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Dr. Brunner bewohnt mit seiner geliebten Frau Ulrike und einem Jagdhund namens Lump ein typisches Schwarzwaldhaus, in dem er auch seine Praxis betreibt. Ein Arzt für Leib und Seele. Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt. Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt... »Hallo, Lena, wie geht es deinem Vater?«, erkundigte sich Anna Bergmann, als ihr die Tochter der Bergmoosbacher Tischlerei an diesem Morgen in der Apotheke begegnete. »Es geht ihm besser, er kommt morgen schon nach Hause«, antwortete die hübsche junge Frau in dem weißen T-Shirt und der roten Latzhose. Sie hatte ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, und in ihren hellen Augen konnte die junge Hebamme trotz der zuversichtlichen Antwort auch Verunsicherung erkennen. »So ein Kuraufenthalt an der Nordsee kann ein kleines Wunder bewirken, wenn es um Atemwegserkrankungen geht. Auch bei einer chronischen Bronchitis, wie sie dein Vater hat«, meldete sich Egon Teuchtner, der Apotheker, zu Wort, während er die Eisentabletten, die Anna für eine werdende Mutter mitnehmen wollte, in eine Papiertüte packte. »Leider wird es nicht so viel bewirken, dass er wieder in der Werkstatt arbeiten kann. Er verträgt den Geruch der Leime und Lacke nicht mehr.« »Du hast die Tischlerei doch gut im Griff. Du übernimmst euer Familienunternehmen eben ein wenig früher als geplant«, sagte Anna und klopfte Lena aufmunternd auf die Schulter. »Im Gegensatz zu unserer Angelika. Sie übernimmt die Apotheke nun später als geplant. Viel später sogar, denke ich. Zurzeit sind sie erst einmal in Alaska, und das ist erst der Anfang ihrer Reise. Ach ja, unsere Kleine. Meine Frau und ich vermissen sie schon sehr, aber so ist es halt mit der Liebe. Sobald der Richtige kommt, ziehen sie davon«, seufzte Egon und rollte das Ende der Papiertüte, bevor er sie Anna überreichte. Der kleine schlanke Mann in dem weißen
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»Hallo, Lena, wie geht es deinem Vater?«, erkundigte sich Anna Bergmann, als ihr die Tochter der Bergmoosbacher Tischlerei an diesem Morgen in der Apotheke begegnete.
»Es geht ihm besser, er kommt morgen schon nach Hause«, antwortete die hübsche junge Frau in dem weißen T-Shirt und der roten Latzhose. Sie hatte ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, und in ihren hellen Augen konnte die junge Hebamme trotz der zuversichtlichen Antwort auch Verunsicherung erkennen.
»So ein Kuraufenthalt an der Nordsee kann ein kleines Wunder bewirken, wenn es um Atemwegserkrankungen geht. Auch bei einer chronischen Bronchitis, wie sie dein Vater hat«, meldete sich Egon Teuchtner, der Apotheker, zu Wort, während er die Eisentabletten, die Anna für eine werdende Mutter mitnehmen wollte, in eine Papiertüte packte.
»Leider wird es nicht so viel bewirken, dass er wieder in der Werkstatt arbeiten kann. Er verträgt den Geruch der Leime und Lacke nicht mehr.«
»Du hast die Tischlerei doch gut im Griff. Du übernimmst euer Familienunternehmen eben ein wenig früher als geplant«, sagte Anna und klopfte Lena aufmunternd auf die Schulter.
»Im Gegensatz zu unserer Angelika. Sie übernimmt die Apotheke nun später als geplant. Viel später sogar, denke ich. Zurzeit sind sie erst einmal in Alaska, und das ist erst der Anfang ihrer Reise. Ach ja, unsere Kleine. Meine Frau und ich vermissen sie schon sehr, aber so ist es halt mit der Liebe. Sobald der Richtige kommt, ziehen sie davon«, seufzte Egon und rollte das Ende der Papiertüte, bevor er sie Anna überreichte. Der kleine schlanke Mann in dem weißen Kittel schaute gedankenverloren auf die Stange mit den drei grünen Lampenschirmen, die über dem Tresen hing.
»Er ist zur richtigen Zeit gekommen«, sagte Anna, die Egons Blick gefolgt war. Natürlich dachte Egon an den Tag, als Gabriel, in den Angelika sich auf der Stelle verliebt hatte, die Apotheke zum ersten Mal betreten hatte. Damals hatte sich die Lampenstange aus der Verankerung gelöst und hätte Angelika getroffen, wenn Gabriel Angelika nicht rechtzeitig auf die Seite gezogen hätte.
