Der neue Antisemitismus - Jean Améry - E-Book

Der neue Antisemitismus E-Book

Jean Améry

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Beschreibung

»Das sowohl politische wie jüdische Opfer, das ich war und bin, kann nicht schweigen, wenn unter dem Banner des Anti-Zionismus der alte miserable Antisemitismus sich wieder hervorwagt.« Jean Améry »Ein Klassiker der Zukunft«  Jürg Altwegg, FAZ »Man soll und darf die Vergangenheit nicht auf sich beruhen lassen, weil sie sonst auferstehen und zu neuer Gegenwärtigkeit werden könnte.« Jean Améry Jean Amérys Essays, die zwischen 1969 und 1976 geschrieben wurden, erschrecken geradezu durch ihre Aktualität. Sie lesen sich in ihrer Prägnanz, als wären sie für den heutigen Tag geschrieben. Ausgehend von seinem Judesein, das ihm von den Nürnberger Gesetzen aufgezwungen wurde, beschreibt Jean Améry seine existentielle Bindung an Israel, seine Solidarität ist jedoch nicht bedingungslos. Und doch ist für ihn Israel das Land, das allen entrechteten Juden der Welt den aufrechten Gang gelehrt hat. Hier spricht sein Schmerz, weil er, von jeher ein Linker, die Neue Linke, die Israel als kolonialistisch betrachtet, nicht mehr erreichen kann: Ihr selbstgerechter Antizionismus steht ihm als unausrottbarer Antisemitismus klar vor Augen.

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Seitenzahl: 115

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Dies ist der Umschlag des Buches »Der neue Antisemitismus« von Jean Améry, Irene Heidelberger-Leonard

Jean Améry

Der neue Antisemitismus

Mit einen Vorwort von Irene Heidelberger-Leonard

Cotta

Impressum

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Cotta

www.klett-cotta.de

© 2024 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Rothfos & Gabler, Hamburg

Gesetzt von C.H.Beck.Media.Solutions, Nördlingen

Gedruckt und gebunden von GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-7681-9828-8

E-Book ISBN 978-3-7681-9829-5

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

Vorwort

Mein Judentum

Der ehrbare Antisemitismus

Die Linke und der »Zionismus«

Juden, Linke – linke Juden

Der neue Antisemitismus

Der ehrbare Antisemitismus

Nach dem Augenschein

Grenzen der Solidarität

Vorwort

von Irene Heidelberger-Leonard

Es gibt in Stuttgart, Heimstätte von Jean Amérys Verlag Klett-Cotta, einen Jean-Améry-Weg. Auf dem Straßenschild steht geschrieben: »Jean Améry (Hans Mayer), 1912–​1978, Schriftsteller und Verfolgter des Naziregimes«. Als sich der Stuttgarter Gemeinderat 1987 zu dieser Namensnennung entschloss, wollte er damit zum Ausdruck bringen, dass der einst aus dem deutschsprachigen Raum Vertriebene neun Jahre nach seinem Tod zu einem festen Bezugspunkt in der deutschen Öffentlichkeit geworden war. Dieser Schriftsteller, der sich zu Lebzeiten schon als Anachronist verstanden hatte, hat sich im Nachhinein als ein Kritiker erwiesen, der seiner Zeit 50 Jahre voraus war. In seinen Essays formuliert er Gedanken, die nicht nur vom Historikerstreit (1987) und von der Walser-Bubis-Debatte (2000) schon längst eingeholt wurden, sondern gerade heute mit dem rasanten Aufstieg der AfD und erst recht mit dem Gaza-Krieg gegen den mörderischen Angriff der Hamas mehr denn je im Zentrum der deutschen Debatten stehen: die Frage nach der Einzigartigkeit des Judeozids, nach deutscher Identität, und – nach altneuem Antisemitismus.

