Der Papst und die Freimaurer - Harald Schrefler - E-Book

Der Papst und die Freimaurer E-Book

Harald Schrefler

4,8

Beschreibung

Seit den ersten Logengründungen im 18. Jahrhundert bekämpft die katholische Kirche die Bruderschaft der Freimaurer. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Auch der derzeitige Papst Benedikt XVI., der ehemalige Kardinal Ratzinger (von 1981 bis 2005 Vorsitzender - Präfekt - der Kongregation für die Glaubenslehre und damit auch "moderner Großinquisitor" am Heiligen Stuhl bzw. der vatikanischen Römischen Kurie) hält nicht viel von der toleranten, humanitären Vereinigung der Freimaurer. Warum diese Angst, warum diese Feindschaft? Wie sehen Kirchenfürsten und prominente Freimaurer diese Entwicklungen? Das untersucht Harald Schrefler, promovierter Historiker, Soziologe und Religionswissenschaftler, in dem vorliegenden Buch.

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Seitenzahl: 417

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Harald Schrefler

Der Papst und die Freimaurer

Harald Schrefler

Der Papst und die Freimaurer

Ein wissenschaftlicher Diskurs

Edition zum rauhen Stein

 

 

Editorische Notiz

Die Edition zum rauhen Stein hat es sich zur Aufgabe gemacht, historisch wertvolle Bücher zum Thema Freimaurerei wieder zu veröffentlichen, aber auch brisante Themen, wie den Diskurs zwischen Freimaurerei und katholischer Kirche in Druckform zu behandeln. Der hier vorliegende Band über die fast zweihundert Jahre dauernde Auseinandersetzung zwischen der Bruderschaft der Freimauer und der katholischen Kirche ist eine wertvolle Erganzung zu den bisher in der Edition erschienenen Bänden.

Michael KernstockHerausgeber

 

 

© 2010 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstrase 10, A-6020 Innsbruck

E-Mail: [email protected]

Internet: www.studienverlag.at

Satz: Studienverlag/Roland Kubanda Umschlag: Studienverlag/Gunther Reinalter

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-7065-5767-2

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.loewenzahn.at.

