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Auf der Insel Gran Canaria verschwinden seit Monaten Menschen spurlos. Als die junge Witwe Anja und ihre Tochter Saskia bei einem Ausflug an einem einsamen Strand eine grausam zugerichtete Leiche finden, ahnen beide nicht, dass sich ihr Leben ab diesem Zeitpunkt auf perfide Weise ändert. Ein Netz von Intrigen, Lügen und unmenschlichen Machenschaften zieht sich auf dramatische Weise immer enger um die beiden und wird zu einem Spiel um Leben und Tod.
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Title Page
Impressum
Widmung
INHALT
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Glossar
Danksagung
Die Autorin
Birgit Read
Der Don
Erotischer Gran Canaria Thriller
CRIME TIME 2
Ashera Verlag
Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wären rein zufällig.
Copyright © 2020 dieser Ausgabe by Ashera Verlag
Hauptstr. 9
55592 Desloch
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertungen – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Verlags.
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Innengrafiken: AdobeStock
Szenentrenner: AdobeStock
Coverlayout: Atelier Bonzai
Redaktion: Alisha Bionda
Lektorat & Satz: TTT
Vermittelt über die Agentur Ashera
(www.agentur-ashera.net)
Für die einzigartige Princess of Night,
ohne die es diese Geschichte nie gegeben hätte.
INHALT
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Glossar
Danksagung
Die Autorin
Prolog
Eidechsen … überall! Er hasste Eidechsen! Jetzt, in der Dämmerung, kamen die abscheulichen Viecher aus ihren Felslöchern, gaben fauchende Laute von sich, und suchten nach Nahrung in dem weichen Sand an Spaniens Küste. Verraten würden sie ihn nicht. Um diese Uhrzeit waren sie außer ihm die einzigen Lebewesen an diesem Strand. Er musste den Ekel überwinden und sie ignorieren. Diese Abscheu verdankte er seinen Eltern. Wenn die Biester im Garten auftauchten – und das taten sie täglich -, schickten sie ihn, um sie zu verjagen. Dabei passierte es eines Tages. Eines der bösartigen Viecher verbiss sich in seinen Finger. Eigentlich hatte er nur die Schuppen anfassen wollen. Selbst schuld. Den kleinen Hals umzudrehen fiel ihm leicht.
Das leise Brummen des Motorbootes holte ihn zurück in die Realität. Lautlos glitt der Anker auf den Grund des Meeres. Das Paket lag schon im Dingi, das hinter dem Boot in den Wellen dümpelte. Er kletterte hinein, löste den Knoten, warf den Außenbordmotor an und steuerte aufs Ufer zu. Dort angekommen begann er, das schwere Bündel aus dem Boot zu wuchten. »Selbst jetzt machst du noch Ärger, hijo de puta«, fluchte er, während ihm der Schweiß von der Stirn tropfte. Einen Wimpernschlag lang gönnte er sich Ruhe, sah sich angespannt um.
Sein Herz raste. Die Echsen hielten Abstand. Zum Glück!
Geräuschvoll atmete er tief ein, nahm sein Schweizer Messer aus der Hosentasche und durchschnitt die Kordel. Bedächtig, fast rituell schälte er den Toten aus der grauen Hülle. Das knisternde Geräusch des Plastiks ließ seine Haut prickeln und er schauderte. Beim Anblick der Leiche sog er zischend die Luft ein. Mit letzter Kraft zog den toten Körper hinter einen Felsen. Aus wenigen Metern Entfernung betrachtete er sein Werk.
»Die Füße! Maldito!«
Wütend stapfte er durch den feuchten Sand und vollendete sein Werk. Hektisch, aber gründlich verwischte er alle Spuren und verschwand in die einsetzende Nacht.
Facetten des Lebens
Wellen flossen am dunklen Lavastrand von Gran Canaria gemächlich aus und die warme Morgensonne ließ ihre Strahlen auf Anjas gebräunte Haut scheinen. Morgens den Atlantik zu hören oder den Sand unter den Füßen zu spüren, entspannte sie. Sie zog ihr dünnes Kleid aus, lief ins Wasser und schwamm einige Minuten. Anschließend schlenderte sie den kurzen Weg zu ihrem Bungalow und weckte ihre zwölfjährige Tochter Saskia, die ihre Sommerferien zum Ausschlafen nutzte.
Heute wollten sie einen Ausflug nach Güigüí machen, einem traumhaften, abgelegenen Strand an der Westseite der Insel. Anja liebte die Einsamkeit solcher Strände. Bella, die spanische Hundedame, die ihnen vor Monaten zugelaufen war, stand bereits schwanzwedelnd vor ihr.
»Alles gepackt, Saskia?«, fragte Anja, nachdem sie gefrühstückt hatten.
»Ja, ich glaube schon.«
»Wir können nicht viel mitnehmen, Mausi. Der Weg ist steil und anstrengend. Bitte nur das Notwendigste.« Anja überschlug in Gedanken den Inhalt ihres Rucksacks. Genügend Wasser und frisches Obst war das Wichtigste – und Sonnencreme.
»Kann losgehen, Mama.«
Während Anja das Auto belud, dachte sie für einen Augenblick an ihren Mann Sven. Verdammter Unfall, diesen Ausflug hätten sie zu dritt machen sollen …
Sie seufzte, schob die düsteren Gedanken beiseite und versuchte die Landschaft zu genießen. Sie fuhr grundsätzlich nicht über die Autobahn, die Entfernungen auf der Insel ließen sich angenehm über die Landstraßen bewältigen. Die Vegetation war jetzt im Sommer zwar gleich null, doch sie mochte den Anblick der kahlen Berge mit vereinzelten Pflanzen darauf, der Höhlen im Fels und den blauen Himmel darüber.
Der Wanderweg begann unterhalb des Dörfchens Tasartico, führte einen Hang hinauf und dann in ein steiles Tal hinein. Nach einer Stunde erreichten sie den Pass. Eine atemberaubende Aussicht auf das Meer und das zerklüftete Bergmassiv von Güigüí erwartete sie. Sie genehmigten sich einige Schlucke Wasser. Der nun folgende, steil hinabführend Weg war in Serpentinen angelegt und gut zu begehen.
