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Das Vermächtnis der Ahnen an die Krieger des Lichtes bringt den Leser in Kontakt mit der Tiefe seiner Seele und ermuntert ihn, sich mit den eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen. Dieser Roman eröffnet durch eine oft verwendete Symbolsprache sowie auf transzendenten Wegen unbewusste Tore, die anregen sollen. Durch schamanisches Wissen, Heilzeremonien, Übergangsrituale wird der Leser durch dieses Buch geführt, angestoßen und getragen, die Mutter Erde, die Natur aber auch sich selbst reflektierter zu betrachten. Ronja ist jung, attraktiv, beliebt und erfolgreich. Alles eigentlich perfekt, und trotzdem nicht ausgefüllt. Sie folgt nach der wichtigen Enthüllung ihrer Herkunft dem Aufruf ihrer Ahnen, indem sie zurück zu ihren Wurzeln reist: nach Südamerika. Dort trifft sie auf Machú, einen Schamanen. Er hilft ihr, sich auf ihr Wissen zurückzubesinnen und sie auf das Vermächtnis ihrer Ahnen vorzubereiten. Dabei erzählt er ihr von seinem eigenen Heilerweg. Auch erinnert er sie an eine besondere gemeinsame Verbindung, die sie schon vor vielen vergangenen Leben eingegangen sind und die es jetzt zu versöhnen gilt. Anfangs kann Ronja ihm nicht folgen und empfindet das Gesagte als Hokuspokus. Nach Widerständen und starker Rebellion kehren die Erinnerungen allerdings an ihr eigenes schamanisches Wissen allmählich zurück.
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Seitenzahl: 296
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Claudia González Peláez wurde 1979 in Neuss geboren. Sie selbst hat spanische Wurzeln und erzählt in ihrem Roman über einen inneren Ruf der Ahnen, dem sie selbst bereits seit Jahren folgt.
Zwar sind die Figuren und die Erzählungen fiktiv, die Erfahrungen und innerlichen Prozesse des Heilerwegs teilweise durchaus am Leben der Autorin orientiert.
„Der Ruf in mir war so groß, dass ich keine Wahl hatte,als mich ihm hinzugeben. Den Schatz, den ich auf dem Weg gefunden habe, bereichert und inspiriert mein Leben. Die Welt der Spirits mit unserer Welt zu verbinden und als Brückenmensch zu wirken, bereitet mir sehr viel Freude.“
Die Autorin ist Diplom Sozialpädagogin und Gesundheitspraktikerin (BfG): Gekoppelt mit dem schamanischen Wissen arbeitet sie unter anderem mit: Spirit-Yoga, Aura-Chakra-Readings, Bärenkraftmassagen, Energiearbeit und Emotional Rescue. Des Weiteren gibt sie Gesundheitstrainings im Rahmen der Gesundheitsprävention in Unternehmen.
www.sinnesschule-gaia.de
Claudia González Peláez
Das Vermächtnis der Ahnen
an die Krieger des Lichtes
Roman
Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Titels, des Textes oder Teilen daraus, liegen bei der Autorin. Ohne die schriftliche Einwilligung der Autorin darf kein Teil des Romans in irgendeiner Form oder auf irgendeine elektronische oder mechanische Weise für irgendeinen Zweck vervielfältigt werden.
Impressum
Copyright des Buches:© 2014 Claudia González Peláez
Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-1305-0
Copyright der Illustrationen: © 2014 Ksenia Beliaeva: www.kseniabeliaeva.com
CopyrightCover:Autorin,Bilderüber©Fotolia
Das Vermächtnis der Ahnen an die Krieger des Lichtes bringt den Leser in Kontakt mit der Tiefe seiner Seele und ermuntert ihn, sich mit den eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen.
Dieser Roman eröffnet durch eine oft verwendete Symbolsprache sowie auf transzendenten Wegen unbewusste Tore, die anregen sollen.
Durch schamanisches Wissen, Heilzeremonien, Übergangsrituale wird der Leser durch dieses Buch geführt, angestoßen und getragen, die Mutter Erde, die Natur aber auch sich selbst reflektierter zu betrachten.
