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Hexen vereinen die schlechtesten Eigenschaften in sich: Sie sind selbstsüchtig, verlogen, hinterlistig und immer darauf bedacht, Unheil anzurichten. Eine einfache Handbewegung genügt, um einen Menschen zu verfluchen. Doch was kaum jemand weiß – der eigentliche Fluch liegt auf den Hexen selbst. Jahrelang hat Katelyn es geschafft, diesen Fluch zu umgehen, bis sie Dimitri begegnet und einen schwerwiegenden Fehler begeht. Fortan ist die junge Hexe gezwungen, aufzugeben, was sie sich mehr als alles andere wünscht: Ihre Freiheit.
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Seitenzahl: 748
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Epilog
Danksagung
Stopp, geh noch nicht!
Der Fluch der Hexen E-Book-Ausgabe 4/2019 Copyright ©2019 by Eisermann Verlag, Bremen Umschlaggestaltung: Jaqueline Kropmanns Satz: André Piotrowski Lektorat: Betti Dworatzek Korrektur: Isabell Goldkorn http://www.Eisermann-Verlag.de ISBN: 978-3-96173-185-5
Für Kathi, meinen Lieblingsmenschen
Er lehnte mit verschränkten Armen an der baufälligen Stadtmauer und beobachtete das rege Treiben auf dem Marktplatz. Hätten seine Auftraggeber nicht darauf bestanden, in diesem Nest haltzumachen, wären sie schon vor Stunden in einer deutlich lukrativeren Stadt angekommen – die in jedem Fall mehr als ein paar Marktstände mit mangelhafter Ware und eine Herberge, die sogar die Ärmsten mieden, geboten hätte. Warum bezahlte man überhaupt einen Anführer, wenn man am Ende doch nicht auf ihn hörte und stattdessen seinen eigenen Kopf durchsetzen musste?
Bei dem Gedanken daran, dass Alexander später vermutlich wieder ihn dafür verantwortlich machen würde, knirschte er mit den Zähnen und hätte die kleine Reisegruppe am liebsten sich selbst überlassen. Im Nachhinein gesehen war es wirklich ein Fehler gewesen zuzustimmen, ihnen als Führer zu dienen und sie vor Gefahren zu beschützen. Es war so schon seltsam genug, dass jemand ohne bewaffnete Begleitung quer durch das ganze Land reiste. Normalerweise heuerte jeder, der es sich irgendwie leisten konnte, einige erfahrene Söldner an, um nicht hinterrücks überfallen, ausgeraubt und im schlimmsten Fall auch noch ermordet zu werden.
Seufzend fuhr sich Dimitri durch die dunklen Haare und richtete seinen Blick auf drei Personen, die sich ihm gemächlich näherten. Der großgewachsene Alexander war ihm schon von Anfang an durch seine arrogante Art unsympathisch gewesen. Wenn nur die Hälfte von dem, was er in seinen überheblichen Sprüchen äußerte, wahr gewesen wäre, hätte die Gruppe weder ihn selbst noch irgendjemand anderen zu ihrem Schutz benötigt. Doch nach dem, was Dimitri bisher erlebt hatte, würde der Mann vermutlich bei einer Bedrohung als Erster die Flucht ergreifen. Schon allein das ließ ihn in den Augen des erfahrenen Kriegers tief sinken, doch sein ständiges Herumnörgeln an Dingen, an denen er größtenteils selbst Schuld trug, machte es noch schlimmer.
Es glich einem Wunder, wie die anderen beiden es mit ihm aushielten. Der eher zurückhaltende Jasper war das genaue Gegenteil seines älteren Bruders und musste sich oft genug dessen Spott gefallen lassen. Der in sich gekehrte junge Mann war eine deutlich angenehmere Gesellschaft für Dimitri, der nicht selten überlegte, wie zwei Menschen so unterschiedlich sein konnten, obwohl sie Geschwister waren.
Unter anderen Umständen hätte er spätestens nach drei Tagen in Alexanders Gesellschaft ihre Abmachung gekündigt und sich einen angenehmeren Dienstherrn gesucht. Die Bezahlung war zwar mehr als akzeptabel, doch wenn nicht eine dritte Person die beiden Männer begleitet hätte, hätte er auf diese verzichtet, um dafür nicht mehr ununterbrochen mit dem Drang kämpfen zu müssen, Alexander niederzuschlagen. Doch sein Ehrgefühl verbot es ihm, die junge Frau, die ebenfalls zur Familie gehörte, allein oder in Begleitung wenig vertrauenerweckender Söldner reisen zu lassen. Anastasia war eine bemerkenswerte Schönheit. Er würde ohne zu zögern darauf wetten, dass es genügend Männern egal wäre, ob sie von Anastasias Brüdern für ihren Schutz bezahlt wurden oder nicht.
Also musste er wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und hoffen, dass Alexander was seinen Lohn anging nicht maßlos übertrieb. Trotz der Anzahlung, die Dimitri zu Beginn der Reise erhalten hatte, blieb er misstrauisch. Es war alles andere als ungefährlich, von einem Ende des Landes zum anderen zu wollen und den eigentlichen Grund für die Reise hatte keiner von den Dreien enthüllt. Wenn er Pech hatte, hatten sie sich mit den falschen Leuten angelegt und mussten nun Hals über Kopf vor diesen fliehen. Das würde immerhin erklären, warum sie kaum Gepäck bei sich hatten und allein den beschwerlichen Weg aus ihrer ruhigen Heimat auf sich nahmen. Nun, im Endeffekt war es nicht sein Problem, was die Geschwister nach Westen trieb.
»Dieses Kaff verdient die Bezeichnung Stadt nicht einmal annähernd«, urteilte Alexander missmutig und spuckte angewidert aus. »Den Umweg hierher hätten wir uns sparen können.«
Ein spöttisches Lächeln huschte über Dimitris Gesicht. »Sagte ich ja. Wenn Ihr nicht gerade in der versifften Herberge übernachten wollt, werdet Ihr hoffen müssen, dass sich das Wetter hält. Die nächste Stadt werden wir vor Anbruch der Nacht sicher nicht erreichen.«
Jasper und Anastasia wechselten einen kurzen Blick, ehe sie ergeben nickten. Doch ihr Bruder konnte sich wieder einmal nicht mit der unliebsamen Situation abfinden.
»Und das hättet Ihr nicht früher sagen können? Wenn Ihr die Gegend hier so gut kennt, wie Ihr es angeblich tut, sollte Euch diese Tatsache bewusst gewesen sein.«
»Er hat es oft genug erwähnt, Alex. Du willst nur wieder jemand anderem die Schuld geben«, widersprach Anastasia ihm und verdrehte die Augen. Es war das erste Mal in den letzten zwei Wochen, dass sie etwas gegen ihn sagte. Dimitri konnte sein Grinsen nicht unterdrücken, als Alexander den Mund öffnete, um irgendetwas zu seiner Verteidigung zu sagen, es sich aufgrund des zornigen Blicks seiner Schwester dann aber doch anders überlegte und ihnen den Rücken zuwandte. Er murmelte etwas, das so klang, als wolle er trotzdem nach einer akzeptablen Unterkunft suchen, und verschwand in einer der Gassen.
»Wir sollten ihm wohl folgen«, sagte Jasper seufzend. »Am Ende kommt er noch auf die Idee, die erstbesten Bürger aus ihren Häusern zu vertreiben.«
»Mich würde es ehrlich gesagt nicht stören, wenn er von der Stadtwache ein paar Tage in den Kerker gesteckt wird. Aber sucht ihn meinetwegen. Ich warte hier.« Dimitri verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere und stellte sich unwillig auf weitere Stunden an Wartezeit ein. Prinzipiell hatte er nichts dagegen, etwas länger an einem Ort zu verweilen, doch allein die Tatsache, dass Alexander daran schuld war, verschlechterte seine Laune.
»Wir beeilen uns«, versprach Anastasia noch, bevor sie ihrem Bruder folgten.
Erneut zu Untätigkeit verdammt, ließ er seinen Blick zum wiederholten Mal über den gepflasterten Marktplatz gleiten. Viele Stände waren es nicht, die hier ihre Ware anboten. Eine alte Frau verkaufte ein paar Äpfel und Kartoffeln, ein Mann, der Ähnlichkeit mit einer Krähe hatte, bot mehrere Laibe Brot an, während der links von ihm sein Glück mit Fischen aus dem nahen Fluss versuchte. Am Rand stand schließlich noch ein etwa zwölfjähriger Junge, der Eier und Milch verkaufte. Der Wind frischte kurz auf und trug Dimitri den Geruch eines Eintopfs entgegen, was ihn daran erinnerte, dass er seit Stunden nichts mehr gegessen hatte.
Genau genommen war dieser Markt im Verhältnis gesehen nicht anders als größere. Tratschende Frauen standen an jeder Ecke, in der Nähe saßen einige Bettler, an den Ständen wurde um jede Kupfermünze gefeilscht – es fehlten nur noch zwei Dinge, um das Bild zu vervollständigen.
