Das Silmarillion - J.R.R. Tolkien - E-Book

Das Silmarillion E-Book

J.R.R. Tolkien

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Beschreibung

Das Silmarillion erzählt die Götter- und Heldensagen Mittelerdes von der Erschaffung der Welt bis zum Beginn des Dritten Zeitalters, in dem die Hobbits leben. »Das Silmarillion« erzählt von den Ereignissen des Ersten Zeitalters - jener fernen Epoche von Mittelerde, auf welche die Helden des »Herrn der Ringe« immer wieder in Ehrfurcht zurückblicken. (Und manche von ihnen, wie Elrond und Galadriel, aber auch Sauron, haben sie miterlebt.) Es ist die Zeit der Elben, der Langlebigen, deren Liebe zu den Dingen so weit ins einzelne geht, dass sie allem Namen geben. Die Menschen (die Kränklichen, die Nachtfürchtigen, die Unbegreiflichen) kommen eben erst aus den Wildnissen des Ostens hervor. In dieser Welt, in der noch nicht alle Wege krumm sind, entwickelt sich auch die Erzählung in mächtigeren Bahnen, als wir es seither kennen. Melkor, der Meister des Verrats, raubt die Silmaril, in denen das Licht verschlossen liegt, das älter ist als Sonne und Mond; und Feanor und seine Söhne, um sie zurückzugewinnen, sagen ihm einen hoffnungslosen Krieg ohne Ende an. Ein Erdteil von Geschichten kommt in Bewegung, Geschichten, die in den Liedern der Elben besungen und hier im »Silmarillion« erzählt werden. Obwohl das »Silmarillion« erst lange nach dem Tod des Autors von seinem Sohn herausgegeben wurde, ist es früher entstanden, als »Der Herr der Ringe«. Die Geschichten um Mittelerde hatten sich für Tolkien über mehr als fünfzig Jahre hin zu einer Tradition verbunden, der er zuletzt mehr wie ein Philologe oder Historiker denn ein »Erfinder« gegenüberstand. Und so betraten die Hobbits und ihre Gefährten im »Herrn der Ringe« diese schon fertige Welt, den festen Boden der Legende unter den Füßen.

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Seitenzahl: 715

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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Besuchen Sie uns im Internet: www.klett-cotta.de/hobbitpresse Hobbit Presse Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »The Silmarillion« im Verlag George Allen & Unwin, London © 1977 by George Allen & Unwin Ltd. Published by arrangement with HarperCollins Publishing Ltd., London Für die deutsche Ausgabe © 1978/1997/2010 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Cover: HildenDesign, München, www.hildendesign.de Illustration von © HildenDesign/Maximilian Meinzdel Printausgabe: ISBN 978-3-608-93819-7 E-Book: ISBN 978-3-608-10139-3

VORWORT

Das Silmarillion, das nun vier Jahre nach dem Tode seines Verfassers erscheint, ist eine Erzählung von den Ältesten Tagen oder dem Ersten Zeitalter der Welt. Im Herrn der Ringe waren die großen Ereignisse zu Ende des Dritten Zeitalters berichtet worden; die Geschichten des Silmarillion aber sind Legenden, die aus einer viel früheren Vergangenheit stammen, aus der Zeit, als Morgoth, der erste Dunkle Herrscher, in Mittelerde hauste und die Hochelben Krieg gegen ihn führten, um die Silmaril zurückzugewinnen.

Nicht nur erzählt aber Das Silmarillion von den Ereignissen einer viel früheren Zeit als der des Herrn der Ringe, es ist auch – in all seinen Grundzügen – das viel früher entstandene Werk. Tatsächlich liegt es schon seit einem halben Jahrhundert vor, wenn es auch damals noch nicht Das Silmarillion hieß; und in zerfledderten Notizbüchern, die bis 1917 zurückreichen, kann man noch die ältesten, oft hastig hingekritzelten Fassungen der Geschichten lesen, die im Mittelpunkt dieser Mythologie stehen. Doch das Werk wurde nie veröffentlicht (manche Hinweise auf seinen Inhalt konnte man freilich dem Herrn der Ringe entnehmen), und in seinem ganzen langen Leben ließ mein Vater niemals davon ab, ja selbst in seinen letzten Jahren arbeitete er unermüdlich daran fort.

In all den Jahren erfuhr Das Silmarillion, einfach als ein weitgespannter Erzählungsrahmen betrachtet, relativ wenige tiefgreifende Veränderungen; schon frühzeitig wurde es zur festen Tradition und zum Hintergrund für spätere Schriften. Doch gewiss war es noch alles andere als ein festgelegter Text, und selbst manche Grundgedanken zur Natur der Welt, die es zeichnet, blieben nicht unverändert, als die gleichen Legenden in längerer und kürzerer Form und in wechselnden Stilen mehrfach neu erzählt wurden. Im Lauf der Jahre wurden die Änderungen und Varianten sowohl in den Einzelheiten wie in den weiteren Perspektiven so kompliziert, verästelt und vielschichtig, dass eine letztgültige Fassung unerreichbar zu sein schien. Außerdem wurden die alten Legenden (»alt« nun nicht mehr nur im Hinblick auf ihre Herleitung aus dem fernen Ersten Zeitalter, sondern auch im Hinblick auf sein Leben) für meinen Vater Quelle und Speicher seiner tiefsten Gedanken. In seinen späteren Schriften traten Mythologie und Dichtung hinter seinen theologischen und philosophischen Neigungen zurück, und daraus ergaben sich Unstimmigkeiten im Ton.

Nach dem Tode meines Vaters fiel mir die Aufgabe zu, das Werk in eine veröffentlichungsreife Form zu bringen. Es wurde mir klar, dass der Versuch, die Vielfalt der Texte zwischen den Deckeln eines einzigen Buches darzubieten – und Das Silmarillion so als die in Fortgang und Entwicklung begriffene Schöpfung vorzuweisen, die es in Wahrheit ist –, doch nur Verwirrung stiften und das Wesentliche verschütten könnte. Ich nahm mir daher vor, einen einzigen Text herauszuarbeiten, indem ich so auswählte und anordnete, dass – wie mir schien – eine möglichst zusammenhängende und in sich stimmige Erzählung zustande kam. Bei dieser Arbeit brachten die Schlusskapitel (vom Tode Túrin Turambars an) insofern besondere Schwierigkeiten mit sich, als sie viele Jahre über unverändert geblieben waren und so in mancherlei Hinsicht beträchtliche Divergenzen zu den weiter fortgeführten Gedanken in anderen Teilen des Buches aufwiesen.

