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Abu ist ein einfacher Hirte, der als kleines Kind seine Familie verlor. Als er durch einen weiteren Schicksalsschlag auch seine Existenz als Hirte aufgeben muss, steht er vor der großen Entscheidung: Soll er alles von vorne aufbauen? Oder etwas Neues wagen? Abu bricht auf in ein neues Leben voller Abenteuer, Schicksalsschläge und Wunder! Ein Buch, das inspiriert, Mut macht und zum Nachdenken anregt.
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Seitenzahl: 147
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Cagdas O. Sahin
DER HIRTE ABU –
UND SEIN UNGLAUBLICHES LEBEN
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elek-tronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Copyright © 2020 Cagdas O. Sahin,
c/o Krugweg 47a, 32584 Löhne,
Covergestaltung: © 2020 Cagdas O. Sahin
Druck: epubli – ein Service der
neopubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Kapitel 1
Schluchzend wischt er sich die Tränen aus den Augen. Er blickt noch ein letztes Mal hinunter auf das Feld, das jetzt blutdurchtränkt ist, bevor er sich Ast um Ast den Baum runterhangelt. Dabei schneidet er sich seine linke Hand im inneren.
„Ahh! Verdammt!“
Voller Schmerzen kommt er unten an und riecht das Blut seiner Schafe, die jetzt leblos vor ihm liegen. Gestern Abend waren sie noch voller Seelenruhe vor ihm am Grasen. Er selbst saß unter dem großen Baum am Feld und spielte seine Flöte. Es war herrlich. Die Schafe hörten ihm bis in die Nacht hinein zu, sein Hund Esad lag vor seinen Füßen und beobachtete die Schafe. Die Sterne funkelten wie Diamanten im Himmel.
„Wie konnte das passieren?“
Abu schaut sich ängstlich um.
Kommen die Wölfe vielleicht nochmal wieder um den Rest der Schafe zu holen?
Niemand zu sehen, niemand zu hören. Nur hier und da nimmt er ein Rascheln wahr und zuckt jedes Mal zusammen. Langsam und unsicher geht er durch das Feld und hofft zumindest ein paar lebende Schafe zu finden.
„Alle tot! Wie geht das?“, fragt er sich leise und merkt, dass seine Augen wieder Tränen bilden.
Links, rechts, vor ihm, hinter ihm, überall seine lieben Schafe. Tot. Reglos. Vor ihm erkennt er Issa an dem schwarzen Fleck in Form eines Halbmondes auf ihrem Hinterkopf, bückt sich runter und streichelt sie unter Tränen.
„Meine schöne Issa, was haben sie nur mit dir gemacht?“
Er wischt sich die Tränen weg.
„Ruhe in Frieden meine Retterin.“
Abu würde jetzt am liebsten schreien, brüllen, weinen, aber seine Angst vor weiteren Wölfen ist zu groß.
Was ist, wenn sie zurückkommen?
Er zittert und steht langsam wieder auf.
„Gott, warum hast du mir das angetan? Womit habe ich das verdient? Womit haben meine armen Schafe das verdient?“
Er schaut voller Wut und Enttäuschung in den Himmel. Die Sterne funkeln wieder als wäre gar nichts geschehen und als würden sie ihm sagen wollen, es wäre alles gut, er solle wieder schlafen gehen.
Für einen ganz kurzen Augenblick verliert er sich in den Sternen und kommt wieder zu sich, als er das Flügelschlagen eines großen Vogels wahrnimmt. Er sieht weit hinten einen Geier sich auf einen seiner Schafe stürzen. Weitere Geier folgen. Es bricht ihm das Herz. Seitdem er zwölf Jahre ist, ist er mit diesen Schafen zusammen gewesen. Er kennt jedes Schaf persönlich und hat jedem einen eigenen Namen gegeben.
Soll ich diese dummen Vögel verscheuchen? Die sollen meine Schafe in Ruhe lassen!
Er spürt seine Halsadern wild pochen und atmet ein paar Mal tief durch.
Was soll’s… Wie soll ich denn alle alleine verteidigen? Früher oder später werden sie sowieso von anderen Tieren geholt.
Er wischt sich weitere Tränen weg.