Erstens eine Prügelei zwischen Betrunkenen und zweitens ein geschickter Taschendieb. Zu einem ordentlichen Kampf würde es heute nicht kommen, dafür waren zu wenige Männer unterwegs. Doch wie um diesen Umstand auszugleichen, erblickte Dimitri plötzlich etwas anderes, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein junges Mädchen, dessen hellbraune Haare zu einem langen Zopf geflochten waren, schlenderte scheinbar ziellos über den Platz. An und für sich nichts Ungewöhnliches, das eigentlich Interessante war ihre Kleidung. Entgegen der üblichen Sitten trug sie kein Kleid oder einen Rock, sondern feste Lederstiefel, eine lange Hose und vermutlich ein Hemd unter der abgenutzten Jacke.
Es war zwar schon lange nicht mehr verboten für Frauen, solche Kleidung zu tragen – dennoch war es eine Seltenheit, tatsächlich mal eine darin zu sehen. Eine angenehme Seltenheit, wie er schmunzelnd feststellte. Auch wenn viele Männer es für Unsinn hielten, Frauen Hosen tragen zu lassen, konnte niemand leugnen, dass diese deutlich figurbetonter als die langen Kleider waren.
Das Mädchen schien Dimitris unverhohlene Musterung zu spüren und drehte sich stirnrunzelnd um.
Er grinste, als sie fragend eine Augenbraue hob. Wusste sie tatsächlich nicht, welche Wirkung sie mit ihren eng anliegenden Kleidern bei Männern erzielte, oder tat sie nur so? Ihrem genervten Kopfschütteln zufolge war sie sich sehr wohl darüber im Klaren, schien aber auf einen anderen Grund gehofft zu haben. Nach diesem kurzen Blickkontakt drehte sie sich sichtlich verärgert um und verschwand mit schnellen Schritten in der Menge.
Dimitri sah ihr einen Moment unschlüssig nach, ehe er ihr folgte. Bis Anastasia und Jasper ihren Bruder gefunden und dazu überredet hätten, wieder zurückzukommen, würde noch mehr als genug Zeit vergehen.
Warum die junge Frau sein Interesse geweckt hatte, wusste er selbst nicht genau. Doch es war allemal besser, ein paar Worte mit ihr zu wechseln, als sich hier die Beine in den Bauch zu stehen.
Nach wenigen Augenblicken hatte er sie in der Nähe einer größeren Gruppe schwatzender Frauen entdeckt und änderte sein Vorhaben. Anstatt auf sie zuzugehen, blieb er im Schatten eines Hauses stehen und beobachtete sie interessiert.
Scheinbar unsicher betrachtete sie das ausgebreitete Obst an dem Stand vor sich und überlegte ob und was sie kaufen sollte. Während dieser Überlegungen ging sie wie zufällig weiter in Richtung der Gruppe Frauen, um auch die Waren am Ende des Standes zu prüfen. Als würde sie in dem Angebot nicht das Passende finden, wandte sie sich schließlich seufzend ab. In Gedanken offenbar bei etwas anderem, stieß sie auf dem Rückweg gegen eine der gut gelaunten Frauen, stolperte und hielt sich an deren von Wohlstand zeugendem Mantel fest, um nicht zu fallen. Die Frau schwankte angesichts des Zusammenstoßes und fuhr das Mädchen an, ob sie denn nicht aufpassen könne. Diese wiederum stammelte erschrocken eine Entschuldigung, ehe sie sich mit gesenktem Kopf entfernte. Die Frauen waren wieder in ihre Gespräche vertieft und schienen den Störenfried vergessen zu haben.
Ganz im Gegensatz zu Dimitri, der das Geschehen verfolgt hatte. Es gab also doch Diebe hier, auch wenn das braunhaarige Mädchen vermutlich ebenfalls nur auf der Durchreise war. Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer verbotenen Art an Geld zu kommen stieg sein Interesse an ihr. Er war neugierig, warum so ein hübsches junges Ding ihren Lebensunterhalt mit Stehlen verdiente und offensichtlich allein durch das Land zog, anstatt wohlbehütet bei seiner Familie oder schon verheiratet zu sein.
Sie schien zu bemerken, dass sie verfolgt wurde. Alle paar Schritte warf sie einen misstrauischen Blick über die Schulter und Dimitri machte sich einen Spaß daraus, immer in jenen Momenten in einer Gasse oder hinter einer Mauer zu verschwinden. Das kleine Versteckspiel war eine willkommene Abwechslung für ihn und wenn es nach ihm ginge, hätten sie das Ganze noch ewig weiter treiben können.
Unglücklicherweise schien die junge Frau das anders zu sehen. Sie blieb stehen, um mit wachsamem Blick jeden Winkel hinter sich zu durchbohren. Dimitri wandte ihr hastig den Rücken zu und tat so, als würde er gespannt die Versteigerung einer Fuchsstute verfolgen. Als er sich schließlich entschied, ihr jetzt lange genug Angst eingejagt zu haben und zu ihr gehen wollte, musste er feststellen, dass sie genauso leise verschwunden war, wie sie vorhin auf dem Marktplatz aufgetaucht war.
Erleichtert beobachtete ich von meinem Versteck aus, wie der dunkelhaarige Mann frustriert ein paar Steinchen aus dem Weg kickte und nach einer weiteren gründlichen Musterung der Straße in die Richtung verschwand, aus der er gekommen war. Es hätte mich interessiert, warum er mich so beharrlich verfolgt aber sich nie offen gezeigt hatte, doch das Risiko konnte und wollte ich nicht eingehen. Neben seiner selbstbewussten Haltung und der muskulösen Statur wiesen vor allem die gut sichtbaren Waffen darauf hin, dass er kampferfahren war. Obwohl ich mich gegen die meisten Menschen zur Wehr setzen konnte, hätte ich in einer Auseinandersetzung mit ihm vermutlich den Kürzeren gezogen.
Schon deswegen hielt ich mich aus Prinzip von dieser Art Mann fern und ich wollte eben jene Prinzipien weder heute noch an einem anderen Tag grundlos über den Haufen werfen. Schade war nur, dass Menschen, die sich und andere zu verteidigen wussten, in der Regel eine gut gefüllte Börse hatten. Wenn man seit Wochen nur von einigen verschrumpelten Äpfeln und hartem Brot lebte, wirkte etwas Geld unwiderstehlich – noch dazu, wenn sein Besitzer es problemlos verschmerzen konnte. Allein der forschende Blick des Dunkelhaarigen hatte mich davon abgehalten, mein Glück auf die Probe zu stellen. Er hätte sich garantiert nicht so leicht beklauen lassen wie die ahnungslose Frau auf dem Markt.
Bei dem Gedanken daran musste ich grinsen. Soweit ich wusste, trieben hier regelmäßig Diebe ihr Unwesen, da die Stadtwache nicht besonders aufmerksam war. Umso erstaunlicher, dass einige Menschen noch immer so unachtsam waren und selbst bei einem so offensichtlichen Trick keinen Verdacht schöpften. Wenn ich gewusst hätte, wie leichtgläubig die Bewohner dieser Stadt waren, wäre ich schon wesentlich früher hierhergekommen. Zu meinem Bedauern würde ich nicht lange bleiben können. Dafür fiel eine Fremde hier zu sehr auf. Doch zumindest könnte ich versuchen, genügend Geld für eine neue Jacke zusammenzubringen. Sollte ich im Winter wieder nach Norden ziehen, würde ich sie dringend brauchen.
Bestärkt von diesem Gedanken konzentrierte ich mich wieder auf meine Umgebung und hielt nach einem passenden Opfer Ausschau. Arme Menschen bestahl ich schon deshalb nicht, weil ich wusste, wie es war, nichts zu haben. Außerdem waren sie um Welten freundlicher als die Kaufleute und Adligen, die oft nicht einmal eine Wohltätigkeitsspende abgeben wollten. Die Reichen des Landes beachteten Leute wie mich nicht. Ob aus purer Verachtung oder aus einem anderen Grund – feststand, dass sich viele von ihnen angewöhnt hatten, mich und meinesgleichen hochnäsig zu ignorieren. Somit waren sie die leichtesten Opfer, doch das schien ihnen nicht bewusst zu sein. Im Gegenteil, nicht wenige waren dumm genug zu glauben, dass sie sicher nicht mehrmals ausgeraubt werden würden, und waren nach dem ersten Mal noch unachtsamer als zuvor.
Ein solches Exemplar an Selbstverliebtheit lief mir geradewegs vor die Füße. Seine Kleidung war etwas abgenutzt und verstaubt, doch seine Gesten und der verkniffene Gesichtsausdruck deuteten auf eine höhere Abstammung hin. Wenn ich Pech hatte, war er ein verarmter Adliger. Doch nach meiner Einschätzung war er schlicht zu geizig, um sein Geld verschwenderisch auszugeben.
Erwartungsvoll beobachtete ich ihn eine Weile und setzte in Gedanken neue Stiefel auf meine Liste noch zu besorgender Sachen. Er war dumm genug, allein und ohne jegliche Begleitung durch die verlassenen Nebenstraßen zu laufen. Wenn man es genau nahm, provozierte er ja regelrecht einen Überfall.
Ich folgte ihm mit leisen Schritten, achtete jedoch auf einen gewissen Sicherheitsabstand. Die Wahrscheinlichkeit, dass er mich bemerkt hatte und in die dunkle Gasse locken wollte, war zwar gering, doch es wäre nicht das erste Mal, dass mir so etwas passiert wäre. Die Erinnerung daran, wie der scheinbar betrunkene Mann mir damals urplötzlich an einer Ecke aufgelauert hatte, ließ mich erschaudern. Er war sich sicher gewesen, ein leichtes Spiel mit mir zu haben und deswegen unaufmerksam, doch aufgegeben hatte er trotz meines hartnäckigen Widerstands nicht. Notgedrungen hatte er dafür mit dem Leben bezahlt, was ich nur ungern wiederholen würde.
