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Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich BWL - Offline-Marketing und Online-Marketing, Note: 1,3, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Institut für Marketing), Sprache: Deutsch, Abstract: Die wachsende Bedeutung des jungen Forschungsgebietes Consumer Neuroscience stellt Wirtschaftswissenschaftler vor die Herausforderung, sich intensiv mit der Vielzahl an neurowissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden auseinanderzusetzen. Um Fragestellungen der Konsumentenverhaltensforschung aus neurowissenschaftlicher Perspektive qualifiziert analysieren zu können, sind vor allem Kenntnisse über die Anwendung der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) äußerst wertvoll. Jedoch werden methodische Probleme im Zusammenhang mit der fMRT in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsliteratur bislang nur unzureichend diskutiert. Vor diesem Hintergrund ist es das zentrale Ziel der vorliegenden Arbeit, unter Berücksichtigung von bestehenden Untersuchungsdesigns konkrete Gestaltungsoptionen für empirische Untersuchungen mittels der fMRT aufzuzeigen sowie die Charakteristika, Vor- und Nachteile dieser Optionen zu diskutieren. Hierzu werden einerseits theoretisch-konzeptionelle Übersichtsarbeiten zur fMRT, andererseits empirische fMRT-Studien ausgewertet. Berücksichtigung finden ausschließlich Publikationen, die im VHB-JOURQUAL 3 als A+- bzw. A-Journal gekennzeichnet sind bzw. über einen hohen Impact Factor verfügen. Die Ergebnisse der Literaturrecherche belegen erstens einen erkennbaren Anstieg in der Verwendung von Event-Related-Designs. Zweitens wird ersichtlich, dass nur ein Bruchteil der gesichteten fMRT-Studien einen ausreichend großen Stichprobenumfang aufweist. Drittens ist anzunehmen, dass die Analyse der fMRT-Daten immer komplexer wird und daher auch künftig die größte Herausforderung bei der Durchführung einer fMRT-Studie darstellt.
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Die wachsende Bedeutung des jungen Forschungsgebietes Consumer Neuroscience stellt Wirtschaftswissenschaftler vor die Herausforderung, sich intensiv mit der Vielzahl an neurowissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden auseinanderzusetzen. Um Fragestellungen der Konsumentenverhaltensforschung aus neurowissenschaftlicher Perspektive qualifiziert analysieren zu können, sind vor allem Kenntnisse über die Anwendung der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) äußerst wertvoll. Jedoch werden methodische Probleme im Zusammenhang mit der fMRT in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsliteratur bislang nur unzureichend diskutiert. Vor diesem Hintergrund ist es das zentrale Ziel der vorliegenden Arbeit, unter Berücksichtigung von bestehenden Untersuchungsdesigns konkrete Gestaltungsoptionen für empirische Untersuchungen mittels der fMRT aufzuzeigen sowie die Charakteristika, Vor- und Nachteile dieser Optionen zu diskutieren. Hierzu werden einerseits theoretisch-konzeptionelle Übersichtsarbeiten zur fMRT, andererseits empirische fMRT-Studien ausgewertet. Berücksichtigung finden ausschließlich Publikationen, die im VHB-JOURQUAL 3 als A+- bzw. A-Journal gekennzeichnet sind bzw. über einen hohen Impact Factor verfügen. Die Ergebnisse der Literaturrecherche belegen erstens einen erkennbaren Anstieg in der Verwendung von Event-Related-Designs. Zweitens wird ersichtlich, dass nur ein Bruchteil der gesichteten fMRT-Studien einen ausreichend großen Stichprobenumfang aufweist. Drittens ist anzunehmen, dass die Analyse der fMRT-Daten immer komplexer wird und daher auch künftig die größte Herausforderung bei der Durchführung einer fMRT-Studie darstellt.
