Das Stimmengewirr - Kurt Tucholsky - E-Book

Das Stimmengewirr E-Book

Kurt Tucholsky

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Beschreibung

"Das Stimmengewirr" ist eine Zusammenstellung der besten Kurzgeschichten und -satiren des bekannten Schriftstellers. Enthalten sind u.a. An das Publikum Frage Die Redensart Ein Ehepaar erzählt einen Witz Zur Soziologischen Psychologie der Löcher In aller Eile Der Floh Das Stimmengewirr Viel zu fein! Aufgewachsen bei ... Es ist heiß in Hamburg Pause auf dem Töpfchen Frauen von Freunden Pfeifen anrauchen Es gibt keinen Neuschnee Leere Gefühle Zeugung Diese Häuser Alle Welt sucht Vorgang beim Treppensteigen Häuser Brot mit Tränen Gesicht Augen in der Groß-Stadt Die Wanzen Traum Die fünfte Jahreszeit Regenschwere Pause Im Käfig Alte Weltbühnen Märchen Wallenstein und die Interessenten Der Bär tanzt u.v.m.

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Das Stimmengewirr

Kurt Tucholsky

Inhalt:

Kurt Tucholsky – Biografie und Bibliografie

Das Stimmengewirr

An das Publikum

Frage

Die Redensart

Ein Ehepaar erzählt einen Witz

Zur Soziologischen Psychologie der Löcher

In aller Eile

Der Floh

Das Stimmengewirr

Viel zu fein!

Aufgewachsen bei ...

Es ist heiß in Hamburg

Pause auf dem Töpfchen

Frauen von Freunden

Pfeifen anrauchen

Es gibt keinen Neuschnee

Leere

Gefühle

Zeugung

Diese Häuser

Alle Welt sucht

Vorgang beim Treppensteigen

Häuser

Brot mit Tränen

Gesicht

Augen in der Groß-Stadt

Die Wanzen

Traum

Die fünfte Jahreszeit

Regenschwere Pause

Im Käfig

Alte Weltbühnen

Märchen

Wallenstein und die Interessenten

Der Bär tanzt

Der Brief

Die Belohnung

Die Musikalischen

Harfenjulius Klabund

Kritik mit Nachsatz

Tollers Publikum

Lebensgeschichte eines Rebellen

Bauern, Bonzen und Bomben

Der Prozess

Der Untertan

Quaquaro

Die Lyrik der Antennen

Lampenfieber

Aus dem Ärmel geschüttelt

Das Heil von außen

Der Mann am Schlagzeug

50% Bürgerkrieg

Die Tabelle

Zwischen den Schlachten

Kochrezepte

Bei uns in Europa

Fabel

Frohe Erwartung

Was wäre, wenn ...?

Rathenau

Sozialdemokratischer Parteitag

Gegen den Strom

Russland

An das Baby

Monolog mit Chören

Glück im Unglück

Ein Briefwechsel

Spanische Krankheit?

Justitia schwooft!

Gebet für die Gefangenen

Die Reichswehr

Vision

Was kosten die Soldaten

Kleine Begebenheit

Vor Verdun

Olle Kamellen?

Eines aber

Der andre Mann

Frühlingsvormittag

Nebenan

Ballade

Kino privat

Sie, zu ihm

Malwine

Confessio

Frauen sind eitel. Männer? Nie –!

Schwere Zeit

Der Stimmungssänger

Drei Generationen

Das Lied von der Gleichgültigkeit

Wie mans macht ...

Nichts anzuziehen –!

Unerledigte Konten

Immer

Man muß dran glauben

Drei Biographien

Das Stimmengewirr, K. Tucholsky

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849637903

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Kurt Tucholsky – Biografie und Bibliografie

Schriftsteller, geb. am 9. Januar 1890 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Berlin, gest. am 21. Dezember 1935 in Hindas (Schweden) an einer Überdosis Schlafmittel.

Mit 19 Jahren beginnt Tucholsky in Berlin und Genf ein Jura-Studium, das er 1915 mit einer Promotion abschließt. Noch während des Studiums beginnt er zu schreiben für den "Vorwärts", das Zentralorgan der SPD. Außerdem erscheint 1912 sein Roman "Rheinsberg". Während des ersten Weltkriegs dient Tucholsky beim Herr. Danach schreibt er für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften wie die "Ulk" in Berlin oder die  "Weltbühne" und die "Vossische Zeitung" in Paris. Immer wieder benutzt er dazu Pseudonyme wie Kaspar Hauser, Peter Panter oder Theobald Tiger. Ob der drohenden Gefahr durch die Nationalsozialisten wandert Tucholsky 1929 nach Schweden aus. Tatsächlich werden 1933 seine Werke in Deutschland verboten und verbrannt, er selbst offiziell "ausgebürgert".

