Das Stuntmen-Team - Alfred Wallon - E-Book

Das Stuntmen-Team E-Book

Alfred Wallon

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die beiden Stuntmen Lee Cannon und Paul Rowland sind riskante Action gewohnt, wenn sie in einem neuen Film zum Einsatz kommen. Diesmal führt sie ihr neuer Job ins Outback von Australien. In der Nähe von Alice Springs wird ein Action-Film gedreht, und der wichtigste Stuntman Jerry Higgins hat sich bei den Dreharbeiten schwer verletzt. Nun müssen Cannon und Rowland ran. Der Job fordert die beiden auf besondere Weise, denn die beiden waren noch nie zuvor in Australien – und mitten im Outback riskante Action-Szenen zu drehen, ist alles andere als einfach. Als die Filmcrew dann auf eine Gruppe Aborigines trifft und dabei eine heilige Kultstätte unbewusst stört, gibt es jede Menge Ärger. Aber nicht nur mit den Ureinwohnern, sondern sogar mit einem Mitglied der Filmcrew. Denn dem ist Paul Rowland ein Dorn im Auge – und das aus einem guten Grund...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 601

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alfred Wallon

Das Stuntmen-Team

Inhaltsverzeichnis

DAS STUNTMEN-TEAM - Ein Blick zurück

1. Heißer Job im Outback

2. Airport-Terror

3. Sirtaki für Rowland

4. Erpressung lohnt sich nicht

Über den Autor

Weitere Bücher des Autors

Impressum

DAS STUNTMEN-TEAM - Ein Blick zurück

1983 war das Jahr, als ich zum Autorenteam der Serie 320 PS-Jim stieß, die im Kölner Marken-Verlag erschien. Es war die erste deutsche Trucker-Serie, und die Resonanz war sehr positiv. Deshalb beschloss der Verlag, eine zweite Serie an den Start gehen zu lassen – ebenfalls wieder mit zwei markanten Helden. Nur saßen sie damals nicht hinter dem Steuer eines Trucks und waren auf den Highways der USA unterwegs, sondern sie fuhren Motorräder und waren Stuntmen. Ihr Einsatzort war immer dort, wo ein neuer Film gedreht wurde, also auf der ganzen Welt. Und zwischen den Drehpausen fuhren sie mit ihren Motorrädern von einem Abenteuer ins nächste.

Die Inspiration für diese zweite Serie (Zwei Teufelskerle hieß sie im Original) war die sehr erfolgreiche TV-Serie Ein Colt für alle Fälle mit Lee Majors in der Hauptrolle. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich selbst als Zuschauer jeder neuen Folge entgegenfieberte, und den Titelsong The Unknown Stuntman mag ich heute noch gern. Diese TV-Serie hatte alles, was eine gute Serie in den 80er-Jahren ausmachte: Jede Menge Action, Humor, und bekannte andere Serienstars traten dort immer wieder auf. Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Folge, in der einige alte Haudegen aus bekannten Westernserien Lee Majors halfen, die Halunken dingfest zu machen. Und das taten sie auf unvergleichlich spannende Weise.

Zur Stuntmen-Serie des Marken Verlages steuerte ich insgesamt vier Romane bei. Und da ich ja die Serie mit Lee Majors gut kannte, konnte ich mich sehr gut hineinfühlen. Es hat sehr viel Spaß gemacht damals, als die Verlage noch neue Ideen entwickelten und diesen eine Chance zur Veröffentlichung gaben. Heute ist das weitaus schwerer zu realisieren, weil die Flut der Medien deutlich anders ist wie in den 80er-Jahren.

- Alfred Wallon,

Augsburg, im April 2021

1. Heißer Job im Outback

Die heiße Wüstensonne brannte unbarmherzig vom Himmel herab, als sich Jerry Higgins zu seinem Stunt bereitmachte. Der dreißigjährige, sportlich durchtrainierte Australier setzte sich den goldenen Sturzhelm auf die blonden Haare und schnallte ihn fest. Seine Augen waren starr auf den großen Cattle Train gerichtet, der sich wenige Yards vor ihm befand und jetzt mit qualmenden Auspuffrohren und mit dröhnendem Motor losfuhr.

Higgins warf einen letzten Blick nach links, wo er die massige Gestalt des Regisseurs in seinem Klappstuhl bemerkte, der ihm aufmunternd zuwinkte. Der Stuntman winkte zurück und ließ den Motor seiner Maschine, einer 500er Kawasaki an.

»Los, Jungs!«, brüllte von drüben die Stimme des Regisseurs. »Ich will jetzt Action sehen! Film ab!«

Und dann betätigte Jerry Higgins auch schon den Gashebel. Die schwere Maschine schoss wie der Blitz aus dem Stand davon und wirbelte eine ganze Menge des australischen Wüstenstaubes auf. Das Filmteam wurde in einen rotbraunen Nebel gehüllt, der hinter Higgins zurückblieb, und er hörte nicht, wie der Kameramann laut fluchte. Im Übrigen hörte Higgins jetzt überhaupt nichts mehr. Für ihn existierten nicht die zahlreichen Leute vom Filmteam links und rechts der Sandpiste, die die Szene mit weit aufgerissenen Augen beobachteten.

Higgins konzentrierte sich jetzt ganz auf seinen Stunt, den er meistern musste, und der war wirklich alles andere als einfach. Den großen Cattle Train, diesen gewaltigen Volvo F 12, der dort vorne vor ihm auf der Piste fuhr, den musste er mit seinem Feuerstuhl einholen und dann mit einer Maschinenpistole eine Salve auf den Trucker abfeuern - Platzpatronen versteht sich! So wollte es jedenfalls der Typ, der das Drehbuch geschrieben hatte, denn der Held sollte eben nun mal ausgerechnet an dieser Stelle im Film den Bösewicht zur Strecke bringen. Auch wenn’s ein ziemlich blutiges und rücksichtsloses Duell wurde, aber die Zuschauer wollten ja gerade das!

Der Australier legte sich mit dem Oberkörper flach auf den Benzintank, während der Lauf der MP gegen seinen Magen drückte. Die Maschine wurde immer schneller und zischte jetzt mit einer nahezu atemberaubenden Geschwindigkeit über die holprige Piste. Nicht auszudenken, wenn er bei diesem tollen Tempo ins Schleudern geriet. Da würde der Lederanzug, den er trug, auch nicht mehr viel helfen!

Higgins blinzelte ab und zu mit den Augen, weil ihn der aufgewirbelte Staub beim Sehen ziemlich beeinträchtigte, aber noch hatte er sein Motorrad voll im Griff. Der Road Train Gigant war nur noch wenige hundert Yards vor ihm, und es war nur eine Sache von Sekunden, bis Higgins ihn eingeholt haben würde.

Der Stuntman bremste jetzt langsam ab, als er sich im toten Winkel des Volvo befand. Mit einer Hand am Lenker griff er mit der Rechten nach der Maschinenpistole und presste sie eng an den in Leder gekleideten Körper. Hinter ihm raste der Wagen des Kamerateams und drehte die Action-Szene mit. Das war spannend für die Zuschauer! Welche Mühe dieser Stunt machte, wussten die meisten überhaupt nicht.

Jetzt befand sich Higgins auf gleicher Höhe mit dem Fahrerhaus des Intercooler, dessen Besitzer ihn jetzt erblickt hatte. Higgins hob wie in Zeitlupe die Maschinenpistole. Das Gesicht des Truckers verzerrte sich vor Angst, natürlich nur vor der Kamera, in Wirklichkeit war Earl Collins ein Kumpel, mit dem man durch dick und dünn gehen konnte. Aber was tat man nicht alles für eine perfekte Illusion und einen guten Stunt...?

Der Australier hatte seine Maschine immer noch voll unter Kontrolle. Der Lauf der Maschinenpistole schimmerte metallisch in der gleißenden Sonne, als Higgins den Finger am Drücker bewegen wollte. Da geschah plötzlich das Unerwartete! Jerry Higgins sah den Dingo nicht, der plötzlich aus einem Gestrüpp herausrannte.

Earl Collins, der Mann hinter dem Steuer des Volvo Truck, sah den Wildhund ebenfalls nicht, denn laut Drehbuch musste er ja vor Schrecken fast in die Hose machen, und so konnte er den Stuntman ebenfalls nicht mehr warnen.

Das wolfähnliche Tier lief voll in die Kawasaki hinein und riss dadurch das Vorderrad mit so plötzlicher Wucht beiseite, dass Higgins die Gewalt über die Maschine verlor. Wie von einer unsichtbaren Mauer gestoppt, blockierte das Vorderrad und schleuderte wie wild hin und her. Higgins wurde von der vehementen Wucht nach vorn gerissen und flog in hohem Bogen über die Maschine hinweg.

Der Mann schrie, als er durch die Luft gewirbelt wurde und Sekunden später hart auf dem roten Wüstenboden aufschlug. Die Kawasaki trudelte nach links ab und prallte hart gegen einen Felsen, wo sie mit einem ohrenbetäubenden Lärm zerschellte und zerbeult liegenblieb. Aber das alles bekam Jerry Higgins schon längst nicht mit, der in einem Meer von Schmerzen versank.

*

Earl Collins glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er sah, wie die Maschine seines Freundes Higgins von einer unsichtbaren Gewalt abgeblockt wurde. Sofort handelte er grauhaarige Collins und zögerte keine Sekunde! Er trat voll auf die Bremsen. Ein Meer von Staub wirbelte auf, als der riesige Cattle Truck mit plötzlich blockierten Reifen zum Stehen kam.