Keywords: fMRT, Consumer Neuroscience, experimentelles Design, Konsumentenverhalten, neurowissenschaftliche Messmethoden, Untersuchungsdesign
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Relevanz des Themas und Problemstellung
1.2. Zielsetzung und methodisches Vorgehen
1.3. Aufbau der Arbeit
2. Konsumentenverhaltensforschung unter neurowissenschaftlicher Perspektive
2.1. Theoretische Grundlagen des Konsumentenverhaltens
2.1.1. Begriffsdefinition und Abgrenzung
2.1.2. Das neobehavioristische Stimulus-Organism-Response-Modell
2.1.3. Psychische Prozesse des Konsumentenverhaltens
2.1.4. Neuroanatomische Grundlagen psychischer Prozesse
2.2. Theoretische Grundlagen der Consumer Neuroscience
2.2.1. Begriffsdefinition und Abgrenzung
2.2.2. Neurowissenschaftliche Messmethoden
3. Grundlagen zum Einsatz der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) in der Consumer Neuroscience
3.1. Messung der Hirnaktivität von Konsumenten mittels der fMRT
3.1.1. Überblick über das Verfahren
3.1.2. Stärken und Schwächen des Verfahrens
3.2. Prozess empirischer Untersuchungen mittels der fMRT
3.2.1. Prozessschema für empirische Untersuchungen mittels der fMRT
3.2.2. Prozessschritte empirischer Untersuchungen mittels der fMRT
4. Designoptionen empirischer Untersuchungen mittels der fMRT
4.1. Formulierung der neuroökonomischen Fragestellung
4.1.1. Untersuchungsziele
4.1.2. Forschungsfragen
4.1.3. Hypothesen
4.1.4. Zwischenfazit
4.2. Entwurf des experimentellen Designs
4.2.1. Stimulation
4.2.2. Anzahl der unabhängigen Variablen
4.2.3. Manipulation der unabhängigen Variablen
4.2.4. Experimentelles Paradigma
4.2.5. Konvergente Validierung
4.2.6. Zwischenfazit
4.3. Auswahl der Probanden
4.3.1. Alter
4.3.2. Geschlecht
4.3.3. Stichprobenumfang
4.3.4. Zwischenfazit
4.4. Analyse der Daten
4.4.1. Funktionelle Spezialisierung
4.4.2. Funktionelle Integration
4.4.3. Zwischenfazit
4.5. Interpretation der Daten
4.5.1. Forward Inference
4.5.2. Reverse Inference
4.5.3. Zwischenfazit
5. Schlussbemerkung
5.1. Zusammenfassung
5.2. Implikationen für die Forschung
5.3. Zukunftsausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau des Abschnitts 2.1.
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen den aktivierenden Prozessen (in Anlehnung an Foscht & Swoboda, 2011, S. 37)
Abbildung 3: Überblick über den Gesamtprozess der Informationsverarbeitung anhand des Dreispeichermodells (in Anlehnung an Atkinson & Shiffrin, 1968, S. 93; Homburg, 2012, S. 56; Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013, S. 308)
Abbildung 4: Das menschliche Gehirn (in Anlehnung an Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 91)
Abbildung 5: Aufbau des Abschnitts 2.2.
Abbildung 6: Consumer Neuroscience im Spannungsfeld der Wissenschaften (in Anlehnung an Kenning & Plassmann, 2008, S. 532)
Abbildung 7: Schematische Darstellung des BOLD-Effektes (in Anlehnung an Miyapuram, 2009, S. 37)
Abbildung 8: Prozessschritte einer empirischen Untersuchung mittels der fMRT und Möglichkeiten der Ausgestaltung
Abbildung 9: Schematische Darstellung eines alternierenden Block-Designs (in Anlehnung an Amaro & Barker, 2006, S. 224; Weishaupt, 2014, S. 93)
Abbildung 10: Prinzip des Event-Related-Designs (vgl. Kenning, 2014, S. 101)
Tabelle 1: In A+- und A-Journals publizierte, theoretisch-konzeptionelle Arbeiten zu methodischen Aspekten der Consumer Neuroscience bzw. der fMRT
Tabelle 2: Stärken und Schwächen der im Forschungsgebiet Consumer Neuroscience verwendeten bildgebenden Verfahren
Tabelle 3: Gerichtete versus ungerichtete Hypothese im Vergleich
Tabelle 4: Ausgestaltungsoptionen bei der Formulierung der neuroökonomischen Fragestellung
Tabelle 5: Verwendete Designparadigmen in fMRT-Studien der Consumer Neuroscience, der Neuro-Finance, der Organizational Neuroscience, des Neuro-Accounting und der Neuro-IS im Zeitraum 2010 bis 2015
Tabelle 6: Ausgestaltungsoptionen beim Entwurf des experimentellen Designs
Tabelle 7: Charakteristika der Probanden in fMRT-Studien der Consumer Neuroscience, der Neuro-Finance, der Organizational Neuroscience, des Neuro-Accounting und der Neuro-IS im Zeitraum 2010 bis 2015
Tabelle 8: Ausgestaltungsoptionen bei der Auswahl der Probanden
Tabelle 9: Ausgestaltungsoptionen bei der Analyse der Daten
Tabelle 10: Ausgestaltungsoptionen bei der Interpretation der Daten
Das erste Kapitel gibt eine Einführung in die Problemstellung und der sich daraus ergebenden Forschungsfrage. Anschließend werden das methodische Vorgehen zur Beantwortung der Forschungsfrage sowie der Aufbau der Arbeit beschrieben.