Wichtige Werke:

Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte.Der Zeitsparer. Grotesken von Ignaz WrobelFromme Gesänge Von Theobald Tiger mit einer Vorrede von Ignaz Wrobel.Träumereien an preußischen Kaminen. Von Peter Panter, mit Bildern von Alfons Wölfe.Ein Pyrenäenbuch.Mit 5 PS.Deutschland, Deutschland über alles.Das Lächeln der Mona Lisa.Lerne lachen ohne zu weinen.Schloß Gripsholm.Christoph Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas. Komödie.

Das Stimmengewirr

An das Publikum

O hochverehrtes Publikum, sag mal: bist du wirklich so dumm, wie uns das an allen Tagen alle Unternehmer sagen? Jeder Direktor mit dickem Popo spricht: »Das Publikum will es so!« Jeder Filmfritze sagt: »Was soll ich machen? Das Publikum wünscht diese zuckrigen Sachen!« Jeder Verleger zuckt die Achseln und spricht: »Gute Bücher gehn eben nicht!« Sag mal, verehrtes Publikum: bist du wirklich so dumm?

So dumm, daß in Zeitungen, früh und spät, immer weniger zu lesen steht? Aus lauter Furcht, du könntest verletzt sein; aus lauter Angst, es soll niemand verhetzt sein; aus lauter Besorgnis, Müller und Cohn könnten mit Abbestellung dröhn? Aus Bangigkeit, es käme am Ende einer der zahllosen Reichsverbände und protestierte und denunzierte und demonstrierte und prozessierte... Sag mal, verehrtes Publikum: bist du wirklich so dumm?

Ja, dann... Es lastet auf dieser Zeit der Fluch der Mittelmäßigkeit. Hast du so einen schwachen Magen? Kannst du keine Wahrheit vertragen? Bist also nur ein Grießbrei-Fresser –? Ja, dann ... Ja, dann verdienst Dus nicht besser.

1931

Frage

Es laufen vor Premieren Gerüchte durch die Stadt: Nun kommt, was man in Sphären noch nicht gesehen hat. Doch hat der Rummel sich gelegt – so aufgeregt, so aufgeregt – dann frag ich still, so leis ich kann: »Und dazu ziehn Sie 'n Smoking an –?«

Es steigen große Bälle, und die Plakate schrein. Man muß auf alle Fälle da reingetreten sein. Der Sekt ist warm, die Garderobe kalt. »Ich glaube, Lo, nun gehn wir bald ...« Zu Hause sehn sich alle an: »Und dazu ziehn wir 'n Smoking an –?«

Es prangt in den Journalen das Bildnis einer Frau. Schön ist sie angemalen, hellrosa, beige und blau. Dir glückts... ihr Widerstand erschlafft... Na, fabelhaft! Na, fabelhaft? Grau ist der Morgen ... welk der Strauß .. Und dazu zieh ich 'n Smoking aus –?

Willst du nach oben schweben, fällst du auf den Popo. Und überhaupt das Leben, es ist gemeinhin so: Erst viel Geschrei und mächtiger Zimt. Sieh nur, wie alles Karten nimmt! Aber mehrstenteils, o Smokingmann: Zieh ihn gar nicht erst an! Zieh ihn gar nicht erst an –!

1930

Die Redensart

Bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.

Hebbel

Ich kannte eine angesehene, stattliche Dame, die hatte die Gewohnheit, mit offenen Augen am Tage zu schlafen und niemals zuzuhören, wenn Jemand mit ihr sprach. Die Leute erzählten ihr lange Geschichten, wie sie so die Leute erzählen: Ehescheidungsklatsch, Dienstbotennöte, Geldgeschichten, was weiß ich – und sie schlief und hörte durchaus nicht zu. Wenn aber der Andre zu erzählen aufgehört hatte und schwieg und eine teilnehmende Antwort erwartete, dann fuhr meine Dame auf und sagte ein Wort, »das« Wort ihres Lebens, eines, das sie stets sagte, nach jeder Geschichte, und das auch zu allen paßte: »Ja, ja! Etwas ist immer –!«

Dies war ihre Antwort, und was darüber war, das war meist vom Übel. Aber dieses Wort wird bleiben. Etwas ist wirklich immer. Arthur Schopenhauer hat ja das Glück als den unglücklosen Zustand definiert und damit das Malheur als das Primäre angesehen. Und von ihm stammte ja auch jener grandiose Ausspruch, er habe als Jüngling beim Klingeln der Türglocke empfunden: »Ah – jetzt, jetzt kommt es!« – und später, im Alter, wenn es an der Tür klopfte: »Jetzt – jetzt kommts!« Und es kam immer etwas. (Einmal sogar eine Nähterin, die er die Treppe hinunterwarf.) Gäbe es keine Sorgen, man müßte sie erfinden. Aber, unbesorgt, wir sind nie unbesorgt. Etwas ist immer. Hundegebell; Liebeserhörung bei zu engem Kragen; guter Rotwein, aber ein grober Kellner, höflicher Kellner, aber ein schrecklicher Surius; Obermieter, die uns auf dem Kopf herumtrampeln, weil sie Flußkähne statt der Stiefel tragen; unerwünschter Familienzuwachs; Konkurs, Weltkrieg und Verdauungsbeschwerden – etwas ist immer. Aber wir sind mit daran schuld.