Als sich kurz darauf zwei weitere Personen näherten, blieb ich unschlüssig stehen. Gehörten sie zu dem Mann, hatte ich vermutlich keine Chance mehr, ihn ungesehen zu bestehlen. Wobei ich dann immerhin noch die Möglichkeit hätte, etwas zu warten bis ich ihn wieder unbeobachtet erwischen würde. Wenn sie aber nichts mit ihm zu tun hatten, sondern ähnliche Ziele wie ich verfolgten, sollte ich mich schnellstmöglich aus dem Staub machen – ehe sie mich als nächstes Opfer auswählten. Zu meiner Erleichterung zerstreute sich diese Befürchtung schnell wieder, denn die junge Frau mit dem Kopftuch und der schlaksige Mann neben ihr waren nicht gerade die typischen Räuber.
Sie schienen in der Tat zu dem anderen Mann zu gehören und redeten ununterbrochen auf ihn ein. Er reagierte gereizt und bestätigte somit meine Vermutung über seinen Charakter. Ich bereitete mich auf eine längere Wartezeit vor und suchte mir eine bequemere Position. Solche Diskussionen zogen sich meist ewig hin, dafür würde sie aber garantiert in Streit enden – vorausgesetzt es tauchte nicht noch eine vierte Person auf. Stirnrunzelnd sah ich zu dem Neuankömmling und stöhnte innerlich auf. Nicht der schon wieder.
Ausgerechnet der Mann, der mich vorhin die ganze Zeit verfolgt hatte, mischte sich nun in das Gespräch ein. Wenn ich die Situation richtig einschätzte, gehörte er auch noch zu der kleinen Gruppe. Wundern würde es mich nicht. Für die entsprechende Bezahlung boten viele kampferprobte Männer ihre Dienste an, aber ich hätte eher erwartet, dass diese Leute mit einer größeren Gruppe Bewaffneter reisen würden.
Dummerweise täuschte mich mein Urteilsvermögen, dass sie zusammengehörten nicht und ich sah seufzend zu, wie sie gemeinsam die Gasse verließen. Vielleicht war heute doch nicht mein Glückstag.
Andererseits – ich hatte ohnehin nichts Besonderes vor, also konnte ich ihnen genauso gut folgen und abwarten. Möglicherweise ergab sich ja eine günstige Gelegenheit und ich kam doch noch an meine neue Jacke.
Optimistisch heftete ich mich an ihre Fersen und lächelte, als sich mein ehemaliger Verfolger mehrmals umdrehte, mich aber nie entdeckte. Unsere Rollen hatten sich so plötzlich vertauscht, dass ich mich fragte, ob er ahnte, mit wem er es gerade zu tun hatte. Vermutlich nicht, aber sollte er es herausfinden, würde er wahrscheinlich über seine eigene Unfähigkeit toben, mich in die Finger zu kriegen.
Ich sollte die neue Situation nicht ungenutzt lassen und zusehen, dass ich auch ein paar Sachen von ihm mitgehen ließ. Vermeiden konnte ich ein Zusammentreffen offenbar nicht, außer ich wollte mein Glück doch wieder in irgendeiner Stadt auf einem Marktplatz versuchen. Da das Geld, welches die Gruppe insgesamt mit sich führen musste, jedoch meinen normalen wöchentlichen Verdienst um das Hundertfache übertreffen dürfte, war meine Entscheidung bereits gefallen.
Ich würde vorsichtig sein müssen, doch das Risiko nahm ich in Kauf. Die eigentliche Reisegruppe stufte ich nicht als ernstzunehmende Gefahr ein und schneller als ihr Begleiter war ich meiner Meinung nach allemal. Notfalls würde ich ihm einfach davonlaufen.
Es überraschte mich nicht sonderlich, dass die vier in den folgenden Nächten unter freiem Himmel schliefen. Die Herberge der winzigen Stadt war nicht besonders einladend gewesen und aus mir unerklärlichen Gründen hatten sie danach die meisten Siedlungen gemieden. Seit einer Weile wurde ich das Gefühl nicht los, dass das die Rache des Dunkelhaarigen an dem eingebildeten Mann war.
Nachdem sie am heutigen Abend ihr Lager auf einer kleinen Lichtung aufgeschlagen und ein Feuer entzündet hatten, war ich unauffällig näher geschlichen und hatte es mir auf einer alten Eiche einige Schritte entfernt bequem gemacht. So hatte ich einen ausgezeichneten Blick auf die Menschen unter mir und war gleichzeitig relativ sicher davor, entdeckt zu werden.
Nach dem, was ich ihren Gesprächen inzwischen entnommen hatte, handelte es sich bei den beiden Männern und der jungen Frau um Geschwister, die sich voll und ganz auf ihren engagierten Führer zu verlassen schienen. Sie hatten augenscheinlich keine Ahnung vom Leben außerhalb ihrer Heimat und waren dementsprechend unvorsichtig. Wären sie allein unterwegs gewesen, hätten sie wohl keine drei Tage überlebt. Der arrogante Kerl namens Alexander beschwerte sich ununterbrochen über jede Kleinigkeit und missachtete dabei jedes Gesetz der Vernunft. Es glich einem Wunder, dass er durch sein Geschrei nicht schon Banditen angelockt hatte. Im Gegensatz zu mir nahmen seine Geschwister das Verhalten ihres Bruders größtenteils mit stoischer Gelassenheit hin.
Ich begleitete sie gerade mal ein paar Tage, war aber jetzt schon unheimlich genervt von ihm. Die Frage, warum der dunkelhaarige Krieger so schlecht gelaunt war, hatte sich somit auch erübrigt. Abgesehen davon wusste ich jedoch nicht so recht, wie ich ihn einschätzen sollte. Seine hellen Augen wirkten in einem Moment kalt und unnahbar und im nächsten Moment beobachtete er mit einem warmen Lächeln, wie kleine Entenküken in einer Reihe schnatternd ihrer Mutter folgten. Welche Seite von ihm nun sein wahres Ich zeigte, konnte ich nicht sagen. Aber ich war mir sicher, dass ich ihn mir lieber nicht zum Feind machen sollte. Nicht zuletzt diese Tatsache hatte mich schon mehrere Male beinahe dazu gebracht zu verschwinden, doch das benötigte Geld hielt mich konsequent davon ab. Ich war geduldig und früher oder später würde sich das auszahlen. Jedenfalls solange mir nicht doch ein Fehler unterlief und ich um mein Leben laufen musste.
»Ihr habt wirklich einen außerordentlichen Schutzengel, wie mir scheint.« Vor Schreck darüber wie nah die dunkle Stimme klang, verlor ich das Gleichgewicht und wäre beinahe vom Ast gerutscht. Im letzten Augenblick schaffte ich es, mich festzuklammern, hing kurzzeitig bäuchlings über meinem vorigen Sitzplatz und wagte es nicht zu atmen. Auch ohne den flackernden Schein des Feuers spürte ich, dass er unter mir stehen geblieben war und misstrauisch den Kopf in den Nacken gelegt hatte.
»Musstet Ihr Euch so anschleichen, Dimitri?« Anastasia versuchte einen tadelnden Tonfall anzuschlagen, doch die Erleichterung, dass es niemand anderes war, war ihr deutlich anzuhören.
Würde ich mich nicht in einer denkbar ungünstigen Situation befinden, hätte ich Anastasia wohl lauthals zugestimmt. So aber musste ich mich damit begnügen, ihn von meiner Position aus finster anzustarren und innerlich anzuschreien, dass er sich endlich etwas anderem zuwenden sollte. Noch konnte er mich offenbar nicht sehen, doch die kleinste Bewegung meinerseits könnte ihm auffallen. Und ich hatte nicht vor, hier die ganze Nacht rumzuhängen.
»Falls Euch das endlich gezeigt hat, wie wichtig es ist, Wache zu halten – ja.« Er entfernte sich endlich von meinem Baum und ging kopfschüttelnd auf das Lager zu, was mir Gelegenheit gab, ausgiebig seinen muskulösen Rücken zu betrachten und mich gleichzeitig möglichst geräuschlos zurück in eine sitzende Position zu befördern.
Das war knapp. Zu knapp für meinen Geschmack. Ich hatte zwar das Gefühl, dass er mir nichts tun würde, doch das konnte sich schnell ändern, sobald er auch nur ahnte, mit was er es wirklich zu tun hatte.
Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne ließen mich erschrocken die Augen aufschlagen. Mit rasendem Herzen sah ich auf die kleine Lichtung unter mir und seufzte erleichtert, als ich erkannte, dass die ungleiche Gruppe noch tief und fest schlief. Trotz des dichten Blätterwerks um diese Jahreszeit befürchtete ich, bei Tageslicht entdeckt zu werden, sobald sich jemand die Mühe machte, den Blick nach oben zu richten. Normalerweise verschwand ich immer kurz vor Dämmerungsbeginn, um mich dann später wieder in großzügigem Abstand zu den anderen zu gesellen. Dass ich heute erst so spät erwacht war, beunruhigte mich. Wenn ich noch nachlässiger wurde, konnte ich mich genauso gut gleich umbringen.
