9,99 €
Die Briefe vom Weihnachtsmann zeigen den Autor J.R.R. Tolkien von seiner gemütvollsten Seite. Der Familienvater hat diese heiteren, atmosphärisch dichten Geschichten eigens für seine Kinder erfunden. Illustrationen und Briefe sind für Leser jeden Alters und ebenso zum Vorlesen geeignet. »Die Briefe erzählen umwerfend charmante, poetische Geschichten in bester Lewis-Carroll-Tradition. Ein Traum.« Bert Bresgen, Buchjournal Jedes Jahr im Dezember traf für Tolkiens Kinder ein Umschlag mit einer Briefmarke vom Nordpol ein. Er enthielt einen handgeschriebenen Brief und eine schöne farbig ausgestaltete Zeichnung oder Skizzen. Die Briefe kamen vom Weihnachtsmann und erzählten wunderbare Geschichten vom Leben am Nordpol: davon, wie sich auf einmal alle Rentiere losgerissen hatten und wild herumsprangen, wie der Polarbär auf die Spitze des Nordpols kletterte, um die Zipfelmütze des Weihnachtsmannes zu holen und schließlich durch das Hausdach vom Weihnachtsmann mitten ins Eßzimmer fiel ... »Ein Buch, dass Kinder und Erwachsene gleichermaßen bezaubert mit Worten und Bildern. Es ist für mich das beste Weihnachtsbuch überhaupt, so eine Magie, ein Zauber und Phantasie ist einmalig. Ein großes Werk eines großen und bezaubernden Schriftstellers. Unbedingt kaufen, lesen und sich jedes Jahr erneut darauf freuen.« Tina Müller, Buchnotizen.com
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 87
J.R.R. TOLKIEN
Briefe vom Weihnachtsmann
Herausgegeben von Baillie Tolkien
Aus dem Englischen übersetzt von Anja Hegemann und Hannes Riffel
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Hobbit Presse
www.hobbitpresse.de
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Letters from Father Christmas« im Verlag HarperCollins Publishers, London
Erstausgabe 1976 bei George Allen & Unwin
Revidierte Ausgabe 1999 bei HarperCollins Publishers
Diese revidierte Ausgabe © The J.R.R. Tolkien Estate Limited 1976, 2004, 2015
® und Tolkien® sind eingetragene Markenzeichen der The J.R.R. Tolkien Estate Limited
Für die deutsche Ausgabe
© J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart 2016
Fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlags
Aus dem Englischen übersetzt von Anja Hegemann (die Textpassagen der Ausgabe von 1976) und Hannes Riffel (die neuen Textpassagen der revidierten Ausgabe).
Das Gedicht, S. 90–95, wurde neu übersetzt von Joachim Kalka.
Sämtliches illustrierte Material in diesem Buch wurde mit freundlicher Genehmigung von The Bodleian Library, University of Oxford reproduziert und entnommen der Sammlung MS Tolkien Drawings 36-38 und 83; folios 1-65 und 89; und folio 18.
Satz des deutschen Textes: VH-7 Medienküche, Stuttgart
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Printausgabe: ISBN 978-3-608-96036-5
E-Book: ISBN 978-3-608-10066-2
Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.
Für die Kinder von J. R. R. Tolkien war der Weihnachtsmann nicht nur deshalb so besonders wichtig und aufregend, weil er ihnen Heiligabend immer die Strümpfe mit Gaben füllte – er schrieb ihnen auch jedes Jahr einen Brief. Darin erzählte er ihnen mit Worten und Bildern von seinem Haus und seinen Freunden und von all den lustigen oder aufregenden Dingen, die sich am Nordpol ereigneten. Der erste dieser Briefe kam 1920, als John, der Älteste, drei Jahre alt war, und dann folgten im Lauf von zwanzig Jahren, während der ganzen Kinderzeit auch der drei jüngeren Geschwister Michael, Christopher und Priscilla, weitere Briefe regelmäßig zu jedem Weihnachtsfest. Manchmal fand sich der schneebestäubte Umschlag, der die Marken der Nordpolpost trug, am Morgen, nachdem der Weihnachtsmann dagewesen war, irgendwo im Haus, manchmal brachte ihn auch der Postbote; und Briefe, die die Kinder selbst an ihn schrieben, verschwanden einfach vom Kamin, wenn gerade niemand im Zimmer war.
Mit der Zeit wurde der Haushalt des Weihnachtsmanns immer größer, und während anfangs von kaum jemand anderem die Rede ist als vom Nordpolarbären, tauchen später Schnee-Elben, Rote Wichtel, Schneemänner, Höhlenbären und auch die beiden Neffen des Polarbären auf, Paksu und Valkotukka, die eines Tages zu Besuch kamen und nie wieder weggingen. Aber der wichtigste Helfer des Weihnachtsmanns blieb doch der Polarbär – der freilich auch meist daran schuld war, wenn durch irgendein Unheil die Weihnachtsvorräte durcheinandergerieten oder etwas davon fehlte. Hier und da hat er in den Briefen mit steifen Großbuchstaben seine Anmerkungen dazugeschrieben.