»Wie weit ist es noch?«, fragte Saskia. Ohne eine Antwort zog Anja ihre Tochter auf eine kleine Anhöhe. »Sieh nur … wie wunderbar dieser Ausblick ist!«
Dunkler Sand und roter Fels bestimmten das Bild von Güigüí Grande. Der feine Sandstrand wurde umspült von seichten Wellen.
»Oh mein Gott, ist das schön hier.« Saskia preschte im Laufschritt mit Bella das letzte Stück Weg hinunter.
Wie erhofft, waren sie allein hier. Anja legte die Rucksäcke auf einem Felsen ab. Sie zogen Badesachen an und liefen durch den feuchten Sand ans Meer. Bella rannte bellend um sie herum. Da die Strömung hier tückisch sein konnte, trauten sie sich nur bis zu den Hüften ins Wasser.
»Ich habe Hunger«, rief Saskia nach einer Weile.
»Ich auch. Essen wir etwas.«
Sie setzten sich auf ihre Badetücher, aßen Obst, tranken Wasser und gönnten sich anschließend ein Sonnenbad. Der Hund suchte sich einen schattigen Platz und für eine halbe Stunde dösten sie.
Ein märchenhafter Tag. Zurzeit war Ebbe und von Güigüí Grande aus konnte man um eine große Felsnase herum zum Nachbarstrand Güigüí Chico hinüberwaten. Dieser kleinere Strand war bei Flut ausschließlich vom Wasser aus erreichbar.
»Wollen wir rübergehen?«, fragte Anja.
»Ja klar, wenn schon Ebbe ist, dann möchte ich auch diesen Strand sehen. Wer weiß, wann wir hier noch mal hinkommen.« Saskia lief los, Bella stürmte hinter ihr her.
Anja sah den beiden lächelnd nach und folgte ihnen. Mit ihrer Tochter Zeit zu verbringen, war ihr wichtig. Nicht oft bot sich die Gelegenheit, einen Tag zusammen zu sein. Heute war alles perfekt. Der Calima der vergangenen Tage, der den heißen Wüstensand der Sahara auf die Insel wehte und alles in einen braunen Nebel tauchte, war vorbei. Die Luft war klar und ein sanfter Wind kühlte ihre Haut. Als sie um die Felsnase herumkamen, knurrte Bella tief und ihre Nackenhaare stellten sich auf.
»Was ist los, Bella?«, rief Saskia der Hündin zu. Der Strand war menschenleer und auch auf dem Wasser war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Bella rannte auf die hochaufragende Felswand zu, sprang aufgeregt auf der Stelle, sah immer wieder zu Anja und Saskia und hörte nicht auf zu bellen.
»Da muss irgendwas nicht in Ordnung sein, Mama, sonst würde sich Bella nicht so aufführen.«
»Du hast Recht, lass uns nachsehen …«
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch näherten sie sich der Felswand, vor der noch ein großer Steinbrocken lag, der von Weitem gesehen übergangslos mit dem Gestein verschmolz. Bella gebärdete sich wie toll.
Als sie näher kamen, stockte ihnen der Atem. »Oh Gott, was ist das denn?«, kreischte Saskia und schlug die Hände vor den Mund.
Zwischen den Felsen lugte ein menschlicher Fuß hervor. Sie griff nach der Hand ihrer Mutter und mit heftigem Herzklopfen gingen sie um den Felsen herum. Der Anblick, der sich ihnen bot, schockierte sie zutiefst. Ein nackter, offenbar lebloser Mann lag dort. Sein Körper war übersät mit unzähligen blutverkrusteten Wunden. Saskia schrie auf, kniff die Augen zusammen und presste sich an ihre Mutter. »Nimm Bella und geh zurück zum Strand«, bestimmte Anja. »Ich kümmere mich um den Mann.« Sie schloss die Augen, holte tief Luft und beugte sich hinunter. Ihre Hände zitterten und sie zuckte kurz zurück, als sie seinen kalten Hals berührte. Nichts. Mehrmals wechselte sie die Stelle am Hals, an der sie hoffte, einen Pulsschlag zu ertasten. Vergeblich. Er war tot. Ihr wurde schwindelig und sie sank auf den Sand.
»Ich habe keinen Puls gefunden«, sagte sie später zu Saskia, als sie sich ansatzweise wieder unter Kontrolle hatte. »Er ist tot. Wir müssen die Polizei anrufen! Lass uns Rucksäcke und Handys holen. Hoffentlich haben wir Empfang.« Bella folgte ihnen ein Stück, rannte aber immer wieder aufgeregt zurück, bis Saskia sie am Fell packte und mit sich zog. Anja wählte die Notrufnummer, der Empfang war glücklicherweise gut, und sie erklärte in holprigem Spanisch die Situation. Die Frau am anderen Ende der Leitung versicherte ihr, dass sich umgehend ein Boot der Guardia Civil auf den Weg machen würde. Sie bat Anja, zurückzugehen, nichts anzufassen oder zu verändern und dort auf die Polizisten zu warten.
Sie kehrten an den kleinen Strand zurück und Anja zog es trotz ihres Unbehagens in die Nähe der Leiche. Mit einem Meter Abstand betrachtete sie den Mann. Er lag auf dem Rücken, seine Haut schimmerte bronzefarben und sein Körper wirkte durchtrainiert. Sein Brustkorb war von unzähligen Schnitten übersät. Es schien, als ob mit einer scharfen Klinge willkürlich kreuz und quer auf ihm herumgeschnitten worden wäre. Auf den Oberschenkeln bis hin zu seinen Geschlechtsteilen sah man zahlreiche rote Flecken.
Anja hörte das brummende Geräusch eines Motors, drehte sich von der Leiche weg und sah das Patrouillenboot der Guardia Civil auf den Strand zukommen.