„Warte!“
Erst jetzt merkt er, dass Esad auch nicht da ist.
„ESADDD!!“
Er schaut sich um. Läuft durch die zerfetzten, toten Schafe.
„Esad!! Wo bist du mein Junge?!“
Langsam verfällt er in Panik. Kalter Schweiß tropft von seiner Stirn.
„Bitte Esad, du kannst mich jetzt nicht verlassen! ESAAAD!“
Er fällt auf die Knie und vergießt weitere Tränen.
Esad, mein Freund!
Von weitem hört er ein Wolf heulen und bleibt reglos auf seinen Knien sitzen. Sie haben seine Schreie gehört. Abu hält seinen Atem an und hört wie sein Herz fast seinen Brustkorb zertümmert.
Ihr verfluchten Ungeheuer!! Ihr habt mein Leben zerstört!
Er versucht ganz langsam zu atmen und schaut sich um.
Nachdem er sich vergewissert hat, dass keine Wölfe unterwegs zu ihm sind, steht er ganz langsam auf und geht durch das Feld wieder Richtung großem Baum, unter dem er auch bis vor kurzem immer sein Lager hatte.
Das Lagerfeuer brennt mittlerweile nicht mehr und sein Zelt ist komplett zerstört. Er schluckt und merkt, dass er am Verdursten ist. Abu hebt zitternd sein Zelt hoch und versucht den Eingang zu finden um zu schauen, ob noch Wasser in seinem Wasserschlauch ist. Nach langem Suchen stellt er empört fest, dass der Schlauch geplatzt ist. Alle seine Sachen sind kaputt. Sein Hirtenstock, seine Flöte, seine Essensschale… Alles. Seine Kleider sind komplett zerfetzt, genauso wie sein Zelt. Enttäuscht lässt er sich auf das Gras fallen.
Ich habe nichts mehr. Nichts!
„Was mache ich jetzt?“
Er versucht zu schlucken, aber verschluckt sich dabei stark, weil sein Hals zu trocken ist und fängt an, laut zu husten. Von der Ferne hört er weitere Wölfe heulen. Abu hält sich schnell seinen Mund zu und versucht sein Hustenanfall zu unterdrücken.
Ihr verfluchten Geschöpfe!
Als er weiteres Rascheln hört, entscheidet er sich dazu, den Baum wieder hochzuklettern um in Sicherheit zu sein. Erst beim Hochhangeln merkt er wieder den Schnitt in seiner linken Hand. Jetzt schmerzt es so richtig. Er fühlt beim Klettern eine warme Flüssigkeit seinen linken Arm runtertropfen.
Na toll, jetzt ist der Schnitt größer geworden. Hoffentlich verblute ich nicht…
Als er denkt, dass er hoch genug ist um vor Angreifern geschützt zu sein, macht er es sich auf einem dicken und stabilen Ast bequem. Wenn man dies als bequem bezeichnen kann. Hoffnungsvoll blickt er nochmal runter um ein Lebenszeichen zu sehen. Doch es regt sich nichts. Auch die Geier sind verschwunden.
Langsam spürt er wieder seine linke Handinnenfläche pochen. Es blutet weiter. Abu flucht leise vor sich hin und reißt einen Teil seines linken Hosenbeines ab. Dabei fällt er fast vom Baum. Mit letzter Kraft wickelt er den verschmutzten Stoff um seine linke Hand. Es hält nicht gut und der Stoff ist binnen Minuten voller Blut.
„Verdammt!“
Abu öffnet seine beiden Hände, zeigt mit seinen Handinnenflächen Richtung Himmel und flüstert.
„Gott, wenn du da bist und mich hörst, bitte hilf mir! Ich weiß nicht, was ich tun soll!“
Danach presst er den Stoff weiterhin auf seine Wunde und muss kurz zucken, weil der Schmerz zu stark ist.
Esad, wo bist du?
„Bitte Gott, bitte sag mir, dass zumindest Esad noch lebt!“
Abu schaut nach oben in den Himmel. Die Sterne sind noch heller als gestern. Es ist sehr ruhig. Kein Wind. Aber Abu friert. Er zittert. Er traut sich nicht mehr nach unten zu schauen, weil der Anblick ihm immer wieder Schmerzen bereitet. Also blickt er hoch zu den Sternen, die immer an derselben Stelle sind und ihn ebenfalls beobachten. Frierend und zitternd gehen irgendwann seine Augen zu.