Die Aktualität der in diesem Band vorgestellten Essays ist geradezu erschreckend: Diese Aufsätze, die Améry zwischen 1969 und 1976 verfasste, erwecken den Eindruck, sie seien eigens für den heutigen Tag geschrieben worden. Sie lesen sich als Warnung an das Deutschland von heute, wo die Juden sich – wieder einmal – nicht mehr sicher fühlen.

Wie konnte es dazu kommen, dass derselbe Jean Améry, der sich noch Jahre nach seiner Befreiung geschworen hatte, nie mehr deutschen Boden zu betreten, binnen kürzester Zeit zum Liebling der westdeutschen Medien aufstieg? Es waren die Frankfurter Auschwitz-Prozesse von 1963–​1965, die ihn dazu drängten, »sein Wort in die Waagschale zu werfen«. Sein Auschwitz wollte er erzählen. Und als sich im Februar 1964 mit dem Dichter Helmut Heißenbüttel die Gelegenheit ergab, für den Süddeutschen Rundfunk zu schreiben und zu sprechen, ergriff er – freudig, wenn auch nicht ohne schlechtes Gewissen – die Gelegenheit. So blieb es, bis Jean Améry den Weg ins Freie ging. Helmut Heißenbüttel blieb dem neuen Freund bis zu dessen Tod engstens verbunden. Und weil Amérys erste fünf Essays, die er in der Publikation Jenseits von Schuld und Sühne (1966) bündelte, im bundesrepublikanischen Literaturbetrieb derart einschlugen, meldeten sich auch der Westdeutsche, der Norddeutsche und der Bayerische Rundfunk. Auch das Interesse der großen Zeitungen war geweckt worden: Karl Korn, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, und wenig später auch Feuilletonchef Karl Heinz Bohrer buhlten um Améry; dieser fühlte sich aber dem Redakteur Wolfram Schütte und der politisch links ausgerichteten Frankfurter Rundschau verpflichtet. Deshalb, aus Loyalitätsgründen, mochte er der FAZ seine Mitarbeit nicht zusichern. Auch Horst Krüger, langjähriger Feuilletonist der Zeit, bekundete sein Interesse – sie alle rissen sich um den Essayisten Jean Améry, ganz zu schweigen vom Merkur, für den er mehrere Dutzend Essays und Rezensionen verfasste.

Auch seine Schriftsteller-Kollegen meldeten sich zu Wort: Alfred Andersch lobte Jenseits von Schuld und Sühne als einen »Fixpunkt, auf den sich jedes Weiterdenken in Zukunft beziehen muss«, als ein »Grunddokument unserer Zeit«, der Nobelpreisträger Elias Canetti staunte über den »Prophet(en) aus seiner eigenen Leiblichkeit heraus« und der österreichische Philosoph Ernst Fischer bewunderte Amérys »Energie des Intellekts«, seine »Distanz im Mittendrinsein, dieses Sagen des Unsäglichen«; man könne von ihm »die Kunst lernen, wie man Aufrichtigkeit, understatement, Verflechtung von Erlebnis und Erkenntnis zur Prosa ersten Ranges konzentriert.« Adorno rühmte ihn, weil er »die Veränderungen in den Gesteinsschichten der Erfahrung […] in einer geradezu bewundernswerten Weise zum Ausdruck (bringt)«, und Ingeborg Bachmann setzte ihm noch zu Lebzeiten in ihrer schönsten Erzählung Drei Wege zum See ein Denkmal.