Schließlich nahm sich der Weihnachtsmann auch einen Sekretär, ein Elbchen namens Ilbereth, und in den späteren Briefen spielen Elbchen dann eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das Haus und die Vorratskeller gegen Angriffe der Kobolde zu verteidigen.
In diesem Buch können von der zittrigen Handschrift des Weihnachtsmanns nur wenige Proben gezeigt werden, aber die Bilder, die er geschickt hat, sind fast alle wiedergegeben, und auch das Kobold-Alphabet ist enthalten, das sich der Polarbär, als er sich einmal in die Höhlen der Kobolde verirrte, aus ihren Wandzeichnungen dort zusammengereimt hat; sowie der Brief, den er dann in diesem Alphabet schrieb und den Kindern schickte.
Weihnachtshaus Nordpol 22. Dezember 1920
Lieber John,
Du hast Deinen Vater gefragt, was ich für einer bin und wo ich wohne. Also habe ich mich und mein Haus gemalt, extra für Dich. Pass auf die Bilder gut auf. Zur Zeit bin ich mit einem Sack voller Spielzeug nach Oxford unterwegs – und auch für Dich ist etwas dabei. Hoffentlich schaffe ich es rechtzeitig: Heute Nacht fällt am Nordpol dichter Schnee. Dein Dich liebender Weihnachtsmann
Nordpol Heiligabend 1923
Mein lieber John,
heute ist es sehr kalt, und meine Hand zittert stark – immerhin werde ich am Weihnachtstag tausendneunhundertundvierundzwanzig (nein! siebenundzwanzig!) Jahre alt – ein ganzes Stück älter als Dein Großvater. Kein Wunder kann ich die Schreibfeder nicht ruhig halten! Aber mir ist zu Ohren gekommen, dass Du inzwischen richtig gut lesen kannst, also wird es Dir nicht schwerfallen, meinen Brief zu entziffern.
Ich schicke Dir (und auch Michael) ganz herzliche Grüße und Bauklötze von Multistein (die heißen so, weil Du nächstes Jahr noch mehr davon bekommen kannst, wenn Du mir rechtzeitig Bescheid sagst). Ich finde sie hübsch, stabil und feiner als andere. Hoffentlich gefallen sie Dir.
Jetzt muss ich los; es ist eine wunderschöne, herrliche Nacht, und bis zum Morgen muss ich noch viele hundert Meilen zurücklegen – so viel gibt es zu tun.
Ein kalter Kuss von Deinem Nikolaus Weihnachtsmann
Michael Hilary,
dieses Jahr habe ich viel zu tun und keine Zeit für einen Brief. Alles Liebe! Hoffe, die Lokomotive läuft gut. Pass gut auf sie auf. Ein dicker Kuss
mit lieben Grüßen vom Weihnachtsmann.
23. Dezember 1924
Lieber John,
ich wünsche Dir ein frohes Weihnachtsfest. Ich habe nur Zeit für einen kurzen Brief, mein Schlitten wartet. Es gibt viele neue Strümpfe zu füllen in diesem Jahr. Hoffentlich gefällt Dir der Bahnhof und alles andere. Ein dicker Kuss
mit lieben Grüßen vom Weihnachtsmann
Klippenhaus Ende der Welt Beim Nordpol Weihnachten 1925
Meine lieben Buben,
ich habe in diesem Jahr furchtbar viel zu tun – wenn ich daran denke, zittert mir die Hand noch ärger als sonst –, und sehr reich bin ich auch nicht gerade. Es haben sich nämlich schreckliche Dinge ereignet, und von den Geschenken sind einige ganz verdorben, und ich habe den Nordpolarbären nicht dazu gekriegt, dass er mir half, und genau vor Weihnachten musste ich auch noch umziehen. Ihr könnt Euch also vorstellen, wie es hier aussieht, und nun wisst Ihr auch, warum ich eine neue Adresse habe und Euch beiden nur einen Brief schreibe.
Das alles kam so: An einem sehr windigen Tag im November wurde mir meine Zipfelmütze vom Kopf geblasen; sie flog davon und blieb an der Spitze des Nordpols hängen.