Die Leiche wurde eingehend betrachtet, fotografiert, befühlt und schließlich umgedreht. Dieser Anblick bestürzte Anja nochmals. Der komplette Rücken des Mannes war übersät mit blutigen Striemen. Sie musste ein Würgen unterdrücken. So etwas hatte sie bisher nur in Filmen wie Django Unchained oder der Fernsehserie Roots gesehen.
»Können wir bitte nach Hause, meiner Tochter geht’s nicht gut«, bat Anja einen der Beamten.
»Sie müssen eine Aussage auf der Polizeistation machen und unterschreiben, Señora Kern. Wir bringen Sie dorthin. Sie brauchen den langen Weg nicht zu Fuß zurückzugehen.«
»Mein Auto steht noch in Tasartico und ich brauche es«, erwiderte Anja.
»Kein Problem, Señora Kern, nach Ihrer Aussage bringen wir Sie und Ihre Tochter zum Auto zurück.«
Lady Marleen saß vor ihrem schwarzen Schminktisch, schaute in den geschwungenen Spiegel und öffnete eine der beiden großen Schubladen. Alles lag griffbereit vor ihr. Sie kämmte ihre blonden Haare zu einem straffen Zopf und zog die Perücke mit dem schwarzen Pagenschnitt über. Dunkler Eyeliner, grellroter Lippenstift und viel Wimperntusche verwandelte nicht nur ihr Gesicht, sie gaben ihr ein neues Selbst. In einer Stunde kam ihr erster Kunde. Normalerweise schminkte sie sich kaum. Doch wenn sie hier war, änderte sie ihre Identität in Lady Marleen. Für ihren Beruf war diese Verwandlung unerlässlich. Sie zwängte sich in das eng anliegende schwarze Latex-Minikleid, schlüpfte in die Highheels und streifte sich die bis zu den Oberarmen reichenden Latexhandschuhe über.
Fertig. Noch zehn Minuten.
Der erste Kontakt mit Lady Marleen war ein vertrauliches Gespräch, dem eine Besichtigung des Spielzimmers und eine zehnminütige Demonstration der in Frage kommenden Spielzeuge folgten. Danach wurde der erste Termin vereinbart.
Ein heller Klingelton ertönte, worauf sie zur Tür schritt und mit strenger Miene öffnete.
»Herrin, hier bin ich!«, sagte ein kleiner untersetzter Mann mit gesenktem Blick.
Ernesto war ein einflussreicher Politiker, verheiratet und auf dem besten Weg, der nächste Bürgermeister von Las Palmas zu werden. Er trug sein geheimes Verlangen schon lange in sich.
»Badezimmer!«, befahl Lady Marleen knapp.
Ernesto erschauerte bei dem Klang ihrer Stimme, zog die Schultern ein und schlich mit gesenktem Kopf ins Bad. Lady Marleen stellte sich in die Tür und überwachte ihn mit strengem Blick. Ernesto zog sich aus, ging unter die Dusche, immer einem unterwürfigen Blick zu seiner Herrin werfend.
Nach der Dusche bedeutete sie ihm, ihr zu folgen. Im Spielzimmer angekommen, befahl sie ihm, sich vor sie zu knien. Sie legte ihm ein Halsband um und befestigte eine Kette aus Edelstahl daran. Die Augen verband sie ihm mit einem schwarzen Tuch.
Das Spiel begann.
Ernestos Gedanken fuhren Karussell. Er nahm das Klackern der Highheels, das Atmen seiner Herrin, den Geruch des Spielzimmers, die klingenden Geräusche der Edelstahlkette mit all seinen Sinnen wahr. Lady Marleen ausgeliefert zu sein, löste ein Feuerwerk der Emotionen in ihm aus. Erwartungsvoll, erregt und ängstlich erwartete er ihre Befehle.
»Folge mir!«, erklang ihre strenge Stimme. Gehorsam ließ er sich, auf allen vieren kriechend, von ihr an den gewünschten Ort dirigieren. Wohin führte sie ihn?
»Stopp! Beweg dich nicht mehr!«
Er hörte, wie sich seine Herrin setzte, spürte die spitzen Absätze ihrer Highheels, die sich in seine Haut drückten. Ein Schauer jagte über seinen Rücken. Er durfte ihr Fußschemel sein. Das erfüllte ihn mit stolzer Dankbarkeit. Lady Marleen öffnete offenbar eine Flasche. Ernesto vernahm das gluckernde Geräusch von Flüssigkeit, die in ein Glas gegossen wurde. Trinkgeräusche. Sie stellte das Glas ab. Stille. Hin und wieder drückte sie einen Absatz ihrer Schuhe tiefer in seine Haut. Zuckte er dabei auch nur mit dem kleinen Finger oder entfuhr ihm ein Stöhnen, bekam er die Reitgerte zu spüren. Ernesto empfing jeden Schlag demütig und dankbar.
»Steh auf!«, befahl Lady Marleen nach einer Weile.
Er gehorchte … spürte den kühlen Holzboden unter seinen Fußsohlen. Sie zog an der Kette und führte ihn ans Bett. Angespannt erwartete er ihren nächsten Befehl.
»Leg dich auf das Bett!«
Mit gespreizten Armen und Beinen fesselte sie ihn mit Seilen am Metallrahmen des Betts. Stille – Ernesto wurde nervös. Was hatte sie mit ihm vor? Er vertraute Lady Marleen, doch nicht zu wissen, was als Nächstes passieren würde, ließ sein Herz wild klopfen. Er vernahm ein Rascheln, Schritte, ein summendes Geräusch. Plötzlich spürte er auf einem Oberschenkel einen kurzen, leicht kribbelnden Stromstoß. Er zuckte zusammen und stieß einen leisen Schreckenslaut aus. Voller Erwartung spannte sich sein Körper an. Ernesto wollte sich bewegen, aber die Fesseln ließen ihm nicht viel Spielraum.