Unser Apparat ist viel zu groß. Kein Wunder, wenn immer irgendein Rad zerbrochen ist, eine Kette schleift, eine Schraube quietscht. Mit dem Aufwand, den wir heute treiben, eine lange Reise zu tun, haben die Griechen früher ihre kleinen Kriege absolviert, und Ruhe geben wir nie. Ich kann mir unsre Börsianer so richtig im Paradies, wie sie in dasselbe kommen, vorstellen: es zieht, das Eintrittsgeld war zu hoch, einen Kurszettel gibt es nicht, und so haben sie es sich überhaupt nicht vorgestellt. (Verkauft Eva Ansichtskarten? Nein. Also: Paradies-Baisse, Krach, Umzug in die Hölle. Den Rest siehe oben.) Etwas ist immer. Es hat nie eine treffendere Redensart gegeben. Und, wissen Sie, der ganze Spektakel hat eigentlich so wenig Sinn. Denken Sie sich, was wir in den letzten acht Jahren alle miteinander angegeben haben, und was ist dabei herausgekommen? Dieses Europa. Etwas ist immer, es ist ein bißchen viel für einen einzelnen Herrn. Und die Einwohnerschaft dieses Kontinents ist reichlich nervös geworden, so nervös, daß sie ordentlich danach sucht, wenn einmal nichts ist – ärgerlich schweift der Blick umher, daß er etwas finde, was nicht stimmt. Denn bei uns ist etwas nicht in Ordnung, wenn Alles in Ordnung ist, und etwas ist immer, und zum Kampfe ist der Mann, ausgerechnet, auf der Welt. Wie sagt der Kinoregisseur? »Licht! Bewegung! Großaufnahme!« Glück ist der Zustand, den man nicht spürt, sagt der Weise.

Wo gibt es noch reine Freuden? Ich glaube: nur noch in dem alleinseligmachenden Zustand, wo Jener, glücklich lächelnd, in der Droschke saß und den Kutscher fragte, wieviel Uhr es sei. Und der Kutscher antwortete: »Elf Uhr, Herr!« Und Jener, im Vollbewußtsein der irdischen Seligkeit: »Gestern – oder – heute?« Siehe, das ist das Glück. Aber der hat am nächsten Morgen einen unfreundlichen Kater und muß büßen, daß er den Flug von der Erde versucht hat. Und kraucht wieder unten – und etwas ist immer.

Wir aber sehnen uns. Nach jenem Zustand, der uns glücklich und leicht mache – nach jenem legendären kleinen weißen Häuschen, das ein Hort der Zufriedenheit sei und eine Ruhestätte vor allem Jammer. Dahin möchten wir so gern einmal.

Ich möchte heim – mich ziehts dem Vaterhause, Dem Vaterherzen zu. Fort aus der Welt verworrenem Gebrause Zur stillen, tiefen Ruh. Mit tausend Wünschen bin ich ausgegangen, Heim kehr ich mit bescheidenem Verlangen; Noch hegt mein Herz nur einer Hoffnung Keim: Ich möchte heim.

Aber das Heim hat keine Zentralheizung, nebenan ist eine Lederfabrik mit übelduftendem Schornstein, das Weib unsrer Wahl ist dick geworden, und der Junge ist auch nicht so, wie wir ihn uns dachten: zum Diplomaten zu klug, zum Filmschauspieler zu häßlich, zum Bankier zu dumm und für einen bürgerlichen Beruf ungeeignet. Da sitzest du vor einem Idealhäuschen, die Linden rauschen, der Bach murmelt, der Mond scheint. Und in deinem Herzen keimt eine leise kleine Sehnsucht auf nach der großen Stadt, nach ihrem Lärm und nach ihrem Ärger. Ruft deine liebe Adelheid? Laß sie rufen. Aber sie ruft, lauter und nicht melodiöser. Und seufzend gehst du ins Haus .... Und laß dir nichts erzählen von feinen Inschriften für deinen Grabstein. Ich habe eine für dich, wie nach Maß gearbeitet, verlaß dich drauf, sie paßt wundervoll. Schreib:

Etwas ist immer.

