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Nach der Trennung von ihrem langjährigen Partner genießt Laura Schneider ihren neuen Lebensabschnitt als Single in vollen Zügen. Doch dann tritt Alex Simpson in ihr Leben und stellt ihren Alltag nach und nach auf den Kopf. Erst harmlose Facebook-Chats, dann plötzlich verliebte WhatsApp-Nachrichten und von einem Tag auf den anderen ist sie in eine vorgetäuschte Liebesbeziehung verstrickt. Ein Problem nach dem anderen taucht auf, wie ein vorgetäuschter Unfall. Immer tiefer gerät sie in den Strudel der Romance-Scamming-Mafia, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Während Lauras beste Freundin Simonetta Canelli, eine Journalistin, versucht, Alexs wahre Identität herauszufinden, scheint Laura nahezu willenlos an der Liebe ihres Lebens festzuhalten. Sie ahnt nicht, in welche Gefahr sie sich damit begibt und ihren gesamten Besitz verliert. Wird es ihr gelingen, sich rechtzeitig von diesem Psychopathen zu befreien?
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Seitenzahl: 440
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Copyright Foto: Jasmine Buchner (Selbstporträt der Autorin)
Nähere Infos über Jasmine Buchner unter:
https://www.instagram.com/jasmine_buchner_official/
https://www.facebook.com/jasminebuchnerofficial
www.jasminebuchnerofficial.com
JASMINE BUCHNER, geboren am 29. August 1978 in München, ist eine deutsch-österreichische Schriftstellerin und Expertin für Romance-Scamming und andere Betrugsformen wie Fortune Teller Scamming. Ihr tiefes Verständnis für diese Themen, das sie sich durch umfangreiche Recherchen und persönliche Erfahrungen angeeignet hat, fließt in ihr Schreiben ein und verleiht ihren Romanen eine einzigartige und authentische Perspektive. 2009 erschien ihr autobiografischer Roman „Charme Fatale“ zum Thema Romance Scamming, der in deutschen und österreichischen Printmedien sowie im deutschen Fernsehen (MDR und NDR) für Aufmerksamkeit sorgte. Inzwischen hat die Psychothriller-Autorin mit „Der Romance-Scamming King — Alles nur ein Spiel, Baby" einen weiteren Roman zu diesem spannenden Thema geschrieben - ein Projekt, das ihr sehr am Herzen liegt, um noch mehr Aufklärungsarbeit in diesem Bereich zu leisten. Weitere Buchprojekte zu spannenden Themen aus dem Bereich der Psychologie sind bereits in Arbeit. Philosophie und Sozialpsychologie sind die Eckpfeiler ihrer tiefgründigen Geschichten, die oft von ihren persönlichen Erfahrungen inspiriert sind.
Jasmine hat einen britischen Hochschulabschluss in Sprachwissenschaften in den Sprachen Englisch, Französisch und Italienisch mit Auszeichnung von der Open University in Milton Keynes, England erworben als auch einen deutschen Abschluss als Fremdsprachenkorrespondentin, Übersetzerin, Medienbetriebswirtin sowie auch als juristische Assistentin.
Jasmines Berufswunsch war eigentlich immer Fotografin oder professionelle Sängerin im Rock/Pop-Bereich. Eine weitere große Liebe und Leidenschaft hat sie jedoch in der Literatur gefunden, wo sie die Musik als Inspirationsquelle nutzt, um ihre äußerst spannenden und lebensnahen Geschichten auf eine ganz besondere Art und Weise zu erschaffen. Vorbilder wie Bono von U2, KISS, Billy Idol, Dave Gahan von Depeche Mode, Bryan Ferry, Donna Summer, Sandra, Kylie Minogue oder Béyonce sind für Jasmine dabei ebenso eine besondere Inspirationsquelle wie das Kino der 60er bis 80er Jahre. Doch auch in der Literatur findet Jasmine immer wieder neue Inspirationsquellen, allen voran bei ihren Lieblingsautor/innen: Michael Robotham, Jojo Moyes, Jane Corry, Charlotte Link, Kafka, Nietzsche, Jean-Jacques Rousseau, dem japanischen Schriftsteller Haruki Murakami, Vladimir Nabokov oder der US-amerikanische Schriftstellerin und Bürgerrechtlerin Maya Angelou. Weitere Inspiration findet Jasmine in der Malerei durch Klimt, Franz Marc, Tamara de Lempicka, Martin Lewis, Edward Hopper oder Doris Lee.
Zurzeit studiert Jasmine Zeichnen und Malerei im Fernstudium am London Art College, wo sie unter anderem die japanische Pinselmalerei Sumi-e erlernt.
Am Open College of the Arts in Barnsley, England, absolvierte sie ein Universitätsstudium in Creative Writing, das ihr fundierte Kenntnisse in kreativem Schreiben, Poesie und Songwriting vermittelte. Das Open College of the Arts arbeitet mit der University of the Arts (UCA) zusammen, die für ihre Oscar-prämierten Filmregisseure, weltberühmten Mode- und Schmuckdesigner und Schriftsteller bekannt ist.
Jasmine schreibt seit ihrem 17. Lebensjahr Geschichten und hat mit dem Gedicht Kindheit im Jahr 2000 einen Lyrikwettbewerb in Frankfurt am Main gewonnen als auch 2021 einen Kurzgeschichtenwettbewerb mit der Kurzgeschichte in englischer Sprache „While there’s life, there’s hope“ aus dem Geschichtsband „A MULTILINGUAL DECAMERON – Stories of a different world - der SCHOOL OF LANGUAGES AND APPLIED LINGUISTICS der OPEN UNIVERSITY, in dem die besten Kurzgeschichten der Sprachstudenten des Studienjahres 2020/2021 in dem Geschichtsband aufgenommen wurden. Neben ihren literarischen Projekten widmet sich Jasmine auch der Architektur-, der Natur- und der Makrofotografie sowie der Fotokunst, die —neben der Literatur — ein wichtiges Thema für Jasmine zukünftig in der Öffentlichkeit darstellen wird.
Jasmine lebt mit ihrem Mann im Münchner Voralpenland, wo sie die Inspiration für ihre Psychothriller findet. Ihr Herz gehört aber auch ihrer zweiten Heimatstadt Wien, sowie den Weltstädten London, Paris und New York. Jede dieser Städte nimmt einen besonderen Platz in ihrem Leben ein, und über ihre Erlebnisse dort hat sie jeweils eine eigene Geschichte zu erzählen, die sie in ihre Bücher einbaut.
Diese persönliche Verbindung zu den Städten, die sie liebt, verleiht ihren Werken eine emotionale Tiefe, die den Leser an ihren Erfahrungen teilhaben lässt.
Für meinen „David“ und meine „Simonetta“
Dieses Buch ist auch für alle Frauen und Männer in Deutschland, Österreich und der Schweiz und überall auf der Welt, die Opfer von Romance Scamming geworden sind und die Geschichte, die ich hier erzähle, am eigenen Leib erfahren haben. Und für alle Menschen, die potenzielle Opfer werden könnten
Und zu guter Letzt ist dieses Buch auch eine Liebeserklärung an meine zweite Heimat Wien sowie an Paris, London und New York, in denen ich überall aufregende Stunden meines Lebens verbracht habe
An dieser Stelle möchte ich mich bei den kreativen Köpfen bedanken, die durch ihre künstlerische (C. Gilcher von Buchcover.de) oder presserelevante Mitarbeit (H. Wagner) dazu beigetragen haben, aus meinem Buch das zu machen, was es nun ist
Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was man glaubt zu wissen, und dem, was man erlebt hat, und weiß, wie es wirklich ist.
Jasmine Buchner
Die Welt besteht nicht nur aus Sonnenschein und Regenbogen. Sie ist oft ein böser und hässlicher Ort, egal wie stark du bist. Sie wird dich in die Knie zwingen und dich zermalmen, wenn du es zulässt. Du und ich ... und niemand sonst kann so hart zuschlagen wie das Leben! Aber es kommt nicht darauf an, wie hart man zuschlagen kann. Es kommt nur darauf an, wie viele Schläge du einstecken kannst und ob du trotzdem weitermachst.
Zitat aus dem Film „Rocky Balboa“
Nur wenn ich mich in jemand anderem verliere, finde ich mich selbst.