»Hauptsache, unsere Angelika ist glücklich. Ganz davon abgesehen hat meine Frau sowieso schon den Verdacht geäußert, ich hätte mich zu früh von der Apotheke trennen wollen.«
»Stimmt es denn?«, fragte Anna lächelnd und sah den Apotheker mit ihren schönen grünen Augen abwartend an.
»Ja, ich denke schon«, gab Egon zu. »Dein Vater wird sich auch nicht so leicht von seinem Lebenswerk lösen. Er wird dir zur Seite stehen und dich unterstützen, auch wenn er nicht mehr in der Werkstatt sein kann«, versicherte er Lena.
»Wenn das überhaupt noch nötig sein wird«, murmelte sie und schaute kurz zu Boden.
»Ich gehe dann mal wieder. Einen schönen Tag noch, Herr Teuchtner. Mach es gut, Lena«, verabschiedete sich Anna und verließ die Apotheke. Irgendetwas bedrückt sie, und das ist nicht die Krankheit ihres Vaters, dachte sie und schaute sich noch einmal nach der jungen Frau um, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
»Was kann ich denn für dich tun, Lena?«, fragte Egon.
»Ich muss unseren Medizinschrank in der Werkstatt wieder auffüllen.« Sie reichte ihm einen Zettel, auf dem alles stand, was ihnen bald auszugehen drohte.
»Verbandsmaterial sollte in einer Werkstatt immer ausreichend vorhanden sein«, entgegnete Egon lächelnd.
Als Lena wenig später die Apotheke verließ, stieg Anna gerade auf ihr pinkfarbenes Fahrrad. Annas Hebammenpraxis war über der Apotheke, und ihre Wohnung lag direkt darüber im Dachgeschoss des weißen Gebäudes mit den grau-weißen Fensterläden.
»Verrätst du mir, warum du glaubst, dass die Hilfe deines Vaters vielleicht nicht mehr nötig sein wird? Ich gehe nicht davon aus, dass du generell auf seinen Rat verzichten möchtest.«
»Ich würde den Ratschlag meines Vaters nie ausschlagen, aber ich weiß eben nicht, ob ich ihn noch in unserer Werkstatt brauchen werde. Er hat mich gestern Abend angerufen und so eine merkwürdige Andeutung gemacht. Er sagte, dass ich mich auf eine Überraschung einrichten solle, die unser Leben verändern wird. Ich befürchte, er plant, die Tischlerei zu verkaufen.«
»Das glaube ich nicht, Lena. Das würde er dir nicht antun. Er weiß doch, dass du sie übernehmen möchtest. Und wenn du erst einmal den Designerpreis gewonnen hast, den sie auf dieser Möbelmesse in München verleihen werden, dann wird eure Tischlerei schon bald zu den führenden in Bayern gehören.«
»Ob ich diesen Preis gewinnen werde, das steht noch in den Sternen. Aber ich möchte diese Chance natürlich wahrnehmen.«
»Es geht um ein Esszimmer, richtig?«
»Überzeugen Sie mit einer ausgefallenen Idee für ein Esszimmer. Sie haben acht Quadratmeter zur Verfügung. So lautet das Thema.«
»Hast du denn eine ausgefallene Idee?«
»Ja, ich denke schon, aber wenn mein Vater die Werkstatt verkaufen will, werde ich andere Probleme haben. Dann wird mir sicher keine Zeit mehr für diesen Wettbewerb bleiben.«
»Dein Vater liebt dich, Lena. Warum sollte er dich unglücklich machen wollen und dir die Werkstatt wegnehmen? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich meine, du hast dich nach deiner Tischlerlehre noch zur Innenarchitektin ausbilden lassen. Du hast euer Angebot doch noch erweitert.«
»Vielleicht glaubt er, dass ich als Innenarchitektin auch auf andere Weise mein Geld verdienen kann. Sebastian hat neulich zu mir gesagt, dass eine chronische Krankheit einen Menschen verändern kann. Erst recht, wenn jemand durch die Krankheit gezwungen wird, sein Leben umzustellen. Was bei meinem Vater ja der Fall ist.« Lena schaute hinüber zum Marktplatz, auf dem alles seinen gewohnten Gang ging.
