Der Kies muss weg - Tjards Wendebourg - E-Book

Der Kies muss weg E-Book

Tjards Wendebourg

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Beschreibung

Gehören Sie zu den Schottergartenhassern oder umrahmen Granitstelen eine ordentlich graue Schotterfläche in Ihrem Garten? Egal welcher Spezies Sie sich zugehörig fühlen, dieses Buch hinterfragt humorvoll, aber auch kritisch, wie es zur Ausbreitung von Schottergärten in deutschen Vorgärten kommen konnte, welche Vor- (nein, die gibt es eigentlich nicht) und Nachteile diese mit sich bringen und wie wir alle in Zeiten von Klimawandel und Insektensterben doch wieder für mehr Grün statt grau in unseren Gärten sorgen können.

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Seitenzahl: 84

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Das steckt in diesem Buch

Cover

Titel

Impressum

Vorwort – Ein Stein kommt zum anderen

WORUM GEHT ES EIGENTLICH?

Vorgarten ade: Steinflächen auf dem Vormarsch

Eins, zwei, drei: Viele Steine ergeben Kies & Schotter

„Gärten des Grauens“: Eine kleine Definition

Wieso, weshalb, warum? Die Angst vor den Nachbarn

WESHALB ES UNSINN IST, STEINE IN DEN GARTEN ZU SCHÜTTEN

Meins, meins, meins: Aber das ist mein Grundstück!

Steine sind billig? Das täuscht!

Wurzelunkräuter & Gehölzsämlinge

(K)ein Herz für Tiere! Ein Anschlag auf die Artenvielfalt

Eine Qual: Gehölze, die in Steinwüsten schwitzen

Grillen ohne Grill: Das Mikroklima vor unserer Haustür

Mittlerweile lautet die Devise: Kies macht einsam

Fachleute kommen an ihre Grenzen

WENN NICHT SO, WIE DANN?

Vorbild Natur: Wo Kies und Schotter vorkommen

Kiesschüttung ≠ KiesGARTEN! Gestalten mit Steinen

Auf geht’s! Da kann man doch was tun

Ein paar Tipps … für den pflegeleichten Garten

Nur Mut! … zur Steindiät

Und ganz zum Schluss: Ein bisschen Schützenhilfe

Tipps zum Weiterlesen

Infos und hilfreiche Adressen

UM GLEICH AM ANFANG MIT EINEM VORURTEIL AUFZURÄUMEN: KIES- UND SCHOTTERSCHÜTTUNGEN IM GARTEN SIND NICHT PFLEGELEICHT– UND KÖNNEN ES AUCH GAR NICHT SEIN!

Ein Stein kommt zum anderen

„Wie die Lemminge“ – so sagt man sprichwörtlich, wenn viele in einer Gruppe das Gleiche tun. Ein anderer Begriff dafür ist „Herdentrieb“. Lemmingen sagt man seit einem Disneyfilm in den Fünfzigerjahren fälschlicherweise nach, sie hätten einen Hang zum Massenselbstmord (das Filmteam hatte den Tieren in den dramatischen Szenen seinerzeit wohl ein bisschen nachgeholfen, damit sie über die Klippe sprangen); was aber tatsächlich stimmt, ist, dass Lemminge in riesigen Gruppen zu Wanderungen aufbrechen, wenn im angestammten Lebensraum Platz und Nahrung ausgehen. Und auch Herdentiere – das kennen wir ebenfalls aus Tierfilmen – ziehen (wenn sie es können) der Nahrung hinterher und brechen in neue Lebensräume auf. Weshalb auch wir Menschen zum Herden-Tun neigen, ist ein mehr oder weniger gut erforschtes Feld der Sozialpsychologie. Um Nahrung geht es jedenfalls, zumindest in unseren Breiten, zuletzt. Um Lebensraum schon ein bisschen mehr. Am meisten geht es wohl um Anerkennung. Aber dazu später. Herdentreiben hinterlässt Spuren. Das ist in freier Natur so, das lässt sich auf jeder Weide beobachten und ist auch für jeden nachzuvollziehen, der durch moderne Vorstadtsiedlungen flaniert oder sich den Wandel der (Vor-)Gärten auf dem Land anschaut. In wenigen Jahren haben dort Kies- und Schotterschüttungen Quadratkilometer Vegetationsfläche verdrängt. Einfach weil die nahen und fernen Nachbarn sich gegenseitig, ohne es zu hinterfragen, alles nachgemacht haben. Wo einst Gehölze, Stauden oder Rasen wuchsen, sind Steinfelder entstanden; lose geschüttet oder in Verbänden zu überdimensionierten Belagsflächen verdichtet. Und mit der Erfindung des Drahtschotterkorbes (Gabione) wurde es sogar möglich, die Steine auch hochkant auf dem Grundstück zu lagern, sodass sie nicht nur die Fläche bedecken, sondern sich zusätzlich an den Grundstücksgrenzen zu Mauern auftürmen: „Steinhecke“ hat ein findiger Unternehmer mit Hang zur Ironie so ein Produkt genannt. Der Herdentrieb – im Marketingsprech auch „Trend“ genannt – hat das Potenzial, ganze Landstriche zu verändern. Kein Wunder, dass sich Widerstand regt. So wie Greta Thunberg gegen den Klimawandel zu Felde zieht – auch die Steinschüttungen haben etwas mit der Veränderung des Klimas zu tun –, machen immer mehr Aktivisten mit teils rabiaten Methoden gegen die Kies- und Schotterzeit in den Siedlungen mobil; nicht zuletzt der Berliner Biologe Ulf Soltau, der der Entwicklung einen Namen gegeben hat: „Gärten des Grauens“.