Anderschs Prognose hat sich bewahrheitet, denn Fixpunkt zum Weiterdenken ist Jean Améry allemal geblieben: Nicht nur W. G. Sebald lässt sich in Austerlitz (2001) von ihm inspirieren, auch für Imre Kertész wird er Anfang der 90er Jahre zu einer »Offenbarung«. Und in der Tat: Grunddokument, ja Grundlagentext des laizistischen Judentums nicht nur für unsere Zeit, sondern vor allem für Améry selbst ist sein Aufsatz Mein Judentum geblieben, zurecht bildet er auch den Auftakt dieses Bandes. Von Mein Judentum leitet sich auch Amérys Stellung zum Antisemitismus und zum Zionismus ab. Er spricht vom »Judesein« und nicht vom Judentum, bewusst formt Améry diesen Neologismus: Es geht ihm um das historische, politische und ethische Existential des Jüdischseins, nicht um eine Religion. Die Analyse seiner eigenen Identitätsbildung und -findung bietet sich auch als Modell an für andere Varianten von historisch-gesellschaftlichen Fremdbestimmungen, denn nur als solche erkennt Améry den Juden in sich. Amérys Judesein definiert sich einzig über die Nürnberger Rassengesetze von 1935. Die Auschwitznummer ist ihm, dem »Katastrophenjuden«, zur Grundformel seiner jüdischen Existenz geworden, sie sei aussagekräftiger und lese sich kürzer als der Talmud.

Aber das Negativum Jude, dieser Tote auf Abruf, der an einer »schleichende(n) Krankheit« leidet, diese Fremdheit in der Welt lässt Améry in ein Positivum umschlagen. Jean Améry nimmt den Urteilsspruch der Geschichte an mit dem Entschluss, ihn in der Revolte zu überwinden. Selbst im Zustand der Todesdrohung widersetzte er sich in Auschwitz-Monowitz dem Häftlingsvorarbeiter Juszek. Ihn schlug Améry in offener Revolte zurück: »Meine Würde saß als Faustschlag an seinem Kiefer – und dass am Ende ich, der körperlich viel Schwächere, es war, der unterlag, […] hatte keine Bedeutung mehr. Ich war schmerzhaft verprügelt, mit mir zufrieden.« Die Fatalität des Judeseins wird überwunden, nicht in der Verleugnung, sondern in der bewussten Annahme eines moralischen Auftrags, in der Verbündung mit allen Entrechteten und Unterdrückten. »Ohne das Gefühl der Zugehörigkeit zu den Bedrohten wäre ich ein sich selbst aufgebender Flüchtling vor der Wirklichkeit.«

Jean Améry wählt sich als Jude, er spricht der Dissimilation das Wort. Er verwandelt die Fremdbestimmung in Selbstbestimmung.

Eng verbunden mit dieser Selbstwahl ist Jean Amérys Verhältnis zu Israel. Wie mit dem Judesein waltet auch hier die Paradoxie zwischen Zwang und Unmöglichkeit: Das Land ist ihm fremd, kulturell und religiös, es ist ihm kein heiliges Land, und »dennoch ist das Bestehen dieses Staatswesens mir wichtiger als irgendeines anderen.« Sein Engagement für Israel sei ihm keine freiwillig eingegangene Verbindlichkeit, sondern schlicht eine »Sache der Existenz«. Die Virtualität dieses Staates sei so entscheidend für sein seelisches Gleichgewicht, dass ihm die Bedrohung Israels im Sechstagekrieg von 1967, dann im Jom-Kippur-Krieg zur höchstpersönlichen Bedrohung wurde. Unschwer sich vorzustellen, wie ihn der Krieg seit 2023 erst recht zutiefst gegrämt hätte. Und doch hält er an dieser Einsicht fest: »Es verhält sich ganz schlicht so«, erklärt er in Der ehrbare Antisemitismus, »dass das Bestehen eines Judenstaates, dessen Bewohner nicht nur Kaufleute, sondern auch Bauern sind, nicht nur Intellektuelle, sondern auch Berufssoldaten, nicht ›Wucherer‹, vielmehr in ihrer Majorität Handwerker, Industrie- und Agrarproletarier, alle Juden den aufrechten Gang wieder gelehrt hat.« Mehr noch, Israel sei nicht nur das Land, in der der Jude sich nicht mehr im Sinne Sartres das Eigenbild vom Feinde aufprägen lassen müsse, es sei bis zum heutigen Tag das Land für alle beleidigten Juden der Welt.

