Der letzte Tod des Gautama Buddha - Fritz Mauthner - E-Book

Der letzte Tod des Gautama Buddha E-Book

Fritz Mauthner

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Beschreibung

In 'Der letzte Tod des Gautama Buddha' wirft Fritz Mauthner einen faszinierenden Blick auf das Leben und die Lehren des historischen Buddha. Mit einem einzigartigen Mix aus historischer Forschung und philosophischen Spekulationen führt er den Leser durch die verschiedenen Stationen von Buddhas Leben und stellt die Frage nach der wahren Natur seiner Erleuchtung. Mauthners sprachlicher Stil ist präzise und akribisch, was einen starken Kontrast zu den oft mystischen Darstellungen Buddhas in der Literatur bildet. Dieses Werk ist ein Meisterwerk des deutschen Naturalismus und eine erfrischende Neuinterpretation eines altbekannten Themas. Der Autor Fritz Mauthner war selbst ein renommierter Philosoph und Schriftsteller, der sich intensiv mit den Themen Sprache und Denken auseinandersetzte. Seine einzigartige Herangehensweise an die buddhistische Lehre zeigt eine tiefe Verbundenheit mit philosophischen Fragen und führt zu einer erfrischend neuen Perspektive auf Buddhas Leben und Lehren. Dieses Buch ist für Leserinnen und Leser, die an einem intellektuell anspruchsvollen und originellen Zugang zur buddhistischen Philosophie interessiert sind, unbedingt zu empfehlen.

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Fritz Mauthner

Der letzte Tod des Gautama Buddha

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1235-4

Inhaltsverzeichnis

I. Adler und Tauben
II. Die Himalaja-Morcheln
III. Schmerzenbesiegung
IV. Der arge Weg
V. Der Löwenruf des Dauergedankens
VI. Im Parke der Ambapali
VII. Die Schmetterlingspredigt
VIII. Der treue Ananda
IX. Das ganz ferne Lachen
X. Bestattung des Dauergedankens

Meiner lieben Frau

Francisci Schülerin, des einen und andern, Hast du die Heiligen mir ganz nah gebracht, Die arm und selig über die Erde wandern, Wie Tierlein fromm und klug und unbedacht.

Die Antwort deiner christlichen Legenden Vernimm jetzt: eines gütigen Menschensohns Selbstüberwinden, Entsagen und Vollenden. Nicht wahr, du hörst den Nachklang deines Tons?

Sonst wäre die Sage ungesagt geblieben; Wer sich kein Echo weckt, ist stumm. Ich habe dir das Büchlein zugeschrieben. Du weißt, warum.

I. Adler und Tauben

Inhaltsverzeichnis

Das habe ich gehört.

Ruhig vorübergegangen, nicht vorübergeeilt und nicht vorübergeschlichen, ruhig verflossen waren fünfzig Jahre, vielleicht etwas mehr oder etwas weniger als fünfzig Jahre, seitdem Gautama die Hauslosigkeit erwählt hatte. Damals war er noch nicht ein Buddha, war er noch der Sakyaprinz Siddhartha Gautama, hatte er noch ein Weib und holde Tänzerinnen und ein lachendes Söhnchen. Bis der Prinz eines Tages einen toten Mann sah, bis der Prinz vom Altern und Sterben erfuhr und keine Ruhe mehr fand und keine Freude am Leben mehr fand, bevor er nicht in das Geheimnis eingedrungen wäre, in das Geheimnis des Lebens und des Todes. Da hatte der Prinz Siddhartha seine Tänzerinnen verlassen, seine drei Paläste verlassen, den Palast für die Regenzeit, den Palast für die Blumenzeit und den Palast für die Zeit der Früchte hatte er verlassen, sein Weib und sein Söhnchen hatte er verlassen, hatte gerungen mit bösen Geistern und hatte endlich in der langen Nacht unter dem Mahabodhibaume die Erleuchtung und Erweckung gefunden, die Erlösung durch Einsicht, den einfältigen Weg für die armen sterblichen Menschen gefunden. Er war ein Buddha geworden; der Vollendete war er geworden, der Willkommene, der Lehrer, der Sieger, der Löwe aus dem Sakyastamme.