Inhalt

Vorwort

1 Einleitung und Forschungsfrage

1.1 Forschungsfrage

1.2 „Universitäten und Königliche Kunst“– universitäre Arbeiten zur Freimaurerei

2 Rituelles in der Freimaurerei

2.1 „Weil wir als freie Männer bauen am Tempel der allgemeinen Menschenliebe“

2.1.1 Der Versuch einer kurzen Definition

2.1.2 Keine Religion, aber eine Lebenshaltung

2.1.3 Freie Männer von gutem Ruf

2.2 Organisation, Richtungen

2.2.1 Großlogen

2.2.2 Basic Principles

2.2.3 Landmarks

2.2.4 Keine internationale „Zentrale“

2.3 Satzung und Konstitution der Grossloge von Österreich

2.3.1 Satzungen

2.3.2 Konstitution und „Allgemeine freimaurerische Grundsätze“

2.4 „Alte Pflichten“

2.5 Der rituelle Ablauf in einer Johannisloge

2.5.1 Freimaurerei und inneres Erlebnis – „Wie viel bedeutet und bringt Dir …“

2.5.2 Freimaurerische Symbole

2.5.3 Der Tapis

2.5.4 „In Ordnung, meine Brüder“

2.6 Der Große Baumeister aller Welten

2.6.1 Supreme Being

2.6.2 The Great Architect of the Universe

2.6.3 „Kein Beweger sondern ein Entwerfer“

2.6.4 Die Fraglichkeit des Gottesbegriffs

2.6.5 Gebete

3 Philosophie und Ethik in der Freimaurerei

3.1 Eine humanistische Weltanschauung

3.2 Das freimaurerische Menschenbild

3.2.1 „Alte Pflichten“ und „Neue Menschenpflichten“

3.2.2 Ein ideales Leitbild

3.2.3 Freimaurerische Ethik

3.3 Freimaurerei und Religion

3.3.1 Vereinigte Großloge von England: „Freimaurerei und Religion“ (1983)

3.3.2 Religiöse Bezüge in der freimaurerischen Symbolik

3.3.3 „Gott … lassen, wo er hingehört, nämlich in der Kirche“

4 Die Bullen (Enzykliken) der Päpste im 17., 18. und 19. Jahrhundert

4.1 Die Grosslogen von London (1717)

4.2 Die ersten Verbote der Freimaurerei (1735)

4.3 Papst Clemens XII: „In eminenti apostolatus specula“ (1738)

4.4 Papst Benedikt XIV.: „Providas romanorum pontificum“ (1751)

4.5 Kaiser Joseph II.: Das Handbillett „Freymaurergesellschaften“ (1785)

4.6 Papst Gregor XVI.: „Mirari vos“ (1832)

4.7 Papst Pius IX.: „Quanta cura“ (1864)

4.8 Das Erste Vatikanische Konzil (1869)

4.9 Der Grossorient von Frankreich (1877)

4.10 Papst Leo XIII.: „Humanum genus“ (1884)

4.11 Der Codex Iuris Canonici (1917)

5 Die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts

5.1 Die Aachener Gespräche (1928)

5.2 Der Nationalsozialismus (1936)

5.3 Kardinal Dr. Innitzer und Grossmeister Bernhard Scheichelbauer (1948)

5.3.1 Die Reaktivierung der Großloge von Wien

5.3.2 Das Gespräch Innitzer–Scheichelbauer vom 10.8.1948

5.4 Das 2. Vatikanische Konzil (1962–1965)

5.4.1 Die Konzilsdokumente

5.4.2 Dignitatis humanae

5.4.3 Gaudium et spes

5.4.4 Gefahr für den Glauben

5.5 Das Sekretariat für die Nichtglaubenden – „usus docebit“ (1964)

5.5.1 „Usus docebit“–Die Erfahrung wird das lehren.

5.5.2 Dialog als Abenteuer

5.5.3 Das Dokument „Der Dialog mit den Nichtglaubenden (De dialogo cum non credentibus)“

5.6 Töhötöm Nagy: Jesuit und Freimaurer (1963)

5.6.1 Der Jesuit

5.6.2 Der Freimaurer

6 Die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts

6.1 „Bittschriften“ der Grossmeister von Haiti (1962) und Österreich (1965)

6.2 Der Dialog zwischen Franz Kardinal König und dem deputierten Grossmeister Kurt Baresch (1968–1983)

6.2.1 Der Brief der Kongregation für die Glaubensdoktrin

6.2.2 Die Kommission bis zur Lichtenauer Erklärung

6.3 Die Lichtenauer Erklärung (1970)

6.3.1 Gespräche rund um die entstehende Erklärung

6.3.2 Konkrete Punkte

6.3.3 Hoffnung auf den neuen Codex Iuris Canonici

6.3.4 Offizielle Interpretation des can. 2335 (1974)

6.4 Die Entwicklung in Deutschland (1968–1980)

6.4.1 Die ersten Gespräche

6.4.2 „Kirche und Freimaurer im Dialog“ (1975)

6.4.3 Anti–freimaurerische Literatur

6.4.4 Die Unvereinbarkeitserklärung der Deutschen Bischofskonferenz (1980)

6.4.5 Reaktionen

6.4.6 Die Evangelische Kirche Deutschlands

6.4.7 Orthodoxe Kirchen

6.4.8 Eine Antwort eines Freimaurers im Jahr 2007 auf die „Unvereinbarkeitserklärung“

6.5 Der neue Codex Iuris Canonici (1983)

6.5.1 Protokoll der Großloge von Österreich vom 30.5.1980

6.5.2 Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre vom 17.2.1981

6.5.3 Codex Iuris Canonici (auctoritate Ioannis Pauli PP.II promulgatos)

6.5.4 Canones 1374 und 1364

6.6 Die „Declaratio de associationibus massonicis“ der Päpstlichen Kongregation für die Glaubenslehre (1983)

6.6.1 Die Veröffentlichung am 26.11.1983

6.6.2 Die Begründung

6.6.3 Reaktionen

6.6.4 Rechtsgutachten

6.6.5 Schwere Sünde

6.6.6 „Überlegungen ein Jahr nach der Erklärung …“ (1985)