Lady Marleen stellte die Stärke der Stromstöße behutsam höher ein. Er hatte ihr im ersten Gespräch gesagt, dass er es genoss, wenn aus dem sanften Kribbeln ein leichtes Klopfen wurde. Seine Erregung war nicht mehr zu übersehen. Hart und groß ragte sein Schwanz empor.
Er hörte, wie sie den Elektrostimulator zur Seite legte und spürte ihre Hände sanft über seinen Körper streichen. Damit signalisierte sie ihm das Ende der Elektrostimulation. Kurz darauf registrierte er, wie ein Wartenbergrad an seinen Füßen angesetzt wurde und sie es mit sanftem Druck am Schienbein entlang über die Oberschenkel und zuletzt über die Hoden und seinen erigierten Penis rollen ließ. Zwischen erregendem Kribbeln und stechendem, lustvollem Schmerz stöhnte Ernesto auf.
»Wage es nicht, zu spritzen!«, erklang die strenge Stimme seiner Herrin.
Mit aller Kraft versuchte Ernesto, seine Emotionen zu kontrollieren. Er dachte an Maria, seine Ehefrau. Das half immer.
Lady Marleen entfernte sich von ihm, Absätze klackerten. Raschelnde Geräusche, ein Feuerzeug wurde entzündet. Er erschauerte, wissend, was nun auf ihn zukam. Lady Marleen ließ heißes Wachs rund um seine Brustwarzen tropfen. Über seinen gewölbten Bauch floss eisiges Wasser. Abwechselnd trafen heiße Wachstropfen und kaltes Wasser auf seine Haut, was ihn erneut an den Rand einer Explosion trieb.
Lady Marleen warf einen Blick auf die Uhr. Die Session näherte sich dem Ende. Einige Male strich sie mit ihren Handflächen über Ernestos Körper. Seine ängstliche Anspannung verschwand und verwandelte sich in pure Erregung. Sie umfasste seinen hoch aufgerichteten, pulsierenden Penis und nach wenigen Bewegungen ihrer Hand war das Spiel beendet. Sie löste die Fesseln, entfernte das Tuch von Ernestos Augen und lächelte ihn an.
»Ernesto, wie fühlst du dich?«
»Wunderbar, Lady Marleen. Danke, meine Herrin. Ich fühle mich fantastisch.«
Ernestos Verlangen war gestillt, er zahlte die vereinbarte Summe und gab noch ein großzügiges Trinkgeld.
Verführerisch wehte der Duft von Kaffee durch das Zimmer. In einer abgetrennten, privaten Ecke saß Lady Marleen an einem runden Tisch und gönnte sich eine kurze Pause. Bad und Spielzimmer waren für den nachfolgenden Kunden vorbereitet. Heute war ein guter Tag. Die Türklingel schnarrte, sie öffnete dem nächsten Gast. Erneut eine Persönlichkeit. Carlos, ein schwerreicher Rechtsanwalt aus Las Palmas. Er wollte mit Brustklemmen und abgebundenen Hoden am Andreaskreuz hängen, gedemütigt werden und die verschiedensten Peitschen spüren.
Zwei Stunden später hatte sie ihre Arbeit für den Tag getan und verwandelte sich zurück in eine normale, ungeschminkte Frau mit blonden Haaren. Sie verließ ihre Geschäftsräume und machte sich auf den Weg in den Supermarkt, um noch einiges für das Abendessen einzukaufen.
Ein Tag war vergangen, seit Anja und Saskia die Leiche gefunden hatten.
Ein Polizist hatte sie nach der Vernehmung zu ihrem Auto gefahren. Erschöpft waren sie nach diesem bewegten Tag zu Hause angekommen. Saskia schlief sofort ein, während Anja der Anblick der Leiche nicht aus dem Kopf ging und sie nicht zur Ruhe kommen ließ. Der Gedanke, dass sie dem toten Mann vom Strand schon einmal begegnet war, war schon am Strand aufgetaucht und ließ sie auch jetzt nicht los. Diese schrecklichen Wunden und Striemen auf seinem Körper …
»Saskia«, schrie sie in das Zimmer ihrer Tochter, die mit Kopfhörern auf den Ohren auf ihrem Bett saß, »komm essen.«
»Keinen Hunger«, rief Saskia zurück.
Anja ging in das Kinderzimmer und drehte die Musik aus. »Saskia!«
Der entschlossene Ton ließ ihre Tochter aufhorchen und sie nahm die Kopfhörer ab.
»So geht das nicht, du musst etwas essen!«
»Mir wird schon schlecht, wenn ich nur daran denke«, erwiderte Saskia.
»Vielleicht einen Schokopudding?«
Über Saskias Gesicht zog ein Lächeln. »Du bist die beste Mama auf der Welt. Pudding geht bestimmt.«
Anja zögerte kurz, als ihr einfiel, dass sie Saskia am nächsten Abend allein lassen musste. Sollte sie den geplanten Geschäftstermin absagen? Aber er war zu wichtig, sie brauchte dringend eine weitere Einnahmequelle. Ihr Onlineshop lief zäh und brachte nicht den erhofften Gewinn. Nicht mehr lange, und ihre Rücklagen waren aufgebraucht.
»Ich lasse dich ja im Moment sehr ungern allein«, begann sie. »Aber ich habe morgen Abend einen Termin mit einem neuen Geschäftspartner. Geht das in Ordnung, dass du bei Celia schläfst und Bella mitnimmst?«
»Ja, geht klar. Mach dir keine Sorgen. Geh du nur, ich freue mich schon, mit Celia ein bisschen quatschen zu können.«
Anja lächelte und ihr Blick fiel auf den selbst gebastelten Bilderrahmen, der Saskias Heiligtum war. Es zeigte Svens lächelndes Gesicht. Was hatten sie für Träume gehabt. Jahrelang hatten sie gemeinsam die Auswanderung nach Gran Canaria geplant, hatten Spanisch gelernt und jeden Cent für ihren großen Traum zurückgelegt.
Bis zu jenem entsetzlichen Tag vor drei Jahren.
