Der Fürst - Niccolò Machiavelli - E-Book

Der Fürst E-Book

Niccolò Machiavelli

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Beschreibung

»Ich muss leider zugeben, dass Machiavelli recht hat.« [Friedrich II.] Der Fürst (italienisch »Il Principe«) wurde um 1513 von Niccolò Machiavelli verfasst. Es gilt als sein Hauptwerk. Es geht in diesem politischen Werk Machiavellis um die Grundfrage: Wie kann man [d.i. der Herrscher, vulgo »Der Fürst«] in einer feindlichen politischen Umwelt erfolgreich sein, also Macht erwerben, sie erhalten und vergrößern? »Der Fürst« gilt als das erste Werk der modernen politischen Philosophie. Machiavelli wollte sich mit dieser Schrift, die er auch Lorenzo de' Medici widmete, bei den Medici, den Herrschenden, einschmeicheln, die ihn zuvor eingekerkert, gefoltert und ins Exil geschickt hatten. Gleichzeitig sah er Italien in Not; aufgerieben in Kleinstaaterei und umgeben von Feinden: Spanien, Frankreich und Deutschland, suchte er in diesem Werk eine Anleitung zur Bewältigung von politischen Krisen zu verfassen. »Wer glaubt, Machiavelli sage, Politik könne man nur mit Gift und Dolch, Lüge und Verbrechen machen, hat ihn gründlich missverstanden.« [Carlo Schmidt] Null Papier Verlag

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Niccolò Machiavelli

Der Fürst

Vom Erringen und Erhalten der Macht

Niccolò Machiavelli

Der Fürst

Vom Erringen und Erhalten der Macht

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]: Dr. Max OberbreyerÜbersetzung: J. Schulze, A. W. Rehberg 2. Auflage, ISBN 978-3-954185-52-8

null-papier.de/angebote

Inhaltsverzeichnis

Buch und Au­tor

Ein­lei­tung

Wid­mung

1. Ver­schie­de­ne Ar­ten der Herr­schaft, und Wege, zu ihr zu ge­lan­gen

2. Von den erb­li­chen Fürs­ten­tü­mern

3. Von ver­misch­ten Herr­schaf­ten

4. Wa­rum das Reich des Da­ri­us nach Alex­an­ders Tode ge­gen sei­ne Nach­fol­ger nicht auf­stand?

5. Wie Städ­te oder Fürs­ten­tü­mer zu be­han­deln sind, die vor der Erobe­rung ihre ei­ge­ne Ver­fas­sung hat­ten

6. Von neu­en Herr­schaf­ten, die durch ei­ge­ne Waf­fen und Tap­fer­keit er­run­gen wer­den

7. Von neu­en Fürs­ten­tü­mern, die durch frem­de Un­ter­stüt­zung und durch Glücks­fäl­le er­wor­ben wer­den

8. Von Den­je­ni­gen, wel­che durch Ver­bre­chen zur Herr­schaft ge­lan­gen

9. Vom Vol­ke über­tra­ge­ne Herr­schaft

10. Wie die Kräf­te der Fürs­ten­tü­mer zu schät­zen sind

11. Von geist­li­chen Fürs­ten­tü­mern

12. Von den ver­schie­de­nen Ar­ten der Trup­pen

13. Von Hilf­s­trup­pen

14. Was der Fürst im Kriegs­we­sen zu be­ob­ach­ten hat

15. Wo­durch die Fürs­ten Lob und Ta­del er­wer­ben

16. Von der Frei­ge­big­keit und dem Gei­ze

17. Von der Grau­sam­keit und Mil­de

18. In­wie­fern ein Fürst sein Wort hal­ten muss

19. Ver­ach­tung und Hass sind zu ver­mei­den

20. Ob Fes­tun­gen und an­de­re Si­cher­heits­an­stal­ten den Fürs­ten nütz­lich oder schäd­lich sind?

21. Wie ein Fürst sich zu be­tra­gen hat, um großen Ruhm zu er­wer­ben

22. Von den Mi­nis­tern

23. Schmeich­ler sind zu flie­hen

24. Wie die Fürs­ten Ita­li­ens ihre Herr­schaf­ten ver­lo­ren ha­ben

25. Wel­chen Ein­fluss das Glück auf die An­ge­le­gen­hei­ten der Men­schen hat

26. Auf­ruf, Ita­li­en von der Fremd­herr­schaft zu be­frei­en

Er­läu­te­run­gen

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

10.

11.

12.

15.

16.

17.

18.

19.

22.

23.

25.

26.

Ab­schluss

Dan­ke

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Der Vam­pir

Der selt­sa­me Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Der Idi­ot

Jane Eyre

Effi Briest

Ma­da­me Bo­va­ry

Ili­as & Odys­see

Ge­schich­te des Gil Blas von San­til­la­na

und wei­te­re …

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Buch und Autor

»Ich muss lei­der zu­ge­ben, dass Ma­chia­vel­li recht hat.« [Fried­rich II.]

✳✳✳

Der Fürst (ita­lie­nisch »Il Prin­ci­pe«) wur­de um 1513 von Nic­colò Ma­chia­vel­li ver­fasst. Es gilt als sein Haupt­werk.

Es geht in die­sem po­li­ti­schen Werk Ma­chia­vel­lis um die Grund­fra­ge: Wie kann man (d.i. der Herr­scher, vul­go »Der Fürst«) in ei­ner feind­li­chen po­li­ti­schen Um­welt er­folg­reich sein, also Macht er­wer­ben, sie er­hal­ten und ver­grö­ßern?

»Der Fürst« gilt als das ers­te Werk der mo­der­nen po­li­ti­schen Phi­lo­so­phie.

Ma­chia­vel­li woll­te sich mit die­ser Schrift, die er auch Lo­ren­zo de’ Me­di­ci wid­me­te, bei den Me­di­ci, den Herr­schen­den, ein­schmei­cheln, die ihn zu­vor ein­ge­ker­kert, ge­fol­tert und ins Exil ge­schickt hat­ten.

Gleich­zei­tig sah er Ita­li­en in Not; auf­ge­rie­ben in Klein­staa­te­rei und um­ge­ben von Fein­den: Spa­ni­en, Frank­reich und Deutsch­land, such­te er in die­sem Werk eine An­lei­tung zur Be­wäl­ti­gung von po­li­ti­schen Kri­sen zu ver­fas­sen.

