Der kleine Fürst Classic 13 – Adelsroman - Viola Maybach - E-Book

Der kleine Fürst Classic 13 – Adelsroman E-Book

Viola Maybach

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Beschreibung

Viola Maybach´s Topseller. Alles beginnt mit einem Schicksalsschlag: Das Fürstenpaar Leopold und Elisabeth von Sternberg kommt bei einem Hubschrauberunglück ums Leben. Ihr einziger Sohn, der 15jährige Christian von Sternberg, den jeder seit frühesten Kinderzeiten "Der kleine Fürst" nennt, wird mit Erreichen der Volljährigkeit die fürstlichen Geschicke übernehmen müssen. Viola Maybach hat sich mit der reizvollen Serie "Der kleine Fürst" in die Herzen der Leserinnen und Leser geschrieben. Der zur Waise gewordene angehende Fürst Christian von Sternberg ist ein liebenswerter Junge, dessen mustergültige Entwicklung zu einer großen Persönlichkeit niemanden kalt lässt. Viola Maybach blickt auf eine stattliche Anzahl erfolgreicher Serien zurück, exemplarisch seien genannt "Das Tagebuch der Christina von Rothenfels", "Rosenweg Nr. 5", "Das Ärztehaus" und eine feuilletonistische Biografie. "Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. Thomas von Radeberg stieß die schmale Tür auf und schaltete das Licht ein, das den großen Dachboden freilich nur unzureichend erhellte. Er hustete, denn es war staubig hier oben, in den Ecken hingen Spinnweben, und er bildete sich ein, über sich ein Kratzen und Scharren zu hören. Das mißfiel ihm sehr, denn Mäuse waren für das Material, mit dem ein Archivar arbeitete, sehr gefährlich. Wie viele angefressene Papierseiten hatte er schon in den Händen gehalten – verzweifelt über den Schaden, den die kleinen Nager angerichtet hatten? Entschlossen trat er einen Schritt nach vorn und sah sich um. Seine Augen hatten sich jetzt an das trübe Licht gewöhnt, so daß er besser erkennen konnte, wie viele Kisten hier oben lagerten. "Du lieber Himmel!" murmelte er. Zwar war ihm bewußt gewesen, daß mit der Sichtung und Ordnung der Dokumente, die auf dem Dachboden von Schloß Sternberg lagerten, eine gewaltige Arbeit auf ihn wartete, aber jetzt schien es ihm dennoch so zu sein, als hätte er seine Aufgabe unterschätzt. "Ich wußte nicht, daß Sie schon da sind!" sagte eine helle Stimme hinter ihm, und er drehte sich um. Christian von Sternberg war ihm gefolgt – der Junge, dessen Wunsch nach einer Aufarbeitung der Familiengeschichte ausschlaggebend für den Auftrag gewesen war, den Thomas bekommen hatte. Er war nach seinem gerade abgeschlossenen Geschichtsstudium gerade auf Arbeitssuche gewesen, als er die Anzeige von Christians Verwandten entdeckt hatte. Tatsächlich war er dann aus sehr vielen Bewerbern ausgewählt worden, und nun sollte er mit der Arbeit beginnen, die mehrere Monate dauern würde. Vielleicht sogar noch länger, dachte er jetzt, nachdem er gesehen hatte, wieviel Material auf ihn wartete. "Guten Tag, Prinz Christian", sagte er. "Ja, ich bin schon da und war neugierig, was mich erwartet. Ich war nicht auf eine solche Menge an Kisten gefaßt, muß ich sagen." "Oh, das sind noch nicht einmal alle"

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Seitenzahl: 117

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Leseprobe: Ein Lord für alle Fälle