Depeche Mode (Songtext aus dem Lied „It’s only when I lose myself“)
Du bist alles, was ich dachte, dass du niemals warst ... aber du lebst immer noch in mir.
Bèyonce (Songtext aus dem Lied „Broken-hearted Girl“)
Es gibt keine größere Qual, als seine unerzählte Geschichte in sich herumzutragen.Maya Angelou, US-amerikanische Bürgerrechtlerin
ZITATE
VORWORT
TEIL 1: WIE ICH SYSTEMATISCH ZUM ROMANCE - SCAMMING -OPFER WURDE
KAPITEL 1
DIE ERSTEN WOCHEN NACH DEM ROMANCE - SCAMMING
Dr. Johnson
Tom
Aufbruchstimmung
Mai 2020 – erste virtuelle Begegnung mit Alex
Die inneren Dämonen besiegen
Alex lässt nicht locker
Simonetta
Was einen nicht umbringt, macht einen nur stärker
Alex' Lügengeschichte beginnt
Die Vergangenheit ist schwer zu ertragen
KAPITEL ZWEI
Die Sache mit dem Romance-Scamming und Social Media
Alex’ erste Flirtversuche
Alex‘ Psychospiel zeigt seine Wirkung
Alex und WhatsApp – wenn die Stimme ihre Wirkung zeigt
Die Sehnsuchtsmasche
Die Psychospielchen gehen weiter
Die Gehirnwäsche beginnt
Das Schlüsselerlebnis – als Alex zur Sucht wurde
KAPITEL DREI
Nigeria – Alex’ wahre Identität
Die Reise nach Paris – der Beginn allen Übels
Wo bleibt Alex?
Der Psychoterror beginnt
Wer ist Alex wirklich?
Die erste Begegnung mit David
Romance-Scamming, der unsichtbare Geiselnehmer
Der nigeriansche Taxifahrer
Wenn Wahrheit schmerzt
KAPITEL VIER
Das Psychospiel geht weiter – Dr. Harmmed, der angebliche Arzt
Alex‘ wahres Gesicht
Noch mehr Psychodruck
Erneut Streit mit Simonetta
Simonetta sucht verzweifelt Hilfe
Simonettas Perspektive
Alex‘ gefakte Operation
Déja-Vu
Kein weiteres Geld mehr! Der Psychoterror eskaliert
Wieder zurück in London – ohne Alex
Mein Vertrauen in Alex schwindet
Romance-Scamming ist psychische Gewalt
KAPITEL FÜNF
Wenn Romance-Scamming eine Freundschaft fast zerstört
Alex‘ großer Fehler
KAPITEL SECHS
Der innere Kampf
KAPITEL SIEBEN
Der Psychopath muss andere Wege zum Geld finden
Wann kommt Alex endlich?
Nichts weiter als wieder nur Lügen
Kalt, kälter, Alex – der Traum ist zerbrochen
KAPITEL ACHT
Nigeria Connection
Skrupellos
Die Wahrheit ist nur schwer zu ertragen
Nun macht alles Sinn
TEIL 2: DIE RACHE
KAPITEL NEUN
Zulu Okuba
Die Selbstfindung
KAPITEL ZEHN
New York
Auf den Weg nach New York oder die Horror Nacht im Hotel
Alex ist fern und doch so nah
KAPITEL ELF
Ted Manciano
Der Albtraum
Der Plan
Ted Manciano trifft auf Alex Simpson
Gespräch mit Zulu
Das Treffen in der Organisation
Die Undercover-Aktion
KAPITEL ZWÖLF
Die Drohung
Alex wird unberechenbar
Flucht vor Alex Simpson
Undercover in den Hamptons
KAPITEL DREIZEHN
Las Vegas
Wer ist Dana wirklich?
Alles nur gelogen?
Die heiße Spur
KAPITEL VIERZEHN
Jane Jones
Die Tage vor dem Interview
Das Interview
Quellenangaben
Einige Jahre sind vergangen, seit ich im Jahr 2009 ein Romance-Scamming Opfer wurde. Mit meinem ersten Buch „Charme Fatale“, in dem ich mich mehr autobiografisch mit diesem Thema auseinandergesetzt habe, konnte ich in Deutschland und Österreich sowohl in den Printmedien als auch in verschiedenen TV-Formaten Interesse wecken. Die überwältigende Resonanz der Fernsehzuschauer auf meine Auftritte hat mich tief bewegt. Ich habe Briefe bekommen, in denen sich Menschen bei mir bedankt und mich gefragt haben, wie sie sich vor dieser Internetkriminalität schützen können.
Das hat in mir etwas ausgelöst — und ich habe immer wieder mit dem Gedanken gespielt, weiterzumachen. Es sollte aber noch einige Jahre dauern, bis ich diesen Gedanken in die Tat umsetzte und das Thema sowohl literarisch als auch faktisch vertiefte. Meine bisherigen Recherchen haben mir deutlich gemacht: Liebesbetrug — oder der englische Begriff Romance-Scamming — ist in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch relativ verzerrt.
Der Leser nimmt Romance-Scamming nur als Opfer-Täter-Geschichte wahr, wie wir sie aus diversen TV-Formaten kennen, in denen die Opfer die Täter jagen, um ihr Geld zurückzuerhalten. Das ist zwar medienwirksam, hat aber mit der Realität wenig zu tun, denn die meisten Opfer zeigen den Betrug gar nicht erst bei der Polizei an.
Ich habe im Laufe der Jahre meinen persönlichen Weg gesucht, mit der Tatsache umzugehen, dass ich ein Romance-Scamming Opfer geworden bin. In meinem Fall hat mich die intensive Beschäftigung mit dem Thema zu einem Experten auf diesem Gebiet gemacht.
In den letzten sieben Jahren habe ich weltweit zu diesem Thema recherchiert und mir ein völlig neues Bild von diesem Verbrechen gemacht. Was in meinem Roman erzählt wird, zeigt, wie Liebesbetrug heute abläuft. Das Wichtigste ist, sowohl das Opfer als auch den Täter und ihre Psyche zu verstehen und zu wissen, was hinter den kriminellen Absichten des Täters steckt.
Ich habe mehrere Bücher über Sozial- und Kriminalpsychologie gelesen, viele Interviews mit ehemaligen Liebesbetrügern und YouTube-Beiträge zu diesem Thema gesehen. Ich habe für dieses Buch meinen eigenen Fahrplan erstellt, fast wie eine Detektivin. Dieses Buch ist viel mehr als „nur“ ein weiteres Buch über Romance-Scamming. Es ist ein „Handbuch“ mit praktischen Ratschlägen, psychologischen Erkenntnissen und Beispielen aus dem wirklichen Leben, das potentiellen Opfern helfen soll, Liebesbetrug zu erkennen und zu vermeiden und sich von den emotionalen Schäden zu erholen, wenn sie bereits Opfer geworden sind.
Mit diesem Buch möchte ich Aufklärungsarbeit leisten, um Frauen und Männer vor diesem perfiden Betrug zu schützen. Es richtet sich an Frauen und Männer, die sich bereits in einer solchen toxischen Scheinbeziehung befinden und nicht glauben wollen, dass ausgerechnet sie betroffen sein könnten — so wie all jene vor ihnen, die nicht daran denken wollten, dass es auch ihnen passieren könnte. In diesem Buch geht es also nicht mehr nur um meine persönlichen Erfahrungen mit Romance-Scamming, obwohl ich einige der im Roman beschriebenen Situationen selbst erlebt habe.
Vielmehr geht es darum, wie jedes Opfer einen Liebesbetrug erlebt, wie verletzlich und zerbrechlich es dadurch wird und wie die Gesellschaft lernen kann, sensibler mit diesem Problem umzugehen, das als Cyberkriminalität bezeichnet werden kann, und mehr Mitgefühl für die Opfer zu entwickeln.
Da ich selbst sehr unter den psychischen Folgen des Romance-Scamming gelitten habe, ist es mir umso wichtiger, dass mein Buch „Der Romance Scamming King - alles nur ein Spiel, Baby“ — der Slogan eines jeden Scammers — nicht nur die Geschichte erzählt, sondern auch die Fakten aufzeigt.
Beim Romance-Scamming ist die Beziehung zwischen Täter und Opfer besonders wichtig. Der Schwerpunkt liegt auf der Perspektive des Opfers, was es während und nach dem Liebesbetrug erlebt. Ich möchte in meinem Buch nicht nur die Geschichte erzählen. Ich möchte auch zeigen, wie schwierig es für das Opfer ist, nach dem Betrug wieder ein normales Leben zu führen.
