Der Russland-Reflex - Irina Scherbakowa - E-Book

Der Russland-Reflex E-Book

Irina Scherbakowa

0,0
12,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Zwei Freunde und Weggefährten im Gespräch: Die russische Historikerin und Bürgerrechtlerin Irina Scherbakowa und der renommierte deutsche Osteuropa-Historiker Karl Schlögel diskutieren über ihre Heimatländer, deren Beziehung in einer tiefen Krise steckt. Ausgang ungewiss. Schockiert schauen sie auf die erneute Instrumentalisierung von Geschichte und die Rückkehr rhetorischer Stilmittel aus sowjetischen Zeiten. Persönlich und selbstkritisch berichten sie von ihren Lebens- und Arbeitserfahrungen zwischen Kaltem Krieg, Glasnost und der Putin-Zeit, sprechen kenntnisreich und engagiert über aktuelle politische Tendenzen und den Ukraine-Konflikt. Dabei bekennen sie sich leidenschaftlich zum Geist der Aufklärung, der Pflicht zum Selberdenken und fordern vehement das Recht des freien Wortes - in beiden Ländern.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis
Ein Gespräch in Zeiten der Sprachlosigkeit
Biografische Prägungen
Ein besonderes Verhältnis
Begegnungen
Fragen an die Geschichte
Die Faszination des Anderen
Das Denken ändert die Richtung
Vom wilden Feld des russischen Denkens
Desillusionierung
Mensch und Macht
Zeitenwende
Geschichtsbild und Realität
Beziehungskrise
Das Ende des Imperiums
Was tun?
Neue Generationen
Anhang
Ausgewählte Literatur
Über die Autoren

Ein Gespräch in Zeiten der Sprachlosigkeit

Mit der Annexion der Krim und dem Krieg in der Ukraine ist in den Beziehungen zwischen Deutschland und Russland eine Zeitenwende eingetreten. Das deutsch-russische Verhältnis, dessen Anfänge mehr als tausend Jahre zurückreichen und das spätestens seit der Zeit der Perestroika in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre durch verstärkte gegenseitige Annäherung, Öffnung, wachsendes Vertrauen, Austausch und Dialog auf vielen Ebenen geprägt war, ist an einem Tiefpunkt angelangt. Misstrauen, wiederentdeckte Vorurteile und Metaphern aus der Zeit des Kalten Krieges sind auf beiden Seiten plötzlich wieder präsent. Ein konstruktiver, von gegenseitigem Respekt geprägter Dialog scheint unter diesen Umständen kaum mehr möglich.

Was bedeutet diese Sprachlosigkeit zweier Länder, deren Beziehungen seit jeher zwischen Faszination und Nähe einerseits und Angst, Gewalt und Fremdheit andererseits changierten? Und ist es überhaupt richtig, von Sprachlosigkeit zu sprechen? Geht es nicht vielmehr darum, dass diejenigen, die sich auf beiden Seiten derzeit zu Wort melden – in der Politik, aber auch in den Medien –, überkommene Deutungsmuster benutzen, die mit den aktuellen politischen Entwicklungen nicht Schritt halten? Oder haben wir es eher mit veritabler Ratlosigkeit zu tun, angesichts eines Verhaltens Russlands gegenüber der Ukraine, das viele erst überraschte, dann schockierte und am Ende fassungslos zurückließ? Über die Annexion der Krim, den Krieg in der Ukraine und die anhaltenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen wird seit dem Frühjahr 2014 öffentlich und privat gesprochen, gerungen und gestritten. Die Diskussionen und Auseinandersetzungen sind eine besondere Herausforderung für diejenigen, die ihr Berufs- und oft auch ihr Privatleben als Brückenbauer zwischen Ost und West dem Dialog zwischen Russland und Deutschland gewidmet haben.

Im Banne der Faszination des »Anderen« haben sich der führende deutsche Osteuropa-Historiker Karl Schlögel und die russische Historikerin und Bürgerrechtlerin Irina Scherbakowa jahrzehntelang dafür eingesetzt, Geschichte, Kultur, Sprache und Alltagsleben beider Länder zu verstehen und ihre Erkenntnisse für die Öffentlichkeit in ihren Heimatländern zu »übersetzen«. Geprägt von den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und seinen Auswirkungen auf ihre eigene Familie und Lebenswelt haben sich beide früh, schon während des Kalten Krieges, und abseits des Mainstreams in ihren Heimatländern für Aufklärung und eine Art des Dialogs eingesetzt, der reale und gedankliche Grenzen überschreitet. Ihre Recherchen, wissenschaftlichen Erkundungen und publizistischen Arbeiten haben beide im Laufe ihres Lebens immer tiefer in die historischen und politischen Dimensionen des deutsch-russischen Verhältnisses geführt.

Um zu verstehen und aufzuklären, sammeln und erforschen sie Dokumente der Vergangenheit, lassen Zeitzeugen zu Wort kommen, bringen als aufmerksame Beobachter von Städten, Landschaften und Menschen verdrängte Erinnerungen und überwucherte Geschichte(n) ans Licht.