Aber statt alle „Steingärtner“ an den Pranger zu stellen, will dieses Buch eine gesellschaftliche Entwicklung beleuchten, die viel mehr über uns aussagt, als wir gemeinhin glauben. Kies- und Schottergärten sind ein Spiegel unserer Gesellschaft, ein Mikrokosmos unseres Umgangs mit der Fläche und der Beleg dafür, wie schwer es uns fällt, unsere Bequemlichkeit im Zaum zu halten.

Deshalb möchte ich mit den nachfolgenden Kapiteln zu einer differenzierteren Betrachtung beitragen und erklären, weshalb sich die Besitzer von Kies- und Schotterflächen selbst gar keinen Gefallen damit tun, wenn sie Steine auf ihr Grundstück schütten. Ich will mit Vorurteilen aufräumen, fachliche Argumente liefern und Alternativen aufzeigen – für all die, die glauben „das macht man jetzt eben so“, und für die, denen der Kies- und Schotterwahnsinn ganz gewaltig auf den Keks geht. Am Ende sind nicht die Steine das Problem. Im Grunde ist es wie bei Medikamenten: Ab einer bestimmten Dosis wird jeder Stoff zum Gift.

Es grüßt,

Ihr

TJARDS WENDEBOURG

Aber erst einmal:Worum geht es eigentlich?

Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Plötzlich verschwinden überall bepflanzte oder mit Rasen bedeckte Vorgärten und verwandeln sich in weitgehend pflanzenlose Kies- oder Schotterwüsten. Aus manchen Gärten werden Stellplätze. Statt Holzzäunen ragen Metall-Stabmattenzäune gen Himmel, aus Grenzen werden mit Drahtschotterkörben gebaute Wände. Ganze Vorortsiedlungen verlieren ihr Gesicht. Und gleichzeitig reden alle vom Klimawandel!

VORGARTEN ADE

Steinflächen auf dem Vormarsch

Die Grundstücke werden immer kleiner – und das Zeitbudget der Besitzer scheint im gleichen Maß zu schrumpfen. Da darf der Vorgarten nicht auch noch Arbeit machen! Und wo stellen wir überhaupt unsere Autos hin?

Vor der „Steinwelle“

Machen wir uns nichts vor: Auch als die Kies-, Schotter- und Pflasterflächen noch nicht im Kommen waren, boten die heimischen Vorgärten nicht immer einen schönen Anblick. Entweder waren sie repräsentativ – das heißt, die Eigentümer wollten damit ihren Status dokumentieren –, oder sie waren lieblich-rustikal mit Zwergen oder sonstigen Kitschelementen dekoriert. Als dritte Variante gab es noch: die Vernachlässigung. Besonders in Wohnanlagen zu beobachten, wo oft ein Hausmeister versucht, mit dem geringsten Aufwand eine Fläche „in Ordnung“ zu halten.

Generell waren auch vor der Steinwelle liebevoll gestaltete Vorgärten selten, wie auch solche, in denen Naturfreunde einfach die Natur haben walten lassen. Wer im ländlichen Raum Dörfer besucht, findet aber immer noch Bauerngärten, Holzzäune, Natursteinmauern, Kräuter, die sich auch vor dem Garten im Straßenraum angesiedelt haben und dem Dorf ein freundliches Erscheinungsbild geben. Manchmal sind es Idealisten, die dort wohnen. Oftmals sind es ältere Menschen, denen das dörfliche Erscheinungsbild gefällt. Einfach, weil sie es so gewohnt sind.

Willkommen zu Hause! Der Vorgarten ist oftmals nur noch eine Satire seiner selbst: ein bis mehrere traurig wirkende Gewächse und Kitsch inmitten von Steinflächen.

Hier wohnen Menschen mit Lebensart, ökologischem Bewusstsein und Sinn für den Ort, an dem sie leben. Leider sind solche Gärten selten geworden.