Darauf bedacht, nicht durch eine falsche Bewegung unnötige Geräusche zu verursachen, lockerte ich so gut wie möglich meine steifen Gliedmaßen und kletterte langsam von meinem Schlafplatz herunter. Für meine Begriffe war ich nicht annähernd schnell genug. Mit jedem verstrichenen Atemzug wuchs die Gefahr, dass jemand aufwachte. Das letzte Stück musste ich mich fallen lassen und zuckte kurz zusammen, als ich auf dem trockenen Boden aufkam.
Mein Blick schoss zu Dimitri. Ich spürte beinahe, dass er von dem verräterischen Aufprall meiner Füße geweckt werden müsste, doch er rührte sich nicht.
Misstrauisch wartete ich einen Moment und beobachtete das gleichmäßige Heben und Senken seines Brustkorbs. In den letzten Tagen war er bei dem kleinsten Geräusch hochgefahren, aber nun schien er weiterhin fest zu schlafen. Und aus irgendeinem Grund beunruhigte mich dieses Verhalten. Von den anderen dreien war ich den unerschütterlichen Tiefschlaf gewohnt.
Aber es ging schließlich auch nicht um Anastasia, Alexander und Jasper, sondern um ihren Begleiter. Konnte er wirklich so müde gewesen sein, dass sich all seine anderen Instinkte und antrainierten Reflexe einfach abschalteten? Es erschien mir mehr als unwahrscheinlich und doch – das hier war vermutlich genau die Chance, auf die ich in den letzten Tagen gewartet hatte. Ich müsste nur schnell zu Alexander huschen, seine prall gefüllte Geldbörse vom Gürtel schneiden und wieder verschwinden. So eine Gelegenheit würde sich nicht allzu bald wieder ergeben. Es wäre das Klügste, sie zu ergreifen. Der Einzige, der mich bis jetzt immer davon abgehalten hatte, stellte im Moment offensichtlich keine Gefahr da.
Unschlüssig stand ich neben der alten Eiche, den Oberkörper in Richtung der Lichtung gedreht und gleichzeitig fast dabei, mich von jener zu entfernen. Wieder blitzten einige der wärmenden Strahlen durch das Blätterdach und erinnerten mich daran, dass ich schon viel zu lange abwägte, was ich tun sollte. Wenn ich ohne Schwierigkeiten abhauen wollte, ob nun mit oder ohne Diebesgut, sollte ich schnellstens eine Entscheidung treffen.
Zum wiederholten Mal starrte ich Dimitri an und versuchte herauszufinden, wann er wohl die Augen aufschlagen und mich unweigerlich entdecken würde. Mit jedem Moment, der verstrich, verspielte ich wertvolle Zeit und ich verfluchte mich insgeheim dafür. Ich brauchte dieses Geld, dringender als ich es mir eingestehen wollte und es war dumm, es mir nicht in einem Augenblick zu nehmen, der günstiger nicht sein konnte.
Dieser Gedanke gab den Ausschlag. Ich schüttelte meine Erstarrung ab und setzte vorsichtig einen Schritt auf die Lichtung. Das weiche Gras schluckte jegliche Geräusche, doch ich befürchtete, dass man die Erschütterung spüren konnte. Wenn ich wenigstens nicht direkt an Dimitri vorbeimüsste, wäre ich nur halb so angespannt. Doch das war der kürzeste Weg.
Obwohl ich es endlich an ihm vorbei geschafft hatte, ließ meine Besorgnis nicht nach. Im Gegenteil, mit einem Mal stellten sich meine Nackenhaare auf und ich erstarrte. Langsam drehte ich den Kopf nach hinten und begegnete geradewegs eisgrauen Augen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich es endlich schaffte, meinen Blick loszureißen und instinktiv lossprintete. Vergessen war das Geld, vergessen die neue Jacke oder die Stiefel, das Einzige, was zählte, war wegzulaufen, so schnell und weit wie nur möglich.
Ich spürte mehr als das ich hörte, wie Dimitri die Verfolgung aufnahm. Für seine Größe und sein Gewicht war er ungewöhnlich leise, krachte nicht wie ein schwerfälliger Ochse durch das Unterholz. Im Gegenteil, müsste ich seinen Lauf beschreiben, würde ich ihn eher mit einem Raubtier vergleichen. Das Bild eines Wolfes blitzte vor meinem inneren Auge auf und ließ mich meine Schritte beschleunigen. Es war unwahrscheinlich, geradezu unmöglich, dass sich Werwölfe so weit in den Süden wagten, doch die Angst, dass ich es mit einem von ihnen zu tun haben könnte, blieb. So selbstverständlich bewegten sich nur wenige Menschen in der Natur.
Keuchend duckte ich mich unter einem tief hängenden Ast, schlitterte einen schlammigen Abhang hinunter, stolperte, kam wieder auf die Füße, hastete weiter und kam schließlich hinter einer mächtigen Felsformation zum Stehen. Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen, spürte mein Herz schmerzhaft gegen meinen Brustkorb hämmern und meine Lungen nach Luft ringen. Es war lange her, dass ich über eine weite Strecke so schnell hatte laufen müssen, dass es sich fast wie fliegen anfühlte. Ich stützte mich an den rauen Felsen ab und versuchte meine Atmung zu beruhigen. Nach und nach nahm ich wieder die Geräusche des Waldes wahr. Das leise Rauschen der Blätter, kaum hörbares Rascheln im Unterholz, der fröhliche Gesang einiger Amseln.
Nicht das geringste Zeichen deutete auf einen Eindringling hin und ich schloss erleichtert einen Moment die Augen. Offenbar hatte ich ihn tatsächlich abgeschüttelt, wenn auch knapp. Eine plötzliche Euphorie über die gelungene Flucht packte mich und ließ mich laut auflachen. Ich war ihm davongelaufen, bereits zum zweiten Mal und das trotz seiner scheinbaren Kenntnisse über dieses Gebiet.
Grinsend strich ich mir ein paar verklebte Haare aus der Stirn und ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Unterarm. Stirnrunzelnd senkte ich die Hand wieder und schob vorsichtig meinen Ärmel zurück. Als der grobe Stoff über die Wunde schabte, zischte ich leise und hielt den Atem an, ehe ich sie vollständig freilegte. Der Anblick des klaffenden Schnitts verscheuchte den Überschwang in mir. Das kam davon, wenn man sein Messer unbedingt im Ärmel aufbewahren musste.
Gewohnheitsmäßig sah ich mich gründlich nach allen Seiten um, entdeckte jedoch nichts Auffälliges. Dann legte ich meine andere Hand auf die Wunde und konzentrierte mich. Wenige Wimpernschläge später durchdrang das vertraute Kribbeln der Magie meinen Arm und ich betrachtete die nun glatte Haut lächelnd. Obwohl ich schon seit Jahren in der Lage war zu heilen, faszinierte mich diese Fähigkeit jedes Mal aufs Neue. Nicht zuletzt deshalb, weil ich es normalerweise tunlichst vermied, in irgendeiner Weise Magie zu verwenden.
Zufrieden zog ich den Ärmel meiner alten Lederjacke wieder an seinen ursprünglichen Platz und lauschte erneut, ob sich inzwischen etwas an der Umgebung geändert hatte.
»Störe ich?«
Ich wollte zur Seite springen, als die Stimme direkt hinter mir erklang, wurde jedoch von einem kräftigen Arm zurückgehalten, der sich um meine Taille schlang. Ehe ich vollständig verstand, was gerade geschah, hatte er bereits meine Arme ergriffen und so weit auf meinen Rücken gedreht, dass ich mich kaum rühren konnte.
»Nur ein wenig«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und versuchte, den glühenden Schmerz in meinen Schultern zu ignorieren. Ich musste nicht den Kopf drehen, um zu wissen, dass meine Flucht doch nicht so erfolgreich verlaufen war, wie ich angenommen hatte. Ich überlegte fieberhaft, wie lange er schon hier war. Hatte er am Ende gesehen, wie ich mich geheilt hatte? Ich betete, dass dem nicht so war, doch sicher sein konnte ich mir in diesem Moment nicht.
»Ich hätte mir wohl denken können, dass du diejenige bist, die uns seit einer Weile verfolgt. Für eine Diebin stellen Menschen wie Alexander wahrscheinlich sowohl sehr verlockende als auch einfache Opfer dar, dennoch war es … überraschend«, sagte er und zwang mich durch einen spürbaren Druck im Rücken vorwärtszugehen. »Unter anderen Umständen hätte ich dir das Geld durchaus gegönnt, aber ein Teil davon gehört mir und ich lasse mich ungern beklauen.«
Ich verdrehte die Augen angesichts seines kameradschaftlichen Tonfalls, der alles andere als angebracht war, wenn man bedachte, dass er mich gerade in einem äußerst unangenehmen Griff durch den Wald zerrte. Wenigstens schien er erst vor kurzem bei den Felsen angekommen zu sein. »Und was seid Ihr? Ein Auftragsmörder?«
»Knapp daneben.«
»Andernfalls wäre Euch vermutlich bewusst, dass ich weder dazu gekommen bin, Euch noch einen der anderen zu bestehlen. Ich sehe keinen Grund, warum Ihr mich nicht einfach gehen lasst.« Trotz der eindeutigen Lage gab ich mir alle Mühe, überzeugend zu wirken. Es war ja nicht einmal gelogen.