✳✳✳

»Wer glaubt, Ma­chia­vel­li sage, Po­li­tik kön­ne man nur mit Gift und Dolch, Lüge und Ver­bre­chen ma­chen, hat ihn gründ­lich miss­ver­stan­den.« [Car­lo Schmidt]

Einleitung

Nie­mals hat eine po­li­ti­sche Schrift so ge­wal­ti­ges Auf­se­hen er­regt, und so viel ge­wirkt, als Mac­chia­vel­lis hoch­be­rühm­tes Buch vom Fürs­ten. Der Name des Ver­fas­sers ist durch die so­gar in Staats­schrif­ten als Kunst­aus­druck üb­li­che Be­nen­nung des Mac­chia­vel­lis­mus auch der großen Men­ge be­kannt ge­wor­den, die das Buch selbst nicht ge­le­sen hat. Aber un­ter den Gro­ßen und ih­ren Mi­nis­tern ha­ben sich vie­le da­nach ge­bil­det. Hier glaub­ten sie das, was sie in ein­zel­nen schlim­men Au­gen­bli­cken ge­tan, oder noch zu tun Lust hat­ten, durch zu­sam­men­hän­gen­de Grund­sät­ze ge­recht­fer­tigt zu fin­den. Die es so be­nutz­ten, mö­gen oft un­ge­hal­ten dar­über ge­wor­den sein, dass al­les, was sie sich, aber auch nur sich selbst, und als Aus­nah­me von der Re­gel er­lau­ben woll­ten, in all­ge­mei­nen Ma­xi­men öf­fent­lich auf­ge­stellt, und da­durch Ver­dacht ge­gen ihre Ab­sich­ten er­regt ward. Da­her ist es am lau­tes­ten von de­nen an­ge­klagt, die am meis­ten dar­aus ge­lernt hat­ten. An­de­re Le­ser sind durch den Wi­der­spruch, in wel­chem die­ser In­be­griff fürst­li­cher Weis­heit mit der ge­wöhn­li­chen Moral steht, zu dem Zwei­fel ver­an­lasst wor­den, ob das Buch wol im Erns­te ge­schrie­ben sei? Da sie die Be­wun­de­rung, wel­che der durch­drin­gen­de Beo­b­ach­tungs­geist und das tref­fen­de Ur­teil des Ver­fas­sers je­dem ab­nö­tigt, der po­li­ti­sche Ver­hält­nis­se zu be­ur­tei­len ver­mag, mit ih­rem Wi­der­wil­len ge­gen die fre­che Im­mo­ra­li­tät, zu wel­cher sei­ne Grund­sät­ze füh­ren, nicht zu ver­ei­ni­gen wuss­ten, so ha­ben sie ge­glaubt, Mac­chia­vel­li möge wol das voll­stän­di­ge Ge­mäl­de der Ty­ran­nei und der Mit­tel zu ihr zu ge­lan­gen, in der Ab­sicht ent­wor­fen ha­ben, um den Ty­ran­nen in der ver­ab­scheu­ungs­wür­digs­ten Ge­stalt dar­zu­stel­len.

Meh­re­re ita­lie­ni­sche Schrift­stel­ler ha­ben die­se Aus­le­gung sehr früh ge­macht, um dem Ge­schrei zu be­geg­nen, das sich bald nach der öf­fent­li­chen Be­kannt­ma­chung des Wer­kes er­hob. Die Ver­mu­tung er­hält ei­ni­gen An­schein durch den Wi­der­spruch, in wel­chem die Ge­sin­nun­gen, wel­che in die­sem Bu­che herr­schen, mit an­de­ren Schrif­ten des Ver­fas­sers zu ste­hen schei­nen, und der umso auf­fal­len­der ist, da das Buch vom Fürs­ten und die Be­trach­tun­gen über den Li­vi­us of­fen­bar nicht in ganz ver­schie­de­nen Pe­ri­oden sei­nes Le­bens ge­schrie­ben sind. Er be­zieht sich in je­der der­sel­ben auf die an­de­re, und hat sie also, we­nigs­tens spä­ter­hin, zu­gleich wie­der über­ar­bei­tet. Aber man kann die­ser Er­klä­rung durch­aus kei­nen Bei­fall ge­ben, so­bald man das Buch selbst un­be­fan­gen liest. Es ist mit sol­chem Erns­te ge­schrie­ben, mit sol­chem Nach­druck, und was noch mehr ist, es ent­hält auf je­der Sei­te so viel Wahr­heit, dass man das Gan­ze un­mög­lich für Iro­nie hal­ten kann. So tref­fen­de Leh­ren kön­nen nicht aus re­pu­bli­ka­ni­schem Has­se ge­gen die Ty­ran­nei ge­ge­ben sein, da­mit der Ty­rann ins Ver­ber­ben ren­ne: die­sen Zweck hät­ten sie si­cher­lich ver­fehlt! Wer den Ver­fas­ser aus der Ge­schich­te ken­nen ge­lernt hat, wird auch nicht durch die Er­klä­rung be­frie­digt, dass er hier die Na­tur­ge­schich­te der Ty­ran­nei ge­zeich­net habe, so wie er die Theo­rie der Re­pu­blik in den Dis­kur­sen über den Li­vi­us ab­han­delt. Mac­chia­vel­li war kein gleich­gül­ti­ger Zuschau­er und blo­ßer Beo­b­ach­ter der po­li­ti­schen Welt. In al­len sei­nen Schrif­ten herrscht ein prak­ti­scher Geist. Sei­ne Dis­kur­se be­wei­sen das leb­haf­tes­te In­ter­es­se an der Er­hal­tung und der Grö­ße ei­ner Re­pu­blik. Sie sind ganz im Tone ei­nes Man­nes ge­schrie­ben, der selbst dazu mit­wir­ken möch­te, sie zu er­rich­ten oder zu be­fes­ti­gen. Eben so kräf­ti­ge Ratschlä­ge für den, der sich auf der er­run­ge­nen Stel­le ei­nes Re­gen­ten er­hal­ten will, eben so nach­drück­li­che Emp­feh­lun­gen der wirk­sams­ten Mit­tel, eben so leb­haf­te Ver­ach­tung des Zweck­wid­ri­gen, fin­det man in dem Bu­che vom Fürs­ten.

Die Auf­lö­sung die­ses rät­sel­haf­ten Wi­der­spruchs ist in dem Zu­stan­de Ita­li­ens und in der Le­bens­ge­schich­te des Ver­fas­sers zu su­chen.1 Man ver­steht ja über­haupt kei­nen aus­ge­zeich­ne­ten Schrift­stel­ler voll­kom­men, wenn man nicht eine le­ben­di­ge Kennt­nis von sei­ner Na­ti­on und sei­nem Zeit­al­ter, und ein fei­ne­res Ge­fühl für ihre Art zu emp­fin­den, aus den ein­hei­mi­schen Ge­schicht­schrei­bern er­langt hat, wel­che selbst die Ge­sin­nun­gen ih­rer Na­ti­on tei­len, und nicht bloß die Hand­lun­gen der Men­schen, son­dern ihre Quel­le, die ei­gen­tüm­li­che Ge­müts­art, dar­stel­len. Aus sol­chen er­hält man eine ganz an­de­re Ein­sicht in den Zu­sam­men­hang der Be­ge­ben­hei­ten, als aus der ge­naues­ten und sorg­fäl­tigs­ten Er­zäh­lung ei­nes Frem­den.

