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»Der Tabel«: das seit Jahrzehnten bewährte Standardwerk jetzt neu überarbeitet. Die Ausbildung der verschiedenen Jagdhunderassen vom Welpen über die Jagdgebrauchshunde-Prüfung und bis zur Praxis im Revier. Verhaltensauffälligkeiten und Untugenden des Hundes korrigieren.
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Seitenzahl: 462
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© eBook: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
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Projektleitung: Dr. Folko Kullmann
Bildredaktion: Dr. Folko Kullmann, Natascha Klebl (Cover)
Korrektorat: Stephanie Schlicht
Covergestaltung: kral&kral design, Dießen a. Ammersee
eBook-Herstellung: Evelynn Ruckdäschel
ISBN 978-3-96747-139-7
1. Auflage 2024
Bildnachweis
Coverabbildung: Farlap/Alamy Stock
Fotos: Arndt, Sven-Erik; Arntjen, Claus; Brachat, Axel; Berg, Martina/stock.adobe.com; Bönke, Beate; Ciani, Jennifer; Dreeskorn, Sylvia; Fickentscher, Peter; Fürschuss, Nicholas; Grotzsch, Wolfgang; Heiss, Uwe:; Hodeib, Ahmad; Hohenhaus, Maria; Homann, Sandra; Kapfer-Walch, Elisabeth; Klamp, Christa; Kleinhempel, Gabi; Körner, Lea; Laudien, Christa; Liederley, Hannes; Lietzow, Venessa; Lutz, Manfred; Michel, Melissa; Niehues, Maria-Theresa; Paul-Wollmann, Nina; Rasch, Holger; Reis, Matthias; Scherr, Reinhard; Schmitz, Christian; Schönberger, Balduin; Schulte, Roland; Sell, Kai-Uwe; Sporleder, Heike; Tabel, Uwe; Thomas, Burkhard; Umbach, Ulrich; Unschold, Mandy; Wagner, Wilhelm; Walter, Anton (nach einer Vorlage von Alfred Wehlehner); Werbeagentur Reich; Willems, Bianca
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GuU 7-139 06_2024_01
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Auf unseren zahlreichen Abrichtelehrgängen habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass den lernbegierigen Jägern sehr häufig nicht nur das Verständnis für die Psyche des Hundes fehlt; meistens wissen sie auch nicht, in welcher Reihenfolge man bei der Erziehung und Abrichtung des Jagdgebrauchshundes vorgeht. Ich habe daher auf den methodischen Aufbau in der Ausbildung des Hundes besonderen Wert gelegt. Der Anfänger benötigt gerade die Methodik, denn die Gefahr, dass er »den zweiten Schritt vor dem ersten tut«, ist groß, wobei natürlich ein Erfolg versagt bleibt.
Der Behandlung des Junghundes im ersten Lebensjahr bis zum dressurfähigen Alter spreche ich sowohl für seine körperliche wie erst recht für seine geistige Entwicklung große Bedeutung zu, weswegen der erzieherischen Einwirkung bis zum Beginn der Abrichtung ein wesentlicher Teil des Buches gewidmet ist. Die Erziehung und Ausbildung ist im Wesentlichen für alle Rassen die gleiche, mindestens in den Gehorsamsübungen. Auch das Apportieren sollten mit Ausnahme der Schweißhunde sämtliche Hunde lernen, selbst der Teckel, sofern er vielseitige Verwendung findet.
Mit Rücksicht darauf, dass der Bauhund von einer Vielzahl der Jäger gebraucht wird, ist auch seiner Ausbildung ein Kapitel gewidmet.
Es besteht sicher die Möglichkeit, einzelne Leistungen des Hundes auch auf andere Weise zu erzielen. Namentlich der geborene Meister wird auf manche der empfohlenen, kleinen Hilfsmittel verzichten können. Das in dem Buch geschilderte Verfahren ist jedoch vielhundertfach persönlich erprobt und hat bei der Masse der Schüler zum guten Erfolge geführt. Es enthält so gut wie nichts, was nicht eingehend praktisch ausprobiert und für die Praxis als empfehlenswert festgestellt wurde. Es ist der Niederschlag von im Laufe eines halben Jahrhunderts gesammelten Erfahrungen bei der Behandlung aller in Deutschland gebräuchlichen Jagdhundrassen und vieler anderer Nichtjagdhunde.
Meinem größten Lehrmeister, Fritz Hagemeister, Gallin/Mecklenburg, gilt mein aufrichtiger Dank. Er hat mich – nicht durch Worte, wohl aber durch zahlreiche Beispiele – gelehrt, welch ungeheure Rolle bei der Ausbildung von Hunden der feste Wille, die konsequente Behandlung und das blitzschnelle Reagieren spielen. Das liegt nun viele Jahrzehnte zurück.
Möge das Werk das Verständnis für die Regungen des Hundes und die Kenntnis von der Nutzbarmachung seiner Anlagen heben. Damit würde in erster Linie der Ethik im Waidwerk, nämlich dem schnellen Zur-Strecke-Bringen kranken oder erlegten Wildes gedient, zum anderen aber auch die Freude am waidgerechten Jagen mit dem Hunde erhöht.
Dr. Carl Tabel
Annweiler, 1964
Dem Wunsche meines Vaters Carl Tabel folgend, habe ich die Betreuung dieses Werks nach seinem Tode (seit der elften Auflage) übernommen. »Stillstand ist Rückschritt«, das war einer seiner Lebensgrundsätze. Auch in Bezug auf die Jagdhunde-Ausbildung gehören dazu unsere geistige Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Gedanken sowie die sachlich-fachliche Überprüfung von Anregungen zur praktischen Umsetzung.
Die epigenetisch begründete, zentrale Bedeutung der artangepassten Umwelt für die heranwachsenden Welpen und Junghunde wird hier eingehend behandelt. Zielführende Maßnahmen werden ausführlich beschrieben und durch ergänzende Bilder veranschaulicht. In der gerechten Aufzucht der Welpen und deren Früherziehung liegt ein enormes Kapital im Hinblick auf die weitere Ausbildung zum zuverlässigen Jagdgebrauchshund. Neben der verhaltensbiologischen Erkenntnis kommt auch hier die jahrelange Erfahrung als Züchter wie auch jene – insbesondere – aus vielen Lehrgängen für die Früherziehung von Welpen unterschiedlicher Jagdhunderassen zum Tragen.
Die Grundvoraussetzung eines gedeihlichen Miteinanders von Mensch und Hund ist das gegenseitige Vertrauen, welches hergestellt und dauerhaft gepflegt werden muss. Hier aber ist darüber hinaus auch dem hohen Anspruch an den Jagdgebrauchshund, an seine freudige Handlungsbereitschaft, seine Belastbarkeit und Zuverlässigkeit im Jagdbetrieb Rechnung zu tragen. Es geht also um eine Art der »Berufsausbildung« des Hundes zum vielseitigen und zuverlässigen Helfer bei der Jagdausübung, der dann gegebenenfalls auch unter widrigen Umständen seine Aufgaben erfüllt.
Als Ausbildungsmaßstab dazu dienen die Anforderungen der Verbands-Gebrauchs-Prüfung (VGP) bzw. der jagdlichen Gebrauchsprüfungen von Spezialzuchtvereinen. Die Prüfungen sind jedoch kein Selbstzweck, vielmehr und vor allem gelten die Anforderungen für den praktischen Jagdbetrieb, wo sie zuverlässig erfüllt werden müssen, zuweilen unter mehr oder weniger ungünstigen Gegebenheiten.
Bei diesem Zielanspruch ist die sorgfältige Unterordnungs-Ausbildung im Rahmen der Grundausbildung, das heißt schließlich der Gehorsam, unabdingbar. Bei allen anspruchsvollen Leistungen in sonstigen Ausbildungs-Disziplinen dient der absolute Gehorsam als zielführende Voraussetzung. Aus diesem Grund liegt im Kapitel Grundausbildung ein Schwerpunkt dieses Buches.
Dort werden auch Fragen zur Zwangsanwendung und deren Missverständnis erörtert. Hier sei nur kurz darauf hingewiesen, dass innere Zuwendung und Einfühlsamkeit in den individuellen Hund sowie situationsgerechtes Loben neben der Zwangsanwendung gleichrangige Bestandteile der Ausbildung und Führung des Jagdgebrauchshundes sind.
Die Vielfalt unserer Jagdhunderassen beiinhaltet mannigfaches Leistungsvermögen, wobei die Vielseitigkeit im Einzelnen mehr oder weniger eingeschränkt ist. Beispielsweise kann der Vorstehhund den Fuchs nicht aus dem Bau jagen, während der Teckel das laufkranke Reh nicht zu fangen vermag. Allen aber kann man die hier beschriebene Grundausbildung angedeihen lassen.
Die Partnerschaft zwischen dem Jäger und seinem Jagdhund beruht nicht auf vermenschlicht gedachte Gleichberechtigung oder auf »gleiche Augenhöhe«, sondern auf der des Hundes arteigenen Hierarchieeinordnung. Dazu das Zitat von Eric A. Aldington in seinem Buch »Von der Seele des Hundes«: »… Die unglaubliche Zuneigung, die zwischen Mensch und Hund erwächst, sie wird nur möglich, weil der Mensch zu begreifen lernt, dass er seinen Hund als ein völlig andersartiges, nach eigenen Gesetzen lebendes Individuum anerkennen und ernstnehmen muss …«
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Uwe Tabel
Annweiler, im März 2024
Nachsatz zu den Formulierungen in diesem Buch aus geschlechtergerechter Sicht:
Ich stehe zur Gleichberechtigung aller Geschlechter und verurteile jede Form der Diskriminierung, verwende aber aus Gründen des Leseflusses hier die maskuline Form und meine damit alle Geschlechter.