Heute sind sie selbst Zeugen einer erneuten Instrumentalisierung von Geschichte in Russland. Sie erleben den Wiederaufbau von Mauern in den Köpfen und, mit Blick auf das deutsch-russische Verhältnis, eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft in ihren Heimatländern. Im letzten Drittel ihrer beruflichen Laufbahn stehen zwei der maßgeblichen Brückenbauer zwischen Deutschland und Russland nun vor einem Scherbenhaufen.

»Der Russland-Reflex« skizziert Erkenntnisse und Thesen zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft der deutsch-russischen Beziehungen, die Irina Scherbakowa und Karl Schlögel in einem langen Gespräch auf Einladung der Körber-Stiftung im Frühjahr 2015 in Berlin miteinander diskutiert haben. Die Autoren kennen und schätzen sich seit vielen Jahrzehnten. Irina Scherbakowa arbeitete lange Zeit als Literaturwissenschaftlerin und als Übersetzerin deutscher Literatur, bevor sie bei der russischen Menschenrechtsorganisation MEMORIAL die Koordination des jährlich ausgerichteten Geschichtswettbewerbs für Jugendliche übernahm. Ihre Forschungsgebiete und Publikationen umfassen Totalitarismus und Stalinismus, die Geschichte des Gulag sowie Fragen des kulturellen Gedächtnisses und der Erinnerungspolitik in Russland. Karl Schlögel ist einer der führenden Osteuropa-Historiker und hatte von 1990 bis 2013 eine Professur für Osteuropäische Geschichte, zunächst an der Universität Konstanz, seit 1994 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Sein umfangreiches publizistisches Werk, für das er mehrfach ausgezeichnet wurde, ist den Wechselwirkungen zwischen Geschichte und Raum gewidmet.

»Der Russland-Reflex« skizziert den kenntnisreichen und leidenschaftlichen Gedankenaustausch zweier Experten und Freunde über die Beziehung zweier Länder, die in einer tiefen Krise steckt und deren Ausgang völlig ungewiss scheint. Das Buch ist in vielerlei Hinsicht sehr persönlich: Beide Autoren geben Einblicke in ihre biografischen Prägungen, in die Auseinandersetzung mit den Kriegserfahrungen der Generation ihrer Eltern und in ihre lebensprägende Beschäftigung mit Sprache, Geschichte, Kultur und Politik Deutschlands und der Sowjetunion bzw. Russlands. Die Analyse ihres eigenen Beitrags zur deutsch-russischen Verständigung fällt zuweilen schonungslos selbstkritisch aus: Beide, hoch renommiert und vielfach ausgezeichnet, scheuen sich nicht, auch eigene Irrtümer und Fehleinschätzungen zuzugeben.

Aber auch die aktuelle gesellschaftliche und politische Situation in ihren Heimatländern stellen Irina Scherbakowa und Karl Schlögel auf den Prüfstand: Sie bekennen sich zur Pflicht zum Selberdenken und zum Geist der Aufklärung, der nichts verschweigt, sondern die Dinge beim Namen nennt – in Russland wie auch in Deutschland. Das gilt sowohl im Hinblick auf das historische Erbe des 20. Jahrhunderts mit zwei Weltkriegen, Terror und Totalitarismus als auch für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Zu diesen gehört auch die wachsende Spaltung der deutschen Gesellschaft: Diejenigen, die offen Kritik an der Politik von Präsident Putin üben, und diejenigen, die um mehr Verständnis für den Wunsch Russlands nach größerer Akzeptanz und einem Dialog auf Augenhöhe werben, scheinen sich immer unversöhnlicher gegenüberzustehen. Dazu gehören aber auch die Auseinandersetzung mit dem offensichtlichen Scheitern der demokratischen, aufklärerischen Kräfte in Russland und eine Antwort auf die Frage, ob und wann dieses Scheitern hätte verhindert werden können, ja verhindert werden müssen.

Die Erkenntnis, dass es Zeit ist, sich auf eine neue Realität einzustellen, zu sagen, was gerade passiert, sich selbst ein Bild zu machen und althergebrachte Erklärungsmuster – wenn nötig – über Bord zu werfen und das deutsch-russische Verhältnis »neu zu denken«, steht im Zentrum des Gesprächs. Irina Scherbakowa baut dabei auf die Kraft einer sich gegen den Mainstream richtenden Kultur des intellektuellen Widerstandes und Karl Schlögel fordert das »Recht des freien Wortes«, die Herstellung und Aufrechterhaltung »freier, ungehinderter Kommunikation« in beiden Ländern. Ausgehend von ihren persönlichen und beruflichen Erfahrungen zwischen Kaltem Krieg, Glasnost, »Gorbimanie« und der Putin-Ära zeigen die beiden Brückenbauer – trotz aller Rückschläge und Enttäuschungen im Zeichen der aktuellen Verwerfungen und Konfrontationen – damit eine konkrete Perspektive für die zukunftsweisende Ausgestaltung der deutsch-russischen Beziehungen auf.

Gabriele Woidelko, Körber-Stiftung im August 2015

Biografische Prägungen

Ein besonderes Verhältnis

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!