Es ist erstaunlich, dass die Art und Weise, wie ein Opfer mit der Situation nach einem Liebesbetrug umgeht, in der heutigen Gesellschaft immer noch keinen besonderen Erklärungswert hat. Vielmehr wird darüber spekuliert, wie dumm die Opfer sind oder warum sie überhaupt Opfer geworden sind. Diese Sichtweise greift aber viel zu kurz.
Das Hauptproblem bei der Thematisierung von Liebesbetrug besteht darin, dass die Gesellschaft nicht bereit ist, ihre Ansichten über das, was sie für naiv und dumm hält, öffentlich zu korrigieren. Stattdessen besteht das einzige Interesse darin, die Opfer weiter zu diffamieren. Es liegt auf der Hand, dass solche Ansichten den Betrügern in die Hände spielen und ihnen eine einzigartige Möglichkeit bieten, weltweit zu operieren. Mit einer stärkeren Fokussierung auf politischer Ebene und einer gesellschaftlichen Aufarbeitung des Themas könnte jedoch ein neuer Kontext gefunden werden, um das Phänomen des Romance-Scamming anders zu betrachten und den Opfern, insbesondere den Frauen und Männern, mehr Hilfe zu bieten.
Zu den Veränderungen, für die ich plädiere, gehören strengere Gesetze und Vorschriften, mehr Sensibilisierung und Aufklärung sowie ein Umdenken in der Gesellschaft gegenüber den Opfern. Aber auch die Gesellschaft kann viel dazu beitragen, indem sie endlich mit der Diffamierung aufhört und das Thema ernst nimmt.
Wer sich professionell mit Romance-Scamming auseinandersetzen will, muss sich vom Klatsch und Tratsch in unserer Gesellschaft distanzieren.
Sie haben keine Ahnung von der Realität des Romance-Scamming oder anderer Cyberkriminalität. Romance-Scamming ist eine schwere kriminelle Aktivität. Hier sind Fingerspitzengefühl und Sensibilität gefragt und nicht wüste Beschimpfungen der Opfer in Foren und Blogs, wo sie ohnehin schon mehr als gedemütigt sind. Diese Reaktionen spiegeln die Schattenseiten des Social-Media-Zeitalters wider, das in der Regel große Vorteile mit sich bringt. Aber das Netz wird zur Hölle der Erniedrigung, des Sarkasmus und der Gefühllosigkeit, wenn es um das Unglück von Menschen geht. Wir wissen nicht mehr, wie wir im richtigen Moment die richtigen Worte finden.
Die neue Art der Meinungsäußerung, die man als feige bezeichnen kann, sind peinliche Aktionen wie das „Bashing“.
Ich hoffe, dass mein Psychothriller, welcher der Gesellschaft genau sagt, was sie über Liebesbetrug wissen muss, mehr Verständnis für die Opfer dieser Cyberkriminalität weckt. Und dass das Thema in der Gesellschaft und in den Medien differenzierter diskutiert wird. Es hilft nicht, vorgefasste Meinungen zu übernehmen, vor allem, wenn sie nur teils die Realität widerspiegeln.
Dieses Buch hat vor allem den Rebellen in mir geweckt, der zeigen will, dass es in diesem Bereich - aber eigentlich in jedem Bereich, der mit Vorurteilen behaftet ist - noch viel zu entdecken gibt.
Ich möchte auch meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Gesellschaft wieder mehr Wert auf Menschlichkeit und gesunden Menschenverstand legt und nicht nur auf die Meinungsbildung in den sozialen Medien, die dann als die einzige Wahrheit angesehen wird.
Für mein neuestes Buchprojekt über Liebesbetrug war es mir besonders wichtig, die sozialen Medien mit einzubeziehen. Dazu gehören WhatsApp, Instagram, TikTok und Facebook. So ist die Geschichte immer am Puls der Zeit. Auch Leserinnen und Leser im Jugendalter können sich besser in das Thema hineinversetzen, da die verschiedenen Social-Media-Kanäle einen großen Teil ihres Alltags ausmachen — und auch den der Betrüger. Zudem sind die Betrüger mittlerweile so raffiniert, dass sie junge Opfer in eine Scheinbeziehung locken, und ihnen dabei mit Amazon-Gutscheinen, iTunes-Karten oder ähnlichen Gutscheinen Geld aus der Tasche ziehen. Sobald sich das Opfer darauf einlässt, wird immer mehr Geld gefordert, nicht unbedingt in bar, sondern zum Beispiel in Bitcoins. Die Betrüger nutzen jede Methode, die am Ende zu Geld oder Wertgegenständen führt.
Darüber hinaus kennt die kranke Fantasie der Romance-Scammer keine Grenzen. Sie nehmen keine Rücksicht auf die Unversehrtheit junger Menschen und auch nicht auf die Unversehrtheit der Hauptzielgruppe der Betrüger, Frauen und Männer ab Mitte 30 bis ins Rentenalter oder Witwen. Dass solche Taten Traumata auslösen können, scheint den Tätern egal zu sein. Deshalb ist es notwendig, in der Öffentlichkeit aktiver gegen sie vorzugehen.
Das Ziel meines Buches ist es, den Ton bei diesem Thema zu ändern, damit die Menschen in unserer Gesellschaft verstehen, dass es sich nicht ausschließlich um eine Täter-Opfer-Geschichte handelt, wie ich eingangs erwähnt habe, sondern dass Romance-Scamming einer emotionalen Vergewaltigung gleichkommt. Wir sollten all die Frauen und Männer nicht vergessen, die dadurch geschädigt wurden, und wir sollten uns in unserem eigenen Interesse dafür einsetzen, dass dieses Problem als Cyberkriminalität eingestuft wird.
Das Problem ist weltweit so weit verbreitet, dass sogar das FBI in New York City innerhalb seiner Cybersicherheitsabteilung eine eigene Abteilung für Romance-Scamming eingerichtet hat, in der verschiedene Spezialagenten diese Art von Verbrechen bekämpfen.
Der Leser sollte sich daher bewusst sein, dass das Image der Opfer, insbesondere der zehntausenden Frauen, die jedes Jahr weltweit Opfer von Romance-Scamming werden, besser geschützt werden muss und dass ein Umdenken in der Gesellschaft erforderlich ist, um diese Art von Cyberkriminalität besser bekämpfen zu können.
Zum Schluss noch ein Wort zur Aufteilung des Buches zur besseren Orientierung:
Teil 1 beschäftigt sich mit der Situation, wie man Opfer wird und wie es einem Opfer nach dem Romance Scamming ergeht. Hier gehe ich sehr analytisch an das Thema mit den bestimmten Charakteren heran. Schließlich soll verstanden werden, was Romance Scamming mit einem macht, vor allem psychisch.
In Teil 2 habe ich das verarbeitet, was ich selbst nicht geschafft habe: Den Täter aufzuspüren und hinter Gitter zu bringen, verpackt mit einem Hauch von New Yorker Psychothriller.
Viel Spaß, Spannung und Denkanstöße beim Lesen!
Alles Liebe,
Ihre
Jasmine Buchner
Es ist mitten in der Nacht. Der Wind, der um die Häuser Londons heult, reißt mich aus dem Schlaf. Momente wie dieser versetzen mich sofort in meine Kindheit zurück.
Ich kann nicht schlafen, stehe auf und schaue hinaus. Die Straße ist wie ausgestorben. Die Blätter tanzen wie im Rausch. Regentropfen prasseln an mein Fenster, während der Sturm über London hinwegfegt. Das Naturschauspiel ist in vollem Gange. Wie gebannt beobachte ich es noch eine Weile. Von Müdigkeit keine Spur. Dann fällt mir eine Katze auf. Sie ist auf der Flucht vor dem Unwetter. Das Licht der Straßenlaterne wirft einen Schatten ihrer Silhouette an die Hauswand.
Als ich wenig später wieder im Bett liege, quält mich ein Gedanke. Warum musste Tom mich betrügen? Ich erinnere mich noch genau an die Szene, als ich ihn auf frischer Tat ertappte. Ich war auf dem Weg vom Fitnessstudio nach Hause. Die Sonne stand hoch am Himmel. Sie brannte buchstäblich wie Feuer auf meiner Haut. Eigentlich sollte es ein Tag zum Ausruhen und Entspannen werden. Doch es kam ganz anders. Es traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Tom lief mit einer hübschen Blondine die Straße entlang.
