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Eine unvergessliche Reise zu einer großen Liebe – jenseits von Raum und Zeit!
Auf den Spuren einer jungen Hofdame, die im 15. Jahrhundert an der Seite von Isabel von Kastilien lebte, ist die deutsche Journalistin Isaura mit ihrem Freund Marco auf Recherchereise unterwegs. Die historischen Orte üben eine seltsame Wirkung auf Isaura aus: Immer wieder sieht sie fremdartig gekleidete Gestalten und beobachtet merkwürdige Geschehnisse, die nicht in ihre Zeit zu passen scheinen. Als Isaura und Marco einen jahrhundertealten Palast in Córdoba besichtigen, kommt es zu einem Unfall – Isaura stürzt und verliert das Bewusstsein. Als sie wieder erwacht, scheint sie in einer anderen Welt zu sein ...
Zwischen heiliger Inquisition und höfischen Intrigen: das farbenprächtige Spanien des 15. Jahrhunderts erwacht zum Leben.
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Seitenzahl: 624
Ulrike Schweikert
Das Vermächtnisvon Granada
Roman
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Copyright © 2014 by Blanvalet Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.Umschlaggestaltung: www.buerosued.de München, unter Verwendung eines Motivs von Getty Images/Moment/Iztok Alf KurnikKarte: Jürgen SpehSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN: 978-3-641-12462-5V002www.blanvalet.de
Für meine Mutter Brigitte Schweikert und für meinen geliebten Mann Peter Speemann
Prolog
Medina del Campo, 1504
Isaura schritt langsam dahin. Es war dunkel um sie herum, sodass sie nur schemenhafte Konturen wahrnehmen konnte. Ihre Bewegungen waren schwerfällig, als würde sie durch Wasser waten, und doch war sie sich sicher, den Klang ihrer Schritte auf einem Holzfußboden zu hören.
Isaura ging auf das Ende des langen Raumes zu, wo durch eine geöffnete Tür ein Lichtschein auf den Boden fiel. Sie konnte das Muster der Einlegearbeiten erkennen, doch als sie näher kam und das kunstvolle Parkett bewundern wollte, wirbelte Nebel um ihre Füße auf.
Ärgerlich runzelte Isaura die Stirn. Das alles war so unwirklich. Sicher träumte sie und würde gleich erwachen. Sie trat durch die Tür in die Helligkeit und musste geblendet für einen Moment die Augen schließen. Als sie sie wieder öffnete, war der Nebel von ihren Füßen aufgestiegen und umwirbelte sie in kühlen weißen Schwaden. Vorsichtig streckte Isaura ihre Arme aus und tastete sich weiter voran. Nach ein paar Schritten hatte sie das Gefühl, der Nebel würde sich lichten. Eine dunkle Gestalt schälte sich aus dem Weiß. Die Konturen verdichteten sich. Eine Frau kam langsam auf sie zu. War da eine Tür? Sie ahnte einen golden schimmernden Rahmen. Als ein Windhauch den Nebel erfasste und verwehte, bemerkte sie ihren Irrtum. Nein, das war keine Tür. Das war ein großer Spiegel, auf den sie zutrat. Und die Frau, die langsam näher kam und sie ernst anblickte, war sie selbst. Oder zumindest hätte sie es sein müssen, wenn das vor ihr ein Spiegel war. Isaura trat näher und hob grüßend die Hand. Die Frau im Spiegel tat es ihr gleich.
Natürlich.
Noch zwei Schritte, und Isaura erblickte ihre eigenen Gesichtszüge, kein Zweifel, doch wann war sie so gealtert? Ja, sie hatte in letzter Zeit viel durchgemacht, aber diese Falten gehörten nicht zu ihr, und diese Augen hatten viel zu viel Leid gesehen! Isaura wollte gar nicht wissen, was diese tiefe Traurigkeit verursacht hatte. Sie wollte dieses gealterte Ich überhaupt nicht sehen, und dennoch gelang es ihr nicht, den Blick abzuwenden. Er saugte sich geradezu an den tiefen Linien der Entbehrung fest, wanderte über die Wangen und Augen hinauf über die fast noch glatte Stirn bis zu dem streng zurückgekämmten Haar, das unter einer altmodischen Haube verschwand. Dennoch war so viel vom Ansatz zu sehen, um sie erkennen zu lassen, dass es weiß war. Unwillkürlich fasste sich Isaura in ihr Haar, das dunkelbraun in dichten Wellen hätte herabfallen müssen.
Ihre Hand zuckte zurück, als sie den steifen Stoff der Haube berührte und die straff zurückgekämmten Strähnen, die darunter verschwanden.
Das war unmöglich! Mit Erschrecken sah Isaura an sich herab. Nun fühlte sie, wie unbequem die steife Kleidung war, die sie trug. Der Rock reichte ihr bis über die Füße. Das Leibchen lag eng an den Schultern und den Armen an und lief dann in der Taille in einer langen Spitze aus. Rock und Leibchen waren schwarz wie auch die Haube auf ihrem Kopf. Nur ihr Gesicht und das Haar leuchteten ihr geisterhaft entgegen. Isaura öffnete den Mund, doch es kam kein Wort heraus.
Was für ein Glück, dass dies nur ein Traum sein konnte. Ein Albtraum, aus dem sie schon bald erwachen würde. Sie musste nur die Augen schließen und sich ganz fest darauf konzentrieren.
Isaura kniff die Augen zu. Noch immer war dieser seltsame Geruch in ihrer Nase. Ein wenig nach altem Holz und Stein, nein, nach kalten, feuchten Ziegeln. Außerdem roch es nach gebratenem Fleisch und Zwiebeln und noch stärker nach irgendwelchen Kräutern, die erhitzt worden waren, um den Geruch von Alter und Siechtum zu überdecken. Den Geruch des nahenden Todes. Isaura erschrak. Nein, das konnte sie nicht wissen! Sie riss die Augen wieder auf. Der Spiegel war noch immer da und mit ihm das Bild der fremden Frau. Das war nicht sie! Nein, nein, nein!
Ein mitleidiger Blick traf sie, während das Bild – wie sie selbst – heftig den Kopf schüttelte. Dann hörte sie die Stimme.
»Teresa? Wo bist du? Komm zu mir!«
Ein Schauder fuhr durch ihren Körper. Diese Stimme! Sie war, wie das Bild im Spiegel, vertraut und doch fremd. Eine Stimme, die ihr Leben begleitet hatte.
Welches Leben?
Ein Leben voller Kraft und Tatendrang. Nun aber klang sie müde und erschöpft, so traurig und resigniert, dass es Isaura das Herz zerschnitt. Ohne nachzudenken, trat sie einen Schritt vor. Sie hätte sich am Glas des Spiegels den Kopf stoßen müssen, stattdessen spürte sie nur eine eiskalte Welle durch ihren Körper schwappen. Sie war noch immer in dem Raum mit dem kunstvollen Parkettboden, doch der Nebel war verschwunden, die Gerüche und Geräusche um sie waren dagegen jetzt viel intensiver.
»Teresa«, erklang noch einmal die brüchige Stimme.
Isaura raffte ihre Röcke und eilte in die Richtung, aus der die Stimme erklang. »Hier bin ich, Liebste«, sagte sie und ließ sich vor einem Himmelbett auf die Knie sinken, während sie die magere, faltige Hand mit ihren Händen umfasste.
Die Frau im Bett stemmte sich ein wenig hoch und ließ den Blick durch den dämmrigen Raum wandern. Die schweren Vorhänge vor den Fenstern ließen nur wenig Licht herein, und es brannte nur eine einzige Kerze auf der Kommode neben dem Bett. Noch einmal kehrte der majestätische Ausdruck in ihre Miene zurück, und ihre Stimme klang fest, als die Frau alle Anwesenden des Zimmers verwies.
»Meine Zeit ist noch nicht gekommen. Geht und lasst mich mit Teresa allein. Ja, auch Ihr, Eminenz. Ich werde Euch rechtzeitig rufen lassen, ehe es mit mir zu Ende geht.«
Zögernd lösten sich die Männer und Frauen von ihren Plätzen und huschten hinaus. Nur der Mann im Gewand eines Kardinals blieb am Bett stehen und musterte die Sterbende mit ernster Miene.
»Überlegt Euch gut, was Ihr mit Euren letzten Stunden auf dieser Erde anfangt, ehe Ihr vor Gott tretet! Noch habt Ihr Zeit, Euer Leben betend in Reue im Schoß der Kirche zu beschließen, statt in Gesellschaft dieser …«, er zögerte und sagte dann abfällig: »… dieser Frau zu beenden«, doch Isaura war sich sicher, dass ihm eigentlich ein anderes Wort auf der Zunge gelegen hatte. »Es ist Eure Entscheidung, Majestät. Seid Euch der möglichen Folgen bewusst.«
Ein kriegerischer Ausdruck trat in den Blick der Sterbenden, und noch einmal konnte man die Kraft und die Entschlossenheit erahnen, die sie so viele Jahre vorangetrieben hatten. »Ja, wie Ihr sagt, es ist meine Entscheidung, und nun schließt die Tür von außen. Ich werde Euch rufen lassen, wenn ich bereit bin zu gehen.«
Der hagere Kirchenmann bedachte die Königin mit einem letzten strengen Blick, ehe er das Zimmer verließ.
Die beiden Frauen schwiegen, bis sich seine Schritte entfernt hatten.
