Das Weisheitsrad - Alberto Villoldo - E-Book

Das Weisheitsrad E-Book

Alberto Villoldo

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  • Herausgeber: Arkana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Der Schlüssel zu unserer individuellen und kosmischen Existenz

Alberto Villoldo übersetzt das uralte schamanische Transformationstool in die heutige Zeit – zur Aktivierung unserer Selbstheilungskräfte, Befreiung von Ängsten und Energieblockaden sowie zur Entschlüsselung unserer wahren Bestimmung.

Seit Anbeginn der Zeit hüten die Ureinwohner Südamerikas ein machtvolles Werkzeug: das Weisheits- oder Medizinrad. Erschaffen um zu heilen und die eigene Bestimmung zu finden, lassen sich mit seiner Hilfe verborgene Lebensthemen, schädigende Verstrickungen und blockierende Energien entschlüsseln. Der weltberühmte schamanische Lehrer und Mediziner Alberto Villoldo macht diese kostbare Landkarte nun für die modernen Bedürfnisse nutzbar: Begleitet von Krafttieren, leitet uns sein Weisheitsrad durch die vier Himmelsrichtungen und ihre energetischen Qualitäten. Mithilfe von Ritualen und Anleitungen, u. a. zur Chakren-Harmonisierung, greifen wir auf verborgene Energien zu und werden von Grund auf gestärkt – um von nun an frei und hingebungsvoll unsere ureigene Vision zu leben.

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Seitenzahl: 293

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Alberto Villoldo lebt in Los Angeles und ist klassisch ausgebildeter medizinischer Anthropologe. 25 Jahre lang bereiste er die Hochländer der Anden und des Amazonas und studierte die schamanischen Heilpraktiken. In seinen Seminaren führt er alljährlich Tausende von Medizinern und Laien in die energiemedizinischen Techniken ein. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter »Das erleuchtete Gehirn« und »Das geheime Wissen der Schamanen«.

ALBERTOVILLOLDO

DASWEISHEITSRAD

Die schamanische Heldenreisefür Transformation und Heilung

Aus dem amerikanischen Englischvon Jochen Lehner

Die englische Originalausgabe ist 2022 unter dem Titel »The Wisdom Wheel – A Mythic Journey through the Four Directions« bei Hay House, Inc., in New York, USA, erschienen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Das in diesem Buch vorgestellte Material dient lediglich der Information und ist nicht für Diagnosen, ärztliche Verordnungen oder Behandlungen irgendwelcher Krankheiten bestimmt. Wenn Sie gesundheitliche Probleme haben, holen Sie bitte immer ärztlichen Rat ein.

Deutsche Erstausgabe

© 2022 Arkana, München

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Originalausgabe Copyright © 2022 Alberto Villoldo

Originally published in 2022 by Hay House Inc. US

Lektorat: Ralf Lay

Covergestaltung: ki 36 Editorial Design, München, Daniela Hofner, nach der Vorlage des Originaldesigns

Covermotiv: © Jordan Wannemacher

Layout Kapitelaufmacher: © Nick C. Welch

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-29560-8V002

www.arkana-verlag.de

Für Marcela, meine Frau,

und für unsere vier Kinder

Ian, Alexis, Kelly und Meric

Inhalt

Einleitung

Teil I: Verstehen

1. Etwas Größerem dienen

2. Unsere energetische Ausstattung

3. Das Göttlich-Weibliche zurückholen

4. Die transformierende Kraft des Weisheitsrads

Teil II: Transformation

5. Süden: Die Weisheit der Schlange

6. Westen: Die Weisheit des Jaguars

7. Norden: Die Weisheit des Kolibris

8. Osten: Die Weisheit des Adlers

Nachwort

Dank

Anhang

Arbeiten mit dem heiligen Raum

Anmerkungen

Register

Teil I

Verstehen

Etwas Größerem dienen

Am Kali-Gandaki-Fluss in Nepal.

Staub.

Überall Staub.

Staub in den Augen und Staub im Mund, der zwischen den Zähnen knirscht.

