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Schlemmen wie Lukullus – oder eher vom Notwendigsten leben wie ein Legionär im gallischen Krieg? Die Unsterblichkeitsformel entdecken: außen Olivenöl – innen Mulsum! Sich inspirieren lassen vom Kochbuch des Apicius – und der mediterranen Küche, die noch viele Einflüsse der römischen Küche zeigt. Auf der Basis überlieferter Rezepte und reichlich Kocherfahrung zeigt Historiker und Romanautor Michael Kuhn, was mit antiken Zutaten alles möglich ist. Er erläutert historische Entwicklungen und Hintergründe. Zusammen ergibt sich ein buntes und umfassendes Bild der römischen Küche in einem Buch, das ein bisschen mehr ist als "nur" ein Kochbuch.
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Seitenzahl: 60
Ammianus-Verlag
Michael Kuhn
Der Geschmack
des Weltreichs
Einführung in die römische Küche
Impressum
Basierend auf der 1. Auflage April 2017
© 2017 Ammianus GbR Aachen
Alle Rechte vorbehalten. Der Druck, auch auszugsweise, die Verarbeitung und Verbreitung des Werks in jedweder Form, insbesondere zu Zwecken der Vervielfältigung auf digitalem oder sonstigem Wege sowie die Verbreitung und Nutzung im Internet dürfen nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Genehmigung des Verlags erfolgen. Jede unerlaubte Verwertung ist unzulässig und strafbar.
Umschlaggestaltung: Thomas Kuhn Karten und Grafiken: Nino Laufens Fotos: Thomas Kuhn, Michael Kuhn, Joachim Starke, mit freundlicher Genehmigung Naturzentrum Eifel in Nettersheim und römische Villa Borg Lektorat: Melanie Kaesler Satz & Layout: Thomas Kuhn, Michael Mingers Druck: tz-verlag
Printausgabe-ISBN: 978-3-945025-60-4
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
dies ist nicht das erste und mit Sicherheit auch nicht das letzte Buch, das über die römische Küche geschrieben wurde. Es ist aber eine der ersten Betrachtungen, die sich bewusst an den interessierten, römerbegeisterten Laien wendet.
Die orgiastischen Gelage, die Sueton und Petronius in all ihrer Entartung beschreiben, stehen, falls sie überhaupt jemals so stattgefunden haben, nicht im Mittelpunkt. Mit gepfefferten Eidottern umhüllte Feigenschnepfen, gefüllte Jungsaugebärmütter, Pfaueneier, gebratene Nachtigallenzungen oder mit Mandeln und Honig bestreute Haselmäuse mag es gegeben haben: Sie gehörten jedoch nicht zum Standardrepertoire der römischen Küche.
Ein Hauptaugenmerk liegt auf den Speisen, die in den Schüsseln und Tellern der Land- und Stadtbevölkerung und der Soldaten in den nordwestlichen Provinzen zu finden waren.
Die Darstellung konzentriert sich auf Rezepte, die leicht nachgekocht werden können. Unabhängig von Ihrem Vorwissen sollen Sie die Möglichkeit erhalten, den typischen Geschmack einer untergegangenen Epoche mit den gebräuchlichen Mitteln nachzuvollziehen.
Vorspeisen, Hauptspeisen, Desserts und Getränke beschränken sich auf Klassiker der damaligen Kochkunst, die das Herz eines Römers erwärmten. Es wird Ihnen auf Anhieb gelingen, Ihren Gästen ein komplettes und vor allem schmackhaftes römisches Menü auf den Tisch zu zaubern.
Das vorliegende Buch hat neben dem praktischen Teil noch einiges mehr zu bieten. Es beantwortet nicht nur die Frage nach dem, was gegessen wurde, sondern widmet sich zudem dem Wo, Wie und Warum.
Es liefert wichtige Informationen über den Aufbau einer römischen Küche, die zur Verfügung stehenden Lebensmittel und Gewürze sowie über das benutzte Ess- und Kochgeschirr. Auch geht es der spannenden Frage nach, was sich aus den Tagen der Antike bis heute in den regionalen Küchen rund um das Mittelmeer erhalten hat.
Die Darstellung stützt sich auf vielfältige literarische und (experimental-)archäologische Quellen und Erkenntnisse.
Ich wünsche allen Freundinnen und Freunden der römischen Antike viel Freude beim Lesen und Spaß beim Zubereiten und Verspeisen der angebotenen Gerichte.
Michael Kuhn
Einführung
Der erste Teil des Buches erzählt Erfahrenswertes über eine Küche, die den Menschen über Jahrhunderte viel Freude und großen Genuss bescherte.
Am Anfang wird die Frage beantwortet, warum sich das Wissen um ein längst vergangenes Kulturgut erhalten hat. Hilfreich ist ein Überblick über die schriftlichen Quellen, die heute noch erhalten sind.
Seele einer jeden Küche ist das ihr eigene, typische Geschmackserlebnis. Am wichtigsten sind die unterschiedlichen Gewürze und Zutaten, die zur Zubereitung der Speisen verwandt werden.
Weitere Kapitel befassen sich mit den Lebensmitteln, die den damaligen Menschen zur Verfügung standen. Nahrungsmittel, die heute selbstverständlich sind und die es damals nicht gegeben hat, werden gesondert dargestellt.
Interessant ist auch die Frage, was sich von der römischen Küche in unsere Zeit gerettet hat.