Die Bergmoosbacher waren mit Einkaufstaschen unterwegs, die Touristen saßen in den Cafés und ließen es sich gut gehen. Der vergoldete Wetterhahn auf dem Rathausturm blitzte in der Sonne, und ein strahlend blauer Himmel spannte sich wie ein schützendes Dach über dem Dorf und den Gipfeln der Allgäuer Alpen.
»Warte doch erst einmal ab, welche Überraschung auf dich zukommt. Sie könnte dir doch auch gefallen.«
»Etwas, das unser Leben verändert, seines und meines, das muss etwas mit unserem Betrieb zu tun haben. Ich wüsste nicht, was das sonst sein sollte.«
»Selbst wenn, kann es doch trotzdem etwas Gutes sein. Dein Vater hatte jetzt ein paar Wochen Zeit, über vieles nachzudenken. Vielleicht bringt er eine Idee mit nach Hause, die euer Leben auf irgendeine Weise erleichtert.«
»Ja, mag sein, aber seit dem Tod meiner Mutter und der Krankheit meines Vaters habe ich ständig diese Angst, etwas zu verlieren.« Sie trat einen Schritt zur Seite, als ein junger Mann mit einer Tortenschachtel in den Händen die Straße überquerte und an ihr und Anna vorbeiging.
»Ich glaube, du brauchst einfach nur ein wenig Aufmunterung. Dich hat wohl schon lange niemand mehr in den Arm genommen?«
»Das kann ich aber gar nicht glauben«, sagte der Fremde und betrachtete Lena mit einem verschmitzten Lächeln.
»Das verlangt auch keiner von Ihnen«, entgegnete Lena und wich seinem Blick aus.
»Aber ich könnte es ändern. Halten Sie bitte mal«, wandte er sich an Anna und drückte ihr die Tortenschachtel in die Hand.
Anna fasste automatisch zu, so verdutzt sie auch über diese Bitte war. Aber das, was dieser fremde junge Mann dann tat, verblüffte sie noch weitaus mehr. Er ging auf Lena zu, legte seine Arme um ihre Taille, zog sie sanft an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Es sollte jemanden geben, der ständig den Wunsch verspürt, Sie zu umarmen«, sagte er.
Was soll das denn werden?, dachte Lena, aber als sie in seine blauen Augen schaute, fühlte sie sich auf einmal ganz weit fort, eingebettet in eine Welt aus blauen Wolken. Doch dann gewann ihr Verstand wieder die Oberhand. »Entschuldigen Sie, kennen wir uns?«, fragte sie und wich vor ihm zurück.
»Nein, leider noch nicht, aber das könnten wir ändern. Wie wäre es mit einem Kaffee? Ich lade Sie ein, und dann stellen wir uns einander vor«, sagte er.
»Ich habe aber keine Zeit«, erwiderte Lena noch immer völlig verwundert über das, was gerade passiert war.
»Schade, dann vielleicht ein anderes Mal. Danke für Ihre Hilfe«, wandte er sich mit einem freundlichen Lächeln an Anna und nahm ihr die Tortenschachtel wieder aus der Hand.
Wie gebannt schauten sie und Lena zu, wie der Fremde mit den dunklen Locken in den schwarzen Sportwagen stieg, der ein paar Meter von ihnen entfernt auf dem Seitenstreifen parkte.
»Österreichisches Nummernschild«, stellte Anna fest, als sie dem Auto nachschauten.
»Er hatte aber keinen österreichischen Akzent«, sagte Lena.
»Vielleicht wohnt er nur dort, oder das Auto gehört nicht ihm. Oder was auch immer es noch bedeuten könnte.«
»Auf jeden Fall bedeutet es, dass ich ihn nicht wiedersehen werde. Glücklicherweise. Ich meine, jemand, der eine fremde Frau im Vorbeigehen küsst, der ist schon ziemlich verwegen.«
»Seine Verwegenheit hat dich aber beeindruckt.«
»Nein, hat sie nicht«, widersprach Lena.
»Doch, hat sie. Wer war das, Lenchen?«, wollte Miriam Holzer wissen, die mit einem Aktenordner unter dem Arm über die Straße kam und den Vorfall beobachtet hatte. Die Erbin des Sägewerks war wie immer elegant gekleidet. Das weiße Cocktailkleid mit den feinen goldfarbenen Streifen und die goldfarbenen Pumps betonten die schlanke Figur der schönen jungen Frau.
»Ich habe keine Ahnung, wer der Mann war. Es ist mir auch egal«, antwortete Lena ihrer Cousine, die sie wie alle in der Familie hin und wieder Lenchen nannte.