»Vielleicht, weil ich nicht sicher weiß, ob dem tatsächlich so ist und es lieber überprüfen will?«, raunte er dicht neben meinem Ohr. Sein Atem auf meiner Wange jagte mir Schauer über den Rücken und ich konnte sein Grinsen über diese Reaktion regelrecht spüren. »Wenn du dann so nett wärst, mir deinen Namen zu verraten.«
Nun konnte ich der Versuchung endgültig nicht mehr widerstehen und drehte leicht den Kopf, um ihm ins Gesicht zu sehen. Sein Blick bohrte sich drängend in meinen, bis ich spöttisch eine Augenbraue hob. »Warum sollte ich das tun?«
Eine hochgewachsene Wurzel ließ mich kurz straucheln, sodass ich unweigerlich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Boden vor mir richtete.
Er festigte seinen zuvor gelockerten Griff wieder, schien mir allein durch diese überlegene Position seinerseits klar machen zu wollen, dass ich ihn nicht verärgern sollte. »Weil ich mir sicher bin, dass du meinen inzwischen weißt.«
»Schlechter Grund«, entgegnete ich. Es war nicht so, dass es mich sonderlich stören würde, wenn er meinen Namen kannte, aber es ging ums Prinzip. Wenn ich in dieser Hinsicht nachgab, kam er mit etwas Pech auf die Idee, mir weitere – schlimmere – Fragen zu stellen und darauf zu beharren, dass ich antwortete.
Dimitri kam nicht mehr dazu, weiter über diesen Punkt zu diskutieren, als wir die Lichtung mit einem aufgebrachten Alexander, einem ratlosen Jasper und nicht zuletzt einer resignierten Anastasia erreichten.
»Wo habt Ihr die denn jetzt gefunden? Und was noch wichtiger ist: Warum habt Ihr sie hierher gebracht?« Bevor irgendjemand anderes die Gelegenheit hatte etwas zu sagen, ergriff Alexander genervt das Wort. Sein missbilligender Blick streifte mich nur kurz, um dann bei Dimitri zu landen. »Wo wart Ihr überhaupt? Ihr hättet uns Bescheid geben müssen, anstatt uns schutzlos zurückzulassen.«
»Die hätte Euch in aller Seelenruhe Euer gesamtes Vermögen abgenommen, während Ihr geschlafen habt. Ich habe sie rechtzeitig davon abgehalten.« Was er, seinem jetzigen Gesichtsausdruck zufolge, inzwischen bereute. »Doch da ich mir nicht sicher war, ob sie nicht möglicherweise zuvor schon unbemerkt Erfolg hatte, habe ich sie verfolgt und zurückgebracht.«
»Könntet Ihr demjenigen die Schultern ausrenken, der es auch verdient?«, murmelte ich angespannt, jedoch so leise, dass die Geschwister mich nicht hören konnten.
Mein Peiniger sah mich einen Moment weiterhin finster an, ehe er mich zu meiner Überraschung tatsächlich losließ. »Komm bloß nicht auf die Idee, abzuhauen. Und leer deine Taschen aus.«
Er ließ sie nicht aus den Augen, während sie nach anfänglichem Zögern langsam ihre wenigen Besitztümer aus den Taschen ihrer Jacke holte. Nach einigen kleinen Äpfeln und den Münzen, die sie wohl der Frau auf dem Marktplatz gestohlen hatte, kam ein schmales Schnitzmesser zum Vorschein. Im selben Moment, als sie es betont ruhig zu Boden legte, schalt er sich selbst einen Narren, sie nicht zuvor entwaffnet zu haben. Wenn er Pech hatte, würde sie in einem unbeobachteten Moment mit etwas weitaus Gefährlicherem angreifen. Dass sie nicht nur das Messer bei sich haben konnte, war offensichtlich.
Es ärgerte ihn, dass sie sich so beharrlich weigerte, ihm ihren Namen zu verraten. Noch mehr ärgerte er sich, dass er sich dadurch hatte ablenken lassen. Normalerweise war er nie so nachlässig, aber ihr widerspenstiges Verhalten trug auch nicht zur Besserung seiner Laune bei. »Ausziehen.«
»Was?!« Ihr ungläubiger Blick war bereits Gold wert, doch die Unsicherheit in ihrer Stimme brachte ihm endgültige Genugtuung. So tapfer wie sie vorgab, war sie dann wohl doch nicht. Seine Forderung wäre nicht einmal nötig gewesen, er hätte sie auch einfach laufen lassen können. Es war schon zu Beginn klar, dass sie weder heute noch an einem anderen Tag die Gelegenheit gehabt hatte, irgendjemanden auf dieser Lichtung zu bestehlen. Aber spätestens mit ihren unverschämten Antworten, sofern sie diese überhaupt gab, hatte sie sich die Gelegenheit verspielt, problemlos zu verschwinden. Stattdessen würde sie sich damit arrangieren müssen, dass er alles daransetzen würde, ihr diese Begegnung so unangenehm wie möglich zu machen – zumindest bis zu einer bestimmten Grenze.
»Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir abkaufe, dass das alles war, oder? Ich könnte dich natürlich auch durchsuchen, wenn dir das lieber ist«, beantwortete er kühl ihre Frage. Dieses Zugeständnis schien sie nicht angenehmer zu finden und sah hilfesuchend zu Anastasia. In ihren Augen müsste die andere Frau verhindern, dass Dimitri sein Vorhaben umsetzen konnte, doch diese zuckte entschuldigend mit den Schultern und wandte sich dann ab. Sie war vielleicht nicht sonderlich begeistert von seinem Vorgehen, billigte es aber angesichts der Möglichkeit, dass das Mädchen sie bestohlen haben könnte.
Als die junge Diebin noch immer keine Anstalten machte, seiner Aufforderung nachzukommen, trat er einen Schritt auf sie zu und beobachtete amüsiert, wie sie zusammenzuckte und zurückwich. »Also?«
Sie kämpfte offenkundig gegen den Drang an wegzulaufen und damit unweigerlich noch mehr Ärger zu provozieren. Dimitri bereitete sich darauf vor, ihr notfalls zu folgen, als sie überraschenderweise den Kopf hob und eisern seinen Blick erwiderte. Ohne ihre Augen von seinen zu lösen, öffnete sie ihre Jacke und zog sie mit einer anmutigen Bewegung aus. Fast schon trotzig ließ sie sie zu Boden fallen, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte und fragend den Kopf schief legte. »Zufrieden?«
»Nun, eigentlich hatte ich mich nicht nur auf deine Jacke bezogen …«
»Dimitri, ich denke das reicht jetzt. Sie hat ihre Lektion gelernt«, warf Jasper ein. Augenblicklich huschte ihr Blick hoffnungsvoll zu dem jungen Mann, dem die gesamte Situation zu missfallen schien. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder, der ihn spöttisch musterte.
»Du hast doch wohl nicht Mitleid mit ihr.«
»Ich wüsste nicht, was dagegen spricht«, verteidigte sich Jasper. Alexander erwiderte irgendetwas darauf, doch Dimitri achtete nicht mehr auf die beiden. Etwas anderes, ganz Entscheidendes hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen und er begann zu ahnen, dass das Mädchen vor ihm mehr verbarg als einige Waffen und Diebesgut. Ohne ihr Zeit zum Reagieren zu geben, packte er grob ihren Arm, der nur noch bis zum Ellenbogen von ihrem Hemd verdeckt wurde.
»Wer zur Hölle bist du? Oder sollte ich eher fragen: Was?«
Sie zuckte angesichts seines scharfen Tonfalls zurück, versuchte sich loszureißen und erreichte damit das genaue Gegenteil ihres Vorhabens. In ihren Augen spiegelte sich für einen Moment Angst, ehe Unsicherheit diese ablöste. »Könntet Ihr Euch bitte etwas klarer ausdrücken? Ich verstehe weder, was Ihr von mir wollt, noch, warum Ihr mir den Unterarm halb zerquetschen müsst.«
»Oh, das sehe ich aber anders. Du weißt sogar ganz genau, was ich meine«, grollte Dimitri und musterte das Mädchen erneut. Hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen, würde er ihr diese Unschuldsnummer sogar abkaufen. Fehlte nur noch, dass sie in Tränen ausbrach. »Falls du aber eine andere Erklärung hast, warum von dem fingerbreiten Schnitt, den ich eben noch auf deinem Arm gesehen habe, nicht einmal mehr eine Narbe zu erkennen ist, nur zu. Erleuchte mich.«
Sie wich seinem forschenden Blick aus und starrte auf den Boden. Bevor sie irgendetwas zu ihrer Verteidigung sagen konnte, schaltete sich Jasper ein. Er schenkte dem unversehrten Arm der jungen Diebin nur kurz seine Aufmerksamkeit, ehe er sich stirnrunzelnd an Dimitri wandte.