Die ita­lie­ni­sche Na­ti­on zeich­net sich durch eine un­ge­mei­ne Leb­haf­tig­keit al­ler Emp­fin­dun­gen und Lei­den­schaf­ten aus, die ih­ren Ge­gen­stand mit dem Feu­er un­aus­lösch­li­cher Be­gier­de er­greift, und nie ab­lässt. So wie man von den Fran­zo­sen nicht ohne Grund sagt, dass sie aus al­lem Erns­te Scherz ma­chen, und da­durch so oft selbst ein Spiel ih­rer ei­ge­nen wit­zi­gen Lau­ne wer­den, so ma­chen die Ita­lie­ner aus al­lem Scher­ze Ernst. In al­len Hand­lun­gen der Fran­zo­sen er­scheint ein fei­nes und un­auf­hör­lich re­ges Ehr­ge­fühl als die herr­schen­de Trieb­fe­der. Die­ses zeigt sich in den schlech­tes­ten, wie in den vor­züg­lichs­ten In­di­vi­du­en der Na­ti­on, auf ver­schie­de­ne Art, aber im­mer gleich stark. Alle fran­zö­si­schen Rai­son­ne­ments über sitt­li­che Ge­gen­stän­de er­hal­ten da­durch eine ganz ei­ge­ne Far­be, und in der Ge­schich­te des Volks spielt es die Haup­trol­le. Aus der Ver­bin­dung die­ses äu­ßerst reiz­ba­ren Ehr­ge­fühls, und der sei­nen Beo­b­ach­tung al­ler Kon­ve­ni­en­zen des Au­gen­blicks, worin die Fran­zo­sen al­len an­de­ren so sehr über­le­gen sind, mit ih­rer lau­ni­gen Ge­müts­s­tim­mung, ent­springt eine Ver­sa­ti­li­tät, von der man in der Ge­schich­te der Ita­lie­ner kei­ne Spur fin­det. Die­sen kommt es im­mer auf die Sa­che an, die sie wol­len. Die bür­ger­li­chen Un­ru­hen, die ganz Ita­li­en so vie­le Jahr­hun­der­te lang zer­ris­sen ha­ben, wä­ren durch blo­ße Be­ge­ben­hei­ten und Zu­fäl­le nicht so lan­ge un­ter­hal­ten. Ihr Cha­rak­ter ist we­sent­lich ver­schie­den von dem Fak­ti­ons­geis­te 2 in der fran­zö­si­schen Ge­schich­te. Mit der Te­na­zi­tät3 der Ita­lie­ner ist eine tie­fe Ver­schmitzt­heit nahe ver­wandt, die mit der Falsch­heit ei­nes ver­sa­ti­len Men­schen, der sein Ver­gnü­gen dar­an fin­det, mit an­de­ren zu spie­len, und schon da­durch be­frie­digt wird, wenn er sie äfft, durch­aus kei­ne Ähn­lich­keit hat. Es ist be­kannt, dass nichts in der Welt mit der Po­li­tik des rö­mi­schen Ho­fes ver­gli­chen wer­den kann, und dass die geist­li­che Int­rigue, als ein zu­sam­men­hän­gen­des Sys­tem die Zwe­cke der Herrsch­sucht zu er­rei­chen, für das voll­kom­mens­te Er­zeug­nis des mensch­li­chen Geis­tes in sei­ner Art an­ge­se­hen wer­den muss. Dies Meis­ter­stück ei­nes fei­nen und dau­er­haf­ten Ge­we­bes konn­te nur in Ita­li­en zu Stan­de ge­bracht wer­den, und hat wie­der einen großen Ein­fluss auf die Den­kungs­art der ita­lie­ni­schen Staats­män­ner ge­habt, die ihre Auf­merk­sam­keit un­auf­hör­lich auf den päpst­li­chen Stuhl rich­ten muss­ten, wel­cher durch sei­ne Be­mü­hun­gen, die christ­li­che Kir­che zu be­herr­schen, zu­gleich mit in alle welt­li­chen Hän­del von Ita­li­en ver­wi­ckelt ward.

In die­sem gan­zen Lan­de ist von Al­ters her ein re­pu­bli­ka­ni­scher Geist ver­brei­tet ge­we­sen, und hat vie­le Jahr­hun­der­te lang einen un­auf­hör­li­chen Kampf mit der Herrsch­sucht ein­zel­ner Häup­ter ge­führt, die in den in­ne­ren Be­we­gun­gen übel ge­ord­ne­ter Ge­mein­den die Mit­tel fan­den, sich zu er­he­ben.

Un­ter der großen Zahl ita­lie­ni­scher Re­pu­bli­ken war al­lein Ve­ne­dig schon früh zu ei­ner fes­ten Ver­fas­sung und in­ne­ren Ruhe ge­langt. In al­len üb­ri­gen ver­folg­ten und ver­trie­ben ein­an­der Par­tei­en: eben so wie vor­mals in den grie­chi­schen Frei­staa­ten ein­zel­ne Ge­schlech­ter mit ih­rem An­hange, und Fak­tio­nen, von Op­ti­ma­ten, von Bür­gern, und von klei­nem Vol­ke, al­les un­ter ein­an­der kämpf­te, und sich wech­sels­wei­se aus­trieb. Sol­chem in­ne­ren Zwis­te war ganz vor­züg­lich das Va­ter­land des Mac­chia­vel­li un­ter­wor­fen; eine der stür­mischs­ten Re­pu­bli­ken, die je­mals exis­tiert ha­ben.

Die Ge­schich­te der letz­ten hun­dert Jah­re, wo Flo­renz als Frei­staat be­stand, von 1432 an, da Cos­mus der Gro­ße von Me­di­ci zu­rück­be­ru­fen ward und die Lei­tung al­ler öf­fent­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten er­griff, bis zu der end­li­chen Er­nen­nung ei­nes sei­ner Sei­ten­ver­wand­ten, Cos­mus des Ers­ten, zum Her­zog, im Jah­re 1536, ge­hört zu den in­ter­essan­tes­ten Par­ti­en der gan­zen Welt­ge­schich­te. Vor­züg­lich ist die letz­te Hälf­te die­ses Zeit­raums äu­ßerst lehr­reich, we­gen der man­nich­fal­ti­gen Ab­wech­se­lun­gen der Ver­fas­sung, die bei­na­he zu al­len Lehr­sät­zen der Po­li­tik Bei­spie­le wirk­li­cher Er­fah­rung bie­ten.4

Flo­renz war wäh­rend des fünf­zehn­ten Jahr­hun­derts durch das über­wie­gen­de An­se­hen zwei­er Män­ner aus dem Hau­se Me­di­ci be­ru­higt, und in die Zei­ten des letz­te­ren von ih­nen fiel Mac­chia­vel­lis Ju­gend. Cos­mus der Gro­ße und Lo­ren­zo, sein Groß­sohn, hat­ten als ein­fa­che Bür­ger die An­ge­le­gen­hei­ten ih­res Va­ter­lan­des ge­lei­tet, und großen Ein­fluss auf das Schick­sal von ganz Ita­li­en ge­habt. Mac­chia­vel­li kann­te den gan­zen Um­fang ih­rer Ta­len­te und Ver­diens­te: er re­det von ih­nen mit Wär­me und mit dem Wohl­ge­fal­len, wel­ches nie­mand, un­ge­ach­tet al­ler Ver­schie­den­heit der Grund­sät­ze und Ge­sin­nun­gen, Demje­ni­gen ver­sa­gen kann, durch wel­chen das Va­ter­land zu Ehre, Macht und Reich­tum ge­langt ist. Die Grö­ße des letz­ten von je­nen bei­den aus­ge­zeich­ne­ten Män­nern hat­te Mac­chia­vel­li selbst noch ge­se­hen. Er war et­was über zwan­zig Jah­re alt, als Lo­ren­zo von Me­di­ci starb, des­sen Tod all­ge­mein als die Epo­che an­ge­ge­ben wird, mit wel­cher die Zeit des Ge­nus­ses und des Ruhms auf­hör­te, und eine end­lo­se Rei­he von Un­glück und Elend be­gann, das der Ehr­geiz frem­der Mon­ar­chen, die un­ver­stän­di­ge und lei­den­schaft­li­che Herrsch­sucht ein­hei­mi­scher Gro­ßen, der un­bän­di­ge Geist küh­ner Aben­teu­rer und scham­lo­ser Em­por­kömm­lin­ge über Ita­li­en ge­bracht hat­ten, »Mit dem Tode Lo­ren­zos von Me­di­ci fing der Same des Übels an auf­zu­ge­hen, wo­durch, da nie­mand mehr leb­te, der ihn aus­zu­rot­ten ver­stand, Ita­li­en zu Grun­de ge­rich­tet ist, und noch im­mer­fort zu Grun­de ge­rich­tet wird.« Mit die­sen Wor­ten schließt Mac­chia­vel­li sei­ne flo­ren­ti­ni­sche Ge­schich­te. Guic­ciar­di­ni be­ginnt sei­ne Ge­schich­te von Ita­li­en mit der­sel­ben Be­mer­kung. Die Schrift­stel­ler al­ler Par­tei­en stim­men dar­in über­ein.

