Der erste Geist - Claudia Soylu - kostenlos E-Book

Der erste Geist E-Book

Claudia Soylu

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Beschreibung

Der erste Geist ist die Vorgeschichte für alle Neueinsteiger und Liebhaber der Reihe: Die Geister, die ich rief? Bestimmt nicht!
 
»Warum rennst du so? Mit wem redest du?«, fragt Patci neugierig.
»Na, mit dem Jungen!«, antworte ich skeptisch, denn etwas ist seltsam an ihm. Er wirkt leicht durchsichtig, aber das wird an dem Nebel liegen.
 
Wanja traut ihren Augen nicht und befürchtet, ernsthaft krank zu werden. Die Luft ist von dickem Nebel verhangen, den niemand sehen kann. Es riecht nach Pfeifentabak, wo keiner ist und sie hört Stimmen, die niemand sonst wahrnimmt. Von Tag zu Tag wird es immer verrückter! Kein Wunder, dass sie Angst bekommt, daher schüttet sie Patci ihr Herz aus. Aber mit ihrer bescheuerten Theorie kann Wanja gar nichts anfangen. Sie soll Geister sehen können!
 
Ein spannender Einblick, wie es vor drei Jahren begann.

Bisher erschienen:
0. Der erste Geist
1. Der Cowboy
2. Die Tiergeister
3. Liebe liegt in der Luft

4 Der Abschlussball
5. Alaska
6. Die Polizeiakademie
7. Der Barde

 

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Die Geister, die ich rief?

Bestimmt nicht!

Der erste Geist

Claudia Soylu

Alle Rechte vorbehalten

Unbefugte Nutzung, wie etwa Vervielfältigung,

Verbreitung oder Übertragung sind nicht

erlaubt.

2. Auflage

Coverdesign : Acelya Soylu

Buchsatz: Acelya Soylu

Instagram: @buchcover_design

Imprint: Independently published

© 2021 Claudia Soylu

Für meinen Mann und meine Kinder, die ich über alles liebe.

Die Autorin

Claudia Soylu, geboren 1974 in Waldbröl, entdeckte ihre Liebe zu Büchern, durch die lustigen Taschenbücher und ist dem geschriebenen Wort seitdem verfallen. Seit 2007 schreibt sie selbst Geschichten und Bücher, unter anderem „Brennende Tränen“, was 2017 im Selbstverlag erschien.

Claudia schreibt vor allem, um ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Wenn sie nicht gerade vor ihrem Computer sitzt und schreibt, gräbt sie leidenschaftlich ihren Garten um und verbringt Zeit mit ihrer Familie.

1 Die Begegnung

 

Drei Jahre zuvor.

 

Dichter Nebel liegt über dem Pausenhof, der meine Sachen klamm werden lässt. Das Einatmen hat etwas Gruseliges, es ist in der Stille viel zu laut. Nur ab und an höre ich einen Schüler etwas rufen, sonst scheint der Schulhof wie ausgestorben. Für einen Moment überlege ich, ob die Pause schon vorbei ist, aber das kann nicht sein. Meine beste Freundin Patci läuft neben mir, sie hätte schon längst etwas gesagt, denn sie mag es nicht zu spät in den Unterricht zu kommen. Dabei ist sie keine Streberin oder so. Nein, es ist eher so, dass sie die strafenden Blicke der Lehrer nicht ertragen kann.

Obwohl Patci mir eine gewisse Sicherheit bietet, gehe ich unsicher weiter. Die einzigen Geräusche, die zu hören sind, scheinen von meinen Schuhen zu kommen. Viel zu laut hallen sie auf dem Asphalt wider. Irgendetwas stimmt hier nicht. Der Nebel gefällt mir nicht. Klamm legt er sich auf meine Haut, ich muss sogar husten. Ein Stich fährt in meine Lunge. »Was für ein Scheißwetter heute!«, bemerke ich.

»So schlecht ist es doch gar nicht«, erwidert Patci gut gelaunt.

Meint sie das jetzt wirklich ernst? Manchmal übertreibt sie es mit ihrem Enthusiasmus, was soll an der Suppe gut sein?

Ein Junge kniet weinend auf dem Boden, in seiner Hose klafft ein Loch. Blut sickert in den Stoff und färbt ihn rot. »Hey, hast du dich verletzt? Bist du gestolpert?«, rufe ich ihm zu. Kein Wunder bald kann man die Hand vor Augen nicht mehr sehen. So einen dichten Nebel habe ich noch nie gesehen, es ist als würde ich durch Watte gehen.

Um ihm zu helfen, gehe ich schneller. Patci passt sich meinem Gang an. »Warum rennst du so? Mit wem redest du?«, fragt sie neugierig. Als würde sie den Nebel durchschneiden wollen, fuchtelt sie mit den Händen herum.

»Na, mit dem Jungen!«, antworte ich skeptisch, denn etwas ist seltsam an ihm. Er wirkt leicht durchsichtig, aber das wird an dem Nebel liegen.

Seine Haare sehen aus, als wären sie mit Asche bedeckt, als wären sie grau wie bei einem alten Mann. Plötzlich schaut er auf. Seine schwarzen Augen treffen mich, aber sein Blick ist leer, richtig gruselig. Eine Gänsehaut überzieht meinen Arm und lässt mich frieren.

»Hey!«, schreie ich erneut, doch plötzlich ist er weg. Er ist einfach verschwunden. Das kann doch nicht sein. Im Kreis drehend schaue ich mich um. Nur Nebel überall um uns herum. »Wo ist er?«, brülle ich. Ich mache einen Satz vor, suche nach Blut, nach einem Beweis, dass er gerade noch hier vor mir gehockt hat.