Jagdhund ist nicht gleich Jagdhund. Die verschiedenen Rassen haben nach ihrer Zuchtauslese, nach ihrem jahrzehnte- bzw. jahrhundertelangen Gebrauch und nach ihrem Körperbau unterschiedliche Anlagen und Verhaltensmuster. Das wird auch dem in diesen Dingen weniger bewanderten Jäger auffallen, wenn er beispielsweise den Terrier dem Hannoverschen Schweißhund gegenüberstellt: hier lebhaftes Temperament sowie Kämpfernatur unter und über der Erde, dort Ruhe, Besinnlichkeit und die gesamte Konzentration auf das Ausarbeiten kranker oder gesunder Fährten des Hochwildes gerichtet.
Die Rassen unterscheiden sich in den Anlagen z. T. erheblich, und sie sollen auch unterschiedlich sein, weil die von den Jägern gestellten Anforderungen voneinander abweichen.
Der Rote Schweißhund wird fast ausschließlich zur Nachsuche auf krankes Schalenwild gebraucht. Dazu ist Ruhe und Beharrlichkeit neben größter Konzentration auf eine einmal angefallene »Duftspur« nötig. Auch bei der gegebenenfalls notwendig werdenden Hetze ist das Durchstehen (Beharrlichkeit) von größter Bedeutung. Ein wesenslabiler Hannoverscher oder Gebirgsschweißhund würde die Voraussetzungen für sein Arbeitsgebiet nicht erfüllen. Die Bracke kommt dem Schweißhund in ihrer notwendigen Veranlagung sehr nahe; hinzu kommt der lockere Hals (unbedingter Spurlaut). Die Stöberhunde (Wachtel, Spaniel, auch Teckel und Terrier) müssen in erster Linie fährten- beziehungsweise spurlaut jagen. Daneben wird Wasserfreude gebraucht. Von den Erdhunden wird gutes Kriechen und Durchsuchen eines Baues, Laut und Schärfe am Raubwild verlangt. Die kontinentalen Vorstehhunde sind »das Mädchen für alles«, mit Ausnahme der Arbeit unter der Erde. Die deutschen Vorstehhunde sind im Grunde gleichen Ursprungs, bilden aber verschiedene Schläge (Rauhaar, Kurzhaar, Langhaar mit deren Untergruppen).
Außer diesen rein deutschen Vorstehhunden werden seit einigen Jahrzehnten in Deutschland weitere europäische Vorstehhunde nach eigener Vereinsgründung gezüchtet und auf Verbandsprüfungen geführt. Sie sind den altbewährten deutschen Rassen gleichwertig, sofern sie über ausgeprägten Beutetrieb und die notwendige Wildschärfe verfügen.
Das Vorstehen ist bei allen Vorstehhunden als genetische Anlage verankert, das heißt, diese Hunde stehen aus Naturanlage vor. Die Verhaltensweise kommt je nach Individuum früher oder später sowie stärker oder schwächer ausgeprägt zum Ausdruck. Es gibt Vorstehhunde, die schon im Alter von 3 Monaten beim Wahrnehmen einer Federwildwittrung erstarren oder – was noch häufiger zu beobachten ist – auf Sicht vorstehen, aber oft bricht diese Anlage erst im Alter von 8 bis 10 Monaten durch und zeigt sich in den verschiedensten Variationen vom festen Vor- und Durchstehen bis zum ganz kurzen Verharren. Es sind aus diesem unterschiedlichen Verhalten vorerst keine sicheren Schlüsse auf die spätere Qualität als Feldhund zu ziehen. Auch der zunächst nur kurz zusammenfahrende Junghund kann im Laufe der Ausbildung ein absolut sicherer Vorstehhund werden, wie ein »Taster«, d. h. ein an Federwild ausgesprochen vorsichtiger Hund, durch unsachgemäße Führung im Vor- und Durchstehen verdorben werden kann.
Die für das anspruchsvolle Jagen viel wichtigere Anlage des Hundes ist sein Verhalten bei der Arbeit auf der Hasenspur! Diese Anlage ist weniger fest verankert als die zum Vorstehen, zur Suche oder der Wasserfreudigkeit. Neben ausgeprägtem Spurwillen bedarf es der inneren Ruhe des Hundes, seinen Beutewillen zu beherrschen und mittels seiner Konzentrationsfähigkeit auch der schwierigen Spur zu folgen. Daraus resultiert schließlich die Spursicherheit. Das sind vorauszusetzende Eigenschaften, um mit dem Vorstehhund insbesondere »nach dem Schuss« waidgerecht jagen zu können. Die Anlage zur inneren Ruhe ist ein wichtiger Teil der Wesensstabilität des Hundes. Sehr wünschenswert ist die natürliche Bringfreude. Sie kann die Ausbildung zur Zuverlässigkeit im Bringen wesentlich erleichtern.
Unentbehrlich für die waidgerechte Jagdausübung erscheint die Raubwildschärfe (und allgemeine Wildschärfe) des Vorstehhundes, sowohl für das schnelle Abtun kranken Nutz- und Raubwildes aus Gründen des Tierschutzes als auch zur Hege des Niederwilds, wo der raubwildscharfe Hund im Rahmen der Prädatorenbejagung hervorragende Dienste leistet.
Die Wasserfreude ist eine weitere wichtige Anlage. Sie ist erfreulicherweise in hohem Maße vorhanden und eine Voraussetzung bei der waidgerechten Wasserwildjagd.
Deutsch Drahthaar
Ähnlich ist es mit der natürlichen Anlage zur Suche im Felde. Sie hat sich im Verlauf hundertjähriger Zuchtauslese enorm geändert. Waren zu Beginn noch recht oft Mängel bei der Schnelligkeit und Ausdauer zu beklagen, so wird zwischenzeitlich das wünschenswerte Maß an Schnelligkeit und die damit verbundene Flüchtigkeit eher überschritten. Mangelnde Schnelligkeit macht heute weit weniger Sorge als die Notwendigkeit, diese Schnelligkeit mit der unbedingt notwendigen Sorgfalt bei der Suche in Einklang zu bringen. Die überschnellen Hunde verlieren gar zu leicht die Fähigkeit, die übrigen anspruchsvollen Gebrauchshundfächer zuverlässig, ruhig und beherrscht zu erledigen. Das gilt besonders in Bezug auf die Nachsuchen aller Art.
Es kommt hinzu, dass sich seit den 1960er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die jagd. War zuvor das Feldhuhn das Hauptwild, so ist es seitdem mehr und mehr vom Fasan zurückgedrängt worden, wobei auch die Streckensumme aus beiden Arten stark zurückgegangen ist. Die untenstehende Übersicht verdeutlicht die Entwicklung.
*Nur sogenannte alte Bundesländer
Quelle: DJV-Handbuch Jagd
Das Fluchtverhalten des Fasans am Boden unterscheidet sich insofern deutlich von dem des Rebhuhns, als er sein Heil häufig im Widergang sucht, das heißt vor dem aufrückenden Hund nach rückwärts ausweicht. Das bedeutet wiederum, dass nicht der schnell suchende Hund im Vorteil ist, sondern der bedachtsame, der gegebenenfalls bei Nackenwind das Geläuf des Fasans findet und ihm sorgsam folgt.
Bei der Suche (im Feld, im Wald und im Wasser) ist der entscheidende Wert auf den Finderwillen zu legen. Man sollte dem Hunde bei jedem Sprung ansehen, dass er intensiv sucht, nicht nur läuft.
Der Ausdruck der genannten Anlagen ist nicht nur von physischen, sondern erst recht von psychischen Voraussetzungen abhängig. Eine ausgeprägte Wesensstabilität des Hundes ist von größter Bedeutung. Die Wesensstabilität rückt immer mehr in den Blickpunkt der Jäger, weil mit dem züchterischen Fortschritt bei allen Rassen, der uns zweifellos hervorragende Erfolge und Verbesserung von jagdlichen Anlagen gebracht hat, auch die Gefahr einer nervlichen Konstitutionsschwäche verbunden ist. Das Problem ist in weiten Kreisen erkannt, wird seit längerer Zeit immer wieder erörtert und durch die Fachpresse in die Öffentlichkeit getragen.
Jeder Jäger sollte allergrößtes Augenmerk darauf richten, ob ein Hund bei unerwarteten Begegnungen, Erscheinungen und bei ungewohnten Ereignissen nachhaltig nervös oder ängstlich reagiert. Mag man Mängel in dieser Hinsicht, sofern sie nur geringfügig auftreten, für den praktischen Gebrauch in wenig anspruchsvollen Fällen noch hinnehmen, durch entsprechende Behandlung und Übung auch teilweise eindämmen und beheben können, so sind diese Tiere für die Zucht ganz ungeeignet; Wesenslabilität führt bei Stresssituationen oft zum Versagen im Jagdbetrieb.
Die Wesensstabilität muss für alle Jagdhunde, gleich welcher Rasse, gefordert werden. Zudem ist die Qualität des Nasengebrauchs von ausschlaggebender Bedeutung für sämtliche Jagdhunde. Der sichere Nasengebrauch und das stabile Wesen sind vorrangige Bedingungen für jeden Jagdgebrauchshund.
Nasengebrauch, Spurwille, Schärfe und Wesensstabilität sind anlagebedingt und können durch Ausbildung und Führung lediglich gefördert werden. Das Bringen, das anhaltende Vorstehen (Durchstehen), die Schussruhe wie alle anderen Gehorsamsfächer (Ablegen, Leinenführigkeit, Verhalten auf dem Stande, Folgen frei bei Fuß usw.) sind das Ergebnis der Ausbildereinwirkung; die Suche, das Buschieren, das Stöbern (im Wald und im Wasser) wie auch die Schweißarbeit können weitgehend positiv beeinflusst werden, aber hauptsächlich guten Nasengebrauch, ausgeprägten Spurwillen sowie Schärfe und Wesensstabilität muss der Hund von Geburt her mitbringen.