»Jetzt muss ich dich nicht mehr fragen, ob dies mein Ende ist«, sagte die Königin seltsam leidenschaftslos. »Ich kann den Tod spüren.«
Gerne hätte Isaura ihr widersprochen, doch wie hätte sie in dieser Situation lügen können? Das schien die Sterbende auch nicht zu erwarten. Sie drückte Isauras Hand.
»Nun gilt es also, Abschied zu nehmen.«
»Majestät«, hauchte Isaura und spürte, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.
Die Königin richtete sich noch ein wenig auf und zog sie in ihre Arme. »Nicht Majestät … Freundin und Begleiterin meines Lebens, Teresa.«
Eine Welle von Wärme überwältigte Isaura, als sie die Umarmung erwiderte. »Ach Isabel, nicht ich sollte heute an deinem Bett wachen. Dies wäre Jimenas Platz.« Tränen rannen ihr über die Wangen herab.
Die Königin nickte. »Ja, Jimena und all die anderen, die der Herr mir zu früh genommen hat. Dir und mir. So viele, die ich geliebt habe und die er mir dann grausam aus den Armen riss. Meine Geschwister, meine Kinder, mein geliebter Enkel. All die Hoffnungen dahin. Warum? Vielleicht werde ich ihn fragen, wenn ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehe. Ja, ich möchte wissen, ob Gott einen Plan hatte, als er mir mit meinen Lieben meine Hoffnung und meine Zuversicht raubte. Mir erscheint es sinnlos.«
Isaura nickte. Sie konnte nicht sprechen, so sehr stürmten die fremden Erinnerungen auf sie ein. Das Leid wollte ihr das Herz brechen. Und ihr fiel nichts ein, womit sie der Königin hätte Trost spenden können. Beider Gedanken wanderten von den Toten zu denen, die überlebt hatten. Sie schwiegen und sahen einander ernst an. Isaura wusste nicht, was sie sagen sollte, und so war es Isabel, die weitersprach.
»Juana wird mein Reich erben«, sagte sie fast trotzig. »Sie und ihr Gatte Felipe werden Kastilien regieren, und wenn Fernando zu mir in Gottes Reich heimkehrt, wird ihr Sohn Carlos König von Aragón.«
Isaura schlug die Augen nieder.
»Was? Sage mir, was du siehst«, drängte die Sterbende.
Isaura scheute sich, ihr eine Antwort zu geben. Nein, so wie sich Isabel die Katholische das dachte, würde die Zukunft nicht verlaufen, doch vermutlich ahnte die Königin es selbst. Sie seufzte schwer.
»Du hast mein Testament gelesen«, sagte sie leise. »Habe ich recht mit meiner Sorge? Trägt sie das Erbe meiner Mutter in sich?«
Isaura sah in Isabels Augen. »Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Juana ist impulsiv, und ihre Gefühle wechseln schnell. Sie ist nicht so stark wie du, doch ich bin mir nicht sicher, ob ihr Geist dazu verdammt ist, in Finsternis zu versinken.«
»Was ist es dann, das dir solchen Kummer bereitet?«, drängte Isabel und runzelte die Stirn. »Ich spüre es. Du bist beunruhigt. Wird auch Juana bald sterben wie ihre Geschwister Juan und Isabel?«
Isaura schüttelte den Kopf. »Nein, mach dir keine Sorgen. Juana ist eine gute Gesundheit beschert, und sie wird noch weiteren Kindern das Leben schenken.«
»Was ist es dann?«, bohrte die Königin. »Sag es mir! Sie wird eine schlechte Regentin sein, nicht wahr?«
»Die Last wird nicht allein auf ihren Schultern ruhen«, wich Isaura aus. »Erst wird ihr Vater und dann ihr Sohn Carlos das Schicksal des Landes lenken.«
Isabel schnalzte verärgert mit der Zunge. »Und ihr Gatte Felipe? Was haben wir von ihm zu befürchten? Ich muss zugeben, so recht traue ich den Habsburgern nicht.«
Wieder unterdrückte Isaura einen Seufzer. »Seinetwegen musst du dir keine Sorgen machen.«
Sie fürchtete die nächste Frage, doch Isabel entschied sich anders. »Ich werde nicht weiter in dich dringen. Die Zeit, in der ich etwas bewirken konnte, ist abgelaufen. Ich fühle mich müde und schwach wie nie in meinem Leben. Es ist zu spät, noch etwas zu ändern. Das Rad des Schicksals lässt sich von einer Sterbenden nicht aufhalten.« Sie lachte bitter. »So bleibt mir nur noch eines: dir, meiner lieben Freundin, für deine Kraft und deinen Rat zu danken und dich um einen letzten großen Gefallen zu bitten.«
Isaura wusste, was das war, noch ehe Isabel es aussprach, und ihr war auch bewusst, welch schwere Last Isabel ihr damit aufbürdete – Jahre der Trauer, Verzweiflung und der Finsternis –, doch sie reckte das Kinn und nickte. »Sei ohne Sorge. Ich werde an Juanas Seite bleiben, ganz gleich, was das Schicksal für sie bereithält.«
Isabel drückte ihr noch einmal die Hände. »Ich danke dir. Es ist mir eine große Erleichterung, sie in deiner Obhut zu wissen. Du wirst ihr eine kluge Ratgeberin sein und, wenn sich die Trauer ihrer Seele bemächtigt, sie trösten und ins Leben zurückholen. Scheue dich nicht, streng zu ihr zu sein und sie an ihre Pflichten zu erinnern. Schon morgen wird sie Königin von Kastilien!«
Auf dem Papier, dachte Isaura, nur auf dem Papier wird sie viele Jahre lang Königin sein, doch sie sprach es nicht aus. Sie war froh, dass sich Isabels Züge ein wenig entspannten.
»Und nun lass den Kardinal wieder eintreten, dass er mir ein letztes Mal meine Beichte abnehmen und mich wie ein verzogenes Kind rügen kann.«
Isaura nickte, erhob sich und ging zur Tür, um den Kardinal und Primas von Kastilien, Francisco Jiménez de Cisneros, hereinzubitten.
»Ja, er soll kommen«, sagte Isabel und faltete die Hände über ihrer Bettdecke, »damit ich bereit bin, wenn Fernando eintrifft, um sich von mir zu verabschieden.«
Sie liebt ihn noch immer von Herzen, dachte Isaura verwundert. Nach allem, was die beiden durchgemacht haben. Nach allem, was er ihr angetan hat.
»Teresa, sag mir, er wird doch kommen, nicht wahr? Ich werde ihn in diesem Leben noch einmal sehen?«
»Aber natürlich, Isabel, sei unverzagt«, stieß Isaura aus und floh aus dem Zimmer mit dem Wissen, dass das Letzte, was sie ihrer Freundin und Königin gesagt hatte, eine Lüge war.
Kapitel 1
Tordesillas, Mai 2012
Mit einem tiefen Seufzer schlug Isaura die Augen auf. Sie fühlte sich alles andere als erholt, obgleich die Sonne bereits ins Zimmer schien und sie mehr als acht Stunden geschlafen haben musste. Sie ließ den Blick durch die spärlich möblierte Kammer schweifen, wie um sich selbst davon zu überzeugen, dass sie sich hier in ihrem Bett in Großtante Carmens Häuschen – in ihrem eigenen Häuschen – vor den Toren des Städtchens Tordesillas im zentralen Hochland von Kastilien befand.
Was für ein intensiver Traum – wenn es denn nur ein Traum gewesen war. Isaura war sich da inzwischen nicht mehr sicher. Aber was sollte es sonst gewesen sein? Fremde Erinnerungen? Die der Hofdame Teresa de Lucena, in deren Haut sie scheinbar geschlüpft war? Etwas tief in ihrem Innern wusste es besser, aber Isaura tat sich noch schwer, dieses ungeheuerliche Wissen zuzulassen.
Sie hatte darüber gelesen. In dem alten Buch, der La Caminata de la edad – der Reisenden durch die Jahrhunderte.
Isaura vermied es, über die Bedeutung des Pseudonyms weiter nachzudenken. Ihre Hand strich über das leere Laken neben ihr. Er war fort. Natürlich. Sicher war er längst wieder im Krankenhaus bei der Arbeit oder war noch in der Nacht nach Valladolid in seine eigene Wohnung zurückgekehrt. Isaura drehte den Kopf und sog seinen Geruch ein, der noch immer in ihrem Kopfkissen hing, und andere Erinnerungen stiegen in ihrem Geist auf. Nicht von Geschehnissen, die hunderte Jahre zurücklagen. Diese Erinnerungen waren noch ganz frisch. Kaum ein paar Stunden alt. Es war ihr, als könne sie seine Hände wieder auf ihrer Haut spüren und seinen warmen Atem in ihrem Gesicht. Seine Lippen, die ihren Körper mit Küssen bedeckten und ihr dann liebevolle Worte ins Ohr raunten. Seine durchtrainierten Arme, die sie umschlossen und an sich zogen. Seine kraftvollen Bewegungen schließlich, als er in sie eindrang, sich in ihr bewegte und sie vollständig auszufüllen schien. Und dann die wundervolle Erschöpfung, als sie in seinen Armen einschlief.
Isaura schloss die Augen, um sich noch ein wenig den angenehmen Träumereien hinzugeben. Da zog ihr ein anderer Duft in die Nase.
Frischer Kaffee?
