Der Stärken-Code - Frank Rebmann - E-Book

Der Stärken-Code E-Book

Frank Rebmann

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Beschreibung

Das neue Stärkenbuch vom Marktführer Zahlreiche Bücher geben Managern Instrumente an die Hand, um Persönlichkeitsprofile ihrer Mitarbeiter zu erarbeiten. Der Stärkentrainer Frank Rebmann liefert jetzt das entsprechende Buch für Mitarbeiter, die von sich aus wissen möchten, wo ihre Talente liegen und wie sie diese zu Stärken machen. Und er bleibt dort nicht stehen: Mit dem von ihm entwickelten, wissenschaftlich fundierten und praxiserprobten Selbsttest findet man heraus, welches die eigenen Talente sind, wie man sie zu Stärken entwickelt und wie man mit diesem Wissen das Gespräch mit dem Vorgesetzten sucht und gemeinsam Möglichkeiten findet, die Stärken bestmöglich im Beruf einzusetzen. "Mit diesem Buch halten Sie den Schlüssel zu Ihren Stärken in der Hand. Es wird auch Ihr Leben bereichern und verändern!" Leo Martin, Ex-Geheimagent

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DER STÄRKEN-CODE

Die eigenen Talente entschlüsseln, anerkennen und weiterentwickeln

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Das neue Stärkenbuch vom Marktführer

Zahlreiche Bücher geben Managern Instrumente an die Hand, um Persönlichkeitsprofile ihrer Mitarbeiter zu erarbeiten. Der Stärkentrainer Frank Rebmann liefert jetzt das entsprechende Buch für Mitarbeiter, die von sich aus wissen möchten, wo ihre Talente liegen und wie sie diese zu Stärken machen. Und er bleibt dort nicht stehen: Mit dem von ihm entwickelten, wissenschaftlich fundierten und praxiserprobten Selbsttest findet man heraus, welches die eigenen Talente sind, wie man sie zu Stärken entwickelt und wie man mit diesem Wissen das Gespräch mit dem Vorgesetzten sucht und gemeinsam Möglichkeiten findet, die Stärken bestmöglich im Beruf einzusetzen.

“Mit diesem Buch halten Sie den Schlüssel zu Ihren Stärken in der Hand. Es wird auch Ihr Leben bereichern und verändern!“ Leo Martin, Ex-Geheimagent

Vita

Frank Rebmann ist als Stärkentrainer für Führungskräfte und Mitarbeiter zahlreicher Unternehmen der Industrie, Finanzdienstleistung und der IT-Branche tätig. Er berät, trainiert und schult in den Bereichen Mitarbeiterentwicklung, Veränderungsprojekte und Talent Management. Zu seinen Kunden zählen unter anderem Yves Rocher, Fresenius Kabi und Allianz.

Dieses Buch ist meinen Eltern Inge und Edi Rebmann gewidmet, die mich immer ermutigt haben, ein Leben zu führen, das meinen Stärken entspricht.

INHALT

Kapitel VorwortDer Agent in mir

Kapitel EinleitungSpot auf das Potenzial

Weiter springen

Ein Buch für Schatzfinder

Kapitel 1Was Sokrates fragte und Nietzsche verschwieg

Kein Glück ohne Talent

Am Horizont der Möglichkeiten

Nichtwissen

Fragen als Richtungsweiser

Die Entdeckung des Talents

Das Glück des Pessimisten

Vom Himmel auf Erden

Kapitel 2Eine Kopie ist nie so gut wie das Original

Das Talent als Naturgesetz

Auf fremden Wegen

Bitte keinen Stress

Die Extreme im Mittelmaß

Stärken-Map

Stärken sind Kopfsache

10 Indizien für Ihre Stärkenlinie

Kapitel 3Mythos oder eine Verbindung von Proteinen

Das kleine Geheimnis im Leben

Die Vermessung der Gene

Die Phänomenologie des Subjektiven

100 Prozent Einsatz für 12 Prozent Ergebnissteigerung

Der Drei-Sekunden-Blitz

Kapitel 4Stärken erkennen – der Selbsttest

Der rote Faden im Gewebe

Drei Sekunden Staunen

Die Big Five der Persönlichkeit

Selbsteinschätzung: Mein Stärkenprofil

Anleitung zum Stärken-Finden

Ergebnis: Mein Stärkenprofil

Auflösung

Kapitel 5Gefunden, gehalten, geschliffen

5 Phasen des Wachsens

Rendezvous mit den Stärken

Kick im Außen

Alles fließt

Die vier Stufen des Kompetenzmodells verlaufen wie folgt:

Talent trifft Stärke

Die Bandbreite zwischen Stärke und Schwäche

Mit dem Blick des Managers

Flow-Aufgaben nach dem Stärkenprofil

Kapitel 6Ein Grundrauschen von Glück

Es war einmal …

Die feine Trennlinie zwischen Talent, Stärke und Können

Meine Definition

Müde heißt nicht erschöpft

Ist Glück eine Sache von Genen?

Fragen zur Stärkenfindung

Stärkenblockade

Kapitel 7Von der Angst, die Träume im Leben nicht zu erreichen

Pyramiden besteigen

Ausreden sind wie Stoppschilder

Drei Klassiker der Saboteure

Vom Reflektieren der Dinge

Das Stolpern im Konjunktiv

Elf Jahre Wartesaal

Karriere nach Stärken

Kapitel 8Drei Sekunden Gegenwart

Durchbruch im Gleichmaß

Der Sanitäter

Auf der Bettkante

Der Wertehimmel über mir

Ein starkes Duo

Kapitel 9Zeitplanung nach Stärken

Zeit ist relativ

Von Lerchen und Eulen

Spiel mit Instrumenten

Fünf Fallen in der Zeitplanung

1. Die Perfektionismusfalle 

2. Die Aufschiebefalle 

3. Die Dringlichkeitsfalle 

4. Die Leistungskurvenfalle 

5. Die Verzettelungsfalle 

Kapitel 10Mit Schwächen umgehen

Die innere Landkarte entsteht

Raus aus dem Mangeldenken

Von Kritik und Lob

Die fünf Sorten von Schwächen

Kapitel 11Die Magie des Besonderen

Corporate Behavior und ähnliche Irrungen

Selbsterkenntnis oder: die Sinnhaftigkeit der Authentizität

In Gummistiefeln laufen

Stress mit Stärken

Kapitel 12Das Drehbuch des Lebens

Die Auflösung der Starrheit

Zwei Formeln, zwei Ergebnisse

Sie sind der Autor!

1. Kapitel: Das Sammeln von Farben oder: Als Sie die Welt entdeckten

2. Kapitel: Das Spiel aus Licht und Schatten oder: Als Ihre Wünsche Gestalt annahmen

3. Kapitel: Das Bild in der Galerie oder: Welchen Standpunkt Sie einnehmen

4. Kapitel: Den Farbeimer wieder in der Hand oder: Wie Sie Ihr Bild übermalen

5. Kapitel: Feinschliff gelungen oder: Wie Sie von Ihrer Kunst erzählen

SCHLUSSWORT

DANKSAGUNG

ANMERKUNGEN

REGISTER

Kapitel VorwortDer Agent in mir

Mein Name ist Martin, Leo Martin. Ich habe Kriminalwissenschaften studiert und war zehn Jahre lang für den deutschen Geheimdienst im Einsatz. Mein Auftrag war es, Informanten im Milieu der Organisierten Kriminalität anzuwerben und sie dazu zu bringen, mir geheime Insiderinformationen anzuvertrauen. Und ich war einer der Besten in diesem Job. Ich wurde trainiert und bis an die Zähne bewaffnet – mit den Geheimwaffen der Psychologie und der Kommunikation. Meine Menschenkenntnis war mein wichtigstes Handwerkszeug.

Während meine Kollegen regelmäßig auf Spurensuche nach Schwächen, Ängsten und Konflikten waren, die einen operativen Ansatzpunkt boten, ging ich anders vor. Ich habe mich von Anfang an auf die Stärken meiner Zielpersonen konzentriert, denn diese sind der eigentliche Zugangscode zum Gegenüber.