So ungefähr vor fünfzig Jahren war ihm in der langen Nacht unter dem Mahabodhibaume die Erleuchtung geworden: Der Tod ist gar nichts Besonderes; alles fließt; alles ist nur vergängliche Erscheinung; es gibt kein Selbst; für die guten wie für die argen Menschen nicht, für die lieben Tierlein nicht, nicht für die lieben stillen Blumen. Es gibt kein Selbst.

Niemals war Gautama, der Buddha, an der Wahrheit dieser Lehre irre geworden. Nur daß das Selbst des Buddha, solange er auf Erden wanderte, eben auch flüchtige Erscheinung war im Flusse der Dinge; nur daß auch der Buddha sein Selbst nicht unverändert bewahrt hatte im Weiterschreiten; nur daß sogar das Licht seiner Wahrheit wärmer bestrahlt war jetzt von der farbigen Abendsonne, als einst von der sengenden Sonne seines Mittages.

Nicht als ob Gautama, der Buddha, es gewußt hätte, daß die Sonne seit einigen Regenzeiten, Ruhezeiten wärmer auf seine Wahrheit schien. Immer noch dünkte ihn die Welt furchtbar und voll Elend. Aber furchtbar war sie doch nur für einen, der noch dazu gehörte, der noch etwas Eigenes befaß oder liebte in dieser Welt. Wer nichts Liebes hatte, der hatte auch nichts Leides. In seiner Hauslosigkeit, in seiner Heimlosigkeit, in seiner Eigenentfremdung war er ein leidloser Schauer der Welt worden; und dem Schauer, dem Zuschauer der Erscheinungen erglänzte die Welt schöner und schöner.

Da hellte sich dem Buddha nicht unfreundlich die Möglichkeit, noch recht lange als Zuschauer der Erscheinungen weiter zu schreiten, als Schauer von Menschen, von Tierlein und von Blumen. Warum nicht ein Weltenalter lang? Ei, wie lange dauerte so ein Weltenalter, deren jedes nur einen einzigen Buddha erlebte? Wie lang? Es war da irgendwo gegen Mitternacht ein Berg, der ganz nur aus einem Kristall bestand; dieser Kristallberg war erst in sieben Stunden zu umgehen und war zwei Stunden hoch. Und alle hundert Menschenjahre einmal kam ein indischer König zum Berge und winkte mit seinem seidenen Kopftuche nach den vier Himmelswohnungen, zum Zeichen des Friedens, und streifte mit dem seidenen Kopftuche den harten Kristallberg. Und wenn der ganze kristallharte Berg vom Anstreifen der Seide abgetragen sein wird, völlig und gar der Ebene gleich, dann wird ein Weltenalter um sein. Und solange weiter zu schreiten, als sinnender Zuschauer der erschrecklichen Welt, das war dem Buddha seit einigen Ruhezeiten und dann seit einigen Blütenzeiten seines indischen Landes keine bange Vorstellung mehr.

So war der Entsager Gautama, der Buddha, alt geworden und wußte es nicht. Er blickte in keinen glatten Teich, und drum sah er nicht, wie leuchtend weiß sein Haarschopf rund um die geschorene Platte seinen schönen alten Kopf umstarrte. Gautama, der Buddha, wanderte, seitdem der dreißigjährige Fürstensohn die Hauslosigkeit erwählt hatte, mit Pilgerstab und Bettlerschale, umringt von seinen Jüngern, von Dorf zu Dorf, von Hain zu Hain, frei vom Leben, frei vom Leiden der Zugehörigkeit, frei von Haß, frei von Gier, unbeschwert von eigener Habe, frei von irgend Liebem oder Leidem, ein Buddha. Unversieglich flossen von seinen Lippen Worte der Lehre, Worte der Zucht. Er achtete noch nicht darauf, daß er sich oft auf einer Bahre tragen lassen mußte, manchen Nachmittag müde wurde und sich müde auf den vierfachgefalteten Pilgermantel seines lieben Ananda niederließ, um eine Stunde zu ruhen.