Isaura setzte sich mit einem Ruck auf. Sie vernahm leise Schritte auf der Treppe. Die Tür öffnete sich, und Marco trat ein. Es war ihr, als würde die Sonne unvermittelt noch strahlender scheinen. Er war groß, seine Haut von einem schimmernden Bronzeton. Sein schwarzes Haar trug er kurz geschnitten, die kantigen Wangen bedeckte der Hauch eines dunklen Bartes. Mit seiner sportlichen Figur sah er in der legeren Hose und dem knappen T-Shirt verdammt gut aus. Und wie er sie ansah!
»Buenos días, cariña«, sagte er zärtlich. »Wie geht es dir?« Er lächelte verlegen. »Du hast wieder geträumt. Ich wollte dich nicht stören, also habe ich mich nach unten auf das Sofa verzogen.«
Die Wahrheit lautete wohl eher, dass sie seinen Schlaf gestört hatte, doch im Gegensatz zu ihrem Mann Justus – Exmann!, verbesserte sie sich – war Marco so charmant, es anders auszudrücken.
Isaura ließ sich in ihr Kissen zurücksinken. »Ich wünsche dir auch einen guten Morgen«, gab sie zurück. »Wieso bist du noch hier? Musst du nicht arbeiten?«
Er schüttelte den Kopf. »Spätschicht. Es reicht, wenn ich gegen Mittag losfahre. Möchtest du frühstücken? Es ist alles fertig. Und wenn wir uns beeilen, lässt uns dein Kater auch noch was übrig.«
Isaura warf die Decke von sich. »Golondrino ist in der Küche? Dann müssen wir uns wirklich sputen! Wenn es ums Fressen geht, vergisst er jede Erziehung, die er vielleicht irgendwann einmal genossen hat – wobei ich das eigentlich bezweifle.«
Isaura hastete barfuß die Treppe hinunter, während sich Marco nach ihren Hausschuhen bückte, ihren Bademantel vom Stuhl nahm und ihr dann in die Küche folgte, wo sich der Kater noch immer brav mit seiner Schale Milch beschäftigte. Isaura beugte sich hinab und kraulte ihm die Ohren. »Sehr brav, alter Junge. Und wie war die Jagd heute Nacht?«
Golondrino maunzte und wandte sich dann wieder seiner Milch zu.
»Und was heißt das jetzt?«, erkundigte sich Marco, der zwei Becher mit Kaffee füllte.
Isaura zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber auf alle Fälle will er nicht auf sein Katzenfutter verzichten, so viel steht fest.«
»Das hat er dir gesagt?« Marco hob belustigt die Brauen.
»Das sagt mir die Erfahrung mit diesem stets hungrigen Exemplar eines Streuners«, gab Isaura trocken zurück, während sie zu Marco auf die Eckbank rutschte. Sie griff nach der Milch und füllte ihren Becher bis zum Rand, dann nahm sie mit einem genießerischen Seufzer den ersten Schluck.
»So kann man den Kaffee trinken!«
Marco beobachtete sie mit belustigter Miene. »Mädchenkaffee«, murmelte er, wofür ihn Isaura in die Seite knuffte.
»Das ist natürlich nichts für einen spanischen Macho«, erwiderte sie.
»Genau«, gab er zu, nahm sich die Flasche mit dem Olivenöl und beträufelte das frisch geröstete Weißbrot vom Vortag.
Isaura nahm sich lieber Butter und Marmelade.
»Wie kann man nur so etwas zum Frühstück essen!«
»Dito«, gab Marco zurück und biss herzhaft in sein Brot.
Brüderlich teilten sie sich Rührei und Serranoschinken und tranken ein wenig Orangensaft.
»Himmlisch«, seufzte Isaura und lehnte sich an seine Schulter. Der Kater sprang neben ihr auf die Bank und drängte sich dann unfein zwischen sie. Marco strich ihr mit der einen Hand über die Wange, mit der anderen kraulte er den Kater.
»Unverschämter Bursche«, kommentierte er.
»Und eifersüchtig«, ergänzte Isaura. Sie gab dem Kater einen Schubs, dass er mit einem Protestschrei auf den Boden sprang.
»Du kannst noch den ganzen Tag mit mir schmusen«, rügte sie ihn. »Jetzt ist Marco dran.«
»Ich könnte es auch den ganzen Tag bei dir aushalten«, sagte er und küsste sie zärtlich auf den Mund. Isaura erwiderte den Kuss.
»Dann bleib hier, und melde dich krank.«
Er rückte ein wenig von ihr ab und nahm sich noch ein Stück Brot. »Das geht leider nicht.«
Isaura nickte. »War nicht ernst gemeint. Es ist nur …« Sie seufzte.
»Setz dich einfach draußen auf deine Bank, und genieße die milde Frühlingsluft, die Kastilien nur wenige Tage im Jahr zu bieten hat, ehe der Sommer uns mit seiner gnadenlosen Hitze niederdrückt.«
»Ich kann hier nicht Tag für Tag einfach nur herumsitzen.«
»Gibt es auf dem Hof nicht genug zu tun?«, wunderte sich Marco.
»Schon, aber ich bin Journalistin. Ich habe einen Job, um den ich mich kümmern muss, und eine Wohnung in München und …«
»Ein anderes Leben«, ergänzte Marco. »Heißt das, du willst Spanien verlassen?«
Isaura hob hilflos die Hände. »Ich will nicht fort. Ich muss! Wenn ich mich nicht bald in der Redaktion melde, dann bin ich meinen Job los. Wie dir sicher nicht entgangen ist, taugt der Hof hier eher zum Geld Reinstecken, als um welches zu verdienen.«
Marco nickte. Auch in der gemütlichen Küche war nicht zu übersehen, dass alles in die Jahre gekommen war, und mit ein wenig Gemüse aus dem Garten und ein paar Hühnern konnte man sich selbst in Kastilien nicht über Wasser halten.
»Und deine Geschichte über Spanien? Solltest du nicht eine mehrteilige Reportage über die Historie Kastiliens schreiben?«, hakte Marco nach.
»Ja, das sollte ich, und ich habe noch nichts dafür getan«, gab Isaura bedrückt zu. »Es war einfach alles viel zu viel in letzter Zeit. Erst die Sache mit dieser Frau und dann der Unfall, bei dem Justus so schwer verletzt worden ist.« Und an dem ich schuld bin, fügte sie in Gedanken hinzu. »Sein Anwalt hat mir geschrieben, dass er den Auftrag hat, die Scheidung voranzutreiben.« Sie seufzte.
»Ist dir das nicht recht?«, fragte Marco sanft und strich ihr zärtlich eine Strähne aus der Stirn.
Isaura hob die Schultern. »Recht? Das ist nicht das passende Wort. Als ich ihn geheiratet habe, habe ich das ›Ja, für immer‹ ernst gemeint und auch das mit der Treue – er dagegen offensichtlich nicht.« Sie verzog das Gesicht. »Und nun müssen wir eben getrennte Wege gehen. Er soll mit dieser Sandy glücklich werden, und ich – ich muss meinen Weg erst noch finden.«
Es gab noch immer diesen stechenden Schmerz, wenn sie den Namen Sandy aussprach, doch Marcos verständnisvoller Blick tat ihr gut. Sie legte ihre Hand auf seine. »Es ist vorbei«, sagte sie fest. »Ich schaue nach vorn. Zum Glück wird er dank deiner Hilfe wieder gesund, sodass ich loslassen kann.«
Marco protestierte halbherzig. »Ich bin nicht der einzige Arzt im Krankenhaus, der ihn behandelt hat.«
Isaura machte eine ungeduldige Handbewegung. »Hauptsache, er erholt sich, und ich muss mir nicht mein Leben lang vorwerfen, dass ich mit diesem Unfall einem Kind seinen Vater geraubt habe. Jedenfalls werde ich Justus wegen der Scheidung keine Steine in den Weg legen«, beendete Isaura das Thema. Mit einem Ruck stand sie auf und begann mit fahrigen Bewegungen, den Tisch abzuräumen.
Auch von dem Kind zu sprechen, schmerzte sie tief, doch sie hoffte, es würde mit der Zeit nachlassen. Mit ihr hatte Justus keine Kinder gewollt. Vielleicht wäre sonst alles anders gekommen. Vielleicht hätte er sie dann nicht mit dieser Sandy betrogen und ein Kind mit ihr gezeugt.
Das Saftglas, das sie eben in die Spüle gestellt hatte, zersprang in tausend Scherben. Isaura stieß einen Schrei aus. Dann traten ihr Tränen in die Augen und liefen ihr über die Wangen. Marco erhob sich und schlang die Arme um sie.
»Das ist alles ein bisschen viel für dich.« Tröstend streichelte er ihren Rücken. »Lass dir Zeit. Vielleicht ist es besser, wenn ich heute Abend nicht komme? Es könnte eh spät werden.«
Isaura wischte sich die Tränen ab und lehnte sich gegen ihn. »Ich weiß nicht. Du musst auch mal wieder genügend Schlaf bekommen und in einem bequemen Bett die Nacht verbringen. Deine Patienten haben einen ausgeschlafenen Arzt verdient.«
Marco nickte. »Gut, dann sehen wir uns morgen, wenn du möchtest. Ich könnte mir als Bestechungsangebot ein Abendessen vorstellen, kastilische Küche, an deinem Herd zubereitet.«
Isaura streckte sich und küsste ihn zärtlich auf den Mund. »Du musst mich nicht bestechen, aber das klingt wirklich verlockend. Ich nehme das Angebot an.«
Er lächelte sie an. »Abgemacht. Und du versprichst mir, bis dahin keine überstürzten Entscheidungen zu treffen. Du kannst den armen Golondrino doch nicht einfach einsam und alleine in Kastilien zurücklassen – und mich auch nicht«, fügte er leise hinzu.