6.7 „Jesus Christus enthüllt den Seinen das Wesen der Freimaurerei“

7 Der Dialog im 21. Jahrhundert

7.1 Die Jahre vom CIC 1983 bis zum Tod Kardinal Königs (2004)

7.1.1 Dank der Großloge (1986)

7.1.2 Neuerliche Sondierung (1993)

7.1.3 Kardinal König: „Ich glaube, wohl feststellen zu können …“ (1998)

7.1.4 Johannes Paul II. „Fides et ratio“(1998)

7.1.5 Kardinal Ratzinger: „Dominus Iesus“ (2000)

7.1.6 Fragebogen über den Unglauben (2003)

7.1.7 Der Tod Franz Kardinal Königs (2004)

7.1.8 Baresch: „sehe meine Dialogsarbeit … als vollendet und beendet an …“ (2006)

7.1.9 Der „Rauch Satans im Vatikan“ (2006)

7.2 Hans Küng (Stiftung Weltethos): Kulturpreis der Deutschen Freimaurer (2007)

7.3 Abt Gregor Henckel–Donnersmarck und Grossmeister Dr. Michael Kraus (2007)

7.3.1 „Österreichische Freimaurer brechen ihr Schweigen“ (2007)

7.3.2 Kongregation für die Glaubenslehre: „Antworten auf Fragen bezüglich der Lehre über die Kirche“ (2007)

7.3.3 Apostolische Pönitentiarie (2007)

7.3.4 TV-Interview vom 27.10.2007 mit Dr. Kurt Baresch

7.3.5 „Versöhnung nach 269 harten Jahren“ – Abt trifft Großmeister (2007)

7.3.6 „Report“ – ORF 2 (2008)

7.4 „Ein geordnetes Verhältnis Katholische Kirche – Freimaurerei ist mir wichtig“(2008)

7.4.1 Befragung Wiener Freimaurer

7.4.2 Ein geordnetes Verhältnis

7.4.3 Der Gottesbegriff

7.4.4 Die TV–Sendungen

7.4.5 Hat die katholische Kirche die richtigen Antworten?

7.5 Benedikt XVI.: „Kultur Europas gründet auf der Suche nach Gott“ (2008)

7.6 Benedikt XVI. und die Priesterbruderschaft St. Pius X. (2009)

8 Resümee

8.1 „Weil wir als freie Männer bauen am allgemeinen Tempel der Menschenliebe“

8.2 Das ideale Leitbild und Menschenbild des Bruder Freimaurer

8.3 „Extra Ecclesiam nulla salus“ und „Reich Satans“

8.4 „Usus docebit“–Kardinal Franz König

8.5 Die „Unvereinbarkeitserklärung“, der neue CIC 1983 und die „Sündhaftigkeitserklärung“

8.6 „Versöhnung nach 269 harten Jahren“

8.7 Benedikt XVI.

9 Glossar (inklusive freimaurerischer Begriffe)

10 Anhang

10.1 Freimaurerische Zeittafel

10.2 Enzyklika „Humanum genus“ von Papst Leo XIII.

10.3 Die Pflichten eines Freimaurers („Alte Pflichten“)

10.4 Lichtenauer Erklärung zu dem Dialog Katholische Kirche und Freimaurerei

10.5 Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zur Frage der Mitgliedschaft von Katholiken in der Freimaurerei