Im Institut für Rechtsmedizin in Las Palmas öffnete Juan Mendez, der Gerichtsmediziner, das Schubfach Nummer vier. Neben ihm standen sein Assistent Pedro, Carlos, sein Praktikant, ein Polizeibeamter und der Staatsanwalt der Insel. Die Leiche des Mannes, der am Strand von Güigüí von einer Frau und ihrer Tochter gefunden worden war, sollte heute obduziert werden. Seine Identität war unbekannt, was automatisch eine DNA-Analyse nach sich zog.
Juan schickte seinen Assistenten mit den Analyseaufträgen für DNA, Blut und Urin eine halbe Stunde später ins Labor. Daraufhin begann er mit der Untersuchung der Leiche.
Er hatte im Laufe seiner Berufsjahre vieles gesehen, aber eine auf diese Art und Weise zugerichtete Leiche war ihm bisher noch nicht untergekommen. Sein wichtigster Auftrag war die Feststellung der Todesursache, was sich bei der Vielzahl der Verletzungen als nicht so einfach darstellte. Die Menge der kleinen, glatten Wunden auf der Vorderseite der Leiche erwiesen sich als oberflächliche Schnitte, wahrscheinlich durch ein Skalpell oder eine ähnlich scharfe Klinge verursacht. Die roten Flecken auf den Oberschenkeln und den Genitalien waren Verbrennungen ersten Grades. Zunächst war die Ursache unklar, doch als Juan am linken Hoden einen kleinen Wachsrest fand, vermutete er, dass die Rötungen von heißem Wachs hervorgerufen worden waren. Die Striemen an Rücken und Gesäß mussten extrem schmerzhaft gewesen sein und stammten mutmaßlich von einer Peitsche oder einem ähnlichen Gegenstand. Hand- und Fußgelenke waren gerötet, was auf Fesseln hinwies. Aber keine der bisher festgestellten Verletzungen konnte die Todesursache gewesen sein. Juan öffnete die Leiche, untersuchte die inneren Organe und asservierte Proben für das Labor. Seine Arbeit war getan – nun musste er auf die Ergebnisse der Analysen warten, um ein abschließendes Gutachten zu verfassen.
Die Tür zu den Räumlichkeiten der Gerichtsmedizin gab ein scharrendes Geräusch von sich. »Juan, immer noch bei der Arbeit?«, erklang eine wohltönende Stimme.
Ein erfreutes Lächeln umspielte Juans Gesicht. »Nico … was treibt dich in die Katakomben des Todes?«
Nicolás Àlvarez war angesehener Chirurg an der Privatklinik »Hospitales San Roque Maspalomas« und Juans bester Freund. Die beiden hatten zusammen studiert und lange in einer Wohngemeinschaft gelebt.
»Mein Bruder Hugo schickt mich, ich soll mir die Leiche ansehen, die am Strand von Güigüí gefunden wurde.«
Nicos Bruder Hugo war der Chef der Guardia Civil Las Palmas. Bei außergewöhnlichen Ermittlungsfällen zog er Nico gern zurate.
»Du hast Glück, ich bin gerade fertig geworden.«
Juan bedeckte den Körper der Leiche bis zum Hals mit einem grünen Tuch. Nico trat an den Obduktionstisch und starrte in das Gesicht des Mannes. »Ich kenne ihn«, flüsterte er nach einer Weile mit belegter Stimme.
»Du bist ja ganz blass, setz dich!« Besorgt sah Juan seinen Freund an. Nico sank auf den Stuhl, den Juan eilig hinter ihn schob. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, sein Oberkörper sackte nach vorn, seine Unterarme ruhten kraftlos auf den Oberschenkeln. Mit gesenktem Kopf begann er kaum hörbar zu reden. »Er heißt Alejandro Carmona-Belez. Ich habe ihn vor ungefähr drei Monaten auf einer Party kennengelernt.« Er stöhnte gequält auf und schwieg.
»Und weiter? Da ist doch noch etwas anderes. Nico …«
Nico sagte lange nichts, Juan erkannte lediglich an den schnellen Atembewegungen, wie sein Freund einen inneren Kampf ausfocht. Plötzlich hob Nico den Kopf, holte tief Luft und presste heraus: »Ich habe nichts mehr zu sagen. Ich habe ihn identifiziert, das war`s! Ich muss an die frische Luft. Hasta luego.« Er sprang auf und rannte aus dem Raum, bevor Juan den Mund zu einer Antwort öffnen konnte.
Anja wählte ein lindgrünes Kleid mit einem weißen Gürtel, der ihre Taille betonte, weiße flache Schuhe und sah sich ein letztes Mal im Spiegel an. Zufrieden mit ihrem Aussehen nahm sie die Mappe mit ihren Unterlagen und machte sich auf den Weg zum Termin, von dem sie sich erhoffte, dass er ihr die weitere Existenz auf der Insel sicherte.
Einige Stunden später kam sie erschöpft, aber glücklich nach Hause. Ihr neuer Geschäftspartner Sebastian Luengo war voll nach ihrem Geschmack. Sie hatten ähnliche Vorstellungen und waren sich schnell einig geworden. Ihr Onlineshop war um einen einflussreichen Anbieter reicher geworden. Außerdem war er ein angenehmer Mensch – sympathisch, humorvoll, gepflegt und er hatte Stil.
Viel zu früh weckte sie am nächsten Morgen der Klingelton des Handys.
»Señora Kern?«, fragte eine dunkle Männerstimme.
»Ja bitte, mit wem spreche ich?«
»Hier spricht José Martinez, Guardia Civil. Sie waren bei mir, um Ihre Aussage zu machen, erinnern Sie sich?«
Welch eine Frage … natürlich erinnerte sie sich. Augenblicklich war sie hellwach.