Innerhalb der Schläge der deutschen Vorstehhunde entsprechen deren Anlagen im Allgemeinen den Anforderungen des vielseitigen Jagdgebrauchshundes. Es gibt zwar von Rasse zu Rasse gewisse Stärken und Schwächen, aber fast jeder wesensstabile Hund wird sich dem Revier und der dort vorwiegend vorkommenden Jagdart anpassen und auf demjenigen Gebiet die höchsten Leistungen zeigen, auf dem er am meisten Verwendung findet. In jedem Fall ist eine korrekte Ausbildung und Führung Voraussetzung.
Griffon
Für die Wesensentwicklung des jungen Hundes ist der Umwelteinfluss im ersten Lebensjahr von entscheidender Bedeutung. Die Schaffung und Festigung der Selbstsicherheit, des feinen Kontaktes zum Herrn – sowohl als Mensch wie als Jäger – und die Fähigkeit, sich in allen Situationen, insbesondere auch auf der Jagd, je nach den Erfordernissen einzustellen, ist in höherem Alter kaum in gleicher Weise zu erreichen. »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.« Es ist gerade der Kontakt des Junghundes in den ersten Lebensmonaten mit Menschen, Artgenossen und sonstiger Umwelt für sein späteres Verhaltensmuster und seine Verhaltenssicherheit von besonderer Bedeutung. Eberhard Trumler schreibt in seinem Buch »Mit dem Hund auf du«:
»Die Beobachtung der normalen Jugendentwicklung des Hundeverhaltens wird uns noch eine weitere Quelle von Verhaltensänderungen auftun, freilich solcher, die nicht erblich sind. Ich glaube aber sehr daran, dass sie an der bunten Individualität unserer Hunde noch viel einschneidender beteiligt sind als die erblichen. Wir wissen schon, dass selbst im Wolfsrudel gewisse Unterschiede unter den Individuen zu beobachten sind, von denen bestimmt auch nicht alle angeborenermaßen vorhanden sind, sondern erst während der Jugendzeit erworben werden. Das ist normal und wird sicherlich für das Wolfsrudel gewisse Vorteile bieten. Bei unseren Haushunden können aber auf diesem hier gewöhnlich weit übersteigerten Wege nicht nur sehr auffallende Verhaltensstörungen auftreten, sondern sogar eine Fülle von Neurosen. Es gibt schon eine umfangreiche Literatur über dieses traurigste Kapitel des ganzen Hundedaseins, und so mancher Tierarzt hat sich darauf spezialisiert. So habe ich mit wahrem Gruseln eine sehr umfangreiche Arbeit des Wiener ›Hundepsychiaters‹ Ferdinand Brunner gelesen, die sich durch nichts von einem Bericht einer psychiatrischen Klinik der Humanmedizin unterscheidet. Ursache solcher bedauernswerter psychischer Störungen ist 99 mal in 100 Fällen eine gestörte Jugendentwicklung.
Deutsch Stichelhaar
Wir können gar nichts besseres tun, als uns die normale, durch nichts gestörte Jugendentwicklung bei Hunden ohne Verhaltensabänderungen mit aller Sorgfalt anzusehen. Dieses Thema ist nicht nur eines der schönsten, die es für das Verhaltensstudium gibt, sondern es enthält auch den Schlüssel für alles, was den künftigen erwachsenen Hund ausmacht. Er ist nicht nur das Produkt seiner erblichen Anlagen, er ist auch das Produkt seiner Jugendentwicklung. Man kann ganz zweifelsfrei behaupten: Ein schlecht veranlagter Hund mit einer guten Jugendentwicklung wird ein besserer Hund sein als einer, der zwar über beste Erbanlagen verfügt, aber eine unzureichende Jugendzeit verlebte. Mag sein, dass das viele moderne Züchter, die mehr auf die Abstammungsnachweise und Prämiierungen schauen als auf den Hund selbst, nicht recht glauben wollen. Wer aber das, was ich von diesen Dingen berichten kann, aufmerksam verfolgt, wird mir am Ende recht geben.«
Terrier- und Teckel-Welpe beim Spielen
Die herausragende Bedeutung der Umwelt für die Entwicklung und Etablierung von Verhaltensweisen gehört für uns zu den erhellendsten Erkenntnissen aus der Verhaltensbiologie der Hunde. Mit dieser Feststellung sollten wir zugleich verinnerlichen, dass es sich dabei um außerordentlich komplexe Zusammenhänge handelt und die Wesensentwicklung in besonderer Weise angesprochen ist.
Um jedem Missverständnis vorzubeugen, sei deutlich darauf hingewiesen, dass das gleichfalls entscheidende Gewicht der ererbten Anlagen (Genetik), nämlich die richtige Partner- bzw. Zuchtwahl davon unberührt bleibt. Aber das durch beide Eltern neu kombinierte genetische Muster beinhaltet zum einen festgefügte Verhaltensprogramme, die quasi für das »instinktivrichtige« Verhalten zuständig sind, beispielsweise das Verhaltensprogramm der Mutterhündin im Verlauf von Geburtsvorgängen der Welpen. Zum anderen enthält es einen sehr großen Anteil von Programmen mit »offenen Strukturen«; d. h. die daraus resultierenden Verhaltensmuster sind nicht von vornherein bereits festgefügt, sondern in hohem Maße von den Umweltbedingungen nach der Geburt abhängig. Dazu gehört z. B., dass die Sozialisierung des Welpen nur unter entsprechenden Umweltbedingungen erfolgt.
Aldington beschreibt die Vorgänge in seinem o. g. Buch (1986) »Von der Seele des Hundes« so: »In der komplexen Verhaltensreaktion … sind sowohl konditionierte (gemeint sind erlernte) als auch unkonditionierte (gemeint sind angeborene) Reflexe, jedoch in jeweils unterschiedlicher Proportion vereinigt.« Und diese »unterschiedlichen Proportionen« sind es schließlich, die uns im Einzelfalle eine Aussage über konkrete Verhaltensanteile seitens der Genetik einerseits und der Umwelt andererseits unmöglich machen.
Aus wissenschaftlicher Sicht waren wir bislang auf die vergleichende Verhaltensbiologie angewiesen. Dortige Erkenntnisse sind nun mit einem großen Erkenntnis-Fortschritt der Epigenetik bestätigt bzw. ergänzt worden (s. SPORK »Der zweite Code-Epigenetik«).
Die Epigenetik, ein spezieller Teil der Vererbungsbiologie, hat mit den Einblicken in die erbphysiologischen Vorgänge bei der Genregulation durch die Umwelt einen entscheidenden wissenschaftlichen Nachweis nachgereicht.
Epigenetische Prozesse sind für die »Genregulation« zuständig und bestimmen mit, unter welchen spezifischen Umwelteinflüssen welches Gen angeschaltet bleibt und/oder wann es abgeschaltet wird.
Epigenetische Markierungen werden zudem bei der Zellteilung weitergegeben und bilden quasi ein Gedächtnis für vergangene Ereignisse. Sie sind vielfach auf nachfolgende Generationen vererbbar.
Die Umwelt-Bedingungen im Jugendalter wirken entscheidend auf die Wesensentwicklung des einmal erwachsenen Jagdhundes! Das Welpenund frühe Junghundalter ist dabei von besonderer Bedeutung. Insbesondere steht das Alters-Zeitfenster bis etwa 20 Wochen im Fokus. Hier soll einerseits die Phase bis zum Alter 8 Wochen (Züchterverantwortung) und zum anderen die Phase danach bis zum Alter etwa 20 Wochen (Erwerberverantwortung) als besonders wirksames Teil-Zeitfenster behandelt werden. Denn in diesen relativ kurzen Zeiträumen – und zu hohem Anteil nur in diesen – werden die Verhaltensmuster des Hundes in ihren Grundzügen so gut wie unveränderlich für sein ganzes Leben festgelegt. Züchter wie Welpenerwerber sind daher hinsichtlich der Aufzucht und Ausbildung von Jagdhundewelpen bzw. Junghunden in besonderem Maße gefordert.
Züchterverantwortung – Der Umwelteinfluss beginnt lange bevor der Welpe in die Hand des Erwerbers geht. Insofern liegt für die Wesens- und Verhaltensentwicklung zunächst die Verantwortung beim Züchter. Die besondere Züchterverantwortung dauert bis zur Abgabe der Welpen.
Es wird in der Regel vom Züchter verhältnismäßig viel Energie aufgewendet, um den »passenden« Rüden für seine Hündin zu finden. Viel wichtiger aber ist die vorangehende Entscheidung, ob die zur Verfügung stehende Hündin überhaupt als Zuchthündin in Frage kommt. Für sie gelten gleichermaßen die hohen Anforderungen an ihre jagdlich relevanten Anlagen sowie an Form und Haar. Von ganz besonderer Bedeutsamkeit ist aber ihre Wesensstabilität, weil sie über die Brutpflege und das Tradieren (s. u.) das Wesensbild ihrer Nachkommen entscheidend beeinflusst!
Beide, die Hündin wie der Rüde, bringen pro Welpen je ihren haploiden Chromosomensatz ein. Aus der Verschmelzung beider Geschlechtszellen entsteht dann über die diploide Zygote (Ursprungszelle) der Embryo, aus dem jeweils ein Welpe erwächst. Zum neu kombinierten genetischen Muster (genetischen Phänotyp) tragen beide Eltern mehr oder weniger gleichanteilig bei. Dieser Vorgang ist jedoch nur eine Grundlage für das Werden der künftigen Hundepersönlichkeit.