Nach des großen Man­nes Tode ward sein un­fä­hi­ger Sohn Pie­ro mit sei­nen vor­nehms­ten An­hän­gern ver­trie­ben. Acht­zehn Jah­re lang war Flo­renz ein Spiel re­pu­bli­ka­ni­scher Un­ru­hen. Die Re­pu­blik, die un­ter der Lei­tung des Lo­ren­zo auf die Ver­hält­nis­se der großen Mäch­te von Eu­ro­pa so großen, oft ent­schei­den­den Ein­fluss ge­habt hat­te, ward mit al­len üb­ri­gen ita­lie­ni­schen Staa­ten in den all­ge­mei­nen Stru­del hin­ein­ge­zo­gen, den der Ehr­geiz der fran­zö­si­schen Kö­ni­ge er­reg­te. Von den Hee­res­zü­gen Karl des Ach­ten und Lud­wig des Zwölf­ten ward ganz Ita­li­en wie von Mee­res­wel­len ver­schlun­gen. Wäh­rend die­ser Pe­ri­ode war Mac­chia­vel­li Staats­se­kre­tär der flo­ren­ti­ni­schen Re­pu­blik, und mehr als zwan­zig Mal Ge­sand­ter an großen und klei­nen Hö­fen, in den wich­tigs­ten An­ge­le­gen­hei­ten. Die­se Auf­trä­ge führ­ten ihn zu in­ti­men Ver­hält­nis­sen mit den mäch­tigs­ten Män­nern der Zeit: un­ter an­de­ren mit dem Pan­dol­fo Pe­truc­ci, der sich in Sie­na vom Füh­rer ei­ner Par­tei bis zum Ober­haup­te des Staats em­por­ge­schwun­gen hat­te, und den­sel­ben von 1487 bis an sei­nen Tod, 1512, un­ge­fähr durch Küns­te, wie sie Mac­chia­vel­li lehrt, fast un­um­schränkt be­herrsch­te. Die­ser Pe­truc­ci hat­te den An­fang sei­ner Grö­ße da­mit ge­macht, zwei der wich­tigs­ten Per­so­nen der Ge­gen­par­tei aus dem Wege zu räu­men, und ließ dar­auf sei­nen ei­ge­nen Schwie­ger­va­ter, den Gio­van­ni Bor­ghe­se, einen sehr an­ge­se­he­nen und we­gen sei­ner Ge­lehr­sam­keit be­rühm­ten Mann, des­sen Ein­fluss er fürch­te­te, eben­falls er­mor­den. Er hielt es sei­nem In­ter­es­se an­ge­mes­sen, sich mit den Flo­ren­ti­nern zu ver­bin­den, und über­ließ ih­nen Mon­te Pul­cia­no, über des­sen Be­sitz sie mit den Sie­ne­sern in einen al­ten Streit ver­wi­ckelt wa­ren. Bei der po­li­ti­schen Freund­schaft zwi­schen dem Pan­dol­fo und dem da­ma­li­gen Gon­fa­lo­nie­re Pie­ro So­der­ini, war Mac­chia­vel­li nicht al­lein der Mit­tels­mann, son­dern er un­ter­hielt auch selbst eine ge­naue Ver­bin­dung und freund­li­chen Brief­wech­sel mit dem Ty­ran­nen von Sie­na, wie der Ge­schicht­schrei­ber des­sel­ben5 aus­drück­lich be­merkt. Die Me­di­ci wur­den 1512 in Flo­renz wie­der ein­ge­führt. Gleich im ers­ten Jah­re ent­spann sich eine Ver­schwö­rung ge­gen sie, de­ren Häup­ter Ni­co­lo Va­lo­ri und Gio­van­ni Fol­chi, mit dem Le­ben büß­ten. Mac­chia­vel­li ge­riet als Teil­neh­mer in Un­ter­su­chung, ward ge­fol­tert und ver­bannt, bald dar­auf aber von der Fa­mi­lie, wel­che die Ober­hand be­hal­ten hat­te, we­gen sei­ner großen Ta­len­te ge­sucht. Nicht vol­le zwei Jah­re dar­auf zog ihn Papst Leo X. durch sei­nen Freund, den ge­mein­schaft­li­chen Lands­mann und flo­ren­ti­ni­schen Ge­sand­ten zu Rom, Vet­to­ri, über die ver­wi­ckel­ten An­ge­le­gen­hei­ten Ita­li­ens, und über die Ver­hält­nis­se zu den frem­den Mäch­ten, wel­che er als Staats­se­kre­tär der Re­pu­blik und als Ge­sand­ter so ge­nau ken­nen ge­lernt hat­te, zu Rate, wie aus den Brie­fen des Vet­to­ri er­hellt. Aber noch nä­her als al­les die­ses lag dem Mac­chia­vel­li die Fra­ge, wie die Me­di­ci das wie­der er­lang­te Über­ge­wicht in ih­rem Va­ter­lan­de be­nut­zen wür­den?