Er lächelte zwar, als wäre es nur ein Scherz, doch Isaura spürte, wie ernst es ihm damit war. Er hatte sich in sie verliebt, und seine Gefühle vertieften sich mit jedem Tag, den sie zusammen verbrachten.
Und was war mit ihr?
Isaura schmiegte sich mit einem Seufzer an seine Brust. Sie hatte sich ebenfalls Hals über Kopf in ihn verliebt. Es waren so ganz neue Gefühle, die plötzlich durch ihre Traurigkeit und ihren Zorn brachen und ihr Herz zum Rasen brachten. Heiße Wellen des Verlangens jagten durch ihren Körper, wenn sie ihn nur ansah. Liebten sie sich, war es wie ein Rausch, ein Taumel, ein wilder Traum, aus dem sie atemlos und glücklich erwachte.
Es war so ganz anders als mit Justus. Auch ihn hatte sie geliebt, viele Jahre lang, und sie hatte gern an seiner Seite gelebt, aber es war alles ein wenig ruhiger gewesen – zärtlich und liebevoll, ja, aber nicht so heiß wie mit ihrem kastilischen Geliebten.
Isaura begleitete Marco zu seinem Wagen, der draußen im Hof stand. Sie umarmten einander noch einmal, dann stieg er ein, und der Wagen holperte zum Tor. Sie sah ihm nach, bis sich die Staubwolke auf dem ausgefahrenen Feldweg gelegt hatte. Golondrino strich maunzend um ihre Beine. Isaura bückte sich und streichelte den Kater.
»Ihr zwei seid schrecklich!«, sagte sie. »Ihr setzt mich unter Druck. Wie soll ich mich da frei entscheiden? Ich gehöre nicht hierher!«
Der Kater protestierte, oder verlangte er nur nach seinem Futter?
»Na, dann komm. Ich habe dir was Leckeres gekauft.«
Das ließ sich Golondrino nicht zweimal sagen. Er sprang vor ihr her in die Küche zurück und setzte sich dann mit forderndem Blick vor seinen leeren Teller, den Isaura mit saftigen Fleischstücken füllte. Dankbar schnurrend, begann er zu fressen.
Isaura räumte derweil die Scherben aus dem Spülstein und warf sie in den Mülleimer. Einer der Splitter ritzte ihren Finger. Dicke rote Tropfen quollen aus dem Schnitt und fielen in die Spüle. Sie unterdrückte einen Fluch, drehte das kalte Wasser auf und hielt den Finger unter den Strahl.
Wieder drückten Tränen hinter ihren Lidern. Sie konnte nicht länger den Kopf in den Sand stecken. Sie musste sich dem Leben stellen und eine Entscheidung treffen. Ihr Herz hatte sich längst für Kastilien entschieden, doch ihre Vernunft wurde nicht müde, ihr vorzubeten, was für ein Wahnsinn das war.
Sie hatte einen guten Job in München. Wie sollte sie hier in Kastilien Geld verdienen? Von irgendetwas musste sie leben – und sie würde Geld brauchen, wenn sie den Hof erhalten wollte. Die geerbten Schmuckstücke von Großtante Carmen zu verkaufen, kam nicht infrage! Sie waren seit Generationen im Besitz der Familie. Niemals würde Isaura sie hergeben. Also brauchte sie einen Job. Was um alles in der Welt sollte sie hier auf dem Land mitten in Kastilien arbeiten? Spaniens Wirtschaft blühte nicht gerade.
Ihr Platz war in München. Dort hatte sie ihre Arbeit und ihre Wohnung, die sie mit einigen ausgesuchten Antiquitäten zwischen dem sonst modernen Mobiliar über die Jahre zu einem Schmuckstück gemacht hatte.
Und die zur Hälfte Justus gehörte. Sie würden sie verkaufen müssen, um den Erlös aufzuteilen.
Gut! Dann wäre ihre Existenz hier in Kastilien ja vorerst gesichert, zumal sie und Golondrino ein bescheidenes Leben führten. Dennoch würde das Geld nicht für alle Zeiten reichen, und außerdem waren ihre Wurzeln in München. Dort war sie geboren und aufgewachsen. Dort hatte sie ihr Leben verbracht. Dort gehörte sie hin!
Wirklich?
Es fühlte sich nicht so an.
Doch gehörte sie nach Kastilien? Nur weil ihre Großtante, die sie nie kennengelernt hatte, Isaura ihr Anwesen hinterlassen hatte?
Nicht nur deshalb, flüsterte eine Stimme. Du gehörst hierher, weil hier deine Wurzeln sind. Hier haben die Frauen, von denen du abstammst, gelebt und das Schicksal des Landes beeinflusst. Hier erfüllt sich deine Bestimmung. Du musst dein Erbe endlich annehmen, nicht nur das Haus und die Ländereien. Du musst aufhören, die Wahrheit, die du längst kennst, zu verdrängen.
Isaura war es, als könnte sie eine Hand auf ihrer Schulter spüren. Eine magere, faltige Hand. Sie wagte nicht, sich umzusehen, obwohl sie wusste, dass sie, bis auf den Kater, alleine in der Küche war. Alleine in der Küche sein musste. Carmen war tot! Tot und begraben. Sie konnte nicht hinter ihr stehen und ihr tröstend die Hand auf die Schulter legen. Und sie konnte ihr auch keine Worte ins Ohr flüstern!
Oder doch?
Isaura drehte den Wasserhahn zu und floh in den Garten, obgleich sie wusste, dass sie der Stimme so nicht entkommen konnte.
Wollte sie ihr denn entkommen?
Isaura war sich darüber genauso wenig im Klaren wie über die Frage, wie es mit ihr weitergehen sollte. Sie verschob all die schweren Entscheidungen und holte sich einen Eimer und eine kleine Hacke. Sie kniete sich hin, vergrub ihre Finger in der feuchten Erde und zupfte sorgfältig jedes Unkraut heraus, das sich zwischen den Frühlingsblumen breitzumachen versuchte. Zwischen den Blumen, die Carmen hier gepflanzt hatte.
Kapitel 2
Segovia, 1476
Die Burg der Königin erhob sich auf dem gleich einem Schiffsbug aufragenden Felsen, zu dessen Füßen der Río Clamores in den Río Eresma floss. Die untergehende Sonne tauchte die Mauern des Alcázar in warmes Licht. Beatriz sagte stets, der Alcázar von Segovia sei die schönste aller Burgen, die Königin Isabel ihr Eigen nannte. Auch Jimena konnte sich dem Zauber der in der untergehenden Sonne rot schimmernden Mauern nicht entziehen, hinter denen sie sich so geborgen fühlte. Nur eine Atempause nach Krieg und Tod und vor dem nächsten Sturm, der sich schon hinter dem Horizont aufzutürmen schien. Doch daran wollte Jimena im Moment nicht denken. Als das letzte Glühen auf der Spitze des Torre del homenaje, des massigen alten Bergfrieds, erlosch, wandte sie sich ab, verließ den Hof und betrat die Treppe, die zur großen Burgküche hinunterführte.
»Oh, ja, das tut gut«, hörte sie eine männliche Stimme sagen. Eine weibliche Stimme kicherte leise und murmelte ein paar Worte, die sie nicht verstand.
»Mehr davon«, stieß der Mann mit einem tiefen Seufzer aus. »Du bist meine Rettung!«
Jimena blieb auf der Treppe stehen und lauschte. Diese Stimme kannte sie, ja, ganz sicher, doch hätte sie den Mann weit weg im Süden gewähnt, in Madrid.
Wieder kicherte das Mädchen.
Jimena zögerte. Sie hatte zwar nichts dagegen, den Hidalgo wiederzusehen, doch sie war ganz und gar nicht erpicht darauf, ihn in einer peinlichen Lage zu überraschen. Ärger stieg in ihr auf. Es ging hier im Palast zwar nicht mehr so schlimm zu wie zu den Zeiten, als Isabels älterer Halbbruder Enrique auf dem Thron gesessen hatte, doch offensichtlich war das moralisch einwandfreie Verhalten der jungen Königin ihren Höflingen und Damen keineswegs ein Vorbild, dem es nachzueifern galt.
Der Hidalgo stöhnte. Jimena raffte ihre Röcke, um sich schleunigst davonzumachen, als er einen Schmerzensschrei ausstieß. Das klang gar nicht nach einem lustvollen Stelldichein! Oder hatte die Küchenmagd beschlossen, sich gegen seine Zudringlichkeit zur Wehr zu setzen?
Doch da erklang die Stimme des Mädchens, und darin schwang Besorgnis. »Haltet still, Don Angelo!«
Also setzte Jimena doch ihren Weg die Treppe hinab fort. Das Bild, das sich nun in ihrem Geist formte, war nicht von Begierde und Lust beherrscht.
»Aua!«, stieß der junge Adelige noch einmal aus, als Jimena die Küche betrat und ihren Blick auf die zwei Gestalten richtete.