10.6 Gespräch zwischen Freimaurern und Evangelischer Kirche (1973)

10.7 Maßgebliche Verurteilungen der Freimaurerei durch die Katholische Kirche

10.8 Eine Auswahl berühmter Freimaurer

10.9 Internet-Links (Reguläre Logen)

11 Verzeichnisse

11.1 Anmerkungen

11.2 Literaturverzeichnis

11.3 Abkürzungsverzeichnis

11.4 Bilder- und Faksimileverzeichnis

12 Abstract

12.1 Catholic Church and Freemasonry

12.2 Die katholische Kirche und die Freimaurer

 

 

„Das Verhältnis katholische Kirche und Freimaurerei war durch die Jahrhunderte hindurch von Misstrauen, Verfolgung seitens der Kirche geprägt. … Eine Befassung mit diesem Verhältnis ist eine nicht leichte, aber sehr spannende und reizvolle Aufgabe. Mag. Dr. Schrefler hat sich dieser mit Elan unterzogen und keine Mühen gescheut hinter möglichst viele Kulissen zu blicken. … Schrefler gelingt es aber auch eine scheinbar trockene Materie spannend aufzubereiten und viele Leserinnen und Leser, die ihm zu wünschen sind, werden dabei so manche Wissenslücke aufgefüllt bekommen.“

Hon.-Prof. Dr. Lorenz MIKOLETZKYInstitut für Geschichte, Universität WienGeneraldirektor Österreichisches Staatsarchiv

 

 

 

 

„Die vorliegende Arbeit gehört in den Bereich der europäischen Religionsgeschichte der Moderne und wendet sich einem kulturell und religiös sehr kontroversen Thema zu, das mit vielen Konflikten zwischen Freimaurerei und katholischer Kirche verbunden war. Es ist ein besonders aufschlussreiches Kapitel für die Entstehung alternativer Weltanschauungsformen einerseits und für die lange Zeit problematische Umgangsweise des katholischen Christentums mit humanistisch motivierten Gemeinschaften. … Doch schließlich kam es in den Entwicklungen der letzten Jahre in Österreich, …, zu Gesprächen und Annäherungen, die zurecht als eine ‚Versöhnung nach 269 harten Jahren‘ bezeichnet werden können. … eine solide, gut fundierte und (religions) historisch kompetent durchgeführte Studie …“

Univ.-Prof. DDr. Johann FIGLVorstand des Instituts für Religionswissenschaft, Universität Wien

Vorwort

Mein besonderer Dank gilt zuallererst Herrn Honorarprofessor Hofrat Mag. Dr. Lorenz MIKOLETZKY, Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs, der mir die Möglichkeit bot das vorliegende Thema zu bearbeiten und der mich während der Abfassung und Entwicklung meiner Dissertation stets mit viel Geduld, Aufmerksamkeit und Humor betreut hat. Die Gespräche mit ihm waren immer sehr aufschlussreich, insbesondere die Entwicklung der zu behandelnden Gedankenkette.

Ebenso gilt mein Dank Herrn Universitätsprofessor DDr. Johann FIGL, Vorstand des Institutes für Religionswissenschaft an der Katholischen Fakultät der Universität Wien, mit dem ich die ersten Gedanken und mögliche Unterlagen aus dem kirchlichen Bereich besprechen konnte.

Mein Interesse an der Thematik ist in den letzten Jahren bei Gesprächen mit vielen Freunden entstanden. Vor allem aber waren ganz konkret die Gespräche zwischen Abt Gregor Henckel-Donnersmarck und Dr. Michael Kraus, Großmeister der Großloge von Österreich, auslösendes und zu dokumentierendes Ereignis.

„… und sehe daher meine Dialogsarbeit mit der Kath. Kirche als vollendet und beendet an …“1, mit diesen Worten skizziert Prof. Dr. Kurt Baresch, Klinischer Psychologe und Psychotherapeut, Deputierter Großmeister und nunmehr Ehrengroßmeister der Großloge von Österreich, sein – wie ich es nennen möchte – Lebenswerk in einem Brief (vom 10.12.2006) an den Großmeister der Großloge von Österreich.