Frank Rebmann ist der Experte auf diesem Gebiet. Er war auch mein »Stärken-Scout«. Er hat mir gezeigt, wo meine Stärken liegen: Ich bin ein echter Krisenmanager und Verbindlichkeit ist meine Mission. Frank war das schon lange vor mir klar. Diese Stärken setze ich heute sehr bewusst ein – beruflich und privat.

Immer dann, wenn Druck aufkommt und andere den Überblick verlieren, gelingt es mir, das Ziel weiter zu verfolgen, schnelle, pragmatische Entscheidungen zu treffen und trotzdem das Vertrauen der Menschen um mich herum zu behalten.

Mit diesem Buch halten Sie den Schlüssel zu Ihren Stärken in der Hand. Und zu denen Ihrer Mitarbeiter, Kunden, Kinder oder Ihres Partners. Es wird auch Ihr Leben bereichern und verändern. Sie werden sich selbst und andere zu Höchstleistungen motivieren – genau dort, wo es Sinn und Spaß macht. Wenn man andere Menschen für sich und seine Ziele gewinnen will, gilt: »Man muss Menschen rühren, nicht schütteln!«

Leo Martin, Ex-Geheimagent

Kapitel EinleitungSpot auf das Potenzial

Haben Sie das Gefühl, da geht noch mehr in Ihrem Leben, in Ihrer Karriere, in Ihrem ganzen Wirken und Tun? Denken Sie, da schlummert noch etwas in Ihnen, ein ungenutztes, vielleicht unentdecktes Potenzial? Dann sind Sie mit diesem Gefühl nicht alleine.

Kaum ein anderes Thema treibt Politik und Wirtschaft, ja ganze Nationen in gleicher Weise um. Sie alle sind auf der Suche nach dem Potenzial im Menschen, denn es ist die Grundlage für jedwede Leistungskraft. An der Summe der eingebrachten Potenziale lässt sich ein Bruttonationalprodukt messen. Damit klettert ein Unternehmen in die erste Branchenliga. Kurzum: Wachstum entsteht dann, wenn Menschen ihr Bestes geben – und das sind ihre Stärken. Diese Botschaft ist auch im Management angekommen. Spätestens seit der StrengthsFinder des amerikanischen Gallup-Instituts auch hierzulande Berühmtheit erlangte, machen sich die Manager auf, nach probaten Methoden zu suchen, um die Stärken ihrer Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg zu nutzen.

Als Philosoph und Stärkentrainer schrecke ich an dieser Stelle zurück. Zwar ist es richtig, dass sich der Blick endlich von den Schwächen der Mitarbeiter1 abwendet. Ein Buchhalter wird nicht mehr mit Kreativitätsseminaren, ein Analytiker nicht mit Rhetorikkursen gequält. Ein begnadeter Redner darf Meetings gestalten und ein anderer, dem die Atmosphäre im Team am Herzen liegt, wird mit Kusshand um Kaffee, Kuchen und Konfliktlösung gebeten. Das alles sind Meilensteine in einer sinnvollen Mitarbeiterentwicklung. Wir sind auf einem guten Weg. Wir geraten ganz langsam auf jene Ebenen, die der Managementexperte Peter Drucker zeit seines Lebens von den Führungskräften einforderte, nämlich die Vielfalt der Mitarbeiter zu beachten und ihre Stärken in die Unternehmensgestaltung einfließen zu lassen. Ein wunderbares Ansinnen! Die Crux ist nur: Die Manager gehen die Sache zu pragmatisch an. Sie suchen in bewährter Manier nach Standards – und landen bei einem Kompetenzmodell – und schon geht das Kategorisieren nach Begriffen los. Nach einer Phase des Beobachtens ist der Mitarbeiter einsortiert: Welche Kompetenzen sind bei ihm stark ausgebildet? Wo liegen seine Defizite? Welche Kompetenzen muss er weiterentwickeln? Damit steht schwarz auf weiß fest, wie ein Mitarbeiter tickt, wo sein Wissen und seine Fähigkeiten liegen – denken die Manager. Sie sammeln Daten und gewinnen aus diesen Daten ihre Informationen, um folglich munter drauflos zu fördern. Ich aber wehre mich, wenn Fähigkeiten in Daten verwandelt werden, um sie messbar, skalierbar, nutzbar im Sinne eines Unternehmenserfolgs zu machen. Dann verkommen die Fähigkeiten zu einem Modul in der Strategie, zu einem Hebel für das Steigern von Kennzahlen. Das ist zu kurz gesprungen.