»Das klingt, als würden dir jeden Tag gut aussehende Männer um den Hals fallen.«
»Ehrlich gesagt, ich habe gerade andere Sorgen, als mich über merkwürdige Begegnungen zu wundern.«
»Welche Art Sorgen?«, erkundigte sich Miriam.
»Papa hat mir eine Überraschung angekündigt.«
»Du liebe Güte, Lenchen, eine Überraschung ist doch kein Grund, sich Sorgen zu machen. Wenn Onkel Hans dir eine Überraschung ankündigt, dann möchte er, dass du dich auf diese Überraschung freust. Meinst du nicht?«
»Anna sagt auch, ich soll mich nicht verrückt machen.«
»Soso, die gute Anna ist mit mir einer Meinung. Wie viele Kinder wirst du denn heute wieder auf die Welt holen, du beste aller Hebammen?«, wandte sich Miriam mit einem abschätzenden Blick an Anna. »Wirst du es allein schaffen oder muss Sebastian dir wieder zur Seite stehen?«
»Rufe mich heute Abend an, falls du es wirklich wissen willst«, antwortete Anna. »Macht’s gut, ihr beiden.« Sie setzte ihren Helm auf, überprüfte noch einmal den Sitz ihres hellblauen Rucksacks und lenkte ihr Fahrrad um die beiden Cousinen herum auf die Straße.
»Du könntest dich endlich damit abfinden, dass sie und Sebastian sich nahestehen«, sagte Lena, als Anna außer Hörweite war.
»Ach, Lenchen, du verstehst so gar nichts von der wahren Liebe«, seufzte Miriam.
»Du offensichtlich auch nicht, sonst wüsstest du, dass du bei Sebastian keine Chance hast.«
»Es gibt immer eine Chance, gerade in der Liebe. Aber reden wir von dir. Ich an deiner Stelle hätte diese Einladung zum Kaffee nicht abgelehnt. Du bist wirklich ein kleines stures Mädchen, das, warum auch immer, einen riesengroßen Bogen um die Liebe machen will. Sollte sich dir wieder einmal so eine Gelegenheit bieten, dann entscheide dich für die Einladung. So, ich muss weiter. Ich bin schon ein bisschen spät dran. Mein Steuerberater erwartet mich.«
»Hast du dich für den alten Herrn Grossner so herausgeputzt?«
»Natürlich nicht, abgesehen von seinem Alter sind mir diese Zahlenfuchser zu langweilig. Aber ich bin nachher zu einem Brunch bei einem Kunden in der Stadt eingeladen. Dort sind sicher einige interessante Leute.«
»Dann wünsche ich dir viel Spaß.«
»Danke, und mein Rat für dich. Falls dieser Mann noch einmal auftaucht, halte ihn fest. Bis dann, Lenchen«, verabschiedete sich Miriam mit einem Lächeln von ihrer Cousine.
Vielleicht haben die beiden recht. Ich sollte mich auf diese Überraschung freuen, dachte Lena, als sie sich auf den Weg zur Tischlerei machte. Ihr Vater hatte den kleinen Handwerksbetrieb, den er von seinem Vater übernommen hatte, im Laufe der Jahre zu einer Möbeltischlerei mit einem großen Kundenstamm ausgebaut. Der Betrieb lief gut, alle waren zufrieden. Nein, es gab keinen Grund, ihn aufzugeben. Sie machte sich ganz unnötig verrückt.
Die Tischlerei Meisner lag in Sichtweite des Sägewerks, gleich auf der anderen Seite des Bachs am Ortsausgang. Sie war in einem aus Kiefernholz erbauten Flachbau untergebracht, der sich den Hof mit dem Wohnhaus der Familie teilte, einem schönen älteren Haus mit Lüftlmalerei und einem Balkon, der den gesamten ersten Stock umrundete.
Schon von weitem hörte Lena das Hämmern und Sägen, das durch die geöffneten Fenster der Werkstatt nach draußen drang. Noch nie hatte sie diese Geräusche als störend empfunden. Sie war mit ihnen aufgewachsen. Sie bedeuteten, dass etwas voranging, dass alles in Ordnung war.
Nein, das war eine einmalige Begegnung, ich werde ihn nicht wiedersehen. Jeder weitere Gedanke an ihn wäre Verschwendung, dachte sie, als sie wieder den Fremden vor sich sah, der sie vor der Apotheke umarmt hatte. Er war ein Tourist auf der Durchreise, der sich nur einen kleinen Scherz erlaubt hat. Ja, genauso war es, dachte sie und versuchte, dieses schöne Gesicht mit den hellen blauen Augen aus ihrem Gedächtnis zu verbannen.