Lachend und bis über beide Ohren in ihn verliebt, schmiegte sie sich an Tom. Für ein paar Sekunden starrte ich die beiden ungläubig an. Sie wirkten so vertraut. Fast hätte ich meinem Freund auf der Straße eine Szene gemacht.
Doch ich verkniff es mir. Er schien mich gar nicht zu bemerken. Aber er achtete auch nicht auf das, was um ihn herum geschah. Er hatte nur Augen für seine sexy Begleiterin mit tiefem Ausschnitt, Minirock, High Heels und blonder Mähne. Eifersüchtig krallte ich meine rot lackierten Fingernägel in die Tasche. Am liebsten hätte ich vor Wut geschrien. Mein Herz schlug immer schneller. Meine Augen füllten sich mit heißen Tränen. Tom legte seinen Arm fest um die Taille der jungen Frau. Sinnlich drückte er ihr einen Kuss auf den Mund. Es war diese Szene, die mich wie ein Stich ins Herz traf.
Gebrochenen Herzens rannte ich die Straße hinunter und verlor mich in der Menge. Eine Stunde lang irrte ich wie benommen durch die Straßen. Dann, im Hyde Park, setzte ich mich für eine Weile auf eine Parkbank.
Ziellos starrte ich ins Leere. Noch immer konnte ich nicht glauben, was ich gerade gesehen hatte. Dieser Schurke wollte mich heiraten. Im ersten Moment war es ein Schock.
Nie hätte ich gedacht, dass mir so etwas passieren könnte. Nie war ich misstrauisch gewesen, wenn Tom mal wieder „Überstunden" machen musste. Ganz im Gegenteil.
Ich hatte ihm immer blind vertraut. Dass dieses blonde Gift im Minirock der Grund für Toms „Überstunden" sein musste, war nun klar. Und so wurde er aus meinem Leben gestrichen, als hätte es ihn nie gegeben. Ich hätte nie gedacht, dass es nach Tom noch schlimmer kommen würde.
Alles hätte so schön sein können, wenn Alex der Mann meiner Träume gewesen wäre, für den er sich ausgab. Es tut mir sehr weh, Opfer eines so raffinierten Betrügers geworden zu sein. Ausgerechnet mir musste so etwas passieren, wo ich doch immer so vorsichtig durchs Leben gegangen bin.
Als ich meinen Kopf ins Kissen drücke, kullert mir eine Träne über die Wange. Dieser Herzschmerz erinnert mich daran, dass wahre Liebe etwas ist, das man finden muss, und nicht etwas, das einem Glücksspiel ähnelt.
Auch wenn es schwer ist. Das Leben geht weiter. Mein Betrüger hat viel Geld ergaunert, das ist wahr. Aber die Dreistigkeit, mit der er sich in mein Leben geschlichen hatte, war noch schlimmer. Ohne dass ich es bemerkt hatte, war er zu einem Bösewicht geworden.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto wütender werde ich. Ich weiß, was die Leute über Romance-Scamming-Opfer sagen, wie naiv diese seien. Menschen behaupten vieles, solange sie anonym bleiben und sich hinter lächerlichen Pseudonymen verstecken können. Die Social-Media-Szene hat sich in den letzten Jahren zu einem wahren Monster entwickelt. Es gibt so viel Gutes, das damit verbunden ist, aber auch so viel Schlechtes. Ich glaube nicht, dass ich mich jemals daran gewöhnen werde, mit welcher Ignoranz andere über dieses Thema sprechen. Erst wenn man sich selbst in dieser misslichen Lage befindet, versteht man, wie man Opfer von Romance-Scamming werden kann.
Inzwischen sind einige Wochen vergangen. Aber ich fühle mich immer noch wie gelähmt. Seit diesem schrecklichen Erlebnis hat sich etwas in mir verändert. Freunde und Familie sagen, ich hätte mein Lachen verloren. Dabei war ich immer ein fröhlicher Mensch. Ich bin gerne unter Menschen. Ich habe einige Jahre in Rom und Paris gelebt, nachdem ich Italienisch und Französisch studiert hatte. Es war immer mein Traum, in diesen Ländern zu leben. Deshalb ist meine jetzige Situation ein echtes Drama.
Simonetta, meine beste Freundin und eine echte italienische Seele, versucht mich immer aufzumuntern. Wir haben uns als Kommilitonen an der Universität in Paris kennengelernt, wo sie Journalismus und Sozialpsychologie studierte. Seit dem Studium haben wir viel zusammen unternommen, zum Beispiel Reisen in fremde Länder. Das waren zweifellos mit die schönsten Zeiten meines Lebens. Aber jetzt fühle ich mich so einsam und verlassen wie schon lange nicht mehr.
Simonetta ist gerade in ihrer Heimatstadt Rom, um ihre Familie zu besuchen. Ich hingegen werde meine Familie erst dieses Weihnachten wiedersehen. Ich lebe jetzt schon einige Jahre hier in London. Aber im Herzen bin und bleibe ich Wienerin.
Wenn man Wien einmal erlebt hat, verliebt man sich für immer in diese wunderschöne Stadt. Der Wiener Charme ist einfach unbeschreiblich. So sehr, dass ich nur schweren Herzens meine geliebte Heimat mit ihren prachtvollen Bauwerken und kulinarischen Köstlichkeiten verlassen habe, um der Liebe wegen nach London zu ziehen.
Tom, mein Ex-Freund, hatte hier in London seinen festen Wohnsitz und arbeitete als Anwalt.
Wir waren sieben Jahre zusammen. Aber als ich ihn auf der Straße beim Fremdgehen erwischte, hatte ich endgültig genug von seinen Seitensprüngen und von ihm. Da war die Sache für mich klar. Es gab kein Zurück mehr. Meine Arbeit als Übersetzerin und Dolmetscherin ist alles, was mir geblieben ist. Meine Kreativität in beiden Berufen ist also entscheidend, um den Liebeskummer zu überwinden. Das führt dazu, dass ich mich privat immer mehr zurückziehe. Zu sehr, findet Simonetta.
„Es ist wunderbar, wenn man in seiner Arbeit Erfüllung findet. Aber sie darf kein Ersatz für soziale Kontakte sein. Lerne nette Leute kennen und hör auf, dich selbst zu bemitleiden.“
Doch so weit bin ich noch nicht. Ich brauche Zeit, um mich von dem zu erholen, was mir passiert ist. Ich gehe zur Tür hinaus, um mich abzulenken. Da klingelt mein Handy.
Simonetta ist dran.
„Ciao Laura. Alles in Ordnung?“
Simonettas italienisches Temperament vertreibt sofort meine niedergeschlagene Stimmung.
„Hallo Simonetta. Danke der Nachfrage. Alles in Ordnung. Sag mal, wie ist das Wetter in Rom?"
„Fantastisch. 30 Grad und azurblauer Himmel mit strahlendem Sonnenschein. Ich mache heute mit meiner Familie ein Picknick. Es wäre so schön, wenn wir dich hier bei uns hätten. So eine Abwechslung wäre genau das Richtige für dich – nach deinem schrecklichen Erlebnis."
„Ich weiß", seufze ich. Inzwischen bedauere ich es zutiefst, nicht mitgekommen zu sein und mache folgenden Vorschlag.
„Wie wäre es, wenn wir nach deiner Rückkehr einen Tagesausflug nach Brighton machen? Mit dem Zug dauert es nur eine Stunde. Ich war schon lange nicht mehr am Meer. Gerade Brighton ist so ein idyllischer Ort. Und da können wir auch ein Picknick machen."
„Klingt gut. Abgemacht! "freut sich Simonetta.
„Okay, super! Viel Spaß mit deiner Familie. Bis nächste Woche!"
„Okay, vielen Dank! Bis dann. Ciao."
Nach dem Gespräch mit Simonetta heute Morgen bin ich noch spazieren gegangen. Eine Fahrt mit dem London Eye ist für mich die beste Art abzuschalten – hoch über den Dächern Londons. Dabei vergesse ich, dass ich immer noch in einer Liebeskrise stecke. Hier sieht man unzählige Verliebte. Noch vor einem Jahr lebte ich in meiner eigenen Blase. Nichts konnte mich erschüttern. Ich war fest davon überzeugt, dass Alex nach London kommen würde.