Don Angelo saß mit nacktem Oberkörper auf einem Tisch, die Beine, die in einer Hose und schmutzigen Reitstiefeln steckten, auf einem Hocker. In der Rechten hielt er ein zusammengeknülltes Tuch, aus dem Wasser auf seine Hose troff, und presste es sich auf Schläfe und Auge. Den linken Arm spreizte er seltsam vom Körper ab und streckte ihn der jungen Küchenmagd entgegen, die ein weißes Pulver großzügig über Arm und Tisch verteilte. Don Angelo stöhnte und verzog unter Schmerzen das Gesicht.
»Guter Freund!«, rief Jimena und trat rasch näher. »Was ist mit Euch geschehen? Habt Ihr Euch wieder einmal zu weit vorgewagt? Ich habe Euch gewarnt, dass Ihr für Eure Frechheiten irgendwann büßen müsst!«
»Doña Jimena«, stieß Don Angelo hervor und verdrehte das eine Auge, das sie sehen konnte. »Ihr kommt wie so oft im verkehrten Augenblick.«
Das Mädchen knickste vor ihr und senkte abwartend den Blick.
»Was ist an diesem Augenblick verkehrt, außer dass Ihr im Moment nicht gerade eine Augenweide seid – wenn Ihr mir diese Bemerkung gestattet.«
Er stöhnte noch einmal. »Genau darum geht es. Bitte entfernt Euch, und streicht diesen Anblick aus Eurem Gedächtnis.«
Jimena machte keine Anstalten, seiner Aufforderung Folge zu leisten. Stattdessen trat sie noch einen Schritt näher und beugte sich vor, um die Wunden des Hidalgo genauer zu betrachten. Sie griff nach seinen blutverkrusteten Fingern und zog den Arm, der ihm sichtlich Schmerzen bereitete, zu sich heran. Eine hässliche Brandwunde zog sich vom Handgelenk bis zum Ellenbogen. Weißes Pulver, an einigen Stellen vom Wundsaft bereits gelb verklebt, bedeckte die geschwärzte Haut.
Don Angelo schnitt eine Grimasse und presste die Zähne so fest aufeinander, dass seine Kiefermuskeln scharf hervortraten.
»Was ist das?«, herrschte Jimena die Magd an.
»Mehl, Doña«, sagte sie leise.
»Hast du ihm das auf die Wunde gestreut?«
Die Küchenmagd nickte, den Blick noch immer gesenkt.
»Wie kannst du nur!«, ereiferte sich Jimena. »Mehl auf eine nässende Brandwunde, wie kommst du auf solch einen Gedanken?«
»Zankt das arme Kind nicht so aus«, verteidigte Don Angelo das Mädchen. »Sie sagte mir, dass sie nicht viel von Wunden verstehe, aber ich befahl ihr, mir zu helfen.«
»Statt gleich zu mir zu kommen«, schimpfte Jimena.
Der Don versuchte sich an einem Lächeln, das ein wenig kläglich ausfiel. »Ihr könnt über die Maßen einschüchternd sein.«
»Blödsinn! Ihr seid genauso dumm wie dieses Mädchen.« Sie wandte sich der Magd zu, die sich noch immer nicht vom Fleck gerührt hatte. »Mach, dass du zu deinen Gemüsetöpfen kommst, und sag der Köchin, dass heute Abend zehn Gäste mehr zu erwarten sind.«
Das Küchenmädchen nickte, warf Don Angelo noch einen schnellen Blick zu und hastete dann davon.
Jimena wandte sich wieder der Brandwunde zu. »Das sieht sehr hässlich aus. Was klebt dort unter dem Ellenbogen? Ist das Pech?«
»Könnte schon sein. Der Kontakt mit der Fackel war, sagen wir, unangenehm intensiv.«
»Und wie konnte Euch so etwas passieren? Wart Ihr etwa betrunken?«
»Nein! Ich schwöre es. Doña Jimena, schaut mich nicht mit diesem verächtlichen Blick an, das gibt mir den Todesstoß.«
»Ihr seid ein Kindskopf«, gab sie zurück und zog das rosa verfärbte, nasse Tuch von seinem Gesicht, sodass sie nun auch die zweite Wunde sehen konnte. Die Wange war von einem Schlag mit einem rauen Gegenstand gequetscht und aufgeschürft. Darüber klaffte am Haaransatz eine Platzwunde, aus der noch immer Blut rann. Jimena zog die Brauen hoch. »Also, sagt mir endlich, was geschehen ist. Mit wem habt Ihr Euch geprügelt?«
»Die Kerle haben sich nicht vorgestellt«, sagte er mit einem abfälligen Schnauben. »Sie haben uns nicht einmal beachtet. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, zwei Kaufleute und deren Knechte zu berauben, als Don Javier und ich mit unseren beiden Knappen des Weges kamen. Vielleicht war uns von dem langen, ereignislosen Ritt ein wenig langweilig, dass wir beschlossen, uns in Dinge einzumischen, die uns eigentlich nichts angingen. Vielleicht hat mich auch geärgert, wie dieses Gesindel auf offener Straße Knechte totschlug, die versuchten, ihre Dienstherren zu verteidigen.«
»Dann seid Ihr also den Kaufleuten zu Hilfe geeilt und dabei verletzt worden?«
Don Angelo nickte. »Ja, und zur Verteidigung meiner Ehre muss ich sagen, dass wir zu viert gegen zehn Straßenräuber kämpften, die sicher nicht zum ersten Mal ein Gemetzel veranstalteten. Sie wussten sich wohl zu wehren!«
»Das sehe ich«, gab Jimena zurück. »Wie ging der Kampf aus?«
»Don Javier hat nur ein paar Kratzer davongetragen, sein Knappe allerdings wird nicht mehr erwachen. Der meine kommt wieder auf die Beine. Die beiden Kaufleute und drei ihrer Knechte haben ebenfalls überlebt. Fünf wurden erschlagen.«
»Und die Straßenräuber?«
»Denen haben wir es recht ordentlich gegeben. Sechs von ihnen werden sich nicht mehr an fremdem Eigentum vergreifen. Die Übrigen sind uns leider entwischt.« Er hob die Schultern. »Wir begleiteten die Kaufleute noch bis zu den Toren der Stadt und übergaben sie der Obhut der barmherzigen Brüder.«
»Das habt Ihr gut gemacht, Don Angelo, ich muss Euch loben.«
»Doña Jimena, Eure Worte sind Balsam für meine Wunden und mildern den Schmerz.«
»Das alleine wird aber nicht genügen«, erwiderte sie und drückte den nassen Stoff wieder gegen die blutende Wunde. »Der Riss sollte genäht werden. Wollt Ihr den Bader aufsuchen, oder soll ich es tun. Ich vermute, dann wird die Narbe weniger hässlich ausfallen.«
»Narben sind nicht hässlich, sie zeugen von Heldenmut«, widersprach Don Angelo.
»Gut, ich überlasse Euch dem Bader. Von Heldenmut zeugt sicher auch, die Schmerzen zu erdulden. Der Mann ist ein wenig grob.«
Don Angelo blinzelte. »Ach, wenn ich es mir recht überlege, dann ist dem Heldenmut für heute bereits Genüge getan. Ich würde vielleicht doch Eure zarten Hände bevorzugen.«
Jimena lachte. »Dann kommt mit mir in mein Gemach, wo ich die Tinkturen und alles andere aufbewahre, das wir brauchen.«
»In Euer Gemach? Seid Ihr sicher, dass das klug ist?«
Jimena machte eine wegwerfende Handbewegung. »Fürchtet Ihr um meinen Ruf? Ich denke, von einem verletzten Mann in meinem Gemach wird er keinen Schaden nehmen. Ihr seid in diesem Zustand nicht einmal in der Lage, unzüchtige Gedanken zu hegen!«
»Seid Ihr da so sicher?«, raunte er mit tiefer Stimme.
Jimena blitzte ihn an und legte ihre Hand auf die Brandwunde, dass er vor Schmerz aufschrie.
»Ja, ganz sicher!« Sie griff nach seiner Hand und zog ihn hoch.
»Ihr seid eine Teufelin«, murrte er, »eine Hexe. Ihr werdet mich noch ins Verderben stürzen.«
Jimena ignorierte seine Worte und rief nach der Magd, um sie anzuweisen, einen Topf kochendes Wasser in ihr Gemach zu bringen. Dann hakte sie ihn an seinem unversehrten Arm unter und führte ihn die Treppe hinauf.
»Fühlt Ihr Euch jetzt besser?«, erkundigte sich Jimena.
Don Angelo lächelte sie an. Sein Blick wirkte ein wenig schläfrig, was an der schmerzlindernden Kräutermischung lag, die sie ihm eingeflößt hatte und die offensichtlich ihre Wirkung tat.
»Alles ist gut«, behauptete er.
Sie erwiderte sein Lächeln. »Das sicher nicht, aber besser als zuvor ganz sicher.«
Unter seinem Protest hatte sie seine Brandwunden mit heißem Wasser ausgewaschen, um Straßendreck und Mehl zu entfernen, und sich dann darangemacht, die Pechstücke von dem verbrannten Fleisch zu lösen, was sein Schimpfen noch verstärkte. Auch das Behandeln der Wunden mit einer gebrannten Kräuterlösung rief nicht gerade Begeisterung hervor.
»Und Ihr habt behauptet, Ihr wärt zartfühlender als der Bader«, beschwerte er sich, erntete aber nur ein breites Lächeln.
»Das bin ich, glaubt mir!«, sagte sie und machte sich daran, die Platzwunde in seinem Gesicht zu nähen. Er ließ es stoisch über sich ergehen, vermutlich weil die schmerzstillenden Kräuter bereits ihre Wirkung taten.
