Der Begriff der Macht im Kontext der Sozialen Arbeit - Elena Stegemeyer-Senst - E-Book

Der Begriff der Macht im Kontext der Sozialen Arbeit E-Book

Elena Stegemeyer-Senst

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2019 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, MSB Medical School Berlin - Hochschule für Gesundheit und Medizin (Fakultät Gesundheit), Veranstaltung: Professionelles Handeln 3, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Begriff der Macht wird im allgemeinen Verständnis mit Gewalt, Unterdrückung und Manipulation assoziiert. Im Bereich der Sozialen Arbeit ruft diese Vorstellung ambivalente Gefühle hervor: die Macht scheint mit dem helfenden Auftrag unvereinbar zu sein, wird daher wenig thematisiert und nicht selten aus theoretischem und praktischem Diskurs der Sozialen Arbeit verbannt. Die Machtkategorie ist aber ein konstitutiver Bestandteil jeder sozialen Beziehung und in Interaktionsverhältnissen der sozialarbeiterischen Praxis immer vorhanden. Es ist daher unbedingt notwendig, unter Einbeziehung verschiedener Machtbegriffe und Theorien die Machtverhältnisse in der Sozialen Arbeit zu reflektieren. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der philosophischen und gesellschaftspolitischen Auffassung des Machtbegriffs und seiner Verortung in der Sozialen Arbeit. Das Forschungsvorhaben wird sein, es zu begründen, dass die Machtkategorie eine nicht wegzudenkende Komponente der theoretischen und praktischen Sozialen Arbeit ist.

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Coverbild: GRIN

MSB Medical School Berlin

Hochschule für Gesundheit und Medizin

Fakultät Gesundheit

Bachelorstudiengang Soziale Arbeit

Studienarbeit

Der Begriff der Macht im Kontext der Sozialen Arbeit

vorgelegt von: Elena Stegemeyer - Senst

vorgelegt am: 3. Juni 2019

Inhaltsverzeichnis

Abstract

1 Einleitung

2 Macht in Interaktionsverhältnissen des Helfer-Klient-Systems

2.1 Machtmittel in einer helfenden Beziehung

2.2 Macht aus konstruktivistischer Perspektive

3 Gesellschaftspolitische Betrachtung der Machtkategorie im Lichte der Machtanalytik von Michel Foucault

3.1 Macht ohne Herrschaft

3.2 Produktivität der Macht

4 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abstract

Der Begriff der Macht wird im allgemeinen Verständnis mit Gewalt, Unterdrückung und Manipulation assoziiert. Im Bereich der Sozialen Arbeit ruft diese Vorstellung ambivalente Gefühle hervor: die Macht scheint mit dem helfenden Auftrag unvereinbar zu sein, wird daher wenig thematisiert und nicht selten aus dem theoretischen und praktischen Diskurs der Sozialen Arbeit verbannt.

Die Machtkategorie ist aber ein konstitutiver Bestandteil jeder sozialen Beziehung und in Interaktionsverhältnissen der sozialarbeiterischen Praxis immer vorhanden. Es ist daher unbedingt notwendig, unter Einbeziehung verschiedener Machtbegriffe und Theorien die Machtverhältnisse in der Sozialen Arbeit zu reflektieren.

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der philosophischen und gesellschafts­politischen Auffassung des Machtbegriffs und seiner Verortung in der Sozialen Arbeit. Das Forschungsvorhaben wird sein, es zu begründen, dass die Machtkategorie eine nicht wegzudenkende Komponente der theoretischen und praktischen Sozialen Arbeit ist.

Die Studienarbeit wird „vom Konkreteren zum Abstrakteren“ entwickelt. (Kraus & Krieger, 2011, p. 16) Zu Beginn steht der konkrete, dyadische Machtbegriff im Fokus der Untersuchung. Dabei geht es um die Machtverhältnisse in einer Helfer-Klient-Beziehung.

Ferner wird auf die gesellschaftspolitische Bedeutung der Machtkategorie für die Soziale Arbeit eingegangen. Dabei wird der Begriff der Macht aus der Perspektive der Macht-Analytik von Michel Foucault diskutiert.

In der Schlussbetrachtung werden die wichtigsten Resultate präsentiert und es wird auf einige kritische Punkte eingegangen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Text für die Bezeichnung von Personen und Personengruppen überwiegend die männliche Form verwendet. Im Fall der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtungsweise wird eine geschlechtsspezifische Unterscheidung vorgenommen.