Völlige Stimmigkeit (sowohl innerhalb des Silmarillion selbst als auch zwischen diesem und anderen veröffentlichten Schriften meines Vaters) ist nicht zu erwarten; sie ließe sich, wenn überhaupt, dann nur mit hohem und unnötigem Aufwand erzielen. Außerdem sah auch mein Vater schließlich Das Silmarillion als eine Sammlung an, als ein Kompendium von Erzählungen, das viel später aus höchst unterschiedlichen Quellen (Gedichten, Geschichtswerken, mündlichen Berichten), welche die Zeitalter überdauert hatten, zusammengestellt wurde; und diese Vorstellung entspricht auch der tatsächlichen Geschichte des Buches, denn wirklich liegt ihm ja sehr vieles an älteren Vers- und Prosaerzählungen zugrunde, und in gewissem Maße ist es tatsächlich und nicht nur theoretisch eine Sammlung. Darauf mögen die Unterschiede im Erzähltempo und in der Detailfülle der verschiedenen Teile zurückzuführen sein, zum Beispiel der Kontrast zwischen den genauen Angaben der Schauplätze und Beweggründe in der Legende von Túrin Turambar und dem vergleichsweise knappen und distanzierten Bericht vom Ende des Ersten Zeitalters, als Thangorodrim geschleift und Morgoth überwältigt wurde; ebenso auch manche Uneinheitlichkeiten von Ton und Zeichnung, manche Dunkelheiten und hier und da auch eine Lücke in den Zusammenhängen. Im Falle der Valaquenta zum Beispiel müssen wir annehmen, dass sie zwar vieles enthält, was aus den frühesten Zeiten der Eldar in Valinor stammen muss, aber doch in späteren Zeiten umgearbeitet wurde; und dies könnte den dauernden Wechsel in Zeitform und Perspektive erklären, bei dem die göttlichen Mächte bald als unmittelbar gegenwärtig und in der Welt tätig, bald als ferngerückt erscheinen, als ein entschwundenes, nur mehr in der Erinnerung lebendiges Geschlecht.

Das Buch enthält, obwohl es mit Fug und Recht den Titel Das Silmarillion trägt, nicht nur die Quenta Silmarillion oder das eigentliche Silmarillion, sondern auch vier andere, kürzere Werke. Die Ainulindale und die Valaquenta, die zu Anfang stehen, sind eng mit dem Silmarillion verknüpft; Akallabêth und Von den Ringen der Macht aber, die am Ende folgen, sind (wie zu betonen ist) davon ganz und gar getrennt und unabhängig. Dass sie mit aufgenommen werden, entspricht der erklärten Absicht meines Vaters; und damit ist die gesamte Geschichte umspannt, von der Musik der Ainur, mit der die Welt begann, bis zur Ausfahrt der Ringträger aus den Anfurten von Mithlond am Ende des Dritten Zeitalters.

Die Zahl der in diesem Buch vorkommenden Namen ist sehr groß, und ich habe einen vollständigen Index erstellt; die Anzahl der Personen (Elben und Menschen) jedoch, die in der Erzählung vom Ersten Zeitalter eine wichtige Rolle spielen, ist sehr viel kleiner, und sie alle finden sich in den genealogischen Tafeln. Außerdem habe ich eine Tafel beigegeben, welche die recht komplizierten Benennungen der verschiedenen Elbenvölker erklärt, ferner eine Auskunft über die Aussprache der Elbennamen, eine Liste mancher Wortelemente in diesen Namen und eine Landkarte. Man wird bemerken, dass die große Bergkette im Osten, die Ered Luin oder Ered Lindon, auf der Karte zum Herrn der Ringe im äußersten Westen erscheint. Im Innern des Bandes findet sich noch eine kleinere Karte, die auf einen Blick verdeutlichen soll, wo die Königreiche der Elben in Mittelerde lagen, nachdem die Noldor zurückgekehrt waren. Mit weiteren Kommentaren oder Anmerkungen wollte ich das Buch nicht belasten. Doch liegt noch eine Fülle unveröffentlichter Schriften meines Vaters zu den Drei Zeitaltern vor, Schriften erzählerischen, linguistischen, historischen und philosophischen Charakters, und ich hoffe, es wird sich zu einem späteren Zeitpunkt als möglich erweisen, manches davon zu veröffentlichen.

Bei der an Schwierigkeiten und Ungewissheiten reichen Aufgabe, den Text für dieses Buch zusammenzustellen, war mir Guy Kay eine große Hilfe, der 1974/75 mit mir zusammengearbeitet hat.

Christopher Tolkien

AINULINDALE

DIE MUSIK DER AINUR

Eru war da, der Eine, der in Arda Ilúvatar heißt; und er schuf erstens die Ainur, die Heiligen, Sprösslinge seiner Gedanken; und sie waren bei ihm, bevor irgend andres erschaffen war. Und er sprach zu ihnen, sie Melodien lehrend, und sie sangen vor ihm, und er war froh. Lange aber sangen sie nur jeder für sich allein oder zu wenigen, während die andren lauschten, denn ein jeder verstand von Ilúvatars Gedanken nur jenen, aus dem er selber stammte, und nur langsam lernten sie auch ihre Brüder verstehen. Doch indem sie hörten, verstanden sie besser, und es wuchsen Einklang und Harmonie.

Und es geschah, dass Ilúvatar die Ainur alle zusammenrief und sie eine gewaltige Melodie lehrte, die größere und herrlichere Dinge auftat, als er ihnen je gezeigt hatte; und der Glanz ihres Anfangs und die Pracht ihres Endes verwirrten die Ainur, so dass sie sich vor Ilúvatar verneigten und still waren.

Da sagte Ilúvatar zu ihnen: »Aus dem Thema, das ich euch gewiesen, machet nun in Harmonie gemeinsam eine Große Musik. Und weil ich euch mit der Unverlöschlichen Flamme angefacht habe, so zeiget eure Kräfte und führet mir dies Thema aus, ein jeder nach seiner Art und Kunst, wie’s ihm beliebt. Ich aber will sitzen und lauschen und froh sein, dass durch euch solche Schönheit zum Liede erwacht.«

Da begannen die Stimmen der Ainur zu erschallen wie Harfen und Lauten, Flöten und Posaunen, Geigen und Orgeln, und sie machten aus Ilúvatars Thema eine große Musik; und ein Klang stieg auf von endlos ineinander spielenden Melodien, harmonisch verwoben, und verlor sich in die Höhen und Tiefen jenseits allen Gehörs, und die Räume, wo Ilúvatar wohnte, quollen über, und die Musik und ihr Echo hallten hinaus in die Leere, und sie war nicht mehr leer. Nie wieder haben seither die Ainur eine Musik gleich dieser gespielt, doch heißt es, eine noch schönere solle vor Ilúvatar nach dem Ende aller Tage erklingen, von den Chören der Ainur und der Kinder Ilúvatars. Dann werden die Themen Ilúvatars rechtens gespielt werden und das Sein erlangen in dem Augenblick, da sie erklingen, denn alle werden dann ganz verstanden haben, welches für ihr Teil Ilúvatars Absicht ist, und jeder wird wissen, was jeder weiß, und Ilúvatar wird ihren Gedanken das geheime Feuer geben, und er wird sein Wohlgefallen haben.

Jetzt aber saß Ilúvatar und lauschte, und lange schien es ihm, dass es gut sei, denn die Musik war ohne Fehl. Wie aber das Thema weiterging, kam es Melkor in den Sinn, Töne einzuflechten, die er selbst erdacht hatte und die nicht zu Ilúvatars Thema stimmten, denn er strebte nach mehr Glanz und Macht für die ihm zugewiesene Stimme. Melkor waren unter den Ainur die reichsten Gaben an Macht und Wissen verliehen, und an allen Gaben seiner Brüder hatte er teil. Oft war er allein in die Räume der Leere gegangen, um die Unverlöschliche Flamme zu suchen, denn heiß war sein Verlangen, Dinge in die Welt zu setzen, die sein Eigen wären, und es schien ihm, dass Ilúvatar sich nicht um die Leere kümmerte; er aber war es nicht zufrieden, dass sie leer war. Doch er fand nicht das Feuer, denn es ist bei Ilúvatar. Als er aber allein war, hatte er begonnen, eigne Gedanken zu denken, andre als seine Brüder.

