessen werden (mehr dazu in Kapitel 4). Nach meiner Erfahrung gelingt es Frauen am besten, ihren Blutzuckerspiegel auf ein gesundes Niveau einzustellen, indem sie ihre Kohlenhydrate hauptsächlich über Nahrungsmittel beziehen, die keine Stärke enthalten. Auf diese Weise können sie auch ihre Nährstoffzufuhr optimieren. Forscher konnten bestätigen, dass Frauen automatisch mehr Nährstoffe zuführen, wenn sie ihre Kohlenhydrate hauptsächlich über naturbelassene Nahrungsmittel mit einem niedrigen glykämischen Index aufnehmen. Im Gegensatz dazu nehmen Frauen, die viel Stärke essen, weniger Vitamine und Mineralien auf, auch wenn es sich bei den Kohlenhydraten um „komplexe Kohlenhydrate“ aus Vollkornprodukten handelt. Wahrscheinlich werden die nährstoffdichten Nahrungsmittel von den stärkehaltigen verdrängt.17
Herzlich willkommen zu einem der am meisten kontrovers diskutierten Themen auf dem Gebiet der pränatalen Ernährung. Konventionellen Ernährungsempfehlungen zufolge sollten Kohlenhydrate einen Großteil Ihrer Ernährung ausmachen und 45-65 % Ihrer Kalorien liefern. Das entspricht etwa 250-420 g Kohlenhydraten pro Tag für die durchschnittliche schwangere Frau, die zwischen 2.200 und 2.600 Kalorien täglich zu sich nimmt. Interessanterweise hat man herausgefunden, dass Säuglinge und Kinder, deren Mütter diese Menge an Kohlenhydraten (52 % der Kalorienzufuhr) während der Schwangerschaft zu sich genommen hatten, häufiger an krankhaftem Übergewicht litten. Das traf auch auf gesunde und nicht übergewichtige Frauen zu, deren Essgewohnheiten im Rahmen des geschätzten Kalorienbedarfs lagen.18 Herkömmliche Richtlinien warnen sogar davor, die empfohlene Mindestaufnahme von 175 g Kohlenhydraten pro Tag zu unterschreiten.
Wenn Sie mein Buch Real Food for Gestational Diabetes kennen, wissen Sie, dass ich zu den ersten gehöre, die sich offen für eine kohlenhydratreduzierte Ernährung mit niedrigem glykämischen Index in der Schwangerschaft einsetzt und auch die wissenschaftlichen Beweise dafür liefern kann. Wenn man Ihnen gesagt hat, Sie bräuchten jetzt „besonders viele Kohlenhydrate, weil Sie schließlich schwanger seien“, dass „Ihre Plazenta und Ihr Baby Kohlenhydrate zum Wachsen brauchen“ oder dass „Ketone gefährlich sind“, dann hat man Ihnen nicht die ganze Wahrheit gesagt. Tatsächlich verhält es sich so, dass es keinen Beweis für die Behauptung gibt, man müsse mindestens 175 g Kohlenhydrate täglich essen. (Mehr über Ketone können Sie in Kapitel 9 lesen. Eine vollständige Analyse der Forschung und Kontroverse um die konventionellen Empfehlungen bezüglich Kohlenhydrate und Ketose in der Schwangerschaft finden Sie in Kapitel 11 meines Buches Real Food for Gestational Diabetes).
Trotz der ungeheuer großen Mengen an Kohlenhydraten, die man schwangeren Frauen aufdrücken will, konsumieren die traditionellen Kulturen deutlich weniger davon. Eine Studie aus dem Jahr 2011 untersuchte die Ernährungsgewohnheiten in 229 modernen Jäger- und Sammlerethnien auf der ganzen Welt und kam zu dem Schluss, dass der durchschnittliche Anteil an Kohlenhydraten in der Ernährung bei ca. 16-22 % liegt.19 Mit anderen Worten: Das ist weniger als die Hälfte dessen, was herkömmliche Ernährungsrichtlinien für werdende Mütter empfehlen. Außerdem lohnt es sich, an dieser Stelle zu erwähnen, dass der Anteil an Kohlenhydraten in der Nahrung abhängig ist von der Nähe der Bevölkerungsgruppe zum Äquator. Menschen, die in wärmeren Klimazonen leben, essen mehr (29-34 %) Kohlenhydrate als Menschen in kälteren Regionen (3-15 %).20 Selbst wenn man die geografischen Unterschiede berücksichtigt, liegen die konventionellen Empfehlungen bezüglich der Zufuhr von Kohlenhydraten deutlich über dem, was Jäger und Sammler essen. Das gilt selbst für traditionelle Kulturen, die in tropischen Klimazonen leben und sehr viel Obst essen.