Lord Cameron liebte die frühen ruhigen Morgenstunden. Schon als Kind war er ein Frühaufsteher gewesen. Damals war er auf seinem Pony durch das Gelände geritten. Sein Großvater Shane MacGregor hatte ihn immer begleitet. Da er wieder in Irland weilte, nahm Lord Cameron diese Gewohnheit wieder auf. Er hoffte, dass in einigen Jahren sein Enkel oder seine Enkelin ihn begleiten würden. Wenn der Lord daran dachte, atmete er immer tief durch. Der Gedanke gab ihm Hoffnung und Stärke, obwohl es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten stand. Er hatte sich dazu durchgerungen, sich einer Stammzellentherapie zu unterziehen. Seine Tochter Florence und ihr Halbbruder David hatten sich testen lassen, ob sie geeignete Spender wären. Vielleicht würde sich dabei herausstellen, dass David sein Sohn war und damit Florences Bruder. Aber die Verwandtschaftsverhältnisse waren nebensächlich. Für Cameron zählte nur, dass er eine Chance hätte, wieder gesund zu werden, und noch viele glückliche Jahre mit seiner unehelichen Tochter verbringen könnte. Seit sie bei ihm auf MacGregor Manor lebte, stellten sie jeden Tag mehr fest, wie ähnlich sie sich waren. Der frische feuchte Morgenwind wehte ihm ins Gesicht, als er den Weg am Waldrand entlangritt. Von weitem sah er einen Reiter. Er erkannte ihn sofort. Es war Quinn Walsh, sein alter Verwalter, der am Tag zuvor mit seiner Frau Kathy aus dem Ruhestand nach Culraid zurückgekommen war. Sie ritten aufeinander zu, hielten die Pferde an und stiegen ab. »Noch kühl«

Der kleine Fürst Classic – 13 –

Wach geküsst!

Eine Prinzessin findet ihr Glück

Viola Maybach

Thomas von Radeberg stieß die schmale Tür auf und schaltete das Licht ein, das den großen Dachboden freilich nur unzureichend erhellte. Er hustete, denn es war staubig hier oben, in den Ecken hingen Spinnweben, und er bildete sich ein, über sich ein Kratzen und Scharren zu hören. Das mißfiel ihm sehr, denn Mäuse waren für das Material, mit dem ein Archivar arbeitete, sehr gefährlich. Wie viele angefressene Papierseiten hatte er schon in den Händen gehalten – verzweifelt über den Schaden, den die kleinen Nager angerichtet hatten?

Entschlossen trat er einen Schritt nach vorn und sah sich um. Seine Augen hatten sich jetzt an das trübe Licht gewöhnt, so daß er besser erkennen konnte, wie viele Kisten hier oben lagerten. »Du lieber Himmel!« murmelte er. Zwar war ihm bewußt gewesen, daß mit der Sichtung und Ordnung der Dokumente, die auf dem Dachboden von Schloß Sternberg lagerten, eine gewaltige Arbeit auf ihn wartete, aber jetzt schien es ihm dennoch so zu sein, als hätte er seine Aufgabe unterschätzt.

»Ich wußte nicht, daß Sie schon da sind!« sagte eine helle Stimme hinter ihm, und er drehte sich um.

Christian von Sternberg war ihm gefolgt – der Junge, dessen Wunsch nach einer Aufarbeitung der Familiengeschichte ausschlaggebend für den Auftrag gewesen war, den Thomas bekommen hatte. Er war nach seinem gerade abgeschlossenen Geschichtsstudium gerade auf Arbeitssuche gewesen, als er die Anzeige von Christians Verwandten entdeckt hatte. Tatsächlich war er dann aus sehr vielen Bewerbern ausgewählt worden, und nun sollte er mit der Arbeit beginnen, die mehrere Monate dauern würde. Vielleicht sogar noch länger, dachte er jetzt, nachdem er gesehen hatte, wieviel Material auf ihn wartete.

»Guten Tag, Prinz Christian«, sagte er. »Ja, ich bin schon da und war neugierig, was mich erwartet. Ich war nicht auf eine solche Menge an Kisten gefaßt, muß ich sagen.«

»Oh, das sind noch nicht einmal alle«, erklärte Christian. »Wir sind jetzt hier im Westflügel, aber drüben im Ostflügel gibt es auch noch Dokumente.«

»Ich dachte eigentlich, daß ich nur einige Monate brauchen würde«, gestand Thomas.

»Das schaffen Sie nie im Leben!« rief Christian, während er nähertrat.