Manche von diesen Gedanken flocht er nun in sein Lied, und Missklang wuchs um ihn auf, und viele, die nahe bei ihm sangen, wurden unmutig; ihre Gedanken verwirrten sich, und ihr Gesang stockte; manche aber begannen sich auf ihn einzustimmen und von ihrem ersten Gedanken abzuweichen. Nun breitete sich Melkors Missklang noch weiter aus, und die Melodien, die man zuvor gehört, scheiterten in einem Meer wirrer Töne. Ilúvatar aber saß und lauschte, bis dass es schien, ein Sturm dunkler Wasser tobe um seinen Thron, die in endlosem, unversöhnlichem Hass einander bekriegten.  

Da stand Ilúvatar auf, und die Ainur sahen, dass er lächelte. Und er hob die linke Hand, und ein neues Thema kam auf inmitten des Sturms, ähnlich dem ersten und doch anders, und es gewann Kraft und war von neuer Schönheit. Doch die Misstöne Melkors bäumten sich auf und widerstritten ihm, und abermals, heftiger als zuvor, führten die Töne Krieg, bis dass viele der Ainur sich fürchteten und nicht mehr sangen, und Melkor hatte die Oberhand. Abermals stand Ilúvatar auf, und die Ainur sahen, dass seine Miene streng war, und er hob die rechte Hand, und siehe, ein drittes Thema erwuchs aus der Wirrnis, und es war anders als die ersten. Denn zuerst schien es leis und sanft, nur ein Wellenspiel milder Laute in zarten Melodien, doch war es nicht zu übertönen und kam zu Kraft und Würde. Und so schien es nun, als ob zwei Lieder zu gleicher Zeit vor dem Thron Ilúvatars erklängen, und sie waren ganz uneins. Das erste war tief und weit und schön, doch langsam und im Ton eines unermesslichen Leides, aus dem seine Schönheit entsprang. Das andere hatte nun für sein Teil zu einer Einheit gefunden, doch war es schrill und leer und wiederholte sich endlos; und es hatte nicht viel Harmonie, sondern eine lärmende Einstimmigkeit, wie wenn viele Trompeten zwischen wenigen Tönen wechseln. Und es war bemüht, das andre Lied mit der Gewalt seiner Stimme zu ersticken, doch schien es, dass seine leuchtendsten Töne von dem andren Lied ergriffen und in dessen feierlicher Melodie mitgeführt wurden.

Inmitten dieses Kampfes, der Ilúvatars Hallen erschütterte, so dass ein Beben in die Räume nie gebrochenen Schweigens hinauslief, stand Ilúvatar ein drittes Mal auf, und sein Antlitz war furchtbar zu schauen. Dann hob er beide Hände, und mit einem Akkord, der tiefer war als der Abgrund, höher als das Firmament und durchdringend wie das Licht aus dem Auge Ilúvatars, endete die Musik.

Da sprach Ilúvatar, und er sagte: »Mächtig sind die Ainur, und am mächtigsten unter ihnen Melkor; dass er’s aber wisse, er und alle Ainur, dass ich Ilúvatar bin, will ich euch jene Dinge zeigen, die ihr gesungen, und möget ihr sehen, was ihr getan. Und du, Melkor, sollst sehen, kein Thema kann gespielt werden, das nicht in mir seinen tiefsten Grund hätte, noch kann das Lied einer ändern, mir zum Trotz. Denn wer dies unternimmt, nur als mein Werkzeug wird er sich erweisen, um Herrlicheres zu schaffen, von dem er selbst nichts geahnt.«

Da fürchteten sich die Ainur, und sie verstanden noch nicht die Worte, die sie vernommen hatten; und Melkor war von Scham erfüllt, aus der geheimer Zorn wuchs. Ilúvatar aber erhob sich in Herrlichkeit, und er schritt fort von den lichten Gefilden, die er für die Ainur geschaffen hatte, und die Ainur folgten ihm.

Als sie aber in die Leere gekommen waren, da sagte Ilúvatar zu ihnen: »Sehet, dies ist euer Lied!« Und er zeigte ihnen ein Gesicht und gab ihnen zu sehen, was sie zuvor nur gehört hatten; und sie sahen eine neue Welt, und sie wölbte sich in der Leere und wurde von der Leere getragen, doch war sie nicht gleich ihr. Und als sie sahen und staunten, da tat diese Welt ihre Geschichte vor ihnen auf, und sie schien zu leben und zu wachsen. Und nachdem die Ainur eine Weile geschaut hatten und schwiegen, da sagte Ilúvatar abermals: »Sehet nun eure Musik! Dies ist euer Gesang, und ein jeder von euch soll hier eingeschlossen finden, in dem Plan, den ich euch vor Augen führe, wovon immer ihn dünken mag, er selbst habe es ersonnen oder hinzugetan. Und du, Melkor, wirst all die heimlichen Gedanken deines Geistes entdecken, und wirst erkennen, nur ein Teil des Ganzen sind sie und ihm untertan.«

Und vieles andre noch sagte Ilúvatar damals zu den Ainur, und da sie sich seiner Worte erinnern und jeder das Lied kennt, das er selber gespielt, wissen die Ainur vieles von dem, was war, was ist und was sein wird, und wenige Dinge bleiben ihnen verborgen. Manches aber ist da, das können sie nicht sehen, weder allein noch im gemeinsamen Ratschluss; denn nur sich selbst hat Ilúvatar alles vertraut, was er bereithält, und in jedem Zeitalter treten Dinge auf, die neu und nicht geweissagt sind, denn sie kommen nicht aus dem Vergangenen. Und so auch bei diesem Gesicht der Welt: Als es vor den Ainur aufgetan wurde, da sahen sie Dinge, die sie nicht gedacht hatten. Und mit Erstaunen sahen sie die Kinder Ilúvatars kommen und die Wohnung, die ihnen bereitet war, und sie erkannten, dass sie selbst mit ihrer Musik Hand angelegt hatten, ihnen diese Wohnung zu schaffen, ohne doch von einem andern Zweck als dem der Schönheit zu wissen. Denn die Kinder Ilúvatars waren von ihm allein erdacht, und sie kamen mit dem dritten Thema und waren nicht in dem Thema, das Ilúvatar zu Anfang gab, und keiner der Ainur hatte an ihnen mitgeschaffen. Umso besser gefiel ihr Anblick den Ainur, denn anders als sie selbst waren diese Geschöpfe, fremd und frei, worin sie von neuem den Geist Ilúvatars erkannten und noch ein wenig mehr von seiner Weisheit erfuhren, die sonst auch den Ainur verborgen blieb.