Collins riss die Seitentür auf und sprang mit einem gewaltigen Satz ins Freie, während der Motor des Trucks noch lief. Das war ihm jetzt alles scheißegal, denn seinen Kollegen hatte es erwischt, und nach ihm musste er sehen. Was aus der Filmszene wurde, das kümmerte ihn einen feuchten Dreck!

Der Trucker hastete in großen Sätzen hinüber zu der Stelle, wo er die regungslose Gestalt von Jerry Higgins im Staub liegen sah. Aus den Augenwinkeln registrierte er den Pritschenwagen des Kamerateams, der jetzt ebenfalls die Unfallstelle erreicht hatte. Die Burschen starrten Collins an, abwartend.

»Na was guckt ihr denn, ihr Arschlöcher!«, schrie der Stuntman aufgebracht. »Jerry hat es erwischt! Jetzt kommt endlich runter und helft mir mal, oder ich werde euch allen was erzählen, kapiert?«

Während sich Collins über den bewusstlosen Higgins beugte, stellte er entsetzt fest, dass das Gesicht des Freundes blutig war und der rechte Arm in geradezu groteskem Winkel von seinem Körper abstand.

»Mist, verdammter«, murmelte der grauhaarige Stuntman, der in den harten Jahren seines Jobs schon so manches erlebt hatte. »Ausgerechnet jetzt, wo er seine Chance bekommen hat, musste das passieren...«

In der Tat war die ganze Sache schon ziemlich tragisch. Seit Wochen schon hatte Higgins keine brauchbaren Angebote der Filmgesellschaften mehr bekommen, und gerade jetzt, wo er Publicity so dringend brauchte, passierte dieser verdammte Unfall.

Neben dem Wagen des Kamerateams stoppte der Range Rover, in dem Regisseur John Crowley und Hauptdarsteller Bruce Harnahan saßen. Higgins hatte Harnahan gedoubelt, wie es heute üblich war. Die feinen Pinkel sahnten vom Film hinterher das meiste ab, obwohl die Stuntmen ihren Kopf hinhalten mussten.

Crowley quälte seine Fettmassen aus dem Sitzpolster des Range Rover und eilte auf Collins und die regungslose Gestalt des ganz in Leder gekleideten Higgins zu. Bruce Harnahan hielt sich ein wenig abseits. Es war bekannt, dass er arrogant und hochnäsig war, und wenn dieser Film nicht so außerordentlich wichtig gewesen wäre, dann hätte Earl Collins ihm jetzt am liebsten eins auf die Schnauze gegeben, selbst auf die Gefahr hin, dass man ihn feuerte.

»Ist er schwer verletzt, Collins?«, fragte Crowley und beugte sich ebenfalls über Higgins. Auch er konnte nur feststellen, dass der Stuntman bewusstlos war. Er fluchte leise vor sich hin, als er notgedrungen daran denken musste, dass Higgins nun ausgefallen war und so schnell nicht ersetzt werden konnte.

»Los, Johnson!«, herrschte er wütend einen seiner Assistenten an, die beim Kamerawagen standen. »Greifen Sie sich das Mikrofon und setzen Sie einen Funkspruch nach Alice Springs ab. Wir brauchen dringend den Flying Doctor Service. Haben Sie das kapiert, Johnson?«

Der blonde Assistent beeilte sich, mit dem Kopf zu nicken und rannte hinüber zur Funkstation, die das Filmteam immer mit sich führte. Die australische Wüste, das sogenannte Outback, war menschenfeindlich und sowohl im Sommer als auch im Winter eine Hölle für Mensch und Tier. Wer gezwungen war, sich hier draußen aufzuhalten, der tat gut daran, ständig in Kontakt mit der Außenwelt zu bleiben, wenn er sich hier draußen nicht auskannte. Das Outback besaß Landstriche, in denen im ganzen Jahr kein einziger Regentropfen fiel, und man erzählte sich Dutzende von dramatischen Ereignissen, in denen Touristen in dieser Hitzehölle verdurstet waren. Nur Freaks und Engländer halten sich in der Hitze im Outback auf, das war ein Sprichwort, das in Australien durchaus berechtigt war.

Während das gesamte Filmteam vor Aufregung hin und her rannte, und John Crowley mit tobender Stimme versuchte, Ordnung in dieses Durcheinander zu bringen, machte sich Johnson am Funkgerät zu schaffen, um den Flying Doctor Service zu verständigen. Alice Springs, die nächste Stadt, war fast hundert Meilen weit entfernt, und Jerry Higgins brauchte dringend ärztliche Versorgung.

*

»Ladies und Gentlemen!«, schallte die Stimme des Ansagers durchs Mikrofon, während er mit lächelnder Miene in die vielen Fernsehkameras starrte, die diese Veranstaltung in weite Teile des Landes übertragen würden. »Das Tamworth Country Music Festival ist stolz darauf, Ihnen heute Abend live einen seiner größten Stars präsentieren zu können. Begrüßen Sie ihn mit stürmischen Applaus! Hier ist er nun - der King of Australian Country Music - Slim Dusty!«

Ohrenbetäubender Beifall, der die Music Hall in ihren Grundfesten erschüttern ließ, brandete auf, als Slim Dusty die Bühne betrat. Der Country Star, der seit mehr als dreißig Jahren an der Spitze der Beliebtheit stand, winkte lächelnd seinen Tausenden von Anhängern zu und startete dann seine Show. Während er seinen Millionenhit Lights on the Hill zum Besten gab, erschallten Rufe der Begeisterung durchs Publikum.

Auch Phil Coe war einer der zahlreichen Country-Music-Fans, die den Auftritt ihres Favoriten natürlich nicht versäumen wollten, Und deswegen hockte auch er vor der Mattscheibe und verfolgte staunend die Ereignisse in Tamworth, dem australischen Nashville, das mehr als 2.000 Meilen von seinem Standort entfernt war.

Am liebsten wäre er jetzt auch dort unten gewesen, aber sein Job ließ es nicht zu, denn Phil Coe hatte hier draußen in Alice Springs eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Er steuerte die Funkzentrale des Flying Doctor Service im Outback, und er hatte dafür zu sorgen, dass die Flugzeuge mit den Notärzten schnell zur Stelle waren, wenn mal Not am Mann war.

In der Tat war dieser ärztliche Flugdienst eine Besonderheit, wie es sie nur in Australien gibt. 1928, als sich das Flugzeug auch in Australien durchzusetzen begann, kam ein presbyterianischer Missionar namens John Flynn auf den Gedanken, die notleidende und kranke Bevölkerung, die draußen im Outback lebte, auf diese Weise sehr schnell zu versorgen. Heute unterhielt der Flying Doctor Service in Australien 14 Stationen und besaß eine eigene Flotte von Sanitätsflugzeugen und Helikoptern. In Alice Springs war die Einsatzzentrale, und eben Phil Coe hatte die Aufgabe, das Ganze zu überwachen.

Coes Augen waren weiterhin auf den Bildschirm gerichtet, als Slim Dusty den Auftritt seiner Frau Joy McKean ankündigte, und anschließend sangen beide zusammen Sunset Years Of life. Coe zweifelte keine Sekunde daran, dass Slim Dusty auch in diesem Jahr bei den alljährlich stattfindenden Auszeichnungen wieder die meisten Preise absahnen würde. Das war schon Gewohnheit, genauso wie die Tatsache, dass er, Coe, Notdienst leisten musste, wenn es ihm am wenigsten passte. Aber zum Glück hatte er in der Station ja ein kleines Fernsehgerät und konnte auf diese Weise die wichtigsten Ereignisse kurz mitverfolgen.

Coe wurde unsanft aus seinen Träumen gerissen, als er mit einem Mal über den Äther eine stotternde Stimme vernahm, die ziemlich aufgeregt klang.

»Ty Johnson ruft Flying Doctors in Alice Springs! Hört mich jemand? Ich wiederhole, Ty Johnson ruft...«

Von einer Sekunde zur anderen war Phil Coe voll in seinem Element. Vergessen waren das Country Music Festival in Tamworth und der Jubel der Fans, jetzt war er wieder ganz Stationsleiter. Mit einer geschickten Handbewegung griff er nach dem Mikrofon, während er mit der Linken den Sendekanal besser einzustellen versuchte.

»Flying Doctor Service Alice Springs hier!«, antwortete er mit lauter und deutlicher Stimme. »Stationsleiter Phil Coe. Wer spricht?«

»Hier ist Ty Johnson vom DWS-Filmteam!«, kam es über den rauschenden Äther zurück. »Wir sind hier draußen im Outback, ungefähr hundert Meilen von Alice Springs entfernt und kurz vor dem Uluru-Nationalpark. Es hat einen Unfall gegeben. Einer unserer Stuntmen ist mit seinem Motorrad verunglückt und braucht dringend einen Arzt. Bitte schicken Sie ein Flugzeug!«

»Habe verstanden!«, gab Coe zurück und forderte Johnson nochmals kurz auf, seine Position genau zu beschreiben. »Wir schicken sofort eine Sanitätsmaschine los. Bitte warten Sie solange. Ende!«

Phil Coe legte das Mikrofon beiseite und hastete hinüber zum Telefon. Seine Finger wählten die Verbindung zu den Hangars, wo die Piloten auf ihren Einsatz warteten. Wenige Augenblicke später meldete sich jemand am anderen Ende der Leitung.