Umso tragischer, was dann passierte. Mein Leben fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Wie zwei treue Freunde begleiten mich nun Scham und Einsamkeit.
Eine tiefe Verzweiflung lässt mich seitdem nicht mehr los und treibt mich an den Rand des Wahnsinns. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als in mein gewohntes Leben zurückzukehren – um wieder Lebensfreude zu spüren. Im Moment ist mir das alles so fremd, als hätte ich es noch nie erlebt.
Kürzlich habe ich im Fernsehen einen Bericht über Romance-Scamming gesehen. Da ist der Schmerz in mir ausgebrochen wie ein brodelnder Vulkan.
Wenn mir wieder ein Bericht zeigt, was für ein Monster sich hinter Romance-Scamming verbirgt, kann ich zur Furie werden. Für Kriminelle ist es das Normalste auf der Welt, Frauen und Männer finanziell auszunehmen. Für sie ist es ein Spiel.
Das Widerlichste an allem ist, dass sie den Frauen und Männern lange das Gefühl geben, mit ihnen die große Liebe gefunden zu haben. Am liebsten würde ich nach Nigeria fliegen, um mein gestohlenes Geld zurückzuholen. Aber diesen Gedanken verwerfe ich schnell wieder.
Wenn ich diese Bilder im Fernsehen sehe und den Déjà-vu-Effekt erlebe, bin ich mehr denn je in meinen Gefühlen gefangen. Aber ich bin eine Kämpferin und nicht bereit, mich meinem Schicksal zu ergeben. Deshalb habe ich mich entschlossen, das Erlebte mit Hilfe einer Psychologin aufzuarbeiten.
Innerlich niedergeschlagen suche ich zwei Tage später eine Psychologin auf. Von ihr erhoffe ich mir neuen Lebensmut. Doch der Gedanke, mich öffnen zu müssen, bereitet mir Unbehagen. Der Schmerz, den das Romance-Scamming in mir ausgelöst hat, sitzt immer noch wie ein Dolch in meiner Brust. Ich will so verzweifelt in mein altes Leben zurück. Wahrscheinlich bleibt mir nichts anderes übrig, als alles noch einmal emotional zu durchleben.
Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich im Warteraum sitze und auf meinen Aufruf warte. Wie konnte ich nur auf Romance-Scamming hereinfallen? Hätte ich nicht viel früher merken müssen, wer sich hinter Alex Simpson verbirgt? Kaum habe ich meine Gedanken zu Ende gedacht, bin ich auch schon an der Reihe. Das flaue Gefühl in der Magengegend ist inzwischen weiter nach oben gewandert. Mit einem Kloß im Hals werde ich kaum in der Lage sein, über das Thema zu sprechen. Ich fühle eine tiefe Scham, denn die Psychotherapie ist für mich der Tiefpunkt meines Lebens.
Meine Psychologin reicht mir lächelnd die Hand zur Begrüßung.
„Willkommen, Ms. Schneider. Ich bin Dr. Kim Johnson. Ich werde Ihnen in den nächsten Monaten als Psychologin zur Seite stehen und Sie bei der Verarbeitung des Romance-Scamming Traumas begleiten. Wir haben bereits darüber telefoniert.“
Mit großen Augen schaue ich sie an. Ein zaghaftes Lächeln huscht über meine Lippen. Während mir der Angstschweißauf der Stirn steht, setze ich mich wenige Minuten später auf meinen Stuhl und sinke dort in mich zusammen.
„Ms. Schneider, Sie sind wegen etwas zu mir gekommen, das Ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt hat. Da ist es normal, dass auch alte Ängste wieder hochkommen. Gemeinsam werden wir es schaffen, Sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen.“
Traurig nicke ich. Heiße Tränen, gegen die ich ankämpfe, schießen mir in die Augen. Ich will stark sein. Doch meine Seele hält den Schmerz nicht mehr aus. Es dauert einen Moment, bis ich beginne, meine Geschichte zu erzählen.
„Ja, Sie haben völlig Recht. Ich fühle mich wirklich schlecht. Ich bin einem Liebesbetrüger zum Opfer gefallen. Was ich durchmachen musste, hat mich zu einem anderen Menschen gemacht. Früher war ich voller Lebensfreude, sowohl privat als auch beruflich. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin. Es gibt für mich keinen besseren Beruf als diese beiden, aber im Moment habe ich keine Freude daran. Das macht mir Angst. Denn so etwas habe ich in meinem Leben noch nie erlebt.“
Meine Verzweiflung ist offensichtlich. Da konfrontiert mich meine Therapeutin mit einem Satz, der mich entsetzt.
„Können Sie sich vorstellen, warum Sie das perfekte Opfer für diesen Betrüger gewesen sein könnten?"
Einen Moment lang starre ich sie nur an. Als wären hunderte von Ameisen in mir, beginnt innerlich alles zu kribbeln. Doch der Blick der Therapeutin sagt mir, dass ich mich damit auseinandersetzen muss.
„Mit diesem einen Satz möchte ich Ihnen erklären, wie es zu Ihrem Vorfall kommen konnte. Erst wenn Sie auf diesen einen Satz eine Antwort haben, können Sie sich den Rest der Geschichte erklären. Dieser Satz wird Sie noch lange begleiten und zum Nachdenken anregen. Erfahrungsgemäß wird er erst am Ende einer Therapie erklärbar. Zuerst muss man sich bewusst machen, was einem passiert ist. Ms. Schneider, Sie müssen sich diesen Schmerz, diese Wut eingestehen. Sie sind schwer traumatisiert und müssen lernen, damit umzugehen. Sie wollen doch daran arbeiten, dieses Trauma zu überwinden, oder?"
„Ja, natürlich."
„Gut. Dann müssen Sie sich erlauben, diese Gefühle zuzulassen. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Das ist alles neu für Sie. Für viele Menschen bedeutet eine Psychotherapie eine zusätzliche Belastung zu dem, was sie bereits erlebt haben, weil sie sich noch einmal mit dem ganzen Elend auseinandersetzen müssen und dabei auch sehr schmerzhafte Situationen wie ein Déjà-vu erleben. Aber das ist Teil des Heilungsprozesses im Rahmen einer Psychotherapie. Dazu müssen wir aber beide an einem Strang ziehen. Sind Sie damit einverstanden?"
„Ja, bin ich", nicke ich entschlossen.
Als ich meiner Therapeutin in die Augen schaue, lächelt sie mich an. Das gibt mir ein Gefühl der Zuversicht. Dann beginne ich zu erzählen:
„Durch das Romance-Scamming habe ich mein Vertrauen in die Menschen weitgehend verloren. Es hat mich zutiefst gedemütigt. Dass es Menschen gibt, die mein Vertrauen auf so niederträchtige Weise missbrauchen, widert mich zutiefst an. Ich bin wie versteinert. Und auf die Frage, warum ich das perfekte Opfer war, kann ich – ehrlich gesagt – im Moment keine Antwort geben. Ich bin immer noch zu wütend, um zu verstehen, warum das passiert ist."
„Das ist ganz normal“, beruhigt mich meine Psychologin. „Die Antwort auf diese Frage wird ein Prozess sein. Selbst wenn ich Ihnen die Antwort geben würde, könnten wir das Problem nicht heute Nachmittag lösen, denn es ist eine Reise zu Ihnen selbst. Wichtiger als die Antwort auf meine Frage ist, dass Sie Ihre positive Lebenseinstellung wiederfinden. Sie werden lernen, mit mehr Zuversicht und Selbstvertrauen durchs Leben zu gehen. Ein Blick in den Spiegel ohne ständige Selbstvorwürfe – das ist unser Ziel. Denken Sie daran, dass Romance-Scamming eine kriminelle Aktivität ist. Und dass es jeden treffen kann. Nicht nur Sie, sondern Frauen aus allen Berufen und sozialen Schichten.“
Dieser Satz gibt mir zu denken. Ich fühle mich wie eine Detektivin auf der Suche nach der Wahrheit und dem Sinn meines Lebens.
„Wie sah Ihr Alltag vor dem Betrug aus? Hatten Sie einen Freund, waren Sie verheiratet?"
Der verdammte Kloß in meinem Hals bildet sich wieder.