Wieso müssen solche spirituellen Reisen immer ins Niemandsland führen, in Steppen und Staubstürme wie hier in den Himalaja-Ausläufern?

Unser Ziel war die Ortschaft Lo Manthang, letzter Überrest des einstigen Königreichs Lo, das im heutigen nepalesischen Distrikt Mustang im Grenzgebiet zu Tibet und China lag. Es handelt sich um ein Schutzgebiet, in das man wegen der heiklen und verwickelten Beziehung zwischen China und Nepal nur mit besonderer Erlaubnis der Regierung kommt.

Um nach Lo Manthang zu gelangen, ist man zwölf Tage lang zu Fuß oder zu Pferd von Pass zu Pass unterwegs. Guru Rinpoche (Padmasambhava) war im 8. Jahrhundert schon bei seinem langen Fußmarsch von Indien nach Tibet dieser Route gefolgt. Er hatte die Aufgabe, den Buddhismus von Indien nach Tibet zu bringen, und musste sich unterwegs mit Dämonen und Zauberern herumschlagen. Einige Zeit danach wurde entlang der Ufer der Kali Gandaki ein Haupthandelsweg eingerichtet. Wir werden Rinpoches Spuren folgen und in seinen Tempeln und Höhlen meditieren.

Ein weiterer Hustenanfall nimmt seinen Lauf, und jetzt fällt mir wieder ein, weshalb ich hier bin: Ich möchte lernen und dienen und mit anderen in Kontakt kommen, die hier in Nepal die gleichen Ziele verfolgen.

Vor Jahren war ich einmal in der Wüste Nevadas und sah ganz in der Nähe Staubhosen wirbeln. Mir ging dabei der Gedanke durch den Kopf, dass Spiritualität allzu oft als eine Art Trostfutter gesehen wird. Man möchte sich besser fühlen, man möchte glücklich sein, das Leben soll weniger hart sein, und die spirituelle Medizin soll süß schmecken. Sie kann uns aber auf eine Weise fordern, mit der wir nicht gerechnet haben. Wir werden auf die Probe gestellt, mit unseren schwärzesten Ängsten und schlimmsten Selbstverurteilungen konfrontiert. Auch wenn wir nicht verstehen, weshalb das alles so schwierig ist, müssen wir, um zu gesunden, Dankbarkeit üben und allen verzeihen, die uns wehgetan haben.

Erst dann finden wir überall Schönheit, wohin unser Blick auch fällt. Die Schönheit und Lebendigkeit der Wüste, die uns entgingen, weil sie sich nicht in der erwarteten Form zeigten – und so sahen wir nur endlose Sandweite.

Blöder Staub! Ich war jedenfalls gespannt auf alles, was diese Reise bringen würde.

Gemeinsam mit meiner Frau Marcela hatte ich schon viele Jahre schamanische Energiemedizin gelehrt, als ich diese Einladung zu einer Pilgerreise im Grenzgebiet zwischen Nepal und Tibet bekam. Begleitet wurden wir von einer alten Bekannten, Joan Halifax, die eine Gruppe von Ärzten leitete und die entlegenen Ortschaften an der Kali Gandaki mit westlicher und tibetischer Medizin versorgen wollte.

Joan war als Anthropologin mit dem Thema des kubanischen Spiritismus bekannt geworden; sie hat zahlreiche Bücher zum Schamanismus veröffentlicht. Bevor sie eine buddhistische Lehrerin wurde, hatten wir gelegentlich bei denselben Konferenzen gesprochen und an den gleichen Retreats teilgenommen. Wir hatten Geschichten ausgetauscht und so manches Glas Wein miteinander geleert. Dies sollte jetzt ihre letzte Reise nach Mustang und ins Königreich Lo werden. Ich war froh, als ich erfuhr, dass mein Freund Stephan, der das Omega Institute in Upstate New York gegründet hatte und schon jahrelang Joans Arzt war, mit von der Partie sein würde. Einige westliche Ärzte und zwei Amchis, ebenjene tibetische Ärzte, sowie etliche angeheuerte nepalesische Guides und Reiter, die uns beim Auf- und Abbau der Lager helfen würden, vervollständigten das Team.