Auch dann schloß er die Augen nicht. Dann blitzten seine Augen über das Leben hinaus in ferne Vergangenheiten und in ferne Zukünften, und aus Vergangenheiten und Zukünften kamen ihm immer noch neue Gesichte für seine Jünger. Diese aber, wenn sie seine Augen so blitzen sahen, nicht gut und nicht hart blitzen, klar blitzen, diese glaubten dann um seinen weißen Haarschopf einen Strahlenkranz flimmern zu sehen; und bald der eine, bald der andere sagte dann still zu seinem Nachbar: »Bruder, der Überwinder Gautama will uns verlassen«, oder: »Bruder, der Weltüberwinder Gautama will heimkehren«, oder: »Das Licht will erlöschen«.

Eines Morgens, nachdem Gautama, der Buddha, und alle Jünger die täglichen Waschungen vorgenommen und die Almosenreste aus der Bettlerschale gegessen hatten, war Gautama, der Buddha, laß; und es kam ihm die Sehnsucht, die Worte der Lehre und die Worte der Zucht aus anderem Munde zu hören, nicht immer selbst die Tretmühle der Predigt treten zu müssen. Klar bewußt holte er Atem und sagte mit seiner Stimme, die nicht gut und nicht hart war: »Mein treuer Ananda, lieber Bruder, Ton für Ton, Silbe für Silbe, ohne Fehl kennst du die Worte meiner Lehre und die Worte meiner Zucht. Lehre du heute statt meiner die jüngeren Brüder, weise du ihnen die beiden Pfade, das vierfache Wissen, die acht Anschauungen und die vierundsechzig Befreiungen.«

Der treue Ananda, welcher schon seit sechsunddreißig Jahren Gautama, den Buddha, auf jeder Wanderschaft begleitete, auf jeder Rast neben ihm ruhte, an seinen Lippen hing, der treue Ananda beschattete grüßend das Antlitz, damit der Buddha Anandas Erröten, wenn es schon nicht ganz zurückgedrängt worden wäre bis ans Herz, nicht wahrnähme. Sodann trug der treue Ananda die Worte der Lehre und die Worte der Zucht leise singend den jüngeren Brüdern vor. Gautama, der Buddha, schloß die Augen, zum ersten Male in Tageshelle. Die Brüder glaubten, er schliefe und hörte nicht, wie die Worte der Lehre und die Worte der Zucht nicht so wie aus seinem Munde in das Innere der Jünger drangen. Gautama, der Buddha, aber schlief nicht; er sah geschlossenen Auges, daß die Worte der Lehre und der Zucht, seine eigenen Worte, von Ananda gesprochen, wie Tauben die Seelen der Jünger umflatterten, nicht wie Adler die Seelen der Hörer umkrallten.

Bis um die Mittagszeit sprach der treue Ananda Ton für Ton, Silbe für Silbe die Worte der Lehre und der Zucht. Dann ruhte er aus, und alle Jünger blickten nach Gautama, dem Buddha. Der saß da auf dem vierfachgefalteten Bettlermantel; und obgleich seine Augen immer noch von den Lidern bedeckt waren, glaubten die Jünger den Strahlenkranz flimmern zu sehen. Gautama, der Buddha, schaute inwendig über das Leben hinaus und wollte Stille, um klar bewußt zu erkennen, was ihm geschehen war, als er seine Worte der Lehre und der Zucht aus treuem anderem Munde vernahm. Da aber Ananda schwieg und es ganz stille wurde, da störte Gautama, den Buddha, diese Stille; er öffnete die Augen, die Augen blitzten in ferne Vergangenheiten und ferne Zukünften, und Gautama, der Buddha, sagte mit einer Stimme, die fast nicht feierlich klang, die fast nicht ernsthaft klang, mit einer Stimme, die zum ersten Male eher hart klang als gut: »Lieber Ananda, Ton für Ton, Silbe für Silbe, ohne Fehl, kennst du die Worte meiner Lehre und die Worte meiner Zucht. Treulich hast du meine Lehre den Brüdern vorgetragen, Silbe für Silbe, Ton für Ton, genau wie du meine Lehre von meinen Lippen oft vernommen hast. Kannst du es mir nun sagen, lieber Ananda, kannst du es mir deuten, warum die gleichen Worte und die gleichen Töne auf die Brüder nicht fast so wirkten, wie die gleichen Worte und Töne von meinen Lippen auf die Brüder zu wirken pflegen. Sonst haften die Augen der Brüder und die Ohren der Brüder an meinem Munde, wie mit diamantenen Nägeln angeheftet; und die Welt da draußen versinkt in die Dämmerung des Nichtseins. Heute sahen die Brüder während deiner Rede, wie der Heuschreck dir zu Häupten seine Flügel putzte, hörten das Zirpen beim Flügelputzen. Auch ich selbst, der ich doch Augen und Ohren mir verschloß, hörte und sah die luftig zirpende Grille.«