Die Kinder Ilúvatars aber sind Elben und Menschen, die Erstgeborenen und die Nachkömmlinge. Und inmitten all der Wunder der Welt, ihrer weiten Hallen und Räume und kreisenden Feuer, bestimmte Ilúvatar ihnen eine Stätte in den Tiefen der Zeit und inmitten der unzählbaren Sterne zur Wohnung. Und diese Wohnung mag jenen ein Geringes scheinen, die nur die Größe der Ainur sehen und nicht auch ihre furchtbare Schärfe: Wie wenn einer das ganze Gefilde Ardas zur Grundlage eines Pfeilers nähme und diesen immer höher aufrichtete, so lange, bis der Gipfel spitzer als eine Nadel wäre; oder wer nur an die unermessliche Weite der Welt denkt, an der die Ainur noch immer bauen, und nicht auch an die feine Genauigkeit, mit der sie ein jedes Ding darinnen bilden. Als nun aber die Ainur jene Wohnung im Gesichte erblickt und die Kinder Ilúvatars hatten erwachen sehen, da wandten viele der Mächtigsten unter ihnen all ihr Denken und Trachten jenem Orte zu. Unter diesen ragte Melkor hervor, wie er auch zu Anfang der Größte unter den Ainur gewesen war, die an der Musik teilhatten. Und er gab vor und glaubte es selbst zuerst, dass er dorthin zu gehen begehre, um alles zum Wohl der Kinder Ilúvatars zu richten, und er hielt die Stürme von Hitze und Kälte im Zaum, die in ihm tobten. Was er begehrte, war aber, sich Elben und Menschen zu unterwerfen, denn er neidete ihnen die Gaben, die Ilúvatar ihnen versprach, und er wollte selber Untertanen und Knechte haben und der Herr genannt werden und über andrer Willen gebieten.

Die anderen Ainur aber blickten auf diese Wohnung in den weiten Räumen der Welt, welche die Elben Arda nennen, die Erde, und ihre Herzen erfreuten sich des Lichts, und ihre Augen waren froh der vielen Farben, die sie schauten; große Sorge aber machte ihnen das Toben der See. Und sie achteten auf die Winde und die Luft, auf die Elemente, aus denen Arda gemacht war, Eisen und Stein und Silber und Gold und viele andre Stoffe; von allen diesen am höchsten aber schätzten sie das Wasser. Und die Eldar sagen, mehr als in jedem anderen Stoff auf dieser Erde sei im Wasser das Echo von der Musik der Ainur lebendig; und viele der Kinder Ilúvatars lauschen noch immer unersättlich den Stimmen des Meeres und wissen doch nicht, auf was sie lauschen.

Dem Wasser nun hatte jener Ainur seinen Sinn zugewandt, den die Elben Ulmo nennen, und ihn hatte Ilúvatar von allem am tiefsten in der Musik unterwiesen. Die Lüfte und Winde aber verstand Manwe am besten, welcher unter den Ainur der Edelste ist. Die Dinge im Schoß der Erde hatte Aule bedacht, dem Ilúvatar an Kunst und Wissen kaum weniger verliehen hatte als Melkor; Aule aber setzt allen Stolz und alle Freude in die Arbeit des Fertigens und in das gefertigte Ding, nicht in den Besitz noch in die eigene Meisterschaft, und deshalb schenkt er und hortet nicht und nimmt unbesorgt stets wieder etwas Neues vor.

Und Ilúvatar sprach zu Ulmo und sagte: »Siehst du nicht, wie hier in diesem kleinen Reich in den Tiefen der Zeit Melkor deine Provinz bekriegt? Bittre, unermessliche Kälte hat er ersonnen und doch nicht die Schönheit deiner Quellen und klaren Teiche vernichtet. Sieh nur den Schnee und den grimmigen Frost! Hitze und Feuer ohne Maß hat Melkor entfacht, und doch ist deine Freude nicht vertrocknet und die Musik des Meeres nicht ganz erstickt. Sieh auch die hohen prächtigen Wolken und die wechselvollen Nebel, und höre, wie der Regen auf die Erde fällt! Und in diesen Wolken bist du Manwe nahe, deinem Freunde, den du liebest.«

Da antwortete Ulmo: »Wahr ist’s, schöner sind nun die Wasser, als mein Herz es gedacht, und in meinem heimlichsten Sinnen habe ich nichts von der Schneeflocke gewusst, noch war in meinem Gesang je das Fallen des Regens erklungen. Ich will Manwe suchen gehen, auf dass er mit mir Melodien zu deiner ewigen Freude mache!« Und von Anfang an sind Manwe und Ulmo Bundesgenossen gewesen, und in allem haben sie am getreuesten Ilúvatars Absicht gedient.

Aber noch während Ulmo sprach und die Ainur auf dieses Gesicht starrten, wurde es entrückt und ihren Blicken verborgen, und zugleich schien es ihnen, dass sie etwas Neues sahen, das Dunkel, das sie zuvor nicht gekannt hatten, außer in Gedanken. Aber sie hatten die Schönheit jenes Gesichtes liebgewonnen und waren vertieft in den Aufgang der Welt, die dort ins Sein trat; und sie ging ihnen nicht aus dem Sinn, denn unvollendet war die Geschichte, und die Kreise der Zeit hatten sich noch nicht geschlossen, als das Gesicht entrückt wurde. Und manche haben gesagt, das Gesicht habe aufgehört, bevor das Reich der Menschen begründet gewesen und die Erstgeborenen verschwunden seien; weshalb die Valar, obgleich ihre Musik über allem ist, nicht mit eigenen Augen die Späten Zeitalter erblickt haben, noch das Ende der Welt.

Unruhig waren da die Ainur; Ilúvatar aber sprach zu ihnen und sagte: »Ich kenne den Wunsch eures Geistes, was ihr gesehen, solle wahrhaftig sein, nicht nur in euren Gedanken, sondern sein wie ihr selber seid, und doch anders. Also sage ich: Ea! Es Sei! Und ich will die Unverlöschliche Flamme in die Leere hinaussenden, und sie wird im Herzen der Welt brennen, und die Welt soll sein; und wer von euch will, mag in sie hinabsteigen.« Und plötzlich sahen die Ainur in der Ferne ein Licht, wie von einer Wolke mit einer Flamme im Herzen; und sie wussten, dass dies nicht nur ein Gesicht war, sondern dass Ilúvatar ein Neues erschaffen hatte: Ea, die Welt, die ist.

So kam es, dass manche der Ainur bei Ilúvatar blieben, jenseits der Welt; andere aber, darunter manche der größten und edelsten, nahmen von Ilúvatar Abschied und stiegen in die Welt hinab. Diese Bedingung aber stellte Ilúvatar, oder sie ist notwendig aus ihrer Liebe, dass ihre Kräfte von nun an in der Welt eingeschlossen und gebunden und für immer darinnen bleiben müssten, bis sie vollendet sei, so dass sie der Welt Leben sind und die Welt ihr Leben. Und daher werden sie die Valar genannt, die Mächte der Welt.