Ronja ist jung, attraktiv, beliebt und erfolgreich. Alles eigentlich perfekt, und trotzdem nicht ausgefüllt. Sie folgt nach der wichtigen Enthüllung ihrer Herkunft dem Aufruf ihrer Ahnen, indem sie zurück zu ihren Wurzeln reist: nach Südamerika. Dort trifft sie auf Machú, einen Schamanen. Er hilft ihr, sich auf ihr Wissen zurückzubesinnen und sie auf das Vermächtnis ihrer Ahnen vorzubereiten. Dabei erzählt er ihr von seinem eigenen Heilerweg. Auch erinnert er sie an eine besondere gemeinsame Verbindung, die sie schon vor vielen vergangenen Leben eingegangen sind und die es jetzt zu versöhnen gilt. Anfangs kann Ronja ihm nicht folgen und empfindet das Gesagte als Hokuspokus. Nach Widerständen und starker Rebellion kehren die Erinnerungen allerdings an ihr eigenes schamanisches Wissen allmählich zurück.
„Ich sitze hier, ich alte weise Frau. Jetzt habe ich gut reden, jetzt habe ich verstanden.“
Die alte Frau saß auf dem Schaukelstuhl und wippte hin und her, dabei knarrten die Bodenbretter aus Lärchenholz. Ihr Blick reichte weit in die Naturhineinund sie schaute hypnotisiert in die Ferne.
Der Wald war wunderschön anzusehenim Herbst. Die Bäume, die Blätterpracht, wie sie sich Jahr für Jahrin dieser Jahreszeitverfärbten.
Nach einer endlosen Zeit brach sie ihr Schweigen und sprach:
„Ich kenne ihre Kraft,mehr als einmal habe ich sie erlebt und entschieden,meine letzten Jahre hierin der Zwischenweltzu leben,in Einsamkeit, bis diese Kraft endlich von ihr angenommen wird.Das Leben kann lang werden, wenn man es schafft,die Zeit anzuhalten,und das tue ich. Weißtdu, ich habeReisen gelernt. Ja,Reisen von hier aus überall hin, in meine Vergangenheit,in meine Zukunftund auch in deine Zeit,Ronja.Ja!Und weißt du wie, meine geliebte Enkelin? Ganz einfach:
von hier aus,vonmeinem Stuhlaus.Hier werde ich auf dich warten, bis du so weit bist, das Erbe anzunehmen.“
„Sie rufen mich!“ …
Ihre Augen blickten starr wie die eines Falken, und für einen Moment verzerrte sich ihr Gesicht. Ein tiefes durchdringendes Fauchen kam aus ihrem blassen Mund, die Augen verdrehten sich, kullerten nach hinten und rollten hin und her, bis das tiefe Grün aus ihren Augen verschwand.
Es flackerte um sie herum, und ich konnte sie noch leicht keuchen hören: Dann hörte ich ein plötzliches Klirren, das mich aus meinem Traum riss. Hatte ich dieses Geräusch geträumt? Oder war tatsächlich etwas zerbrochen? Ich schaute mich in meinem Zimmer um, doch ich konnte nichts Zerbrochenes entdecken.
Klitschnass, schweißgebadet saß ich aufrecht in meinem kuscheligen Bett und rang nach Luft.
Was war das denn? Vor Aufregung konnte ich kaum atmen. Was habe ich denn nur geträumt? Verzweifelt griff ich nach meinem roten Büchlein auf meinem Nachttisch aus Lärchenholz, der rechts neben meinem Bett stand. Ich hatte mir angewöhnt, dass Büchlein jede Nacht darauf zu legen, um meine Träume aufzuschreiben. Aber es war gar nicht so einfach, sich an das Geträumte zu erinnern. Langsam beruhigte und konzentrierte ich mich. An der Wand vor meinem Bett hatte ich ein Zeichen gemalt, das mir dabei half, meine Träume zu rekonstruieren: Ein weißer Planet und in der Mitte ein roter Kreis. Darauf starrte ich schon die ganze Zeit, aber meine Erinnerung ließ mich im Stich. Enttäuscht legte ich mein Büchlein zur Seite. Wieder nichts!
Mein Blick fiel nach links auf die Wanduhr: 5.45 Uhr. Noch viel zu früh, um aufzustehen.
Ich legte mich wieder hin. Es raschelte. Die Blätter fielen von den Bäumen. Sie hörten sich an wie Musik. Es war mir so wichtig gewesen, ein Zimmer mit Blick in die Natur zu haben, das beruhigte mich einfach. Ich nahm meine Decke und zog sie mir über die Nase, rollte mich zur Seite und fühlte die Wärme der flauschigen, weißen Baumwolldecke.
Es war so schön, hier zu liegen mit dem Blick nach Osten. Ich sah den Halbmond, und wie er blinzelte, genoss den Moment. Ich fühlte mein Herz immer stärker pochen. Ein Hauch von Aufregung überkam mich, die sich durch meinen Magen schlich und mir kleine Stromschläge im Leib verpasste. Dabei lag ich nur still da, warm und eingehüllt.