Die Ahn­herrn ih­res Ge­schlechts hat­ten, wie ge­sagt, als ein­fa­che Bür­ger die öf­fent­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten des­sel­ben aus ih­rem Ka­bi­net ge­lei­tet, ohne die äu­ße­re De­ko­ra­ti­on ei­ner hö­he­ren Wür­de zu ver­lan­gen. Aber die Zei­ten hat­ten sich ge­än­dert. In Frank­reich, in Spa­ni­en, in Deutsch­land hat­ten sich seit Kur­zem kräf­ti­ge Mon­ar­chi­en er­ho­ben. Ita­li­en hin­ge­gen ward von in­ne­ren Zwis­tig­kei­ten zer­ris­sen. Ins­be­son­de­re war Mit­te­li­ta­li­en voll klei­ner Her­ren, die sich al­les er­laub­ten, um zu der höchs­ten Ge­walt in ih­rer Va­ter­stadt, und zu der Herr­schaft über klei­ne Distrik­te um­her, zu ge­lan­gen. Meh­re­re Päps­te hat­ten mit ei­ni­gem Er­fol­ge ge­sucht, in ih­ren Fa­mi­li­en Herr­schaf­ten zu grün­den, die da­hin füh­ren konn­ten, die ita­lie­ni­schen Frei­staa­ten und Fürs­ten zu ei­nem Bun­de un­ter Lei­tung ei­nes an­ge­se­he­nen Ober­haup­tes zu ver­ei­ni­gen. So hat­te sich das Haus del­la Ro­ve­re durch zwei Päps­te, Six­tus den Vier­ten und Ju­li­us den Zwei­ten, aus dem Stau­be zu der her­zog­li­chen Wür­de von Ur­bi­no em­por­ge­schwun­gen. Mit grö­ße­rem Nach­dru­cke hat­te Alex­an­der der Sechs­te sei­nen Sohn Cäsar Bor­gia zu ei­nem ge­fürch­te­ten Herrn in Ro­ma­gna ge­macht. Leo der Zehn­te konn­te sei­nen Ver­wand­ten noch mit ganz an­de­rer Kraft un­ter­stüt­zen, als Alex­an­der den sei­ni­gen. Denn was der Spa­nier Bor­gia bloß durch sein päpst­li­ches An­se­hen zu Stan­de brin­gen muss­te, das un­ter­nahm Leo mit dem gan­zen Ge­wich­te des Hau­ses Me­di­ci, wel­ches im mäch­ti­gen und rei­chen Flo­renz so tie­fe Wur­zeln ge­schla­gen hat­te. Ein Kind sei­ner Zeit war er nicht da­mit zu­frie­den, sei­nem Ge­schlech­te die Lage im Va­ter­lan­de zu si­chern, in der sich sei­ne Vor­fah­ren be­fun­den hat­ten. Der große Lo­ren­zo war schon von der Le­bens­art der­sel­ben et­was ab­ge­wi­chen: er hat­te sich mit ei­ner Prin­zes­sin Or­si­ni ver­mählt, und sei­nen Reich­tum an­ge­wandt, Land­gü­ter zu kau­fen, die mehr der Grund­la­ge ei­nes Fürs­ten­tums, als Pri­vat­be­sit­zun­gen ei­nes Bür­gers gli­chen. Leo X. mach­te sei­nen Nef­fen Lo­ren­zo zum Her­zo­ge von Ur­bi­no, und leg­te es dar­auf an, die­sem und nach ihm im­mer dem Haup­te der Fa­mi­lie einen An­teil an der Re­gie­rung von Flo­renz zu­zu­wen­den, der in sei­nem Um­fan­ge und in der Art der Aus­übung ei­ni­ge Ähn­lich­keit mit der Herr­schaft hat­te, die Au­gus­tus in Rom nach der Auf­lö­sung der Tri­um­vi­ra­te führ­te.

Lo­ren­zo ward Ober­haupt der Kriegs­macht, und führ­te den Ti­tel: Il Ma­g­ni­fi­co (der Präch­ti­ge). In den öf­fent­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten durf­te nichts ohne sei­ne Ge­neh­mi­gung ge­sche­hen. Den­noch be­stan­den alle re­pu­bli­ka­ni­schen For­men, und er über­ließ die ge­sam­ten Stel­len in der Ver­wal­tung Bür­gern, die je­doch nur un­ter sei­nem Ein­flus­se ge­wählt wur­den. Im We­sent­li­chen war es eben so schon da­mals zu­ge­gan­gen, als sei­ne großen Vor­fah­ren re­gier­ten. Seit un­denk­li­chen Zei­ten war aus re­pu­bli­ka­ni­scher Ei­fer­sucht die ob­rig­keit­li­che Ge­walt nur auf we­ni­ge Mo­na­te ver­lie­hen. Jahr­hun­der­te lang bil­de­ten bald acht, bald zehn, bald zwölf Per­so­nen, un­ter dem Ti­tel: »Prio­ri dell’ ar­ti«, »Prio­ri del­la Li­ber­tà«, »Ot­to del­la pra­ti­ca«, oder an­de­ren Na­men, den obers­ten Rat der Re­pu­blik, der un­ter dem Vor­sitz des Gon­fa­lo­nie­re meist alle zwei Mo­na­te wech­sel­te. Die Per­so­nen, wel­che be­stimmt wa­ren, nach und nach ein­zu­tre­ten, wur­den von ei­nem Aus­schus­se von Bür­gern auf eine Rei­he von Jah­ren im Voraus ge­wählt. Die­sen Aus­schuss aber setz­te die mäch­tigs­te Par­tei des Au­gen­blicks, die sich un­ter dem Na­men »ba­lia« eine au­ßer­or­dent­li­che Ge­walt an­maß­te, will­kür­lich zu­sam­men. Bei die­sem be­stän­di­gen Wech­sel der Staats­be­am­ten ward eine ge­hei­me Di­rek­ti­on der öf­fent­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten not­wen­dig. Die­se ging lan­ge von dem Ka­bi­net­te der Me­di­ci aus, und eben in je­nen un­auf­hör­li­chen äu­ßern Ver­än­de­run­gen, wo­durch die Ver­fas­sung den An­schein ei­ner De­mo­kra­tie er­hielt, lag ein Mit­tel, das An­se­hen der Fa­mi­lie zu be­fes­ti­gen, wel­che sich durch ih­ren Reich­tum, ihre Ver­wandt­schaf­ten, den Ver­stand und die Re­gie­rungs­weis­heit ei­ni­ger aus­ge­zeich­ne­ten Häup­ter, einen so großen An­hang ge­macht hat­te. So oft die Me­di­ci nach ei­nem kur­z­en Exil in ihr Va­ter­land zu­rück­ge­kehrt wa­ren, hat­ten sie die re­pu­bli­ka­ni­schen For­men, die sie für sich selbst so vor­teil­haft fan­den, be­schützt. Es scheint, Leo X. woll­te un­ge­fähr auf glei­che Art sein Va­ter­land be­herr­schen. Aber der ehr­gei­zi­ge eit­le Nef­fe, der mehr auf sei­nen Va­ter, den Pie­ro, der we­gen sei­nes un­ver­stän­di­gen Leicht­sinns ver­trie­ben war, als auf sei­nen wei­sen Groß­va­ter Lo­ren­zo ar­te­te, ver­lang­te mehr. Mac­chia­vel­li, der ihn dar­an nicht hin­dern konn­te, der we­der in Flo­renz eine Par­tei hat­te, die mäch­tig ge­nug ge­we­sen wäre, die Re­pu­blik her­zu­stel­len, noch Ein­fluss ge­nug auf den Papst, um die An­ge­le­gen­hei­ten sei­nes Va­ter­lan­des auf die­sem Wege zu lei­ten, wand­te sich an den neu­en Her­zog von Ur­bi­no und gab ihm in dem Bu­che, wel­ches er aus­drück­lich für die­sen Zweck schrieb, Ratschlä­ge, wie er sich zum Herrn ma­chen und wie er die Herr­schaft be­haup­ten kön­ne. Von sei­ner per­sön­li­chen Ver­bin­dung mit die­sem Fürs­ten ist üb­ri­gens nichts Nä­he­res be­kannt. Sein gan­zes Le­ben in die­ser Zeit ist bei­na­he noch völ­lig im Dun­keln.