Als aber die Valar Ea betraten, waren sie zuerst befremdet und ohne Rat, denn nichts schien schon erschaffen zu sein, wie sie es in dem Gesichte erblickt, sondern alles war noch ungestalt und wollte erst beginnen, und es war dunkel. Denn die Große Musik war nur ein Blühen und Wachsen der Gedanken in den zeitlosen Hallen gewesen und das Gesicht nur ein Vorgesicht; nun aber waren die Valar beim Anfang der Zeit eingetreten, und sie sahen, nur als Lied und Schatten war die Welt schon da gewesen, und sie erst mussten sie vollbringen. So begannen ihre gewaltigen Mühen in den unermesslichen, nie gesehenen Wildnissen, über ungezählte und vergessene Alter hin, bis dass in den Tiefen der Zeit und in den weiten Hallen von Ea jene Stunde und jene Stätte da war, wo den Kindern Ilúvatars die Wohnung gerichtet war. Und zu diesem Werke taten Manwe, Aule und Ulmo am meisten; doch auch Melkor war von Anfang an dabei, und er mischte sich in alles und wandte es, wo er konnte, nach seinen eigenen Wünschen und Plänen; und Melkor entfachte die großen Brände. Als daher die Erde noch jung und voller Flammen war, begehrte sie Melkor zu eigen, und er sagte zu den anderen Valar: »Dies Königreich soll mein sein, und nach mir will ich es benennen.«

Doch Manwe war Melkors Bruder im Geiste Ilúvatars, und er war das führende Instrument des zweiten Themas gewesen, das Ilúvatar gegen Melkors Missklang aufgeboten hatte; und er rief viele Geister herbei, größere und geringere, und sie stiegen herab in die Gefilde Ardas und halfen Manwe, auf dass Melkor sie nicht für immer hindere, ihr Werk zu vollbringen, und die Erde nicht schon vor der Blüte verdorre. Und Manwe sagte zu Melkor: »Dies Reich sollst du nicht dein Eigen nennen wider Recht, denn viele haben sich hier gemüht, nicht minder als du.« Und es gab Streit zwischen Melkor und den andren Valar, und fürs Erste zog sich Melkor zurück, wandte sich anderen Gegenden zu und tat dort, was ihm beliebte; doch das Königreich Arda begehrte er weiter von Herzen.

Die Valar nahmen nun selber Form und Gestalt an, und weil es die Liebe zu den erhofften Kindern Ilúvatars war, die sie in die Welt geführt hatte, so wählten sie Gestalten nach der Art, wie sie es in dem Gesichte Ilúvatars erblickt hatten, nur edler und prächtiger. Doch ist ihre Gestalt aus dem Wissen von der sichtbaren Welt gebildet, nicht aus dem Sichtbaren selbst; und sie bedürfen ihrer nur so, wie wir Kleider tragen, ohne doch minder wirklich zu sein, wenn wir nackt sind. Daher können die Valar, wenn es ihnen beliebt, der Gestalt entraten, und dann vermögen auch die Eldar sie nicht deutlich zu sehen, nur dass sie zugegen sind. Wenn sie jedoch sich zu kleiden wünschen, so gehen manche der Valar in männlicher und manche in weiblicher Gestalt, denn diesen Unterschied des Gemüts kannten sie schon von Anbeginn, und er wird in der Wahl, die ein jeder trifft, nur verkörpert, nicht geschaffen, so wie auch bei uns Mann und Weib am Kleide zu erkennen, doch nicht durch das Kleid geschaffen sind. Die Gestalten, in denen die Großen erscheinen, sind aber nicht zu allen Zeiten gleich denen der Könige und Königinnen unter den Kindern Ilúvatars; denn bisweilen kleiden sie sich in die eigenen Gedanken und werden sichtbar in erhabener und schrecklicher Gestalt.

Und die Valar sammelten viele Gefährten um sich, deren manche geringer, manche fast so mächtig waren wie sie selber, und zusammen richteten sie die Erde ein und geboten den Stürmen Halt. Da sah Melkor, was geschah: Dass die Valar als sichtbare Mächte auf Erden gingen, im Gewand dieser Welt, liebenswürdig und prächtig, als Glückselige, denen die befriedete Erde zum Lustgarten wurde. Noch mehr wuchs da sein Neid, und auch er nahm sichtbare Gestalt an; wie sein Gemüt aber und wie das Böse, das in ihm brannte, war seine Erscheinung dunkel und schrecklich. Und er stieg auf Arda hinab, größer an Macht und Würde als jeder andre unter den Valar, wie ein Berg, der im Meere watet, das Haupt über den Wolken, in Kleidern von Eis und mit einer Krone von Qualm und Feuer; und das Licht aus Melkors Augen war wie eine Flamme, die mit Hitze sengt und mit tödlicher Kälte schneidet.

So begann die erste Schlacht der Valar mit Melkor um die Herrschaft Ardas, doch von jenen Stürmen wissen die Elben nur wenig. Denn was hierzu überliefert ist, stammt von den Valar selbst, mit denen die Eldalië im Lande Valinor gesprochen haben und von denen sie unterrichtet wurden; wenig aber sagten die Valar je von den Kriegen vor der Ankunft der Elben. Doch heißt es unter den Eldar, die Valar hätten immer, Melkor zum Trotz, die Erde regieren und sie auf die Ankunft der Erstgeborenen vorbereiten wollen; und sie erbauten Länder, und Melkor zerstörte sie; Täler gruben sie, und Melkor schüttete sie zu; Berge meißelten sie, und Melkor stieß sie um; Meeren gaben sie ihr Bett, und Melkor verspritzte sie; und so hatte kein Ding Frieden und konnte nicht gedeihen, denn kaum hatten die Valar ein Werk begonnen, so machte Melkor es zunichte oder verdarb es. Und doch war ihr Mühen nicht ganz vergebens, und wenn auch nirgends und in keinem Werke ihr Wille und Plan sich ganz erfüllten und alle Dinge von andrer Form und Gestalt waren, als es zuerst die Absicht der Valar gewesen, so wurde dennoch allmählich die Erde geformt und gefestigt. Und so war schließlich den Kindern Ilúvatars die Wohnung gerichtet in den Tiefen der Zeit und inmitten der unzählbaren Sterne.

VALAQUENTA

DAS BUCH VON DEN VALAR UND DEN MAIAR, NACH DER ÜBERLIEFERUNG DER ELDAR

Im Anfang schuf Eru, der Eine, der in der Elbensprache Ilúvatar heißt, aus seinen Gedanken die Ainur; und sie spielten vor ihm eine große Musik. In dieser Musik begann die Welt, denn Ilúvatar ließ das Lied der Ainur sichtbar werden, und sie erblickten es als ein Licht im Dunkel. Und viele unter ihnen gewannen die Schönheit dieser Welt lieb und ihre Geschichte, die sie in dem Gesichte anfangen und sich auftun sahen. Daher erweckte Ilúvatar das Gesicht zum Sein und stellte es mitten in die Leere, und das Geheime Feuer wurde ausgesandt, um im Herzen der Welt zu brennen; und die Welt wurde Ea geheißen.

Nun erhoben sich diejenigen unter den Ainur, die wollten, und betraten die Welt zu Anfang der Zeit; und ihre Aufgabe war es, sie zu vollenden und mit ihren Werken zu vollbringen, was sie gesehen hatten. Lange arbeiteten sie in den Sphären von Ea, die weiter sind, als Elben und Menschen denken können, bis zur vorbestimmten Zeit Arda geschaffen war, das Königreich der Erde. Dann nahmen sie irdische Gestalt an, stiegen auf die Erde herab und wohnten dort.

VON DEN VALAR

Die Großen unter diesen Geistern nennen die Elben die Valar, die Mächte von Arda, und die Menschen haben sie oft die Götter genannt. Der Fürsten der Valar sind sieben, und der Valier, der Fürstinnen, gleichfalls sieben. Dies waren ihre Namen in der Elbensprache, so wie sie in Valinor gesprochen wurde; doch lauten ihre Namen anders in der Sprache der Elben von Mittelerde, und vielerlei Namen haben sie bei den Menschen. Die Namen der Fürsten, in der gebührenden Reihenfolge, sind: Manwe, Ulmo, Aule, Orome, Mandos, Lórien und Tulkas; und die Namen der Fürstinnen sind: Varda, Yavanna, Nienna, Este, Vaire, Vána und Nessa. Melkor wird nicht mehr zu den Valar gezählt, und sein Name wird auf Erden nicht mehr ausgesprochen.