Marcela, eine Medizinfrau, freute sich auf den Besuch antiker buddhistischer Stätten entlang der Seidenstraße und auf den Austausch mit den dortigen Energien. Wir hatten bei den Schamanen der Andenregion und des Amazonasbeckens schon einige Beschreibungen des Nachlebens kennengelernt und brannten jetzt darauf, von den Weisheitslehren des Himalaja zu erfahren. Ich hatte außerdem die Fragestellung, ob es wohl zwischen geografisch weit auseinanderliegenden Traditionen Verbindungen gab, die möglicherweise auf gemeinsame Ursprünge zurückgingen. Die molekulare Archäologie findet immer mehr Hinweise darauf, dass die schamanischen Traditionen Nord- und Südamerikas ihren Ursprung in Asien haben. Man konnte hier Mutationen der Mitochondrien-DNA verfolgen und kam so darauf, dass die Menschen vor Zehntausenden Jahren von Afrika aus in alle Welt ausschwärmten. Was mag wohl an »spiritueller Technologie« verloren gegangen sein, als sich unsere Wege in dieser Zeit trennten? Diese Frage beschäftigte mich schon lange und ließ mir keine Ruhe. Vielleicht haben alle schamanischen Traditionen im gleichen Sinne eine gemeinsame Wurzel, wie wir alle eine gemeinsame Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßmutter haben, eine afrikanische Eva. Die Wurzel bestand nach meiner Überzeugung in gemeinsamen Erlebnissen in den unsichtbaren Bereichen.

Die tibetischen und amerikanischen Schamanen sind unübertreffliche Kartografen der unsichtbaren Welt. Sie haben den Weg jenseits des Todes unglaublich detailreich nachgezeichnet. Ich wollte diese Landkarten jetzt vergleichen, um zu sehen, wo sie sich deckten oder aneinandergrenzten. Vor allem interessierte es mich zu erfahren, was ein großer Lehrer wie Guru Rinpoche uns Heutigen in dieser Beziehung zu sagen hat. Wir würden seine Tempel und Meditationshöhlen besuchen, wahre Kraftorte, an denen sich Weisheit über alle scheinbaren Grenzen der Zeit hinweg mitteilen kann und in der Alltagswelt der fünf Sinne Realität wird.

In der Himalajaregion unternehmen viele Menschen Pilgerreisen, um den Sinn ihres Lebens zu finden und tiefe Heilung zu erfahren. Auf solchen Wegen kommt es darauf an, den eigenen persönlichen Kompass einmal außer Acht zu lassen und sich anhand einer ganz anderen Landkarte zu orientieren. Ich nahm an dieser Forschungsreise in das Land der alten Buddhisten und Schamanen teil, weil ich schon wusste, dass mich das unglaublich schwierige Gelände und die hohen Lehren auf mein rechtes Maß zurückstutzen würden. Hier würde ich vielleicht jene Meisterschaft neu entdecken, die uns zuteilwerden kann, wenn wir sie nicht mehr unbedingt haben müssen.

Die Landkarte neu befragen

Nach den weltweiten Ereignissen des Jahres 2020 ist uns mehr denn je bewusst, wie sehr wir einer auf den anderen angewiesen sind. Viele von uns, die noch nie all die Selbstverständlichkeiten hinterfragt haben, mit denen wir aufwachsen – unabhängig sein, sich mit eigenen Mitteln durchsetzen, Erfolg um jeden Preis –, fangen jetzt damit an. Sie finden es in Ordnung, das Althergebrachte anzuzweifeln, aber anderen fällt das nicht leicht. Uns allen ist es jedoch gegeben, neue Weisheitswege zu erkunden, um uns selbst und unseren individuellen Weg tiefer zu verstehen.

Wenn man sich anhand von Landkarten oder Navigations-Apps orientiert, fällt einem auf, dass die Wege gleich sind, auch wenn die Geländeformationen und Orientierungspunkte unterschiedlich dargestellt werden. Schon immer haben Menschen über heilige Lehren, die Orientierungsmarken der Religionen, diskutiert und hätten in dieser Zeit eine bessere Welt herbeiführen können, wenn sie nur die dort dargelegten Wege zum inneren Frieden gegangen wären.