Der Wecker klingelte und riss mich aus dem Schlaf. Ich war noch einmal eingeschlafen. Vollkommen benommen stolperte ich aus meinem Bett und ging ins Bad. Es war 7:00 Uhr morgens und das Haus noch still. Ich spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und betrachtete mich in meinem antiken Mahagoni-Spiegel.
So stolz war ich auf diesen Spiegel gewesen. Er war ein Erbstück, ich weiß gar nicht mehr genau von wem. Er wurde von einer Generation zur nächsten Generation weitergegeben. „Ein Schmuckstück“, hatte mir meine Mutter erzählt. Aber bei Nachfragen hatte sie mir nie Genaueres erzählen wollen.
So begann also mein Tag. Ich schaute in den Spiegel und blickte in mein Gesicht. Ich sah meine helle Haut, meinen tiefen Blick. Es war immer seltsam für mich gewesen, mich im Spiegel zu betrachten. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich dort noch etwas anderes sah, wenn ich mich zu konzentrieren vermochte.
Ach Quatsch, sagte ich mir, jetzt muss ich aber los.
Und so spritzte ich mir noch einmal kaltes Wasser ins Gesicht, putzte mir die Zähne, warf mir schnell etwas zum Anziehen über und ging die Treppen hinunter.
Draußen traf ich mich, wie jeden Tag mit meiner Freundin vor dem Haus, um mit ihr gemeinsam zur Schule zu gehen. Unter dem Birkenbaum war unser Treffpunkt. Angela stand schon da, mit einem grünen Apfel in der Hand, und wartete auf mich.
„Mensch Ronja, du trödelst ja wieder so, wir kommen zu spät!“, begrüßte sie mich grinsend. „Du bist echt lustig. Du hast deine Jacke mal wieder komplett falsch zugeknöpft“, stellte sie fest.
Erschrocken schaute ich an mir herab und sah, dass meine weiße Kapuzenjacke schief an mir herunterhing, da ich die Knöpfe wieder einmal in Windeseile kreuz und quer geschlossen hatte. Dabei gab ich mir doch solche Mühe, mich dabei zu konzentrieren, aber ich war wohl wieder in Gedanken gewesen.
Zunächst noch geknickt stimmte ich in ihr Lachen mit ein. So gingen wir gutgelaunt in Richtung Betonschule.
In der Schule herrschte normales Treiben. Der Pausenhof hallte vor Lärm, die Schulglocke läutete und wir schlenderten in Richtung Klassenraum.
„Du, Ronja, ich muss dir was erzählen… ich hatte einen Traum!“ berichtete Angela.
„Echt? Und du erinnerst dich daran?“, fragte ich neugierig.
„Ja, klar“, erwiderte sie.
„Dann erzähl doch mal!“, bat ich sie.
Unsere Schritte wurden immer langsamer, und das Gefühl im Herzen meldete sich wieder. Eine innere Unruhe stieg in mir hoch, und für einen Augenblick bedauerte ich, dass ich meinen Traum vergessen hatte.
Angela schloss für einen Moment die Augen, um sich die Szene in Erinnerung zu rufen. „Ich saß da auf unserem Planet Erde. Die Erde war winzig, so dass ich gerade so darauf passte und sie war auch gar nicht rund, sondern spitz. Ich sah mich auf dem Gipfel der Erde sitzen, angelehnt an einen dünnen Apfelbaum. Der Baum besaß zwei Äste. An einem Ast hingen zwei Blüten und ein Blatt, am Ende des anderen ein großer, grüner Apfel. Dieser Ast schien zu brechen, der Apfel drohte herunterzufallen.“
Ich musste schmunzeln. Deswegen hatte Angela heute Morgen zum Apfel gegriffen, ha, ha…, aber ich wollte sie nicht unterbrechen und fragte weiter: „Und, was hast du da gemacht?“
„Ich war ein kleines Kind und saß neben dem Stamm. Mein Kopf war nach unten gebeugt und meine Beine hielt ich umarmt. Ich war traurig. Die Erde begann zu beben, ich versuchte, mich an dem schmächtigen Baum festzuhalten. Als das Beben aufhörte, und ich erleichtert hochschaute, fiel mir der Apfel auf den Kopf.“
Ich musste kurz auflachen, weil ich mir diese Szenerie bildlich vorstellen konnte. Angela erzählte weiter: „Und obwohl es nur ein Traum war, tat mir der Kopf so richtig weh. Von diesem pochenden Schmerz bin ich dann wach geworden und merkte, dass der Schmerz real war. Ein Buch aus einem Regal über meinem Bett war mir auf den Kopf gefallen.“
„Ach, sag bloß… und was war das für ein Buch?“, fragte ich weiter.