Manwe und Melkor waren Brüder im Geiste Ilúvatars. Der Mächtigste unter jenen Ainur, welche die Welt betraten, war im Anfang Melkor; Manwe jedoch ist Ilúvatar der Liebste und versteht am klarsten seine Absichten. Für die ganze Dauer der Zeit wurde er zum ersten aller Könige ernannt: zum Fürsten des Reiches von Arda und zum Herrscher über alles, was dort lebt. Manwes Lust auf Arda sind die Winde und Wolken und alle Lüfte, von den höchsten bis zu den tiefsten, vom äußersten Schleier an den Grenzen Ardas bis zu den Brisen, die durchs Gras wehen. Súlimo lautet sein Beiname, Herr des Atems von Arda. Alle schnellen Vögel mit starken Schwingen liebt er, und sie kommen und gehen auf sein Geheiß.

Bei Manwe wohnt Varda, die Herrin der Sterne, die alle Regionen von Ea kennt. Zu groß ist ihre Schönheit, als dass es in Menschen- oder Elbenworten auszusprechen wäre, denn das Licht Ilúvatars lebt noch in ihrem Antlitz. Licht ist ihre Macht und ihre Lust. Aus den Tiefen von Ea kam sie Manwe zu Hilfe, denn sie kannte Melkor schon von der großen Musik, und sie hatte ihn abgewiesen; und er hasste sie und fürchtete sie mehr als alle andren, die Eru erschaffen. Manwe und Varda trennen sich selten, und sie bleiben in Valinor. Ihre Hallen sind über dem ewigen Schnee, auf dem Oiolosse, dem höchsten Gipfel des Taniquetil, welcher der höchste aller Berge auf Erden ist. Wenn Manwe dort seinen Thron besteigt und hinausblickt, so sieht sein Auge, wenn Varda bei ihm ist, weiter als alle andren, durch Nebel und durch Dunkelheit und über das weite Meer. Und Vardas Ohr, wenn Manwe bei ihr ist, hört klarer als alle andren den Ton der Stimmen, die von Osten gen Westen schreien, von den Hügeln und aus den Tälern und von den dunklen Orten, die Melkor auf Erden eingerichtet hat. Von all den Großen, die in dieser Welt wohnen, ist Varda den Elben die Höchstgeehrte und Meistgeliebte. Elbereth wird sie genannt, und die Elben rufen ihren Namen an aus den Schatten von Mittelerde und lassen ihn in Liedern beim Aufgang der Sterne erklingen.

Ulmo ist der Herr der Wasser. Er ist allein. Er bleibt nirgends lange, sondern zieht nach Belieben durch all die tiefen Wasser um die Erde oder unter der Erde. An Macht kommt er Manwe am nächsten, und ehe Valinor erbaut wurde, war er ihm am innigsten befreundet; danach aber ging er selten mehr in den Rat der Valar, es sei denn, große Dinge wurden besprochen. Denn er behielt ganz Arda im Sinn, und er braucht keinen Ruheplatz. Auch geht er nicht gern an Land, und nur selten kleidet er sich in eine Gestalt wie seinesgleichen. Große Angst erfüllte die Kinder Erus, wenn sie ihn erblickten, denn furchtbar war der König der See, wenn er aufstieg wie eine Woge, die sich an Land türmt, im dunklen, gischtgeschweiften Helm und einem Panzer, der schimmerte vom hellsten Silber bis in die tiefsten Schatten des Grüns. Laut sind die Trompeten Manwes, Ulmos Stimme aber ist tief wie die Tiefen des Ozeans, die nur er allein erblickt hat.

Dennoch liebt Ulmo sowohl Elben wie Menschen, und nie ließ er sie im Stich, auch nicht, als der Zorn der Valar auf ihnen lag. Zuweilen kommt er an die Küsten von Mittelerde, ungesehen, oder wandert die Fjorde hinauf weit ins Landesinnere und spielt dort auf seinen großen Hörnern, den Ulumúri, die aus weißen Muscheln geschliffen sind; und jene, zu denen diese Musik dringt, die hören sie immerdar in ihrem Herzen, und nie mehr verlässt sie die Sehnsucht nach der See. Zu jenen aber, die in Mittelerde wohnen, spricht Ulmo zumeist mit Stimmen, die nur als Musik der Wasser vernommen werden. Denn alle Meere, Seen, Flüsse, Quellen und Brunnen sind sein Reich, so dass die Elben sagen, der Geist Ulmos fließe in allen Adern der Welt. So erhält Ulmo selbst in den Tiefen Nachricht von allen Nöten und Leiden Ardas, die anders Manwe verborgen blieben.

Aule hat kaum weniger Macht als Ulmo. Er herrscht über alle Stoffe, aus denen Arda geschaffen ist. Zu Anfang schuf er vieles mit Manwe und Ulmo gemeinsam; er ist der Erbauer aller Länder. Er ist ein Schmied und ein Meister in allen Handwerken, und ihn erfreut jedes kunstreiche Gebilde, das kleinste ebenso wie das mächtige Bauwerk aus alter Zeit. Sein sind die Edelsteine, die tief in der Erde liegen, und das Gold, das in der Hand glänzt, ebenso wie die Wälle der Gebirge und die Becken des Meeres. Am meisten lernten von ihm die Noldor, und immer war er ihr Freund. Melkor war eifersüchtig auf ihn, denn ganz wie er selbst war Aule in Gedanken und Kräften; und lange währte zwischen den beiden der Streit, in dem Melkor immer wieder Aules Werke zerstörte oder verdarb, und Aule wurde es müde, immer wieder ausbessern zu müssen, was Melkor verwirrt und beschädigt hatte. Beide wollten sie auch eigene Dinge erschaffen, die neu und von anderen unerahnt sein sollten, und geschmeichelt waren sie, wenn man ihre Kunst pries. Aule aber hielt Eru die Treue und unterwarf all sein Werk Erus Willen; und er neidete anderen nicht ihre Werke, sondern suchte Rat und gab ihn. Während Melkors Gesicht sich in Neid und Hass verzerrte, bis er zuletzt nichts mehr schaffen konnte, es sei denn, er äffte nach, was andre erdacht hatten; und all ihre Werke vernichtete er, wo er nur konnte.

Aules Gemahlin ist Yavanna, die Spenderin der Früchte. Sie liebt alle Dinge, die in der Erde wachsen, und all ihre ungezählten Formen hegt sie im Geiste, von den turmhohen Bäumen der längst entschwundenen Wälder bis zu dem Moos auf den Steinen und den winzigen und verborgenen Keimen im Moder. Nach Varda genießt Yavanna die höchsten Ehren unter den Königinnen der Valar. In Gestalt einer Frau ist sie hochgewachsen und grün gekleidet, bisweilen aber nimmt sie andre Gestalten an. Manche gibt es, die haben sie wie einen Baum unter dem Himmel stehen sehen, gekrönt von der Sonne, und aus all seinen Zweigen quoll goldner Tau auf die dürre Erde, und die Erde wurde grün von Getreide; die Wurzeln des Baumes aber reichten in die Wasser Ulmos hinab, und in seinen Blättern sprachen die Winde Manwes. Kementári, Erdenkönigin, ist Yavannas Beiname in der Eldarin-Sprache.