»Joe, eine Aufgabe für dich!«, sagte Coe. »Du und Trotter müsst sofort ins Outback. Ein Schwerverletzter. Brecht sofort auf und gebt mir Bescheid, wenn ihr angekommen seid, verstanden?«

*

Joe Maguire steuerte die fünfsitzige DeHavilland Maschine sicher über die Wüstenlandschaft. Vor wenigen Minuten waren er selbst und der Notarzt Trotter von der Sandpiste in Alice Springs gestartet und befanden sich jetzt auf dem Weg ins Outback, wo ein Verletzter auf sie wartete.

Das Sanitätsflugzeug hatte schon etliche Jahre auf dem Buckel, war aber technisch und optisch einwandfrei gewartet. In seinem Inneren bot es genügend Platz für einen Kranken, und an medizinischen Instrumenten und Medikamenten fehlte es auch nicht. Kein Wunder, denn die Regierung in Canberra unterstützte diesen ärztlichen Notdienst kräftig, denn auch die Politiker hatten begriffen, wie wichtig diese Einrichtung hier draußen war.

»Diese verdammten Filmfritzen!«, schimpfte Trotter und schüttelte den Kopf. »Wie kommen die auch nur auf die Idee, mitten im Sommer im Outback einen Film zu drehen? Jeder weiß doch, dass es da vor Hitze kaum auszuhalten ist!«

»Es sind Ausländer, Mel!,« erwiderte Pilot Maguire. »Und die wollen doch immer alles besser wissen. Aber vielleicht begreifen sie jetzt, dass man hier im Outback nicht spaßen sollte.«

Bei diesen Worten warf er einen Blick hinunter auf die wüstenähnliche Landschaft, die sie seit einiger Zeit überflogen. Das Outback sah überall gleich aus. Nur dürres Gebüsch, verkrüppelte Bäume und Felsen, und alles umgeben von rotbraunem Staub in einer geradezu mörderischen Hitze. Überhaupt war der Riesenkontinent Australien nur an der Küste dicht besiedelt. Im Inneren des Landes gab es außer einigen Ranches, sogenannten Cattle Stations, nichts. Das Land war zu unmenschlich, und überleben konnten hier draußen nur die Aborigines, die australischen Ureinwohner.

»Coe hat gesagt, dass das Filmteam in der Nähe des Uluru-Nationalparks dreht«, sagte jetzt Trotter und schaute nach Westen auf die Felsenkuppen des Olga-Gebirges, die sich dunkel vor dem strahlend-blauen Himmel abhoben. »Also müssten wir doch gleich da sein!«

Maguire erkannte wenig später, dass Trotter recht hatte. Tief unter der DeHavilland erkannte er die Zelte und Fahrzeuge der Menschen, die von der fixen Idee besessen waren, hier draußen einen Film zu drehen. Der Pilot überlegte nicht lange und schaute sich im Gelände um. Ungefähr hundert Yards von den Zelten gab es ein ebenes Gelände, frei von Felsen und Bäumen. Dort würde der erfahrene Buschpilot, der seit mehr als zehn Jahren für den Flying Doctor Service tätig war, landen.

Das Flugzeug wendete in einer langgezogenen Schleife und setzte dann zur Landung an. Geschickt setzte Maguire das Flugzeug auf dem Boden auf, der doch nicht so eben war, als er gedacht hatte. Aber trotzdem landete er routiniert und sicher und ließ die Maschine ausrollen.

Während er die Instrumente nochmals kurz überprüfte, schaute Trotter hinaus und sah einen Range Rover zusammen mit einem Pick-Up-Truck, der sich dem Flugzeug näherte. Der Arzt war der erste, der ausstieg und wartete ab, bis die beiden Wagen vor ihm anhielten. Hinter dem Steuer des Pick-Up saß ein fettleibiger Mensch, den Trotter sofort als den Verantwortlichen des Unternehmens einstufte.

»Sind Sie der Arzt?«, fragte der Dicke Trotter, ohne ihn zu begrüßen, wie es der Anstand eigentlich erfordert hätte. »Dann kommen Sie schnell. Einer unserer Stuntmen hat sich beim Motorradfahren schwere Verletzungen zugezogen. Er liegt drüben in einem der Zelte. Nun los!«

Trotter und Maguire, der jetzt ebenfalls die Maschine verlassen hatte, bewaffneten sich mit den notwendigen Medikamenten und einer Trage und folgten dann dem Regisseur, der sich als John Crowley vorgestellt hatte, hinüber zu den anderen. Trotter schenkte den Dutzenden von Kameraleuten, Starlets und Technikern keine allzu große Beachtung. Für ihn war das wichtigste immer noch der verletzte Patient, und um den ging es ja schließlich hier.

Jerry Higgins sah nicht gut aus, als sich der Arzt über ihn beugte und ihn untersuchte. Von dem grauhaarigen Stuntman Collins, der die ganze Zeit nicht von Higgins Seite gewichen war, hatte er erfahren, dass der Verletzte nur ganz kurz zu sich gekommen war, und dann wieder vor sich hingedämmert hatte. Ein notdürftiger Verband bedeckte seinen Kopf, und sein Gesicht war weiß wie ein Bettlaken. Trotter untersuchte ihn und schüttelte dann stumm den Kopf.

»Der Mann hat vermutlich eine schwere Gehirnerschütterung!«, stellte er fest. »Was an inneren Organen in Mitleidenschaft gezogen worden ist, kann ich noch nicht mal sagen. Auf jeden Fall muss er sofort ins Krankenhaus nach Alice Springs. Los, helfen Sie mir, ihn für den Transport fertig zu machen!«

Collins und Maguire legten vorsichtig Hand an, als sie den verletzten Higgins auf die Trage betteten. Trotter beaufsichtigte das Ganze, und er schärfte den beiden Männern ein, vorsichtig mit dem Patienten umzugehen. Langsam trugen sie Higgins hinüber zum Sanitätsflugzeug, und Augenblicke später startete Joe Maguire die Maschine und flog in Richtung Süden davon.

»Und was jetzt?«, fragte Bruce Harnahan den Regisseur, der mitansehen musste, wie sein bester Stuntman wegtransportiert wurde. »Soll ich mich jetzt etwa selbst auf die Maschine setzen und die Szene drehen? Nein, mein lieber Crowley, dafür bin ich mir zu schade. Das können Sie nicht von mir erwarten...«

John Crowley verfluchte diesen gottverdammten Yankee, der sich hier aufplusterte wie ein eitler Pfau. Schlimm genug, was passiert war, aber das ließ sich leider nicht ändern. Auf jeden Fall kamen sie so nicht weiter.

»Wir fahren erst mal zurück nach Alice Springs!«, entschied der Regisseur mit leiser Stimme. »Ich muss jetzt mit ein paar Leuten telefonieren, und dann sehen wir weiter. Freuen Sie sich nicht darüber, dass Sie Ihren bequemen Hintern wieder in den Swimmingpool stecken können, Harnahan?«

Der bekannte Schauspieler wurde bleich bis unter die Haarwurzel.

»Also - das ist eine Unverschämtheit, Crowley!«, tobte er. »In diesem Ton lasse ich nicht mit mir reden. Ich werde mich beim Produzenten über Sie beschweren und...«

»Tun Sie’s doch, Mann!«, unterbrach ihn der Regisseur heftig. »Was glauben Sie, wie sehr ich darauf pfeife? Sie kommen mir mit Ihrem launenhaften Verhalten gerade recht. Mensch, ein guter Stuntman ist ausgefallen, und ehrlich gesagt, der ist mir wesentlich sympathischer als Sie...«

Mit diesen Worten ließ er den verdutzten Schauspieler im Wüstensand stehen und wandte sich jetzt seinen Assistenten zu, die er mit barscher Stimme anschrie, alle Zelte abzubrechen und auf den Truck zu laden. Alles in allem war es ein beschissener Tag, und diese verdammte Hitze kam noch hinzu...

*

Der dunkelhaarige Mann lehnte sich im Sessel zurück und musterte John Crowley, den Regisseur, unter dessen Leitung schon so viele erfolgreiche Actionfilme gedreht worden waren. Dan Gerrick, der diesen Streifen im Outback produzierte, war eigens von New York nach Australien gekommen, um die Außenaufnahmen zu verfolgen, und jetzt musste ausgerechnet so etwas geschehen.