Thomas wußte, daß er ›der kleine Fürst‹ genannt wurde, warum das so war, entzog sich freilich seiner Kenntnis. Mit dem Tag seiner Volljährigkeit jedenfalls würde Christian der nächste Fürst von Sternberg werden. Jetzt war er fünfzehn Jahre alt, aber Thomas fand, daß er reifer wirkte, was wohl am erst einige Monate zurückliegenden tragischen Unfalltod seiner Eltern lag. Eine solche Erfahrung ließ einen Menschen sicher schneller erwachsen werden.

Zum Glück war der Junge nicht allein. Sofia von Kant, eine Schwester seiner Mutter, lebte mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern schon lange auf Sternberg – und so war Christian nach dem Tod seiner Eltern zu ihnen in den Westflügel gezogen, praktisch als ihr drittes Kind.

»Ich fürchte, Sie haben recht«, seufzte Thomas.

»Ist das schlimm? Ich meine, bei uns ist es doch schön, und Sie haben selbst gesagt bei Ihrem Bewerbungsgespräch, daß Sie diese Art von Arbeit lieben.«

Thomas spürte, daß dem Jungen seine Antwort wichtig war, und so gab er sich Mühe, seine Gefühle möglichst genau zu schildern. »Schlimm ist es nicht, aber ich werde hier ja als eine Art Gast leben. Das heißt, so lange die Arbeit dauert, werde ich kein eigenes Zuhause haben, sondern praktisch leben, als befände ich mich auf Reisen. Das ist für eine gewisse Zeit sehr schön, aber als Dauerzustand taugt es nicht.«

»Haben Sie noch irgendwo eine Wohnung?«

Thomas schüttelte den Kopf. »Ich war ja Student bisher, ich hatte sowieso nur ein Zimmer in München, wo ich studiert habe. Das habe ich natürlich aufgegeben, es hätte mich ja nur Geld gekostet.« Er lächelte kurz und setzte freimütig hinzu: »Meine Familie hat nicht viel Geld. Wir sind das, was allgemein ›verarmter Adel‹ heißt. Deshalb war dieser Auftrag bei Ihnen ein großes Glück für mich. Also, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich freue mich sehr auf die Arbeit hier, aber ich sehne mich auch danach, mich irgendwo niederzulassen und dort zu Hause zu sein.«

»Das verstehe ich«, erklärte Christian. »Ich bin hier auf Sternberg zu Hause, ich könnte mir gar nicht vorstellen, woanders zu leben. Natürlich will ich auch reisen und mir die Welt ansehen, wenn ich erwachsen bin, aber ich würde immer wieder hierher zurückkommen.«

»Sehen Sie? Das ist es, was ich meine. Meine Eltern besitzen nicht einmal mehr ein Haus, sie wohnen zur Miete. Es hat sie große Anstrengung gekostet, mir das Studium zu ermöglichen, und dafür werde ich ihnen ewig dankbar sein. Aber weitere finanzielle Opfer sollen sie für mich nicht bringen. Ich möchte ihnen gern etwas von dem zurückgeben, was ich von ihnen bekommen habe.«

»Sind Sie ein Einzelkind?«

»Ja, leider.«

»Wie ich«, stellte der kleine Fürst fest. »Aber ich habe wenigstens Anna und Konrad. Die sind wie Geschwister für mich, wir leben ja auch zusammen, seit ich denken kann.«

Thomas nickte, dann kehrten seine Gedanken zu dem zurück, was hier seine Aufgabe sein würde. »Hier oben kann ich natürlich nicht arbeiten«, stellte er fest.

»Wir haben Ihnen unten neben der Bibliothek einen Raum eingerichtet«, erklärte Christian eifrig. »Die Dokumente sollen ja, wenn sie geordnet sind, sowieso in der Bibliothek aufbewahrt werden. Soll ich Ihnen den Raum mal zeigen?«

»Ja, das wäre gut«, stellte Thomas fest. »Und dann muß mir jemand helfen, die Kisten nacheinander nach unten zu bringen.«

»Das ist alles schon organisiert, Sie brauchen nur zu sagen, mit welchen Kisten Sie anfangen wollen.«

»Tja, wenn ich das wüßte«, murmelte Thomas, während er Christian wieder nach unten folgte.