Der frü­he Tod des Her­zogs von Ur­bi­no un­ter­brach 1519 die Plä­ne, die Mac­chia­vel­li auf den un­ter­neh­men­den Geist des­sel­ben ge­baut ha­ben moch­te; nun be­nutz­te er sei­ne Ver­bin­dung mit dem Papst Leo, die­sem einen Ent­wurf vor­zu­le­gen, wie Flo­renz durch eine neue Ver­fas­sung be­ru­higt wer­den kön­ne, in­dem die Lie­be der Ein­woh­ner zur Re­pu­blik be­frie­digt, und zu­gleich dem Papst Leo ein dau­ern­der Ein­fluss auf die­sel­be für die Zeit sei­nes Le­bens ge­si­chert wür­de. Die­sen Ent­wurf wird je­der, der die Ge­schich­te von Flo­renz seit dem Tode des großen Lo­ren­zo, die Par­tei­en, die das Ge­mein­we­sen zer­ris­sen, ihre Wün­sche und die Be­dürf­nis­se des Staats aus den Quel­len ken­nen ge­lernt hat, für ein Meis­ter­stück er­ken­nen. Der Ver­fas­ser des­sel­ben hat­te nicht die Be­frie­di­gung, sei­ne Ide­en aus­ge­führt zu se­hen, die ver­mut­lich dem Ehr­gei­ze der Me­di­ci noch nicht ge­nug ein­räum­ten.

Lo­ren­zo war so jung ge­stor­ben! Papst Leo folg­te ihm bald dar­auf in sei­nen bes­ten Jah­ren. Den­noch ent­stand kei­ne Ver­än­de­rung in der Lage des flo­ren­ti­ni­schen Staa­tes. Das Schick­sal rief vie­le Ge­ne­ra­tio­nen hin­durch die ein­zel­nen Häup­ter der Me­di­ci früh­zei­tig ab: der Fa­mi­lie hat­te es die Herr­schaft von Flo­renz be­stimmt. Seit dem großen Cos­mus war kein be­deu­ten­der Me­di­ci fünf­zig Jah­re alt ge­wor­den; aber so oft ei­ner aus die­sem Hau­se den Schau­platz ver­ließ, trat al­le­mal ein an­de­rer wie­der auf, frei­lich mit sehr ver­schie­de­nem Maße von Ta­len­ten aus­ge­rüs­tet, und mit ab­wech­seln­dem Glücke. Jetzt traf die Rei­he den Ju­li­us, der zu­erst als Kar­di­nal und bald dar­auf als Papst Cle­mens der Sie­ben­te Haupt der Fa­mi­lie ward. Von ihm hing nun­mehr das Schick­sal der Re­pu­blik ab. Eine Par­tei, die aus den vor­züg­lichs­ten jun­gen Män­nern von Flo­renz be­stand, mit de­nen Mac­chia­vel­li in der in­tims­ten Ver­bin­dung leb­te, und zu de­ren Be­leh­rung er sei­ne Be­trach­tun­gen über den Li­vi­us ge­schrie­ben, die zwei­en der­sel­ben, dem Za­no­bi Buon­del­mon­ti und Co­si­mo Ruc­cel­lai, zu­ge­eig­net sind, – die­ser Club, der von den Gär­ten Ruc­cel­lai, wo er sich ver­sam­mel­te, be­nannt ward, mach­te Plä­ne zu ei­ner Her­stel­lung der Re­pu­blik, die dem Kar­di­na­le Gi­u­lio vor­ge­legt wur­den. Die Hoff­nung, die man auf sei­ne an­schei­nen­de Mä­ßi­gung ge­baut hat­te, ward ver­ei­telt. Er be­wies auch hier die furcht­sa­me ver­schlos­se­ne Falsch­heit, die sein gan­zes Le­ben cha­rak­te­ri­siert. Er hat­te nie die Ab­sicht ge­hegt, zu will­fah­ren, oder er än­der­te sei­ne Ent­schlie­ßung, als er sah, wo­hin die Plä­ne, die man ihm an­gab, füh­ren wür­den. Aber der Pa­trio­tis­mus je­ner Freun­de der Frei­heit war ernst­lich ge­meint. Sie mach­ten (1523) An­stalt, ih­ren Ent­wurf mit Ge­walt aus­zu­füh­ren, und den Kar­di­nal, der im Wege stand, weg­zuräu­men. Die Ver­schwö­rung ward ent­deckt. Lu­i­gi Ala­man­ni und Ja­co­po da Dia­ce­to ver­lo­ren das Le­ben auf dem Blut­ge­rüs­te. Za­no­bi Buon­del­mon­ti, ein an­de­rer Lu­do­vi­co Ala­man­ni, (dem Mac­chia­vel­li sein Le­ben des Ca­struc­cio Ca­stra­ca­ni zu­ge­eig­net hat), Ba­tis­ta del­la Pal­la, An­ton Bruc­cio­li und ei­ni­ge ih­rer An­hän­ger ge­rin­ge­ren Stan­des wur­den ver­bannt. Mac­chia­vel­li war eben­falls in die­se Un­ter­neh­mung ver­wi­ckelt: er ent­floh.6 Die Me­di­ci fühl­ten sich noch nicht stark ge­nug, den re­pu­bli­ka­ni­schen Geist der Flo­ren­ti­ner zu un­ter­drücken: sie ver­such­ten es, ihn ein­zu­schlä­fern, in­dem sie die letz­ten Vor­fäl­le mög­lichst ge­schwind ver­ges­sen lie­ßen. Der Kar­di­nal fürch­te­te Er­bit­te­rung zu er­re­gen, die sei­nen Ab­sich­ten auf den päpst­li­chen Stuhl hin­der­lich ge­we­sen wäre. Als er die­sen ein Jahr dar­auf wirk­lich be­stieg, such­te Mac­chia­vel­li sich wie­der an ihn an­zu­schlie­ßen, und er­hielt Auf­trä­ge von Wich­tig­keit, von ihm und von der flo­ren­ti­ni­schen Re­gie­rung. We­ni­ge Jah­re dar­auf er­laub­ten die Um­stän­de noch einen Ver­such zur Wie­der­her­stel­lung der Re­pu­blik zu ma­chen. 1527 wur­den die Me­di­ci aufs Neue ver­trie­ben und die Frei­heit pro­kla­miert. Mac­chia­vel­li er­schi­en so­gleich in sei­ner Va­ter­stadt. Al­lein die Be­mü­hun­gen sei­ner Freun­de Za­no­bi Buon­del­mon­ti und Lu­i­gi Ala­man­ni, ihn in den Rat von zehn Män­nern wäh­len zu las­sen, dem die Lei­tung der öf­fent­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten über­ge­ben wer­den soll­te, wur­den durch die all­ge­mei­ne Ab­nei­gung ver­ei­telt, die das Volk ge­gen den Rat­ge­ber der Me­di­ci und den Ver­fas­ser des Buchs vom Fürs­ten ge­fasst hat­te. Ver­geb­lich such­te er die Schrift zu un­ter­drücken, wel­che sei­ne Ge­sin­nun­gen so ver­däch­tig mach­te.7 Der Ver­druss über die fehl­ge­schla­ge­nen Ver­su­che, sich wie­der zu he­ben, hat­te ver­mut­lich An­teil an sei­nem Tode, der bald dar­auf er­folg­te.