»Crowley, wie um alles in der Welt konnte das geschehen?«, fragte Gerrick mit einer Stimme, die die Wut nur mühsam zurückhalten konnte. »Ich bin mal fünf Minuten nicht am Drehort, und schon verunglückt einer der Stuntmen. Mann, wissen Sie, wie viel Geld mich dieser Aufschub kostet?«

»Bringen Sie mich ja nicht auf die Palme, Mr. Gerrick«, antwortete der dicke Regisseur und warf einen Blick aus dem Fenster. Alice Springs, die Stadt in der Wüste Australiens, schien um diese Mittagszeit wie ausgestorben. »Sie selbst waren es, der mir gesagt hat, dass dieses Terrain da draußen gut für den Film ist, und wenn Sie das behaupten, dann gehe ich davon aus, Mister, dass Sie sich auch um die Kleinigkeiten gekümmert haben! Ich wollte eine Wüste haben, und keinen Zoo, in dem man alle paar Yards auf irgendein Tier stößt!«

»Das ist doch wohl kein so großes Problem, Crowley«, ereiferte sich der Produzent und nahm einen tiefen Zug aus dem Whiskeyglas, das vor ihm auf dem Schreibtisch stand. »Lassen Sie mich mal in Ruhe mit Sydney telefonieren und gedulden Sie sich. In spätestens zwei Tagen habe ich Ihnen einen neuen Mann besorgt und...«

»Ich will nicht irgendeinen neuen Mann haben, Mister Gerrick, ich will den besten, sonst können Sie sich einen neuen Regisseur suchen, habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt? Also strengen Sie Ihren Kopf an und schaffen Sie mir jemand herbei, und wenn’s gleich zwei sind, dann bin ich auch nicht böse drüber. Hauptsache, die Leute haben was auf dem Kasten!«

»Da gäbe es eine Möglichkeit!«, sagte der Produzent. »Sam Cardigan von CBS hat mal vor einigen Monaten drüben in Colorado einen Streifen gedreht, bei dem zwei risikofreudige Typen die Stunts gemacht haben. Wenn ich mir die ganze Sache so richtig durch den Kopf gehen lasse, dann komme ich mehr oder weniger zu der Überzeugung, dass diese Burschen genau das richtige für Sie sind, Crowley.«

»Dann setzen Sie sich ans Telefon und versuchen Sie, diese Teufelskerle zu engagieren!«, rief Crowley und ging zur Tür. »Am Wochenende finden die nächsten Außenaufnahmen statt, und bis dahin brauche ich die Burschen hier in Alice Springs. Also machen Sie denen da drüben in den Staaten die Hölle heiß, Mann!«

Die Tür schlug zu, als sich John Crowley entfernte. Dan Gerrick seufzte merklich auf. Mit so einem Burschen wie Crowley war es gar nicht leicht auszukommen, aber dieser Fettsack war nun einmal der König der australischen Regisseure, und wenn der was Besonderes haben wollte, dann musste er ihm eben diesen Gefallen tun. Die Millionen, die dieser Streifen in den Kinos einspielen würde, machten diese Mühe bestimmt wett!

Kopfschüttelnd griff Gerrick zum Telefon. Mit zitternden Fingern drehte er die Wählscheibe, während draußen die Sonne weiterhin unbarmherzig vom Himmel brannte.

*

Lee Cannon stöhnte laut auf und wischte sich den Schweiß aus der Stirn, in die sein blondes Haar fiel. Das jungenhafte Grinsen, das sonst seine markanten Gesichtszüge auszeichnete, war einer unbestimmten Trägheit gewichen.

Schon seit einer halben Ewigkeit dampfte dieser Schnellzug nach Norden, in Richtung Alice Springs, und Cannon schien es, als hätten sie sich überhaupt nicht von der Stelle bewegt. Die Landschaft, die er schon seit Stunden am Fenster vorbeihuschen sah, wirkte überall gleich. Nur Sand, Steine, und dürres Gestrüpp, und das, obwohl sie schon fast vier Stunden unterwegs waren.

Cannon warf einen kurzen Blick zu dem Partner, der ihm gegenüber saß und döste, das Vernünftigste, was man jetzt überhaupt in dieser Hitze tun konnte. Paul Rowland schlief schon seit mehr als einer Stunde den Schlaf der Gerechten.

Der blonde Stuntman schaute sich im Zugabteil um. Menschen verschiedener Herkunft und verschiedenen Alters saßen auf den Plätzen. Einige schliefen, andere unterhielten sich, und Cannon spürte zum ersten Mal einen Hauch von der grenzenlosen Weite Australiens.

Zum Glück schlug der Partner jetzt die Augen auf. Rowlands männlich-hartes Gesicht mit dem breiten Oberlippenbart begann zu lächeln. Er streckte beide Arme aus und gähnte laut,

»Sind wir schon am Ziel?«, fragte der große Mann mit leicht verschlafener Stimme. »Was ist denn los mit dir, Lee? Du schaust mich an, als wäre ich das achte Weltwunder!«

»Ich versteh' nicht, wie du in dieser Hitze schlafen kannst, Paul!«, schnaufte Cannon verächtlich. »Mann, ich fühle mich wie im Backofen. Wären wir doch nie in dieses Land gekommen! Mensch, wie lange dauert es denn noch, bis wir in diesem gottverfluchten Alice Springs sind?«

Rowland wollte gerade darauf etwas erwidern, als sich jemand in ihre Unterhaltung mischte. Der dunkelhaarige Stuntman wandte den Kopf und blickte in das verrunzelte Gesicht eines alten weißhaarigen Mannes, der auf seinem Kopf einen Hut mit nach unten gebogener Krempe trug.

»Tschuldigung, wenn ich mich einmische, Mates!«, sagte er mit einer Stimme, die der Alkohol gezeichnet hatte. »Aber ihr seid wohl nicht von hier, oder?«

»Was der nicht alles bemerkt?«, stellte Cannon fest, und erhob sich ungeduldig von seinem Platz, um Ausschau nach etwas Trinkbarem zu halten. Rowland blickte ihm grinsend nach und schenkte dann seine Aufmerksamkeit dem Mann, der ihn angesprochen hatte.

»Wir wollen nach Alice Springs!«, sagte er als Antwort. »Kennen Sie die Stadt, Mister?«

»Oh, ja!«, erwiderte dieser. »Gibt wohl keinen wie den alten Henry Shaughnessy, der The Alice so gut kennt. Die Stadt ist eine Perle in dieser Wüste. Waren Sie schon mal draußen im Outback, Mister?«

Rowland schüttelte den Kopf.

»Ich bin das erste Mal in Australien, Mr. Shaughnessy«, antwortete er. »Mein Partner und ich wurden nach Alice Springs gerufen. Dort dreht man einen Film, und wir sind als Stuntmen mit von der Partie. Übrigens, ich heiße Paul Rowland, und mein hitziger Freund ist Lee Cannon.«

»Unglaublich!«, sagte der weißhaarige Mann und schüttelte den Kopf. »Einen Film hier draußen im Outback? Junge, haben Sie eigentlich eine Vorstellung von dem, was denn dort auf Sie zukommt? Ich sehe Ihnen nämlich an, dass Sie wohl glauben, der Job hier draußen wäre ein Kinderspiel. Oh, nein, im Gegenteil! Das Outback ist ein wahres Paradies für den, der sich darin auskennt. Wild und schön, anders kann ich es nicht beschreiben, aber es wird zum Grab für den, der es nicht kennt. Hüten Sie sich vor dem Outback, Junge!«, sagte der Mann mit beschwörender Stimme. »Es kann leicht zur tödlichen Falle werden. Gehen Sie nie allein und...«

»Ich habe uns was zum Trinken organisiert!«, rief Cannon mit stolzer Stimme, der sich Rowland und Shaughnessy unbemerkt genähert hatte. Grinsend warf er dem Partner eine Büchse Bier zu. »Was ist, ich hab’ doch nicht etwa euer Gespräch gestört...?«

»Wie man’s nimmt«, erwiderte Rowland und nahm einen tiefen Zug aus der Bierbüchse. »Wissen Sie übrigens, wann wir in Alice Springs ankommen, Mr. Shaughnessy? Mein Partner und ich werden langsam unruhig!«

»Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, Jungs«, antwortete jetzt der Alte. »In ungefähr einer halben Stunde sind wir da. Ich werde euch was sagen: Wenn ihr abends in der Stadt mal nicht wisst, was ihr treiben sollt, dann kommt doch einfach mal in einen unserer Pubs. Wir haben sogar einen waschechten Country-Star hier. Ted Egan heißt er, und ganz Alice Springs ist stolz auf ihn. Also weiterhin alles Gute, Fellers!«

Rowland nickte und schaute jetzt auch aus dem Fenster. Die Wüstenlandschaft, die der Schienenstrang durchstieß, hatte sich nur unwesentlich verändert Jetzt war das Gelände felsiger, aber immer noch vollkommen trostlos. Wie hatte man ihnen vor zwei Tagen in Melbourne gesagt? Das Outback ist ein Land für echte Männer! Also macht das Beste daraus...

Cannon war der erste, der am fernen Horizont die Häuser der Stadt auftauchen sah. Er setzte die Bierbüchse ab, die seinen Durst nur wenig gestillt hatte, und machte den Partner darauf aufmerksam.

»Paul, wir sind endlich da!«, stieß er mit erleichterter Stimme hervor. »Ich hab’ schon gedacht, dass diese gottverdammte Zugfahrt überhaupt kein Ende mehr nimmt!«

*

Der Beamte der Indian Pacific Eisenbahnlinie glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er die Ladepapiere ein zweites Mal überprüfte. Aber als er dann in die grinsenden Gesichter von Lee Cannon und Paul Rowland blickte, da wusste er, dass dies die Wahrheit war, so unwahrscheinlich sie ihm auch vorkommen musste.

»Das gibt’s doch nicht!«, stieß er kopfschüttelnd hervor. »Nun sagt bloß nicht, dass ihr beide eure heißen Flitzer bis hierher ins Outback geschleppt habt. Konntet ihr die nicht zu Hause lassen?«

Dann machte er sich an dem Waggon zu schaffen und schob die Tür auf. Die Augen quollen ihm beinahe aus dem Kopf, als er die schweren Maschinen sah. Es handelte sich um zwei prächtige Motorräder, die vor Sauberkeit nur so blitzten - zum einen eine metallicbraune Honda CB 750 T, und zum anderen eine schwarze Harley Davidson, einen jener legendären Feuerstühle, die Peter Fondas Film »Easy Rider« so berühmt gemacht hatten. Und das hier in Alice Springs!