Kontaktliegen, 13 Tage alte DD-Welpen
Die verhaltenssichere Mutterhündin ist eine entscheidende Grundfeste für ihre Nachkommen, die zu wesensstabilen und leistungsstarken Jagdhunden heranwachsen sollen. Ihre Instinktsicherheit steht für die Qualität der Aufzucht und ihr allgemeines Verhaltensprogramm für die Verhaltens- und Wesensentwicklung der Welpen. Das Tradieren (Nachahmen), worüber unten noch nähere Ausführungen gemacht werden, ist von zentraler Bedeutung für das Lernen der Hunde.
Ein besonderes Beispiel aus ihrem angeborenen Verhaltensprogramm ist die Brutpflege; dazu gehören Entfernen der »Eihaut«, Abnabelung, Trockenlecken und Massage zur Stimulierung der Eigenaktivität der Welpen (Atmung, Bewegung, Lautgeben, Kot- und Urinausscheidung …). Die »angeborene Sicherheit des biologisch richtigen Handelns« der Mutterhündin ist eine elementare Voraussetzung für die Arterhaltung. Die in die Brutpflege eingebundene, lebenswichtige Interaktion zwischen Hündin und Welpen dient zugleich der natürlichen Gefühls-(Wesens-) Entwicklung der Welpen und führt zur artgemäßen »Nestwärme«.
Am 21. Lebenstag unternimmt der Welpe seinen ersten Ausflugversuch.
Bis über die dritte Lebenswoche der Welpen hinaus sollte die Hündin in der Lage sein, den Wurf ganz allein zu ernähren und sauber zu halten. Ziemlich genau am 21. Lebenstag verlassen z. B. meine Drahthaarwelpen die Wurfhütte zum ersten Mal, wenige Tage danach lösen sie sich nur noch außerhalb der Hütte; bis dahin vermeide ich jegliches Zufüttern, um der Hündin den »Geschmack« an der kompletten Brutpflege nicht zu verderben. Das alles geht aber nur bei angemessener Welpenzahl, artgemäßer Ernährung und entsprechend angebotenem Wurfnest (Hütte, Kiste, …). Ein durch Urin- und Kotzersetzung übel riechendes Nest ist der sichere Hinweis darauf, dass die Mutterhündin ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist!
Es ist eine zweifelsfreie Einsicht aus der Epigenetik, dass der Einsatz künstlicher Wärmequellen (Bodenheizung, Rotlicht) eine ausgesprochen kontraproduktive »Hilfe«, eine Störung bei der Jagdhundeaufzucht ist. Ohne diese vermag die gesunde Mutterhündin in der gut isolierten Wurfhütte mit angemessenem Rauminhalt – auch bei äußeren Kältegraden – absolut genügende Wärme zu geben. Das immer wieder aufgesuchte Kontaktliegen der Welpen untereinander wie auch mit der Mutterhündin verschafft die nötige Wärme und fördert bei diesen Interaktionen insbesondere die gesunde, artgemäße Gefühls- und Verhaltensentwicklung.
Auch die Einstellung der Brutpflege im Einzelfalle bei nicht bzw. wenig lebensfähigen Welpen gehört dazu. Und wir halten es aus der Sicht des verantwortungsbewussten Züchters im Hinblick auf die Wesensentwicklung des betroffenen Welpen für fatal, wenn da »korrigierend« eingegriffen wird.
Es gibt diverse Störungsursachen, welche die Brutpflege beeinträchtigen können. Dazu gehören beispielsweise Krankheiten der Mutterhündin, falsches Wurflagerangebot und insbesondere die Überforderung durch zu hohe Welpenzahl. Trumler beschreibt in seinem Buch »Das Jahr des Hundes« sehr eindrucksvoll, wie die Natur solche Konflikte löst.
26 Tage alt sind die Welpen beim erstmaligen Zufüttern; danach erfolgt die Fütterung nur noch im Zwinger.
Wir meinen, dass uns das Tierschutzrecht diesbezüglich einer Irritation ausgesetzt hat, nämlich durch das grundsätzliche Verbot, die Welpenzahl zu begrenzen. Die Forderung, dass kein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund getötet werden darf, ist absolut zu respektieren und zu akzeptieren. Die Frage ist nur, wo hier der »vernünftige Grund« aufhört. Der Schwierigkeit sind wir uns bewusst. Aber wir wollen zu bedenken geben, dass die Hündin bei Überschreitung einer gewissen Welpenanzahl zur artgemäßen Aufzucht nicht mehr in der Lage ist, was als durchaus tierschutzrelevant anzusehen ist. Eine entsprechende Amme kann helfen. In der Natur finden wir allenthalben Beispiele, wo die ursprüngliche Anzahl der Nachkommen auf dem Wege des Heranwachsens je nach Umweltbedingungen reduziert wird. Wenn aber der »tierliebe« Mensch hier »helfend« eingreift, hat das wiederum langfristig betrachtet eine Degeneration zur Folge, die nicht zuletzt durch massive Wesensmängel bei unseren Hunden zum Ausdruck kommt. Nur die gesunde – gemeint ist hier die artangemessene – Umwelt im Zuchtgeschehen kann nachhaltig für eine wesensgesunde Rasse sorgen.
Auch im erweiterten Erkundungsgelände erfolgen Körperpflege, …
Vom aktuellen Zeitgeist unabhängig Auffassungen zu vertreten, wird häufig nicht oder nur schwer akzeptiert. In unserem Zusammenhang haben wir es mit einem Entwicklungsstand der »Tierliebe« zu tun, der sich an den selbstbezogenen Werten des von der fortgeschrittenen Zivilisation geprägten Menschen orientiert. Wir unterliegen einem anthropozentrischen Einfluss, wo der Mensch, nicht das uns anvertraute Tier im Mittelpunkt steht. Damit aber bleiben die artgemäßen Bedürfnisse der Tiere weitgehend unberücksichtigt! In manchen Fällen mag der Zeitgeist sogar wirtschaftlichen Interessen entgegenkommen, wenn die Aussicht auf einen finanziellen Vorteil durch mehr Welpen der vorgenannten »Tierliebe« Rückenwind verschafft.
…und Säugen, für die Mutter offensichtlich anstrengend, …
…sowie Kontaktliegen mit der Mutter in der Ruhephase.
Spätestens ab dem Moment, da der Welpe sich anschickt, sein Wurfnest selbstständig zu verlassen, können wir die rasche Erweiterung seiner Erfahrungswelt beobachten – wenn ihm keine künstlichen Grenzen gesetzt sind. Das beginnt mit dem 21. Lebenstag und bedeutet zugleich, dass dann unter allen Umständen jegliche Hindernisse beseitigt sein müssen. Etwa um den 24. Lebenstag verlässt der Welpe das Lager, wenn er sich lösen will. Wie oben angesprochen, beginne ich dann frühestens mit der Zufütterung, die nur im Zwinger stattfinden sollte.
Im neuen Erkundungsbereich wird alles untersucht.
Nach wenigen Tagen hat der Welpe auch die Grenzen des Zwingers oder des Haus- bzw. Stallraumes erkundet, weshalb ich dann zeitweise auch deren Grenze, d. h. die Tür öffne. Die Mutterhündin begleitet die Welpen, ist auch dort Anlaufpunkt für Pflege, Säugen, Ruhen und Spielen. Gewiss, das ist im Hinblick auf menschlich verstandene Ordnung und Reinlichkeit im häuslichen Umfeld nicht immer bequem, aber verantwortungsvolles Züchten und Aufziehen von Welpen hat mit Bequemlichkeit nichts gemein; es ist höchst spannungsgeladen und fordert gegebenenfalls Einschränkungen anderer Gewohnheiten.
Das Benagen von Gegenständen gehört zum inneren Antrieb des Welpen.
Der Welpe ist von starker Neugier, von ausgeprägtem Erkundungsdrang getrieben. Vielerlei neue, tote und lebende Gegenstände beflügeln sein Interesse, lassen ihn spielen, jagen, schnüffeln, nagen, zausen und anderes mehr. Dieser innere Antrieb ist eine wesentliche Quelle des Lernens. Wenn er dafür nicht die entsprechende Umwelt findet, vielmehr die folgenden vier Wochen auf engem Raum leben muss, entgehen ihm entscheidende Voraussetzungen seiner artgemäßen Wesensentwicklung. Ja, es ist gar ein Gebot des Tierschutzes, den inneren Antrieben Entfaltung zu gewähren, und allein deshalb Aufgabe jedes ernsthaften Züchters, diese ihm dann noch zur Verfügung stehenden vier Wochen für vielerlei Aktivitäten mit den Welpen zu nutzen.
Die Aktivitäten des Züchters mit den Welpen können vielfältig sein und sind dem Entwicklungsstand der Zöglinge anzupassen. Es kommt unter anderem darauf an, dass die Welpen einmal frühzeitig den Menschen als Sozialpartner kennen lernen und zum anderen mit vielfältigen Umweltsituationen vertraut werden. Gleichzeitig müssen sie frühzeitig lernen, sich als »Nasentiere« unter verschiedenen Bedingungen über den Geruchsinn zu orientieren. Wenn ein bestimmter Umstand zur Einschüchterung führt, ist das seelische Gleichgewicht des oder der Welpen schnell wieder herzustellen, beispielsweise durch einen raschen, ablenkenden oder entspannenden Situationswechsel.
Vom ersten Lebenstag an nimmt der Welpe den Menschen als »Rudelgenossen« wahr.