»Señora Kern, wir müssen Sie noch einmal bitten, auf die Polizeistation zu kommen, wir haben noch einige Fragen. Wäre es Ihnen heute Nachmittag möglich? Gegen drei?«
»Vale, Señor Martinez, ich bin um drei Uhr da.«
Sie würde Lucía, ihre Freundin, bitten, noch einen weiteren Tag auf Saskia und Bella aufzupassen. Nicht noch einmal wollte sie ihre Tochter mit der unangenehmen Sache konfrontieren. Sie duschte ausgiebig und machte sich anschließend auf den Weg zu ihrer Freundin.
»Hola, Lucía, riecht es hier lecker nach Kaffee. Genau das brauche ich jetzt.« Anja streckte ihre Nase schnuppernd in die Luft.
»Setz dich, es ist alles fertig. Wie geht´s dir, amiga«, fragte Lucía. »Konntest du schlafen?«
»Ja, zum Glück, ich bin erst spät nach Hause gekommen.« Anja nippte an der Kaffeetasse und biss herzhaft in ein knuspriges Croissant.
»Mh … lecker. Gerade eben hat mich die Guardia Civil angerufen, ich muss heute Nachmittag nochmal hin und weitere Fragen beantworten. Kann ich Saskia noch ein bisschen bei dir lassen?«
»Claro, Anja, kein Problem.« Lucía machte eine kurze Pause. »Ich überlege gerade, ob … Moment.« Sie griff nach ihrem Handy und sprach in ihrem schnellen kanarischen Akzent, sodass Anja kaum etwas verstand.
»Saskia kann die restlichen Ferientage bei uns bleiben, wenn sie möchte«, sagte sie anschließend. »Ich habe gerade mit Oliver telefoniert, er hat ab morgen Urlaub und wir hatten vor, mit Celia einiges zu unternehmen. Sie würde sich bestimmt freuen, wenn Saskia mitkommt. Morgen wollen wir ins Aqualand fahren, was meinst du?«
»Das wäre genial.« Anja umarmte ihre Freundin. »Danke für eure Hilfe.«
»Kein Problem, dafür sind Freunde da. Ach ja, Bella kannst du übermorgen auch wieder herbringen. Celia liebt sie und wir nehmen sie gerne mit auf unsere Ausflüge. Nur morgen ins Aqualand können wir sie nicht mitnehmen.«
Saskia fiel ihrer Mutter um den Hals, als sie hörte, dass sie noch eine Woche bei ihrer Freundin bleiben durfte. »Danke Mama, das ist cool. Ins Aqualand wollte ich immer schon mal.«
Anja versprach ihrer Tochter, am frühen Abend Geld, Badesachen und Kleidung für die Woche zu bringen, und machte sich anschließend auf den Weg zur Guardia Civil.
Von der Information aus schickte man sie auf das Zimmer neun. Sie klopfte an, und die angenehme Stimme vom Telefon bat sie herein. Martinez teilte Anja mit, dass das Mordopfer identifiziert worden war. Da Anja diesen Namen noch nie gehört hatte, dauerte die Befragung nicht lange. Das Gefühl, den Ermordeten schon einmal irgendwo gesehen zu haben, behielt sie für sich.
Lady Marleen sah auf die Uhr. Kurz nach sieben. Noch reichlich Zeit. In der vergangenen Nacht hatte sie das erste Mal an einem Event des Don am Strand von Maspalomas teilgenommen. Der große, braune Umschlag, den der Don ihr zum Abschluss überreicht hatte, steckte in ihrer Handtasche. Er hatte sein Versprechen gehalten und ihr lukrative Kunden vermittelt. Das Kuvert enthielt eine Liste von fünf Terminen. Die ersten beiden sollten hier in ihren Räumen stattfinden. Der Don hatte sich exakt an ihre Zeitvorgaben gehalten. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Lady Marleen, denn über ihre Zeit musste sie die Kontrolle behalten.
Das Gespräch vorab konnte sie sich bei diesen Kunden sparen. Sie erhielt für jeden ein gut vorbereitetes Dossier. Sie schlug den ersten Ordner auf. Das Foto zeigte einen Mann von ungefähr fünfzig Jahren, schmal gebaut, schütteres Haar – Professor der Physik. Er lehrte an der Universität in Madrid und verbrachte seinen Jahresurlaub hier auf der Insel. Wie ein Kleinkind wollte er von ihr gebadet werden. Rot war seine Lieblingsfarbe und er verlangte Windelspiele, wollte wie ein ungehorsames Kind behandelt und bestraft werden.
Nach der Session war der Professor befriedigt, zahlte und legte noch ein großzügiges Trinkgeld obendrauf.
Lady Marleen lächelte zufrieden.
Das nächste Dossier enthielt ebenfalls ein Foto. Ein gut aussehender, stattlicher Mann aus der Politik. Sie kannte ihn aus dem Fernsehen. Verheiratet, drei Kinder, bilderbuchmäßige Ehe. Er brachte sein Outfit mit, wollte vor ihr in Frauenkleidung erscheinen, psychisch gedemütigt, gefesselt und am Ende mit einem Dildo von ihr genommen werden. Es gab kaum Grenzen für Lady Marleen. Sie erfüllte fast alle Wünsche ihrer Kunden. Berühren ließ sie sich allerdings von niemandem.
Die Zusammenarbeit mit dem Don war der Höhepunkt in ihrem bisherigen Berufsleben. Er war der Meister der Szene. Niemand hatte so viel Einfluss wie er. Viele bedeutende Persönlichkeiten gehörten zu seinem Kundenkreis.
Niemand hatte je das Gesicht des Don gesehen. Er erschien ohne Ausnahme in einer schwarzen Maske, die nur Mund, Nase und dunkelbraune Augen sehen ließ.
Der letzte Kunde von Lady Marleen verließ ebenfalls befriedigt ihr Studio. Feierabend. Sie verwandelte sich wieder in die Frau, von der niemand ahnte, dass sie die begehrteste Domina auf den Kanaren war.
Auf Juan Mendez´ Schreibtisch lagen die Ergebnisse der Analysen. Im Blut des Ermordeten war eine tödliche Überdosis Propofol nachgewiesen worden. Wahrscheinlich war dies die Todesursache.