„Eines von meiner Mutter. Das Einzige von ihr, das in meinem Regal stand“, antwortete sie. Aber gerade als ich mich nach dem Buchtitel erkundigen wollte, stieß jemand die Tür unseres Klassenraums auf und unsere Lehrerin, Frau Müller, stand mit tadelnder Miene im Gang. Ich befürchtete das Schlimmste, aber Angela konnte ihr mit ihrem sommersprossigen Gesicht wie gewohnt den Wind aus den Segeln nehmen. „Ach, Frau Müller, sie sehen aber heute frisch und erholt aus! Hatte es denn schon geläutet? Wir waren so vertieft in unser Gespräch über Mathematik, dass wir es nicht klingeln hörten.“
Die Lehrerin versuchte ihr Lachen zu unterdrücken und verwies uns mit einem aufgesetzt bösen Blick auf unsere Plätze. Angela und ich betraten grinsend den Unterrichtsraum.
Wir saßen nebeneinander in der dritten Reihe und beobachten Frau Müller, die uns Gleichungen an der Tafel erklärte. Die Stunde schien sich endlos hinzuziehen. Ich konzentrierte mich auf den Buchstaben X und versuchte, die Lösung zu erraten. Plötzlich sah ich, wie sich das X bewegte. Es schien zu tanzen, knickte ein und machte eine Pirouette. Ich stieß Angela mit dem Ellbogen an.
„Siehst du, wie sich das X bewegt?“
Angela blickte mich an und fragte verwirrt: „Wie meinst du das?“
„Angela, das X bewegt sich, es tanzt!“ erwiderte ich.
„Geht es dir gut, Ronja? Du hast ganz rote Wangen“.
Frau Müller wurde auf uns aufmerksam. „Kann ich euch beiden weiterhelfen?“ Mit tadelndem Blick stand sie vor uns. Wir hatten sie bei ihrem Rechenvorgang gestört. Angela ergriff das Wort und sagte entschuldigend: „Ronja geht es nicht so gut!“
„Was hast du denn, Ronja?“ fragte sie mich.
„Frau Müller, das X tanzt auf der Tafel Lambada“, erwiderte ich.
Für einen kurzen Augenblick wurde es in der Klasse still, und im nächsten Moment fingen alle an zu lachen. Nur Frau Müller fand es diesmal nicht lustig.
„So, Ronja, wenn das X doch tanzt, dann kannst du es ja darum bitten, mit dir zu tanzen, vielleicht verrät es dir ja die Lösung.“ Genervt legte sie das Stück Kreide vor mich auf den Tisch und bat mich, nach vorne zu gehen, um den Rechenvorgang zu Ende zu bringen.
Wieder blickte ich zur Tafel. Das X war verschwunden, es hatte sich stattdessen verformt, und ich erkannte die Zahl Siebenundfünfzig.
„Was hast du da vor dich her gemurmelt?“, fragte mich Frau Müller.
„Siebenundfünfzig“, antwortete ich klar und deutlich.
„Sehr gut, Ronja, ich wusste ja gar nicht, dass du diesen Rechenvorgang schon kanntest, sehr gut!“
Zufrieden wandte sie sich von mir ab und ging wieder nach vorne. Angela starrte mich ungläubig an. „Woher hast du denn das gewusst?“, fragte sie mich.
„Ich sag doch, das X hat mir das Ergebnis vorgetanzt“, antwortete ich ratlos.
Den Weg nach Hause ging ich an diesem Tag allein. Ich bummelte durch den Park, bis ich auf unsere Straße gelangte. Die Autos fuhren an mir vorbei. Plötzlich wurde mir für einen Moment schwindelig und schlecht. In meinem Kopf drehte sich alles. Ich lehnte mich an die Mauer einer Häuserreihe und rang verzweifelt nach Luft.