„Ich hatte sieben Jahre lang einen Freund. Der Liebe wegen bin ich nach London gezogen."
„Wie mutig von Ihnen! Das zeigt, dass Sie loyal und leidenschaftlich sind. Haben Sie diese Leidenschaft in Ihrer Beziehung wiedergefunden?"
„Ja, in den ersten Jahren. Aber mit der Zeit hat das Interesse an mir nachgelassen."
„Mit anderen Worten: Sie waren irgendwann nicht mehr glücklich in Ihrer Beziehung?“
„Eigentlich nicht. Mein Freund hat mich mehrmals betrogen.“
Ich beobachte, wie die Therapeutin alles akribisch in ihren Notizblock schreibt. Mit ihren langen, dunklen Haaren, den stark geschminkten Augen und dem roten Kussmund wirkt sie nicht wie eine typische Psychologin. Eher wie eine Modejournalistin der Vogue. Aber was soll's. Hauptsache, ich finde mit ihr einen Weg aus meiner misslichen Lage.
„Alex kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich fühlte mich ungeliebt und einsam. Na ja, schon, als ich mit Tom zusammen war, spielte Einsamkeit eigentlich bereits eine große Rolle in meinem Leben."
Dr. Johnson blickt von ihrem Notizblock auf und sieht mich an:
„Erzählen Sie mir mehr darüber. Wie hat sich diese Einsamkeit auf Ihre Beziehung ausgewirkt?"
„Nun, als Anwalt musste Tom viele Stunden im Büro verbringen. Ich arbeitete zu Hause als freiberufliche Übersetzerin. Ich tauchte immer mehr in meine eigene Welt ab. Nach der Arbeit hatte ich niemanden, mit dem ich reden konnte, und das war ein Problem. Also habe ich lange gearbeitet, um mich von der Einsamkeit in meiner Beziehung abzulenken. Manchmal mit einem Glas Rotwein am Abend. Natürlich habe ich auch gute Freunde, sogar eine beste Freundin. Aber das ist kein Ersatz für einen Partner. Dinge, die wir am Anfang unserer Beziehung oft gemacht haben, zum Beispiel zusammen essen zu gehen, haben wir irgendwann nicht mehr gemacht.“
„Hat Ihnen das wehgetan?"
„Auf jeden Fall. Wir haben uns immer öfter über alles Mögliche gestritten. Und irgendwann war es dann vorbei mit der Liebe.
Ich konnte und wollte die Beziehung so nicht mehr weiterführen, weil es mich psychisch kaputt gemacht hat. Immer darauf zu warten, dass mein Freund nach Hause kommt, um dann zu hören, dass er jetzt seine Ruhe braucht.“
„Das ist wirklich interessant, denn es wird immer klarer, warum Sie das perfekte Opfer waren."
„Was meinen Sie damit?", werde ich hellhörig.
„Nun, Ihre letzte Beziehung war geprägt von einer Mischung aus Einsamkeit und der Sehnsucht nach wahrer Liebe. Nicht gerade die Basis für eine vertrauensvolle Beziehung. In Ihrem Freund suchten Sie eine Vertrauensperson, mit der Sie sich austauschen konnten. Er hingegen wollte lieber als Junggeselle leben. Vielleicht war er zu feige, sofort mit Ihnen Schluss zu machen. Er wusste nicht, wie lange seine Affären halten würden, und er wollte nicht allein bleiben. Oder er war der Typ Mann, der einfach alles brauchte – die treue Freundin zu Hause und die feurige Geliebte außerhalb der vier Wände.“
Ich hätte nicht gedacht, dass mich dieses Thema so bewegen würde, denn eigentlich wollte ich über meine Erfahrungen mit Romance-Scamming berichten. Aber dass ich jetzt stattdessen ausführlich über meinen Ex-Freund sprechen muss, ist deprimierend. Das merkt auch meine Psychologin.
„Ms. Schneider, wenn Ihnen das Thema heute zu viel wird, verschieben wir es auf das nächste Mal. Das ist kein Problem. Aber wir werden im Laufe der Zeit immer mehr darüber sprechen müssen, was Ihre Beziehung zu Tom in Ihnen ausgelöst hat und was das mit Romance-Scamming zu tun hat. Denn da liegt der Hase im Pfeffer."
„Ja, es wäre mir lieber, wenn wir das ein anderes Mal besprechen könnten."
Plötzlich überkommt mich eine tiefe Traurigkeit. Nach der Trennung von Tom war ich einfach zu besessen davon, den tiefen Schmerz, den er mir zugefügt hatte, im Keim zu ersticken. In meinem Fall leider durch einen Romance Scammer. In diesem Gespräch wird mir zum ersten Mal bewusst, dass es eine lange Reise in die Tiefe meiner Seele sein wird, bis ich wieder der Mensch sein kann, der ich einmal war.
Nach einem heftigen Regenschauer reißen die Wolken auf und ein strahlend blauer Himmel taucht über der Stadt auf. Die ersten Sonnenstrahlen verwandeln London in ein goldgelbes Meer. Wie zerbrochenes Glas reflektieren die Pfützen das Licht in allen Farben. Der intensive Geruch des Regens durchströmt meinen Körper wie ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Etwas, das ich sonst nur vom Kaffee kenne.
Eine Woche ist vergangen, seit ich das letzte Mal bei meiner Psychologin war. Morgen ist der nächste Termin. Ich will mich nicht die ganze Zeit mit meiner Vergangenheit quälen. Also beschließe ich, mit Simonetta in die Oxford Street zum Shoppen zu gehen. Danach planen wir einen Abstecher in unser japanisches Lieblingsrestaurant „Wasabi“. Ich hatte schon immer ein Faible für die japanische Küche. Alles ist so farbenfroh und exotisch. Genau mein Ding.
Wir setzen uns an einen Fensterplatz. Während ich mich mit Simonetta über ihren Urlaub in Rom unterhalte und sie mir begeistert Fotos auf ihrem Handy zeigt, fühle ich mich plötzlich wie vom Blitz getroffen. Fassungslos schaue ich auf die andere Straßenseite. Dort sehe ich meinen Ex-Freund Tom mit einer neuen weiblichen Begleitung.
Anscheinend hatte das blonde Gift auch ihn, den selbstverliebten Ignoranten, endgültig satt. Plötzlich bricht alles in mir wieder auf. Die Lust auf Sushi ist mir völlig vergangen.
„Was ist los?" Simonetta schaut mich fragend an.
Ich atme tief durch. Verbittert antworte ich:
„Ich habe Tom auf der anderen Straßenseite gesehen. Der Typ ist die Pest. Siehst du, ich bin gerade dabei, mich mit therapeutischer Hilfe innerlich von ihm zu lösen, und er hat anscheinend nichts anderes im Sinn, als sich wieder in mein Gedächtnis zu brennen."
Jede Faser meines Körpers verkrampft sich. Ich spüre nur noch Schmerz. Es reicht! Noch bevor Simonetta mich beruhigen kann, renne ich nach draußen. Wütend überquere ich die Straße zu Tom und werde fast von einem Auto angefahren. Der Fahrer hupt und gestikuliert wild. Und Tom? Er dreht sich kurz um, mit diesem arroganten Blick, den ich so hasse. Mein Herz rast. Er muss mich erkannt haben.
Sekunden später ist er mit seiner neuen Flamme um die Ecke verschwunden. Ein innerer Kampf entbrennt in mir. Ich erstarre förmlich, als mir klar wird: Meine Psychologin hat recht, er ist die Quelle allen Übels. Das Unheil, das mich in die fiktiven Arme von Alex Simpson getrieben hat.
Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich meinen Ex in diesem Moment verabscheue. Es ist der Moment, in dem Liebe in Hass umschlägt.
Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Er verhält sich in diesem Moment genauso wie bei unserer Trennung: rücksichtslos und egozentrisch. Kein Wunder, dass diese Beziehung keinen Bestand hatte. Aber er hat mir trotzdem das Herz gebrochen, und das tut verdammt weh! Besorgt kommt Simonetta auf mich zu und greift nach meiner Hand, um mich sicher über die Straße zu bringen. Und als wäre diese Szene nie geschehen, schieben sich Doppeldeckerbusse und unzählige Autos weiter durch die Straßen, während mein Leben völlig aus den Fugen gerät. Als wir wieder im „Wasabi“ sitzen, tun die anderen Gäste zum Glück so, als wäre nichts gewesen. Simonetta ergreift beherzt meine Hand. Sie will mir Mut zusprechen.