Die Tür öffnete sich, doch Jimena ließ sich nicht ablenken. Auch nicht, als ein Ausruf des Erstaunens erklang. Zwei Frauen traten ein. Die erste war hübsch, mit üppig weiblichen Formen und einem runden Gesicht, das unter dem feinen Schleier von dunklen Flechten umrahmt wurde. Die zweite war deutlich schlanker, mit einem blassen, schmalen Gesicht und kastanienfarbenen Locken.
»Was geht denn hier vor sich?«, rief die erste. »Jimena! Was machst du? Ist das Don Angelo? In unserem Gemach? Du bist doch immer diejenige, die uns zu Anstand und Sitte mahnt!«
»Ja und, Beatriz? Ich versorge seine Verletzungen, wie du sicher sehen kannst«, gab Jimena beinahe verächtlich zurück. »Ist daran etwas Verwerfliches?«
Nun trat Beatriz neugierig näher. Die andere Frau, Teresa, folgte ihr. Sie blieb wie immer stumm, doch ihre Miene zeigte keine Überraschung. Sie blickte eher ein wenig mitleidig drein.
»Das sieht ja schrecklich aus. Was habt Ihr nur angestellt, Don Angelo?«, fragte Beatriz.
»Ich habe gar nichts angestellt!«, protestierte er. »Wie kommt es nur, dass ich einen so schlechten Ruf genieße?«
»Darüber solltet Ihr bei Gelegenheit nachdenken«, spottete Jimena. Dann berichtete sie den beiden Frauen, was der Hidalgo ihr erzählt hatte. Auch Beatriz lobte seinen Mut, was ihm sichtlich gefiel. Selbst Teresa lächelte den jungen Adeligen an.
Jimena betupfte seinen verletzten Arm mit einer nach Kräutern riechenden Tinktur und verband ihn anschließend. Die genähte Platzwunde hatte aufgehört zu bluten. Sein Gesicht war gesäubert, sodass die dunkle Schwellung und die Schürfwunden nun noch deutlicher hervortraten.
Jimena hob die Schultern. »Schöner werdet Ihr heute nicht mehr.«
Don Angelo verlangte nach einem Spiegel. Jimena reichte ihm ihren kleinen silbernen Handspiegel, den Isabel ihr geschenkt hatte. Er zog beim Anblick seines zerschundenen Gesichts eine Grimasse. »Da werde ich vor der Königin heute keinen Staat machen.«
»Ich kann Euch für heute Abend entschuldigen, wenn Ihr Euch lieber zurückziehen wollt, um Euch auszuruhen«, bot Beatriz an.
Don Angelo lehnte dankend ab. »Ich muss der Königin berichten. Ich war nicht zu meinem Vergnügen in Madrid.« Wieder zog er eine Grimasse. »Nein, als Vergnügen kann ich die Begegnung ganz und gar nicht bezeichnen.«
Jimena sah ihn neugierig an. »Darf man erfahren, mit wem Ihr Euch getroffen habt?«
Don Angelo schnaubte abfällig. »Mit unserem lieben Freund Pacheco, dem Marquis de Villena, der seinem Vater in nichts nachsteht.«
Mehr wollte Don Angelo nicht erzählen, doch Jimena war sich sicher, später von Isabel alles zu erfahren. Sie tauschte mit ihrer jüngeren Cousine Teresa einen Blick. Teresa war zwar von Geburt an stumm, doch ab und zu ließ sie Jimena an ihren Gedanken teilhaben.
Don Angelo bedankte sich und verließ das Gemach der Damen, um sich für das Nachtmahl umzukleiden. Jimena sah ihm mit abwesendem Blick nach.
Villena!
Der Name schmeckte bitter in ihrer Erinnerung. Wie viele Steine hatte der Vater des jungen Marquis Isabel in den Weg gelegt. Gewiss musste man ihn einen von Isabels erbittertsten Feinden nennen. Die Schlacht bei Toro hatte die Entscheidung gebracht – ein wenig mit Jimenas Unterstützung – und Isabel Kastilien gesichert. Doch noch herrschte kein Frieden im Reich. Viele Hidalgos und vor allem die Städte mit ihren Bürgern standen auf der Seite der Königin, doch noch immer gab es genug Grande in Andalusien und der Extremadura, die nicht bereit waren, sich ihrer Königin zu unterwerfen. Und dann saß da eben immer noch der junge Marquis de Villena im Alcázar in Madrid. Jimena begann zu ahnen, welche Nachricht Don Angelo seiner Königin von jenseits der Cordillera brachte.
Und richtig. Als sie später zusammen an der großen Tafel saßen, erkundigte sich Isabel: »Nun, Don Angelo, was habt Ihr mir aus Madrid zu berichten?«
Erst zierte sich der Hidalgo ein wenig, doch dann platzte er damit heraus, dass Juan Pacheco gar nicht daran dachte, den Alcázar von Madrid seiner Königin zu übergeben. Jimena sah den Zorn in Isabels Miene. Ihre sonst so blassen Wangen waren gerötet und verliehen ihren Zügen unter dem blassblonden Haar mehr Ausdruck. Die hellblauen Augen blitzten.
»Er wagt es, sich meinen Forderungen zu widersetzen? Ich werde mir nehmen, was mir zusteht! Und wenn er nicht achtgibt, dann nehme ich ihm noch Belmonte und all seine anderen Burgen. Dann ist er die längste Zeit der Marquis de Villena gewesen!«
»Das will wohlüberlegt sein«, warnte Jimena, die zu Don Angelos Linken saß. »Kastilien hat gerade eine große Schlacht geschlagen. Tausende Männer sind gefallen, viele müssen sich noch erholen. Es ist entscheidend für die Zukunft des Reichs, bedacht vorzugehen und sich nicht vom Überschwang der Gefühle leiten zu lassen.«
Jimena wusste, dass sie sich weit vorwagte, doch es war ihr, als dränge ihre Cousine, die neben ihr saß, sie dazu, sich einzumischen. Jimena war zwar nicht nur Isabels Hofdame. Sie war ihre Freundin, dennoch stand es niemandem zu, die Königin in der Öffentlichkeit zu kritisieren und ihre Entscheidungen infrage zu stellen.
Und tatsächlich richtete Isabels Blick sich auf Jimena. Ihre Augen verengten sich. »Du schlägst dich auf die Seite des Marquis? Soll ich ihm das etwa durchgehen lassen?«
Jimena schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin weder auf seiner Seite, noch denke ich, dass die Königin sich von irgendjemand ihren Alcázar wegnehmen lassen sollte. Dennoch muss die Reaktion angemessen sein und nicht diejenigen unter Euren Anhängern, die sich Euch gerade zaghaft annähern, wieder verschrecken und in Villenas Arme treiben. Ein großer Rachefeldzug gegen einen Grande könnte Ängste schüren, die dem noch schwankenden Reich nicht guttun.«
Isabel zog eine Grimasse, doch ihre Stimme war beherrscht. »Du bist wie immer ein Quell der Weisheit. Glaube mir, ich hatte nicht vor, wie die Rachegöttin über die Berge zu fliegen und ihn samt seiner verdorbenen Brut in einem einzigen Feuersturm zu verzehren.«
Um Jimenas Mundwinkel zuckte es. Sie spürte, wie Teresa ihr zustimmend die Hand drückte. »Das hatte ich auch nicht angenommen, obgleich die Vorstellung durchaus etwas Verlockendes hat. Aber nein, nicht umsonst wird die Weisheit der Königin gerühmt.«
Nun schmunzelte auch Isabel. »Jimena, ich sollte mich vor dir in Acht nehmen. Du verstehst es, Menschen zu deinen Marionetten zu machen, ohne dass sie sich dessen bewusst wären.«
Jimena protestierte, doch Don Angelo fiel ihr ins Wort. »Da habt Ihr recht, Majestät. Sie ist geradezu unheimlich, mit ihren mächtigen Kräften, vor denen man sich hüten sollte. Vielleicht liege ich Eurer Dame deshalb zu Füßen, seit ich sie das erste Mal erblickte?«
Isabel sah ihn prüfend an, als wüsste sie seine Worte nicht recht zu deuten. Jimena dagegen trat ihm unter dem Tisch kräftig gegen das Bein, dass er das Gesicht verzog. Rasch wechselte er das Thema, lobte die Fertigkeiten der Köchin und lud sich noch einmal den Teller mit allerlei Köstlichkeiten voll. Allerdings schien ihm das Kauen Schmerzen zu bereiten, was Isabel nicht entging.
»Seid Ihr Euch ganz sicher, dass es nicht die Männer des Marquis waren, die Euch so zugerichtet haben?«, erkundigte sich die Königin. »Ich würde ihm durchaus zutrauen, meinen Abgesandten seine Schläger hinterherzuschicken.«
»Zuzutrauen wäre es ihm«, pflichtete der Hidalgo ihr bei, »aber nein, dies waren gewöhnliche Straßenräuber, die es noch dazu auf die Kaufleute Eurer Stadt abgesehen hatten, nicht auf uns. Wir bekamen unseren Teil der Prügel nur deshalb ab, weil wir uns eingemischt haben.«
»Und die Kaufleute vor dem sicheren Tod bewahrt!«, ergänzte Jimena. »Sie haben die Waren für Segovia gerettet und die wenigen überlebenden Räuber in die Flucht geschlagen.«
Isabel nickte ihm huldvoll zu. »Don Angelo, Eure Königin und ihre Stadt haben Euch zu danken. Ihr habt wahren Heldenmut bewiesen und Euch ritterlich für die Schwachen eingesetzt, die Eurer Hilfe bedurften.«
»Wo das sonst gar nicht meine Art ist«, murmelte er, doch so leise, dass Isabel es nicht hörte.