Ihm danke ich für seine historische Dokumentation und vor allem für die freundschaftlichen Gespräche, die ich mit ihm zu seinen Werken und zu seinem Freund Franz Kardinal König führen durfte.

In diesem Zusammenhang bedanke ich mich ganz besonders bei allen Gesprächspartnern aus der Großloge von Österreich, die mir mit Hinweisen, Unterlagen und Quellen, mit Gesprächen und Reflexionen geholfen haben. Besonderen Dank verdienen Dr. H. W., Dr. W. H. und Dr. H. K. aus Archiv, Bibliothek und Forschungsloge sowie viele andere Ansprechpartner der Großloge.2

Besonders herzlicher Dank gebührt Dr. Michael Kraus in seiner Eigenschaft als Großmeister der Großloge von Österreich, der sich auch selbst mit dem Thema sehr auseinandergesetzt hat.

Mein „mahnendes Gewissen“ und lieber Freund, Herr Professor Dr. Peter Stiegnitz, hat mich beharrlich zum Thema hingeführt.

Herr Dr. Manfred Teiner hat Korrektur gelesen und mich inhaltlich sowie formal ‚gequält‘. Für diesen Freundschaftsdienst ein besonderes Dankeschön.

Last but not least ein riesiges Dankeschön meiner Frau. Ihre liebevolle und moralische Unterstützung sowie ihre tatkräftige Schreibhilfe – erfreulicherweise erahnte sie zumeist, was ich an persönlichen Hieroglyphen schrieb – hat mir das Leben sehr erleichtert.

In der Fülle von Literatur ist mir auch ein kleiner Gedichtband von Heinrich Leopold in die Hände gefallen. Sein Gedicht („Anrufung“) an den Baumeister aller Welten scheint mir für den Beginn dieser Arbeit besonders passend.

„Großer Baumeister aller Welten!

Spanne den Bogen

über die Zerrissenheit meines Herzens, daß ich nie beklage

die Stätten früherer Geborgenheiten,

vom Engel des Erkennens längst vertrieben.

Laß mich nie verzweifelnd zurückbleiben

hinter dem unaufhörlichen Wandel, dem alles–

auch das Geliebteste–

unterworfen ist,

Enge mich nicht ein in Angst,

die den neuen Schritt lähmt,

sondern öffne mir die Freiheit,

zu jeder Zeit aufzubrechen, wohin ich will.

Bestärke mich in der Gewissheit,

daß ich meinen Weg allein gehen kann.

Einmalig ist jedes Schicksal

Und trügerisch der Vergleich mit fremdem Glück.

Großer Baumeister aller Welten!

Entlasse mich nun zu mir selbst,

daß ich mein eigener Meister werde.“3

Laut den Mythen erschuf der Klang der Schwingung OM (das Mantra, das die göttliche Kraft repräsentiert) das Universum. Indem der Gläubige OM rezitiert, nimmt er an der Kraft der Schöpfung teil.

In der Enzyklika Nostra aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde eine neue Seite im Dialog mit anderen Religionen aufgeschlagen, vielleicht bewegt OM auch die Diskussion zwischen zwei großen Systemen und Gedanken.

Da OM alle meine universitären Arbeiten und Unterlagen sowie meine Homepage www.schrefler4you.at statt eines Namens ziert, sei zu Beginn der Arbeit daher Ganesha – die hinduistische Gottheit der Schriftsteller und des Beginns jeder Arbeit – angerufen:

OM Sri Ganeshaya Namah!

1 Einleitung und Forschungsfrage

1.1 Forschungsfrage

Wesentlichstes Ziel (und damit Forschungsfrage) ist die Darstellung des Verhältnisses zwischen katholischer Kirche und Freimaurerei in den letzten Jahrzehnten des 20. und vor allem im 21. Jahrhundert.