Weiter springen

Vordergründig scheint das Fördern von Mitarbeiterstärken lobenswert. Bei genauer Betrachtung aber ist das nur der kleinste gemeinsame Nenner aller Fakten: Der Manager nutzt die Stärken der Mitarbeiter mit dem Ziel, den Unternehmenserfolg höherzuschrauben und der Mitarbeiter darf zumindest an der Oberfläche seines Potenzials kratzen. Aber wie gesagt, es ist der kleinste gemeinsame Nenner und der wirkt ähnlich wie ein Kompromiss – niemand ist wirklich glücklich. Man versucht, das Klima lauwarm zu halten und komplexe Aufgaben effizient zu lösen. Dann gibt es ein Lob, einen Händedruck, vielleicht einen Bonus. So mag sich mancher Manager an eine reziproke Regel erinnern, die besagt: »Wenn ich meine Mitarbeiter wertschätze, dann wertschätzen sie auch mich und meine Ziele.« Richtig, aber bitte denken Sie weiter. Ein gutes Klima kann frostig und Engagement kann verweigert werden, wenn ein kleines, aber entscheidendes Bausteinchen im System fehlt: die Begeisterung. Sie alleine ist ein Garant dafür, dass ein Team zur Mannschaft wird. Dazu gibt es ein einfaches, aber mutiges Rezept. Sobald Mitarbeiter selbst nach ihren Stärken fahnden und ihre Aufgaben selbst wählen dürfen, sobald sie über die Unternehmensgrenzen hinaus zufrieden und glücklich sind, wird sich diese Begeisterung einstellen. Deshalb spreche ich mit meinem Buch in erster Linie die Mitarbeiter selbst an, und es wäre wunderbar, würden Manager meinem Impuls ebenso folgen, den ich mit diesem Buch setze. Er lautet:

Merksatz

Stärken stärken ist keine Chefsache!

Jeder Mensch ist selbst verantwortlich dafür, was er mit seinen Stärken macht – ob er sie anerkennt, feinschleift, zu seinem Elixier erklärt. Es ist die höchstpersönliche, einzig relevante Herausforderung jedes einzelnen Menschen in seinem Leben.

Bei dieser Herausforderung will ich Sie begleiten.

Ein Buch für Schatzfinder

Begeben Sie sich auf Ihre Stärkensuche, springen Sie weit, weit über den Unternehmenserfolg hinaus – denn er ist nur ein Teil Ihres Seins. Der größere Teil liegt in Ihrem Alltag verborgen. Leider stürmen wir durch diesen oftmals ohne Aufmerksamkeit für das, was uns wirklich wichtig ist, hindurch. Dabei kommt die Stille abhanden, die Sie zur inneren Quelle führt.