Laut der Global Pricing Study der Strategieberatung Simon-Kucher & Partners (2014) scheitern 72 Prozent aller Neuprodukte. Das Scheitern dieser Produkte ist u. a. darauf zurückzuführen, dass mit Hilfe von traditionellen Marktforschungsmethoden bisweilen Motive und Präferenzen von Konsumenten nur unzureichend ermittelt werden können. In der Folge legen Unternehmen falsche Preise für Neuprodukte fest, betonen den Kundennutzen der neuen Produkte nur unzureichend oder führen Produkte mit geringer Attraktivität in den Markt ein (vgl. Evanschitzky, Eisend, Calantone & Jiang, 2012, S. 29; Simon-Kucher & Partners, 2014). Um derartige Fehler im Innovationsprozess zu vermeiden und Konsumentenbedürfnisse korrekt zu identifizieren, setzen Unternehmen seit einigen Jahren auf neurowissenschaftliche Methoden: So finanzierte der Konsumgüterhersteller Unilever bspw. eine funktionelle Magnetresonanztomographie- (fMRT) Studie, die untersucht, in welchem Ausmaß die Erwartungen an ein Lebensmittel das tatsächliche Geschmacksempfinden beeinflussen (vgl. Woods et al., 2011, S. 365). Erk, Spitzer, Wunderlich, Galley & Walter (2002, S. 2499) hatten im Auftrag der Daimler AG bereits ein Jahrzehnt zuvor gezeigt, wie unterschiedlich das Gehirn auf die Präsentation von Limousinen, Vans, Sport- und Kleinwagen reagiert. Von dem wachsenden Interesse an neurowissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen profitiert auch die Beratungs- und Marktforschungsbranche. Mittlerweile gibt es weltweit circa 120 Marktforschungsinstitute, die Erkenntnisse aus der Hirnforschung auf Fragestellungen ihrer Kunden anwenden (vgl. Nuwer, 2014; Olteanu, 2014).
Fach- wie Publikumsmedien reagieren ambivalent auf Studien, in denen neurowissenschaftliche Messmethoden zu Marktforschungszwecken eingesetzt werden. Einerseits werden Methoden wie die fMRT als Heilsbringer angepriesen, als „'Fenster' zum menschlichen Gehirn“ (Lindstrom, 2009, S. 53), die es ermöglichen, „[…] inside buyers' brains“ (Kaufman, 2010) zu gelangen und dort „the Brain's 'Buy Button'“ (Howard, 2013) zu finden. An anderer Stelle fallen die Erwartungen an die Hirnscanner mitunter gedämpfter aus. Marktforschungsexperten bemängeln, dass sich Agenturen kaum mit Theorien und Methoden der Neurowissenschaft auseinandersetzen; einige Neuromarketing-Anbieter scheiterten an der Interpretation von fMRT-Daten, da es ihnen an Kenntnissen kognitions- und emotionspsychologischer Ansätze fehle (vgl. Esch, 2013, S. 33; Scharrer, 2013, S. 22). Ein Schulterschluss mit der Wissenschaft sei notwendig, so ein Vertreter der deutschen Marktforschungsbranche, um endlich Standards für die Durchführung neurowissenschaftlicher Studien zu schaffen (vgl. Scharrer, 2013, S. 22). Für Allan Fromen (2014), Vice President des amerikanischen Marktforschungsunternehmens IDC, ist insbesondere Methodenkompetenz ein wichtiger Ansatzpunkt, um die fMRT in der Marketing-Praxis zu etablieren: „We […] need to marry our excitement with methodological and academic rigor, to put our clients at ease and help inform the industry“. Insgesamt zeigen die zitierten Stimmen, dass Marktforschungsunternehmen die strategische Bedeutung neurowissenschaftlicher Methodenkompetenz nicht unterschätzen sollten.