Er nahm den Raum in Augenschein, der ihm in der nächsten Zeit als Büro dienen würde, und stellte fest, daß es ihm an nichts fehlte: Auf einem großen Schreibtisch stand ein Computer mit allem, was dazugehörte. Staunend sah er auf die üppige Ausrüstung, freute sich über die leeren Regale an den Wänden, die er füllen konnte. Das Zimmer war ziemlich groß und sehr hell. Als er ans Fenster trat, rief er erstaunt: »Da ist ja ein Garten!«

»Das ist Tante Sofias Hobby«, erklärte der kleine Fürst. »Sie arbeitet gern im Garten. Und weil für den Park die Gärtner zuständig sind, hat sie gesagt, sie will ein kleines Stück Land haben, wo niemand außer ihr etwas tun darf.«

»Sie macht die Arbeit ganz allein?« fragte Thomas.

»Ja.« Christian lächelte verlegen. »Wir sind alle nicht solche Gartenfans, wir anderen.«

Es klopfte leise an der offenen Tür, und sie drehten sich um. Eberhard Hagedorn stand dort, der Butler von Schloß Sternberg. »Darf ich Ihnen einen Tee anbieten, Herr von Radeberg?« fragte er höflich. »Und Ihnen vielleicht auch, Prinz Christian.«

»Gern«, antwortete Thomas, während Christian dankend ablehnte.

»Und dann«, setzte Thomas hinzu, »würde ich am liebsten mit der Arbeit anfangen.«

»Aber Sie sind doch heute erst gekommen!«

»Ja, ich weiß. Aber ich bin einfach zu neugierig, Prinz Christian.«

Eine Stunde später standen zehn Kisten in Thomas’ neuem Büro. Er öffnete die erste und nahm behutsam einen Stapel alter Briefe heraus, die er auf seinen Schreibtisch legte.

Die Arbeit konnte beginnen.

*

»Die Gästesuite hat er akzeptiert, aber er will mit den Angestellten unten in der Küche essen, Fritz!« sagte Baronin Sofia von Kant zu ihrem Mann. »Das können wir doch nicht zulassen.«

Baron Friedrich sah von der Zeitung auf, in die er sich gerade vertieft hatte. »Wieso nicht, wenn das sein Wunsch ist, Sofia? Herr von Radeberg scheint mir durchaus zu wissen, was er will, und ich finde, wir sollten ihn selbst entscheiden lassen, wie er sich sein Leben auf Sternberg einrichtet.«

»Ich weiß nicht«, murmelte sie. »Irgendwie gefällt mir das nicht. Ich hatte ihn eher als unseren Gast angesehen.«

»Streng genommen ist er das aber nicht. Er ist unser Angestellter, wenn auch nur für eine gewisse Zeit. Ich würde mir darüber an deiner Stelle nicht so viele Gedanken machen.«

»Wahrscheinlich hast du recht«, seufzte sie.

Sie verließ das Zimmer und machte sich auf den Weg in die Küche, um mit der Köchin Marie-Luise Falkner über diese Angelegenheit zu sprechen. Das erwies sich jedoch als überflüssig, denn die junge Frau wußte bereits Bescheid. »Ich dachte, Herr von Radeberg hätte das mit Ihnen abgesprochen«, sagte sie erstaunt. »Er hat gleich gesagt, er würde gern mit uns in der Küche essen.« Sie sah Sofia unsicher an. »Ist Ihnen das nicht recht, Frau Baronin?«

»Doch, doch«, behauptete Sofia. »Damit wäre dann ja alles geklärt.« Sie besprachen noch ein paar Kleinigkeiten, dann kehrte sie in ihre Privaträume zurück. Nein, es war ihr nicht recht, daß Thomas von Radeberg mit den Angestellten in der Küche aß, aber sie würde von jetzt an kein Wort mehr darüber verlieren. Wenn er es so haben wollte – bitte sehr. Sie hätte sich gern öfter mit ihm unterhalten, weil sie ihn sympathisch und klug fand. Außerdem interessierten sie natürlich die Ergebnisse seiner Arbeit, und darüber ließ sich bei einem gemütlichen Essen angenehmer reden als bei immer etwas steif und offiziell wirkenden ›Besprechungen‹, für die man extra einen Termin ausmachen mußte.