Verharren Sie deshalb ein wenig in der Denkerpose und holen Sie sich die Momente ins Gedächtnis, in denen Sie Glück verspürten, in denen Sie aufblühten. Halten Sie diese Momente fest. Sie sind ein Hinweis auf Ihre Stärken. Ich glaube, dass wir uns in diesem modernen, schnellen Zeittakt, in dem Aufgaben und Ansprüche exponentiell steigen, hin und wieder auf eine innere Insel begeben sollten. Wir brauchen Zeit, um die Frage nach dem Lebenssinn immer wieder zu interpretieren. Diese Frage ist übrigens sehr alt. Sie wurde in überlieferter Weise erstmals von den großen Philosophen der Antike gestellt. Ich greife sie auf und lade Sie in meinem ersten Kapitel zu einem Streifzug durch die vergangenen 2000 Jahre ein. Dass Sie wertvolle Denkanstöße erhalten, vielleicht sogar Ankersätze finden, die Ihnen bei Ihrer Stärkenfindung hilfreich sein werden, davon bin ich überzeugt. Denn Stärken finden ist in zweiter Linie ein empirisches, in erster Linie ein philosophisches Thema. Es bleibt individuell gefärbt durch die wunderbaren Gaben, die Ihnen mit der Geburt geschenkt wurden, die Sie im besten Falle in Ihrem kulturellen und sozialen Umfeld erkennen und trainieren durften. Und damit komme ich zu einem bedeutsamen Teil meiner These über die Stärkenforschung: Stärken verschwinden nicht!

Sollten Sie bislang in Ihrem Leben wenig Wohlwollen genossen haben, um Ihre Talente zu entdecken, dann ist das für Ihre Schatzsuche irrelevant, denn Talente sind wie ein Fingerprint – ein unabänderliches Merkmal Ihrer Persönlichkeit. Wer sie entdeckt, ist immer fasziniert. Er will sie nie wieder verlieren

Mit dem Entdecken Ihrer Stärken erleben Sie möglicherweise zum ersten Mal, was Lebenszufriedenheit bedeutet. Vielleicht hegen Sie sogar den Wunsch, beruflich und privat etwas zu verändern. Vielleicht werden Ihre Mitmenschen über Ihre Kraft und Zuversicht staunen. Vielleicht werden Sie alte Ziele links liegen lassen und völlig neue Wege gehen. Fest jedoch steht: Sie wollen Ihr neues Selbstverständnis nicht mehr aus der Hand geben, weil Sie ahnen: Ihre Stärken lassen sich nicht durch andere managen. Niemand kann Ihnen diktieren, was Sie wirklich wollen, können, anstreben. Denn Ihre Stärken sind der individuelle Stoff aus Wissen, Erfahrung, Vorstellungskraft. Am Ende des Buches werden Sie diesen Stoff zu einem persönlichen Stärkenhorizont aufspannen.

Ich hoffe, Sie werden Ihre Gedanken um die Karriere für die Lesedauer meines Buches zur Seite schieben. Ihre Karriere ist zweitrangig, weil sie sich sowieso steigern wird, wenn Sie Ihre Stärken finden. Allerdings, und das sei ein kleine Warnung vorweg, wird Ihnen der Selbstzweifel in die Quere kommen. Diesen unliebsamen Kameraden füttern wir seit Kindertagen in uns. Er wurde genährt durch das Defizitdenken in der Schule, durch Glaubenssätze der Eltern, durch viele kleine Stolpersteine im Alltag.

Oftmals genügt ein Gedanke, um eine Stärke anzuerkennen – oder um im Jammern über Schwächen hängenzubleiben. Stellen Sie sich vor, ein Kollege sagt zu Ihnen: »Ich schätze Ihre Durchsetzungsfähigkeit.« Ein Geschenk. Leider aber nehmen die wenigsten es an, um es auszupacken und fortan weiterzuentwickeln. Sie geben es zurück mit den Worten: »Ach, das ist nicht der Rede wert. Dafür falle ich anderen häufig ins Wort oder schieße sogar über das Ziel hinaus.« Ich finde es beachtlich, wie häufig Menschen mit einer Handbewegung in der Luft ihre Stärken wegwischen und stattdessen ihre Schwächen hervorkehren. Fast mutet es an, als würden Menschen sich nicht trauen, den Lichtkegel auf ihr eigenes Potenzial zu richten.