»Darf ich fragen, welche Erklärung Ihr dafür habt? Ohne Euch beleidigen zu wollen, muss ich anmerken, dass Ihr Euch vermutlich getäuscht habt. Es ist nicht möglich, dass eine Wunde so schnell heilt.«
»Eben, wollte ich auch gerade sagen«, murmelte das Mädchen. »Wahrscheinlich hat Euch kurz die Sonne geblendet oder Ihr habt es Euch eingebildet. Jedenfalls kann ich mir …«
»Unsinn, ich weiß, was ich gesehen habe«, unterbrach er sie schroff. »Und es ist durchaus möglich, dass eine Wunde so schnell heilt, nur nicht auf natürlichem Wege. Es gibt genug magische Wesen, die dazu in der Lage sind.« Er ahnte, dass Jasper seinen Worten nicht glauben würde. Dafür war der junge Mann zu sehr auf das logische Denken fixiert, ganz davon abgesehen, dass er übernatürliche Lebewesen bestenfalls aus Legenden, vermutlich aber überhaupt nicht kannte. Wenigstens schien Alexander nicht mehr sonderlich an dem Geschehen interessiert zu sein und würde keinen dämlichen Kommentar abgeben. Und auch auf die Gefahr hin, dass er sich getäuscht haben konnte – was mehr als unwahrscheinlich war –, ging Dimitri im Kopf das Wenige, was er über die Geschöpfe der Nacht wusste, durch. Viele Möglichkeiten gab es nicht. Vampire oder Werwölfe, deren Wunden seines Wissens nach ungewöhnlich schnell verheilten, wären entweder schon längst über alle Berge oder hätten ihn gleich umgebracht.
»Ich hätte ja auf eine Fee getippt, aber wenn die Legenden in diesem Punkt stimmen, bist du dafür definitiv zu kratzbürstig, vorlaut und unfreundlich. Zumal schon die Tatsache, dass Feen wohl kaum stehlen würden, diese Variante ausscheiden lässt. Bleibt also nur das genaue Gegenteil«, erklärte er und wartete lauernd auf eine Reaktion seines Gegenübers.
»Ihr wollt mir nicht ernsthaft weismachen, dass Ihr an diese alten Schauergeschichten glaubt, oder?« Sie lachte leise, verstummte aber gleich darauf.
»Doch, genau das will ich. Seit ich zwar eine kurze, aber dafür sehr einprägsame Begegnung mit einem Werwolf hatte, war ich mehr oder weniger dazu gezwungen«, erwiderte er mit einem zynischen Lächeln. Er hielt sie noch immer unerbittlich fest, verhinderte, dass sie sich losreißen und weglaufen konnte. Vielleicht wäre es das Beste sie einfach gehen zu lassen, doch diese Möglichkeit hatte er schon in dem Moment vertan, als er ihr in den Wald gefolgt war.
Dieses Mädchen steckte voller Geheimnisse und aus irgendeinem Grund reizte es ihn ungemein, diese zu ergründen. Nicht zuletzt die unerklärliche Heilung war für seine Faszination verantwortlich, doch da war noch etwas. Er hatte in seinem Leben schon viele Geschichten gehört, Legenden über die düsteren Wälder im Norden und deren Bewohner, die abends am Lagerfeuer erzählt wurden. Brach die Dunkelheit erst einmal herein, sah sich jeder unbehaglich um, doch am nächsten Morgen lachte man darüber, auch nur für einen Moment an diese Märchen geglaubt zu haben. Dimitri hatte den Erzählungen immer interessiert gelauscht, sie jedoch nie wirklich für wahr gehalten – bis er sich selbst zu tief in eben jene Wälder gewagt hatte und erkennen musste, dass die Warnungen, dies nicht zu tun, durchaus berechtigt waren. Sollte sich seine Vermutung bestätigen, barg die junge Diebin eine große Gefahr, doch gleichzeitig auch Antworten auf seine unzähligen Fragen.
»Der sie erlöst von diesem Band müssen sie dienen mit aller Hand …«, murmelte er leise.
»Was?« Jasper unterbrach seine offensichtlichen Überlegungen, ob Dimitri sich gerade einen dummen Scherz erlaubte und sah ihn fragend an.
»Das ist eine Zeile aus einer Legende, die sich die Menschen außerhalb der großen Städte erzählen. Es gibt sie in unzähligen Versionen, aber dieser Teil ist mir im Gedächtnis geblieben.« Dimitri betrachtete das Mädchen vor sich nachdenklich. Sie war, soweit er das einschätzte, ungewöhnlich still für ihre Verhältnisse geworden. Anstatt darüber zu spotten, dass diese Geschichten bereits seit Jahrhunderten erzählt wurden, aber eher dazu dienten, Kinder dazu zu bringen, brav zu sein, oder sich in langen Wintern die Zeit zu vertreiben, starrte sie ununterbrochen zu Boden und schwieg.
»Warum tut Ihr das?« Nach einer scheinbaren Ewigkeit hob sie wieder den Blick, doch von der vorigen Unbeschwertheit war ihrem Tonfall nichts mehr anzumerken.
»Was?«
»Das wisst Ihr ganz genau, also fragt nicht so blöd«, zischte sie. »Ihr beschuldigt mich, eine Hexe zu sein und wenn Ihr schon diese Legenden kennt, dürfte Euch auch klar sein, was mit den Frauen, auf die dieser Verdacht fällt, geschieht. Also warum macht Ihr das? Was habe ich Euch getan, dass Ihr mich unbedingt brennen sehen wollt?«
Er schwieg einen Moment. »Du hast mir deinen Namen nicht gesagt.«
»Das …«, setzte sie an.
»Außerdem habe ich dich nicht als Hexe angeklagt, das Wort hast du als Erste in den Mund genommen. Und wer hat überhaupt gesagt, dass ich dich auf den Scheiterhaufen bringen will?« Er beobachtete, wie sie sich offenkundig selbst dafür verfluchte, dieses Thema angesprochen zu haben. Natürlich hatte sie nicht unrecht mit ihrer Anschuldigung, er hielt sie schließlich tatsächlich für eine Hexe. Dennoch wäre es aus ihrer Sicht vermutlich klüger gewesen, über etwas anderes zu sprechen und zu hoffen, dass er ihr nur einen gehörigen Schrecken einjagen wollte. Die Frage war nur, warum sie, sofern sie wirklich eine Hexe war, nicht ihre Kräfte einsetzte, um zu verschwinden.
»Ich bitte dich, Dimitri, lass sie endlich in Frieden. Du hattest deinen Spaß und wir sollten allmählich aufbrechen«, schaltete sich Anastasia ein. Sie hatte sich unbemerkt wieder der Dreiergruppe genähert und sah abwechselnd zwischen ihrem Bruder, Dimitri und der jungen Frau hin und her. Es irritierte Dimitri noch immer, dass sie in den letzten Tagen dazu übergegangen war, ihn zu duzen, doch das brachte ihn trotzdem nicht dazu, sein eigentliches Vorhaben zu vergessen.
»Ich lasse sie in Ruhe, wann ich es will und das könnte noch eine Weile dauern. Außerdem haben wir es nicht sonderlich eilig, die nächste Stadt sollte nicht viel mehr als ein paar Stunden von hier entfernt sein«, antwortete er abweisend, ehe er sich wieder seiner Gefangenen zuwandte. »Es würde mich interessieren, wie viel Wahres an dieser Legende dran ist.«
»Woher soll ich das wissen? Mich betrifft sie schließlich nicht«, erwiderte sie. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er beinahe annehmen, dass sie zu ihrem ursprünglichen Selbstbewusstsein zurückgefunden hatte. Doch dieser Eindruck täuschte. Sie versuchte damit, ihre Angst zu überspielen und so gut wie ihr das gelang, war sie nicht das erste Mal in einer solchen Situation.
»Bist du dir da sicher?« Er zog sie etwas näher zu sich und schmunzelte, als sie sofort wieder versuchte, Abstand zu gewinnen. Durch die Bewegung verrutschte ihr Hemd ein Stück, sodass er zwischen dem ausgeblichenen Stoff ihr Schlüsselbein sah. Somit war es Zufall, dass Dimitri überhaupt auf das schmale Band an eben jener Stelle aufmerksam wurde und leicht mit den Fingern die Narbe, die sich von einer Schulter zur anderen zog, nachfuhr. Er spürte, wie sich das Mädchen bei seiner Berührung versteifte und fragte sich, woher die Narbe stammte. Sie war zu gleichmäßig, um zufällig entstanden zu sein.
Ich versuchte ein Zittern zu unterdrücken, als ich seine rauen Finger auf meinem Schlüsselbein spürte. Die Berührung selbst war kaum wahrnehmbar und doch löste sie etwas in mir aus, von dem ich selbst nicht sagen konnte, ob ich es genießen oder doch schreiend wegrennen sollte. Mein Verstand entschied sich kurzerhand für die zweite Variante, dennoch rührte ich mich nicht. Von meiner linken Schulter breitete sich ein leichtes Kribbeln in mir aus, schien mich zu lähmen und erinnerte mich zugleich stark an das Gefühl, Magie zu benutzen. Beinahe gegen meinen Willen hob ich wieder den Blick und traf auf forschende Augen nur eine Handbreit von meinen entfernt. Fasziniert versank ich in dem von dunklen Splittern durchsetzten Eisgrau, während die Zeit stillzustehen schien. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals solch fesselnde Augen gesehen zu haben.
