Dem Glücklichen schlägt keine Stunde - Anselm Grün - E-Book

Dem Glücklichen schlägt keine Stunde E-Book

Anselm Grün

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Beschreibung

Wir sind gestresst und unter Zeitdruck fühlen wir uns alle. Doch wer die Zeit loslässt, wird wirklich Zeit haben. Und der erfährt Glück, der sich selbst und die Zeit vergessen kann. Wenn ich ich ganz und gar im Augenblick bin, dann bin ich glücklich. Und wenn ich Glück erfahre, dann kenne ich keine Zeit. Solche Augenblicke geben aber Energie für den Alltag. Anselm Grün, Meister der Lebenskunst und des einfachen Lebens gibt Impulse, das Geheimnis eines glücklichen Lebens im Alltag zu finden. Zum Glück haben wir Zeit, Zeit zu leben. Jeden Tag und hier und heute.

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Seitenzahl: 88

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Anselm Grün
Dem Glücklichenschlägt keine Stunde
Herausgegeben von Anton Lichtenauer
© KREUZ VERLAG
in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung und Konzeption: Agentur R.M.E
Eschlbeck / Hanel / Gober
Umschlagfoto: © Getty Images/Grady Coppell
Datenkonvertierung (E-Book): le-tex publishing services GmbH
ISBN (E-Book) 978-3-7831-8198-2
ISBN (Buch) 978-3-7831-3448-3