Genau hier, am Selbstzweifel, an den inneren Barrieren, die sich im Laufe des Lebens vor dem eigenen Potenzial auftürmen, beginnt mein Buch und wird Sie über die nächsten Seiten zu meinem Stärkentest führen. Sie finden ihn im vierten Kapitel. Er beruht auf einem wissenschaftlichen Verfahren, um Ihre Stärken in einer fassbaren Konsistenz zu formulieren. Das heißt: In diesem Test werden wir die Schwächen nicht berücksichtigen, sondern eine tragfeste Grundlage erarbeiten, auf der Sie Ihre Stärken erkennen, anerkennen und schleifen können. Sie werden zudem auf den nächsten rund 200 Seiten eine innere Landschaft betreten, an der Sie seit Ihrer Geburt bauen. Oftmals vergessen wir, dass wir die Architekten sind, dass wir die Gärten oder Gräben anlegen, dass wir selbst zum Blühen bringen können, was sich in uns verbirgt. Dabei will ich nicht verschweigen, dass Ihnen das Durchwandern dieser inneren Landschaft eine gehörige Portion Schweiß abverlangen wird. Stärken zu trainieren, erfordert Disziplin. Mit dem feinen Unterschied: Es ist kein Drill, sondern pure Freude.

Als Fabian Hambüchen bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 seine lange und eindrucksvolle Turnerkarriere beendete, hatte er ein Ziel: die Goldmedaille an seinem Paradegerät, dem Reck. Dieses Gold sollte wie ein Symbol für viele Jahre Entbehrung, Schmerz und Kampfesgeist stehen. Wie kaum ein anderer Turner, da war sich die Fachwelt einig, hätte er diese Krönung seiner Laufbahn verdient. Und doch war er nur einen Handgriff vom Scheitern entfernt, eine Hundertstelsekunde der Unkonzentriertheit konnte ihn zum Stürzen bringen. Vielleicht wäre das geschehen, wäre es Hambüchens Motivation gewesen, die Ansprüche der anderen zu erfüllen. Dann hätte er sich im Außen bewegt. Er hätte seine Schrauben und Salti an der 2,60 Meter hohen Stange für den Applaus und für beeindruckende Bilder in der Weltpresse gedreht – und seine Leichtigkeit getrübt. Er tat das zum Glück nicht. Dieser Ausnahmeturner ließ nur einen einzigen Gedanken in seine Zellen sickern, indem er sich sagte, dass er diese letzte Kür auf internationalem Parkett nur für sich turnen würde. Nicht für den Trainer. Nicht für die Zuschauer. Nicht für die Nation. Nur für sich und für einen bedeutsamen Moment in seinem Leben. Damit erstickte er den Zweifel. Und gewann Gold. »Es ist die Erfüllung eines Traums. Ich bin einfach nur sprachlos«, rief er bewegt in die Kamera. Ein einziger Gedanke kann den Code der Stärken knacken und den Blick auf die innere Landschaft freigeben.

Damit komme ich auf meine Anfangsfrage zurück: Sie haben das Gefühl, da geht noch mehr? Da gibt es im Leben, im Business, im ganzen Spektrum Ihres Wirkens ein ungenutztes, vielleicht unentdecktes Potenzial? Finden wir es gemeinsam heraus. Nehmen Sie sich Zeit für dieses Buch. Es verlangt nach Phasen der Reflexion und vor allem nach absoluter Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Zu oft spielt uns die Fantasie einen Streich, indem wir mehr erwarten, als wir geben können. Bleiben Sie realistisch – und vergessen Sie den liebevollen Blick auf Ihre Schwächen nicht. Auch die gehören zu Ihrer Persönlichkeit.

Und noch eines ist mir wichtig zu sagen: Lassen Sie das Staunen zu.

Es verblüfft mich auch nach 25 Jahren, die ich mich mit diesem Thema befasse, wie Menschen sich just in dem Moment verändern, in dem sie ihre Stärken entdecken: Die Haut wird rosig, die Augen glänzen, die Stimme wird weich. Es ist, als würde ein Licht angeknipst und als seien sie bei sich angekommen. Sie staunen.

Goethe dichtete dazu:

»Freudig war vor vielen Jahren

Eifrig so der Geist bestrebt,

Zu erforschen, zu erfahren,

Wie Natur im Schaffen lebt.

Und es ist das ewig Eine,

Das sich vielfach offenbart;

Klein das Große, groß das Kleine,

Alles nach der eignen Art.