Die Feanturi, Herren der Geister, sind Brüder, und meist werden sie Mandos und Lórien genannt. Eigentlich aber heißen so nur die Orte, wo sie wohnen, und ihre richtigen Namen lauten Námo und Irmo.

Námo, der Ältere, wohnt in Mandos, im Westen von Valinor. Er ist der Hüter der Totenhäuser und ruft die Geister der Gefallenen auf. Er vergisst nichts und weiß um alles, was sein wird, bis auf dasjenige, was noch im Willen Ilúvatars liegt. Er ist der Schicksalsricher der Valar, doch verkündet er Spruch und Urteil nur auf Manwes Geheiß. Vaire, die Weberin, ist seine Gemahlin, die alles, was je in der Zeit gewesen ist, in ihre Stoffe wirkt; und die Hallen von Mandos, die immer werden, indem die Zeiten vergehen, sind mit ihren gewebten Geschichten behangen.

Irmo, der Jüngere, ist der Herr der Gesichte und Träume. In Lórien sind seine Gärten, im Lande der Valar, und sie sind die schönsten auf der Welt und voller Geister. Die sanfte Este ist seine Gemahlin, die von den Wunden und von der Müdigkeit heilt. Grau ist ihr Gewand, und Ruhe ist ihr Geschenk. Bei Tage geht sie nicht um, sondern schläft auf einer Insel im baumbeschatteten See von Lórellin. Aus den Quellen von Irmo und Este schöpfen alle, die in Valinor wohnen, neue Kraft; und oft kommen die Valar selbst nach Lórien und finden dort Rast und Erholung von der Bürde Ardas.

Mächtiger als Este ist Nienna, die Schwester der Feanturi; sie wohnt allein. Sie ist der Trauer kundig und beweint jede Wunde, die Arda von den Anschlägen Melkors erlitten. So groß war ihr Leid, als die Musik erklang, dass ihr Lied zur Klage wurde, lange bevor die Musik endete, und der Ton der Trauer war schon unter die Themen der Welt gewoben, ehe sie noch begonnen. Doch Nienna weint nicht um sich selbst, und wer ihr lauscht, lernt das Mitleid und das Ausharren in der Hoffnung. Ihre Hallen liegen im westlichsten Westen, an den Grenzen der Welt, und selten nur kommt sie in die Stadt Valimar, wo alle froh sind. Lieber geht sie zu den Hallen von Mandos, die nahe den ihren liegen; und alle, die in Mandos warten, rufen sie an, denn sie bringt dem Geiste Stärkung und wandelt Kummer in Weisheit. Die Fenster ihres Hauses blicken von den Mauern der Welt nach draußen.

Der Größte an Kraft und Mannestaten ist Tulkas, der den Beinamen Astaldo, der Tapfere, trägt. Er kam als Letzter nach Arda, um den Valar in den Kämpfen mit Melkor zu helfen. Ringkampf und Kräftemessen sind seine Lust. Nie steigt er zu Ross, denn er kann schneller laufen als alles, was Beine hat, und er kennt kein Ermüden. Sein Haar und Bart sind golden, seine Haut rötlich; Waffe genug sind ihm seine Fäuste. Wenig kümmern ihn Vergangenheit oder Zukunft, und nichts taugt er im Rate, doch ist er ein beherzter Freund. Seine Gemahlin ist Nessa, Oromes Schwester, und auch sie ist behend und leichtfüßig. Die Hirsche liebt sie, und sie folgen ihr, wann immer sie durch den Wald geht; und sie kann sie im Wettlauf besiegen, schnell wie ein Pfeil und mit dem Wind im Haar. Tanzen ist ihre Lust, und in Valimar tanzt sie auf Wiesen von Immergrün.

Orome ist ein mächtiger Herr. Obgleich nicht so stark wie Tulkas, ist er doch schrecklicher im Zorn; Tulkas hingegen lacht allezeit, ob im Spiel oder im Krieg, und sogar Melkor lachte er ins Gesicht in den Schlachten vor der Geburt der Elben. Orome liebte die Länder von Mittelerde; er verließ sie nur widerstrebend und kam als Letzter nach Valinor, und oft ging er in alter Zeit gen Osten über die Berge und kehrte mit seinem Tross in die Hügel und Ebenen zurück. Er ist der Jäger der Ungeheuer und Bestien; an Pferden und Hunden hat er seine Freude, und alle Bäume liebt er, weshalb er auch Aldaron, von den Sindar Tauron, der Herr der Wälder, genannt wird. Nahar heißt sein Ross, das weiß ist in der Sonne und wie Silber schimmert bei Nacht. Das Valaróma heißt sein großes Jagdhorn, dessen Ton wie der purpurne Aufgang der Sonne ist oder wie der scharfe Blitz, der die Wolken spaltet. Lauter als alle Hörner seines Trosses wurde es in den Wäldern gehört, die Yavanna in Valinor hatte wachsen lassen, denn dort übte Orome mit seinen Gehilfen und seinen Tieren für die Jagd auf die üblen Geschöpfe Melkors. Oromes Gemahlin ist Vána, die Ewigjunge; sie ist die jüngere Schwester Yavannas. Alle Blumen blühen, wenn sie des Weges kommt, und öffnen sich unter ihrem Blick, und alle Vögel singen.

Dies sind die Namen der Valar und der Valier, und hier ist in Kürze berichtet, welches ihre Erscheinung war, so wie die Eldar sie in Aman erblickten. So prächtig und edel auch die Gestalten waren, in denen sie den Kindern Ilúvatars sichtbar wurden, sie waren doch nur ein Schleier vor ihrer Schönheit und Macht. Und wenig ist hier gesagt von all dem, was die Eldar einst wussten, und dies selbst wäre ein Nichts, gemessen an dem wahren Sein der Valar, das in Sphären und Alter weit jenseits unseres Denkens zurückreicht. Unter ihnen waren neun von höchster Macht und genossen die höchsten Ehren; einer jedoch ist aus ihrer Zahl getilgt, und acht bleiben, die Aratar, die Oberen von Arda: Manwe und Varda, Ulmo, Yavanna und Aule, Mandos, Nienna und Orome. Obgleich Manwe ihr König ist und sie ihm im Namen Erus Gefolgschaft leisten, sind sie doch an Würden gleich und überragen weit alle andren unter den Valar und Maiar und unter allen, die Eru nach Ea entsandt hat.

VON DEN MAIAR

Mit den Valar kamen andre Wesen, und auch sie sind älter als die Welt, von gleicher Art wie die Valar, doch minderen Ranges. Dies sind die Maiar, das Gefolge der Valar, ihre Diener und Gehilfen. Ihre Zahl ist den Elben nicht bekannt, und nur wenige haben Namen in den Sprachen der Kinder Ilúvatars; denn, obgleich dies in Aman anders ist, in Mittelerde sind die Maiar nur selten den Elben und Menschen sichtbar erschienen.

Die Mächtigsten unter den Maiar von Valinor, deren in den Geschichten der Ältesten Tage gedacht wird, sind Ilmare, Vardas Zofe, und Eonwe, Manwes Bannerträger und Herold, den an Waffengewalt keiner in Arda übertrifft. Osse und Uinen jedoch sind unter allen Maiar den Kindern Ilúvatars am besten bekannt.