Gleichzeitig wird auch im akademischen Kontext gefordert, dass sich Marketingwissenschaftler und Konsumentenverhaltensforscher intensiv mit der Vielzahl an neurowissenschaftlichen Theorien, Anwendungsbereichen und Methoden auseinandersetzen (vgl. Achrol & Kotler, 2012, S. 51; Plassmann, Ramsøy & Milosavljevic, 2012, S. 31; Poldrack, 2012, S. 1216-1217). So befürworten Achrol und Kotler (2012, S. 51) nachdrücklich die Aneignung von „expertise in […] fMRI besides the latest in research design and statistical method“. Die systematische Auswertung relevanter marketingwissenschaftlicher Fachzeitschriften[1] zeigt jedoch, dass in den einzelnen Journals äußerst selten theoretische und methodische Fragestellungen im Allgemeinen und im Zusammenhang mit der fMRT diskutiert werden. Insgesamt konnten vier theoretisch-konzeptionelle Arbeiten identifiziert werden.
Wie Tabelle 1 veranschaulicht, fokussieren sich drei der vier identifizierten Beiträge auf eher allgemeine methodische Herausforderungen, mit denen die Consumer Neuroscience konfrontiert ist. Beispielsweise wird die Problematik inverser Folgerungen[2] („reverse inference“) diskutiert. Darüber hinaus werden Anwendungsbereiche des noch jungen Forschungsfeldes Consumer Neuroscience skizziert. Zudem werden neue Forschungsperspektiven eröffnet (vgl. Huettel & Payne, 2009, S. 14-16; Plassmann et al., 2012, S. 19-33; Plassmann, Venkatraman, Huettel & Yoon, in Druck, S. 3-22). Lediglich die Arbeit von Yoon, Gonzalez und Bettman (2009) befasst sich explizit mit methodischen Aspekten der Planung und Durchführung von fMRT-Studien. Konkret werden Empfehlungen hinsichtlich der Forschungskonzeption, des experimentellen Designs und der Interpretation von fMRT-Daten ausgesprochen (vgl. Yoon et al., 2009, S. 17-19).
Tabelle 1: In A+- und A-Journals publizierte, theoretisch-konzeptionelle Arbeiten zu methodischen Aspekten der Consumer Neuroscience bzw. der fMRT
Die Ausführungen in diesem Abschnitt zeigen, dass neben der Wissenschaft auch die Praxis an solchen Beiträgen interessiert ist, die methodische Probleme im Zusammenhang mit fMRT-Studien beleuchten. Jedoch wurden methodische Fragestellungen in der marketingwissenschaftlichen Forschungsliteratur bislang nur unzureichend diskutiert. Im Speziellen fehlen Beiträge, die hinsichtlich der Ausgestaltung von fMRT-Studien nicht abstrakt bleiben, sondern konkrete Designoptionen für empirische Untersuchungen aufzeigen sowie die Vor- und Nachteile dieser Optionen diskutieren. Die vorliegende Arbeit möchte dazu beitragen, die methodische Diskussion zu vertiefen.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, unter Berücksichtigung von bestehenden Untersuchungsdesigns[3] konkrete Optionen für die Ausgestaltung von empirischen Untersuchungen mittels der fMRT aufzuzeigen. Hieraus ergibt sich folgende Forschungsfrage:
Welche Gestaltungsoptionen gibt es, um eine empirische Untersuchung mittels der fMRT in der Konsumentenverhaltensforschung zu realisieren?
Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage werden zwei Unterfragen gebildet, welche im Verlauf dieser Arbeit behandelt werden. Die Unterfragen fokussieren auf den Aufbau und das Design von empirischen Untersuchungen mittels der fMRT sowie auf deren Ausgestaltung:
Welche Prozessschritte umfasst eine empirische Untersuchung mittels der fMRT?
Welche Untersuchungsdesigns finden in der fMRT zur Erforschung des Konsumentenverhaltens Anwendung?
Um diese Fragen zu klären, werden einerseits theoretisch-konzeptionelle Übersichtsarbeiten zur fMRT, andererseits empirische fMRT-Studien analysiert. Alle gesichteten empirischen Studien erschienen von 2010 bis 2015 in hochrangigen Marketingzeitschriften, renommierten Zeitschriften aus angrenzenden betriebswirtschaftlichen Disziplinen sowie in neurowissenschaftlichen Fachzeitschriften. Die Auswertung der theoretisch-konzeptionellen Beiträge beschränkt sich hingegen nicht auf einen bestimmten Publikationszeitraum. Berücksichtigung finden jedoch ausschließlich Publikationen, die im VHB-JOURQUAL 3 als A+- bzw. A-Journal gekennzeichnet sind bzw. – im Falle der neurowissenschaftlichen Publikationen – über einen hohen Impact Factor verfügen. Weiterhin werden ausschließlich empirische Studien ausgewertet, welche die für die Konsumentenverhaltensforschung relevanten, psychischen Prozesse untersuchen.