Das der Öffentlichkeit nicht zugängliche Ritual der Freimaurer, ihr „Geheimnis“ und ihr Nimbus als Geheimgesellschaft brachte bereits knapp nach ihrer Gründung die Verurteilung durch die absolutistischen europäischen Herrscher und vor allem durch die katholische Kirche. Waren die Rituale bzw. deren Inhalte damals wirklich geheim, sind nunmehr heute viele Informationen vorhanden. Deren Wahrheitsgehalt, Richtigkeit und vor allem die symbolische Bedeutung etwa des Großen Baumeisters aller Welten oder der Alten Pflichten kann aber nur mit großer Nähe zu den Brüdern (so nennen sich die Freimaurer) beurteilt und beschrieben werden.

Ebenso sind der Religionsbegriff und die Philosophie der Freimaurer, die Gedanken zu Glaubensfreiheit, Humanität und Toleranz für das Verständnis der Verurteilung zu beschreiben.

Natürlich sind auch die päpstlichen Bullen des 17., 18. und 19. Jahrhunderts zu skizzieren. Die Enzykliken „In eminenti“ und „Humanum genus“ sind wesentliche Grundlagen der Verurteilung und gelten im Prinzip auch heute noch. Selbst wenn sie ihrer damals aktuellen Bezüge entkleidet werden, legen sie die weitgehend unveränderte Gedankenwelt der katholischen Kirche fest.

Wesentlichen Umfang dieser Arbeit soll dann der Dialog im 20. Jahrhundert einnehmen. Vor allem das 2. Vatikanische Konzil löste eine neue Diskussionskultur aus. Einzelne Konzilsdokumente (wie „Gaudium et spes“ und „Dignitatis humanae“) werden diesbezüglich zu behandeln sein.

Der Dialog zwischen Kardinal DDDr. Franz König und Großmeister Dr. Kurt Baresch sollte aus heutiger Sicht betrachtet werden. Mein Interview mit Dr. Baresch im Jänner 2008 zeigte einige Hintergründe auf. Ebenso war es interessant das Archiv der Großloge von Österreich nach Unterlagen zu diesen Jahrzehnten der Diskussion zu durchforschen.

Trotz dankenswerter Unterstützung durch Prof. DDr. Figl gelang es nicht, in das Privatarchiv Franz Kardinal Königs Einsicht zu nehmen. Der Nachlass wird – laut Auskunft des Erzbischöflichen Ordinariats – erst in 50 Jahren, Teile davon vielleicht in fünf Jahren zugänglich sein. Vorher aber müssen die „Kisten und Kartons des Nachlasses erst katalogisiert“ werden.

Der Schriftverkehr zwischen Kardinal König und Dr. Baresch liegt mir aber in Faksimile vor (von dieser Publikation gibt es nur ganz wenige Privatdrucke, einen hat meines Wissens Papst Benedikt XVI., einen Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer und einen das Archiv der Großloge von Österreich). Die meines Erachtens wesentlichsten Briefe werde ich in dieser Dissertation abbilden.

Da der Dialog in Deutschland sich letztendlich ganz anders als in Österreich entwickelte, muss auch kurz darauf eingegangen werden. Die Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz aus 1980 enthält – nach jahrelanger kommissioneller Arbeit – alle Begründungen für die Haltung der katholischen Kirche, auch aus heutiger, aktueller Sicht.

Ein wesentlicher Schritt als Ergebnis all dieser Dialoge ist die Änderung des Codex Iuris Canonici, nämlich keine Erwähnung der Freimaurerei mehr. Kardinal Ratzinger – nunmehr Papst Benedikt XVI. – erklärte aber unverändert den katholischen Freimaurer als im Stand der schweren Sünde. Diese Canones des CIC 1983 werden zu reflektieren sein.

