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Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Geschichte Europas - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: Sehr gut (1), Universität zu Köln (Seminar für Geschichte und für Philosophie), Veranstaltung: Vormärz und Märzrevolution im Deutschen Bund, Sprache: Deutsch, Abstract: Eine Betrachtung der Ereignisse in Deutschland in März 1848 erfordert aus heutiger Perspektive eine differenzierte Sichtweise. Die klassische Fokussierung auf die Politik der Liberalen und die damit verbundene Konzentration auf das parlamentarische Geschehen in der Paulskirche ist mit dem heutigen Kenntnisstand nicht mehr vereinbar, da sie die ungeheure lokale und regionale Vielfalt, die kaum zu überschauende Vielfalt der Akteure und die komplexe Verknüpfung der gleichzeitig verlaufenden Ereignisstränge verkennt. Ebenso muss die populäre Frage nach den Gründen für das Scheitern des Völkerfrühlings dem heutigen Stand der Forschung gerecht werden. Das Scheitern der Revolution lässt sich nicht monokausal erklären. Es war die Vielzahl der gleichzeitig zu lösenden Probleme, wie die Bildung der Nation, die Schaffung einer Konstitution und die drängende soziale Frage, gepaart mit der Uneinigkeit in Zielsetzung und Vorgehensweise der verschiedenen tragenden sozialen Schichten, die das Scheitern der Revolution bedingte. Aufgabe der vorliegenden Arbeit soll es sein, diese Vielfalt an Handlungsträgern und Handlungsebenen zu betrachten und die daraus resultierenden komplexen Problematiken aufzuzeigen, welche letztendlich zu dem Scheitern der Revolution von 1848 führten.
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Veröffentlichungsjahr: 2005
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1. Einführung
Eine Betrachtung der Ereignisse in Deutschland in März 1848 erfordert aus heutiger Perspektive eine differenzierte Sicht weise.
Die klassische Fokussierung auf die Politik der Liberalen und die damit verbundene Konzentration auf das parlamentarische Geschehen in der Paulskirche ist mit dem heutigen Kenntnisstand nicht mehr vereinbar, da sie die ungeheure lokale und regionale Vielfalt, d ie kaum zu überschauende Vielfalt der Akteure und die komplexe Verknüpfung der gleichzeitig verlaufenden Ereignisstränge verkennt. Ebenso muss die populäre Frage nach den Gründen für das Scheitern des Völkerfrühlings dem heutigen Stand der Forschung gerecht werden. Das Scheitern der Revolution lässt sich nicht monokausal erklären. Es war die Vielzahl der gleichzeitig zu lösenden Probleme, wie die Bildung der Nation, die Schaffung einer Konstitution und die drängende soziale Frage, gepaart mit der Uneinigkeit in Zielsetzung und Vorgehensweise der verschiedenen tragenden sozialen Schichten, die das Scheitern der Revolution bedingte. Aufgabe der vorliegenden Arbeit soll es sein, diese Vielfalt an Handlungsträgern und Handlungsebenen zu betrachten und die daraus resultierenden komplexe n Problematiken aufzuzeigen, welche letztendlich zu dem Scheitern der Revolution von 1848 führten.
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2.1 Anfänge der Revolutio n
Die Nachricht vom Sturz des französischen Königs Louis Philippe durch republikanische Demonstranten am 24. Februar 1848 in Paris war der Auslöser einer Kette von Revolutionen in den deutschen Einzelstaaten. Dennoch war die deutsche Revolution von 1848 keine importierte Revolution. Sie war ein aus deutschen Krisen und Problemen resultierendes Phänomen, das zwar einen Teil der europäischen Revolution darstellte, aber auch von ganz spezifische n eigene n Zielen und Inhalten geprägt war1. Somit fungierte die Revolution in Frankreich als eine Initialzündung, die das angesammelte revolutionäre Potenzial in Deutschland offenbar werden ließ und in einer Volkserhebung mündete2.
Nachdem der revolutionäre Funke über den Rhein gesprungen war, breitete sich der Aufruhr mit überraschender Schnelligkeit in den ersten Märztagen über das ganze klein- und mittelstaatliche Deutschland aus. Der Ablauf war fast überall der gleiche. Mit Straßendemonstrationen, Volksversammlungen, Petitionen, hohem Pathos und edler Begeisterung versuchte das Volk, seine Forderungen nach Aufhebung des monarchischen Waffenmonopols, der Zensur und des Parteienverbotes sowie Demokratisierung der Justiz und Abschaffung der Feudalrechte gegenüber den von der revolutionären Bewegung überraschten Regierungen durchzusetzen3. Nur selten wagten es die Regierungen, den Unruhen und dem Druck der Bevölkerung Militär und Polizei entgegenzusetzen. Erfüllten die Regierungen die Forderungen des Volkes nur zögernd oder nur ansatzweise, wie etwa in Frankfurt und München, so wurde ein Zeug- oder Rathaus gestürmt, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Somit waren die Monarchen gezwungen, sich mit den neuen Kräften zu arrangieren und liberale Märzregierungen einzusetzen. Nur in München verweigerte Ludwig I. die Zusammenarbeit mit den Revolutionä ren und dankte zugunsten seines Sohnes Maximilian II. ab4. Ausgehend vom dritten Deutschland griff die Revolution auf die beiden Großstaaten Preußen und Österreich über. In Wien hatte Metternich zuerst
1Vgl. Nipperdey, Thomas, Deutsche Geschichte 1800-1866, Bürgerwelt und starker Staat, München
1994, S. 595.
2Vgl. Siemann, Wolfram, Die deutsche Revolution von 1848/49, Frankfurt am Main 1985, S. 17.
3Vgl. Vossler, Otto, Die Revolution von 1848 in Deutschland, Frankfurt am Main 1967, S. 63.
4Vgl. Nipperdey, a.a.O., S. 596.
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