2 Macht in Interaktionsverhältnissen des Helfer-Klient-Systems

Im Alltagsverständnis wird der Begriff der Macht mit Manipulation, Einschränkung der Persönlichkeitsrechte und Gewalt assoziiert. Man denkt in diesem Zusammenhang an wenige Privilegierte, die sich im Besitz der Macht befinden, Andere bevormunden und so eine soziale Ungleichheit erschaffen.

Die prominenteste Definition von Max Weber (1972, Kap.1, §16) trägt zu dieser Vorstellung bei: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Im Fokus dieser Machtvorstellung steht von vornherein ein persönlicher Interessenkonflikt. In der Sozialen Arbeit ist es eher unüblich, dass die Professionellen in einem Helfer-Klient-Verhältnis aus der Motivation heraus handeln, ihren eigenen Willen durchzusetzen. Deshalb erscheint die Definition von Weber, obwohl die bekannteste überhaupt, für einen Sozialarbeiter befremdlich und die Kategorie Macht wird deshalb häufig aus dem praktischen und wissenschaftlichen Diskurs der Sozialen Arbeit ausgeschlossen. (Kessl in:Kraus & Krieger, 2011, pp. 31 - 43) Andere Betrachtungsweisen auf die Thematik werden ausgeblendet und die Macht wird generell als etwas Negatives aufgefasst. Dabei könnte beispielsweise alleine schon ein Mehr an fachlicher Kompetenz seitens des Professionellen der Sozialen Arbeit ein Machtgefälle zwischen dem Helfer und dem Klienten andeuten.

Im Folgenden wird auf die Analyse der Machtverhältnisse innerhalb einer professionellen Helfer-Klient-Beziehung eingegangen. Die Fragen, die dabei im Fokus stehen, sind: Ist der an das Alltagsverständnis angelehnte Machtbegriff auf die Interaktionen in der Sozialen Arbeit überhaupt anwendbar? Und inwiefern kann man von einem ausbalancierten, machtneutralen Helfer-Klient-Verhältnis als Idealvorstellung einer helfenden Beziehung ausgehen?

Für die Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft sind diese Fragestellungen von großer Relevanz. Die Reflexion der Machtverhältnisse in einer helfenden Beziehung kann Professionelle der Sozialen Arbeit dabei unterstützen, Unsicherheiten in der Arbeit mit dem Klienten abzubauen, welche aus einer negativen Vorstellung von Macht als belastendem Faktor resultieren können.

2.1 Machtmittel in einer helfenden Beziehung

In den zwischenmenschlichen Beziehungen ist die Machtkomponente immer vorhanden. Entgegen dem Alltagsverständnis entsteht die Macht immer da, „wo immer Regeln geschaffen, Kompetenzen verteilt, Abhängigkeiten arrangiert und ausgewählten Rollenträgern ein Anspruch auf bestimmte Rechte und Ressourcen zugesprochen wird“. (Kraus & Krieger, 2011, p. 10)

In einer Helfer-Klient-Interaktion sind immer konstitutive Merkmale zu beobachten, die auf ein Machtgefälle zwischen dem Helfer und dem Klienten hindeuten. Zunächst sind das Erwartungen, die beidseitig aufeinander gerichtet sind bzw. zumindest von einem der Interaktionspartner ausgehen. Auch die Wahrnehmung einer Interessendifferenz innerhalb einer helfenden Beziehung, durch welche ein Durchsetzungsmotiv entsteht, ist ein wichtiges Kriterium eines Machtverhältnisses. (Kraus & Krieger, 2011, p. 76)

Die Verfügung über das Expertenwissen sowie über die Ressourcen allgemein, beispielsweise in Form von Sanktionsgewalt, begründet die Ressourcen-Asymmetrie zwischen dem Helfer und Klienten. (Kraus & Krieger, 2011, p. 76) Es ist sinnvoll, zu differenzieren, ob die ermächtigenden Ressourcen dem Helfenden von einer höheren Instanz auferlegt sind oder ob die helfende Person ihre eigenen Ressourcen, wie das professionelle Wissen und Persönlichkeitseigenschaften, als Machtmittel einsetzt.

Es bietet sich an dieser Stelle an, auf die Machtverhältnisse in der Sozialen Arbeit mit Straffälligen einzugehen. Die Professionellen der Sozialen Arbeit als Träger des öffentlichen Auftrags sind hier in übergeordnete institutionelle Strukturen eingebunden und setzen die ihnen dadurch von oben zugeteilten Ressourcen ein, um die Entscheidungsfreiheit des Klienten zu beschränken. (Kraus & Krieger, 2011, p. 77) Andererseits haben sie die Macht, konstruktive Veränderungen beim Klienten herbeizuführen, indem sie diesen an ihrem Expertenwissen, ihren Überzeugungen und Ideen teilhaben lassen.