1923

Ein Ehepaar erzählt einen Witz

»Herr Panter, wir haben gestern einen so reizenden Witz gehört, den müssen wir Ihnen... also den muß ich Ihnen erzählen. Mein Mann kannte ihn schon... aber er ist zu reizend. Also passen Sie auf. Ein Mann, Walter, streu nicht den Tabak auf den Teppich, da! Streust ja den ganzen Tabak auf den Teppich, also ein Mann, nein, ein Wanderer verirrt sich im Gebirge. Also der geht im Gebirge und verirrt sich, in den Alpen. Was? In den Dolomiten, also nicht in den Alpen, ist ja ganz egal. Also er geht da durch die Nacht, und da sieht er ein Licht, und er geht grade auf das Licht zu... laß mich doch erzählen! das gehört dazu!... geht drauf zu, und da ist eine Hütte, da wohnen zwei Bauersleute drin. Ein Bauer und eine Bauersfrau. Der Bauer ist alt, und sie ist jung und hübsch, ja, sie ist jung. Die liegen schon im Bett. Nein, die liegen noch nicht im Bett...« »Meine Frau kann keine Witze erzählen. Laß mich mal. Du kannst nachher sagen, ob's richtig war. Also nun werde ich Ihnen das mal erzählen. Also, ein Mann wandert durch die Dolomiten und verirrt sich. Da kommt er – du machst einen ganz verwirrt, so ist der Witz gar nicht! Der Witz ist ganz anders. In den Dolomiten, so ist das! In den Dolomiten wohnt ein alter Bauer mit seiner jungen Frau. Und die haben gar nichts mehr zu essen; bis zum nächsten Markttag haben sie bloß noch eine Konservenbüchse mit Rindfleisch. Und die sparen sie sich auf. Und da kommt... wieso? Das ist ganz richtig! Sei mal still..., da kommt in der Nacht ein Wandersmann, also da klopft es an die Tür, das steht ein Mann, der hat sich verirrt, und der bittet um Nachtquartier. Nun haben die aber kein Quartier, das heißt, sie haben nur ein Bett, da schlafen sie zu zweit drin. Wie? Trude, das ist doch Unsinn... Das kann sehr nett sein!« »Na, ich könnte das nicht. Immer da einen, der – im Schlaf strampelt..., also ich könnte das nicht!« »Sollst du ja auch gar nicht. Unterbrich mich nicht immer.« »Du sagst doch, das wär nett. Ich finde das nicht nett.« »Also...« »Walter! Die Asche! Kannst du denn nicht den Aschbecher nehmen?« »Also... der Wanderer steht da nun in der Hütte, er trieft vor Regen, und er möchte doch da schlafen. Und da sagt ihm der Bauer, er kann ja in dem Bett schlafen, mit der Frau.« »Nein, so war das nicht. Walter, du erzählst es ganz falsch! Dazwischen, zwischen ihm und der Frau – also der Wanderer in der Mitte!« »Meinetwegen in der Mitte. Das ist doch ganz egal.« »Das ist gar nicht egal... der ganze Witz beruht ja darauf.« »Der Witz beruht doch nicht darauf, wo der Mann schläft!« »Natürlich beruht er darauf! Wie soll denn Herr Panter den Witz so verstehen ... laß mich mal – ich werd ihn mal erzählen! – Also der Mann schläft, verstehen Sie, zwischen dem alten Bauer und seiner Frau. Und draußen gewittert es. Laß mich doch mal!« »Sie erzählt ihn ganz falsch. Es gewittert erst gar nicht, sondern die schlafen friedlich ein. Plötzlich wacht der Bauer auf und sagt zu seiner Frau – Trude, geh mal ans Telephon, es klingelt. – Nein, also das sagt er natürlich nicht... Der Bauer sagt zu seiner Frau ... Wer ist da? Wer ist am Telephon? Sag' ihm, er soll später noch mal anrufen – jetzt haben wir keine Zeit! Ja. Nein. Ja. Häng' ab! Häng' doch ab!« »Hat er Ihnen den Witz schon zu Ende erzählt? Nein, noch nicht? Na, erzähl' doch!