Die vorliegende Arbeit ist wie folgt strukturiert: Im Anschluss an die Einleitung wird im zweiten Kapitel die Konsumentenverhaltensforschung unter neurowissenschaftlicher Perspektive beleuchtet. Hierzu werden zunächst die theoretischen Grundlagen des Konsumentenverhaltens geklärt. Schwerpunktmäßig werden diejenigen psychischen Vorgänge erläutert, die als Konstrukte zur Beschreibung und Erklärung des Konsumentenverhaltens dienen. Die Zusammenführung von Konsumentenverhaltensforschung und Neurowissenschaft in die junge Forschungsrichtung der Consumer Neuroscience ist ebenfalls Bestandteil des zweiten Kapitels. Für die Consumer Neuroscience werden relevante theoretische Grundlagen identifiziert und dargestellt. Besondere Aufmerksamkeit wird denjenigen neurowissenschaftlichen Messmethoden gewidmet, welche die klassische Verhaltensbeobachtung und -messung sinnvoll ergänzen können.
Im dritten Kapitel wird die fMRT, zentrale Messmethode für die Consumer Neuroscience, erläutert. Auf die Vorstellung der physikalischen Grundlagen der fMRT folgt die Diskussion der Stärken und Schwächen des Verfahrens. Das Kapitel schließt mit einem Überblick über die wichtigsten methodischen Schritte, die bei der Konzeption und Durchführung einer empirischen Untersuchung mittels der fMRT durchlaufen werden. Konkret werden die wesentlichen Aspekte des Aufbaus und des Designs von empirischen Untersuchungen mittels der fMRT näher beleuchtet.
Darauf aufbauend wird im vierten Kapitel aufgezeigt, inwieweit die unterschiedlichen Gestaltungsoptionen von empirischen fMRT-Untersuchungen in der Forschung Anwendung finden. Für die Klärung dieser Frage werden Untersuchungsdesigns aktueller fMRT-Studien analysiert, miteinander verglichen und bewertet. Anhand der in Kapitel 3 charakterisierten Prozessschritte empirischer Untersuchungen werden die vielfältigen Designoptionen systematisiert dargestellt. Im Detail werden Designoptionen im Hinblick auf die Formulierung der Forschungsfrage, auf das experimentelle Design, auf die Probandenauswahl, auf die Datenanalyse und schließlich im Hinblick auf die Interpretation der fMRT-Daten erläutert.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit werden im resümierenden fünften Kapitel zusammengefasst. Basierend auf den Erkenntnissen werden zudem Implikationen für die Forschung aufgezeigt.
Im ersten Kapitel wurde gezeigt, dass die Integration neurowissenschaftlicher Methoden in die Marketing- und Konsumentenverhaltensforschung an Bedeutung gewonnen hat. Warum nun bietet sich gerade die Konsumentenverhaltensforschung für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der eigentlich biologisch-medizinisch orientierten Neurowissenschaft an? Diese Frage beantwortet das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit. Hierzu werden in Abschnitt 2.1. die theoretischen Grundlagen des Konsumentenverhaltens erarbeitet. Der Fokus liegt auf der Vorstellung nicht-beobachtbarer psychischer Prozesse im Inneren des Konsumenten. Damit wird die theoretische Basis geschaffen, die für das Verständnis der Consumer Neuroscience erforderlich ist. Dieses junge Forschungsgebiet, das die psychischen Vorgänge im Inneren des Konsumenten mittels neurowissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden untersucht, wird in Abschnitt 2.2. beleuchtet.
Abbildung 1 veranschaulicht den Aufbau des vorliegenden Abschnitts: Zunächst werden die Anfänge der Konsumentenverhaltensforschung skizziert und der Begriff des Konsumentenverhaltens definiert (vgl. Abschnitt 2.1.1.). Darauf folgt die Darstellung des Stimulus-Organism-Response- (S-O-R) Modells (vgl. Abschnitt 2.1.2.). Zu guter Letzt werden die psychischen Prozesse des Konsumentenverhaltens näher beleuchtet (vgl. Abschnitt 2.1.3.) und deren neuroanatomische Grundlagen ausführlich erklärt (vgl. Abschnitt 2.1.4.).