Mag sein, dass Sie die Ideen in diesem Buch eher desorientierend finden. Möglicherweise geben sie Ihnen Anlass, sich zu fragen, wer Sie sind und was Sie wissen. Desorientierung kann eine gewinnbringende Sache sein. Wenn Sie die Landkarten, mit denen Sie sich Ihren Weg durchs Leben suchen, neu befragen müssen, kann es gut sein, dass Sie auf ganz neue Möglichkeiten stoßen.

Vergessene Geschichte

Die Geschichte ist von den Eroberern geschrieben worden, aber heute bekommen wir allmählich auch Sinn für die Weisheitstraditionen der Eroberten und fragen uns, was davon verloren gegangen sein mag. Das gibt uns Anlass, ein paar Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen, die viele Jahre lang Geltung besaßen.

In ihrer Kindheit und Jugend haben manche noch von den wackeren Europäern gehört oder gelesen, die die Wildnis des amerikanischen Westens zivilisierten und die »Wilden« zum Christentum bekehrten, um sie von ihren »sündigen« Überzeugungen und Praktiken zu »erlösen«. Es ist ganz wichtig, das alles jetzt zu überprüfen; denn diese scheinbaren Selbstverständlichkeiten lassen uns die Vergangenheit und die indigenen Weisheitstraditionen entstellt wahrnehmen.

Die Kulturen der amerikanischen Ureinwohner basierten in aller Regel auf Achtung gegenüber der Natur und der unsichtbaren Welt, auf verantwortlichen Umgang mit dem Land und seinen Lebewesen und auf Bemühung um Interessensausgleich zwischen benachbarten Völkern. Am Lagerfeuer kamen die Menschen miteinander ins Gespräch. Manche legten weite Strecken zurück, um die großen Städte der Maya oder einen Pueblo zu besuchen. Dort wurde gehandelt, und man tauschte technisches Wissen aus und kam mit Weisheitslehren in Berührung. Konflikte ließen sich leichter vermeiden oder lösen, wenn die Menschen auf dem Markt zusammenkamen, ihre Differenzen durchsprachen und alle einmal mehr vor Augen geführt bekamen, dass jeder etwas Wertvolles beizutragen hatte.

Als die Europäer in Amerika auftauchten, brachten sie entschieden patriarchalische Traditionen mit, die den Indigenen fremd waren. Die Europäer sahen sich in ihrer ausbeuterischen Haltung gerechtfertigt. Sie fanden es in Ordnung, dass sich wenige in ihrer Habgier an den vielen bereicherten. Die Unterwerfung der amerikanischen Ureinwohner war aus ihrer Sicht nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar ein Gebot Gottes, insbesondere in Nordamerika, wo bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts gezielt die Ausrottung der Ureinwohner betrieben wurde. In den Anden wurden die Schamanen verfolgt, und die über Generationen tradierten alten Lehren schienen zum Untergang verurteilt. Ganze Ortschaften wurden zerstört, heilige Texte verbrannt.

Der Schamanismus tauchte unter, aber wie beim Anstreichen eines Streichholzes plötzlich ein Flämmchen aufflackert, ist er vollständig wieder da, sobald man sich mit dieser uralten Tradition für das Wohlergehen der Welt verbindet. Fragmente der frühen Schriften geben uns nur ein lückenhaftes Wissen über die Weisen der Frühzeit, aber die Inka, diese Erbauer von Städten in den Wolken – darunter beispielsweise Machu Picchu –, besaßen außerdem eine mündliche Überlieferung und sorgten dafür, dass die Restglut des Schamanismus nie ganz erlosch. Mit der Kraft dieses Lichts und seiner Weisheit bauten sie das bis dahin größte Imperium der westlichen Welt auf. Dabei drückten sie den schamanischen Traditionen noch ihr ganz eigenes Siegel auf, bevor sie scheinbar für immer verschwanden. In Wirklichkeit jedoch warteten die heiligen Lehren nur auf ein leichtes Fächeln, um wieder zu entflammen und die Hände und Herzen der Suchenden wärmen zu können.