Die Re­pu­blik, die der En­thu­si­as­mus des Volks un­ter güns­ti­gen Um­stän­den er­rich­tet hat­te, un­ter­lag nach zwei Jah­ren der ver­ein­ten Macht des Paps­tes und des Kai­sers. Nach­dem Cle­mens der Sie­ben­te sie durch Un­ter­stüt­zung Karl des Fünf­ten be­zwun­gen hat­te und mit ihr nach Ge­fal­len wal­ten konn­te, er­neu­er­ten die Freun­de des Mac­chia­vel­li zum letz­ten Male ihre Be­mü­hun­gen. Sie ba­ten den Papst, ne­ben der ers­ten Stel­le in der Re­pu­blik, die er sei­nem an­geb­li­chen Nef­fen Ales­san­dro zu­wen­den woll­te, die Haupt­zü­ge ei­ner re­pu­bli­ka­ni­schen Ver­fas­sung be­ste­hen zu las­sen, wel­che schon Mac­chia­vel­li dem Paps­te Leo X. emp­foh­len hat­te. Das We­sent­li­che die­ses Ent­wurfs, wo­durch die Bür­ger einen wirk­li­chen An­teil an der Ver­wal­tung des Staats er­hal­ten hät­ten, ver­warf Cle­mens: den An­schein be­hielt er an­fangs bei, nahm bald aber auch die­ses Schat­ten­bild ei­nes Ge­mein­we­sens weg. Ales­san­dro ward 1531 un­um­schränk­ter Herr, und ge­noss sei­ne Grö­ße als ein ech­tes Kind des Glücks, das we­der durch Ta­len­te, noch durch ei­ge­ne, sei­en es rühm­li­che, sei­en es ruch­lo­se Un­ter­neh­mun­gen, son­dern bloß durch die Macht ei­nes an­de­ren er­ho­ben war. Mit Dir­nen und Buhl­kna­ben, wie Ta­ci­tus vom Do­mi­ti­an sagt, spiel­te er den Fürs­ten, zog Schmau­se­rei­en und Mas­ken­bäl­le fürst­li­chen Be­schäf­ti­gun­gen vor, zu de­nen es ihm mehr an Lust als an Ge­schick­lich­keit fehl­te, und er­hielt nach fünf Jah­ren von ei­nem Vet­ter Lo­ren­zi­no von Me­di­ci den Lohn sei­ner Nichts­wür­dig­keit, ohne dass die­ser Mord den flo­ren­ti­ni­schen Re­pu­bli­ka­nern zu Gute ge­kom­men wäre. Ein an­de­rer Me­di­ci, Cos­mus, ward 1536 zum Her­zo­ge aus­ge­ru­fen, und nach ei­nem Sie­ge über die re­pu­bli­ka­ni­sche Par­tei, die sich zum letz­ten Male un­ter An­füh­rung des Fil­ip­po Stroz­zi er­hob, wirk­li­cher Be­herr­scher von Flo­renz. Die­ser be­ru­hig­te end­lich das Volk: er be­zähm­te die Wi­der­spens­ti­gen, be­sänf­tig­te die Ge­mü­ter, lähm­te jede ge­fähr­li­che Kraft, schmei­chel­te dem Ta­len­te, be­schenk­te, ver­sorg­te, ehr­te alle, die be­rech­tig­te oder un­be­rech­tig­te An­sprü­che mach­ten;8 und er­stick­te da­mit das gan­ze Ge­schlecht vor­züg­li­cher Män­ner al­ler Art, wo­durch Flo­renz bis auf sei­ne Zei­ten als der hells­te Stern in der neue­ren Ge­schich­te der Kul­tur des mensch­li­chen Geis­tes ge­glänzt hat­te.

In die Mit­te die­ser Pe­ri­ode fällt das Le­ben des Mac­chia­vel­li (von 1469 bis 1527). In der an Ta­len­ten, Küns­ten und Wis­sen­schaf­ten al­ler Alt rei­chen Stadt, in ei­nem Vol­ke, das sich durch den leb­haf­tes­ten Ver­stand und die hef­tigs­ten Lei­den­schaf­ten aus­zeich­ne­te, un­ter den Stür­men ei­ner un­si­che­ren Ver­fas­sung und den häu­fi­gen Ka­ta­stro­phen der­sel­ben war er selbst un­auf­hör­lich tä­tig. Die Ge­schäfts­welt hat­te ihn ge­bil­det. Der ei­ge­nen Er­fah­rung ver­dank­te er es, dass er aus den großen Schrift­stel­lern des Al­ter­tums mehr lern­te, als an­de­re dar­in fin­den. Sie gab sei­nem Ur­tei­le über die frü­he­re Ge­schich­te und über die Er­eig­nis­se sei­ner Zeit die tref­fen­de Schär­fe, die man im­mer mehr be­wun­dert, je mehr man sei­ne Be­mer­kun­gen mit dem ver­gleicht, was sei­nem Va­ter­lan­de nach sei­nem Tode wi­der­fuhr. Die Ver­hält­nis­se, in die er ver­wi­ckelt war, hat­ten ihm das In­ne­re der Re­pu­bli­ken und die Ge­heim­nis­se der Fürs­ten auf­ge­deckt. Er ver­stand sich auf die Po­li­tik je­der Par­tei. Man fin­det ihn aber auch in den ent­ge­gen­ge­setz­tes­ten Fak­tio­nen.

Er lieb­te die Ver­fas­sung, in der er ge­bo­ren und so lan­ge Zeit auf die glän­zends­te Art tä­tig ge­we­sen war. Aber er moch­te wol in ge­wis­sen Au­gen­bli­cken dar­an ver­zwei­feln, eine dau­ern­de Re­pu­blik in Flo­renz her­ge­stellt zu se­hen. Er zeigt selbst im sieb­zehn­ten Ka­pi­tel des drit­ten Buchs sei­ner »Dis­cor­si«, dass ein ver­dor­be­nes Volk sich schwer­lich bei der Frei­heit er­hal­ten kön­ne; und im fol­gen­den Ka­pi­tel, dass es eben so schwer sei, die ver­lor­ne Frei­heit wie­der her­zu­stel­len. Er sagt es ge­ra­de her­aus, ei­nem sol­chen Vol­ke sei es bes­ser, dass sich sei­ne Staats­ver­fas­sung der Al­lein­herr­schaft ei­nes Ein­zi­gen nä­he­re: und die An­wen­dung auf sein Va­ter­land liegt nahe ge­nug!

Im An­fan­ge des sie­ben­ten Buchs sei­ner Ge­schich­te be­merkt er, dass die in­ne­ren Un­ei­nig­kei­ten das Le­ben der Re­pu­bli­ken aus­ma­chen, und ihre Stär­ke ver­meh­ren, so lan­ge sie nicht in An­hang ein­zel­ner Häup­ter oder Fa­mi­li­en aus­ar­ten; so­bald aber die­ses ein­tritt, den Staat schwä­chen und das We­sen der Re­pu­blik ver­nich­ten. In Flo­renz, sagt er selbst, wa­ren alle in­ne­ren Zwis­tig­kei­ten von die­ser ver­derb­li­chen Art. »Da­her wis­sen die Flo­ren­ti­ner die Frei­heit nicht zu be­haup­ten, und kön­nen die Knecht­schaft nicht er­tra­gen.«

In der Tat, wenn man die in­ne­re Ge­schich­te von Flo­renz über­denkt, de­ren letz­te Ka­ta­stro­phen oben an­ge­ge­ben sind, so fin­det man, dass die Re­pu­blik in den schlech­ten Zei­ten nur elen­de An­ar­chie, in den bes­se­ren mas­kier­te Mon­ar­chie ge­we­sen war.