„Hör zu, das war nur ein dummer Zufall. Sei froh, dass du ihn endlich los bist. Schau, wie er sich gerade wieder benommen hat. Er war eine Idiota", schimpft sie mit italienischem Akzent.
„Ich weiß."
Mir schießen heiße Tränen in die Augen.
Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die Demütigung mein treuester Freund geworden ist. Seit der Trennung von Tom zieht sie sich wie ein roter Faden durch mein Privatleben. Aber – Alex Simpson war die Krönung aller Demütigungen in meinem Leben. Simonetta versucht mich abzulenken.
„Laura, was hältst du von der Psychologin? Glaubst du, dass sie dir helfen kann?"
Ich nicke schweigend und starre auf mein Sushi. Es dauert einen Moment, bis ich mich gefangen habe. Dann sage ich:
„Weißt du was? Meine Psychologin hat recht. Tom ist der Grund, warum ich das perfekte Opfer geworden bin."
„Was meinst du damit, du bist das perfekte Opfer?"
Während Simonetta sich das Sushi in den Mund schiebt, erkläre ich ihr die Situation:
„Letzte Woche hat mich meine Psychologin gefragt, warum ich das perfekte Opfer bin. Eigentlich war das die letzte Frage, die ich an diesem Tag hören wollte, aber sie hat etwas in mir ausgelöst. Seitdem habe ich viel darüber nachgedacht, was in meiner Beziehung zu Tom schiefgelaufen ist. Offensichtlich war ich ihm in gewisser Weise hörig. Ich wollte ihm nur gefallen und habe mich nicht getraut, mich von ihm zu trennen, weil ich Angst hatte, allein und einsam zu sein. Und über diese Einsamkeit haben wir gesprochen. Denn das war der Schlüssel zur Tür. Alex wusste durch mich von Tom, und das hat er zu seinem Vorteil genutzt, indem er den sensiblen Typen gespielt hat. Deshalb konnte er mich so gut manipulieren. Und jetzt fällt es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Im Grunde waren die Beziehung zu Tom und der Liebesbetrug emotional sehr ähnlich. Einsamkeit spielte in beiden Fällen eine Rolle. Und auch das Gefühl, alles für jemanden tun zu müssen, um ihn nicht zu verlieren.“
Simonetta freut sich über meine Worte:
„Laura, ich bin so froh, dies endlich aus deinem Mund zu hören. Jetzt hast du verstanden, warum dieser Schicksalsschlag überhaupt passiert ist. Wenn du das, was du mit Alex erlebt hast, jetzt verarbeitest, kannst du es bald wie einen Mantel ablegen und einen neuen Lebensabschnitt beginnen."
Es sind Worte wie diese, die mir Mut machen. Das Gefühl, diese innere Freiheit wieder zum Greifen nah zu haben, ist wie ein riesiger Felsbrocken, der mir vom Herzen fällt. Und plötzlich habe ich auch wieder Lust auf Sushi. Mein Tag ist gerettet.
Seit dem gestrigen Gespräch mit Simonetta sind die panische Angst und die Niedergeschlagenheit, die ich bei meiner ersten Sitzung mit Dr. Johnson hatte, wie weggeblasen. Jetzt bin ich voller positiver Energie. Außerdem bin ich ein Kämpfertyp. Ich brauche immer ein Ziel in meinem Leben. Jetzt ist die Zeit dafür gekommen.
„Ms. Schneider, Sie wirken heute wie ausgewechselt. Was ist passiert?"
„Um ehrlich zu sein, eine ganze Menge. Ich habe viel über Ihren Satz nachgedacht, warum ich das perfekte Opfer sei“, lächle ich sie an.
Dr. Johnson nickt zustimmend. Ihr Gesichtsausdruck schwankt zwischen ‚Was war der Auslöser?‘ und‘ Ich freue mich, dass Sie so schnell Fortschritte gemacht haben‘.
„Ich muss zugeben, dass sich einige Emotionen angestaut haben, die ich noch nicht verarbeitet habe. Im Grunde habe ich sie in meine Scheinbeziehung mitgenommen. Das hat alles nur noch schlimmer gemacht. Wenn Tom mich nicht so verletzt hätte, hätte Alex keine Chance gehabt. Er hat schamlos ausgenutzt, dass ich in einem Ausnahmezustand war. Das habe ich jetzt begriffen und versuche, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen.“
„Ich begrüße es sehr, dass Sie sich intensiv mit diesem Satz auseinandergesetzt haben. Er ist das Herzstück der ganzen Aufarbeitung. Er hilft Ihnen zu verstehen, warum alles so gekommen ist, wie es gekommen ist. Er hilft Ihnen, über das, was Sie mit mir besprechen, nachzudenken und mehr Selbstfürsorge zu entwickeln. Mit der Zeit können Sie dann auch eine gewisse Distanz zuall dem, was Sie momentan noch so quält, entwickeln. So finden Sie schließlich Ihren inneren Frieden.“
Meine Augen leuchten. Es ist wie Musik in meinen Ohren. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als so schnell wie möglich wieder der Mensch zu werden, der ich einmal war.
„Ms. Schneider, wenn es Ihnen recht ist, beginnen wir jetzt mit der Rekonstruktion des Anfangs, als Alex Simpson Sie kontaktiert hat.“
Und schon ist es vorbei mit den guten Vorsätzen von vorhin. Die Euphorie ist Panik gewichen. Aber ich bin fest entschlossen, meine Geschichte zu erzählen. Denn ich lasse mir mein Leben nicht von Alex Simpson ruinieren.
Es war der 15. Mai 2020, als ich über Facebook eine E-Mail von einem gewissen Alex Simpson erhielt. Ich bin privat als Hobbyfotografin auf diversen Social-Media-Kanälen unterwegs. Auch Instagram bin ich nicht abgeneigt. Dort habe ich schon öfter private Fotos von mir oder mit Freunden gepostet. Das Instagram-Fieber scheint mittlerweile die ganze Welt erfasst zu haben, vor allem, um möglichst viele Likes für sein Bild zu bekommen. Je mehr Likes, desto beliebter.
Das ist eigentlich nicht das Ziel, das ich mit Instagram verfolge. Aber wo sonst kann man seine Fotos so gut mit anderen teilen wie auf diesem Kanal oder auch auf Facebook. Ich bin allerdings sehr zurückhaltend, wenn es um Anfragen auf Social-Media-Kanälen geht. Die meisten Mails lese ich. Dann lösche ich sie sofort. Bei Alex Simpson war das anders. Schon seine erste Nachricht hat mich neugierig gemacht.
Hallo Laura, Frauen über Facebook anzuschreiben ist eigentlich nicht mein Stil. Aber bei dir ist es irgendwie anders. Du bist ein tiefgründiger Mensch. Woran kann ich das erkennen? An deinem letzten Foto, das du auf Instagram gepostet hast. Du hast es „Sehnsucht" genannt. Eine Frau auf einer Bank mit Blick aufs Meer und einem herzförmigen Luftballon in der Hand. Das ist unglaublich interessant, weil es so viele Bedeutungen haben kann, auch aus künstlerischer Sicht. Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir antworten würdest, damit wir uns über deine Leidenschaft, die Fotografie, unterhalten können. Das ist übrigens auch mein Beruf. Mehr dazu ein anderes Mal. Viele Grüße, Alex Simpson
Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen zu antworten. Ich wollte mir die Chance nicht entgehen lassen, mehr über jemanden zu erfahren, dessen Leidenschaft die Fotografie ist. Vor allem, weil er sich auch für meine Kunst interessiert.