Kapitel 2
Abu spürt etwas Glitschiges über sein Gesicht streichen und schreckt zusammen. Er öffnet langsam sein linkes Auge und fängt sofort an zu lachen als er Esad neben sich sitzen sieht. Er tätschelt kurz sein Kopf, worauf Esad mit einem glücklichen Bellkonzert reagiert. Abu versucht langsam seine Augen ganz zu öffnen und streckt sich. Heute scheint die Sonne besonders stark und sein Zelt ist komplett sonnendurchflutet. Es ist ziemlich warm. Er kuschelt noch kurz eine Runde mit seinem besten Freund und klettert raus um zu sehen, was seine Schafe machen.
Zufrieden grasen sie auf dem Feld, das jetzt seit einigen Wochen ihr neues Zuhause ist. Einige schlafen aber noch. Die Luft ist herrlich. Abu zieht sie tief in sich hinein, greift nach seinem Stock und macht sich gemeinsam mit seinem Freund Esad auf den Weg, seinen Schafen einen guten Morgen zu wünschen. Er kennt alle seine zweihundert Schafe persönlich und hat fast jedem einen eigenen Namen gegeben. Als er an ihnen vorbeigeht, grüßen sie ihn mit einem Blöken und Abu streichelt sie liebevoll. Er spürt wirklich eine innige Verbundenheit mit ihnen. Seit Jahren sind sie seine Freunde. Durch sie kann er sein Leben finanzieren und er selbst sorgt dafür, dass sie ebenfalls ein angenehmes Leben und Essen haben.
Wenn ein Feld abgegrast ist, führt er seine Schafe gemeinsam mit seinem besten Freund Esad zu einem anderen Feld. Immer, wenn Abu Essen, Kleidung oder sonst etwas braucht, findet er in der Nähe jemanden, der ihm im Austausch für die Milch oder Wolle seiner Schafe genug Münzen gibt.
Plötzlich merkt er, dass er hinten angestupst wird und dreht sich perplex um. Als er Issa vor sich blöken hört, fängt er an zu grinsen.
„Ja hast mich auch vermisst ne?“
Abu streichelt sie sanft. Zu Issa hat er eine ganz besondere Verbindung, weil sie eine seiner ersten Schafe ist. Als er sie streichelt, fallen ihm wieder die Ereignisse von vor etwa sieben Jahren ein. Er versucht sie zu vergessen, aber sie schaffen es immer wieder zu ihm durchzudringen.
Bis Abu zwölf Jahre alt war, lebte er gemeinsam mit seinen Eltern und vier Geschwistern in einem kleinen Dorf in der Nähe des Meeres. Die Einwohner des Dorfes lebten vom Fischen und vom Handel mit Milch, Eiern und der Wolle der Tiere, die sie hielten. Auch Abus Familie hatte ein paar Hühner und Schafe.
Eines Tages lief das Neugeborene eines Schafes weg und Abu rannte hinterher um es wieder zurück zur Herde zu führen. Es war so schnell, dass Abu erst nachdem er es eingeholt hatte, merkte, dass er sich sehr weit vom Dorf entfernt hatte. Er wusste nicht, wo er ist und es wurde ziemlich dunkel. Um ihn herum waren nur Wälder. Also band er das Schäfchen an einen Baum und kletterte hinauf um dort in Schutz zu schlafen.
Am nächsten Morgen suchte er gemeinsam mit dem Schäfchen sein Dorf. Als er sich dem Dorf näherte, sah er von weitem überall schwarzen Rauch aufsteigen. Also verschnellerte er seine Schritte.
Im Dorf angekommen, bot sich ihm ein Anblick, den er nie wieder vergessen würde. Alle Häuser waren abgebrannt und qualmten immer noch. Auf den Straßen lagen Menschen und Tiere tot auf dem Boden. Vor Angst band Abu das Schäfchen an einen halbwegs erhaltenen Zaun und sprintete nach Hause um nach seiner Familie zu schauen. Die lag ebenfalls reglos auf dem Boden. Er konnte es nicht fassen und versuchte sie alle aufzuwecken, aber ihre leblosen Körper bewegten sich nicht mehr. Er brach auf um Lebende zu finden, aber seine Suche war umsonst. Kein lebender Mensch weit und breit.