»Wenn Sie fertig mit dem Glotzen sind, dann würden wir uns jetzt gerne unsere Maschinen holen, Mister!«, forderte Cannon den Bahnbeamten auf. »Wir haben’s nämlich eilig, verstehen Sie?«

Der Mann nickte stumm, erledigte die Formalitäten, und wenig später schoben Rowland und Cannon ihre Maschinen über eine Laderampe ins Freie. Die Honda stand Cannon zu, und Rowland war der stolze Besitzer der Harley Davidson. Während Cannon den Feuerstuhl anwarf, wandte sich Rowland nochmal an den Eisenbahner und fragte ihn nach dem Stockmen’s Hotel, wo man sie erwartete. Der Mann gab bereitwillig Auskunft, und schon wenige Sekunden später sah er die beiden Freunde auf ihren Maschinen davonrasen.

Jetzt waren Cannon und Rowland voll in ihrem Element. Die Honda und die Harley Davidson waren ein Teil ihrer selbst. Diese Feuerstühle hatten sie schon auf zahlreichen ihrer Reisen begleitet und vermittelten ihnen einen zusätzlichen Hauch von Spannung und Abenteuer in ihrem ohnehin schon abwechslungsreichen Leben, das die beiden führten.

Cannon fuhr mit der Honda voraus, und Rowland folgte ihm. Die wenigen Menschen, die zur Mittagsstunde sich im Freien aufhielten, unterbrachen ihre Tätigkeit und starrten mit weit aufgerissenen Augen auf die PS-Giganten, die durch die Straßen der Wüstenstadt sausten.

Rowland grinste, während der Fahrtwind sein dunkles Haar durcheinanderwirbelte. Es war überall das gleiche Bild, wo sie auch hinkamen, Ihre Maschinen wurden bestaunt und bewundert, und das kam nicht von ungefähr. Schließlich hatten er und Lee eine Menge Arbeit hineingesteckt, und das hatte sich bis heute mehr als doppelt bezahlt gemacht.

Cannon bog von der Mainstreet ab und fuhr eine schmale Straße entlang, an dessen Ende sich ein mehrstöckiges Haus mit der Aufschrift Stockmen’s Hotel befand.

Der blonde Stuntman bremste ab und steuerte sein Gefährt bis vor den Eingang. Rowland lenkte die Harley hinterher und hielt dann ebenfalls an. Noch bevor er abstieg, erschienen im Eingang des Hotels zwei Männer. Einer der beiden war ziemlich dick und gestikulierte wie wild mit den Händen, als er Cannon und Rowland erblickte. Der andere war groß und hager und trug einen dunklen Anzug, der Schweißflecken aufwies.

»Ihr beiden müsst Lee Cannon und Paul Rowland sein!«, rief jetzt der Dicke aufgeregt.. »Wir erwarten euch schon seit dem frühen Morgen. Ich bin John Crowley, der Regisseur, und der Mensch neben mir ist Produzent Dan Gerrick. Na, was ist? Kommt ihr endlich mit rein? Wir haben schon genug Zeit verloren, Jungs! Morgen müssen wir schon loslegen.«

Crowley ließ die beiden erst gar nicht zu Wort kommen. Cannon blickte erstaunt zu dem Produzenten, doch dieser zuckte nur mit den Achseln. Gegen Crowley war auch er fast machtlos. Also warf Cannon seinem Partner einen kurzen Blick zu, und die beiden folgten dem Regisseur ins Hotel, während draußen eine Schar Kinder zusammenlief, um die Motorräder zu bewundern.

*

Sie hatten nicht viel zu besprechen. Regisseur Crowley und Produzent Gerrick waren heilfroh, dass die Stuntmen so schnell gekommen waren, und das, obwohl sie schon einen 24 Stunden-Flug hinter sich hatten. Hinzu kam noch die anstrengende Bahnfahrt, und deswegen beeilten sich beide, eine Mütze voll Schlaf zu bekommen, denn der kommende Tag würde sehr hart werden. Sie machten es sich in ihren Zimmern bequem, die man für sie reserviert hatte. Der ausgelaugte Körper forderte seinen Tribut, und es dauerte nicht lange, bis Cannon in tiefen Schlaf fiel. Rowland lag noch eine Weile gedankenverloren auf dem Bett, bis auch ihn die Müdigkeit übermannte und die Lider schwer wie Blei wurden.

Paul Rowland wachte auf, als die Sonne schon weit im Westen stand und das Outback in eine rote Feuerhölle tauchte. Jetzt, nachdem die größte Hitze abgeklungen war, schien die kleine Stadt zum Leben zu erwachen. Draußen auf der Sandpiste fuhren Autos vorbei, und der Straßenlärm drang bis zum Hotelfenster hoch. Rowland gähnte und fuhr sich mit der Hand durch das dichte schwarze Haar, als er sich aus dem Bett erhob.

Er taumelte ins Bad und nahm eine kalte Dusche. Der Schock weckte seine Lebensgeister, und schon wenige Augenblicke später war er hellwach. Drüben aus dem Nebenzimmer hörte er, wie Cannon ebenfalls herumhantierte. Der Bursche war auch schon wach, nun gut, umso besser, dann brauchte er ihn wenigstens nicht mehr zu wecken.

Der große Mann mit dem Oberlippenbart fuhr in seine Jeans und zog sich ein kariertes Baumwollhemd über. Dazu trug er eine kurze Lederjacke. Mit einem letzten Blick vergewisserte er sich, dass er nichts vergessen hatte, dann schloss er die Zimmertür hinter sich ab und trat hinaus auf den Flur, wo er von Cannon bereits erwartet wurde.

»Na, du Langschläfer!«, begrüßte ihn der Freund scherzhaft, wobei er wieder dieses typische Grinsen drauf hatte. »Was meinst du, machen wir heute Abend?«

»Keine Ahnung, Lee!«, antwortete Rowland. »Ich denke, dass wir nochmal kurz in einen der Pubs fahren, eine Kleinigkeit trinken und dann zeitig zurückkommen. Du weißt, morgen steht eine ganze Menge Arbeit an...«

»Wem sagst du das, Mann?«, erwiderte der Freund und winkte ihm, zu folgen. »Was anderes hatte ich doch auch nicht im Sinn. Wer weiß, vielleicht treffen wir noch irgendwo zwei einsame Girls, die sich langweilen. Wäre doch nicht schlecht, oder?«

Rowland schüttelte den Kopf. Das war das sicherste Zeichen, dass Lee seine Müdigkeit überwunden hatte. Dieser Höllenhund, den er seinen Partner nannte, ließ keine Gelegenheit aus, um schöne Mädchen kennenzulernen, und er selbst war da auch kein Kostverächter. Nun, mal sehen, was der Abend noch brachte.

Unten im Foyer trafen sie Regisseur Crowley, der mit Zeitungslektüre beschäftigt war. Er blickte auf, als er die beiden Stuntmen die Treppe herunterkommen sah.

»Na, wollt ihr euch noch mal die Stadt ansehen, Jungs?«, fragte er. »Denkt dran, morgen früh geht’s zeitig raus. Ich will keine verschlafenen Gesichter sehen, klar?«

»Ach was, Mr, Crowley!«, beschwichtigte ihn Rowland. »Wir haben kein großes Gelage vor. Sagen Sie uns mal lieber, wo wir es uns in der Stadt vielleicht für ein oder zwei Stunden noch gemütlich machen können. Schließlich kennen wir uns in diesem Wüstennest nicht besonders aus.«

»Na, viel zum Verlaufen gibt’s hier gerade nicht«, grinste der Dicke. »Aber ich gebe euch einen Tipp. Ein Teil des Teams ist heute Abend im Irish Pub. Da hat Ted Egan seinen Auftritt. Wenn ihr schon mal in Alice seid, dann müsst ihr ihn euch ansehen. Ein fantastischer Country-Star!«

»Klingt nicht schlecht!« meinte Rowland und warf dem Partner einen auffordernden Blick zu. »Bei der Gelegenheit können wir gleich unsere Kollegen kennenlernen. Auf geht’s, Lee! Schönen Abend noch, Mr. Crowley!«

Rowland schritt mit schweren Schritten hinüber zur Harley Davidson, deren schwarzer Lack im untergehenden Sonnenlicht schimmerte. Dann saß er auf und warf den Feuerstuhl an. Sekunden später fuhr er mit zügigem Tempo davon. Cannon holte ihn mit seiner Honda schnell ein, und die beiden Freunde fuhren nebeneinander in Richtung Stadtmitte.

Sie brauchten nicht lange, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Das Irish Pub lag im Kern der Stadt, und die vielen Autos, die davor hielten, waren ein deutlicher Beweis dafür, dass es an diesem Abend dort heiß herging. Dieser Ted Egan musste ja was ganz besonderes sein, dachte Rowland, als er seine Maschine abbremste und auf dem Parkplatz abstellte. Er wartete auf Lee, dann gingen die Freunde auf den Eingang des Pubs zu.

Rauchgeschwängerte Luft, die nach Alkohol und sonstigem stank, schlug ihnen dick entgegen. Es war ein typischer Australian Pub, und das Publikum war ziemlich gemischt. An der Theke standen die Stockmen, australische Cowboys, die von den außerhalb liegenden Rinderfarmen in die Stadt gekommen waren, um sich hier einen hinter die Binde zu kippen. Zwei Barkeeper hatten alle Hände voll zu tun, um den Wünschen sämtlicher Gäste nachzukommen.

Cannon entdeckte an einem großen Ecktisch einen Trupp Leute, die er sofort als Filmteam einstufte. Und in der gleichen Sekunde hatte man auch die beiden Neuankömmlinge entdeckt. Ein älterer grauhaariger Mann erhob sich vom Tisch und ging auf Cannon zu.