Es war laut undsehr heiß. Ich saß in diesem Zelt,ganz am Rande,verstecktunter einer Decke,und beobachtete,wie sichdieMenschenbewegten. Ich hatte michhineingeschlichen, um das Spektakel sehen zu können, da das Gesetz mir als Frau verbot,dabei zu sein. DieseMänner mit diesen komischen länglichen spitzen Hüten. Sie drehten sichso langeum die eigene Achse,bissie in Trancefielen.Es sah so aus,alsob die Seeleder MenschenihrenKörper verließund sie sichPirouetten gleichinvoller Hingabein den Himmel hineinschraubte.Ich saß unter der Decke und beobachtedas kultische Ritual.Die Männerstreckten die Arme aus,als ob sie etwas empfangen würden. Die weißen kuttenartigenlangenGewänder, die sie trugen,bliesensichbei jeder Drehungballonartig auf. Wie Kreiseldrehten sichdie Tänzer durch den Gang. Welch ein schöner Anblick! Siekreistenschneller und schneller,bis sieimmer wiedergemeinsammit ihren Seelenin die Lufthinaufstiegen,und der Himmelihre Seelenfortwirbelte.
„Fräulein, geht es Ihnen gut?“, hörte ich eine Stimme aus weiter Ferne zu mir sprechen. Etwas benommen öffnete ich meine Augen und erblickte eine alte Dame mit grauem Haar. Sie war von ihrem Fahrrad abgestiegen und hielt mütterlich meinen Arm fest.
„Ja, klar, alles bestens!“, stammelte ich. Die alte Dame schaute besorgt in mein kreidebleiches Gesicht. Ich löste mich aus ihrem Griff und wollte meinen Weg gerade fortsetzen, als ich merkte, wie ich erneut mein Gleichgewicht verlor. Wie ein Kartenhäuschen fiel ich in mir zusammen und musste mich übergeben.
Meine Schlafzimmertür öffnete sich vorsichtig. Meine Mutter schlich sich langsam in mein Zimmer hinein. Sie sah besorgt aus und schaute nach, ob ich noch schlief. Als sie erkannte, dass ich wach war, kam sie näher, um mich zu umarmen.
„Ach, Kindchen, was ist denn passiert? Der Doktor sagte, dass es sich um eine kleine Magenverstimmung handelt.“, sagte sie besorgt. Ich schaute meine Mutter verständnislos an. Im nächsten Augenblick überkam mich ein lautes, unkontrolliertes Lachen.
„Eine Magenverstimmung, ha, ha…“, fuhr ich sie an.
„Aber Kindchen, was hast du denn?“, fragte meine Mutter besorgt. Ich verlor die Beherrschung über mich und meinen Körper. Mir wurde schlecht vor Wut, mein Körper bebte. Glühender Zorn stieg in mir hoch und ließ sich nicht unterdrücken. Meine Augen sahen tollwütig aus. Das Gesicht meiner Mutter war bleich vor Schreck. Für einen Moment wurde es still, bis ich mich im nächsten Augenblick mit einem entsetzlichen, lauten Schrei auf sie warf. Dabei wurde mir schwindelig und ich verlor das Bewusstsein, wobei ich zu Boden und sofort in einen tiefen Traum fiel.
Es roch modrig,und ich lag aufeinemkalten Boden.Splitterfasernackt. Ich konnte nur noch meinen Kopf bewegenundspürte, dass meinHaar an meiner Stirn klebte. Ich versuchte mich zu bewegen und merkte, dass meine Hände gefesselt waren.MitdemBlickfolgteichdenSeilenundsah, dasssie weitausderHütte, in der ich lag,hinausreichten. Meine Beine lagen gespreizt auf demBoden,ineiskaltenEisenschellen.
Oh mein Gott, was machte ich hier?Und wie es roch! Nach verbranntem Fleisch, nach Gras und Holz.Wie lange lag ich wohl hier?Ich hörte Schritte und ein Murmeln, doch ichkonntenichtsverstehen.DieKettengruben sichin meine Hände und Arme,als ich aufstehen wollte.Ich lag regungslos undspürtetrotz meiner Notjeden einzelnen Knochen. Ich konzentrierte mich auf meine Füße,auf meine Schenkel und auf meineScham.Ich bemerkte, wie eine innere Glut durch meinenKörper aufstieg. Dabei wurde esmirheißer und heißer,und ich keuchte laut. Dann hörte ich den Gesang. Mein Geist war wach undwurdevon derMusikangezogen.Ichrangum Fassung undkonzentriertemich auf meinen Körper. Ich wollte nicht gehen. Mein inneres Auge wanderte hoch zu meinem Bauch, zu meinem Leib und verschmolz sichmitdiesem schwarzen, dunklen Fleck, den ich in mir spürte.Es schien so, als ob sich mein Kopf durch meinen Hals und meine Kehle einen Weg aus meinen Körper bahnen wollte.Mein Mund öffnete sich,undmichüberkam ein wahnsinniger,stechenderSchmerz.Ich schrie auf.UnendlichvielBlutschossin Intervallen aus meinemMund. DerroteSaftströmte immer stärker heraus,bis ich michschließlicherbrechen musste.Mit geschlossenenAugen lag ich regungslosauf dem lehmigen Bodenin dieser Hütte.