Von der frü­he­ren Zeit sagt Mac­chia­vel­li im An­fan­ge des drit­ten Buchs sei­ner Ge­schich­te: »Die in­ne­ren Un­ei­nig­kei­ten, wel­che in Rom Wett­ei­fer und Streit er­reg­ten, sind in Flo­renz sehr frü­he in Fak­tio­nen und in­ne­ren Krieg aus­ge­ar­tet. In Rom ver­an­lass­ten sie neue Ge­set­ze, um ab­zu­hel­fen: in Flo­renz en­dig­ten sie stets mit Mord und Ver­ban­nung an­ge­se­he­ner Bür­ger. In Rom dienten sie dazu, dass ein­zel­ne große Häup­ter sich er­ho­ben. In Flo­renz ha­ben sie al­les gleich ge­macht. In Rom woll­te das Volk der größ­ten Ehren gleich dem Adel teil­haft wer­den. In Flo­renz woll­te es aus­schließ­lich herr­schen. Die neu­en er­zwun­ge­nen Ge­set­ze wa­ren da­her un­ge­recht ge­gen den Adel. In Rom wur­den die Nied­rig­ge­bor­nen im­mer ed­ler und fä­hi­ger, die Stel­len zu be­klei­den, nach de­nen sie streb­ten. Durch ihre zu­neh­men­de Kraft und Ta­len­te ward der Staat groß. In Flo­renz wur­den die Ed­len aus den öf­fent­li­chen Äm­tern ver­trie­ben, und muss­ten dem nied­ri­gen Vol­ke gleich wer­den, um zu je­nen zu ge­lan­gen. Die ed­len Ei­gen­schaf­ten, wo­durch die Män­ner aus dem Vol­ke in Rom den Edel­ge­bor­nen gleich zu wer­den trach­te­ten, wur­den in Flo­renz auch im Adel aus­ge­löscht. So ward der Staat im­mer nied­ri­ger und ver­ächt­li­cher. So wie Rom durch den Über­mut der Bür­ger da­hin ge­riet, dass es nicht mehr ohne einen Herrn be­ste­hen konn­te, so kam es mit Flo­renz da­hin, dass jede Ver­fas­sung durch eine ge­schick­te Hand auf­ge­drun­gen wer­den konn­te.«

Die al­ten Zwis­tig­kei­ten des Adels mit dem Vol­ke, von de­nen Mac­chia­vel­li hier re­det, en­dig­ten um die Mit­te des vier­zehn­ten Jahr­hun­derts mit der Ty­ran­nei des Her­zogs von Athen,9 der den Flo­ren­ti­nern durch nea­po­li­ta­ni­sche Waf­fen auf­ge­drun­gen ward. Aber nach der Ver­trei­bung des­sel­ben teil­te sich das Volk aufs Neue in Fak­tio­nen der Bür­ger und des ge­mei­nen Pö­bels, wel­che aber­mals den Staat zer­ris­sen, bis die Fa­mi­lie Me­di­ci im fünf­zehn­ten Jahr­hun­der­te mäch­tig ge­nug ward, ihm Fes­tig­keit und in­ne­re Ruhe zu ge­ben, die je­doch von Zeit zu Zeit durch ge­walt­sa­me Ka­ta­stro­phen un­ter­bro­chen ward. Als die­ser Zu­stand 1492 mit dem Tode des Lo­ren­zo von Me­di­ci en­dig­te, und das gan­ze Ge­schlecht des­sel­ben ver­trie­ben ward, leb­te der de­mo­kra­ti­sche Geist wie­der auf. Aber in ei­nem Staa­te, in dem man so we­nig Bür­ger­geist, da­für de­sto mehr Partei­wut kann­te, war es nicht mög­lich, einen dau­er­haf­ten Zu­stand zu be­grün­den. Die Fa­mi­lie der Me­di­ci, wel­che sech­zig Jah­re lang (von 1432 bis 1492) mit so großem ei­ge­nen Ruh­me ihr Va­ter­land zu Grö­ße, Ehre und Ruhm ge­führt, und in­ner­lich ei­ni­ger­ma­ßen ru­hig ge­hal­ten hat­te, konn­te dies nur da­durch be­wir­ken, dass sie den Staat durch eine Par­tei re­gier­te, die sich hin­ter re­pu­bli­ka­ni­sche For­men ver­steck­te, ohne dem Vol­ke wah­ren An­teil an der Ver­wal­tung zu ver­stat­ten. Sie hat­te be­stän­dig, wie man sich in un­se­ren Ta­gen aus­drücken wür­de, eine Art von re­vo­lu­tio­närer Re­gie­rung ge­führt. Sie be­haup­te­ten näm­lich, wie Mac­chia­vel­li ih­nen vor­wirft, dass Flo­renz nicht an­ders re­giert wer­den kön­ne, als durch eine von fünf zu fünf Jah­ren zu wie­der­ho­len­de au­ßer­or­dent­li­che Maß­re­gel, (»Ri­pig­liar lo Sta­to« ge­nannt), wo­durch die ge­fähr­li­chen Bür­ger will­kür­lich aus der Stadt oder von öf­fent­li­chen Äm­tern ent­fernt, die­se aber eben so will­kür­lich mit Hin­t­an­set­zung al­ler vor­ge­schrie­be­nen For­men be­setzt wur­den: das heißt, sagt Mac­chia­vel­li, alle fünf Jah­re den Schre­cken und die Furcht er­neu­ern, wo­durch das ers­te Mal die­je­ni­gen Men­schen in die Flucht ge­schla­gen wa­ren, wel­che, mit den Me­di­ci zu re­den, schlecht ge­han­delt hat­ten.

Wahr­lich, eine schö­ne Re­pu­blik, in wel­cher die For­men, Gleich­heit und Teil­neh­mung so vie­ler Bür­ger an den öf­fent­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten vor­spie­geln, in der Tat aber eine Fa­mi­lie un­um­schränk­ter herrscht, als ein Fürst nur im­mer könn­te; wo die­se Fa­mi­lie um de­sto ei­fer­süch­ti­ger alle ent­fernt, de­ren An­sprü­che sie fürch­tet, weil sie das öf­fent­lich an­er­kann­te Recht al­le­zeit ge­gen sich hat! Cos­mus ist ein großer Mann, Lo­ren­zo ein noch grö­ße­rer Mann ge­we­sen. Aber ist der Staat frei zu nen­nen, wo sol­che Män­ner aus­schließ­lich re­gie­ren, und die an­de­ren al­ten Ge­schlech­ter an­ge­se­he­ner rei­cher Bür­ger, in der Verzweif­lung ihr Recht nicht durch­set­zen zu kön­nen, zu ver­rä­te­rischen An­schlä­gen ihre Zuf­lucht neh­men?10 Wo die So­der­ini sich her­ab­las­sen müs­sen, Cli­en­ten zu wer­den, und den Paz­zi, un­ter­drück­ten Ne­ben­buh­lern, nur Meu­chel­mord üb­rig bleibt, um sich Luft zu ma­chen: wo da­her selbst ein Mann wie Lo­ren­zo von Me­di­ci sei­nes Le­bens nicht si­cher ist!

So dach­te Mac­chia­vel­li über die Ver­fas­sung sei­nes Va­ter­lan­des vor dem Exi­le der Me­di­ci: das be­weist der gan­ze Ton al­ler sei­ner Schrif­ten, in de­nen er von den großen Män­nern aus je­nem Hau­se stets mit Lobe re­det, ihre Ne­ben­buh­ler und die Ver­schwö­run­gen ge­gen sie nie ta­delt.