Auch im Kinderschutz können Sozialarbeiter durch ihr Expertenwissen sowie institutionell auferlegte Ressourcen, wie beispielsweise die Sanktionsbefugnis, eine Lösung auch gegen den aktuellen Willen des Betroffenen herbeiführen. Andererseits steht es in der Macht der Professionellen der Sozialen Arbeit, dem Klienten den Zugang zu dem Expertenwissen zu ermöglichen und so zu einer einvernehmlichen Lösung beizutragen.

Man kann die Ambivalenz der Machtmittel im Interaktionsverhältnis des Helfer-Klient-Systems beobachten: die Machtmittel sind hier „zugleich Instrumente der Kontrolle wie Instrumente der Hilfe“. (Kraus & Krieger, 2011, p. 76)

2.2 Macht aus konstruktivistischer Perspektive

„Die Umwelt, wie wir sie wahrnehmen, ist unsere Erfindung“ hat Heinz von Foerster (1993, p. 25) formuliert und mit dieser Aussage die konstruktivistische Idee begründet, die für die Soziale Arbeit so fruchtbar ist. Dieser Idee nach kann man immer einen Blickrichtungswechsel vornehmen, man kann das Problem immer aus verschiedenen Perspektiven betrachten, so wie Herwig-Lempp (2007, p. 34) im folgenden Beispiel beschreibt:

Wir sagen „Er ist drogenabhängig“ – und vergessen dabei bereits, dass die Beschreibungen „er konsumiert häufig Cannabis“, „er raucht jeden Mittwoch mit Freunden einen Joint“, „er kifft eben gerne“, „er verdrängt mit dem Zeug seine Probleme“, „er bringt sich manchmal mit Gras in eine gute Stimmung“ ebenso möglich wären und damit nicht nur andere Bilder der „gleichen Wirklichkeit“ entstehen ließen, sondern u.U. auch andere Konsequenzen mit sich ziehen würden. Dies bedeutet: Wir haben die Möglichkeit der Wahl – und damit auch die Verantwortung für unsere Beschreibungen.

Der grundlegende und für die Soziale Arbeit entscheidende Gedanke ist darin: abhängig von der Beschreibung der Wirklichkeit ergeben sich unterschiedliche Handlungswege und Konsequenzen. Es ist also manchmal wichtig, von starren Definitionen und Konzepten abzusehen und stattdessen mit einem Kontingenz-Blick neue Perspektiven zuzulassen. Dabei geht es nicht darum, dass die Beschreibung eines Sachverhaltes bzw. Begriffes wahr ist, sondern inwiefern sie in einer bestimmten Situation hilfreich und nützlich sein kann. (Herwig-Lempp, 2007)

Wenn man mit dieser Vorstellung an den Begriff Macht herantritt, erscheint der negativ konnotierte Begriff in einem ganz anderen, nicht mehr so negativen Licht: schließlich existieren Machtverhältnisse in jeder sozialen Konstellation, in jeder Partnerschaft und in jedem Eltern-Kind-Verhältnis. Im Letzteren ist das sogar nach Elias (2014) so, „dass auch das Baby vom ersten Tage seines Lebens an Macht über die Eltern hat und nicht nur die Eltern über das Baby – es hat Macht über sie, solange es für sie in irgendeinem Sinne einen Wert besitzt.“

Man schränkt mit eigenem Verhalten unvermeidlich die Freiheiten und Handlungsabsichten des Anderen ein, mit den Worten des Heinrich Popitz (1992, p. 272) – Es gibt keine „machtsterilen“ Verhältnisse. Auch Friedberg (1995, p. 257) betrachtet Macht als eine Grunddimension menschlicher Beziehungen. Diese Tatsache ist zu respektieren; es ist daher notwendig, Machtverhältnisse zu reflektieren und zu analysieren, sie müssen transparent sein und den Interaktionspartnern bewusst werden – nur so kann man für eine Macht-Balance sorgen und somit zu einer konstruktiven Lösung beitragen.   