Einige Anregungen zu Aktivitäten des Züchters aus der eigenen Praxis:
Bei der täglichen Gewichtskontrolle während der ersten drei Lebenswochen, die vor allem auch Hinweise auf die Vitalität (Biotonus) des einzelnen Welpen gibt, nimmt dieser über den Geruchsinn zugleich den Menschen als normalen Rudelgenossen wahr.
Das Spielen der Welpen untereinander und mit der Mutterhündin wird zunehmend temperamentvoller und erreicht nach der vierten Lebenswoche ein Ausmaß, dass sich der Züchter – zunächst verhalten – mit einbringen kann.
Ab der sechsten Lebenswoche ist regelmäßig tägliches Spielen mit dem Wurf und jedem einzelnen Welpen angesagt. Bald sollen auch andere Menschen (Familienangehörige, Freunde) daran teilnehmen, quasi in das Rudel integriert werden. Die einzelnen Spielphasen bleiben kurz, die Welpen dürfen nicht überstrapaziert werden. Insofern ist unsere sachgerechte Kontrolle notwendig, insbesondere wenn weniger geschickte Menschen einbezogen werden.
Die räumlichen Freiheitsgrenzen werden – zumindest zeitweise – dem Bewegungs- und Erkundungsradius der Welpen angepasst; ab der fünften Woche sind der Zwinger, die Stube oder der Stall in der Regel zu eng und zu »langweilig«.
Zum Füttern werden die Welpen an die gemeinsame Schüssel (im Zwinger) mit einem stets wiederholten Ruf oder Pfiff zusammengelockt. In Verbindung mit dem Ruf erfährt der Welpe ein lustvolles Erlebnis und die Motivation, rasch unsere Nähe zu suchen. Das geschieht an dem Ort, wo die kleinen Kerle ansonsten nicht so gern bleiben (Zwinger …).
Die Welpen sollen die Schüssel stets zügig leeren, es bleibt nie ein Rest zurück. Gute oder schlechte Fresser werden im Welpenalter erzogen. Mit dem guten Fresser bin ich, was unter Futterschleppe und Schweißarbeit noch erläutert wird, immer im Vorteil.
Das Spielen miteinander und …
… das Tollen mit der Mutter außerhalb des Zwingers ist von besonderem Reiz.
Für das Spielen werden abwechselnd verschiedene Örtlichkeiten aufgesucht (Zwinger, Hof, Garten, Feld, Wiese, Wald). Nach lebhaftem Spiel müssen die Welpen wohltuend ruhen und entspannen können.
Das gemeinsame Spielen von Menschen- und Hundekindern tut beiden Seiten gut.
Beim Spielen sind die Welpen an akustische Reize (Händeklatschen, Blechdeckelschlagen, Schütteln steingefüllter Blechdosen u. a. m.) sowie an optische Reize (flatternde Tücher usw.) zu gewöhnen. Das geschieht am besten mit den hungrigen Welpen, sodass im Falle der Einschüchterung das Futterreichen sogleich als lustvoller Auslöser für Entspannung und Wohlbefinden dienen kann.
Die 6 Wochen alten Welpen zerren an der Reizangel-»Beute«.
Hetz- und Greifübungen an der Reizangel, zunächst mit dem ganzen Wurf (6. bis 7. Woche), dann mit einzelnen Welpen, dienen in hervorragender Weise als prägende Einstimmung auf dieses wertvolle und zugleich einfache Ausbildungshilfsmittel. Als »Beutestück« nehme ich zunächst ein größeres, festes Tuch, welches die Welpen gemeinsam erhaschen und gut festhalten können. Das Spiel dauert relativ kurze Zeit und endet immer, bevor die Welpen die Lust verlieren! Die Welpen sollen nach dem von mir bestimmten Spielende immer das Gefühl haben, noch weiter jagen zu wollen, noch nicht voll befriedigt zu sein. Nur so gelingt die Prägung, das Jagen an der Reizangel als Lusterlebnis während des ganzen Lebens zu empfinden.
Erster gemeinsamer Ausflug ins Feld …
… und ins flache Wasser.
Zum Ende der 7. und in der 8. Woche stehen tägliche Reviergänge mit der Mutterhündin und ihrem Wurf auf dem Programm. Die Welpen lernen Feld, Wiese, Wald, und wenn es die Jahreszeit erlaubt, auch Wasser kennen. Die damit verbundenen, vielfältigen Geruchserlebnisse sind für die Welpen im Hinblick auf »ihre Welt« von prägender Bedeutung. Zudem werden sie an diverse Hindernisse herangeführt, die sie im Rahmen ihrer körperlichen Möglichkeiten rasch zu überwinden lernen (Steilböschung, hohes Gras, Graben, dichtere Hecke, pieksende Brombeere, flaches und tiefes Wasser u. a. m.). Die Mutterhündin, der die Welpen am liebsten folgen, ist dabei natürlich eine wertvolle Hilfe.
Reviergänge sind in der Regel mit einer wenigstens kurzen Autofahrt verbunden. Bereits nach der relativ kurzen Gewöhnungszeit gibt es hernach für die Welpen so gut wie keine Verträglichkeitsprobleme mehr. In jedem Falle sollten die Welpen das Fahren im Auto vor ihrer Abgabe gelernt haben.
Das Heranführen des Wurfes an frisch erlegtes Wild aller Art – ggf. mit der Mutterhündin – ist für die Hundekinder stets ein beeindruckendes Erlebnis und macht sie mit Beutestücken frühzeitig vertraut.
Die Untersuchungen von Trumler, beschrieben im oben genannten Buch »Das Jahr des Hundes«, zeigen uns, wie im intakten Rudel die Mutterhündin die Pflege ihrer Welpen nach acht Wochen einstellt und der Vaterrüde (Rudelführer) die Rolle der weiteren Erziehung übernimmt. Es findet also ein Wechsel der Autorität von der Mutter auf den Vater bzw. auf den Rudelführer statt.
In der zivilisierten Welt ist aber der Vater in der Regel nicht mehr präsent. Vielmehr tritt der Welpenerwerber an seine Stelle und muss die anspruchsvollen Anforderungen erfüllen. Insoweit wird auch die immer wieder gestellte Frage nach dem richtigen Zeitpunkt der Welpenübernahme beantwortet: Es ist just das Welpenalter von 8 Wochen der richtige Zeitpunkt für die Übernahme in die neue Obhut.
Der Entscheidung zum Erwerb eines Welpen sollte die Prüfung vorausgehen, ob der Züchter seine Aufgaben hinreichend wahrgenommen hat.
Für diese Welpen gehört das Auto rasch zur normalen Umwelt.
Zuerst muss der neue Rudelführer das Vertrauen des Welpen gewinnen. Er füttert ihn stets selbst, hat ihn viel um sich, spielt mit ihm und lässt ihn auf seinem Schoß entspannen und schlafen. So lernt der Welpe in wenigen Tagen, dass der neue Herr sein sicherer Hort ist, wo er Schutz und Zuwendung findet. Ohne Zeitverzögerung widmet sich der Führer dann in den folgenden acht Wochen intensiv der Frühausbildung seines Zöglings. Das begrenzte Zeitfenster eröffnet dem Welpen den Zugang zu stark prägenden, zukunftsrelevanten Eindrücken.
Symbolisiertes »Tradieren«
Für das Lernen des Hundes hat das Tradieren eine zentrale Bedeutung. Dabei werden Verhaltensweisen eines »Vorbildes« unbewusst an den heranwachsenden Welpen weitergegeben und von diesem übernommen.
Bei Tieren höherer Entwicklungsstufe wird in den ersten Lebenswochen das Verhaltensmuster durch die Autorität der Mutter entscheidend geprägt. Benjamin Chee Chee (1944–1977), der kanadische Künstler indianischer Herkunft, hat das Phänomen mit wenigen Strichen am Beispiel der Kanadagans in genialer Weise dargestellt. Die Zeichnung unterschrieb er schlicht mit »Learning« (»Lernen«) und bringt so den zentralen verhaltensbiologischen Vorgang für das Überleben einer Art zum Ausdruck.
Das Phänomen des Tradierens, der Nachahmung, hat viele Facetten und ist gerade für Jagdhunde von vehementer Bedeutung. Anhand späterer Verhaltensmuster kann kaum bestimmt werden, ob sie genetischen (ererbten) Ursprungs oder allein dem Tradierten zuzuordnen sind. Beispielsweise wird eine im Zwinger unruhige Mutterhündin in der Regel alle ihre Welpen mit dieser Unart (Wesenslabilität) belasten. Aber auch ein ebensolcher Zwingergenosse beim neuen Rudelführer bewirkt die gleiche Verhaltensweise beim hinzugekommenen Welpen, ohne dafür erblich disponiert zu sein!
Auf gleichem Wege beeinflusse ich auch als Rudelführer die Verhaltensweisen des bei mir heranwachsenden Hundes. Meine Verunsicherung oder Selbstsicherheit, Nervosität oder Gelassenheit, Beharrlichkeit oder Resignation und anderes mehr finde ich gegebenenfalls im Verhaltensmuster des mir anvertrauten Zöglings wieder. Wenn wir die Wirksamkeit des Tradierens verinnerlichen, können wir einerseits viele Fehlentwicklungen vermeiden, andererseits aber auch positive Schlüsse für eine zielführende Ausbildung daraus ziehen.