Nach dem Verschwinden von Nico hatte er sich die Leiche erneut angesehen und einen winzigen, kaum zu sehenden Einstich am Hals gefunden. Das ließ die Vermutung zu, dass eine tödliche Substanz in den Körper eingebracht worden war, da keine der zahlreichen Verletzungen die Todesursache sein konnte. Die Bestätigung lag nun vor ihm.
Seine Gedanken schweiften ab. Wer hatte die Möglichkeit, an Propofol zu gelangen? Ärzte, Apotheker, Krankenhauspersonal? Warum hatte man diesem Mann all dies angetan, ihn danach mit einem Betäubungsmittel umgebracht und seine Leiche an einem einsamen Strand versteckt? War es Mord? Oder ein Versehen? Vielleicht das Mittel zu hoch dosiert? Warum diese Vielzahl an Verletzungen, die auf Folter hindeuteten?
Unwillig schüttelte er den Kopf und beschäftigte sich wieder mit den vor ihm liegenden Unterlagen. Die DNA-Analyse bestätigte die Identität des Toten, und damit war der Fall für ihn offiziell abgeschlossen. Er diktierte das Gutachten und klappte erleichtert die Akte zu.
Während er sich umzog, kehrten seine Gedanken zu seinem Freund Nico und seiner ungewöhnlichen Reaktion beim Anblick des Toten zurück. Er nahm sich vor, Nico anzurufen und sich mit ihm auf einen Drink zu verabreden. Das hatten sie viel zu lange nicht mehr gemacht. Bei dieser Gelegenheit wollte er das Thema ansprechen.
Am kleinen Hafen von Mogan glitzerte das Wasser im morgendlichen Sonnenlicht. Es war ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Der Don blickte aus dem Fenster seines privaten Bereichs, hinab auf die kleine, geschwungene Brücke, über die schon zu dieser frühen Stunde vereinzelte Touristen spazierten. Im ruhigen Wasser unter ihm dümpelten träge die Ruder- und Motorboote, die an Touristen vermietet wurden und vereinzelte Yachten. Weiß leuchtete die Fassade des typisch kanarischen Hauses im Sonnenlicht, nur unterbrochen von schmalen farbigen Umrandungen, Fenstern und Balkonen. Nichts deutete darauf hin, was sich hinter dieser malerischen Außenansicht befand. Zufrieden blickte sich der Don um. Alles war frisch renoviert und die letzte Reinigungskraft verließ gerade das Gebäude.
Den Grundstein für neue Geschäftskontakte hatte er in der Nacht am Strand von Maspalomas gelegt. Sein in Insiderkreisen über die Grenzen Spaniens hinaus bekanntes Event war ein voller Erfolg gewesen.
Gestern hatte er Lady Marleen in seinen inneren Kreis aufgenommen. Diese besondere Auszeichnung ließ der Don nur von ihm persönlich ausgewählten Personen zuteilwerden. Seine Kunden würden bei ihr in den besten Händen sein. Außerdem sollte sie die Ausbildung der neuen Ladys übernehmen. Natürlich hatte er sie vorher überprüft, wie er es mit jedem handhabte, der für ihn arbeiten sollte. Nun würde er sie systematisch in die Tiefen seines Business einführen.
Das Studio bestand aus mehreren Bereichen. Im Eingangsbereich empfing sein Personal, in besonderen Fällen auch er selbst, die Gäste. Von hier aus gelangte man in eine gut sortierte Bar, die in ein dämmeriges Licht getaucht war. An den dunkellila gestrichenen Wänden hingen große Fotos in dünnen schwarzen Rahmen, die sich dezent in die Einrichtung einfügten.
An der linken Seite neben der Bar sah man eine massive Eichenholztür, auf der das Wort PRIVAT in goldenen Metallbuchstaben angebracht war.
Drei luxuriös ausgestattete Bäder, ein Spa-Bereich und die Spielzimmer befanden sich in der oberen Etage, für dessen Erreichen ein Aufzug für die nicht mehr so beweglichen Gäste zur Verfügung stand.
In wenigen Stunden erwartete der Don die ersten Kunden. Heute würde auch Lady Marleen ihr Debüt hier geben. Bevor sich die Türen offiziell öffneten, wollte er sie im Studio herumführen. Bis auf seinen Privatbereich durfte sie alles inspizieren. Von den geheimen Räumen, die er vor Jahren anlegen ließ, wussten nur er selbst und seine rechte Hand.
Eine Stunde vor Eröffnung erschien Lady Marleen. Der Don war begeistert. Pünktlichkeit war für ihn eine große Tugend.
»Einen Drink?« Er begrüßte sie mit einem Wangenkuss.
»Gern, alkoholfrei bitte, ich muss meine Sinne zusammenhalten.«
»Selbstverständlich«, erwiderte der Don und mischte ihr eigenhändig einen fruchtigen Cocktail.
»Wollen wir zum Rundgang aufbrechen?«, fragte er, nachdem sie das Glas geleert hatte.
»Sehr gern.«
»Carmen!« Mit einer Handbewegung befahl er die Angesprochene zu sich. »Folge uns und lerne!«
Der Don öffnete die Tür zum ersten Zimmer. Hier dominierte ein mit schwarzem Leder und Silbernieten umrandeter Thron, der auf einem mit dunkelrotem Teppich ausgelegten Podest über zwei Stufen zu erreichen war. Lady Marleen strich mit ihrer Hand über den roten Samt, der Rückenlehne und Sitz überzog.
»Sehr imposant. Schau, Carmen, hier an dieser Vorrichtung«, erklärte sie und deutete auf eine Kette, die neben dem Thron herabhing. »… kannst du das Fesselbett hochfahren.« Sie wandte den Blick nach links. »Und hier … eine mit allen Finessen ausgestattete Strafbank.«
Während Carmen dieses außergewöhnliche Möbel eingehend betrachtete, inspizierte Lady Marleen bereits den Sklavenstuhl, der die linke Ecke des Zimmers dominierte. Ein schwarz lackierter Holzstuhl mit hoher Lehne und offener Sitzfläche, die für die Beine in der Breite verstellbar war.
