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Ein Mädchen wird in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts geboren und erlebt den 2. Weltkrieg als Jugendliche. Sie war BDM - Mädchen und Melder auch während der schrecklichen Bombardierungen Rostocks, im April 1942. Ihre Lehre absolvierte sie in diesen schlimmen Zeiten. Aber, was für eine Jugend hatte sie? Wie war das mit dem Tanzen-Gehen, dem sich Amüsieren-Können in der Zeit? Eine Zeitgeschichte!
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Seitenzahl: 31
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Gabriele Sommer
Das verlorene Leben
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Inhaltsverzeichnis
Titel
DAS VERLORENE LEBEN
Widmung
Impressum neobooks
(Es könnte Dein Letzter sein)
Sie war 13 Jahre alt, als der Fliegeralarm begann.
Ein jugendliches Schulkind noch, klein und zart gebaut.
Wir schreiben das Jahr 1940.
Seit drei Jahren war sie Mitglied bei den „JM“ (Jung Mädchen) und sollte bald in den „BDM“ (Bund Deutscher
Mädchen) aufgenommen werden.
Als sie ein jüngeres Schulmädchen war, war sie organisiert in der „Kükengruppe“.
Organisiert sein wollte sie gerne.
Sie wollte immer so sein, wie ihr großer Bruder.
Dem eiferte sie nach.
Er war ihr Vorbild.
Er ging auf die Oberschule.
Ein „HJ“ (Hitler Junge) war er.
Es gab auch vor diesen verheerenden Bombennächten zu Ostern 1942 immer mal wieder Fliegeralarm.
Dabei bestand kein Kellerzwang.
Die Menschen mussten noch nicht mit ihrem Hab und Gut in die Keller eilen.
Sie beendete die Schule im Jahre 1941, mit 14 Jahren.
Gerne wäre sie weiterhin zum Unterricht gegangen.
Sie war eine gute Schülerin, das Lernen machte ihr Spaß.
Ihre Lehrerin kam mehrfach zu Hausbesuchen zu ihnen und sprach mit ihren Eltern, um sie irgendwie zu
ermuntern, das Schulgeld aufzubringen.
Aber, sie waren vier Kinder zu Hause.
Der Bruder war auf der Mittelschule – er hatte eine Freistelle, der Staat bezahlte seine Mittelschulausbildung.
Nur ein Kind pro Familie bekam diese Freistelle.
Für das andere - oder die anderen Kinder - hätte die Familie das Schulgeld selbst aufbringen müssen.
Das konnten ihre Eltern nicht.
Alle Mädchen, die nach der 8.Klasse abgingen, weil die Eltern für eine weitere Schulausbildung kein Geld hatten
und die dann eine Lehre antreten wollten um einen Beruf zu ergreifen, mussten vorher ein „Pflichtjahr“ absolvieren.
Das wollte sie.
Also kam sie für ein Jahr auf`s Land, zu Bauern, nach Admannshagen.
Dort bekam sie unter dem Dach eine kleine Stube zugewiesen.
„Dor boben is diene Stuv“, sagte der Bauer bei der Begrüßung.
Man sprach Plattdeutsch.
In diesem einen Jahr radelte sie so oft nach Hause, wie es ihr möglich war.
Bei Wind und Wetter war sie unterwegs, um für ein paar Stunden am Wochenende bei ihrer Familie sein zu können.
Das Heimweh war so groß.
Nie zuvor war sie von ihren Lieben getrennt gewesen.
Die Familie lebte in Rostock, in der Altstadt, im Hinterhaus.
Die Familie, das waren die Mutter, die sie vergötterte, der Vater, orthopädischer Schumacher, der dem Alkohol gerne
zusprach - quartalsweise nur, aber dann ordentlich.
Auch zwei ältere Schwestern und der „große“ Bruder lebten mit in der gemeinsamen Wohnung.
Eine der Schwestern war zwei Jahre älter als sie, die andere sogar sechs Jahre.
Sie war die Jüngste in der Riege.
Die älteste der Schwestern war krank.
Sie hatte die „englische Krankheit“.
„Knochenerweichung“ sagten alle.
Sie besuchte die Schule vier Jahre lang und dann kam sie auch geistig nicht mehr mit.
Diese Schwester war behindert und ein Pflegefall.
Sie versuchte also jedes Wochenende nach Hause zu kommen, um ihrer Mutter nahe und behilflich zu sein und auch,
um ihren Bruder zu sehen.
Sonntags dann wollte sie partout nicht zurück auf`s Land- das Heimweh wurde im Laufe der Zeit einfach nicht
weniger.
Das Pflichtjahr dort auf dem Lande war anstrengend für dies junge, zierliche Ding, denn sie wog knapp 43 kg und
war nur 1,50 m klein.
Zu ihren Aufgaben zählten das Ausfegen und Aufwischen des Bauernhauses, auch Gartenarbeit, wie z.B.
Harken, Unkraut zupfen, Gemüse jäten - selbst Hühner und Kälber fütterte sie.
Sie musste mit all` den anderen Arbeitern des Bauernhofes hinaus auf`s Feld, um Rüben zu verziehen,
Kartoffeln aufzusammeln und sie half auch bei der Heuernte.