« »Da sagt der Bauer: Ich muß mal raus, nach den Ziegen sehn – mir ist so, als hätten die sich losgemacht, und dann haben wir morgen keine Milch! Ich will mal sehn, ob die Stalltür auch gut zugeschlossen ist.« »Walter, entschuldige, wenn ich unterbreche, aber Paul sagt, nachher kann er nicht anrufen, er ruft erst abends an.« »Gut, abends. Also der Bauer – nehmen Sie doch noch ein bißchen Kaffee! – Also der Bauer geht raus, und kaum ist er rausgegangen, da stupst die junge Frau ...« »Ganz falsch. Total falsch. Doch nicht das erstemal! Er geht raus, aber sie stupst erst beim drittenmal – der Bauer geht nämlich dreimal raus – das fand ich so furchtbar komisch! Laß mich mal! Also der Bauer geht raus, nach der Ziege sehn, und die Ziege ist da, und er kommt wieder rein.« »Falsch. Er bleibt ganz lange draußen. Inzwischen sagt die junge Frau zu dem Wanderer –« »Gar nichts sagt sie. Der Bauer kommt rein ...« »Erst kommt er nicht rein!« »Also ... der Bauer kommt rein, und wie er eine Weile schläft, da fährt er plötzlich aus dem Schlaf hoch und sagt: Ich muß doch noch mal nach der Ziege sehen – und geht wieder raus.« »Du hast ja ganz vergessen, zu erzählen, daß der Wanderer furchtbaren Hunger hat!« »Ja. Der Wanderer hat vorher beim Abendbrot gesagt, er hat so furchtbaren Hunger, und da haben die gesagt, ein bißchen Käse wäre noch da ...« »Und Milch!« »Und Milch, und es war auch noch etwas Fleischkonserve da, aber die könnten sie ihm nicht geben, weil die eben bis zum nächsten Markttag reichen muß. Und dann sind sie zu Bett gegangen.« »Und wie nun der Bauer draußen ist, da stupst sie den, also da stupst die Frau den Wanderer in die Seite und sagt: Na ...« »Keine Spur! Aber keine Spur! Walter, das ist doch falsch! Sie sagt doch nicht: Na ...!« »Natürlich sagt sie: Na ...! Was soll sie denn sagen?« »Sie sagt: Jetzt wäre so eine Gelegenheit ...« »Sie sagt im Gegenteil: Na ... und stupst den Wandersmann in die Seite ...« »Du verdirbst aber wirklich jeden Witz, Walter!« »Das ist großartig! Ich verderbe jeden Witz? Du verdirbst jeden Witz – ich verderbe doch nicht jeden Witz! Da sagt die Frau ...« »Jetzt laß mich mal den Witz erzählen! Du verkorkst ja die Pointe ...!« »Also jetzt mach mich nicht böse, Trude! Wenn ich einen Witz anfange, will ich ihn auch zu Ende erzählen ...« »Du hast ihn ja gar nicht angefangen ... ich habe ihn angefangen!« – »Das ist ganz egal – jedenfalls will ich die Geschichte zu Ende erzählen; denn du kannst keine Geschichten erzählen, wenigstens nicht richtig!« – »Und ich erzähle eben meine Geschichten nach meiner Art und nicht nach deiner, und wenn es dir nicht paßt, dann mußt du eben nicht zuhören ...!« »Ich will auch gar nicht zuhören ... ich will sie zu Ende erzählen – und zwar so, daß Herr Panter einen Genuß von der Geschichte hat!« – »Wenn du vielleicht glaubst, daß es ein Genuß ist, dir zuzuhören ...« – »Trude!« – »Nun sagen Sie, Herr Panter – ist das auszuhalten! Und so nervös ist er schon die ganze Woche ... ich habe ..."« – »Du bist ...« – »Deine Unbeherrschtheit ...« – »Gleich wird sie sagen: Komplexe! Deine Mutter nennt das einfach schlechte Erziehung ...« – »Meine Kinderstube ...!« – »Wer hat denn die Sache beim Anwalt rückgängig gemacht? Wer denn? Ich vielleicht? Du! Du hast gebeten, daß die Scheidung nicht ...« – »Lüge!« – Bumm: Türgeknall rechts. Bumm: Türgeknall links. Jetzt sitze ich da mit dem halben Witz. Was hat der Mann zu der jungen Bauersfrau gesagt?