»Schauen Sie, Lady Marleen, ein Stehkäfig«, erklang Carmens Stimme. »Gerade groß genug, um eine normal gebaute Person einzuschließen, ohne dass sie sich setzen oder hocken kann.«
»Hast du bemerkt, dass die eingesperrten Sklaven genau auf den Thron sehen können, Carmen?«
»Natürlich ist mir das aufgefallen. Vom Thron aus hat man Blick auf alles und von überall her blickt der Sub immer auf diesen – außer man hängt ihn unter die Decke.«
»Schauen wir uns Zimmer zwei an«, warf der Don ein und hielt den Ladys galant die Tür auf.
»Hier sieht es aus wie bei meinem Frauenarzt.« Carmen betrachtete den gynäkologischen Stuhl und die schwenkbare OP-Lampe darüber.
»Wenn die Damen einen Blick auf die Wandregale werfen möchten.« Der Don lenkte die Aufmerksamkeit auf das Sortiment von Gerätschaften für Gynäkologie, Urologie und Proktologie.
»Alles ist steril verpackt und nur für den einmaligen Gebrauch bestimmt. Was benutzt wurde, kommt anschließend in einen speziellen Behälter und wird entsorgt«, erklärte er.
»Perfekt«, erwiderte Lady Marleen.
»Eine Frage«, begann Carmen, »ich habe in dem ersten Raum und auch hier einen Wandschrank gesehen. Was ist darin?«
»Solch ein Schrank befindet sich in jedem Zimmer«, antwortete der Don. »Sie sind gleich ausgestattet. Egal, was ihr benötigt, Peitschen, Kerzen, Elektrostimulations-Material, Fesseln, Handschellen, Seile, Klammern … alles ist in jedem Zimmer vorhanden.«
»Bei Gelegenheit werde ich dir und Anna noch einiges zu den einzelnen Dingen erklären«, ergänzte Lady Marleen. »Jetzt würde ich gern das dritte Spielzimmer besichtigen.«
Ein Andreaskreuz in der Mitte des Raumes fiel sofort ins Auge, sobald man eintrat. Die Vorderfronten der schwarz lackierten Balken waren mit weinrotem Leder bezogen, an dessen Seiten unzählige silberne Nieten blitzten.
»Der Sklave kann sowohl an den eingelassenen Haken mit Hand- und Fußschellen als auch mit Seilen ans Kreuz gefesselt werden«, führte der Don aus. »Rechts seht ihr einen höhenverstellbaren Lederdrehtisch.« Er nahm eine Fernbedienung in die Hand. »Der Tisch kann nach oben und unten gefahren und nach allen Seiten gedreht werden. – Hier hinten seht ihr eine Black-Box für unartige Subs. Und hinter mir eine Smootherbox. Als Letztes haben wir hier in diesem Raum den spanischen Reiter.«
Sie betraten das vierte Spielzimmer, in dessen Mitte eine lederne Liebesschaukel hing, die mit silbernen Metallketten an der Decke befestigt war. Die Größe der Kettenglieder ermöglichte es, in jeder beliebigen Höhe einen Karabinerhaken einzuhängen, an denen je nach Belieben Hand- oder Fußfesseln fixiert werden konnten.
Lady Marleen musterte das hohe Metallgerüst in der linken Zimmerecke. Fest im Boden verankert, hingen vier Metallketten herab, an deren Ende breite Lederriemen baumelten, mit welchen ein Sklave fixiert und mittels eines Flaschenzuges in jede gewünschte Höhe gezogen werden konnte. »Interessanter Bodenpranger.« Sie hatte sich in die andere Seite des Spielzimmers begeben.
»Hier ist noch ein Fesselbalken«, sagte der Don.
Das letzte Spielzimmer, in das der Don sie führte, war das Latexzimmer. Kaum eingetreten schlug ihnen der unverkennbare Geruch von Latex entgegen. Das Zimmer ließ für die Kunden keine Wünsche offen. Sowohl die Wände als auch jegliche Einrichtungsgegenstände waren mit diesem besonderen Material ausgestattet oder überzogen.
»Das hat schon etwas Spezielles, wenn man hier hereinkommt«, bemerkte Carmen schnuppernd.
»Unseren Latexkunden merkt man schon beim Eintreten in dieses Zimmer an, wie ihr Kopfkino beginnt. Sie sehen das Fesselbett mit der Bettwäsche aus dem so geliebten Material und wünschen sich nichts mehr, als dieses auf ihrer nackten Haut zu spüren und dabei den besonderen Geruch einzuatmen. Unabhängig ob du sie auf der Liege fixierst oder mit dem fahrbaren Fesselstuhl in die Ecke stellst, sie werden für alles dankbar sein, was ihre Haut berührt und ihre Fantasie anregt«, erklärte der Don.
»Dieses Zimmer ist einzigartig. Die unauffällig in die Wände eingelassenen Fixiermöglichkeiten sind perfekt.« Lady Marleen nickte anerkennend.
»Wir sind am Ende der Besichtigung angekommen«, erklärte der Don. »Lady Marleen, Sie sollten sich jetzt mit Carmen in den Aufenthaltsraum begeben und die Details besprechen.«
Der Don zog sich in seinen Privatbereich zurück und setzte sich vor den großen Schreibtisch, auf dem mehrere Monitore standen. Von hier aus überwachte er das Studio.
Die Monitore zeigten ihm, dass sich die Bar füllte. Zufrieden lehnte er sich zurück. Nach einer Weile klappte seinen Laptop auf und öffnete eine spezielle Datei.
Besondere Kunden durften sich anhand einer Kartei einen seiner Sklaven aussuchen. Er verfügte über eine gewisse Anzahl und führte genau Buch über all seine Sklaven und deren anschließende Bewertungen durch die Kunden.
Für die Statistik. Und die Entscheidung des weiteren Vorgehens.
Auf der Polizeistation von Las Palmas herrschte reger Betrieb.