Vorwort

„Dem Glücklichen schlägt keine Stunde“, so verheißt es das Sprichwort. Sprichwörter sind Ausdruck von Erfahrung und Lebensweisheit. Und auch dieses zeigt eine verlässliche Spur, wenn wir danach fragen, wo und wie Glück zu erleben ist.
So viel ist sicher: Wer sein Glück packen und festhalten will, dem schlüpft es aus der Hand. Wer ihm hinterherhetzt, der wird es nie erreichen. Es ist immer schon da und wartet darauf, dass wir es wahrnehmen. Erleben kann es aber nur, wer ganz im Augenblick ist. Denn nur der Moment, dieser eine Augenblick, lässt mich das Glück berühren. Glück lässt sich auch nicht kaufen. Es ist nicht durch noch so ausgefeilte Techniken zu erwerben. Tricks helfen da nicht. Glück meint einfach: ganz im Einklang mit sich sein. Und diese innere Harmonie beginnt damit, dass wir im Einklang sind mit dem Augenblick. Das klingt einfacher, als es ist. Aber nur wenn ich frei bin von den Ansprüchen meines Ego kann es gelingen. Das Ego will immer festhalten. Es will etwas haben. Glück ist aber nicht zu „haben“. Glücklich ist nicht wer viel hat, sondern wer einfach, ganz im Augenblick ist. So hat es der Hans im Glück des Märchens erfahren. Als ihm auch noch seine letzte Habseligkeit, der Wetzstein, in den Brunnen fällt, ruft er: „So glücklich wie ich gibt es keinen Menschen unter der Sonne.“ Er hat jetzt nichts mehr. Aber er tanzt und springt voller Freude: Er ist einfach.
„Dem Glücklichen schlägt keine Stunde“, das sagt noch etwas: Glückserfahrung ist nicht planbar. Manche meinen: Sobald ich die Prüfung geschafft habe, werde ich der glücklichste Mensch auf Erden sein. Doch dann ist die Prüfung vorbei und statt Glück empfindet man Leere: die Traurigkeit des Erfolgs. Diese eine Stunde, auf die ich solange hingelebt habe und von der ich alles Glück der Welt erwartet habe, enttäuscht mich, wenn sie da ist. Die verminderte Spannung zieht auch die Stimmung nach unten. Das Glück begegnet mir, wann und wo es will. An mir liegt es, bereit zu sein: Für die Freude, die mir aus einem lachenden Gesicht entgegenstrahlt. Für das Glück, das der frische Frühlingsmorgen mir vor Augen hält. Für die Verzauberung durch die Begegnung mit einem lieben Menschen. Die glücklichen Augenblicke können mich jeden Moment erwarten. Ich muss sie nur wahrnehmen.
Wer Glück empfindet, möchte es festhalten. „Alle Lust will Ewigkeit“, sagt Friedrich Nietzsche. „Verweile doch! Du bist so schön“, für einen solchen Moment will Goethes Faust seine Seele sogar dem Teufel verkaufen. Das Glück will zwar Ewigkeit. Aber es lässt sich immer nur in diesem Augenblick wahrnehmen. Wer sein Ego loslässt und sich dem inneren Zustand des Glücks überlässt, für den steht die Zeit still. Und dann erfährt er das Glück nicht nur als kurzes Erhaschen eines schönen Augenblicks. Dann empfindet er, dass die Zeit stillsteht. In einer solchen Erfahrung scheint das Glück ewig zu währen. Meister Eckehart spricht von der Fülle der Zeit, wenn die Zeit stillsteht, wenn Christus selbst in die Zeit kommt. Glück ist immer erfüllte Zeit. In diesem Augenblick fallen Zeit und Ewigkeit zusammen. Ewigkeit erahne ich, wenn ich einfach nur im Schauen, im Spüren, im Wahrnehmen, in der Begegnung bin. Sobald ich nachrechnen oder kontrollieren will, falle ich schon aus der Zeit, die Ewigkeit ist, heraus. Und ich erlebe die Zeit, die mich auffrisst, die Zeit, die mir davonläuft. Die Zeit steht nur still, wenn ich selbst still geworden bin, wenn ich stehen bleibe und einfach nur im Stehen bin, im Wahrnehmen dessen, was ist.
Es gibt noch andere Sprichwörter, die den Augenblick mit dem Glück verbinden. So heißt es: „Augenblick bringt das Glück.“ Das Wort Augenblick meint ursprünglich den schnellen Blick der Augen, also eine kurze Zeitspanne, Zeit, die man nicht festhalten kann. Die Lateiner sprechen vom „ictus oculi“, vom Augenschlag. Sie denken dabei an die Bewegung der Wimpern. Die deutsche Sprache bezieht sich jedoch auf das Schauen. Aber es ist kein Schauen, bei dem ich verweilen kann, sondern ein kurzer Blick, der schnell vorbei ist. Ich habe gerade hingeschaut und schon ist das, was ich geschaut habe, vorübergegangen. Ich kann es nicht mehr sehen. Ich schaue nur auf das, was mich fasziniert, was meinen Blick auf sich zieht, auf etwas Interessantes und Anziehendes.
Wenn uns etwas abstößt, dann schauen wir lieber nicht hin. Doch festhalten können wir den bewegendsten Augenblick nicht. Schon im nächsten Moment ist er vorbei. Wir können uns nur daran erinnern, dass wir in diesem Augenblick etwas geschaut haben, was unser Herz berührt.
Wenn wir das Wort „Augenblick“ meditieren, können wir es auch als den Blick der Augen verstehen, die auf uns schauen. Das deutsche Wort „Blick“ kommt ursprünglich von „Blitz, Glanz, heller Lichtstrahl“. In den Augen eines anderen Menschen kommt mir ein Leuchten entgegen, etwas Glänzendes. In der Begegnung schaut mich ein Mensch an. Und schon oft hat mich so ein „Augen-Blick“ verzaubert, vor allem wenn es ein Liebes-Blick war. Menschen, die sich verliebt haben, erzählen manchmal: Es war „Liebe auf den ersten Blick“. Sie haben sich angeschaut und in diesem Augenblick wussten sie, dass sie füreinander geschaffen sind. Wir dürfen beim „Augen-Blick“ aber auch an die liebenden Augen Gottes denken. Beim Propheten Jesaja sagt Gott zu jedem von uns: „Du bist kostbar in meinen Augen, wertvoll, und ich habe dich lieb.“ (Jes 43,4) Gottes Augen blicken auf mich, nicht um mich zu kontrollieren, sondern weil sie mich lieben. Gottes Augen begleiten mich. Sie zeigen mir, dass ich in keinem Augenblick allein gelassen bin. Immer bin ich unter Gottes guten Augen. Sie bringen Licht und Glanz in mein Leben. Sie ruhen auf mir, sie umgeben mich mit Liebe und Licht. Wenn ich darum weiß, wird jeder Augen-Blick zu einem erfüllten Augenblick, zum Glück, das mich aus den liebenden Augen eines Menschen oder meines Gottes anlacht.
So wünsche ich den Lesern und Leserinnen, dass sie immer wieder Augenblicke des Glücks erfahren, dass sie sich anschauen lassen von dem Glück, das ihnen in der Schönheit der Natur, in der Liebe eines menschlichen Auges und in der Liebe Gottes aufstrahlt.
Und ich wünsche Ihnen, dass in diesen Augenblicken Zeit und Ewigkeit zusammenfallen und Sie so erfahren lassen: „Dem Glücklichen schlägt keine Stunde.“