Obwohl ich ihm sagte, er solle es bleibenlassen, kletterte der Nordpolarbär bis zur dünnen Spitze hinauf, um die Mütze zu holen – und das hat er auch geschafft. Aber die Nordpolspitze ist mitten entzweigebrochen und auf das Dach meines Hauses gefallen, und durch das Loch plumpste der Nordpolarbär ins Esszimmer, mit meiner Zipfelmütze auf der Nase, und der ganze Schnee rutschte vom Dach ins Haus hinein und ist geschmolzen und hat sämtliche Feuer ausgelöscht und lief auch in die Keller hinunter, wo ich die Geschenke für dieses Jahr gerichtet hatte, und der Nordpolarbär hat sich ein Bein gebrochen.
Das ist jetzt wieder heil, aber ich habe ihn so ausgeschimpft, dass er sagt, er will mir nie wieder helfen. Ich glaube, er ist ernstlich beleidigt, aber bis zum nächsten Weihnachtsfest gibt sich das wieder.
Ich schicke Euch hier ein Bild von dem Unglück und von meinem neuen Haus, das hoch auf den Klippen über dem Nordpol steht (es hat herrliche, tiefe Felsenkeller). Wenn John mein zittriges altes Gekritzel nicht lesen kann (immerhin bin ich eintausendneunhundertundfünfundzwanzig Jahre alt!), soll er seinen Vater darum bitten. Wann wird Michael denn lesen lernen und mir auch mal einen Brief schreiben? Alles Liebe Euch beiden und Christopher, der einen richtigen Christfestnamen hat.
So viel für diesmal. Lebt wohl Euer Weihnachtsmann
P.S.Der Weihnachtsmann hatte es sehr eilig – er hat mich gebeten, eines seiner magischen Weihnachtsknallbonbons einzupacken. Zieht daran und wünscht Euch was, dann geht es in Erfüllung. Entschuldigt die dicke Schrift, ich habe riesige Pranken. Ich helfe dem Weihnachtsmann beim Einpacken: Ich wohne bei ihm. Ich bin der
GROSSE (Polar)BÄR
Klippenhaus Ende der Welt Beim Nordpol Montag, den 20. Dezember 1926
Meine lieben Buben,
in diesem Jahr bin ich noch zittriger als sonst. Schuld ist der Nordpolarbär! Das war der lauteste Knall, den die Welt gehört hat, und das riesigste Feuerwerk, das es überhaupt je gab. Der Nordpol ist davon richtig SCHWARZ geworden, und alle Sterne wurden durcheinandergeschüttelt. Der Mond ist in vier Stücke zerbrochen, und der Mann-im-Mond ist in meinen Küchengarten gefallen. Er hat erst mal eine ganze Portion von meiner Weihnachtsschokolade aufgegessen, bis ihm angeblich nicht mehr schlecht war; dann ist er zurückgeklettert, um den Mond wieder zusammenzusetzen und die Sterne aufzuräumen.
Danach stellte ich fest, dass die Rentiere sich losgemacht hatten. Sie rannten überall in der Gegend herum, rissen Zügel und Seile auseinander und schleuderten die Geschenke durch die Luft. Sie waren ja schon zum Aufbruch bepackt, müsst Ihr wissen – ja, erst heute Morgen ist das alles passiert; es war ein ganzer Schlitten voll Schokoladensachen, die ich immer frühzeitig nach England schicke. Hoffentlich haben Eure Sachen nicht zu sehr gelitten.
Aber der Nordpolarbär ist doch wirklich ein Dummkopf, findet Ihr nicht? Und es tut ihm kein bisschen leid! Natürlich ist er es gewesen, wer sonst? Erinnert Ihr Euch, dass ich voriges Jahr seinetwegen habe umziehen müssen? Im Keller meines alten Hauses befindet sich aber noch der Drehgriff, mit dem man das Boreasleuchten anstellen kann. Der Nordpolarbär wusste genau, dass er ihn nie und nimmer anrühren darf. Ich drehe ihn auch nur an ganz besonderen Festtagen auf, wie zum Beispiel Weihnachten. Polarbär behauptet, er habe gedacht, der Hahn sei außer Betrieb, seit wir umgezogen sind.
Jedenfalls, heute kurz nach dem Frühstück hat er bei der Ruine herumgeschnüffelt (er versteckt dort immer etwas zu essen) und sämtliche Nordlichter für zwei Jahre auf einmal angedreht. Sowas habt Ihr in Eurem ganzen Leben noch nicht gesehen oder gehört. Ich habe versucht, es zu malen, aber es gelingt mir nicht recht, ich bin noch zu aufgeregt; und Lichter, die in einem fort aufleuchten und verpuffen, kann man ja auch nicht gut malen, nicht wahr? Ich finde, der Polarbär hat das Bild ziemlich vermasselt – natürlich kann er mit diesen dicken fetten Pranken nicht malen.
Unverschämtheit! Ich kann malen – und zittere beim Schreiben auch nicht.