Mit dieser Überzeugung setzte er sich, der sich nur als Mann der Linken denken konnte, zwischen alle Stühle; die Rechten schimpften ihn einen Kommunisten, die Linken einen Renegaten, dem Kulturbetrieb wurde er als Selbstdenker nun suspekt. Der Medienliebling stürzte ab, noch nie war er so isoliert, noch nie hatte er sich so allein gelassen gefühlt. Wir befinden uns im Zeitabschnitt 1969–​1976. Weder die alte noch die neue Linke wusste etwas mit ihm anzufangen. Denn kein Konflikt macht die Diskrepanz, die zwischen Améry und der Linken aufbrach, so anschaulich, wie ihr respektives Verhältnis zu Israel. Die Stichdaten in Israels Geschichte forderten ihn zu einem erbitterten Schlagaustausch auf: Der schon erwähnte Sechstagekrieg von 1967, die palästinensischen Attentate auf die israelischen Sportler bei der Münchner Olympiade von 1972, der Jom-Kippur-Krieg von 1973 und schließlich die Ereignisse um Entebbe von 1976.

Vom ehrbaren Antisemitismus ist die Rede, »ehrbar« als ironische Pointe, denn wie sollte Antisemitismus jemals ehrbar sein? Es geht um den linken Antisemitismus, der sich, so Améry, als Antizionismus tarnt. Die Studentenrevolution in Frankreich verursacht den Fall de Gaulles, in ganz Europa erhebt sich die Jugend gegen den Vietnamkrieg, in Deutschland erstarkt die APO – Améry spricht die Jugend Deutschlands in all seinen Schriften direkt an, »die bildsame […] und nach Utopia strebende, also: die linke.« Schon 1961, am Ende von Geburt der Gegenwart, hatte Améry sich vorgestellt, wie die Jugend sich unter seiner Anleitung in der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus neu konstituieren würde. Die Verachtung, die die Alliierten dem alten Tätervolk nach der Kapitulation bezeugten und die Hoffnung auf eine unbelastete Jugend, machte ihn glauben, »dass alles von Grund auf verwandelt (sei)«, dass die Würde der Juden nun auf ewig wieder hergestellt sei. Eine knappe Weltstunde habe er sich dieser Illusion hingeben dürfen.

Aber eben diese Linke, mit der er sich im Einverständnis geglaubt hatte, vermochte in den 60er und 70er Jahren aus Ideologieverblendung und Dialektikrausch nicht mehr zu unterscheiden zwischen einer gefährdeten und einer gefestigten Demokratie wie die der Bundesrepublik, die sie in Bausch und Bogen als faschistisch bekämpfte. Vollends schutzlos fühlte sich Améry vor dieser Neuen Linken, wenn sie den »ausgesetzten Zwergstaat Israel«, die einzige Demokratie im Nahen Osten, als imperialistisch und kolonialistisch denunzierte und den Zionismus als Weltpest verdammte. Er, politisches wie jüdisches Nazi-Opfer, »kann nicht schweigen wenn unter dem Banne des Antizionismus der alte miserable Antisemitismus sich wieder hervorragt.« Er hatte am eigenen Leib erfahren, »wie das Wort Fleisch ward und das fleischgewordene Wort schließlich zu gehäuften Kadavern. […] Hier wird wieder einmal mit dem Feuer gespielt«, schlug er Alarm, »das so vielen ein Grab in den Wolken grub.« Nie hätte er sich träumen lassen, dass er nun wider seine »natürlichen Freunde« die Stimme erheben müsse. Die jungen Schwärmer, vernebelt von einem falschen Verständnis von Adornos Kritischer Theorie, hätten das gesamte aufklärerische Erbe, das ihnen zu Gebote stand, verraten. Von den alten Reaktionären, die Albert Speer – Rüstungsminister während des Zweiten Weltkrieges und Günstling Adolf Hitlers – zum Bestsellerautor werden ließen, sei nie etwas anderes zu erwarten gewesen.