Abbildung 1: Aufbau des Abschnitts 2.1.
Die Anfänge der Konsumentenverhaltensforschung liegen in den USA der 1920er Jahre (vgl. Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013, S. 3). Der eigentliche Durchbruch dieser Forschungsrichtung erfolgte im angloamerikanischen Raum allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als es einen enormen Zuwachs an richtungsweisenden, wissenschaftlichen Publikationen und Konferenzen gab, die das Konsumentenverhalten zum Gegenstand hatten (vgl. Clark, 1955; Howard & Sheth, 1969; Kassarjian & Robertson, 1968; Newman, 1966; Sommers & Kernan, 1967; Zaltman, 1965). Im deutschsprachigen Raum fand erst in den 1970er Jahren eine Institutionalisierung der Konsumentenverhaltensforschung statt, was insbesondere das Verdienst von Werner Kroeber-Riel ist (vgl. Balderjahn & Scholderer, 2010, S. 2; Kuß & Tomczak, 2007, S. 4; Trommsdorff & Teichert, 2011, S. 23).
In der Literatur findet sich eine Vielzahl an Definitionen des Konsumentenverhaltens. Dass das Verhalten von Konsumenten anfangs alleinig als Käuferverhalten verstanden wurde, zeigen Veröffentlichungen aus den 1960er Jahren (vgl. MacInnis & Folkes, 2010, S. 900): Beispielsweise stellten Howard und Sheth (1969, S. 30) mit ihrem Totalmodell eine vielbeachtete Erklärung des Kaufverhaltens von Nachfragern auf; gleiches gilt für das umfassende Modell von Engel, Kollat und Blackwell (1968, S. 34), das die einzelnen Phasen beschreibt, die schließlich zu einer Kaufentscheidung führen.
Auch in jüngeren, deutschsprachigen Veröffentlichungen wird das Konsumentenverhalten teilweise mit dem Käuferverhalten gleichgesetzt. So verstehen Kuß und Tomczak (2007, S. 12) unter dem Konsumentenverhalten die „Auswahl eines von mehreren Angeboten von Sachgütern, Dienstleistungen, Rechten und Vermögenswerten durch Individuen, Gruppen und Organisationen […], einschließlich der zu dieser Entscheidung hinführenden und der auf diese Entscheidung folgenden Prozesse und Tätigkeiten, die künftige Käufe beeinflussen können“. Der erste Teil der Definition weist auf eine relativ enge, rein auf die Kaufentscheidung bezogene Sichtweise hin. Im zweiten Teil der Definition weiten die Autoren allerdings ihre Perspektive aus, indem sie explizit auch den Vor- und Nachkaufprozessen Beachtung schenken.
Foscht und Swoboda (2011, S. 3) fokussieren sich in ihrer Definition ebenfalls auf den Kaufakt, vertreten jedoch ein allgemeineres Begriffsverständnis als Kuß und Tomczak. Sie beschreiben das Konsumentenverhalten als „Verhalten von Endverbrauchern beim Kauf und Konsum von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen“ (Foscht & Swoboda, 2011, S. 3). Demnach blenden die beiden Autoren Vorkaufprozesse komplett aus; darüber hinaus verstehen sie unter Nachkaufprozessen lediglich den Verbrauch von Gütern und Leistungen.
Da derzeit immer mehr Veröffentlichungen erscheinen, die beispielsweise nachhaltigen Konsum, Bürgerreaktionen auf politische Entscheidungen oder das Verhalten von Verbrauchern im Internet erörtern, gewinnt ein weites Begriffsverständnis von Konsumentenverhalten an Bedeutung (vgl. Belk, 2013; Jerath, Ma & Park, 2014; Kidwell, Farmer & Hardesty, 2013; Newman, Gorlin & Dhar, 2014; Sussman & Olivola, 2011; Wilcox & Stephen, 2013). Kroeber-Riel und Gröppel-Klein (2013, S. 3) versuchen dieser Entwicklung gerecht zu werden, indem sie zwischen Konsumentenverhalten im engeren und im weiteren Sinn unterscheiden: „Unter Konsumentenverhalten im engeren Sinne versteht man das beobachtbare ,äußere‘ und das nicht beobachtbare ,innere‘ Verhalten von Menschen beim Kauf und Konsum wirtschaftlicher Güter. […] Im weiteren Sinne […] auch das Verhalten von Wählern, Museumsbesuchern oder Patienten“.