Hallo Alex, es hat mich sehr gefreut, von dir zu hören. Ich denke, wir haben mit dem Thema Fotografie genug gemeinsamen Gesprächsstoff. Ich bin sehr daran interessiert zu erfahren, was genau Du als professioneller Fotograf machst. Neben der Fotografie habe ich noch eine zweite Leidenschaft: Fremdsprachen, deshalb arbeite ich als Übersetzerin und Dolmetscherin. Wenn dann noch Zeit bleibt, packe ich meine Kamera ein und fahre mit dem Auto in die nähere Umgebung von London oder manchmal auch an die Küste nach Brighton. Fotografieren gibt mir ein Gefühl von Freiheit. Vielleicht bis bald. Viele Grüße, Laura
Für mich war es eine willkommene Abwechslung, nach der schlimmen Trennung von Tom einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Das Fotografieren hat mir in dieser Zeit sehr geholfen. Es fiel mir schwer, mich zu öffnen, da ich zu diesem Zeitpunkt keine Beziehung zu Alex hatte. Deshalb habe ich mich zuerst zurückgehalten. Alex schien das zu merken und stellte den Kontakt vorerst ein, nachdem er mir wieder geschrieben, ich aber nicht geantwortet hatte. Als er mir nach drei Wochen wieder eine Nachricht schickte, war ich umso überraschter:
Liebe Laura, ich weiß nicht, ob es gut ist, dir wieder zu schreiben, aber ich finde, dass wir eine besondere Leidenschaft für die Fotografie haben, die ich gerne mit dir teilen möchte. Das letzte Mal hast du meine Nachricht nicht beantwortet. Ich würde michfreuen, mit dir über Fotografie, Kultur oder was auch immer zu schreiben. Ich hoffe, dass du das auch so siehst. Liebe Grüße Alex
Oh Mann, das war wirklich nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Das hat alles nur noch komplizierter gemacht. Nach einer Weile des Nachdenkens habe ich dann geschrieben:
Hallo Alex. Ich bin sehr überrascht, dass du dich wieder gemeldet hast. Ich bin von Natur aus vorsichtig. Ich erhole mich gerade von einer gescheiterten Beziehung. Deshalb bist du bei mir an der falschen Adresse, wenn du eine Partnerin suchst. Ich will gleich ehrlich zu dir sein. Liebe Grüße, Laura
Die Antwort von Alex ließ nicht lange auf sich warten.
Hallo Laura, ich bin gerade online. Da dachte ich, ich melde mich mal bei dir. Ich habe kein Problem mit einer rein platonischen Freundschaft mit dir. Wichtig ist, dass wir uns über unsere gemeinsamen Interessen austauschen können. Und eine davon scheint die Fotografie zu sein. Wenn wir uns darüber austauschen könnten – oder über was auch immer – würde ich mich freuen. Bis zum nächsten Mal, Alex
Mein letztes Gespräch mit Dr. Johnson fand vor einer Woche statt. In dieser Zeit hatte ich viel Gelegenheit, über den Vorfall mit Alex Simpson nachzudenken und zu reflektieren. Um das Ganze nicht nur mit meiner Psychologin zu verarbeiten, führe ich jetzt ein Tagebuch. Das habe ich schon als Kind gerne gemacht. Tagebuchschreiben ist etwas Besonderes. Für mich war es immer eines der besten Heilmittel zu schreiben – mehr als zu reden. Um ehrlich zu sein, war ich nie sehr gesprächig.
Meine Eltern können ein Lied davon singen. Sie mussten mir immer alles aus der Nase ziehen. Ich habe es als Folter empfunden, immer wieder durchkauen zu müssen, was mir auf der Seele brannte. Deshalb fällt es mir auch heute noch schwer, eine Psychotherapie zu machen. Am liebsten würde ich das alles einfach verdrängen und es dabei belassen. Aber so einfach ist das nicht. Das merke ich. Verdrängen ist keine Lösung. Das zeigen meine Schlafstörungen, meine Appetitlosigkeit, meine mittlerweile eher depressive Stimmung. Dr. Johnson macht ihre Arbeit so gut, weil sie eine unglaubliche Sensibilität hat und jede negative Schwingung ihrer Patientinnen und Patienten sofort wahrnimmt. Das klingt dann so:
„Ms. Schneider, Sie scheinen Schwierigkeiten zu haben, über vergangene Probleme zu sprechen. Woran liegt das?"
Ich zucke mit den Schultern.
„Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich war schon immer ein eher ruhiger Mensch."
„Nun, worauf ich eigentlich anspielen wollte, Ms. Schneider, hatten Sie in Ihrer Kindheit oder Jugend auch depressive Episoden?"
„Hmm, ich war schon immer ein sehr sensibles Kind. Am liebsten war ich mit Tieren zusammen. Wir hatten einen Border Collie, Bobby. Ich habe ihn über alles geliebt. Und ich bin viel geritten. Welches Mädchen liebt Pferde nicht? Die Schule war für mich eher eine Qual. Ich wurde oft ausgegrenzt. Ich war sehr gut in der Schule und wurde deshalb gemobbt. Darunter habe ich sehr gelitten, denn ich hätte gerne schon als Kind Freunde gehabt. Aber die Tiere waren die einzigen Freunde, die ich wirklich hatte.“
Während ich mir alles von der Seele rede, macht sich Dr. Johnson wieder Notizen.
„Und jetzt, wo Sie so darüber reden, wie fühlen Sie sich?"
„Sehr schlecht. Die Kränkungen sitzen einfach zu tief. Ich glaube, es wird noch eine Weile dauern, bis ich zum Beispiel über die Sache mit Tom hinweg bin. Und die Sache mit Alex wird noch viel länger dauern."
„Mir ist aufgefallen, dass sich ein bestimmtes Verhaltensmuster durch Ihr Leben zieht.“
Ich schaue Dr. Johnson mit großen Augen an.
„Ms. Schneider, vielleicht lassen Sie es mich so erklären. Das kleine Mädchen in Ihnen, das sich immer nach bedingungsloser Liebe gesehnt hatte, hat Sie emotional sabotiert. Denn Sie hatten einen Freund, den Sie mehr liebten als er Sie. Sie haben sich lange Zeit eingeredet, dass dem so nicht ist, und haben sich deshalb unterbewusst weiter sabotiert. So sind Sie auch in eine fiktive Liebe zu Alex hineingeraten, die letztlich nur in Ihrer Fantasie existierte. Ihr Ziel war es, sich von Alex geliebt zu fühlen, aber das hatnicht funktioniert und Sie noch unsicherer gemacht, als Sie es ohnehin schon waren. Man nennt so ein Vorgehen in der Sozialpsychologie „kognitive Dissonanz“, also sich selbst einzureden, dass alles in Ordnung ist, obwohl es im Grunde genommen ganz anders ist. Sie zu einer unabhängigen, selbstbewussten Frau zu machen, ist nun das Ziel meiner Therapiestunden. Aber das geht nicht nur durch Gespräche, sondern über Selbstreflexion. Wie wäre es zum Beispiel, wenn Sie ein Tagebuch führen, damit Sie Ihre Gefühle besser reflektieren können und so zu mehr Selbstfürsorge fähig werden?“
Meine Augen strahlen vor Freude.
„Das mache ich jetzt seit einer Woche."
„Und wie fühlen Sie sich dabei? Spüren Sie eine Veränderung?"
„Ja, ich glaube schon. Das Schreiben heilt wirklich, wenn auch langsam.“
„Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Sie verarbeiten ja nicht nur die gescheiterte Beziehung zu Tom und das Drama mit dem Betrüger. Sie verarbeiten auch die Einsamkeit, die Sie seit Ihrer Kindheit umgibt."
Ich spüre einen Druck auf meiner Brust. Als läge ein schwerer Stein auf ihr. Dr. Johnsons Worte treffen den Nagel auf den Kopf. Ich werde innerlich von einem Gefühl der Einsamkeit aufgefressen.
„Wie gesagt, es fällt mir schwer, darüber zu sprechen. Ich war noch nie gut im Reden", versuche ich mich zu entschuldigen. Ein Gefühl der Hilflosigkeit gräbt sich tief in meine Seele. Ich fühle mich wie in einer Zwangsjacke.
Dr. Johnsons Rat auf meinen Erklärungsversuch, warum ich so schlecht mit meinen Gefühlen umgehen kann:
„Dann ist es an der Zeit, aus sich herauszugehen und aufzuhören, die eigenen Gefühle zu verstecken. Man muss seinen Gefühlen Raum geben. Das Wichtigste ist zu verstehen: Es geht um Ihr Leben, und nur Sie können etwas daran ändern. Viele PatientInnen glauben, dass sich alles ändern wird, wenn sie mit ihrer Psychologin ‚ein bisschen reden‘. Es geht aber vor allem um die eigene Sichtweise. Und damit auch um die Frage, was Sie selbst in Ihrem Leben besser machen können.“