Unsere Jagdhundewelpen sind anlagebedingt mit inneren Antrieben ausgestattet, die sich im Entwicklungsverlauf entfalten wollen. Wird den Welpen die Möglichkeit dazu nicht gegeben, ist Wesenslabilität, d. h. sind Mängel der Wesensfestigkeit vorprogrammiert. In unserer Zivilisationsumwelt stehen der artgemäßen Entwicklung unserer Welpen viele Sperren entgegen, die zu einem fatalen Bedürfnisstau führen, wenn wir solche Hürden nicht aktiv beseitigen. Beispielsweise ist es ein scheinbar sinnloses, banales Bedürfnis des Welpen wie des erwachsenen Hundes, im Boden zu buddeln. Es handelt sich dabei um eine »Ersatzhandlung« für ein Aktivitätsbedürfnis. Auf der vollbetonierten Fläche seines Zwingers kann er sie nicht ausüben, weshalb in meinem Zwinger stets auch gewachsener Boden vorhanden ist. Wenn dann mein Hund anfängt zu buddeln, ist es für mich das Signal, dass ich ihm nicht hinreichende Aktivitäten im Freien gewähre. Je höher ein Hund als Jagdhund veranlagt ist, desto stärker sind seine Bedürfnisse, sind seine inneren Antriebe zu körperlichen Aktivitäten, zum vielfältigen Erkunden und zum Jagen. Wenn wir dem nicht angemessen Rechnung tragen, leidet er unter sogenanntem Triebstau und wird dann in der Tat quasi verrückt. In dem Zusammenhang darf man es als Tierquälerei annehmen, wenn Jagdhunde in nichtjagdliche Hände gegeben werden.
Das Interesse, die Neugier des Welpen an allem Geschehen nimmt von Tag zu Tag zu. Es ist unsere Aufgabe, die Neugier weitgehend zu befriedigen. Dazu gehört in besonderer Weise die den jagdlichen Anlagen entspringende Neugier. Das vielseitige Erfahren und Lernen im Welpenalter ist von enormem Einfluss auf das Wesen und Allgemeinverhalten des erwachsenen Tieres. Bei richtiger Einflussnahme werden Verunsicherungen abgebaut und die Selbstsicherheit gefördert.
Umfangreichen Erfahrungen aus zahlreichen Früherziehungslehrgängen für Jäger mit Jagdhundewelpen, insgesamt mehr als zweihundert Teilnehmer, liegen dem nachstehend beschriebenen Konzept zugrunde.
Erste Begegnung und »Anfrage«, …
…noch nicht ganz entspannt, …
… aber jetzt geht das Spielen los!
Die Früherziehung sollte möglichst gleich mit dem 8 Wochen alten Welpen beginnen und im Übrigen auf das Zeitfenster der Welpen-Altersspanne bis 20 Wochen gerichtet sein. In diesem Altersbereich verfügen die Welpen von Beginn an über eine außerordentlich hohe Lernfähigkeit. Das Konzept der Früherziehung beinhaltet vier (zum Teil ineinandergreifende) Zielbereiche der Ausbildung.
Sozialverhalten gegenüber Artgenossen und Menschen (Sozialisierung)
Der Welpe lernt in der spielerischen Auseinandersetzung den weitgehend entspannten Umgang mit anderen Hunden und Menschen. Aggressionstrieb und Unterwürfigkeit finden dabei zur individuellen Ausgeglichenheit und Wesensstabilität.
Unter- bzw. Einordnung in der Rudelgemeinschaft
Der Welpe sucht und findet seinen Platz in der Hierarchie seines i. d. R. kleinen Rudels. Insbesondere muss er lernen, die Führungsrolle seines Herrn zu respektieren, sich eindeutig dieser unterzuordnen. Die Unter- bzw. Einordnung in die Rudelgemeinschaft bezieht sich in erster Linie auf das Verhältnis zu mir als Rudelführer, kann aber ausgeweitet sein in Bezug auf Familienangehörige oder/und weitere Hunde im Rudel (Wohngemeinschaft).
Entspanntes Verhalten in der künstlichen (zivilisatorischen) Umwelt
Notgedrungen muss der Welpe lernen, sich auch in der künstlichen Umwelt der Menschen entspannt zu bewegen oder aufzuhalten. Beispielsweise gehört das Fahren im Auto nicht zu seiner artgemäßen Umwelt, es wird für ihn aber Teil des Alltags werden.
Wecken, Fördern und Kanalisieren jagdlicher Anlagen
Die Förderung der jagdlichen Anlagen des Welpen ist ein Schwerpunkt auf dem Wege seines Werdeganges zum qualifizierten Jagdgebrauchshund. Durch entsprechendes Kanalisieren können Spezialisierungen erreicht werden.
Es gibt eine Fülle praktisch bewährter Aktivitäten zu den vorgenannten Zielbereichen:
1.1 Die Begegnung mit anderen Hunden (und Menschen) und das daraus sich entwickelnde Spielen miteinander ist ein wichtiger Schritt für die Entwicklung vom Welpen zum Jagdgebrauchshund. Das Spielen ist eine der bedeutendsten Lernvoraussetzungen, hat dementsprechend seinen biologischen Sinn und dient in hervorragender Weise der Entwicklung und Ausbildung
der körperlichen Leistungsfähigkeit,
des Sozialverhaltens, d. h. der »sozialen Bildung«,
der Sinnesorgane, d. h. der Verarbeitung optischer, akustischer und olfaktorischer (geruchlicher) Reize
und
der Gefühlswelt, in welcher sich individuell der Ausgleich zwischen aktiver Aggression und passiver Reaktion, zwischen Lustempfinden und Abwehrverhalten entwickelt. Die vorgenannten Entwicklungsbereiche stehen miteinander in engem Zusammenhang.
Welpen-Spieltag, vor allem im Alter 8 bis 16 Wochen sehr förderlich.
Die sogenannten Prägungs-Spieltage sind als Erziehungsprogramm zwischenzeitlich von vielen Hundebesitzern und Organisationen angenommen worden. Dazu müssen aber eine Reihe von Grundregeln beachtet werden:
a) Der Welpe muss sich grundsätzlich räumlich uneingeschränkt im offenen Gelände und frei von Leine und Halsung oder Brustgeschirr bewegen können. Nur die von jeglichen Einschränkungen freien Hunde lösen aufkommende Konflikte sehr rasch und allein »im gegenseitigen Einvernehmen«.
b) In dem Zusammenhang dürfen die beteiligten Menschen auch keine geschlossene Formation um die Welpen bilden, sondern sollen stets für offene Räume sorgen. Das von einem Menschenkreis eingeschlossene Areal empfindet der Hund als begrenzten Raum.
c) Erste Begegnungen mit anderen Hunden sind dem körperlichen und psychischen Entwicklungsstand meines Welpen anzupassen. Darauf ist besonders zu achten, wenn das Programm mit sehr unterschiedlich alten Welpen (Junghunden) begonnen wird. Mein kleiner Welpe empfindet den gröber spielenden, älteren und größeren Junghund zunächst als Bedrohung. Über behutsam eingeleitete Begegnungen, zunächst mit Welpen etwa gleicher Entwicklung, lernt er, auch mit »Flegeln« entspannt umzugehen.
d) Im Falle seiner Einschüchterung wird der Welpe niemals »getröstet« oder gelobt, was seine Ängstlichkeit nur verstärken würde und der Selbstsicherheit zuwiderläuft. Ich verhalte mich neutral, spreche den Welpen nicht an, auch wenn er zwischen meinen Füßen Zuflucht sucht, sondern nähere mich dann langsam und unbekümmert der Quelle der Einschüchterung. Dort findet er so nach mehr oder weniger kurzer Zeit zur eigenen Selbstsicherheit.
e) Im Falle grober Auseinandersetzungen unter den Welpen niemals zum Punkt des Geschehens hingehen, sondern stets weglaufen! So löst sich die »Prügelei« ohne ernsthafte Blessuren und die Spannung von selbst auf. Das gilt auch für Junghunde fortgeschrittenen Alters.
f) Meine Position als alleiniger Rudelchef und wichtigste Orientierung für meine Welpen bzw. meinen Junghund soll nicht nur gewahrt, sondern muss gefestigt werden. Deshalb schränke ich die Möglichkeit zum Spielen mit anderen Personen stark ein, sobald der Ausbildungssinn, nämlich der spannungsfreie Umgang mit Menschen erfüllt ist.
g) Die Örtlichkeiten der Spieltage sollten immer wieder gewechselt werden. Die Selbstsicherheit ist zunächst an bestimmte Geländebedingungen gebunden. Der Welpe soll lernen, auch bei Begegnungen unter bislang unbekannten Verhältnissen rasch zum spannungsfreien Verhalten zu finden.
1.2 Im eigenen Spielen mit meinem Welpen und heranwachsenden Junghund wird ein weiterer Sinn verfolgt. Der Welpe soll nämlich zugleich meine höchstrangige Stellung als Rudelchef respektieren lernen. Mein Spiel ist daher stets kurz, wobei ich mit ihm durchaus »auf Augenhöhe«, d. h. mit ihm auf dem Boden tollen kann, das Spielende aber allein von mir bestimmt wird. Anschließende Unterordnungsübungen unterstreichen meine Autorität.
Die Unter- bzw. Einordnung in eine hierarchisch geordnete Rudel-Gemeinschaft ist beim Hund wesensimmanent. Insbesondere der Jagdhund strebt dabei häufig nach hohem Rang. Es ist daher die spezielle Aufgabe des Menschen dieses Streben durch seine Autorität zu begrenzen, wenn er hernach erfolgreich und harmonisch mit dem Hund jagen will.