Als er dann an einer Ruine vorbeikam, hörte er einen Hundewelpen heulen und befreite es. In einem kleinen Stall fand er drei weitere, noch lebende Schafe. Das war’s. Zusammen mit dem Hund und seinem jungen Schäfchen weinte er tagelang und versuchte sich zu erklären, wie das alles passieren konnte.
Wochenlang ernährte er sich von Früchten und trank aus dem Bach in der Nähe des Dorfes. Als niemand beim Dorf vorbeikam, entschloss er sich dann sein eigenes Leben als Hirte aufzubauen. Er hatte schon vieles von seinem Vater und seinem älteren Bruder gelernt. Er gab seinem neuen Hund den Namen Esad und seinem Schäfchen den Namen Issa. Wie er im Nachhinein realisieren musste, hatte sie ihn vor dem Tod gerettet.
Über die Jahre wuchs Esad und wurde zu einem wunderbaren Freund und Begleiter. Die Schafe vermehrten sich und entwickelten sich zu einer großen Herde. Nachdem es um das Dorf herum keine Nahrung mehr für die Schafe gab, zog Abu weiter. Und so ziehen sie also immer wieder um. Mittlerweile zählt die Herde zweihundert Schafe.
„Määäh!“
„Ja, ich habe auch Durst!“
Abu schüttelt sich kurz und grinst. Er läuft schnell zu seinem Zelt um sein Wasserschlauch zu holen und läuft wieder zu Issa um sie an den kleinen See zu führen, der an das Feld angrenzt. So eine Behandlung kriegt nur Issa. Er muss lachen. Er füllt seinen Schlauch und wartet, dass Esad und Issa ebenfalls ihren Durst gestillt haben. Dann verabschiedet er sich von Issa und geht gemeinsam mit Esad zurück zu seinem Zelt um eine Kleinigkeit zu essen. Heute kommt ein Wollhändler vorbei und will ein paar Schafe scheren lassen.
Abu legt sich neben Esad unter den Baum und genießt den Anblick auf seine Schafe.
Ah, wie glücklich sie doch sind!
Er blickt in den reinen, klaren Himmel, atmet tief ein und dankt Gott für diesen wunderbaren Tag. Er hat sein Lager diesmal nah am Strand ausgesucht. Ein Fußmarsch von etwa 30 Minuten und er ist direkt am Meer. Gestern Morgen hat er sich dort den Sonnenaufgang angeschaut. Jetzt erinnert er sich daran und spürt eine starke Wärme in seinem Herzen.
„Gott, du hast mir vielleicht meine ganze Familie genommen. Aber du hast mir auch ein schönes Leben geschenkt.“
Jetzt nimmt er in der Ferne ein paar Menschengestalten wahr, steht auf und geht gemeinsam mit Esad in ihre Richtung. Es ist der Wollhändler mit ein paar Gehilfen.
Der ganze weitere Tag vergeht mit dem Scheren seiner Schafe. Am Abend essen sie alle gemeinsam etwas und die Männer verabschieden sich.
Kurz nachdem sie gegangen sind, wird Abu etwas mulmig zumute. Er geht aus seinem Zelt und verbringt etwas Zeit mit den Schafen. Auch sie sind unruhig. Abus Herz fängt an, schneller zu schlagen. Er schaut in den Himmel. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen. Die Sterne funkeln wie immer. Es ist ruhig.
Plötzlich ertönt in der Ferne ein Heulen. Abu kann zunächst nicht einordnen was das ist. Erst als Esad anfängt zu bellen und zu knurren, merkt Abu, dass das ein Wolf war. Dann wird das Heulen langsam lauter. Er versucht Esad zu beruhigen, aber er knurrt und bellt wie verrückt und versucht die Schafe zusammenzutreiben. Langsam spürt Abu, dass das mehrere Wölfe sind und sie immer näherkommen. Sein Herz schlägt immer schneller, er zittert. Die Angst um seine Schafe wird immer größer. Abu läuft schnell zu seinem Zelt und greift nach seinem Stock. Er wickelt schnell etwas Stoff an seine Spitze und zündet es mit dem Lagerfeuer an. Mit dieser schnell zusammengebauten Fackel rennt er dann zu den Schafen und versucht Issa zu finden.