Nacheiner mir endlos erscheinendenZeit hörte ich,wiesichdie Türöffnete. Schrittenäherten sich. Ich blinzelte leicht und erkannte einen jungen Mann, mit dunklerHaut und einer weißen großen Feder in der Hand. Er beugte sich über mich. Ich roch seine Kriegerhaut.Er war ein Indianer, der sich stark machte für seinen Stamm und dafür kämpfte, dass die Riten und Bräuche seines Volkes weitergeführt wurden.Zärtlich nahm er mein Gesicht inseineHand und strich mir sanft übers Kinn. Er öffnete meinen Mund,undich spürte, wie ersich mir mit seinem Gesicht näherte und plötzlich mit seinem Mund meine Lippen berührte. Er sog an meinemMund,als ob er all meinen vergangenenKummeraus mir herausziehenwollte. SeinSaugen wurde immer intensiver,bis ich mich seiner Kraft ergab.DannleckteermeineanderenWunden weg. Zuerst die im Mundinnenraum, dann glitt er über meine Zunge, meine Lippen undübermein Gesicht.Das Blut warbis zu meiner Brustspitze geflossen,und ich spürte, wie er mit seiner Zunge über meinen Hals schleckte, zwischen meinerBrust,bis zum Gipfel hinauf. Meine Brustwarzenwurden hart. Er sah mich voller Liebe an undverschlossmir mit seiner Hand zärtlichdieAugen.
Dann hörte ich einen Wolfdurchdringendjaulen.Darauffolgte einfurchtbarerSchrei.Und ich spürteeinenTodesbissinmeinerBrust. Unmittelbar danach bebte es unaufhörlich in mir.
Ich lag in einem fremden Zimmer, das nach Desinfektionsmitteln roch. Ich war pitschnass geschwitzt, aber meine Arme und Beine waren nicht angekettet und ich konnte sie wieder frei bewegen. Ich atmete tief durch und wünschte mir den Geruch der Hütte zurück.
Was war passiert, fragte ich mich. Die Tür öffnete sich, und meine Freundin Angela betrat besorgt das Krankenzimmer.
„Ronja, ist alles in Ordnung? Sie mussten dich fesseln, du hattest einen Anfall und hast nach mir gerufen.“
Ich schaute sie sprachlos an. Sie nahm mich in den Arm und strich mir sanft übers Gesicht.
Viele Jahre waren seit diesem Vorfall vergangen. Jetzt saß ich in meinem Büro in der 5. Etage eines weltbekannten Konzerns. Der Sessel kühlte mich an diesem warmen Tag. Mir steckte noch die Müdigkeit der letzten Nacht in den Knochen. Es war spät geworden. Wir waren noch mit unseren Geschäftspartnern ausgegangen, haben Longdrinks getrunken und es war sehr amüsant gewesen. Ich reckte mich, so dass sich meine weiße Bluse spannte. Ich kreiste mit meinen Füßen und ertappte mich bei dem Gedanken, eine kleine Pause machen zu wollen. Dann legte ich meinen Füllfederhalter zur Seite, rollte meinen Bürostuhl nach hinten und ging zur Tür. Ich blickte durch die gläserne Wand auf den Gang, niemand war zu sehen. Schnell drehte ich das Schild um, auf dem stand: »Bitte nicht stören. Wichtiges Meeting!«
Ich ließ die Büro-Jalousien herunter. Mein Blick glitt zum Spiegel, den ich neben der Tür positioniert hatte, und betrachtete mich darin: Ich sah gut aus in meinem Kostüm. Mein schwarzer Rock, der feine Blazer und die anthrazitfarbigen, samtig glänzenden Strumpfhosen passten sehr gut zu mir und zu meiner zierlichen Figur. Ich musste daran denken, wie mich gestern der Geschäftsführer, Dr. Haselnuss, angestarrt hatte. Pardon, eigentlich sollte ich ihn ja Hans-Peter nennen.
