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Nachkriegszeit in Österreich: Susanna Jorhans Leben ist aus der Bahn geraten. Ihr Ehemann ist noch nicht aus dem Krieg zurückgekehrt, sie - schwanger von einem anderen Mann - lebt mit ihrem kleinen Kind auf einem entlegenen Hof. Von den russischen Besatzungssoldaten zugleich bedroht und beschützt, bestreitet sie ein Leben voll Ungewissheit. Meisterhaft lässt Franz Tumler die Figuren in den Wäldern nördlich der Donau und zugleich in ihren Seelenwäldern umherirren. Hilft in dieser Situation ein Schritt über den Strom, ein Schritt hinüber? Hin- und hergerissen im Strudel der Zeit suchen Tumlers Figuren nach einem harmonischen, einem wahrhaftigen Leben. Der 1956 mit dem Schweizer Charles-Veillon-Preis ausgezeichnete Roman wurde nicht nur von Gottfried Benn und Peter Suhrkamp für gut befunden, er bedeutete für Tumler auch einen Aufbruch zu neuen Erzählformen.
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Seitenzahl: 335
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Franz Tumler
Der Schritt
hinüber
Roman
Mit einem Nachwort
von Barbara Hoiß
Der Schritt hinüber
„Siehst du es nicht, wie einige halten,
viele wenden den Rücken zu,
seltsame hohe schmale Gestalten,
alle wandern den Brücken zu.
Senken die Stecken, halten die Uhren
an, die Ziffern brauchen kein Licht,
schwindende Scharen, schwarze Figuren,
alle weinen – siehst du es nicht?“
Gottfried Benn
Dies ist die Geschichte eines Betrugs, aber die zwei Leute, die durch diesen Betrug gerettet wurden, erfuhren überhaupt nicht, daß es Betrug gewesen war, und Betrug nicht bloß an ihrem Verfolger, sondern ein höchst weitläufiger Betrug, der eine Menge Leben verschob und verschlang. Für die zwei sah es so aus, als hätte sich die Frau einfach geopfert, ihnen zuliebe, damit sie davonkämen. Das hing ihnen nach von dieser Geschichte, die sonst nur ein Abenteuer für sie hätte sein brauchen, halbvergessen; und damit trösteten sie sich dann manchmal: vergessen vielleicht auch dort drüben, bedeckt von der Nacht, hinab in der Zeit.
Es war hoher Sommer, August; staubige graue Hitze lag über dem verholzten Gras. Auf der Wiese hinter dem Bemelmanhof arbeiteten die zwei Flüchtlinge. Sie gabelten das Heu auf einen Leiterwagen, dann zogen sie selber an der Deichsel und lenkten den Wagen über den abschüssigen Weg in die breite Toreinfahrt des Hofes. Von ihren schmutzigen Hemden rann Schweiß in Fäden auf das dicke Tuch ihrer Uniformhosen. Ihre Augen flackerten unruhig; ein Schatten war auf ihren Gesichtern, nicht einer von außen, sie trugen ihn, als ob innen ein Licht nicht mehr aus ihnen wirkte.
An der Holzhütte unter dem Nußbaum saß die junge Frau und sah ihnen zu. Auf ihrem dünnen Kleid und auf ihrer weißen Haut wechselten Sonne und farbige Schleier von dem Spiel des Laubs. Sie hielt ein Buch in der Hand, einen Kalender, eine kleine Falte grub sich ihr zwischen den Brauen ein. Sie rechnete zurück: vier Wochen war es her; und es mußte dieser Tag gewesen sein, an dem sie ausgewiesen worden war aus dem Dorf; sie war zusammengewesen mit Axel, nicht zum ersten Mal, aber anders als früher.
Dunkle Nacht, und sie hatte gedacht, es würde wie sonst sein, der Mann, der sie brauchte, Axel, von seinem Gutshof verjagt, sie mußte ihm beweisen, daß sie ihn nicht im Stich ließ, er mußte es spüren, daß er nicht allein war.
Dieses eine Mal war es anders gewesen, es kam ihr zurück wie Gegenwart. Aber nun hatte sie wieder Furcht: diese Nacht im Dunkel nach einem schlimmen Tag, die Falte blieb auf der Stirn.
Eine Weile später rückte sie, weil die Sonne wanderte, das Kinderställchen, darin ihr kleiner Sohn spielte, in den Schatten. Ab und zu hob sie die Augen und sah dann nicht auf die zwei Männer, wenn die auch eben den knarrenden Wagen durch das Hoftor rollten, sondern sah über Zaun und Hauslache und Schattenflecken des Obstgartens hinweg in die ferne Tiefe. Dort unten lag der Wald, von dem Axel sagte: alles verloren; der grün-goldene Waldsaum, und davor dehnte sich die Wiesenmulde, über deren rostigem Grün wie Nebelstreif der Hauch des Wollgrases wehte. Eine weite Fläche, abends traten die Rehe heraus und ästen in dem sumpfigen Grund. Und von dorther wanderten Susanna Jorhans Augen, die in ihrem Grau und Blau immer ein wenig zitterten und unruhig suchten, die lange Flanke des Hügels wieder herauf.
Die beiden Flüchtlinge pumpten Wasser am Brunnen und redeten miteinander. Der eine sagte:
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