Osse ist Ulmos Vasall, und er ist Herr jener Meere, welche die Gestade von Mittelerde umspülen. Er geht nicht in die Tiefen, sondern liebt die Küsten und die Inseln und freut sich an den Winden Manwes; denn seine Lust ist der Sturm, und er lacht inmitten der brüllenden Wogen. Uinen ist seine Gemahlin, die Herrin der Meere, und ihr Haar liegt über alle Wasser unter dem Himmel gebreitet. Alle Geschöpfe liebt sie, die in den salzigen Fluten leben, und alle Kräuter, die dort wachsen. Uinen rufen die Seefahrer an, denn sie vermag die Wellen zu besänftigen und den wilden Osse zu zähmen. Die Númenórer lebten lange in ihrem Schutz und ehrten sie gleich den Valar.

Melkor hasste das Meer, denn er konnte es nicht unterwerfen. Es heißt, dass er bei der Erschaffung von Arda Osse ins Bündnis ziehen wollte, indem er ihm Ulmos Reich und Macht versprach, wenn er ihm diene. So geschah es, dass vor langer Zeit großer Aufruhr der See die Länder zertrümmerte. Doch auf Bitten Aules gebot Uinen Osse Einhalt und brachte ihn vor Ulmo; ihm wurde verziehen, und er kehrte in seinen Dienst zurück, den er getreu erfüllt hat. Doch nicht immer, denn die Freude an der Gewalt hat er nie ganz verloren, und bisweilen tobt er nach eigner Lust, ohne Befehl von Ulmo, seinem Herrn. Jene, die an der See wohnen oder sie auf Schiffen befahren, mögen ihn daher wohl lieben, doch sie trauen ihm nicht.

Melian war der Name einer Maia, die Vána und Este gedient hatte; sie wohnte lange in Lórien und pflegte die Bäume, die in den Gärten Irmos blühen, ehe sie nach Mittelerde kam. Nachtigallen sangen um sie her, wohin sie auch ging.

Der Weiseste der Maiar war Olórin. Auch er wohnte in Lórien, doch oft führte ihn sein Weg in das Haus Niennas, und von ihr lernte er Mitleid und Geduld.

Von Melian ist in der Quenta Silmarillion oft die Rede. Von Olórin aber wird in jener Geschichte nicht gesprochen; denn obgleich er die Elben liebte, ging er unter ihnen ungesehen oder in Gestalt eines der Ihren, und sie wussten nicht, woher die schönen Gesichte kamen oder die weisen Ratschlüsse, die er ihnen ins Herz tat. In späteren Zeiten war er der Freund aller Kinder Ilúvatars und erbarmte sich ihrer Nöte; und jene, die ihn anhörten, erwachten aus der Verzweiflung und taten die Eingebungen der Dunkelheit von sich ab.

VON DEN FEINDEN

Als letzter ist der Name Melkors verzeichnet: Er, der in Macht ersteht. Doch diesen Namen hat er verwirkt, und die Noldor, die unter den Elben am meisten von seiner Bosheit erlitten, sprechen ihn nicht aus und nennen ihn Morgoth, den Dunklen Feind der Welt. Große Macht war ihm von Ilúvatar verliehen, und er war gleichen Ranges mit Manwe. An den Kräften und am Wissen aller anderen Valar hatte er teil, aber er wandte sie bösen Zwecken zu und vergeudete seine Kraft in Gewalt und Tyrannei. Denn er begehrte Arda mit allem, was darinnen war, und er strebte nach der Königswürde Manwes und der Herrschaft über die Reiche seiner Brüder.

Aus seiner Herrlichkeit verfiel er, anmaßend, in Verachtung für alles, was nicht er selbst war, ein räuberisches und gnadenloses Wesen. Aus seiner Weisheit wurde List, um seinem Willen alle gefügig zu machen, die ihm nützen konnten, bis dass er ohne Scham zum Lügner wurde. Zu Anfang begehrte er das Licht, als er es aber nicht für sich allein besitzen konnte, fuhr er durch Feuer und Hass in einem großen Brande hinab ins Dunkel. Und das Dunkel diente ihm oft bei seinem Unheilswerk auf Arda, und er füllte es mit Schrecknissen für alles, was lebt.

Doch von solcher Kraft war sein Aufstand, dass er in vergessenen Altern Manwe und alle Valar bekriegte und über lange Jahre hin die meisten Länder der Erde beherrschte. Er war aber nicht allein. Denn unter den Maiar wurden in seiner großen Zeit viele von seinem Glanze angezogen und blieben ihm botmäßig bis in die Dunkelheit; und andere machte er sich später mit Lug und tückischen Gaben gefügig. Furchtbar waren unter diesen Wesen die Valaraukar, die Feuergeißler, die man in Mittelerde die Balrogs nannte, Dämonen des Schreckens.

Unter denjenigen seiner Diener, die Namen haben, war jenes Wesen das größte, das die Eldar Sauron oder Gorthaur, den Grausamen, nannten. Zu Anfang war er einer der Maiar Aules, und der Wissenschaft dieses Volkes blieb er mächtig. An allen Taten von Melkor dem Morgoth auf Arda, an seinen großen Werken und an seinem Trug, hatte Sauron teil, und nur insofern war er weniger böse denn sein Herr, als er lange einem andren und nicht sich selber diente. In späteren Jahren aber erhob er sich wie ein Schatten Morgoths und wie ein Gespenst seiner Bosheit und folgte ihm nach, den gleichen Trümmerpfad hinab in die Leere.

HIER ENDET DIE VALAQUENTA

QUENTA SILMARILLION

DIE GESCHICHTE VON DEN SILMARIL

KAPITEL I

VOM ANBEGINN DER TAGE

Es heißt unter den Weisen, der Erste Krieg habe begonnen, bevor Arda noch ganz erschaffen und ehe noch etwas da war, das wuchs oder ging auf Erden; und lange hatte Melkor die Oberhand. Doch mitten im Krieg kam ein Geist von großer Stärke und Kühnheit den Valar zu Hilfe, der im fernen Himmel gehört hatte, dass man sich im Kleinen Königreich schlug; und Arda erklang von seinem Gelächter. So kam Tulkas der Starke, dessen Zorn wie ein mächtiger Sturm ist, der Wolken und Dunkelheit vor sich wegbläst, und Melkor floh vor seinen Fäusten und vor seiner Lache; Arda verließ er, und für ein langes Alter war Frieden. Und Tulkas blieb und wurde einer der Valar des Königreichs Arda; Melkor aber brütete im äußeren Dunkel, und auf immer hernach galt sein Hass Tulkas.

In dieser Zeit rückten die Valar die Seen und Länder und die Gebirge zurecht, und Yavanna säte endlich aus, was sie lange erdacht hatte. Und weil es an Licht fehlte, nachdem die Feuer gelöscht oder unter den Urgebirgen vergraben waren, schmiedete Aule auf Bitten Yavannas zwei mächtige Leuchten, um Mittelerde zu erhellen, das er inmitten der umzingelnden Meere aufgebaut hatte. Nun wurden die Leuchten von Varda gefüllt und von Manwe geheiligt, und dann setzten die Valar sie auf zwei hohe Pfeiler, viel höher als alle Berge späterer Zeiten. Die eine Leuchte stellten sie über dem Norden von Mittelerde auf, und sie wurde Illuin genannt; die andere im Süden, und sie hieß Ormal; und das Licht aus den Leuchten der Valar schien über die Erde hin, so dass alles hell war, gleichsam ein endloser Tag ohne Wechsel.

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