»Es ist eine Schande«, ereiferte sich Beatriz, als sie nach dem Nachtmahl das Thema noch einmal aufgriff. Sie saß mit Isabel, Jimena und Teresa auf einem bequemen Diwan im großen Saal. Wie so oft beschäftigten sich die Damen mit ihren Handarbeiten oder tranken noch ein Glas Wein und plauderten ein wenig.
»Keiner kann sich mehr ohne den Schutz von Bewaffneten auf die Straße wagen. Draußen vor den Toren der Stadt gilt das Recht des Stärkeren, der an sich reißt, wonach ihn gelüstet, und der für Raub und Mord keine Strafe zu fürchten hat.«
Jimena nickte. »Viele der Banden arbeiten gar mit Wissen oder Duldung der Adeligen, gegen einen Anteil ihrer Beute, versteht sich. Der Handel liegt fast völlig darnieder. Kaufleute müssen schon tollkühn oder sehr gut bewaffnet sein, wenn sie sich mit ihren Waren über Land wagen.«
Isabel kaute auf ihrer Lippe. »Das Problem ist mir durchaus bekannt, doch wie kann man dagegen angehen? Wie ihr schon selbst sagt, steckt so mancher von Adel mit den Strauchdieben unter einer Decke. An sie zu appellieren, wäre, den Bock zum Gärtner zu machen.«
»Dem Adel traut das Volk schon lange nicht mehr«, mischte sich Andrés de Cabrera ein, der, einen Weinkelch in der Hand, mit einer Verbeugung zu den Damen trat. »Die einfachen Menschen haben längst resigniert. Wenn es Recht und Gerechtigkeit in Kastilien gibt, dann nur für Männer der Kirche oder von Adel. Das Leben des kleinen Mannes interessiert keinen. Und dennoch unterstützen sie Euch und setzen große Hoffnung in ihre Königin.«
Isabel runzelte die Stirn. »Sie sollen in ihrer Hoffnung nicht enttäuscht werden. Es muss einen Weg geben, Recht und Ordnung für alle durchzusetzen und die Straßen sicher zu machen, auf dass der Handel und damit das Land wieder erblüht.«
Sie strahlte und sah in die Runde. Alle nickten, doch Jimena ahnte, dass die Umsetzung dieses Plans nicht einfach werden würde. »Es gibt ein paar Ortschaften, die sich gegen diese Seuche selbst zu helfen versuchen.«
Isabel sah Jimena aufmerksam an. »Was meinst du?«
»Sie haben Bruderschaften gegründet und stellen aus ihrer Mitte Männer frei, die für Sicherheit sorgen sollen.«
»Du meinst die Hermandad.«Isabel legte die Stirn in Falten. »Das ist keine schlechte Idee. So könnte man die Aufgabe in die Hände jener legen, die den größten Nutzen davon haben.« Mit lebhafter Miene wandte sie sich nach einem Bediensteten um. »Sucht nach Kardinal Mendoza und Fray Hernando, und bittet sie, sogleich zu mir zu kommen. Ich habe Wichtiges mit ihnen zu besprechen.«
Der Diener verbeugte sich und eilte davon.
»Hat das nicht Zeit bis morgen?«, fragte Beatriz kopfschüttelnd.
»Nein! Jeder Überfallene und Beraubte ist einer zu viel.«
Isabel sprang auf und ging ruhelos auf und ab, bis die beiden Kirchenmänner eintraten.
Kardinal Mendoza begrüßte sie mit einem Lächeln, während Hernando de Talavera stumm den Kopf neigte und dann mit verschränkten Armen abseits stehen blieb.
»Was gibt es zu später Stunde so Wichtiges, das keinen Aufschub duldet?«, erkundigte sich der Kardinal.
»Das Leben und die Sicherheit meines Volkes«, erwiderte Isabel. »Es kann nicht angehen, dass in meinem Land ungestraft geraubt und gemordet wird und man auf den Landstraßen seines Lebens nicht mehr sicher ist!«
»Und dieses Problem wollt Ihr heute Nacht lösen?«, wollte der Kardinal wissen, der noch immer lächelte.
»Ja!«
»Nun denn, wenn es der Wille der Königin ist«, sagte Hernando de Talavera schlicht. Er folgte ihr in einen kleineren, nicht minder prächtigen Raum und nahm an dem Tisch in der Mitte Platz. Auch der Kardinal folgte ihrer Aufforderung. Ihnen war bewusst, dass dies eine lange Nacht werden würde, doch das schien beide nicht zu stören.
Isabel ließ Wein und Süßigkeiten bringen, dann entließ sie ihre Damen für diese Nacht. Während die stets etwas träge Beatriz erleichtert war, an der Besprechung nicht teilnehmen zu müssen, war Jimena enttäuscht. Sie spürte Teresa hinter sich, die ebenfalls auf die geschlossene Tür starrte.
Wir werden uns bis morgen gedulden müssen, erklang eine Stimme in Jimenas Geist, die sie nicht häufig zu hören bekam. Sie wandte sich zu ihrer Cousine um und seufzte.
»Ja, leider bleibt uns nichts anderes übrig. Komm, lass uns zu Bett gehen. Es ist schon spät.«
Teresa hakte sich bei Jimena unter. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu den Gemächern der Damen.
Kapitel 3
Madrid, 1476
Jimena stand am Fenster und ließ den Blick über die einfachen Häuser schweifen. Madrid war eine unbedeutende Stadt, geprägt vom ländlichen Leben und seinen Menschen. Nicht zu vergleichen mit Toledo, Segovia oder Ávila. Hier waren die Könige meist nur zu Gast, um sich jenseits des Río Manzanares am Wildreichtum ihres ausgedehnten Jagdreviers zu erfreuen.
»Ich hoffe, wir bleiben nicht lange«, sagte Beatriz, die es lieber luxuriös und behaglich hatte.
Jimena wandte sich zu ihr um. »Ich kenne Isabels Pläne nicht, doch zumindest weiß ich, dass sie für diesen und jeden folgenden Freitag eine Audienz angekündigt hat.«
Beatriz runzelte die Stirn. »Was für eine Audienz?«
»Eine Sprechstunde für das Volk. Jeder kann bei der Königin vorsprechen. Sie wird sich die Sorgen und Nöte der Menschen anhören und dafür sorgen, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.«
»Na, da wird sie viel zu tun haben!«, stieß Beatriz mit einem sarkastischen Lachen hervor. »Ich weiß ja, dass Isabel viel kann, aber sie ist nicht Gott und nicht allmächtig!« Teresa warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, dass Beatriz abwehrend die Hände hob. »Ich habe ja nicht gesagt, dass ich ihre Bemühungen schlecht finde. Nur fürchte ich, es werden von nun an jeden Freitag tausende den Palast belagern, und es wird immer nur einer von zweien zufrieden nach Hause gehen. Wenn überhaupt!«
Jimena teilte Beatriz’ Bedenken, doch ihr war bewusst, dass Isabel sich von ihrem einmal gefassten Entschluss nicht abbringen lassen würde. Außerdem hatte sie in den wenigen Wochen, seit ihr die Idee gekommen war, die Hermandad überall in Kastilien ins Leben zu rufen, bereits viel erreicht. Die Wege wurden sicherer, die Menschen begannen aufzuatmen.
Jeder Ort, der mehr als dreißig Haushalte aufwies, musste alle sechs Monate einen Ritter und einen Bürger unter sich auswählen, die dann auf Kosten des Orts eine Brigade aufstellten, welche im Umkreis von fünf Meilen die Sicherheit zu gewähren hatte. Jeder Delinquent wurde bis zu dieser Grenze verfolgt. Dann musste die Brigade des Nachbarorts den Fall übernehmen. Konnten die Männer der Brigade eines Täters habhaft werden, wurde dieser auf der Stelle abgeurteilt, und die Strafe wurde vollstreckt, die durchaus drastisch genannt werden konnte. Für einen Diebstahl im Wert von fünfhundert Maravedis oder mehr wurde dem Täter der Fuß abgeschlagen. Für schwerere Verbrechen gab es die Todesstrafe, die an Ort und Stelle vollstreckt wurde.
Jimena blieb allerdings nicht verborgen, dass die Königin sich hier eine eigene Truppe heranzog, welche unabhängig war von den Kontingenten, die die Grande ihr im Kriegsfalle zur Verfügung stellen mussten.
Jimena sprach Kardinal Mendoza darauf an, als sie ihn am nächsten Tag in den Gärten antraf.
»Das habt Ihr klug bemerkt«, lobte er ihren Scharfsinn.
»Das wird den Grande des Landes nicht gefallen.«
Er lächelte grimmig. »Da habt Ihr recht. Es gibt neben unserem Marquis de Villena noch genug Grande, die selbstherrlich über ihre Ländereien herrschen und sich nicht die Spur um die Königin und um Kastilien kümmern.«
»Die Hermandad wird Isabel helfen, das zu ändern«, ergänzte Jimena.