Zur Soziologischen Psychologie der Löcher

Daß die wichtigsten Dinge durch Röhren gethan werden. Beweise: erstlich die Zeugungsglieder, die Schreibfeder und unser Schießgewehr.Lichtenberg

Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist. Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nicht-Lochs: Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut. Wäre überall etwas, dann gäbe es kein Loch, aber auch keine Philosophie und erst recht keine Religion, als welche aus dem Loch kommt. Die Maus könnte nicht leben ohne es, der Mensch auch nicht: es ist beider letzte Rettung, wenn sie von der Materie bedrängt werden. Loch ist immer gut. Wenn der Mensch »Loch« hört, bekommt er Assoziationen: manche denken an Zündloch, manche an Knopfloch und manche an Goebbels. Das Loch ist der Grundpfeiler dieser Gesellschaftsordnung, und so ist sie auch. Die Arbeiter wohnen in einem finstern, stecken immer eins zurück, und wenn sie aufmucken, zeigt man ihnen, wo der Zimmermann es gelassen hat, sie werden hineingesteckt, und zum Schluß überblicken sie die Reihe dieser Löcher und pfeifen auf dem letzten. In der Ackerstraße ist Geburt Fluch; warum sind diese Kinder auch grade aus diesem gekommen? Ein paar Löcher weiter, und das Assessorexamen wäre ihnen sicher gewesen. Das merkwürdigste an einem Loch ist der Rand. Er gehört noch zum Etwas, sieht aber beständig in das Nichts, eine Grenzwache der Materie. Das Nichts hat keine Grenzwache: Während den Molekülen am Rande eines Lochs schwindlig wird, weil sie in das Loch sehen, wird den Molekülen des Loches... festlig? Dafür gibt es kein Wort. Denn unsre Sprache ist von den Etwas-Leuten gemacht; die Loch-Leute sprechen ihre eigne. Das Loch ist statisch; Löcher auf Reisen gibt es nicht. Fast nicht. Löcher, die sich vermählen, werden ein Eines, einer der sonderbarsten Vorgänge unter denen, die sich nicht denken lassen. Trenne die Scheidewand zwischen zwei Löchern: gehört dann der rechte Rand zum linken Loch? oder der linke zum rechten? oder jeder zu sich? oder beide zu beiden? Meine Sorgen möcht ich haben. Wenn ein Loch zugestopft wird: wo bleibt es dann? Drückt es sich seitwärts in die Materie? oder läuft es zu einem andern Loch, um ihm sein Leid zu klagen – wo bleibt das zugestopfte Loch? Niemand weiß das: unser Wissen hat hier eines. Wo ein Ding ist, kann kein andres sein. Wo schon ein Loch ist: kann da noch ein andres sein? Und warum gibt es keine halben Löcher –? Manche Gegenstände werden durch ein einziges Löchlein entwertet; weil an einer Stelle von ihnen etwas nicht ist, gilt nun das ganze übrige nichts mehr. Beispiele: ein Fahrschein, eine Jungfrau und ein Luftballon. Das Ding an sich muß noch gesucht werden; das Loch ist schon an sich. Wer mit einem Bein im Loch stäke und mit dem andern bei uns: der allein wäre wahrhaft weise. Doch soll dies noch keinem gelungen sein. Größenwahnsinnige behaupten, das Loch sei etwas Negatives. Das ist nicht richtig: der Mensch ist ein Nicht-Loch, und das Loch ist das Primäre. Lochen Sie nicht; das Loch ist die einzige Vorahnung des Paradieses, die es hienieden gibt. Wenn Sie tot sind, werden Sie erst merken, was leben ist. Verzeihen Sie diesen Abschnitt; ich hatte nur zwischen dem vorigen Stück und dem nächsten ein Loch ausfüllen wollen.

1931

In aller Eile

– »Hallo! Hier Eisner und Ehemann, wer dort –? Jawohl... Man kann Sie nicht verstehen; Sie müssen etwas lauter sprechen! ... Dann werden wir Ihnen also die Faktur morgen zugehen lassen! Schluß!«Telephongespräch 1895

– »Also ich telephoniere hier von der Post – vor der Zelle stehn schon Leute – ich fahre nach Lichterfelde-Ost und erledige die Sache noch heute. Was ich sagen wollte... Warum warn Sie gestern nicht da? auf der Modenschau? Ich war mit der Putti... wissen Sie... na... Hände hat die Frau –! Fabelhaft.

Wiesner –? Erzählen Sie mir doch nichts – das nehm ich auf mein' Eid –! Bitte! Nach Ansicht des Gerichts hab ich dazu immer noch Zeit! Was ich sagen wollte ... Wir gehn Sonnabend aus – Mit ihrem Freund? Na, so blau! Die nehm ich glatt mit mir nach Haus – Augen hat die Frau –! Fabelhaft.

Die Wechsel sind ... na, wie finden Sie das? Die klopfen ans Fenster, weil ich hier spreche – ich erzähl Ihnen persönlich noch was, ich bin nämlich furchtbar eilig.

Was ich sagen wollte... ich bin derartig scharf... Natürlich! Weiß ich genau, was ein Schentelmän sich erlauben darf... Einen Rücken hat die Frau –! Fabelhaft.

Wir legen die Schecks... hallo? ... unterbrochen ... Ich habe doch noch gar nicht gesprochen ...! Na, denn nicht. Nur keine falsche Hast! Ich spreche hier, solange 's mir paßt! Lümmel.

 Ja –! Nein –! Na, da gehn Sie doch rein! Eine Luft wie in einem Schwitzkastenbad ... Was der schon zu telephonieren hat – Lümmel.«

1929

Der Floh

Im Departement du Gard – ganz richtig, da, wo Nîmes liegt und der Pont du Gard: im südlichen Frankreich – da saß in einem Postbureau ein älteres Fräulein als Beamtin, die hatte eine böse Angewohnheit: sie machte ein bißchen die Briefe auf und las sie. Das wußte alle Welt. Aber wie das so in Frankreich geht: Concierge, Telephon und Post, das sind geheiligte Institutionen, und daran kann man schon rühren, aber daran darf man nicht rühren, und so tut es denn auch keiner.

Das Fräulein also las die Briefe und bereitete mit ihren Indiskretionen den Leuten manchen Kummer.