1. Heilung der Zerrissenheit

Der erschöpfte Holzfäller

Anthony de Mello erzählt die Geschichte eines erschöpften Holzfällers, der viel Zeit und Kraft verschwendete, weil er mit einer stumpfen Axt arbeitete. Er habe er keine Zeit, die Schneide zu schärfen, sagte er. In dem Mann können wir uns alle wieder finden – indem wir uns keine Zeit nehmen, die Schneide unserer stumpfen Axt zu schärfen, verschwenden wir unsere Energie mit den immer gleichen Tätigkeiten. Wir gönnen uns nicht die Zeit, einmal nachzudenken: Ist es richtig, immer das Gleiche zu tun? Sollten wir nicht innehalten, um zu schauen, worum es eigentlich geht in unserem Leben? Wer die Frage nach dem Sinn ausklammert und sich einfach nur den Tätigkeiten widmet, die er gerade zu erledigen hat, dessen Schneide wird stumpf. Er arbeitet viel, aber es kommt nichts dabei heraus. Wir brauchen Zeiten der Stille, um zu überprüfen, ob das, was wir tun, noch wichtig ist und ob wir nicht viel zu viel Energie dafür verwenden.
Das ausgeglichene Verhältnis von Nehmen und Geben gilt für alles, was wir tun. Für unsere Zeit gilt es besonders. Wer sich Zeit nimmt, bekommt Zeit geschenkt. Er verbraucht nicht mehr soviel Zeit für Unsinniges. Weil wir keine Zeit haben, uns um unsere Gesundheit zu kümmern, werden wir krank. Der Körper zwingt uns dann, uns die Zeit zu nehmen, die wir uns sonst nicht gegönnt hätten. Weil wir zuviel Energie verschwenden, mit der stumpfen Axt auf den Baum einzuhauen, brennen wir aus. Wir haben keine Energie mehr und werden so gezwungen, inne zu halten, uns zu erholen, damit wir wieder zu Kräften kommen. Die Geschichte vom Holzfäller will uns lehren, uns freiwillig die Zeit zu nehmen, damit uns nicht der Leib oder die Umstände die Zeit stehlen, die wir uns nicht gegönnt haben.

Im Hamsterrad

Viele beschreiben heute ihr Leben als Leben im Hamsterrad. Sie haben den Eindruck, dass sich das Hamsterrad dreht und dreht, immer weiter, immer schneller, ohne Pause. Sie laufen wie ein Hamster darin und finden doch keine Ruhe. Sie meinen, die äußere Schnelligkeit und das Tempo der Welt würde sie zur Rastlosigkeit verurteilen.
Der schlesische Dichter und Mystiker Angelus Silesius hat ein schönes und zeitlos gültiges Gedicht über die Rastlosigkeit geschrieben:
„Nichts ist, das dich bewegt, / Du selber bist das Rad, / Das aus sich selber lauft / Und keine Ruhe hat.“
Angelus Silesius beschreibt diese Unruhe, aber er widerspricht der heute üblichen Selbstwahrnehmung. Er schaut tiefer. Und er nennt einen anderen, den wahren Grund. Wir selber sind die Ursache unserer Unruhe. In uns ist ein rastloses Herz, das wie ein gut geöltes Rad immer weiter läuft. Die Frage ist, wie wir diese Rastlosigkeit überwinden können. Um im Bild von Angelus Silesius zu bleiben: Wir müssen vom äußeren Rand des Rades nach innen gehen zum Mittelpunkt, zur Nabe. Dort, in der scheinbaren Mitte der Bewegung, ist es in Wirklichkeit ruhig. Wenn wir in unserer Mitte sind, geht das Leben außen schnell an uns vorüber. Aber unser Herz ist nicht unruhig. Es ruht in sich. Es ruht in Gott. Und dann kann das äußere Leben uns nicht aus der Mitte heraus reißen. So ist es wichtig, sich immer wieder in der äußeren Unruhe und Rastlosigkeit vorzustellen, dass mein Geist in den Grund der Seele gelangt, in die eigene Mitte. Von dort her beobachten wir die Unruhe. Aber wir sind jetzt im Innersten nicht mehr unruhig, sondern voller Ruhe.

Wenn alles an mir zerrt