Darüber hinaus enthalten ursprüngliche Nahrungsmittel von Natur aus weniger Kohlenhydrate und dafür mehr Vitamine, Minerale, Ballaststoffe, Fette und Proteine als moderne Lebensmittel.21 Wenn wir uns die für eine gesunde Entwicklung des Fötus benötigten Nährstoffe einmal näher anschauen, müssen wir feststellen, dass diese in Nahrungsmitteln mit viel Kohlenhydraten nur in sehr, sehr kleinen Mengen enthalten sind. Das trifft selbst auf „gesunde“ Vollkornprodukte zu. Wenn Sie nun einen ausgewogenen Ernährungsplan für eine gesunde Schwangerschaft erstellen wollen, werden Sie sehen, dass nur wenig Raum bleibt für Nahrungsmittel, die viele Kohlenhydrate, aber wenige essenzielle Nährstoffe bieten, ohne dass die empfohlene Kalorienzufuhr überschritten wird. Die herkömmliche Empfehlung, täglich mindestens 9-11 Portionen Brot, Reis, Cerealien oder Pasta zu essen, hat ganz klare Mängel.
In meiner jahrelangen praktischen Erfahrung habe ich beobachtet, dass es den meisten Frauen guttut, deutlich weniger als die empfohlenen 45-65 % Kohlenhydrate (250-420 g) aufzunehmen. Im Durchschnitt sind Frauen, die zwischen 90-150 g Kohlenhydrate konsumieren, am gesündesten (an diesen Werten orientieren sich auch meine Vorschläge zur Menüplanung in diesem Buch). Wenn Sie nachrechnen, entspricht das der Menge an Kohlenhydraten, die auch die traditionellen Jäger und Sammler der oben erwähnten Studie zu sich nehmen.
Es wird immer Frauen geben, die mehr Kohlenhydrate tolerieren können, und andere, die deutlich weniger brauchen (das trifft im Übrigen auf alle Nährstoffe zu). Um ehrlich zu sein, bin ich alles andere als ein Erbsenzähler, aber es ist wichtig, die Zusammenhänge zu verstehen. Mit Ausnahme der Frauen, die an einem Schwangerschaftsdiabetes leiden oder andere Komplikationen haben, sollten Sie wirklich darauf achten, dass Ihre Kohlenhydrate auch möglichst viele Nährstoffe enthalten und einen niedrigen glykämischen Index haben. Dazu gehören Gemüsesorten ohne Stärke, griechischer Joghurt, Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte und Beeren. Natürlich ist auch dann noch genügend Platz für Nahrungsmittel, die viele Kohlenhydrate enthalten, wie zum Beispiel Süßkartoffeln, Obst und Vollkornprodukte. Essen Sie aber möglichst wenig davon, als Beilage oder kleines Dessert. Es sollte nicht den Hauptanteil Ihrer Mahlzeiten ausmachen. In Kapitel 5 werde ich Ihnen anhand einiger Beispielmenüs zeigen, wie das in „echt“ aussehen kann.
Anstatt bei der Planung Ihrer Mahlzeiten hauptsächlich auf Pasta oder Reis zu setzen, sollten Proteine und Gemüse im Mittelpunkt stehen. Wenn es Ihr Hungergefühl, Aktivitätsniveau und Blutzuckerspiegel erlauben, können Sie auch zusätzlich gesunde Kohlenhydrate in Ihre Ernährung einbauen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie viele Kohlenhydrate Sie zu sich nehmen oder wie Sie den Anteil an Kohlenhydraten in Ihrer Ernährung einschätzen können, empfehle ich Ihnen ein kurzes Experiment. Geben Sie alles, was Sie essen, in eine Ernährungs-App ein und Sie werden überrascht sein, wie schnell man versehentlich zu viele Kohlenhydrate zu sich nimmt, auch wenn Sie denken, dies sei nicht der Fall. Ein Blutzuckertest nach den Mahlzeiten ist eine der besten Möglichkeiten, eventuelle „Schwachstellen“ in puncto Kohlenhydrate aufzuspüren, wenn Sie gezielt vorgehen möchten. (siehe auch Kapitel 9Blutzuckertests für zu Hause).
HINWEIS: Für alle werdenden Mütter im ersten Trimester mit Übelkeit und Abneigungen gegen bestimmte Nahrungsmittel gilt, dass es völlig in Ordnung ist, in dieser Zeit mehr Kohlenhydrate zu essen. Das ist normal. Wenn Sie sich hier wiedererkennen, können Sie in Kapitel 7 nachlesen, warum das so ist und wie Sie diese Zeit gut überstehen.
Fazit: Sowohl die moderne Ernährungswissenschaft als auch die Essgewohnheiten unserer Vorfahren legen nahe, dass eine eingeschränkte Zufuhr an Kohlenhydraten die Aufnahme von Mikronährstoffen begünstigt und zu einer gesünderen Schwangerschaft führt. Um es anders auszudrücken: Ihr Bedarf an Kohlenhydraten ist niedriger als die konventionellen Ernährungsrichtlinien angeben. Essen Sie vor allem naturbelassene, nicht künstlich verarbeitete Kohlenhydrate mit niedrigem glykämischen Index.