»Ihr seid wohl die Stuntmen, die Crowley aus den Staaten angefordert hat!«, stellte er mit nüchterner Stimme fest. »Ich hab’ euch eben mit euren Feuerstühlen vorfahren sehen. Jetzt sagt bloß, dass ihr die Maschinen von der USA bis hierüber mitgeschleppt habt. Ihr müsst ja was ganz besonderes sein, dass Gerrick diesen Spaß bezahlt hat...«

»Wie man’s nimmt!«, erwiderte Cannon. »Mit unseren Maschinen ist es wie bei einer schönen Frau - wenn man sie erst mal hat, dann trennt man sich nur schwer von ihr.«

Der Grauhaarige lachte, und Cannon stellte sich und Rowland daraufhin vor.

»Freut mich mächtig, euch kennenzulernen!«, antwortete der Mann. »Ich heiße Earl Collins. Wir sind Kollegen. Ich übernehme die ganzen technischen Stunts und solchen Kram. Aber jetzt reden wir mal nicht von der Arbeit. Kommt doch ’rüber zu uns. Ich will euch den anderen mal vorstellen und außerdem tritt ja gleich Ted Egan auf.«

Cannon und Rowland folgten Collins zu dem Ecktisch, an dem die anderen saßen. Die beiden Neuankömmlinge wurden gründlich gemustert, und Cannon tat das gleiche. Seine Blicke huschten über die Runde. Collins stellte die Leute vor. Da waren zunächst Tony Fuller und Hank Marvin, zwei Tontechniker. Joe Mulligan, der Kameramann, war eher ein schweigsamer Typ. Da war Joy Watson, die einzige Schauspielerin in der Runde, schon eine Augenweide. Cannon und Rowland stellten mit Kennerblick fest, dass dieses Girl genau ihrer Kragenweite entsprach. Eine Superfigur, ein hübsches Gesicht, und lange schwarze Haare, was wollte man mehr...?

Den Schluß des Teams bildeten Jeannie Miller, ein schlankes, etwas unansehnlich gekleidetes Mädchen, das Cannon mit Blicken fast verschlang. Doch dieser achtete überhaupt nicht darauf. Und zu guter Letzt saß am rechten Ende des Tisches Robert Wallace, der zweite Kameramann.

»So, jetzt wisst ihr, wen ihr vor euch habt, Männer!«, beendete Collins seine Rede.

»Und jetzt setzt euch mal hin, denn nun kommt der interessante Teil und...«

Der grauhaarige Mann wollte noch mehr sagen, brach seinen Satz jedoch abrupt ab, als Ted Egan die kleine Bühne betrat. Beifall ertönte, während der Sänger mit seiner Gitarre Platz nahm und schon einige Akkorde anschlug. Ted Egan war eine Berühmtheit in Alice Springs. Der Mann gehörte zu dieser Stadt wie der gewaltige Ayers Rock draußen im Outback.

»Hallo, Mates!«, begrüßte der Sänger sein Publikum. »Freut mich, dass ihr heute Abend so zahlreich erschienen seid. Ich singe euch jetzt einen Song über das Rodeo, und zwar heißt das Ganze Riding high the Aussie way.«

Und dann legte Ted Egan los. Es war ein schwungvoller Song, und das Publikum klatschte begeistert mit. Auch Cannon konnte sich dieser Faszination, die auf ihn übergriff, nicht entziehen. Rowlands Blicke dagegen hingen an der schwarzhaarigen Joy Watson, die so tat, als bemerke sie es nicht. Und als Ted Egan seine erste Pause machte, erhob sie sich von ihrem Platz und ging in Richtung Toiletten davon.

Rowland widmete sich wieder seinem Bier, konnte sich aber nicht so recht darauf konzentrieren. Deshalb stand er ebenfalls auf und bahnte sich einen Weg durchs Gedrängel hinaus ins Freie. Die stechenden Blicke des Kameramannes Joe Mulligan bemerkte er nicht, dagegen registrierte es Cannon sehr gut, der zwei und zwei zusammenzählen konnte.

Während Ted Egan mit seinem Programm weitermachte, ging Paul Rowland hinaus ins Freie und entdeckte das schwarzhaarige Girl auf dem Parkplatz neben den beiden Feuerstühlen. Als Joy Watson bemerkte, dass jemand kam, drehte sie sich hastig um. Erst war sie erschrocken, als sie Rowland erkannte, dann huschte jedoch ein Lächeln über ihre Lippen.

»Hi«, murmelte Rowland und grinste. »Gefallen Ihnen unsere Maschinen, Lady? Sind nicht gerade solche, die man jeden Tag sieht...«

»Ich hab’ euch beide heute Mittag schon gesehen, als ihr im Hotel ankamt«, antwortete Joy und strich sich mit nervösen Fingern eine Strähne des schwarzen Haares aus der Stirn, während ihre Augen Rowlands Blick auswichen. »Da sind mir die Maschinen schon aufgefallen, und ich dachte mir, jetzt wäre eine gute Gelegenheit, sie mir mal aus der Nähe anzusehen!«

»Gefällt Ihnen Ted Egan nicht?«, fragte Rowland mit leiser Stimme und näherte sich Joy, die vor ihm aber nicht zurückwich. »Ich finde, er singt sehr gut!«

»Warum sind Sie dann nicht drin geblieben und sehen sich den Rest der Show an?«, konterte jetzt das Girl. »Oder hatten Sie was ganz anderes im Sinn?«

Diese Frage war wohl eindeutig. Dieses Biest hatte es faustdick hinter den Ohren. Sie wollte Rowland, und das gab sie ihm durch ihr Verhalten auch ganz eindeutig zu verstehen. Sie nahm wirklich kein Blatt vor den Mund. Deshalb beschloss der Stuntman, hier keine unnötigen weiteren Worte zu verlieren. Er streckte seinen Arm aus und legte ihn ihr über die Schulter. Damit war der Bann gebrochen. Joy Watson schmiegte sich an den großen Mann und hob den Kopf. Rowland küsste sie, erst sanft, dann fordernd, und sie erwiderte sein Begehren.

Als sich die beiden voneinander trennten, musste auch Rowland tief Luft holen. Teufel nochmal, so was war ihm schon lange nicht mehr über den Weg gelaufen. Und ausgerechnet hier draußen im australischen Outback - wer hätte das gedacht?

»Denkst du jetzt schlecht über mich, weil ich das tue, was ich möchte?«, fragte Joy und lehnte sich an Rowland. »Wenn mir jemand gefällt, dann sage ich es ihm auch.«

»Ist schon okay, Mädchen!«, erwiderte der Stuntman und strich ihr sanft über die Haare. »Das kommt schon öfter vor, dass sich zwei wie Magnete anziehen und...«

Er wollte seinen Satz fortführen, als er mit einem Mal von einer heftigen Stimme unterbrochen wurde. Rowland und Joy fuhren erschrocken auseinander, und der Stuntman erblickte den bärtigen Kameramann Joe Mulligan, der wutschnaubend näherkam.

»Wo zum Teufel hast du gesteckt, Joy?«, rief er mit wütender Stimme. »Ich warte im Pub schon eine halbe Ewigkeit auf dich, und du treibst dich hier draußen mit diesem Burschen herum!«

»Joe Mulligan!«, antwortete das Girl jetzt mit hochrotem Kopf. »Ich bin weder mit dir verlobt noch verheiratet und kann demzufolge tun und lassen, was ich will. Und du wärst der letzte, von dem ich es mir vorschreiben ließe, verstanden?«

»Na, da brat mir aber einer einen Storch!« schimpfte Mulligan erregt. »Vor einer Woche hast du noch ganz anders geklungen und...«

»Was vor einer Woche war, interessiert mich nicht mehr!«, unterbrach ihn das Girl. »Also sei ein lieber braver Junge und geh wieder ins Pub. Wir kommen bald nach.«

Joe Mulligan tat so, als habe er die Aufforderung Joys nicht gehört. Seine zornigen Blicke richteten sich auf den großen Stuntman. Da beschloss Rowland, einzugreifen.

»Hör mal, mein Freund!«, sagte er dann. »Ich weiß nicht, was zwischen dem Girl und dir vorgefallen ist, und es interessiert mich auch gar nicht. Was ich nur sehe, ist, dass du im Moment störst. Also verpiss dich, bevor ich ungemütlich werde!«

Paul Rowland war normalerweise ein ruhiger Mensch, aber dieser eifersüchtige Gockel ging ihm doch schwer auf den Wecker, und deshalb beschloss er, ihm die Krallen zu stutzen.

»Du Hundesohn!«, keuchte Mulligan und ballte die Fäuste. »Du hast mir mein Girl ausgespannt. Jetzt mach’ ich dich fertig!«

Und dann griff er Rowland mit einem wilden Schrei an. Aber der große Mann hatte schon längst reagiert. Er riß den Kopf zur Seite, und die Faust des Kameramannes zischte haarscharf an seinem Ohr vorbei. Dagegen landete er selbst einen Treffer in Mulligans Magengrube, der nicht von schlechten Eltern war. Jedenfalls krümmte sich dieser vor Schmerz, gab aber immer noch nicht auf. Hass leuchtete in seinen Augen, als er zum zweiten Mal angriff.