Genau als er sie gefunden hat, hört er das Bellen der Wölfe und schreckt zusammen. Seitdem er als Hirte unterwegs ist, wurden sie bisher nie angegriffen. Er ist sehr nervös. Er hört ganz vorne seine Schafe laut blöken. Sie laufen wild durcheinander. Und dann hört Abu die ersten Wölfe. Sie greifen seine Schafe an!
Allmächtiger Gott stehe uns bei!
„Weg mit euch!!“
Er läuft mit seiner Fackel auf die Wölfe zu und versucht sie zu vertreiben. Er sieht das beängstigende Gebiss eines Wolfes aus nächster Nähe, als er auf ihn zuläuft. In letzter Sekunde läuft es von Abu weg, als er ihm mit dem Feuer droht. Es sieht zunächst so aus, als hätten die Wölfe Angst vor ihm.
Trotzdem greifen drei bis vier Wölfe immer wieder seine Schafe an und zerfleischen sie ohne Pause. Abu rennt hin und her und versucht sie zu vertreiben. Nach einer Zeit stellt er voller Empörung fest, dass immer mehr Wölfe dazukommen. Jetzt greifen sie ihn auch selber an!
„Geht weg!!“
Abu versucht sie mit der Fackel zurückzuschlagen, aber hat keine Chance. Er wird von drei Wölfen gleichzeitig angegriffen. Als er denkt, dass es jetzt für ihn aus ist, nimmt er im Augenwinkel wahr, dass Esad einem Wolf in den Hintern beißt und blitzartig wegrennt. Alle drei Wölfe laufen ihm hinterher.
„ESAAAD! Lauf mein Junge!!“
Verdammt!!
Abu schaut sich um und sieht nur ein riesen Gemetzel. Er merkt bitterlich, dass er alleine nichts mehr tun kann und läuft mit der Fackel in der Hand zu seinem Lager auf den großen Baum zu. Er schaut nochmal kurz hinter sich, ob er verfolgt wird und schmeißt schließlich die Fackel ins Lagerfeuer. Voller Lebensangst klettert er den Baum hoch und bringt sich in Sicherheit. Hier bleibt ihm nichts anderes übrig, als das Blutbad unten mitanzusehen. Er schreit. Er weint. Aber es hilft nichts. Alle Schafe, die seit sieben Jahren seine einzigen Freunde waren, werden nach und nach umgebracht, bis kein einziges mehr lebt.
Nach gefühlt mehreren Stunden, ziehen die Ungeheuer langsam ab und am Ende bleibt ein Anblick, den Abu ein Leben lang niemals vergessen wird.
Kapitel 3
Durch ein lautes Summen wacht Abu auf. Er sieht eine riesige Fliege vor ihm wegfliegen. Sein Kopf schmerzt stark. Erst als er sich an die Stirn packt, fällt ihm wieder ein, dass seine Hand verletzt ist. Der Stoff ist komplett getrocknet und klebt nun an seiner Wunde.
„Ganz toll. Wie kriege ich das jetzt ab?“
Als er vor sich hermurmelt, verschluckt er sich und fängt wieder an, stark zu husten. Nachdem er sich einigermaßen eingekriegt hat, fällt sein Blick auf den Boden. Ein großer Schreck durchfährt ihn. Der Anblick seiner zerfleischten Schafe ist bei Tageslicht viel schlimmer als er gestern in der Nacht wahrgenommen hat. Abu erinnert sich daran, wie sehr seine Herde gestern gekämpft und gelitten hat und muss sich übergeben.
Danach klettert er langsam den Baum wieder runter. Er schaut sich um. Bis auf seine leblosen Freunde ist nichts zu sehen. Hier und da sind Fliegen bereits dabei über den toten Tieren zu fliegen. Abu blickt nach oben um nicht weiter diesen traurigen Anblick zu haben und hält seine Nase zu.