Als junger Mann bin ich bei meiner ersten Reise in die peruanischen Anden Schamanen begegnet und wollte etwas über ihre Medizin in Erfahrung bringen. Ich fand heraus, dass ihre Vorstellungen von Gesundheit sich erheblich von meinen unterschieden. Ich war ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass meine Ideen richtig seien. Ich hatte all das verinnerlicht, was in meiner Gesellschaft zu diesem Thema geglaubt wurde: dass unsere Weisheit zutraf und wir den Zusammenhang zwischen Körper und spirituellem Bewusstsein richtig sahen. Ich glaubte an reale Krankheiten; Krebs, Herzkrankheiten und Alzheimer erschienen mir nur allzu wirklich. Ich glaubte, dass Gesundheit und Lebensspanne genetisch bedingt seien und die DNA unser Schicksal beherrsche. Ich glaubte, dass man Krankheiten schulmedizinisch behandeln muss. Meine Lehrer unter den Schamanen haben dafür gesorgt, dass solche Vorstellungen mit der Zeit in den Hintergrund traten. Sie führten mir vor Augen, dass es keine Krankheiten gibt, nur kranke Menschen. Dass die DNA nur für einen kleinen Anteil der Gesundheit verantwortlich ist und sehr viel mehr davon abhängt, wie es mit unserer Beziehung zur Erde und zum Geist bestellt ist (womit auch unsere Ernährung und Lebensweise gemeint sind), eine Beziehung, die bei den Andenvölkern »Ayni« genannt wird. Wenn man die Bedingungen schafft, so wurde mir vermittelt, weichen Krankheiten oft von selbst und bedürfen keiner Arzneien. Noch viel mehr habe ich damals gelernt, und davon wird in diesem Buch die Rede sein.

Da mich der Schamanismus ansprach, wollte ich gern den Ort finden, an dem aus den Tiefen der Erde die zeitlose schamanische Weisheit heraufsprudelte. Oder mit einer vielleicht treffenderen Metapher: Ich wollte den Ursprung der Wolle finden, aus der für jeden einzelnen Menschen die Fäden für das Tuch des Schicksals und der Gesundheit gesponnen werden.

Bald hielt ich immer mehr zerfaserte Reste eines magischen Bildteppichs in Händen, der vor dem Anbeginn der Zeit entstanden sein musste. Die spanische Inquisition hatte bei der Verfolgung der indigenen Bewahrer des alten Wissens ganze Arbeit geleistet, dabei aber die Heilkundigen und Hebammen für den Fall verschont, dass die eigenen Leute erkrankten oder die versklavten Ureinwohner im Alter oder nach zu viel Arbeit gesundheitliche Hilfe brauchten. Nur zu gut wussten die Konquistadoren, dass die Medizin Nord- und Südamerikas der europäischen mit ihren Blutegeln und Aderlässen weit überlegen war. Seit Jahrtausenden hatten sich die Medizinfrauen mit Pflanzen beschäftigt und sich ihre Heilkräfte erschlossen.

Sie merkten aber, dass es sich nicht empfahl, durch die Pflanzen mit dem Geist zu kommunizieren, denn die Eroberer mit ihrem männlichen Gott und der davon geprägten Kirche würden das nicht gutheißen. Für sie war der Geist irgendwo da oben, aber nicht hier auf der Erde. Die Medizinfrauen hielten es nicht für ratsam, von den Spaniern als mächtig gesehen zu werden, und so sprachen sie nicht von den Ursprüngen ihres Wissens. Sie heilten weiterhin die Kranken und betreuten die Geburt der Kinder ihrer Herren, die die Fähigkeiten dieser Frauen zwar fürchteten, aber nicht auf sie verzichten konnten. Die Schamaninnen wussten einfach, dass sie die tiefste Weisheit unter Verschluss halten mussten, bis sie ungefährdet wieder ans Licht geholt werden konnte. 

Das Gesamtbild