»Das ist nicht möglich …« Jaspers ungläubige Stimme riss mich aus meiner Erstarrung. Ich blinzelte verwirrt, verstand nicht, was gerade geschehen war. Wie konnte es sein, dass ich plötzlich nicht mehr Herr über meinen eigenen Körper war, meinen Blick nicht von Dimitris lösen konnte? Ein solches Verhalten war mir bis jetzt nur aufgefallen, wenn jemand verflucht wurde, doch niemand hier wäre dazu in der Lage. Außer …
»Nein.« Ich stolperte mit weit aufgerissenen Augen zurück, bemerkte erst jetzt, dass Dimitri mich vor Überraschung losgelassen hatte. »Nein, das darf nicht wahr sein.«
»Die Legende betrifft dich also nicht, mhm?« Er hatte die seltsame Erstarrung ebenfalls abgeschüttelt und betrachtete interessiert die schmale Kette aus winzigen, mattschwarzen Edelsteinen in seiner Hand. Sie war nicht sonderlich lang oder auffällig, im Gegenteil. Man hatte den Eindruck, als würde das filigrane Schmuckstück bei der kleinsten Belastung reißen und in unzählige Teile zerspringen.
Ihr Anblick ließ mich zum zweiten Mal erstarren, doch diesmal trug der Schock daran schuld. Ich hatte mir selbst geschworen, diese Kette niemals sehen zu müssen – nur deshalb war ich ununterbrochen auf der Flucht gewesen. Kein Tag verging, an dem ich mir keine Sorgen machte, an dem ich nicht überlegte, wie ich meine Identität mein Leben lang geheim halten sollte und was ich tun würde, wenn ich jemandem begegnete, der mich kannte. Ich hatte meine Familie verlassen, auf der Straße gelebt und es nicht gewagt, irgendwelche Freundschaften zu schließen, alles nur um diesen einen Moment zu verhindern. Und nun hatte ein dummer Zufall meine unzähligen Pläne und Vorbereitungen zunichtegemacht – vielleicht war es auch meine eigene, vollkommen unangebrachte Waghalsigkeit. Doch das Wie und Warum zählte in diesem Moment nicht. Der Fluch hatte in mir geschlummert und war in dem Augenblick ausgebrochen, in dem Dimitri die Narbe berührt hatte. Die Kette hatte sich manifestiert und mich beherrschte die Angst vor dem, was ich jahrelang zu vermeiden geschafft hatte.
Die Erkenntnis, was geschehen war und was noch geschehen würde, erreichte mich innerhalb eines Wimpernschlags. Instinktiv warf ich alle Bedenken über Bord und griff den Mann an, der dabei war, mein Leben zu zerstören. Irgendwann in den letzten Momenten hatte er mir den Rücken zugedreht, wirbelte jedoch im gleichen Augenblick herum, als ich ihn erreichte. Bevor ich reagieren konnte, packte er mich an der rechten Schulter und schleuderte mich mit Unterstützung meines eigenen Schwungs zur Seite. Ein stechender Schmerz breitete sich wellenartig über meinen Körper aus, als ich mit der Hüfte direkt auf einer Wurzel aufkam. Ich atmete zischend ein, während ich mich wieder aufrichtete. Ich hätte darauf gefasst sein müssen, dass Dimitri auch in dieser Situation hervorragende Reflexe bewies, dennoch kam es überraschend. Es kam selten vor, dass ich dazu gezwungen war zu kämpfen, doch noch seltener war es, dass mir dabei ein erfahrener Gegner gegenüberstand.
Unter anderen Umständen hätte ich akzeptiert, dass ich die Unterlegene war und wäre längst auf und davon gewesen. Doch die aufsteigende Panik in mir hinderte mich daran. Ich wusste nicht, ob Dimitri auch nur ahnte, was er da gerade in der Hand hielt, aber ich wollte auch nicht so lange warten, bis er es begriffen hatte. In der Hoffnung, ihn damit so weit zu verunsichern, dass ich eine reelle Chance hatte, entfachte ich einen kleinen Feuerball in meiner Hand und ließ ihn beständig anschwellen. Gleichzeitig näherte ich mich Dimitri wieder mit schnellen Schritten, hatte ihn fast erreicht und wollte den Feuerball auf ihn schleudern.
»Halt!«
Der Befehl kam so plötzlich, dass ich beinahe über meine eigenen Füße gestolpert wäre. Fluchend versuchte ich mein Gleichgewicht wieder zu finden und wollte im selben Moment weiterlaufen. Wieso hatte ich überhaupt auf ihn gehört und angehalten? Während ich mir die Frage stellte, musste ich entsetzt feststellen, dass meine Reaktion nicht nur aus Überraschung erfolgt war. Im Gegenteil, sosehr ich mich auch anstrengte, mein Körper rührte sich nicht. Die Feuerkugel in meiner Hand war erloschen.
»Na das ist doch mal was.« Dimitri beobachtete mich einen Moment lang und überbrückte schließlich selbst den Abstand zwischen uns. »Du wirst niemals etwas tun, was mir in irgendeiner denkbaren Weise direkt oder indirekt schaden könnte und«, er sah mir tief in die Augen, »jetzt verrätst du mir endlich deinen Namen!«
Ich biss mit aller Macht die Zähne zusammen, um zu verhindern, dass auch nur ein einziger Ton meine Lippen verließ, doch mein freier Wille schien mir auch in dieser Hinsicht vollständig abhandengekommen zu sein. »Katelyn.«
»Katelyn«, wiederholte er schmunzelnd. »Schöner Name, auch wenn ich nicht verstehe, warum du ihn unbedingt geheim halten wolltest.«
»Wenn wir schon beim Nichtverstehen sind: Könnte mir irgendjemand erklären, was das alles zu bedeuten hat? Erst starrt ihr euch gegenseitig an, dann hast du urplötzlich diese seltsame Kette in der Hand, woraufhin sie dich angreift und einen verdammten Feuerball festhält, bis du schlicht ›Halt!‹ sagst und sie aufhört«, sagte Anastasia sichtlich irritiert und sah Dimitri hilfesuchend an.
Der dunkelhaarige Krieger warf ihr nur einen kurzen Blick zu, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder auf mich richtete. »Wie ich schon sagte, es gibt übernatürliche Wesen. Und selbst jemand, der noch nie mit diesen in Berührung gekommen ist, sollte erkennen, dass Katelyn eine Hexe ist.«
So offensichtlich war das nun auch wieder nicht. Anastasia schien unzufrieden mit der knappen Erklärung sein. Sie runzelte nachdenklich die Stirn, doch bevor sie weitere Fragen stellen konnte, ergriff ich die letzte Chance, die ich sah, um aus diesem Schlamassel zu entkommen.
»Gut, ich gebe es zu. Ihr hattet von Anfang an recht. Ich bin eine Hexe, aber es ist doch wohl verständlich, dass ich das niemandem unter die Nase reiben will. Immerhin gibt es mehr als genug Leute, die mich lieber früher als später auf dem Scheiterhaufen sehen würden. Und soweit ich weiß, machen die auch mit jedem, der irgendetwas mit Hexen zu tun hat, kurzen Prozess. Es wäre also das Beste für alle Beteiligten, wenn wir die ganze Sache einfach vergessen und Ihr mich gehen lasst«, argumentierte ich mit einem, wie ich hoffte, überzeugenden Lächeln. Das Gefühl, mich diesmal nicht so leicht aus einer denkbar ungünstigen Situation befreien zu können, nahm beständig zu, doch ich verdrängte es erfolgreich. Wenn ich überhaupt eine Chance haben wollte, durfte ich es mir nicht leisten zu zweifeln.
Dennoch huschte mein Blick unwillkürlich zu der schmalen Kette, die Dimitri locker in der Hand hielt. Trotz ihres vermeintlich hübschen Aussehens empfand ich sie eher als Fessel denn als Schmuckstück. Obwohl mir die Wirkung des Fluchs mehr als bekannt war, hatte ich nie wirklich glauben, mir nicht annähernd vorstellen können, wie es sich anfühlte, keine Kontrolle mehr über meinen Körper zu besitzen. Ich versuchte unauffällig abzuwägen, ob es sich lohnte, erneut auf den Überraschungseffekt zu hoffen und mir die Kette mit Gewalt zurückzuholen, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Wahrscheinlich würde ich die Handlung nicht einmal ausführen können, da ich damit Dimitri schaden würde. Ohne diesen Befehl hätte ich ihn im größten Notfall wenigstens töten oder zumindest stark genug verletzen können, auch wenn mir derartige Taten widerstrebten. Warum muss dieser Kerl zu allem Überfluss auch noch intelligent sein?
»Für dich wäre es vermutlich wirklich das Beste, aber ehrlich gesagt wüsste ich nicht, was es mir bringen würde, dich freizulassen. Ganz im Gegenteil, ich glaube es ist außerordentlich von Vorteil, die Kontrolle über eine Hexe zu haben«, erwiderte er und hob eine Augenbraue. »Besonders wenn sie versucht, einen umzubringen.«
Ich hätte ihm sagen können, dass ich nie vorhatte ihn zu töten – jedenfalls bis zu dem Moment, in dem er beschlossen hatte, mich nicht gehen zu lassen. Aber ich bezweifelte, dass das etwas nützen würde.
»Ganz meine Meinung. Unsere Reise wird dadurch deutlich angenehmer verlaufen als bisher«, mischte sich Alexander ein. Er schien im Gegensatz zu seinen Geschwistern kein Problem damit zu haben, zu akzeptieren, dass es übernatürliche Wesen gab und eines davon direkt vor ihnen stand. Seine Aussage ließ mich innerlich aufseufzen. Wenn das Ganze so ablaufen würde, wie er es sich erhoffte, konnte ich mich gleich den Hexenjägern ausliefern.