Immer wechselnd, fest sich haltend,

Nah und fern und fern und nah;

So gestaltend, umgestaltend –

Zum Erstaunen bin ich da.«2

Fangen wir an.

Ihr

Frank Rebmann

Kapitel 1Was Sokrates fragte und Nietzsche verschwieg

Die Suche nach Talent ist gerade en vogue. Ich nehme an, auch Sie folgen diesem Trend; auch Sie vermuten eine außergewöhnliche Spur in Ihrer Persönlichkeit. Mit dieser Annahme liegen Sie goldrichtig. Jeder Mensch ist mit mindestens einer besten Gabe gesegnet und es ist sein Auftrag, diese zu finden und zu pflegen. Das mag zuweilen unbequem sein und Ihnen eine Menge an Energie und Eigensinn abverlangen. Sie werden vielleicht sogar auf den Widerstand Ihres Partners, Ihrer Kollegen, Ihres Chefs stoßen, wenn Sie sich auf die innere Forschungsreise hin zu Ihrem Potenzial begeben. Sie werden sich Angriffen gegenübersehen, weil diese Reise immer mit einer Veränderung im Leben einhergeht. Das mag Ihr Umfeld irritieren. Aber am Ende, das verspreche ich Ihnen, werden Sie mit einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein belohnt. Deshalb will ich Sie in diesem ersten Kapitel ermutigen, sich nicht nach der Meinung der anderen zu richten – weder privat, noch beruflich. Wehren Sie sich, wenn andere Ihnen Eigenschaften zusprechen, die sich für Sie fremd anfühlen.

Personalentwickler in Unternehmen neigen dazu, die Mitarbeiter in Kategorien zu stecken. Dann drückt man den Mitarbeitern nach wenigen standardisierten Testfragen vorschnell einen Stempel auf: kreativ, zielorientiert, teamfähig, buchhalterisch genau. Und nach diesen Merkmalen werden die Aufgaben verteilt. Ein Dilemma. Denn diese Mitarbeiter sausen täglich auf einer fremdbestimmten Spur entlang – und verlieren den Blick für die kleinen feinen Abbiegungen, für die Überraschungen jenseits der nächsten Kurve. Ich hoffe, Sie tappen nicht in diese Falle und bleiben sensibel für ein Unbehagen, das sich immer dann einstellt, wenn Aufgaben nicht punktgenau zum Potenzial passen. Spätestens dann sollten Sie zum Suchenden werden. Wie gesagt, damit sind Sie nicht alleine.

Google nennt rund 590 000 000 Seiten, auf denen Sie lesen können, woraus Ihr Talent besteht und wie Sie sich ihm nähern. Gefühlte 50 000 Bücher umkreisen zudem wortreich das Thema, geschrieben von Wissenschaftlern, Politikern, Unternehmern. Sie alle verbinden das Finden des Talents mit einem Zustand von Glück. Sie können vergleichen, in welchen Ländern die Menschen am meisten lächeln, wo die höchste Quote an Gesundheit, Bildung und Reichtum herrscht, denn das sind die anerkannten Glücksfaktoren im Leben. Diese Einsicht ist nicht neu. Bereits Aristoteles wusste: »Wo sich deine Talente mit den Bedürfnissen der Welt kreuzen, dort liegt deine Berufung.« Es gilt also, diese Kreuzung auf Ihrer inneren Landkarte zu finden. Deshalb besteht für mich die Entdeckung des Talents aus zwei Schritten, deren Reihenfolge unbedingt eingehalten werden sollte:

an erster Stelle steht die Selbsterkenntnis,

an zweiter Stelle folgt ein wissenschaftlich fundierter Test.