Gesellschaft im Umbruch

In den letzten Jahren hat sich dieses Bild gewaltig geändert. Die Grundstücke sind kleiner geworden, die Menschen haben nicht nur kaum noch Zeit, sie sind auch noch mobil und weniger auf einen Standort fixiert, sie haben mindestens zwei Fahrzeuge mit entsprechendem Platzbedarf und sind immer weniger mit natürlichen Abläufen vertraut. Das war, grob beschrieben, die Mischung aus Gründen, die den Steinwahnsinn ausgelöst hat, Wann er genau angefangen hat, lässt sich gar nicht mehr genau sagen. Aber seit die Zinsen niedrig sind und die Preise steigen, wurden jedenfalls die Grundstücke kleiner – eine Entwicklung, die seit 2011 fast ununterbrochen anhält: In dieser Zeit sind die Zinsen für Baugeld bis auf unter zwei Prozent gefallen, die Grundstückspreise haben sich zum Teil verdoppelt, in manchen Regionen vervielfacht. Gartenflächen wurden auf den immer kleineren Grundstücken zu Handtüchern, Vorgartenflächen fielen zum Teil komplett der Mobilitätsinfrastruktur zum Opfer.

Selbst auf großen ländlichen Grundstücken nehmen Auffahrten heute gegenüber früher den doppelten Raum ein: Wenn die Garage zwei Autos fasst, ist auch die Zufahrt so breit wie die Garage. Wenn man dann noch abzieht, dass Auffahrten am Rand Kanten mit sogenannten Rückenstützen (abgeschrägten Fundamenten) aus Beton haben, die Haustür auch teilweise separat erreichbar sein soll und rund um das Haus ein Spritzschutzstreifen zum Schutz der Fassade angeordnet ist, dann bleibt oft nur ganz wenig Raum, der noch dazu schwer zu nutzen ist. Dass dann selbst Landschaftsgärtnern manchmal nichts mehr anderes einfällt, als einen Bonsaibaum zu pflanzen und die Restfläche mit Kies oder Schotter aufzufüllen, mag vor diesem Hintergrund nicht verwundern. Zumindest erklärt es im stadtnahen Raum, weshalb es kaum noch Vorgärten gibt. Hier ist der Druck auf die Fläche und die Preissteigerung am größten. Allerdings hat die Ausbreitung der Kies- und Schotterschüttungen eben nicht nur etwas mit der Abnahme der Fläche zu tun; denn sie ist in der Stadt ebenso zu beobachten wie im ländlichen Raum.

Zeig mir deinen Garten, und ich sag dir, wie alt du bist

Auf dem Land lässt sich an den Gärten mittlerweile das Alter der Bewohner erkennen: Bei älteren Menschen gibt es noch bepflanzte Gärten. Dort, wo Kies und Schotter vor der Haustür liegt, sind die Bewohner in der Regel jünger. Es könnte der größere Pflegeaufwand sein oder die konservative Ordnungsvorstellung der Älteren, dass die Jüngeren durch Steine zum Ausdruck bringen wollen, dass sie dem nicht mehr folgen. Wer den Garten als Last empfindet, weil er das Harken und Krauten von Oma und Opa verabscheut, mag solche Freiflächen, die sich nicht für Freizeit und Bewegung nutzen lassen, vielleicht einfach nur ruhig stellen wollen.

Alles kommt wieder

Ganz spannend ist in diesem Zusammenhang übrigens ein Blick zurück. Denn es gab in den Siebziger- und Achtzigerjahren schon einmal eine ähnliche Entwicklung. Der Buchautor und Filmemacher Dieter Wieland hat sie seinerzeit in einem Film mit dem Titel Grün kaputt am Beispiel seiner niederbayerischen Heimat beschrieben: Nadelbaumwüsten, Waschbetonplatten und Rustikalkitsch zerstörten die gewachsenen ländlichen Strukturen. Auch daraus entwickelte sich ein deutschlandweit zu beobachtender Trend. Das gleichnamige Buch und die Wanderausstellung dazu haben Landschaftsarchitekten, Gärtner und Ökologen einer ganzen Generation beeinflusst und eine sehr orthodoxe Naturgartenbewegung angestoßen, die sich auf die Verwendung ausschließlich heimischer Pflanzen festgelegt hat. Auch die Wurzeln der Ökobewegung, die zur Gründung der Partei „Die Grünen“ geführt hat, haben da ihren Nährboden gefunden. Was man daraus lesen kann, ist, dass jeder Trend zu einer Gegenbewegung führt. Und die ist umso heftiger, je brutaler der Trend sich gegen die Umgebung richtet. Die Kies- und Schotterschüttungen haben das Zeug dazu, aggressive Gegenbewegungen auszulösen. Aber dazu später.

EINS, ZWEI, DREI

Viele Steine ergeben Kies & Schotter

Bevor wir über Stoffe sprechen können, die in der Überdosis zu Gift werden, müssen wir sie kennenlernen. Denn eigentlich sind Kies und Schotter als solche ja ganz harmlos und in ihren Einzelbestandteilen sogar oft richtig schön und vielfältig.