Er baute sich vor mir auf und musterte mich abschätzend. »Setz den Baum dahinten in Brand!«
Ich verdrehte die Augen und spielte mit dem Gedanken, das überheblichen Ekel mit irgendeinem unangenehmen Fluch zu belegen. Ihm konnte ich schließlich noch schaden. »Lasst mich überlegen – nein.«
Ich wusste nicht, was ihn mehr aus dem Konzept brachte. Meine Antwort oder die Tatsache, dass ich keine Anstalten machte, seinen Befehl zu befolgen. Offensichtlich hatte er etwas anderes erwartet und lief in Folge meiner Weigerung hochrot an und stampfte wütend mit dem Fuß auf. Für einen Moment schien er darüber nachzudenken, auf mich loszugehen. Dann erwiderte er meinen Blick, überlegte es sich offenbar anders und wandte sich stattdessen an Dimitri.
»Warum tut die elende Hexe nicht das, was ich ihr sage?«
»Ich wäre an Eurer Stelle vorsichtig damit, sie zu beleidigen. Es ist nicht unbedingt klug, sich jemanden wie sie zum Feind zu machen«, antwortete Dimitri. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er es mehr als begrüßen würde, wenn ich Alexander tatsächlich verfluchen würde. »Und Ihr könnt es aufgeben, Katelyn Befehle geben zu wollen. Der Einzige, auf den sie gezwungenermaßen hören muss, bin ich.«
»Warum muss sie das überhaupt? Dass das irgendetwas mit dieser Kette zu tun hat, ist mir klar, aber ich verstehe die Hintergründe nicht.« Jasper wirkte noch immer ratlos, hatte sich wohl aber damit abgefunden, dass er keine logische Erklärung für meine Existenz finden würde.
»Der Legende nach gibt es einen Fluch, der von Geburt an auf allen Hexen liegt. Das, was ich anfangs für eine Narbe gehalten habe, war in Wirklichkeit diese Kette. Man könnte sagen, die Manifestierung des Fluchs, und sie gibt mir das Recht, über Katelyn zu bestimmen. Sobald ich sie nicht mehr besitze, habe ich keine Kontrolle mehr über dich, richtig?« Er sah mich bei dem letzten Satz fragend an, bis ich zögernd nickte.
»Ja. Und Ihr solltet wissen, dass ich nur auf eine passende Gelegenheit warten werde, um mir die Kette zurückzuholen. Ich werde Euch auf dieser Reise eher behindern als Euch helfen. Ihr solltet mich gehen lassen, glaubt mir, es wäre besser für Euch.« Er ahnte nicht einmal, wie ernst ich diese Warnung meinte. Vielleicht konnte er mir befehlen, was immer er wollte, doch es war meine Sache, wie ich diese Befehle interpretierte. Wenn ich Glück hatte, würde er irgendetwas nicht völlig Eindeutiges sagen, das mir die Gelegenheit gab, mein Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen. Und diesmal würde ich keine Rücksicht auf andere nehmen.
Dimitri quittierte meine wiederholte Aufforderung, mich freizulassen, mit einer ärgerlichen Handbewegung und ließ das verhängnisvolle Schmuckstück in einer seiner Taschen verschwinden. »Stell dir vor, das ist mir bewusst. Aber da ich nicht vorhabe, dir eine solche Gelegenheit zu geben, wirst du dich damit abfinden müssen, meine Gesellschaft eine Weile zu ertragen.«
Stellte sich nur die Frage, wie lange ›eine Weile‹ nach seiner Definition war.
Mit dem dringenden Gefühl, widersprechen zu wollen, aber dem Bewusstsein, nur auf taube Ohren zu stoßen blieb ich zurück, während Dimitri den Geschwistern bedeutete, ihm in Richtung der nächsten Stadt zu folgen. Seine abrupte Art, die Diskussion für beendet zu erklären, irritierte mich, hatte er doch vorhin noch gesagt, dass der Aufbruch keine Eile hatte. Unschlüssig legte ich den Kopf in den Nacken und suchte den Himmel nach Anzeichen für ein drohendes Unwetter ab. Es erschien mir als einzige logische Erklärung, doch nirgends war auch nur ein winziger Wolkenfetzen zu sehen.
Stirnrunzelnd richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die kleine Reisegruppe, die bereits mehrere hundert Schritt entfernt war. Anastasia drehte sich hin und wieder um und überlegte offensichtlich, warum ich ihnen nicht folgte. Ich dachte kurz darüber nach, freiwillig mitzukommen, schob den Gedanken dann schulterzuckend beiseite und wandte mich in die entgegengesetzte Richtung. Dimitri wollte mich unbedingt mitschleppen? Gut, dann würde ich ihm eben zeigen, dass das nicht so leicht war, wie er dachte.
»Katelyn!«
Für einen winzigen Augenblick stoppte ich meine Schritte, ehe ich grinsend weiterlief. Er würde sich schon etwas deutlicher ausdrücken müssen.
»Komm her, verdammt noch mal!«, brüllte Dimitri.
Widerwillig machte ich kehrt und näherte mich so langsam wie nur möglich meiner persönlichen Form der Hölle.
»Ich hasse Euch.« Missmutig stapfte ich durch den aufgeweichten Boden und gab mir alle Mühe, nicht auf dem glitschigen Morast auszurutschen. Seit einer guten Stunde trommelte der Regen beständig auf uns hinab und durchnässte mich bis auf die Haut. In meinen Stiefeln schwamm das Wasser, schwappte bei jedem Schritt hin und her und ließ mich unbehaglich eine Grimasse ziehen. Ich hatte aufgehört zu versuchen, die kalten Tropfen daran zu hindern, in meinen Nacken zu rinnen. So zogen sie unaufhörlich ihre Spuren über meinen Rücken und ließen mich erschaudern. Das verdammte Unwetter war leider nicht so plötzlich verschwunden, wie es gekommen war und machte auch nicht den Eindruck, als würde es mir diesen Gefallen bis zum Einbruch der Dunkelheit tun wollen.
»Darf ich auch fragen, warum?« Dimitri grinste, als ich erneut nur mit Mühe verhindern konnte, nähere Bekanntschaft mit dem Schlamm zu machen. Nachdem ich ihm in meinem gewählten Tempo doch zu lange gebraucht hatte, hatte er mir kurzerhand befohlen, mich nicht weiter als drei Fuß von ihm zu entfernen. Somit hatte ich das unleidliche Vergnügen, mit seiner Geschwindigkeit Schritt halten zu müssen, während die drei restlichen Mitglieder der Gruppe deutlich langsamer hinterher trotteten.
»Wie wäre es damit, dass ich mich wegen Euch durch dieses Mistwetter quälen muss? Oder die Tatsache, dass Ihr Euch weigert mich freizulassen«, sagte ich und nieste. »Ihr seid schuld, wenn ich krank werde.«
»Ach komm, als ob du noch nie bei Regen draußen gewesen wärst. Das ist doch nur ein bisschen Wasser«, spottete er. Ohne auch nur kurz anzuhalten, sah er sich nach seinen Begleitern um und seufzte, als er bemerkte, dass sie noch weiter zurückgefallen waren. »Im Übrigen ist es deine Schuld, dass wir in das Unwetter geraten sind. Wenn du nicht so getrödelt hättest, wären wir schon lange angekommen.«
Dafür, dass es nur ein bisschen Wasser war, wollte er aber ziemlich schnell ins Trockene, dachte ich zynisch und strich mir zum wiederholten Mal eine klitschnasse Haarsträhne aus dem Gesicht. »Als ob. Ihr hättet mir außerdem ruhig sagen können, dass es bald wie aus Kübeln schütten würde, dann hätte ich mich schon beeilt.«
In der Hoffnung, vielleicht doch bald mit einem Ende der Tortur rechnen zu können, suchte ich erneut den Himmel nach einem Fleckchen Blau ab – und rutschte prompt aus, als ich das abfallende Gelände zu spät bemerkte. Gerade noch rechtzeitig hielt Dimitri mich fest und ich klammerte mich reflexartig an seinen Arm.
»Danke«, murmelte ich und machte mich los, nachdem ich mir sicher war, wieder einen festen Stand zu haben. »Ich hasse Euch trotzdem.«
»Ich weiß. Aber vielleicht könntest du deinen Hass weniger deutlich zeigen. Ich habe keine Lust, dass man uns vor den Stadttoren stehen lässt, weil du Probleme machst.«
Ich starrte stur auf den Boden, um zu verhindern, dass mir ein solches Missgeschick noch einmal passierte und bemerkte erst, dass Dimitri stehen geblieben war, als meine Beine sich weigerten weiterzugehen. Irritiert drehte ich mich wieder um und erkannte mit einem Anflug von Erleichterung, dass es einen berechtigten Grund gab, anzuhalten. In dem Tal unter uns erstreckte sich, so weit das Auge reichte, eine von mächtigen Mauern umgebene Stadt. Das, was ich durch den grauen Schleier des Regens erkennen konnte, sprach dafür, dass sie eine der wenigen freien Städte des Landes war und somit keinem Fürsten oder Herzog unterstand. Die Häuser waren zum größten Teil aus festen Ziegelsteinen erbaut, ihre Dächer waren im Gegensatz zu denen der Dörfer nicht mit Stroh, sondern mit Lehm gedeckt und machten auch sonst einen wohlhabenden Eindruck.