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Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,3, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Motiv von Schuld und Sühne, das in vielen Kafka-Texten eine Rolle spielt, wird im „Proceß” auf eine besondere Weise thematisiert. In dieser Arbeit werden zunächst vier unterschiedliche Herangehensweisen an den „Proceß”-Text aufgezeigt. Neben der biographischen kommt der religiösen wesentliche Bedeutung zu. Inwiefern jüdische und christliche Motive dabei zu trennen sind, wird als Vorüberlegung festzustellen sein. Mit der Frage nach einem konkreten Verschulden Josef K.´s geht die Überlegung einher, aus welcher Perspektive die Figur Josef K. dem Leser dargestellt wird. Liegt eine personale Erzählsituation und somit eine Identifikation des Leser mit der Figur vor? Oder bleibt dem Leser eine gewisse Distanz, die es ihm ermöglicht, K.´s Denken und Handeln kritisch zu beurteilen? Zwar erwecken die Begriffe Schuld, Sünde und Sühne Assoziationen an die Geschichte des Sündenfalls in der Thora. Die Art und Weise, wie Kafka diese Motive verarbeitet, weisen jedoch auf andere, möglicherweise kabbalistische Quellen hin, von denen Kafka inspiriert worden sein könnte. Daher stellt sich die Frage, in welcher Form Kafka mit der Kabbala in Berührung gekommen ist und welche Strömungen ihn besonders geprägt haben. Anhand von Tagebuchaufzeichnungen werden Parallelen zwischen Motiven in kabbalistischen Legenden und Kafkas eigenem Leben aufgezeigt, die für die Konzeption des „Proceß”-Romans nicht unwesentlich gewesen sein dürften. Dazu ist anzumerken, dass Tagebuchaufzeichnungen und andere persönliche Schriften Kafkas in dieser Arbeit zwar als Hinweise zum besseren Verständnis des Romans aufgefasst werde, daraus allerdings keine Gesetzmäßigkeit zu dessen Deutung abgeleitet wird. Aufschluss über die Problematik von Schuld und Sühne, wie sie speziell bei Josef K. vorliegt, könnte ein Blick auf das Verhältnis von ethisch-moralischen und psychisch-physischen Aspekten bei dieser Figur geben. Die bei der psychoanalytischen Betrachtung möglicherweise gewonnenen Ergebnisse dürfen jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass eine Abstraktion beziehungsweise Verallgemeinerung auf einer höheren, den Gesamtkontext des Romans berücksichtigenden Ebene nötig scheint, um dem Anspruch, originäre jüdisch-chassidische Elemente im „Proceß” aufzuzeigen, gerecht zu werden.
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