Sie beschloß, ihn gelegentlich zu einem Abendessen zu bitten – das würde er als höflicher junger Mann kaum ablehnen, und ihren Fragen konnte er dabei nicht ausweichen. Sie lächelte, als ihr diese Lösung eingefallen war. So würden letzten Endes doch alle zufrieden sein.

*

Prinzessin Bettina von Arlington hatte Mühe, ihre Langeweile zu verbergen. Sie hatte sich noch nie für Pferderennen interessiert, aber das heutige kam ihr besonders langweilig vor. Dabei schrien alle Leute um sie herum wie von Sinnen, weil offenbar das falsche Pferd vorn lag – das, auf das kaum jemand gesetzt hatte.

Auch ihr Verlobter Karl von Bentheim war längst aufgesprungen und feuerte seinen Favoriten lautstark an. Wenn sie es richtig verfolgt hatte, lag dieser auf dem vorletzten Platz. Es verwunderte sie stets von neuem, daß sich erwachsene Menschen auf einer Rennbahn in Windeseile in johlende Halbwüchsige verwandelten – bisher war es jedesmal so gewesen. Sie ging nur Karl zuliebe mit, aber ihre Abneigung gegen diese Ausflüge wuchs. Wie gern wäre sie zu Hause geblieben und hätte ihr Buch zu Ende gelesen! Es war gerade besonders spannend, sie hatte sich kaum davon losreißen können. Aber natürlich hatte sie Karls inständigen Bitten nachgegeben, wie immer.

Das Rennen war zu Ende, die erregte Menge beruhigte sich nur langsam. Karl ließ sich mit gerötetem Gesicht neben sie auf den Sitz plumpsen. »Mist!« sagte er niedergeschlagen. »Das war ein teures Rennen für mich, Tina. So viel Geld habe ich schon lange nicht mehr in den Sand gesetzt.«

Sie gab ihm einen Kuß auf die Wange und beteuerte: »Das tut mir leid. Aber es gibt ja noch ein paar Rennen, oder? Du hast vielleicht bei den nächsten mehr Glück.« Insgeheim hoffte sie, er hätte vielleicht die Lust verloren und würde vorschlagen, die Rennbahn vorzeitig zu verlassen – doch dieser Hoffnung versetzte seine Reaktion umgehend einen Dämpfer, denn sein Gesicht heiterte sich auf.

»Ach, Tina, du hast wieder einmal die richtigen Worte gefunden!« rief er, sprang auf und eilte davon.

Sie sorgte dafür, daß ihr Gesicht seinen heiteren Ausdruck beibehielt, während sie überlegte, wie sie der Langeweile der vor ihr liegenden zwei Stunden am besten entgehen könnte. Sie war noch zu keinem Ergebnis gekommen, als eine junge Frau ihr heftig zuwinkte und sich dann mit vielen Entschuldigungen nach rechts und links durch die Menge zu ihr drängelte.

»Hallo, Tina!« Matilda von Bedern ließ sich auf Karls Platz sinken. »Ich dachte mir schon, daß ihr hier seid. Ist es nicht wahnsinnig spannend heute?«

»Wahnsinnig«, erwiderte Bettina, wobei sie sich bemühte, ein wenig Enthusiasmus in ihre Stimme zu legen.

»Wo ist Karl? Setzt er im nächsten Rennen?«

»Ja, er hat eben viel Geld verloren und will das jetzt möglichst ausgleichen.«

Matilda strahlte. »Ich habe gewonnen, stell dir vor!« Sie sah sich rasch um, dann senkte sie die Stimme und flüsterte Bettina ins Ohr: »Aus Versehen, ich hatte den Namen des Favoriten falsch verstanden.« Sie kicherte über ihr eigenes Glück.

Bettina freute sich aufrichtig für sie. Sie hatte Matilda gern, obwohl sie nichts gemeinsam hatten. Ihre Eltern waren seit langem miteinander befreundet, und deshalb kannten sich die beiden jungen Frauen praktisch seit der Kindheit. Enge Freundinnen waren sie nie geworden, dazu waren sie zu unterschiedlich, aber es war aufrichtige Sympathie, die sie miteinander verband, auch wenn sie sich nicht häufig sahen und einander niemals intime Geheimnisse verraten hatten.