Und diesmal schaffte er es sogar, Rowland die Faust ans Kinn zu knallen, dass diesem sämtliche Sterne vor den Augen tanzten. Damit konnte Mulligan ihn aber nicht schachmatt setzen - im Gegenteil. Rowland wurde jetzt erst richtig wach. Er blockte die Hiebe des Kameramannes ab und drehte jetzt den Spieß um. Ein erneuter Treffer in Mulligans Magen und ein anschließender Schlag auf die Kinnspitze setzten diesem so unnötigen Streit ein rasches Ende. Der Kameramann brach zusammen und blieb stöhnend auf dem Asphalt liegen.

»Idiot!«, keuchte Rowland atemlos und sah aus den Augenwinkeln, wie Cannon und die restlichen Mitglieder des Teams sich dem Ort des Kampfes näherten. Cannon hatte geahnt, was passieren würde, denn er wusste genau, dass sein Freund Rowland kein Kostverächter war. Nur war diesmal ein eifersüchtiger Kerl mit im Spiel gewesen, dem der kurze, aber heftige Flirt nicht gepasst hatte.

»Was ist passiert, Rowland?«, fragte der grauhaarige Collins, der genauso überrascht war wie die anderen. »Weshalb haben Sie Mulligan zusammengeschlagen? Mensch, er ist einer unserer besten Kameraleute. Crowley braucht ihn!«

»Dieser Trottel kam auf mich zu gestürmt wie ein Wilder, als Joy und ich uns gerade ein wenig unterhielten!«, erklärte Rowland, und allen Anwesenden war klar, was er damit meinte. »Ich wollte vernünftig mit ihm reden, aber dieser Bursche wurde ja gleich wild wie ein Stier. Das muss ich mir ja wohl nicht gefallen lassen, oder?«

»Vergessen wir die Sache!«, schlug Collins vor und half Mulligan auf die Beine. Der Tontechniker Marvin griff ebenfalls mit zu, denn Mulligan war noch ziemlich schwach, aber umso größer war die Wut in seinen Augen auf Paul Rowland, der ihn ja ziemlich blamiert hatte.

»Na warte, Bursche!«, knurrte er mit gefährlich leiser Stimme und ließ sich nur unter Protest von Marvin und Tony Fuller wegbringen. »Das zahl’ ich dir schon noch heim, Rowland! Und dich will ich nicht mehr sehen, Joy!«

Er schimpfte noch eine Zeitlang. Joy Watson blickte schuldbewusst zu Boden, denn schließlich war sie der Grund für diese dumme Schlägerei gewesen. Rowland sah, wie es um das Mädchen stand, und nahm sie in die Arme.

»Ich bring’ dich jetzt am besten ins Hotel, Joy«, schlug er ihr vor, und sie nickte stumm. Während das Girl hinter ihm auf der Harley aufsaß, blinzelte er Cannon nochmal zu. Dann fuhr er mit Joy davon.

»Wie hat dein Freund das nur angestellt?«, fragte jetzt der grauhaarige Stuntman den blonden Cannon. »Joy Watson ist normalerweise ein Girl, die niemanden an sich ran lässt. Was mit Mulligan war, weiß ich nicht, aber der hat sich wohl Hoffnungen gemacht!«

»So ist es meistens bei den Frauen«, erwiderte Cannon lächelnd. »Man versteht sie erst dann, wenn es schon zu spät ist. Aber Paul wird das Kind schon schaukeln, da mach’ ich mir überhaupt keine Sorgen. Morgen früh ist die ganze Sache vergessen, und dann gibt’s nur noch den Film, wegen dem wir ja schließlich hier sind. Bis dahin wirst du meinem Partner das bisschen Vergnügen doch gönnen, Collins. Na, nun kommt schon!«, sagte er zu Jeannie Miller und Robert Wallace, die noch übrig geblieben waren. »Wir gehen jetzt wieder ins Pub und trinken noch was, okay?«

Jeannie Miller strich sich eine Strähne des blonden Haares zurück. Sie lächelte Cannon zu, und dieser grinste zurück. Wer weiß, vielleicht wurde der Abend doch noch ganz interessant...?

*

Noch bevor die Sonne aufging, war das Filmteam bereits auf den Beinen. Regisseur Crowley sorgte mit ziemlicher Hektik dafür, dass keine kostbare Zeit vergeudet wurde, und trieb die Mannschaft ziemlich hart an. Er nahm keine Rücksicht auf Schauspieler oder auf das Personal, denn heute würde es einen anstrengenden Tag geben, und je eher sie mit den Dreharbeiten anfingen, umso mehr konnten sie hinter sich bringen.

Cannon musste unwillkürlich grinsen, als er seinen Freund Rowland zusammen mit Joy Watson am Frühstückstisch sitzen sah. Der schwarzhaarige Stuntman langte recht kräftig zu. Anscheinend hatte er es nötig, denn Cannon war sich ziemlich sicher, dass er sich die Nacht über mit der Schauspielerin nicht nur über die Dreharbeiten unterhalten hatte...

Der Volvo, der auch im Film eine tragende Rolle spielte, diente unter anderem auch dazu, die gesamte technische Ausrüstung, zu transportieren, und so war es ein recht kleiner Konvoi, der nur eine Stunde später ins Outback aufbrach. An der Spitze fuhr der Range Rover mit Crowley und Gerrick am Steuer, dann folgten der große Truck und dahinter dann die Fahrzeuge mit den Schauspielern und Technikern.

Earl Collins lenkte den Volvo, und Cannon und Rowland fuhren mit ihm. Sie hatten sich mit dem grauhaarigen Stuntman schnell angefreundet, und als dieser den beiden erlaubt hatte, ihre Feuerstühle einfach mit aufzuladen, da war die Sache klar. Vielleicht erwiesen sich Honda und Harley draußen im Outback als gute Hilfe.

»Und, wie war’s denn mit Joy?«, fragte Collins, der den Truck sicher nach Südwesten steuerte und über die beide Ohren grinste. »Nicht wahr, sie ist schon ein tolles Girl?«

Rowland, der ganz rechts saß, nickte stumm, sagte aber nichts weiter dazu. Was mit ihm und der Schauspielerin gewesen war, das ging nur sie beide etwas an. Cannon hatte das begriffen und fragte auch nicht danach. Joy hatte in Rowland den Eindruck erweckt, dass sie verdammt einsam war und durch solche Typen wie Joe Mulligan bedrängt wurde, und er hatte es ihr versprechen müssen, sie vor dem Kameramann zu beschützen.

Die Morgensonne tauchte das Outback in gleißende Helligkeit. Rowland erinnerte sich in diesem Moment an die Worte des alten Henry Shaughnessy, der ihnen im Zug von der Schönheit dieses Wüstengebietes erzählt hatte, und weiß Gott, der Mann hatte recht. Die zahlreichen Felsen und verkrüppelten Bäume und Sträucher, sie vermittelten einen Eindruck von Unberührtheit und Abgeschiedenheit, so als sei es das erste Mal, dass ein Mensch seinen Fuß auf dieses Fleckchen Erde setzte.

»Wir sind gleich da!«, erklärte Collins und zeigte mit dem Finger in Richtung Horizont. »Seht ihr da hinten die flachen Hügel? Da beginnt der Uluru-Nationalpark, und dort werden wir auch drehen. Wer weiß, wenn’s Crowley in den Kram passt, fahren wir vielleicht noch weiter bis zum Ayers Rock.«

Es dauerte noch eine halbe Stunde, bis sie am Ziel waren, dann stoppte der Konvoi. Regisseur John Crowley ging zu Collins und den beiden Stuntmen, die gerade den Volvo verlassen wollten.

»Einen Augenblick noch, Jungs!«, sagte der Regisseur, und seine Worte galten auch dem grauhaarigen Collins. »Wir drehen den Stunt heute Nachmittag da drüben hinter den Felsen. Fahrt doch mal rüber und schaut euch das Gelände an. Gerrick hat mir zwar versprochen, dass alles einwandfrei ist, aber ich möchte das aus dem Mund derjenigen hören, die dort Kopf und Kragen riskieren. Also, wenn ihr mir sagt, dass das Gelände okay ist, fangen wir mit den Dreharbeiten an!«

*

Lee Cannon wischte sich den Schweiß aus der Stirn und blieb stehen. Obwohl es noch Vormittag war, herrschte hier draußen bereits eine drückende Hitze. Der Stuntman blickte hinunter in die Senke, in der sie den Truck abgestellt hatten und dann weiter nördlich, wo am Horizont das Camp des Filmteams schwach zu erkennen war.

»Du solltest dich nicht überanstrengen, Lee!«, riet ihm der erfahrene Collins. »Sonst hältst du es nicht lange aus, verstehst du?«

Cannon wollte gerade darauf etwas erwidern, als ihn ein plötzliches Geräusch verstummen ließ. Zuerst glaubte er, sich getäuscht zu haben, aber dann hörte er es wieder. Es war ein dumpfes, langgezogenes Trommeln, das von irgendwoher zwischen den Felsen zu kommen schien.

»Hörst du das, Paul?«, fragte Cannon aufgeregt den Freund. »Das sind doch Trommeln, Mann! Wer zum Teufel ist das?«

Rowland vernahm die dumpfen Trommelschläge ebenfalls. Sie klangen unheimlich fremd, wie aus einer Zeit, die schon Jahrtausende weit zurücklag, und sie wirkten irgendwie trotzdem faszinierend.