Sie schritten eine Weile schweigend zwischen den hohen Hecken dahin, die angenehmen Schatten spendeten. In den Bäumen zwitscherten Vögel. Plötzlich blieb Jimena stehen.
»Die Santa Hermandad, wie das Volk sie mittlerweile nennt, bringt Isabel noch einen weiteren Vorteil!« Der Kardinal blieb ebenfalls stehen. »Diese Brigaden müssen bezahlt werden – von allen Bauern und Bürgern des Landes gleichermaßen. Soweit ich es verstanden habe, werden dafür Steuern auf Nahrungsmittel erhoben. Das Geld kommt direkt ihrer Truppe und damit der Königin zugute. Ich könnte mir vorstellen, dass das zusätzlich viel Gold in die Schatullen bringt, ohne dass die Königin die Versammlung der Cortes einberufen müsste, um Sondersteuern für einen Kriegszug einzufordern.«
Der Kardinal lächelte noch breiter. »Ein schlauer Schachzug, nicht wahr? Ich versichere Euch, die Königin war von dieser Idee entzückt. Und ich muss sagen, ich bin beeindruckt von Eurem scharfen Geist, Doña Jimena. Königin Isabel hat ihre Dame klug gewählt, und vermutlich nicht nur, um sie bezüglich ihrer Gewänder zu beraten.«
Jimena senkte errötend den Blick. Schweigend schlugen sie den Rückweg zum Alcázar ein, als ihnen Teresa entgegenkam. Jimena spürte sofort, dass etwas geschehen sein musste. Teresa knickste vor dem Kardinal, der lächelnd den Kopf neigte.
»Was ist passiert?«, fragten Jimenas Hände.
Fernando ist aus Aragón zurückgekehrt.
»Der König ist angekommen?«, wiederholte Jimena laut. »Das wird Isabel freuen. Sie hat ihn lange nicht gesehen, und sie wird viel mit ihm zu besprechen haben.«
Letzteres war vielleicht nicht ganz korrekt. Jimena hatte den Verdacht, dass Isabel ganz froh war, ihren Gatten außer Landes zu wissen, wenn wichtige Entscheidungen anstanden. Dann musste sie sich nicht mit ihm auseinandersetzen und konnte die Gesetze und Anordnungen einfach im Namen der Königin und des Königs unterschreiben.
Dass anderseits Fernando das eigenmächtige Handeln seiner Frau ein Dorn im Auge war, konnte Jimena jedes Mal deutlich spüren. Die beiden waren einander herzlich zugetan, ja, sie liebten sich, doch Fernando haderte mit ihrer Stärke und ihrer Macht. Sie allein war Königin von Kastilien. Vielleicht würde er sich wohler fühlen, wenn er sein Erbe in Aragón antreten konnte, überlegte Jimena. Und noch ein anderer Gedanke kam ihr. Vielleicht waren es weniger die fehlende Schönheit und Anmut seiner Königin, die ihn so oft in fremde Betten trieben. Vielleicht brauchte er zum Ausgleich gegen ihre Stärke die schwachen, anschmiegsamen Frauen, die bewundernd an seinen Lippen hingen und sich einfach nur seinem Willen beugten.
Dennoch konnte Jimena dies nicht gutheißen, und sie wusste, dass Isabel sich vor Eifersucht verzehrte. Fernando bemühte sich zwar, diskret zu sein, doch Isabel war nicht einfältig, und manche Dame war so dreist, sich auch noch mit ihrer Eroberung zu brüsten. Isabel selbst war ihrem Mann treu, und sie sorgte dafür, dass der ganze Hof dies wusste. Jede Nacht, die sie nicht mit ihm verbrachte, schliefen zwei ihrer Damen bei ihr im Gemach.
Jimena hoffte, dass Isabel die nächsten Nächte mit ihrem Gemahl würde verbringen können. Er wäre gut, wenn sie wieder schwanger würde. Außerdem hatte sie nichts dagegen, mit Teresa wieder ihr eigenes Gemach zu beziehen.
»Gehen wir hinein, um den König willkommen zu heißen«, schlug Kardinal Mendoza vor.
Jimena sah Teresa an, die zutiefst beunruhigt zu sein schien. Das konnte nicht allein von der Ankunft Fernandos herrühren. Was war sonst noch geschehen?
Er kam nicht allein, beantwortete Teresa Jimenas Gedanken, doch sie wollte nichts weiter über den Besucher sagen, der ihr Gemüt so sehr in Aufruhr versetzte. Jimena beschloss, es selbst herauszufinden. Sie hoffte, dass Teresa sich umsonst sorgte, wusste aber tief in ihrem Innern, dass sich ihre Cousine nur selten irrte.
So war Jimena ungewöhnlich angespannt, als sie und ihre Cousine an der Seite des Kardinals die Halle betraten, wo Beatriz ihnen entgegengelaufen kam.
»Hast du es schon gehört? Fernando ist angekommen.«
Jimena nickte. »Ja, und er hat jemanden mitgebracht.« Erwartungsvoll sah sie Beatriz an. Diese hob nur die Schultern. »Sein Freund und Vorkoster Pedro Vaca ist mit dabei, Luis Sánchez und einige Hidalgos aus Aragón, die ich nicht kenne.«
»Und sonst?«, drängte Jimena.
Beatriz hob die Schultern. »Ich habe nur noch einen Pater in einer weißen Kutte gesehen, den ich nicht kenne.«
Der Mann schien Beatriz unwichtig, doch Jimena hörte, wie Teresa rasch den Atem einzog. Es war der Kirchenmann, der sie so beunruhigte. Nun, dann wollte sie sich diesen Pater genauer ansehen!
Natürlich war Jimena nicht ganz unbefangen, als sie den Mönch des Dominikanerordens begrüßte, dennoch war sicher nicht nur Teresas Reaktion auf diesen Mann schuld daran, dass ihr ein eisiger Schauder über den Rücken rann. Sie konnte eine Aura um ihn spüren, die ihr nicht gefiel. Da war etwas Hartes, Unnachgiebiges in seinem Blick, mit dem er sie musterte. Auch er schien von dem, was er sah oder spürte, nicht sehr angetan. Sie wandte sich ab und zog sich in den Hintergrund zurück, von wo sie ihn fast den ganzen Abend lang beobachtete. Sie wollte es eigentlich gar nicht, doch immer wieder ließ sie ihre Stickerei sinken und ertappte sich dabei, dass sie durch den Saal zu ihm hinüberstarrte.
Gemeinsam saßen die Könige mit Kardinal Mendoza, dem Hieronomytenpater Hernando de Talavera und dem Dominikaner an dem länglichen Tisch vor dem großen Kamin. Während Fernando und Kardinal Mendoza dem kräftigen roten Wein zusprachen, begnügten sich die anderen beiden Kirchenmänner mit Wasser. Auch Isabel verzichtete wie üblich auf berauschende Getränke. Es war ihr wichtig, wach und klar im Kopf zu sein und keine leichtfertigen Entscheidungen aus einer weinseligen Laune heraus zu fällen.
Jimena selbst musste zu ihrer Schande eingestehen, dass sie ab und zu gern einen guten Tropfen genoss. Daher lehnte sie nicht ab, als einer der Diener ihren Becher wieder füllte. Allerdings trank sie nicht so viel wie Beatriz, deren Wangen gerötet waren und deren Augen verräterisch glänzten. Auch sie hatte ihre Handarbeit beiseitegelegt und schenkte nun dem Lautenspieler einen glühenden Blick, der daraufhin eine Liebesweise zum Besten gab. Ihr Mann, Andrés de Cabrera, hatte den wichtigen Posten des königlichen Statthalters von Segovia inne, in dessen Alcázar der Staatsschatz lag, sodass Beatriz ihn nur selten zu Gesicht bekam. Vor allem auf ihren langen Reisen mit der Königin vermisste sie ihn schmerzlich.
Jimena richtete ihren Blick wieder auf die Gruppe am Tisch. »Was will dieser Mönch hier«, murmelte sie.
»Ihre Majestät ist auf der Suche nach einem neuen Beichtvater«, antwortete ihr Don Angelos Stimme und ließ sie herumfahren. Erst jetzt bemerkte Jimena, dass sie ihre Worte laut ausgesprochen hatte.
Der Hidalgo verbeugte sich. »Darf ich?«
Sie nickte gnädig, und er machte es sich neben ihr auf dem weichen Diwan bequem.
»Unser verehrter Kardinal Mendoza hat zu viel um die Ohren, um noch ein weiteres Ohr für die Sünden unserer Königin offen zu haben, und auch unser Finanzgenie Fray Hernando hat zu viel zu tun, um ihr all die Bußen aufzuerlegen, nach denen Ihre Majestät zuweilen zu gieren scheint.«
Jimena sah Don Angelo strafend an. »Wenn hier einer Buße für seine lästerliche Zunge tun sollte, dann seid Ihr das, Don Angelo.«
Der Hidalgo zuckte mit den Schultern. »Nur weil ich die Wahrheit ein wenig scharf formuliere? Nein, das halte ich für keine Sünde.«
Jimena winkte ab. Die Sünden des Hidalgo interessierten sie im Augenblick wenig. Sie sah wieder zu dem Dominikaner hinüber, der in diesem Moment ebenfalls den Blick hob und sie so durchdringend anstarrte, dass ihr ganz kalt wurde, dennoch senkte sie nicht die Lider, sondern hielt dem Blick stand, bis er ihn abwandte.
»Ich hoffe, sie nimmt ihn nicht.«