»Wer?«, zischt Patci jetzt ungeduldig. »Hier ist niemand.«

So wie der Junge verschwunden ist, ist auch der Nebel auf einmal weg. Die Sonne bricht durch und meine Haut fühlt sich trocken an. Ich hätte schwören können, dass sie klamm war. Auch die normalen Pausenhofgeräusche sind wieder zu hören, Schüler schreien, quatschen oder lachen. Kann es sein, habe ich mir den Jungen, dazu den Nebel nur eingebildet?

Etwas verwirrt gehe ich zum Unterricht zurück, aber auf den Lehrstoff kann ich mich nicht konzentrieren. »Was ist denn los?«, mault Patci. »Du hast ja miese Laune.«

»Ach nichts, ich glaube, ich bekomme meine Tage«, sage ich, da mir im Moment nichts Besseres einfällt und ich echt Unterleibsschmerzen habe. Das genügt ihr als Erklärung, sie weiß, wie unausstehlich ich dann immer bin.

Was ist da auf dem Pausenhof geschehen? Es geht nicht in meinen Verstand, stechende Kopfschmerzen bahnen sich an.

Ich bin heilfroh, als die Schule aus ist. Sehr nachdenklich gehe ich zu den Bussen. Heute wird Patci von ihrer Mum abgeholt, deswegen fahre ich allein nach Hause. Sie haben irgendeinen Termin, sie hat mir vor ein paar Minuten noch gesagt wo, aber ich habe es schon wieder vergessen, so unkonzentriert bin ich. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich mich nach dem Jungen umschaue. Wie konnte er nur so schnell verschwinden? Es war, als hätte er sich in Luft aufgelöst.

»Klar Wanja«, ermahne ich mich selbst. »Er ist ein Zauberer.« Ein irres Lachen entschlüpft meiner Kehle. Gleich werden mir seltsame Blicke zugeworfen. Nur schwer kann ich mich zusammenreißen und ich überwinde das letzte Stück bis zum Bus.

Tomtom unser Busfahrer, der uns Schülern schon oft ein Pflaster auf unsere Schrammen geklebt hat, sitzt hinter dem Lenkrad und grüßt mich: »Hallo Wanja, was ist dir denn über die Leber gelaufen?« So aufmerksam wie er ist, merkt er gleich, dass etwas nicht stimmt.

»Hallo Tomtom, hast du heute einen Jungen verarztet?«, erkundige ich mich. Er geht mir einfach nicht aus dem Kopf, egal wie ich mich anstrenge, zumal Patci behauptet, keinen Jungen gesehen zu haben, dabei war er doch direkt vor uns.

Stirnrunzelnd schaut er mich an. »Nein«, erwidert er nach einer kurzen Denkpause. Gleich macht er sich Sorgen. »Ist jemand verletzt?«, hakt er nach. »Brauchst du ein Pflaster? Soll ich mitkommen, dann suchen wir ihn.«

Kopfschüttelnd antworte ich: »Nein, er ist weggerannt. Vielleicht war es nicht so schlimm!« In Wahrheit habe ich ihn aber gar nicht wegrennen gesehen. Der Nebel hat den Jungen einfach verschluckt. Nachdenklich gehe ich auf einen freien Platz. Ist er wirklich nicht weggerannt? So ein Quatsch, er muss weggelaufen sein. Mein Gedächtnis spielt mir einen Streich.

Tomtom starrt mir hinterher, aber ich drehe mich nicht noch einmal zu ihm um. Zu gefangen in meinen Gedanken setze ich mich hin. Für einen Augenblick sehe ich ihn vor meinen Augen, wie er auf dem Boden gekauert hat. Nein, ich habe den Jungen noch nie auf dem Schulhof gesehen. Wenn ich richtig darüber nachdenke, war er auch ganz merkwürdig angezogen, er sah ganz grau aus, nicht nur seine Haare fällt mir ein, auch seine Haut. Hatte er keine Schuhe an? Vage erinnere ich mich an schmutzige Zehen, dazu an eine viel zu kurze Hose, als wäre sie an den Knöcheln zu hoch abgeschnitten und ausgefranst gewesen.

Das ist Quatsch! Jetzt fange ich schon an zu spinnen. Ein wenig lache ich erneut irre auf, das ist auch zu verrückt. Die Schüler werfen mir schon komische Blicke zu. Ein Junge schielt aus dem Augenwinkel zu mir. Ein Mädchen ist nicht so diskret, sie verdreht die Augen ganz komisch. Hm, grummele ich, dann ignoriere ich sie einfach.

Der Junge geht mir nicht mehr aus dem Kopf, habe ich ihn mir wirklich nur eingebildet? Trotz aller Vernunft ist da eine kleine Stimme in meinem Kopf, die fest davon überzeugt ist, dass ich den Jungen gesehen habe.

 

 

Ein paar Tage später gehe ich nichts ahnend am Friedhof vorbei. Ein paar Tannenzapfen liegen auf dem Weg, die von den Bäumen gefallen sind. Missmutig kicke ich sie weg. Ich bin auf dem Weg zu Patci, wir wollen uns heute Nachmittag treffen, um ein bisschen zusammen abzuhängen. Das Wetter ist schön geworden, von dem Nebel ist nichts mehr zu sehen. Heute ist es sogar so warm, dass ich keine Jacke brauche. Wir wollen ein bisschen durch die Läden ziehen, um uns Klamotten anzuschauen. Nur mit Mühe habe ich unterdrückt, mein Sparschwein zu knacken. Shoppen ist eine gute Ablenkung.