»Collins, weißt du, was das bedeutet?«, fragte Rowland, der keine richtige Antwort darauf wusste. »Sind das Menschen, oder ist das der Wüstenwind, der durch die Felsen pfeift?«

»Mann, euch beiden sieht man wirklich an, dass ihr das erste Mal in Australien seid!«, antwortete Collins grinsend. »Das sind die Trommeln der Aborigines, die schwarzen Ureinwohner, versteht ihr? Sie halten irgendwo da drüben eine Versammlung ab, und die Trommeln gehören mit dazu, kapiert ihr?«

»Das möchte ich sehen!«, rief Rowland spontan. »Mann, Collins, so was interessiert mich. Das wirkt ja fast auf mich, als wäre ich im Wilden Westen..

»Vergleiche das ja nicht mit Amerika, mein Freund«, versuchte Collins zu erklären. »Solche Menschen wie die Aborigines findest du nur einmal in der Welt, und deshalb ist es besser, wenn wir sie in Ruhe lassen. Wenn wir sie bei ihrer Zeremonie stören, ist denen das gar nicht recht. Also lassen wir diese Blacks da, wo sie sind, Jungs, und fahren wieder zu Crowley zurück, einverstanden?«

»Paul hat recht, Earl«, meldete sich jetzt auch Cannon zu Wort. »Weshalb ziehst du denn den Schwanz ein, Mensch? Ich will diese Aborigines auch sehen, und wenn du nicht mitgehst, dann gehen Paul und ich eben alleine. Mann, Collins, wir leben im zwanzigsten Jahrhundert. So wild und kriegerisch können die gar nicht sein.«

»So ist es immer!«, schimpfte der grauhaarige Stuntman und ging kopfschüttelnd voran. »Ihr Yankees müsst immer alles besser wissen! Aber nun gut, ihr sollt euren Spaß haben. Los, folgt mir, aber seid um Himmels willen leise. Die brauchen uns nicht unbedingt zu sehen!«

Rowland und Cannon folgten dem erfahrenen Australier, der sich nicht zum ersten Mal hier draußen aufhielt. Collins kannte sich im Outback recht gut aus. Als Stuntman hatte er schon so manchen Streifen in der Wüste gedreht, und deshalb glaubten ihm die Freunde auch, wenn er zur Vorsicht riet.

Collins hatte als erster die Spitze des Plateaus erreicht und spähte dann vorsichtig hinunter in die Senke. Dann duckte er sich und winkte Rowland und Cannon, näherzukommen. Die beiden schlichen sich langsam an Collins heran.

»So, jetzt könnt ihr euch das Ganze ansehen, Freunde«, sagte der grauhaarige Stuntman. »Aber macht keinen Lärm, ich sag’s euch nicht nochmal.«

Rowland warf einen Blick über die Felsen und wurde Zeuge eines seltsamen Schauspiels, das er sein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen sollte. Unten in der Senke tummelten sich schwarzhäutige, nur mit Lendenschurzen bekleidete Gestalten, fast unheimlich bemalt und tätowiert. Eine Gruppe Aborigines tanzte zu dem Trommelschlägen anderer, und ihre Körperbewegungen zeigten deutlich, dass sie sich in einem Zustand der Ekstase befanden.

Es waren nur Männer und Greise. Rowland sah keine einzige Frau oder ein Kind. Er blickte Collins fragend an.

»Ich versteh’ überhaupt nichts mehr, Earl«, flüsterte er. »Was zum Teufel machen die denn da unten? Ist das ein Stamm, und wenn ja, wo sind dann die Frauen und Kinder?«

»Ich hab’ dir und Lee gesagt, dass ihr keine Ahnung von Australien habt«, erwiderte Collins ebenfalls leise. »Siehst du diese länglichen bemalten Holzstücke da drüben bei den Büschen? Das sind Tjuringas, die Totems der Aborigines, die keine Frau sehen dar! Mann o Mann, wir sind an einem heiligen Ort.«

»Und was heißt das?«, fragte Cannon.

»Das heißt, dass es vermutlich Ärger geben wird«, antwortete Collins kopfschüttelnd. »Wir müssen zurück zu Crowley und den anderen. Er muss unbedingt erfahren, dass...«

Er hielt unwillkürlich inne, als ein Schatten über ihn fiel. Rowland bemerkte es und drehte sich um. Der schwarzhaarige Stuntman zuckte zusammen, als er in die hässliche Fratze eines Eingeborenen blickte, der sie mit einem Speer in der Hand bedrohte. Ein zweiter trat hinter den Felsen hervor, ebenfalls mit einem Speer bewaffnet, und sein tätowiertes Gesicht verhieß ebenfalls nichts Gutes, Die Aborigines machten Gesten, die wohl besagten, dass die drei Weißen hinunter in die Senke gehen sollten, »

Was sollen wir tun, Earl?«, zischte Rowland zu Collins herüber. »Mann, die sind ja fuchsteufelswild.«

»Ich hab’ euch gewarnt«, raunte Collins zurück, während er vorwärtsging. »Aber ihr wolltet ja nicht hören. Ihr beide könnt jetzt beten, dass wir mit heiler Haut aus dieser Sache wieder herauskommen.«

Cannon warf nur einen kurzen Blick auf den Speer mit der Steinspitze. Er war überaus primitiv konstruiert, was zählte, war die Entschlossenheit des Schwarzen, diese Waffe auch einzusetzen, und daran zweifelte Cannon keine Sekunde. Beide, sowohl Rowland als auch er waren durchtrainierte kampferfahrene Männer, aber hier zögerten sie doch, weil diese Aborigines anders als alles waren, was sie bis jetzt kennengelernt hatten. Deshalb folgten sie Collins Rat und verhielten sich passiv.

Als sie sich in der Senke befanden, konnte Rowland die Holztotems besser erkennen, die Collins Tjuringas genannt hatte. Es waren lange, skulpturenartige Gebilde, und sie stellten Andeutungen von fremden Gesichtern dar.

Rowland Aufmerksamkeit richtete sich auf einen älteren Mann, dessen Gesicht voller Runzeln war. Seine Augen waren es, die drohend wirkten, und er richtete jetzt einige Worte in einer dumpfen fremd klingenden Sprache an die drei Weißen.

»Verstehst du, was er sagt, Earl?«, fragte Cannon, und der grauhaarige Stuntman nickte,

»Nicht alles«, erwiderte dieser. »Aber ich hab’ mich mal mit ihrer Sprache ein bisschen beschäftigt und kann einzelne Wortfetzen verstehen. Jungs, wir stecken in einer beschissenen Situation, sag’ ich euch. Wir haben die Aborigines in ihrer Traumzeit gestört.«

»Was ist die Traumzeit?«, fragte Rowland.

»Das ist ihre Urzeit, in der es noch Götter und Fabelwesen auf der Erde gab. In dieser Zeit leben die noch Ungeborenen, und die Toten kehren dorthin zurück. Und hier an diesem Platz ist so ein Ort, an dem sie Zwiesprache mit ihren Göttern halten, aber jetzt seid mal still. Ich muss dem Alten hier was erklären.«

Cannon und Rowland verfolgten gespannt mit, wie Collins mit beiden Händen auf den Anführer der Eingeborenen einredete und die drohenden Gebärden der anderen Stammesmitglieder außer Acht ließ. Rowland spürte die fremde Welt der Aborigines, in die sie eingedrungen waren. Sie war so unsagbar anders, dass er sie nicht begriff.

»Ich habe ihm erklärt, dass wir und noch einige andere da draußen in der Wüste was zu erledigen haben«, wandte sich jetzt Collins an die beiden Freunde. »Ich hab’s versucht, ihnen plausibel zu machen, dass Crowley und sein Team da draußen arbeiten müssen, und dass es nicht lange dauert. Aber der Alte ist stinksauer, weil wir uns auf heiligem Boden aufhalten. Wir stören die Geister, hat er gesagt, und wir sollen zusehen, dass wir verschwinden.«

»Mensch, Collins!«, sagte Cannon. »Dann mach’ dem Burschen doch klar, dass wir liebend gern von hier verschwinden, wenn er uns nur lässt. Über alles andere kann man doch später noch sprechen.«

»So einfach ist das auch nicht!« erwiderte Collins. »Die Aborigines wollen keinen weißen Mann weit und breit hier sehen. Es ist ihr Land, und es sieht ganz so aus, als gibt es in den nächsten Stunden Ärger - es sei denn, Crowley bricht die Dreharbeiten ab. Aber er wird alles andere tun als das. Elender Mist, verdammter!«

Dann fuhr Collins fort, dem alten Mann deutlich zu machen, dass weder er noch Cannon und Rowland böse Absichten hatten, sondern dass sie die Traumzeit nicht weiter stören wollten und am liebsten wieder gehen würden, wenn man sie ließe. Und irgendwie schaffte er es auch, überzeugend zu wirken. Der Anführer stieß ein paar raue Kehllaute aus, und daraufhin ließen die Männer ihre Waffen sinken.

»Wir sollen jetzt gehen, hat er gesagt«, erklärte Collins den Freunden. »Aber wenn wir nicht bis heute Abend aus dieser Gegend verschwunden sind, dann bekommen wir Ärger!«

»Hauen wir erst mal ab!«, schlug Rowland vor, dem die Aborigines unheimlich vorkamen. »Wenn wir beim Volvo sind und im Fahrerhaus sitzen, dann fühle ich mich viel wohler.«

Collins nickte und ging wieder voraus. Während die drei Weißen die Senke verließen, blickte sich Cannon noch ab und zu um, ob ihnen auch niemand folgte, aber man ließ sie wahrhaftig gehen. Sie hatten schon fast das Plateau erreicht, von dem sie den Truck erkennen konnten, als die dumpfen Trommelschläge wieder einsetzten. Und jetzt schien es Cannon fast so, als seien sie noch eine Spur heftiger und drohender.