Wie bereits erwähnt, erfährt der Welpe erste Unterordnungs-, das heißt Zwangsmaßnahmen bereits durch die Mutterhündin. Beispielhaft wird das besonders im Alter ab etwa 6 Wochen sichtbar, wenn beim Welpen die Milchzähne nennenswert herangewachsen sind und er zunehmend hungrig ist, die Milchquelle der Mutter aber nicht mehr entsprechend viel hergibt. Da erleben wir, wie die Mutterhündin die Welpen schließlich zurückweist, das heißt sie diszipliniert bzw. unterordnet. Das »Urvertrauen« der Welpen gegenüber der autoritären Mutter bleibt unberührt! Diese natürliche Unterordnungs-Entwicklung wollen wir nicht unterbrechen, sondern diese gleich nach Übernahme des Welpen kontinuierlich im Rahmen der Früherziehung fortsetzen. So herzerfrischend es für uns auch sein mag, wenn der Welpe seinem inneren Antrieb freien Lauf lässt, so sehr müssen wir sein im Wesen Anderssein respektieren! Wir wollen uns dabei nicht nur dem Augenblick widmen, sondern müssen die gemeinsame Zukunft mit dem Hund, hier insbesondere mit dem Jagdhund, im Blick behalten. Wir dürfen den Hund nicht »vermenschlichen«, müssen uns vielmehr »verhundlichen«, sein Anderssein als Hund berücksichtigen. Da fordern wir einerseits seine Unterordnung ein und bewahren andererseits sein absolutes Vertrauen zu uns! Auf einige Grundübungen wird nachstehend näher eingegangen.
2.1 Hereinkommen
Hier können wir noch keinen Gehorsam im herkömmlichen Sinne erwarten. Vielmehr müssen wir dem Welpen die Motivation vermitteln (einprägen), dass das Herankommen für ihn einem Lusterlebnis gleicht. So wird der hungrige Welpe mittels stets gleicher Lautäußerung (z. B. bestimmter Ruf oder Pfeifton) zur Futterschüssel gerufen. Wenn der Welpe auf die Reizangel (s. u.) geprägt ist, ist auch diese für ihn ein Grund raschen Herbeikommens auf Grund des bekannten Rufes, wenn er hernach daran jagen darf. Wenn die Prägung erfolgt ist, genügt der immer freundliche Empfang bei mir. Der Welpe wird aber niemals gerufen, wenn er erkennbar stark abgelenkt ist (z. B. beim Spielen mit seinesgleichen). Dann erreiche ich das Gegenteil, weil das überaus empfangsbereite Welpen-Hirn festhält, dass der Ruf für das Herankommen bedeutungslos ist.
2.2 Die Gewöhnung an Halsung und Leine
ist eine der ersten Unterordnungsmaßnahmen, die zugleich der Sicherheit meines Zöglings dient und nicht zuletzt auch für die Einarbeitung der Fährtenarbeit unabdingbar ist (s. u.). Der angeleinte Welpe sträubt sich in der Regel, dem Leinenzug nachzugeben und zu folgen. Einfühlsam und dennoch konsequent bewege ich mich fort und lobe, sobald der Welpe auf den Läufen steht und folgt. Nach wenigen Übungen ist die Verunsicherung überwunden, sodass der Welpe an der Leine willig mitgeht.
Der Welpe liegt ruhig in der »Demutshaltung«, gleich geht das Spielen weiter.
2.3 Die Demutshaltung
Die vielfachen Beobachtungen, wie die wesensstabile Mutterhündin gegebenenfalls ihre Welpen diszipliniert, haben zu dieser Unterordnungs-Übung geführt. Dazu wird der Welpe – mit der rechten Hand (als Rechtshänder) unter dem Brustkorb und mit der linken auf dem Schulter-/Hals-Bereich – in schneller Bewegung auf den Rücken gedreht. Dabei bleibe ich stets auf meinen Füßen, knie also nicht nieder! Im Falle von Gegenwehr und begleitenden Lautäußerungen halte ich den Welpen unbeeindruckt fest. Während Zeigeund Mittelfinger unter dem Kinn sowie Daumen und kleiner Finger jeweils in der Achselhöhle liegen, belasse ich meine Hand so lange auf dem Brust-Hals-Bereich, bis der Welpe ohne Gegenwehr ruhig liegen bleibt. Die Übung wird weder bei der Ausführung noch unmittelbar danach von Lob begleitet. Nach wenigen Wiederholungen begreift der Zögling rasch, dass er sich dem Zwang unterzuordnen hat und ihn dann ruhig über sich ergehen lässt. Dieser den Welpen durchaus beeindruckenden Übung folgt, solange sie noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden ist, immer das druckauflösende, lustbetonte, aber kurze Spielen mit dem »Rudelführer«.
Abgesehen von der Unterordnungs-Wirksamkeit ist die vom Welpen verstandene Übung auch zweckdienlich, wenn der Zögling sich gar auflehnt, etwa unkontrolliert herumkläfft oder auf andere Weise seinem »Rudelführer« nicht hinreichende Aufmerksamkeit widmet. Mancher mag kritisch denken, mit der durchgesetzten Demutshaltung würde das notwendige Vertrauensverhältnis gestört. Das ist aber nachgewiesenermaßen durch vielfache Erfahrung widerlegt und abwegig.
Der 4 Monate alte Junghund weiß, im Hause ist der Korb mein Platz, nicht das Sofa.
2.4 Sitz und Sitzenbleiben bzw. Am-Platz-Bleiben
Das »Sitz« und (zumindest befristete) Verweilen an einem zugewiesenen Platz (Wohnung, Auto usw.) werden bei sehr gelinder Zwangsanwendung, aber mit Beharrlichkeit und Konsequenz durchgesetzt. Die Auflösung der unterordnenden Einschränkung erfolgt allein durch mich als Rudelführer in Verbindung mit einem lustvollen Erlebnis wie kurzes Spielen miteinander und einigen unbeschwerten Schritten an der Leine. Mit dem Kommando »Sitz« hält die eine Hand über die kurz gefasste Leine den Welpen vorn aufrecht, während die andere Hand seine Hinterhand niederdrückt. Sobald der Welpe keinen Gegendruck ausübt, wird die Zwangseinwirkung vorsichtig gelöst, zwei Sekunden gewartet und die Übung unter kurzem Lob beendet. In schrittweiser Übungsfolge wird die Dauer des Abwartens sekundenweise verlängert. Schritt für Schritt werden die Anforderungen erhöht, d. h. im Laufe der täglichen Übungen richte ich mich auf, bewege mich nach links und nach rechts und umkreise schließlich den Zögling; alles voll konzentriert und bei blitzschneller Korrektur, wenn der Welpe die Stellung verlässt. Die Leine bleibt stets in der Hand.
So bleibt der (angeleinte) Welpe nach 14 Tagen auch bei weiträumigerem Umkreisen in der vorgegebenen Sitzstellung. Schließlich kann ich mich zehn und mehr Meter weit entfernen. Dann darf er sich auch ruhig hinlegen. Wenn er allerdings den Platz verlässt, wird er umgehend und genau an die gleiche Stelle zurückgebracht.
2.5 Das Dulden meiner Hand im Fang
ist zunächst als weitere Unterordnungsübung gedacht, die aber zugleich als ausgezeichnete Vorübung für die spätere Apportierausbildung dient. Der Welpe soll lernen, meine Hand beziehungsweise zwei bis drei meiner Finger ruhig in seinem Fang zu dulden.
So geht es:
Der Welpe hat die ersten Übungen des »Sitz« bereits gelernt und sitzt etwa im rechten Winkel vor mir. Die Leine ist zwischen meinen Knien eingeklemmt und verbindet mich auf 30 bis 40 cm mit dem Welpen. Damit sind beide Hände frei. Mit der linken Hand (als Rechtshänder) greife ich über den Fang, sodass der Daumen einerseits und der Zeige-/Mittelfinger andererseits auf den Lefzen über den Zähnen liegt. Die rechte Hand mit der Handfläche nach oben halte ich vor den Fang. Dem Kommando »Apport!« folgt ein leichter Druck beidseits auf die Lefzen/Zähne. Der Welpe öffnet den Fang, der Druck ist augenblicklich weg und die Hand wird in den Fang geschoben, sodass der kleine Finger eben hinter den Fangzähnchen liegt und der Daumen den Nasenrücken sanft umschließt. Die Linke gleitet stützend zum Hinterkopf des Welpen. In der Regel wird der Welpe die Finger zunächst »ausspucken« wollen. Das wird verhindert, indem die linke Hand am Hinterkopf bleibt. Zuerst genügt ein Sekundenbruchteil lang, währenddessen der Welpe die Hand ohne Gegenwehr duldet – danach nehme ich die Hand bei gedehntem »Laaaasss« langsam heraus.
Es kommt darauf an, dass ich die Hand nur dann herausnehme, wenn der Welpe keine Gegenwehr (auch nicht allein mit der Zunge) leistet. Im Verlauf von Folgeübungen schiebe ich die Dauer des Verbleibes der Hand im Fang im Sekundentakt schrittweise hinaus. Schließlich (spätestens im Alter von 13 bis 15 Wochen) duldet der Welpe die Hand beziehungsweise die Finger ohne weitere Unterstützung mehr als zehn Sekunden entspannt im Fang.
Ist das erreicht, werden die Übungen in gleicher Weise mit dem Strohbock gemacht, sodass der Welpe mit 20 Wochen diesen selbst aus meiner Hand greift, ihn trägt und vom Boden aufnimmt. Das Ganze erfolgt keineswegs spielerisch, sondern durchaus diszipliniert!
2.6 »Erst fresse ich …!«
Grundsätzlich füttere ich den Welpen selbst, um zum einen unsere Bindung und zum anderen auch hier unseren hierarchischen Bezug zu pflegen. Zuweilen fordere ich zwischendrin sein Fressen für mich und dulde keinen Widerspruch oder gar aktiven Widerstand, danach bekommt er es zurück und darf weiter fressen. Das Füttern erfolgt stets in seiner kontrollierten Bleibe (Zwinger), die er ansonsten nicht unbedingt bevorzugt.