Ananda ließ sich auf die Kniee nieder und beugte sein Haupt so tief, daß niemand bemerken konnte, wie eine gelbliche Blässe sein Angesicht grau umschattete.

»Meister,« sprach er leise, »Silbe für Silbe habe ich deine Lehre vorgetragen, wie ich sie von dir vernommen habe seit sechsunddreißig Jahren. Vielleicht aber habe ich den greifenden und packenden Ton der Silben nicht immer richtig getroffen und darum die Welt da draußen nicht völlig in die Dämmerung des Nichtseins verwandeln können. Ich will nicht schlafen. Ich will die Stunden der Nacht aufrecht sitzen und mich üben, zu jeder deiner Silben auch deinen greifenden und packenden Ton zu treffen.«

Gautama, der Buddha, rührte keine sichtbare Muskel seines Körpers; nur seine Augen wanderten rasch nach rechts und wandten sich den Brüdern zu. Er sprach: »Silbe für Silbe, meine Brüder, aber auch Ton für Ton, ohne Fehl, hat euch der gute Ananda die Worte meiner Lehre vorgetragen. Könnt ihr mir nun sagen, meine Brüder, warum meine Worte aus meinem Munde eure Seelen zu umkrallen pflegen wie Adler, warum jedoch meine Worte aus Anandas Munde eure Seelen umflattern wie Tauben, die sich an einer Futterstelle niederlassen?«

Die Jünger baten um die Erlaubnis, untereinander Rat zu pflegen vor der Antwort. Denn nicht zieme es sich, daß dem Weltüberwinder, dem Meister eine Antwort ungeordnet und unüberlegt zuteil würde. Und die Jünger zogen sich zurück, fünf Feigenbäume weit. Dennoch vernahm der Buddha mitten aus der Beratung das Schluchzen eines jungen Mannes und darauf ein Durcheinander von Stimmen, als wie wenn der eine gerufen hätte: »Du sollst nicht für uns sprechen« – und der andere: »Dein Schluchzen dringe nicht an das Ohr des Weltüberwinders« – und der dritte: »Nicht Liebe und Schluchzen will der Meister, sondern bewußten Gehorsam und Wiederholung seiner Worte.«

Der schluchzende Jüngling hieß Subhadda; er war als der ergebene Schüler des gelehrten Brahmanen Kassapa unter die Jüngerschar des Buddha getreten, unter listigen Vorwänden, als ein Aushorcher, um den Gautama wie einen falschen Buddha zu überführen. Als den leidenschaftlichsten, nach Wahrheit gierigsten seiner Schüler hatte ihn der Brahmane zu diesem Amte ausgewählt. Seit einem Monde wanderte der Jüngling mit den Mönchen. Langsam war sein Herz hinübergeglitten von der Schulweisheit des Brahmanen zu dem Unaussprechlichen, das mit den Worten des Buddha täglich auf ihn einströmte, das unter den zauberischen Augen des Buddha in Wald und Feld täglich vor ihm an Wundern aufsproßte. Noch hatte er nicht gesagt, daß er die Weihen empfangen wollte; noch hatte er nicht gesprochen. Und jetzt war es über ihn gekommen. Er hatte geschluchzt wie ein Kind, wie ein Kind der Welt, und hatte gerufen: »Laßt mich zum Buddha sprechen! Er ist der eigenerlöste Erlöser! Er ist der Buddha! Ich will büßen! Ich nehme meine Zuflucht bei ihm! Nicht seine Worte können uns erlösen! Nur er! Wenn wir ihn lieben! Wenn wir den Buddha lieben dürfen!« Auf solche Reden hatten die Mönche geantwortet: »Du sollst nicht für uns sprechen.« Und das andere.