Viele Jahre war dann wenig Bewegung in der Diskussion zu bemerken. Erst das Buch „Die Freimaurer“ (2007) von Großmeister Dr. Michael Kraus brachte neue Akzente. TV-Sendungen und Diskussionen mit Abt Gregor Henckel-Donnersmarck zeigten der Öffentlichkeit ein neues Bild.

Das Archiv der Großloge von Österreich ist seit Kurzem für akademische Arbeiten geöffnet und war mir zugänglich. Der genannte Dialog im 21. Jahrhundert liegt mir ebenfalls bereits im gesprochenen Wort und als Mitschrift vor.

Natürlich wird die vorhandene Literatur – pro und kontra – zu bearbeiten und zu zitieren sein. Über die üblichen Bibliotheken des Österreichischen Bibliotheksverbundes hinaus, war die Bibliothek der Großloge von Österreich natürlich masonisch gut bestückt und deren Betreuer sehr hilfreich.

Die ursprüngliche Vermutung im Allgemeinen Verwaltungsarchiv (z. B. unter Kultus) oder im Archiv der Republik (z. B. bei den Bundesministerien für Unterricht oder Inneres) Akten zur Freimaurerei zu finden, erfüllten sich trotz langer Suche in den Sach- und Personenindizes vieler Jahre nicht.

Die persönlichen Kontakte mit Brüdern der Großloge von Österreich waren dagegen äußerst wertvoll und brachten mir neue Aspekte. Die Gedanken und Kommentare zur aktuellen Entwicklung waren sehr inspirierend.

Daher entstand im Laufe der Arbeit der Gedanke, eine kleine Umfrage unter einigen Brüdern hinsichtlich des Dialogs mit der katholischen Kirche zu machen. Meines Erachtens bisher einmalig, ist das Ergebnis und die Kommentare von über 60 Brüdern (die z. B. 15 Prozent der Mitglieder eines Hochgrad-Systems und 70 Prozent einer Loge abdecken) äußerst interessant.

Eingeschränkt muss noch werden, dass die vorliegende Arbeit sich im Detail nur mit der angelsächsischen („blauen“, von der Großloge von England anerkannten) Richtung der Freimaurerei (der Johannisfreimaurerei) und deren Grundlagen auseinandersetzt.

Die Hochgrad-Systeme werden skizziert, die Entwicklung zum und im Grand Orient de France oder des Droit Humain werden nicht behandelt.

1.2 „Universitäten und Königliche Kunst“– universitäre Arbeiten zur Freimaurerei

Mit dem Untertitel „Habilitationen, Dissertationen und Diplomarbeiten zum Thema Freimaurerei“, nannte Bernhard Göller einen Vortrag am 9.5.2007 in Wien.4

17 Diplomarbeiten, 52 Dissertationen und 4 Habilitationen recherchierte er im deutschsprachigen Raum.

Interessanterweise ist der Anteil der Autorinnen (19) in Österreich größer als der der männlichen Verfasser, wobei das wesentlich kleinere Österreich mit 34 Arbeiten versus 35 Arbeiten in Deutschland vertreten ist.

Die sehr unterschiedliche Entwicklung des Freimaurerbundes in Österreich (eher prosperierend und diskret) und Deutschland (eher anzahlmäßig zurückgehend und sehr öffentlich) könnte eine Ursache sein.

Historische Arbeiten sind die größte Gruppe, allein das 18. Jahrhundert wurde in 23 Arbeiten behandelt. Das Thema Freimaurerei und Nationalsozialismus wurde bis jetzt nur in Deutschland bearbeitet.

Das vorliegende Thema mit Bezug auf die katholische Kirche wurde noch in keiner Dissertation behandelt. Lediglich zwei Diplomarbeiten aus dem Jahr 1995 nehmen auf die Entwicklung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil Bezug.