INFO
Mit der einfühlsamen und zugleich konsequenten Unterordnung des Welpen in den hier genannten Bereichen ist ein wesentliches Fundament für die spätere Grunddressur geschaffen.
Alle Unterordnungsdisziplinen täglich üben! Der Welpe darf jedoch nicht überfordert werden, besser täglich 5 × 5 Minuten als einmal eine halbe Stunde!
Der Junghund bleibt im Auto, bis er gerufen wird.
3.1 Das Auto gehört auch für den Hund zum selbstverständlichen Beiwerk. Er genießt darin unsere Nähe, es verheißt ihm lustvolles Erlebnis (Auslaufen, Jagen), es ist sein »zweites Zuhause«. Der Welpe soll von Beginn an lernen, dass er auch darin seinen speziellen Platz findet, den er auf meinen Befehl einzunehmen und auf dem er zu bleiben hat, den er aber auch wiederum auf meinen Befehl verlassen darf. Bei konsequenter Anleitung lernt er rasch, dass Disziplin und Wohlbefinden für ihn durchaus zusammengehören.
3.2 Der Welpe lernt das leichte Überwinden von steilen Haustreppen, vom Hellen in den dunklen Keller, auf rutschigen Dielen in die oberen Stockwerke und zurück. Ebenso nehme ich ihn auf Aussichtstürme mit und führe ihn über schmale, luftige Brücken. Die Überwindung von Angst und unkoordinierter Bewegung ist in der Regel eine Frage weniger Übungen.
3.3 Wo immer sich die Möglichkeit ergibt, begleitet mich der Welpe zu Straßen mit Kraftfahrzeugverkehr, zum Jahrmarkt, zum Bahnhof mit Schienenverkehr, zum Hörbereich des Schießstandes, in den Kuh- und Schweinestall, in die Schlosserwerkstatt, zum geräuschreichen Kinderspielplatz, zu anderen Menschenansammlungen, kurzum zu allen aus der menschlichen Zivilisation entstandenen Stätten, die für ihn gewöhnungsbedürftig sind. Je nach seiner Gemütslage gehe ich dabei dosiert vor, »tröste« nie im Falle der Einschüchterung, verhalte mich vielmehr neutral und unbekümmert, bin aber immer seine zuverlässige Zufluchtstätte, als naher Sicherheitsbereich oder gar zwischen meinen Füßen.
Der Rudelführer watet …
… und schwimmt voran, die Welpen »kleben« noch an ihm.
Fazit: Unsere zivilisatorische Umwelt, die vom Menschen dem Hunde »aufgedrückte« Umwelt, besteht aus vielen optischen, akustischen, olfaktorischen und physikalischen Gegebenheiten und Ereignissen, die ihm zum Teil aufgrund seines Wesens als Hund bedrohlich erscheinen und ihn verunsichern. Diese Umwelt wird aber zu seinem Hundeleben gehören. Um ihn darauf vorzubereiten, begleitet mich der Welpe möglichst überall hin. An jeder neuen Quelle seiner Verunsicherung wird er – wie bei allen anderen Übungen – Schritt für Schritt herangeführt, um seine Verunsicherung abzubauen und schließlich vollends zu überwinden.
Die Nase ist das wichtigste Wahrnehmungsorgan des Jagdhundes.
4.1 Im Mittelpunkt stehen tägliche Reviergänge mit dem Welpen, sodass seine Erlebniswelt immer größer und weiter wird, was er insbesondere mit seinem wichtigsten Sinnesorgan, der Nase, wahrnimmt. Der häufige Wechsel der Örtlichkeiten und die damit verbundenen vielseitigen Geruchserlebnisse sind förderlich. Demgegenüber ist der tägliche Gang um den Wohnblock oder im Stadtpark nicht der geringste Ersatz, denn dort kennt der Hund nach kurzer Zeit die »Nachrichten« seiner Leidensgenossen, womit seine Neugier auf Neues nicht befriedigt wird. Bei Gängen quer durch die Botanik lernt der Welpe, uns mit zunehmend wenig Mühe über liegende Baumstämme und Baumkronen sowie durch tiefe Gräben, dichtes Gestrüpp, Bewuchs von Brombeere und Brennessel zu folgen. Auch für das Durchschwimmen tiefer Gewässer ist es die beste Motivation, wenn der Rudelführer voranwatet und voranschwimmt. In allen genannten und ähnlichen Fällen hüten wir uns vor »erstickenden Hilfestellungen«! Der Welpe soll immer das Gefühl behalten, die Hürde eigenständig überwunden zu haben. Es entspricht dem Wesen des Jagdhundwelpen, dass sein selbst erarbeiteter Erfolg für ihn zugleich Belohnung ist, aus der er zusätzliche Motivation schöpft. Neben solcher Selbstbelohnung ist eine weitere Belohnung durch mich zweitrangig! Mit Geschick und Einfühlungsvermögen werden die Hürden dem Entwicklungsstand des Zöglings angepasst, aber nach erfolgreicher Überwindung auch jeweils etwas höhere Schwierigkeitsgrade gesucht.
4.2 Der Reizangel, bestehend aus einem ca. 2 m langen Haselstock und gleichlanger Schnur, ist mit ihrer außerordentlich vielseitigen Anwendungsmöglichkeit in diesem Buch unter »Weitere Hilfsmittel« ein eigener Abschnitt gewidmet (s. >), sodass hier nur die wesentlichen Dinge für den Beginn der Anwendung mit dem Welpen angesprochen werden. Mit der Reizangel wird ein Beutestück (Gegenstand) bewegt; jeder Jagdhundwelpe, dem die unabdingbare Anlage zum Beutegreifen innewohnt, wird den Gegenstand gleich lustbetont verfolgen. Bei richtiger Anwendung der Reizangel prägt sich dieses Lusterlebnis so ein, dass auch der alte Hund seinen Hetztrieb daran noch mit großer Freude austobt. Einige Grundsätze sind zu beachten:
a) Das Beutestück soll so beschaffen sein, dass der Welpe es leicht greifen und festhalten sowie von mir an der Reizangel mühelos bewegt werden kann. Bewährt hat sich ein Stück aus festem Tuchgewebe (z. B. Handtuch). Es geht zunächst allein darum, den Welpen auf das ausgeprägt lustvolle Jagen hinter dem »Beutestück« an der Reizangel und auf das kompromisslose Zupacken und Festhalten zu prägen.
b) Das Jagen an der Reizangel erfolgt immer vor einer Mahlzeit.
c) Das »Beutestück« wird nur unmittelbar auf dem Boden geführt, nicht über den jagenden Welpen hinweg geschleudert.
d) Der Welpe soll das Beutestück immer wieder erhaschen können, darf daran einige Sekunden zerren, wird dazu sogar ermuntert, muss es dann aber dem Rudelführer (ggf. nach leichtem Lefzendruck) wieder abgeben.
e) Das Jagen an der Reizangel wird beendet, während der Welpe noch voller Freude jagt, keineswegs erst, wenn er ermüdet! Er muss immer das Gefühl behalten, noch viel mehr jagen zu wollen. Nur so erreiche ich die Prägung, die Lust sein ganzes Hundeleben lang zu erhalten.
f) Die Eignung der Arbeit an der Reizangel, Abneigungen des Welpen gegenüber bestimmten Wildarten zu überwinden bzw. ihn auf bestimmte Wildarten speziell einzustellen, wird in dem genannten Abschnitt (s. >) näher beschrieben.
4.3 Die Futterschleppe ist in mehrerer Hinsicht eine hervorragende Übung zur Vorbereitung des Welpen auf seine späteren Aufgaben.
Der Welpe erreicht sehr schnell eine bemerkenswerte Sicherheit beim Gebrauch seiner Nase, seines wichtigsten Sinnesorgans für die Orientierung.
Er lernt zudem die Arbeit am normalen Schweißriemen kennen, was für die weiterführende Ausbildung von großem Wert ist.
Bei entsprechender Einwirkung lernt er in beherrschter Gangart (langsames Schritttempo) trotz ausgeprägten Vorwärtsdranges zu arbeiten.
Unter Einbeziehung aller vorgenannten Punkte erreicht der Welpe eine »Vorbildung« für die Ausarbeitung der Hasenspur (s. >) und für jegliche Arbeit nach dem Schuss, d. h. für die Nachsuche des Fasans bis zum Rothirsch.
Schließlich ist die Futterschleppe mit dem Welpen eine unschätzbare Vorübung für die anspruchsvolle Ausbildung auf der Schweißfährte (s. >).
9 Wochen alter, hungriger Dachsbracken-Welpe wird zunächst frei auf der Futterschleppe angesetzt,…
… nimmt sie passioniert und konzentriert an…
… und zerrt gierig am gefundenen Lungenstück.
Die Beachtung einiger Grundsätze und das schrittweise Vorgehen führen zum Erfolg:
a) Jede Futterschleppe arbeite ich nur mit dem ausgesprochen hungrigen Welpen! Das bedeutet, dass mindestens die gewohnheitsmäßig letzte Mahlzeit ausgefallen ist. Nur für den hungrigen Welpen wird der Erfolg nach der Suche zum tief beeindruckenden Lusterlebnis, welches als Prägung in seinem Verhaltensmuster nachhaltig, bis ins hohe Alter bestehen bleibt.
b) Als Belohnung am Ende der Schleppe wird ein Brocken nur von dem Schleppmaterial gereicht, damit die Identität von »Fährte und Beute« eindeutig ist. Damit wird die Attraktivität der angebotenen Fährte im Vergleich zu anderen Verleitungen, d. h. schließlich die Fährtentreue gestärkt.
c) Am Ende der Schleppe wird der Welpe nie satt gefüttert