Der informative Teil schließt mit der Schilderung der technischen Möglichkeiten und Hilfsmittel, auf die die Köche der römischen Antike zurückgreifen konnten. Eine Darstellung des damals üblichen Essgeschirrs und die Einrichtung eines Speisezimmers darf nicht fehlen.
Die schriftlichen Quellen – Von Apicius bis Vinidarius
Die berühmteste Quelle für Kochanweisungen aus der römischen Antike ist sicherlich De re coquinaria (»Über die Kochkunst«) eines gewissen Apicius. Es gab insgesamt drei Personen dieses Namens, die als Autor in Frage kommen. Der älteste, Marcus Apicius, war ein Zeitgenosse Sullas und lebte im ersten vorchristlichen Jahrhundert. Gabius Apicius lebte zur Zeit des Augustus. Von ihm wird berichtet, dass er sich vergiftete, nachdem er sein Kapital von nahezu 50 Millionen Sesterzen (ein wahres Vermögen!) verprasst hatte. Er befürchtete, die restlichen sieben Millionen würden nicht ausreichen, um sein bisheriges Leben in der gewohnten Form weiterführen zu können. Der dritte dieses Namens, Marcus Coelius Apicius, lebte zur Zeit des Kaisers Trajan. Viele haben sich auf ihn als Verfasser des Kochbuchs festgelegt. Vielleicht kommt aber auch keiner der genannten als Autor in Frage und es handelt sich um eine Rezeptsammlung, die über einen langen Zeitraum immer wieder erweitert und ergänzt wurde. Ebenfalls möglich wäre, dass verschiedene Urheber das Kochbuch einem Feinschmecker namens Apicius zu Ehren geschrieben haben und somit anonym bleiben. Einiges spricht für Apicius als »Markenname« – wie Mrs. Beeton in englischen Kochbüchern. Zuletzt bearbeitet wurde es mutmaßlich im dritten oder vierten Jahrhundert. Überliefert sind heute zwei karolingische Handschriften aus dem Frühmittelalter.
Wie auch immer es sich mit Apicius verhält: Das Kochbuch gleichen Namens ist heute eine der wichtigsten Quellen für all diejenigen, die römisches Essen auf den Tisch bringen möchten.
Dabei entsprechen die Kochanleitungen nicht der Form, wie wir sie heute kennen. Es sind kurze Beschreibungen, die sich an erfahrene Köche richten. Der damalige Adressat war mit den Grundtechniken des Kochens und dem Küchenzubehör vertraut. Er brauchte keine Anweisung, was das Dosieren von Gewürzen angeht. Häufig wird beschrieben, in welchem Mengenverhältnis die Zutaten zueinanderstehen, was es ermöglicht, die Kochanweisungen an beliebig viele Personen anzupassen.
Die meisten Rezepte bieten Spielraum für die Interpretation des Kochs: Oft besteht die Mengenangabe aus allgemeinen Begriffen wie »viel« oder »wenig«. Der Hinweis, ob gekocht, gebraten oder gebacken wird, fehlt ab und an. So ist auch in der heutigen Zeit Kreativität gefragt, will man die Gerichte der Römer nachempfinden.
Die meisten Anweisungen sind schlicht gehalten. Als erfahrener Koch mit Experimentierfreude können Sie sich natürlich daran versuchen! Als Beispiel finden Sie das Rezept für Mulsum im Originalton:
Ein länger haltender Wein, der auf der Straße Reisenden gereicht wird.
Zerstoßener Pfeffer wird mit abgeschäumtem Honig und Wein in ein Gefäß getan, und zwar nur so viel auf einmal, wie getrunken werden soll. Je nach Geschmack mehr Honig oder mehr Wein.
Auch »De re coquinaria« wird dem Ruf der römischen Orgien nicht gerecht: Tatsächlich finden sich wenige ausgefallene Gerichte (wenn auch Sauzitzen sowie -plazenta und gefüllte Haselmäuse), und keine Anleitungen für dekadente Feste und Schlemmereien.
Die Schilderung eines orgiastischen Mahles verdanken wir dem Senator und Autor Titus Petronius Arbiter (14-66 n. Chr.). Sein Roman Satyrikon schildert im Kapitel über das Gastmahl des Trimalchio in epischer Ausführlichkeit den Ablauf eines ausgiebigen Fress- und Saufgelages. Ähnliche, wenngleich weniger detailierte Schilderungen können wir den Kaiserviten Suetons entnehmen. Sueton gilt nicht von ungefähr als Klatschreporter der Antike, und Petronius verpackte sehr viel Sozialkritik in seinen Ausführungen. Ihm ging es weniger um eine genaue Schilderung der Esskultur als vielmehr um das Gebaren sogenannter Neureicher und Emporkömmlinge.
Eine weitere wichtige Quelle römischer Kochrezepte ist das Werk des Marcus Porcius Cato (234-149 v. Chr.). Der Militär und Politiker beschreibt in seinen Schriften über die Landwirtschaft »De agri cultura« Rezepte der römischen Küche. Vor allem Cato verdanken wir tiefe Einblicke in die ursprünglichen Essgewohnheiten der Römer und in die Küche der kleinen Leute.
Der Gelehrte Gaius Plinius Secundus Maior (23-79 n. Chr.), der seinen Forschungseifer beim Ausbruch des Vesuvs mit dem Leben bezahlte, erwähnt in seiner Naturgeschichte »Historia naturalis«