Aber die Tatsache, dass er sich bei der Neuen Linken kein Gehör verschaffen konnte, dass sie sich auf seine Reflektionen über Tortur und Auschwitz niemals eingelassen hatten, dass sein Rekurs auf den quälbaren Leib, »auf den Menschen, dieses arme Bündel aus leicht verletzlichem Fleisch, […] diese arme Haut, die nichts will als sich schützen gegen Eiseskälte und versengende Hitze«, dass diese Neue Linke seine eindringlichen Analysen schnöde beiseite schob, ließ ihn verzweifeln.

Er gab nicht sofort auf: 1969 meinte Améry noch mit dieser selbstentfremdeten Linken rechnen zu können, die unter dem Banner marschierte: »Schlagt die Zionisten tot, macht den Nahen Osten rot.« Ein solcher Hassgesang gegen Israel sei dazu angetan, den Genozid von morgen vorzubereiten. Wie die Linke begreifen machen, dass Israel immer noch vor dem finsteren Grund der Katastrophe gesehen werden müsse? Dabei belaste ihn das Recht der Eigenstaatlichkeit der Araber im gleichen Maße wie sie. Im Nahostkonflikt stünde Recht gegen Recht, aber keineswegs »Gefahr gegen Gefahr gleicher Ordnung«. Das Recht der Araber, das sich in Petrodollars quantifizieren lasse, von dem numerischen Ungleichgewicht gar nicht zu reden, habe dabei realpolitisch die größeren Chancen, formulierte er 1976. Er zerbrach sich den Kopf, wie er der Neuen Linken das Phänomen Israel als legitime Zufluchtsstätte klar machen könnte. Schließlich sei es nicht die Schuld der Israelis, erinnert Améry, wenn die Neue Linke vergessen hatte, was Andrei Gromyko 1948 als Vertreter der UDSSR im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen deklarierte, dass nämlich die Existenz des jüdischen Staates ein Faktum und von den arabischen Staaten anzuerkennen sei. Die Junglinke möge ihren antizionistischen Furor erkennen als das, was er ist, nämlich als den Keim jahrhundertealten, noch keineswegs bewältigten Antisemitismus. Stattdessen sollten sie sich Sartres Diktum zu eigen machen: »Pas un Français ne sera en sécurité tant qu’un juif en France et dans le monde entier doit craindre pour sa vie.« Nein, der Antizionismus, auch wenn er sich ehrbar nenne, sei alles andere als ehrbar. Nach dem Jom-Kippur-Krieg wurde Amérys Ton noch aussichtsloser, er hatte es aufgegeben, um die revolutionäre Linke zu werben.

Ein letztes Mal versuchte er es mit seinen eigenen Generationsgenossen, den Freunden aus der Berliner Akademie der Künste. Aber auch hier scheiterte er. In einer Radiosendung »Einsam – wie einst in Auschwitz« klagte er darüber, dass er seine Kollegen in der Akademie nicht zu einer Solidaritätskundgebung habe bewegen können, nur Unmut hätte er sich eingehandelt. Auch für sie hätte das Schlagwort vom »Erwachen der dritten Welt« gegolten. Sofern die Juden zur damaligen Zeit Freunde hatten, zählten hierzu Journalistinnen und Journalisten aus dem Verlagshaus Axel Springer, denen die Verteidigung Israels im Kalten Krieg nur als Vorwand für Antisowjetismus diente.

Er verfolgte die Situation in Israel mit Argusaugen und war bereit, sofern die Situation es verlangte, scharfe Kritik an bestimmten politischen Entwicklungen in Israel zu üben. Im August 1977, ein Jahr vor seinem Freitod, sah Améry sich genötigt, in einem Artikel für Die Zeit einen Essay über die Grenzen seiner Solidarität zu verfassen: Die Diaspora Juden und Israel