*
»Guten Morgen, alle zusammen!«, begrüßte sie ihre Mitarbeiter, als sie wenig später die Werkstatt betrat.
Alle schauten auf und lächelten ihr zu. Lena hatte für jeden ein freundliches Wort übrig. Sie ging an den Hobelbänken und Arbeitstischen vorbei, an denen die vier Gesellen und die beiden Lehrlinge, ein Mädchen und ein Junge, schon fleißig arbeiteten. Die Gesellen hatten alle bei ihrem Vater gelernt und waren nach der Ausbildung auch geblieben. Nur Josef Ortler, der Meister, war erst seit einigen Monaten bei ihnen. Sie hatten ihn eingestellt, als sich herausstellte, dass ihr Vater nicht länger in der Werkstatt arbeiten konnte. Der junge Mann aus dem Nachbardorf verstand sein Handwerk, und sie konnten sich auf ihn verlassen.
An seiner Arbeit hatte Lena nichts zu bemängeln. Es war ihr aber unangenehm, dass er keinen Hehl daraus machte, dass er sich für sie interessierte. Ein Interesse, das sie nicht erwiderte. Josef war ihr sympathisch, aber mehr nicht. Einmal hatte sie sich von ihm zum Essen einladen lassen, was sie inzwischen bereute. Er gab sich seitdem noch vertraulicher ihr gegenüber.
»Der Schreibtisch für Benedikt Seefeld ist fertig. Bevor wir ihn liefern, sollte er ihn sich noch einmal anschauen. Vielleicht möchte er noch das eine oder andere Detail geändert haben«, sagte Josef, als Lena auch neben ihm kurz stehenblieb.
»Ich werde ihn anrufen. Gibt es sonst etwas, was ich wissen müsste?«
»Nur, dass ich noch immer auf den nächsten Abend mit dir warte«, antwortete Josef und ließ seinen Blick über sie gleiten.
»Ich habe wirklich viel zu tun, Josef.«
»Sicher«, sagte er und wandte sich wieder den Entwürfen zu, die sie für einen Kunden angefertigt hatte, der eine Küchenbank in Auftrag gegeben hatte.
Er wird schon irgendwann aufgeben, dachte Lena und betrat das Büro, das mit seiner breiten Fensterfront einen guten Überblick über die Werkstatt bot. Zwei große Schreibtische aus Kiefernholz mit den Längsseiten aneinander gestellt, Regale und ein verschließbarer Aktenschrank.
»Guten Morgen, Renate«, begrüßte sie die ältere Frau, die an einem der beiden Tische saß. Sie war klein und zierlich, hatte halblanges silbergraues Haar und leuchtend blaue Augen. In der hellen Jeans und der weißen Bluse wirkte sie noch recht jugendlich.
»Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, Lenchen«, antwortete Renate und betrachtete Lena mit einem liebevollen Lächeln.
»Ich räum’s ein.« Renate kam hinter ihrem Schreibtisch hervor und nahm Lena den Karton ab, in den der Apotheker ihre Einkäufe eingepackt hatte.
»Danke, dann kann ich gleich ein paar Anrufe erledigen.« Renate gehörte zu den Menschen, die immer gleich wussten, was zu tun war.
Lena hatte Renate gern. Sie war eine Freundin ihrer Mutter gewesen und hatte schon in der Tischlerei gearbeitet, als sie noch gar nicht geboren war. Renate kümmerte sich um die Buchhaltung und die anfallenden Büroarbeiten. Sie war seit einigen Jahren verwitwet. Da sie keine Kinder hatte, fühlte sie sich manchmal einsam und blieb länger im Büro, als es notwendig war.
Während Renate das Verbandsmaterial in den weißen Schrank räumte, der in der Werkstatt gleich neben dem Büro stand, arbeitete Lena die Liste mit ihren Anrufen ab. Zuerst wählte sie die Nummer der Seefelds.
»Bruckner bei Seefeld«, meldete sich Traudel, die Haushälterin der Familie.
»Hallo, Traudel, hier ist Lena. Der Schreibtisch ist fertig. Doktor Seefeld kann jederzeit vorbeikommen und ihn sich anschauen. Dann können wir auch gleich einen Liefertermin vereinbaren.«