„Oh Ja! Hans-Peter Haselnuss.“, sprach ich es leise vor mich hin. Ich musste lachen und näherte mich dem Spiegel mit tanzenden Bewegungen im Rhythmus der letzten Nacht, den ich noch im Ohr hatte. Gestern dort zu tanzen, mich zu drehen, was für ein wunderbares Gefühl war das gewesen, und dazu noch die Aufmerksamkeit der Männer. Ich musste zugeben, dass mir dies geschmeichelt hatte. Hans-Peter, war er vielleicht jemand für mich? Ein erfolgreicher Manager und Rechtsanwalt und schlecht sah er auch nicht aus. Ob er es ernst meinte mit mir?
Das Telefonklingeln holte mich aus meinen Gedanken und brachte mich wieder zurück in die Gegenwart. Ich nahm ab.
„Hallo, Ronja, ich bin es.“, klang eine Stimme aus dem Hörer. Ich erkannte gleich, wer es war. „Ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, heute Abend mit mir Essen zu gehen, ich lade dich auch ein!“, hörte ich ihn fragen.
„Du, Hans-Peter, hat dir die letzte Nacht nicht gereicht? Ich bin noch erschöpft und müsste mich heute Abend erholen. Ich habe noch einiges zu erledigen und du weißt doch, ich muss mich noch auf meine Reise vorbereiten“, antwortete ich.
„Bitte, Ronja, ich würde dich gerne noch einmal sehen, bevor du abreist!“
„O.k., Hans-Peter, aber nicht lang“, antwortete ich. Ich legte auf und ging zum Fenster. Von hier aus konnte ich ziemlich tief hinab blicken. Mein Büro lag in einem sehr hohen Gebäude mitten in der Stadt. Die Straßen waren voll und auf ihnen herrschte das übliche alltägliche Treiben der Menschen. Ich stand hier oben in meinem luxuriösen Büro und hatte es geschafft, eine berühmte Managerin für einen bekannten Konzern zu werden. Das gelang nicht jedermann!
Es klopfte und ich zog mir meinen Rock zurecht. Es war meine Sekretärin, die mir augenzwinkernd ein Päckchen und einen wundervollen Strauß roter Rosen überreichte. Elisabeth kannte mich recht gut, wir hatten uns in den letzten Jahren sehr gut angefreundet und ich verzieh ihr gleich, dass sie mich jetzt in meinen Tagträumen störte.
„Mensch, Ronja, mach das Päckchen auf, ich sterbe vor Neugierde!“ Gespannt nahm ich das Päckchen und die Rosen entgegen. Ich fischte eine kleine Karte aus dem Blumenstrauß, auf der stand: „In Liebe H.P. Bitte trage sie heute Abend“ Überrascht packte ich eine verführerische Schatulle aus. Vorsichtig öffnete ich sie und eine wundervolle Perlenkette leuchtete in dem edlen, schwarzen Etui.
Lissy, so nannte ich meine Sekretärin liebevoll, unterbrach meine Sprachlosigkeit: „Den hast du aber verzaubert. Wie machst du das bloß mit den Männern, dass dir alle immer so zu Füßen liegen?“
Einige Stunden später. Es war mittlerweile dunkel geworden, und ich traf mich mit Hans-Peter bei einem feinen Italiener, der um die Ecke des Büros lag. Er hatte schon Platz genommen. Schick hatte er sich gemacht mit seinem Maß-Anzug. Als ich mich ihm näherte, konnte ich unter seinem weißen Hemd eine große, goldene Uhr blitzen sehen. Hans Peter stand sofort auf, als er mich sah. Er ging um den kleinen Tisch herum, um mir einen Stuhl anzubieten. Ich nahm dankend an und er half mir dabei − ganz Gentlemen − Platz zu nehmen.
„Du siehst wundervoll aus, Ronja. Das rote Kleid steht dir wunderbar. Nur die Kette trägst du nicht“, bemerkte er gleich.
„Sei mir bitte nicht böse, Hans-Peter, aber das Geschenk kann ich nicht annehmen. Es ist viel zu wertvoll“, erwiderte ich. Vorsichtig nahm ich die Schatulle aus meiner schwarzen Handtasche heraus, um sie Hans-Peter zurückzugeben.
„Papperlapapp, bitte nimm mein Geschenk an, es macht mir doch Freude, hübsche Frauen zu beschenken. Wenn du es nicht annimmst, dann bin ich beleidigt“. Zögerlich und ein wenig beschämt, legte ich das Päckchen wieder in meine Handtasche.