Ebenso ist die Macht in jeder sozialarbeiterischen Interaktion vorhanden: durch das Offenbaren eigener Hilfebedürftigkeit stellt sich der Klient automatisch in eine mindermächtige Position. Damit eine konstruktive helfende Beziehung gelingt, müssen die Professionellen der Sozialen Arbeit alles dafür tun, um „Spielräume zur Beteiligung, Mitentscheidung in gestaltbaren Parametern des Lösungsfeldes“ auszubauen, damit „der Klient/ die Klientin eine „Ermächtigung“ erfährt, die ihm/ihr in der Grundsatzentscheidung nicht zugestanden werden kann“. (Kraus & Krieger, 2011, p. 87)

Aus einer anderen Perspektive betrachtet, verliert der Begriff Macht so seinen für die Soziale Arbeit unterschwellig bedrohenden Charakter und lässt folgende Vorstellung zu: die Aufgabe der Sozialen Arbeit ist es ja, den Machtbereich des Klienten so auszuweiten, dass dieser irgendwann keine Hilfe mehr benötigt. So erscheint Macht in einem neuen, erstrebenswerten Kontext und die Tatsache, dass der Sozialarbeiter sich im Laufe der sozialarbeiterischen Interaktion quasi überflüssig macht, indem er sich seiner Macht über den Klienten entbehrt, als Ziel des sozialarbeiterischen Handelns.

3 Gesellschaftspolitische Betrachtung der Machtkategorie im Lichte der Machtanalytik von Michel Foucault

Im nächsten Abschnitt folgt eine skizzenhafte Beschreibung der Machtkonzeption von Michel Foucault. Foucault hat nie für seine Machttheorien Universalität beansprucht; er hat „eine Vielfalt von z.T. sehr heterogenen Perspektiven entwickelt, ohne diese je zu einem konsistenten und systematischen Konzept zusammenzuführen“. (Anhorn in:Kraus & Krieger, 2011, p. 296)

Das Besondere am Werk von Foucault ist: seine Gedankengänge und Ansichten beinhalten „qualitative Brüche und grundsätzliche Umorientierungen“ (Anhorn in:Kraus & Krieger, 2011, p. 296), was die Stringenz seiner Forschung keineswegs schmälert: Foucault ist der Wissenschaftler, der extrem sensibel auf gesellschaftliche Entwicklungen reagiert; seine Forschung bleibt daher nie starr und seine Ansichten entwickeln sich permanent. Er beschreibt das selbst so: es falle ihm schwer, über die Sachen zu schreiben, die er verstanden hat; der Prozess des Verstehens geschieht simultan mit dem Schreiben und es kann daher manchmal vorkommen, dass die neueren Ansichten und Resultate den älteren weichen müssen. Das Forschen und das Schreiben ist für Foucault ein dynamischer Vorgang, oder wie er selbst beschreibt: „Ich schreibe nur, weil ich noch nicht genau weiß, was ich von dem halten soll, was mich so sehr beschäftigt“. (Foucault & Trombadori, 1996, pp. 51 - 119)

Ohne Diskrepanzen und Widersprüche zu kaschieren, entwickelt Foucault seit der Mitte der 1970er Jahre eine produktive und konstruktive Theorie der Macht, die von großer Bedeutung für die Soziale Arbeit ist. (Kraus & Krieger, 2011, p. 297) Sein Werk vor dieser Zeit, das die Analysen der Machtverhältnisse in verschiedenen Gegenstandsbereichen, wie der Psychiatrie und dem Strafvollzug, und Diskurse über die Normierung und Disziplinierung beinhaltet, hatte in der Sozialen Arbeit keine besondere Resonanz gefunden. Der Grund dafür liegt möglicherweise darin, dass die Ansichten Foucaults zu dieser Zeit als pessimistisch, handlungslähmend und dadurch nicht besonders produktiv für die Theorie der Sozialen Arbeit eingeschätzt wurden. (Kraus & Krieger, 2011, p. 311)

Im Folgenden werden einige Grundkonzepte der späten Foucaultschen Macht-Analytik vorgestellt.  

3.1 Macht ohne Herrschaft

Macht ist für (den späten) Foucault ein unabdingbarer Teil der gesellschaftlichen Ordnung. Jedoch ist die Macht für ihn, entgegen dem Alltagsverständnis, kein Instrument der Unterdrückung und Manipulation und „kein Privileg einer Person, Gruppe, Klasse oder Institution“. Vielmehr ist sie ein Prozess, der immer andauert, der den Menschen von Geburt an formt und zu der Entwicklung seiner personalen Identität und der Kontroll- und Gewissensinstanz beiträgt. Die Macht in der Gesellschaft ist daher ubiquitär und omnipräsent – es gibt keinen machtfreien Raum. (Imbusch, 2012, p. 267)

Für die Soziale Arbeit bedeutet diese Perspektive zunächst – sie steht nicht „auf der falschen Seite“, wenn sie ihren öffentlichen Auftrag ausführt; so wird Macht enttabuisiert und die Soziale Arbeit bekennt sich zu ihrer Machtstellung.