Im Departement wohnte auf einem schönen Schlosse ein kluger Graf. Grafen sind manchmal klug, in Frankreich. Und dieser Graf tat eines Tages folgendes:

Er bestellte sich einen Gerichtsvollzieher auf das Schloß und schrieb in seiner Gegenwart an einen Freund:

Lieber Freund!

Da ich weiß, daß das Postfräulein Emilie Dupont dauernd unsre Briefe öffnet und sie liest, weil sie vor lauter Neugier platzt, so sende ich Dir anliegend, um ihr einmal das Handwerk zu legen, einen lebendigen Floh.

Mit vielen schönen Grüßen

Graf Koks

Und diesen Brief verschloß er in Gegenwart des Gerichtsvollziehers.

Er legte aber keinen Floh hinein. Als der Brief ankam, war einer drin.

1932

Das Stimmengewirr

Speed: 85.

»Wir reden alle ins Unreine.«

Goethe (apokryph.)

Wenn ich meine Freundin Lisa – nein, die nicht, die andere – besuche, dann sind immer viele Menschen da. Und dies ist es, was ich zu hören bekomme: »... haben wir uns himmlisch amüsürt Kinder ich will euch mal was sagen seit man im Tonfilm auch noch zuhören muß also ich bin nur eine einfache Frau wieso gnädige Frau man kann doch auch weghören wenn ich weghören will red ich mit meinem Mann Guten Tag Panter Masochist nimmst du noch ein bißchen Obstsalat Masochist ist doch kein Fremdwort in dem Sinne doch das kann man erklären wie soll ich sagen also Masochist ist einer der päng kriegt Guten Tag Panter Lisa ich muß weg ein amerikanischer Wagen der frißt Benzin hör auf mich dafür bin ich Fachmann ach auf Stottern dafür bin ich auch Fachmann wie finden Sie diese Verlobung wir haben uns halb tot gelacht na ich bitte Sie mit diesem alten Ekel das wird doch nichts das ist sogar schon was geworden nehmt doch noch 'n bißchen Obstsalat sie ist ja ganz nett aber er daß sowas ohne Wärter ausgehen darf wer sagt Ihnen daß er darf Guten Tag Panter ob er schief liegt schief ist gar kein Ausdruck für den kann keiner mehr grade stehen Lisa ich muß weg unten ganz schmal also das hier oben kommt alles weg verstehen Sie mich und dann hier ein handbreites Volant aber das sieht man nicht Brecht Brecht ist doch kein Dichter nein Sie sind 'n Dichter Ich bin ein einfacher Makler mich lassen Sie in Ruhe na Brecht makelt auch schon ganz schön Sie nehmen ja gar keinen Obstsalat ich kann meinen Onkel aus Stockholm so gut verstehen der hat immer gesagt er hat bloß noch einen Wunsch er möchte ganz allein auf der Welt sein und einen gutgehenden Kolonialwarenladen haben Lisa ich muß weg ach lächerlich bleib doch noch erzählen Sie mir doch nichts die Frau singt ja nach dem Korken nur London nur London Paris ist ein Schmarrn dagegen der Mann ist ja anglophob phil phil wieso viel ich frage mich wann eigentlich wenn nicht jetzt Lieber Herr Rechtsanwalt die Sache mit Reinhardt ist perfekt ich habe das aus authentischer Quelle acht Monate im Jahr ist er in Berlin und die übrigen neun Monate in Wien Lisa ich muß weg Guten Tag Panter nein Sie hier ich bin ja baff nein ich bin ja außer mir wissen Sie schon daß ich geschieden bin das muß ich Ihnen erzählen sie war dreimal in seinen Aufführungen ich habe Ernst Deutsch persönlich das ist struggle for wife mein Lieber ich nehm noch 'n bißchen Obstsalat ich kenne die Frau und ich sage Ihnen das ist eine Fetischistin die kann bloß lieben wenn ein Tausendmarkschein auf dem Nachttisch liegt Lisa ich muß weg na da geh doch du gräßliche Person Lisa ich muß wirklich Ali erwartet mich um halb sieben an der Gedächtniskirche himmlischer Vater es ist viertel acht da hab ich ja noch Zeit der ganze Klub weiß es nur sie nicht spielt schon sehr gut die Frau ihre Vorhandbälle ach Vorhand Bridge natürlich Lisa ich muß nun aber wirklich er hat noch keinen Obstsalat nein wirklich ich muß grüß Ali schön halt mal das hat sie dir noch nicht erzählt also wer hat recht ich habe den Nutria sei mal still seid doch mal alle still also ich hab den Nutria selber gesehen bei ihm oben in seinem Betrieb ein himmlischer Pelz für zweitausendvierhundert er wird auch nicht weinen wenn man ihm achtzehnhundert bietet ausgeschlossen seppfaständlich kommt ja gar nicht in Frage Lisa ich muß sei mir nicht böse grüß Ali nimm dir doch nein nicht Ali den Nutria Grüß Franzi und die Kinder jetzt ist sie weg wer spielt denn die Wendla in Frühlingserwachen wahrscheinlich die Sandrock wir nehmen noch 'n bißchen Obstsalat mein Guter ...