Die Jünger kehrten in geziemender Haltung zum harrenden Buddha zurück; sie ließen den ehrwürdigen Nathaputta, den zweitältesten unter ihnen, den ältesten nach dem treuen Ananda, schicklich vortreten und also sprechen: »Trefflich hast du beobachtet, Meister, daß die Worte deiner Lehre aus deinem eigenen Munde unsere Seelen umkrallen wie Adler, daß die gleichen Worte aus dem Munde des ehrwürdigen Ananda unsere Seelen umflattern wie Tauben, die an einer Futterstelle niederfallen. Aber die Ursache dieser Erscheinung können wir nicht ergründen, wie wir ja auch nicht wissen, warum der Reis zur Reife kommt unter dem Scheine der Sommersonne, warum im Keller auch bei Fackellicht kein Grashalm grün wird. Wir glauben, Meister, daß du es bist, der uns fehlt, wenn Ananda deine Worte spricht. Du selbst fehlst uns dann, wenn es auch in Wahrheit kein Selbst gibt. Die Erscheinung deines Selbst mag es sein, was uns fehlt, wenn du es nicht selber bist, der zu uns spricht.«

Der Jüngling, dessen Schluchzen vorher getadelt worden war, drängte sich in diesem Augenblicke vor und rief so laut, daß die Schicklichkeit dadurch verletzt wurde: »Meister, verlaß uns nicht!« Wieder wurde der Jüngling allgemein getadelt, auch weil er nach seinem Ausrufe das Bewußtsein verlor und hinstürzte. Ananda wollte nach seinem Wanderstecken greifen. Der Buddha aber hob leicht die rechte Hand und sagte mit einer milden Stimme: »Seid gut zu ihm. Gebt ihm Arznei. Tadelt ihn nicht, weil er mich so töricht lieb hat.«

Und noch einmal wandte sich der Buddha an den treuen Ananda und sagte zu ihm mit fremd-milder Stimme:

»Du warst damals noch nicht bei uns. Du warst damals ein junger Offizier, nach Beförderung lüstern. Damals, als ich in die Hauslosigkeit ging aus meinem Palaste, als ich die Hauslosigkeit wählte, da ließ ich ein Söhnchen zurück bei einer schönen, stillen Frau, die meine Lust gewesen war. Ein Söhnchen, das ich lieb hatte, auch wenn es mit seinen kleinen Pfeilen nach Amseln schoß. Aber du warst da eben zu uns gekommen, in den Frieden der Hauslosigkeit, als ein Gedanke des fahlen Mara mich versuchte. Mara verlockte mich, daß ich als Büßer, der ein Buddha geworden war, im ganzen Hochmute der Niedrigkeit das Haus meiner Väter betrat, die Almosenschale in der Hand. Mein Sohn, ein prächtiger junger Krieger, füllte mir die Schale. Er kannte mich nicht; und dennoch wollte er seine Zuflucht bei uns gewinnen in der Hauslosigkeit; und ich wies ihn ab, meinen lieben Sohn. Ich muß meines lieben Sohnes gedenken, wenn der Jüngling Subhadda mich mit den kirschenschwarzen Augen fragt. Seid gut zu ihm.«

II. Die Himalaja-Morcheln

Inhaltsverzeichnis

Man vernahm die Trompeten der Vorreiter und bald darauf das Stampfen der Rosse; der Wagen hielt in schicklicher Entfernung vom Eingange des Mangohaines, in welchem der Buddha und seine Jünger die Nacht verbracht hatten.