Foucault stellt jedoch Macht nicht als unüberwindbares Schicksal dar; vielmehr ruft er dazu auf, die Machtkategorie in der Gesellschaft zu analysieren, um einen positiven und produktiven Machtbegriff zu entwickeln. (Rösner in:Kraus & Krieger, 2011, p. 319)

3.2 Produktivität der Macht

Etymologisch gesehen bedeutet das Wort Macht  Kraft, Fähigkeit, Befähigung, Können und Vermögen. (Iorio in:Kraus & Krieger, 2011, p. 294) Entsprechend der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs stattet Foucault seine Machtkategorie – entgegen des Allgemeinverständnisses - mit einem schöpferischen Aspekt aus: die Machtausübung ist „an eine Reihe positiver und nutzbringender Effekte geknüpft.“ (Foucault in:Imbusch, 2012, p. 269) Macht wird, dieser Ansicht nach, nicht mehr mit Repressionen und Unterdrückung assoziiert, im Gegenteil – in dieser steckt jetzt ein immenses Befreiungspotenzial. Macht ist nicht mehr etwas, was jemandem gehört und was jemand ausübt. Vielmehr bedeutet sie bei Foucault Kompetenz, Wille und Wissen. Und mit diesen Eigenschaften ist Vieles möglich, auch Perspektivenwechsel von „der Orientierung an Gesundheit statt an Krankheit, an Ressourcen statt an Defiziten, an Resilienzen statt an Vulnerabilitäten, an Stärken statt an Schwächen […]“. (Kraus & Krieger, 2011, p. 297)

Dieser Ansatz ist ausgesprochen produktiv für die Soziale Arbeit und inspiriert solche aktivierenden Bereiche der Profession wie Ressourcenorientierung und Empowerment.

4 Schlussbetrachtung

Die Macht-Analytik Foucaults ist für die Soziale Arbeit von großer Bedeutung. Macht ist hier „ein grundlegendes Entwicklungs- und Integrationsprinzip der modernen Gesellschaften“ (Imbusch, 2012, p. 267) und die These von der Produktivität hebt die positiven, schöpferischen Aspekte der Macht hervor und trägt dadurch nachhaltig zur Entwicklung solcher Konzepte wie Empowerment und Salutogenese bei. (Foucault et al., 2005) Allerdings führt die ausgesprochene Affirmation des Machtbegriffs beim (späten) Foucault zum Verzicht auf Kritik der sozialen Ungleichheit - „durch Macht und Herrschaft hergestellte, legitimierte und stabilisierte ökonomische, soziale, politische und  kulturelle Ungleichheits-, Ausschließungs- und Diskriminierungsverhältnisse“. (Anhorn in:Kraus & Krieger, 2011, p. 292)

Die Foucaultsche Theorie trägt zu einem positiveren Verständnis des Machtbegriffs bei, was auch das Anliegen dieser Arbeit war.

Eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema Macht in der Sozialen Arbeit ist notwendig: indem man als Sozialarbeiter Macht von sich weist und diese dämonisiert, erkennt man die eigene Verantwortung nicht, und dies geht immer auf Kosten der Professionalität.

Literaturverzeichnis

Elias, N. (2014). Was ist Soziologie?: Grundfragen der Soziologie (N. Elias, Trans. 12. Aufl. ed.). Weinheim Beltz Juventa.

Foucault, M., Ewald, F., Lagrange, J., Defert, D., Ansén, R., Bischoff, M., . . . Lemke, T. (2005). Analytik der Macht. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Foucault, M., & Trombadori, D. (1996). Der Mensch ist ein Erfahrungstier: Gespräch mit Ducio Trombadori. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Friedberg, E. (1995). Ordnung und Macht. Frankfurt/New York: Campus Verlag.

Herwig-Lempp, J. (2007). Machtbewusstseinserweiterung für SozialarbeiterInnen. Paper presented at the Forum Sozial 4/2007.

Imbusch, P. (2012). Macht und Herrschaft: Sozialwissenschaftliche Theorien und Konzeptionen. Wiesbaden: Springer-Verlag.

Kraus, B., & Krieger, W. (2011). Macht in der Sozialen Arbeit: Interaktionsverhältnisse zwischen Kontrolle, Partizipation und Freisetzung. Lage: Jacobs.

Popitz, H. (1992). Phänomene der Macht. Tübingen: Mohr Siebeck.

von Foerster, H. (1993). KybernEthik. Berlin: Merve-Verlag.