Göller meint aus seiner Kenntnis der Arbeiten: „Ein viel zu kleiner Teil der Verfasser hatte Kontakt mit Freimaurern und nur ein Bruchteil der Arbeiten wurde in Österreich maurerisch betreut.“5

Das vorliegende Thema mit der aktuellen Entwicklung im 21. Jahrhundert (die meines Wissens noch nie öffentlich dokumentiert wurde) und der Diskussion des Gottesbegriffes erweitert die Literatur des Themas Freimaurerei.

Durch die persönlichen Interviews und die Hilfe der Gesprächspartner aus der Großloge von Österreich sollten auch kaum „freimaurerische“ Fehler enthalten sein.

2 Rituelles in der Freimaurerei

2.1 „Weil wir als freie Männer bauen am Tempel der allgemeinen Menschenliebe“

2.1.1 Der Versuch einer kurzen Definition

Auch wenn es bereits Tausende von Büchern über die Freimaurerei gibt, muss auch hier am Anfang eine kurze Definition stehen.

In der Verfassung der Großloge von England und auch der Großloge von Österreich werden dafür die „Alten Pflichten“ angeführt. In Deutschland wird in den „Leitgedanken der Freimaurerei“ definiert: „Das Wesen des Freimaurerbundes besteht in der Einheit von leitender Idee, tragender brüderlicher Gemeinschaft und vertiefendem symbolischem Erlebnis. Als Glieder eines ethischen Bundes treten die Freimaurer für Menschlichkeit, Brüderlichkeit, Toleranz, Friedensliebe und soziale Gerechtigkeit ein. Als Gemeinschaft brüderlich verbundener Menschen ist die Loge Übungsstätte dieser Werte. Als Symbolbund dient die Freimaurerei der Verinnerlichung von Idee und Gemeinschaft.“6

Und Friedrich Ludwig Schröder7 definiert: „Die Freimaurerei soll das Band der Eintracht und des gegenseitigen Wohlwollens zwischen Menschen werden, welche sonst durch Religionsbegriffe, Erziehungsvorurteile oder Nationalverhältnisse in einer ewigen Entfernung leben würden.“8

Letztlich geht es darum, dass „freie Männer bauen am Tempel der allgemeinen Menschenliebe.“ In einem deutschen/österreichischen Lehrlingsritual heißt es:

deutsches

österreichisches

• „Bruder Erster Aufseher, warum nennen wir uns Freimaurer?

• Weil wir als freie Männer an dem großen Bau arbeiten.

• An welchem Bau, mein Bruder?

• Wir bauen den Tempel der Humanität.

• Bruder Zweiter Aufseher, welche Bausteine brauchen wir dazu?

• Die Steine, deren wir bedürfen, sind die Menschen.

• Was ist notwendig, um sie fest miteinander zu verbinden?

• Menschliebe, Toleranz und Brüderlichkeit sind der Mörtel des Tempelbaus.“9

• „Bruder Zweiter Aufseher, warum nennen wir uns Freimaurer?

• Weil wir als freie Männer bauen am Tempel der allgemeinen Menschenliebe.

• Mit welchen Steinen bauen wir diesen Tempel?

• Unsere Bausteine sind die Menschen.

• Bruder Erster Aufseher, was bindet diese Steine zu einem Ganzen?

• Die Brüderlichkeit.“10

In dieser deutschen Ritualkunde heißt es weiter: „Der Freimaurer erkennt im Weltenbau, in allem Lebendigen und im sittlichen Bewusstsein des Menschen das Wirken eines göttlichen Schöpfergeistes und verehrt ihn als den Großen Baumeister der Welten. … Er (der Tempel der Humanität) ist das Symbol einer idealen Welt, der Religion geweiht, in der alle Menschen übereinstimmen, um die Menschen einem besseren und glücklicheren Leben näher zu bringen. Die Freimaurerei greift grundsätzlich nicht in die Angelegenheiten der Kirche und Religionsgemeinschaften ein, …“

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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