Sie sagen ja gar nichts –!«

1930

Viel zu fein!

Ein Millionär trat einst ein Pekinesen-Hündchen. Und entschuldigte sich beim Besitzer. Da rief der Mann: »Was! Sie wollen ein Millionär sein und rufen nicht: ›Bringen Sie mir noch ein Hündchen!‹«

Es ist schon ein bißchen besser geworden, aber der Film und mancher Romanautor, sie können's nicht lassen: es ist bei ihnen alles viel zu fein.

Die gnädigen Frauen nehmen ihre Schokolade in einer spitzenüberrieselten Liebesgondel, die Tassen sind innen mit Seide ausgeschlagen, das Stubenmädchen ist so schön wie... (nach Belieben auszufüllen); vorn stehen Diener, hinten stehen Diener, und in der Mitte stehn Silberdiener; Rechtsanwälte gehen in Paquinmodellen auf den Ball und Halbweltdamen nur im Frack ins Bett... oder habe ich das verwechselt – kurz: es ist alles so fein, daß man sich ordentlich nach einer richtigen Schmalzenstulle sehnt. Warum ist es so fein –?

Der Wunschtraum – ich weiß schon.

Ja, mit dem Wunschtraum... Habt ihr eigentlich in eurer Bekanntschaft viele Leute, die heute noch so töricht, so dumm und so kindlich sind, daß sie auf so etwas hereinfallen – daß sie so etwas wollen? Und man soll die andern Menschen, die um uns herumleben, nun ja nicht für dümmer halten – dergleichen hat sich schon oft bitter gerächt. Der Wunschtraum... Was sind denn das für Träume, die uns die Filmdirektoren und die Romanschreiber da vorträumen?

Das sind verjährte Wunschträume.

Das sind Ideale in den Formen von gestern und vorgestern und vorvorgestern. Wollen das die Leute?

Immer haben sie sich nach Luxus gesehnt, nach Reichtum ... gewiß. Aber die Dinge liegen doch in Mitteleuropa heute so, daß die Mehrzahl aller Menschen froh ist, wenn sie folgende Sachen haben: Arbeit, auskömmlichen Verdienst, Brot, ein Dach überm Kopf, Wärme, keinen Hunger und keine Krankheiten... Das ist schon sehr, sehr viel. Wollen die Leute nun diesen Filmzauber wirklich? Und, wenn sie ihn wollen: gibt es nicht auch so etwas wie eine Verantwortung der Film- und Romanindustrie, dem Publikum gegenüber? Was ist das für billiges Opium und für dummes Zeug!

Es stimmt nicht einmal.

Bei den reichen Leuten sieht es meist ganz anders aus; ich will nicht sagen: snobistisch bescheiden – aber anders. Abgesehen von den ungeheuren Kosten, die solch ein Leben machte, wie es uns da vorgeführt wird: mit den Platinbadewannen, den parfümierten Staubsaugern, den in Brokat eingebundenen Schoßhündchen und den riesigen Säulenhallen vor dem W. C. ... das ist doch gar nicht der Stil unserer Zeit. Auch nicht bei reichen Leuten – grade bei denen nicht. Ja, es ist denkbar, daß sich ein Industrieller einen besonders großen Reitstall hält; irgendeine Liebhaberei pflegt ... einen Sport ... gewiß. Aber dieses Theater da ... ich glaube nicht.

Von der Reklame, die ein offenbar existierender »Weltverband des Ringes der Mädchenhändler« macht, ganz zu schweigen, denn das geht wirklich auf keinen Perserteppich. Welche Preise ...! Ich bin ja ein ehrsamer Mann mit einer so gut wie fleckenreinen Vergangenheit ... aber wenn man das so sieht, welches Schicksal diese Undamen im Film erleiden oder vielmehr genießen – welche Preise da verlangt, geboten und gezahlt werden –: wahrlich, ich ginge hin und täte desgleichen, wenn ich nicht wüßte, daß alles Schwindel wäre und wenn sie mich nicht eben ins falsche Geschlecht hineingeboren hätten. Dafür die vernünftige Aufklärung über Prostitution und dann diese falsche Feinheit: mit Kolliers, Riesen-Schecks, als Liebeslohn immer eine Villa mit Golfteich, Entenpark, Tennisplatz für die Rehe und Auto auf dem Dach? Einer allein kann das gar nicht glauben.

Nun weiß man nicht recht ...

Die Filmdirektoren und die Romanschreiber tun so, als glaubten sie, daß das Publikum glaubt, dergleichen glauben zu müssen. Wirklich? Ja? Ist das so?