Hans-Peter wechselte das Thema: „Wie war dein Tag, Ronja? Hast du wieder alle deine Geschäftspartner von deinen tollen Konzepten überzeugt?“
„Nach letzter Nacht bin ich den Tag heute ruhig angegangen. Ich bin ja nicht mehr die Jüngste, ha, ha. So langsam merke ich wie sich die Dreißig in mir breit machen.“, sagte ich. Woraufhin er amüsiert lachte, nach meiner Hand griff und sagte: „Ronja, du bist wunderschön. Du hast sicherlich gemerkt, wie verzaubert ich von dir bin?“ Er schaute mir lange in die Augen und fuhr dann fort: „Ronja, du musst wissen, ich bin auf der Suche nach einer festen Beziehung.“
Als ich diese liebevollen Worte hörte, wurde ich traurig und entzog mich seinem Griff. Meine Armgelenke schmerzten plötzlich. Dieser Druck in den Gelenken erinnerte mich an meinem Traum in der Hütte, den ich vor Jahren gehabt hatte.
„Du weißt doch, dass ich übermorgen für zwei Monate verreise?“, erwiderte ich. Er nickte bejahend. „Ich weiß, aber ich kann mich auch zwei Monate gedulden, du musst wissen, ich warte schon Jahre auf eine Person wie dich! Es ist etwas Besonderes zwischen dir und mir, das spüre ich.“
Der Chardonnay wurde gebracht. Mir wurde ein wenig schlecht und ich spürte, wie sich mein Magen krümmte. Ich hatte gestern zu viel getrunken und mein Körper warnte mich. Aber es war schon zu spät, das Glas war bereits gefüllt. Instinktiv ergriff ich es und nahm einen kräftigen Schluck, um Zeit zu gewinnen. Ich sah in Hans-Peters Augen und wusste, was er wollte. Er hatte große treue blaue Augen, in denen ich versinken konnte. Ich sah wie in einen ruhigen, aber verlockenden See, in dem ich gerne schwimmen würde. Das Wasser war still und versprach Sicherheit. Ich erkannte, er wollte mehr, er wollte eine starke Frau, die ihn stützte, Kinder, die ihn liebten, ein warmes Heim.
„Ronja! Alles ok?“ unterbrach er meine Gedanken. Ich verschluckte mich und musste laut husten und mich räuspern.
„Ja, klar, alles in Ordnung. Ich habe nur nachgedacht!“, entschuldigte ich mich.
„Hast du mir überhaupt zugehört?“, fragte er mich mit einem kleinen Vorwurf in der Stimme.
„Doch, doch, hab ich“, beschwichtigte ich ihn sofort. Erneut schaute ich ihn an und wollte ihm erklären, was ich fühlte, aber es ging nicht. Ein starker Kloß im Hals hinderte mich mit einem Mal und ich brach unser Gespräch mit den Worten ab: „Du, Hans-Peter, bitte sei mir nicht böse, mir ist nicht gut. Es war doch alles etwas zu viel für mich. Ich ruf dich morgen an, versprochen!“
Ich stand auf und verließ das Lokal.
Zuhause angekommen, zog ich mich schnell aus, lief ins Badezimmer und sprang unter die heiße Dusche. Ich sehnte mich nach meinem Bett und so zog ich mir mein weißes Samtnachthemd an und kuschelte mich unter mein Plumeau. Da lag ich alleine, die Decke über meinen Kopf gezogen. Meine Gedanken kreisten in meinem Kopf. Oh nein, was mag er nur von mir denken? Er kann es sicherlich nicht verstehen, dass ich so plötzlich aufgesprungen und nach Hause gegangen bin.
Ich befreite meinen Kopf von der Decke und starrte auf den Boden. Dabei bemerkte ich, wie mich ein Gegenstand anblinkte. Barfuß stand ich auf, um ihn aufzuheben. Es war Hans-Peters Manschettenknopf!
Letzte Nacht hat er ihn wahrscheinlich hier verloren. Da war noch alles leicht gewesen. Wir waren beschwipst. Nach so einem harten Tag Arbeit in der Konferenz schoss einem der Alkohol schneller ins Blut. Dann das Tanzen in der Diskothek, er bewegte sich mit mir zum Rhythmus der Musik. Ich flirtete sehr gerne. Früher war ich anders gewesen, aber jetzt war es mir gleichgültig, was Kollegen oder andere Menschen von mir dachten. Ich hatte gestern noch angenommen, es wäre für ihn alles nur ein Spiel gewesen. Anschließend begleitete er mich nach Hause und kam mit hoch.