Kein Glück ohne Talent

Als die ARD vor wenigen Jahren Tausende Menschen nach Glück befragte, gaben manche an, sie wären schon längst auf dem Weg zum Ziel. Andere verfielen in eine träumerische Haltung, so als seien die Sternstunden im Leben noch weit entfernt. Die Antworten waren so vielschichtig wie die Menschen, die versuchten, ihre eigene Vorstellung von Glück auszudrücken. Das faszinierte mich. Dabei hatte die Antwort der Tagesschausprecherin Linda Zervakis mich besonders berührt: »Ich komme aus einer Familie ohne großartige Beziehungen, ohne ein Umfeld, bei dem man dachte: Aus der wird garantiert noch mal irgendwas ganz Großes; ganz im Gegenteil. Es ist ein riesiges Glück, meinen Job machen zu dürfen. Ich muss mich ja selber immer noch mal kneifen, wenn ich um 20:00 Uhr zur ›Tagesschau‹ begrüße. Ich habe nicht getrickst, bin einfach meinen Weg gegangen. Und habe mich zwischendurch vielleicht manchmal Sachen getraut, die sich nicht jeder getraut hat.« Sich im Job kneifen zu müssen, um ganz sicher zu sein, dass man nicht träumt, ist wohl das schönste Kompliment für sich selbst und für den Arbeitgeber. Mehr noch: In diesem Falle wird das Glück zu einem Grundrauschen und ich muss kein Hellseher sein, um festzustellen: Diese Sprecherin trainiert ihr Talent täglich, verfeinert es mit Fleiß und Disziplin, bis daraus eine verlässliche Stärke wird. Das mag ihr oftmals Kraft abverlangen, aber es wird sie niemals erschöpfen, denn sie arbeitet wie ein Architekt an ihrer inneren Landkarte. Sie fügt mit jedem gelebten Tag mehr Wissen und Emotionen hinzu.

Menschen, die ihr Talent als Glück begreifen, handeln selbstbestimmt und haben zuweilen einen langen Atem. Sie meiden schnelle Erfolge und sehnen sich eher nach der Langsamkeit des Seins, weil sie darin den Wert der Beständigkeit erkennen. Und noch eines zeichnet sie aus: Sie bleiben kritisch und verlieren nicht ihre Fähigkeit, Entwicklungen zu hinterfragen. Deshalb können sie wenig mit den Allgemeinplätzen in den zahlreichen Ratgebern oder Websites zum Thema Talent anfangen, die lauten: »Sorge dich nicht, lebe!«, »Lächle dich glücklich!«, »Kämpfe für deine Ziele!«, »Steh’ einmal mehr auf, als du gefallen bist!« Das sind für sie nette Worte ohne Nutzen. Ein Talent zu finden, bedarf keiner Poesiealbumsprüche, sondern es setzt den Willen zu konsequenter Arbeit und zu individuellem Wirken voraus. Wenn Sie dazu bereit sind, dann kann es sein, dass Sie Ihr Talent aus den tiefen Regionen Ihres Gehirns hervorlocken – und in diesem Moment werden Sie sich als einzigartig erleben.

Am Horizont der Möglichkeiten

Die Muster eines Talents sind solitär. Keines wird sich jemals auf dieser Welt wiederholen. Zwar können Experten diese Muster in groben Zügen in Daten erfassen. Mit wenigen Fragen lässt sich herausfinden, ob Sie empathisch, analytisch, bindungsfähig, unternehmensstark, wissbegierig, musikalisch sind, ob Sie sprachbegabt oder zahlenaffin sind, ob sie kinästhetisch, visuell oder auditiv sind, aber das alles sind nur halbe Wahrheiten. Solche Merkmale sind nicht mehr als die sichtbaren Eckpfeiler Ihres Temperaments. Dazwischen aber eröffnen sich Horizonte von Möglichkeiten, gespickt wie die Milchstraße mit Sternen. So viele Nervenzellen gibt es in Ihrem Gehirn und jede dieser Zellen kann sich mit anderen verbinden und zu einer inneren Landkarte fügen. Kein Datensammelprogramm wird das je durchdringen, nichts kann Sie von außen durch diese Vielfalt navigieren. Das können nur Sie selbst, indem Sie sich aufmerksam beobachten, ob Ihnen eine Tätigkeit Freude macht, ob Sie den Reiz in sich spüren, diese Freude weiterzuentwickeln – auch gegen die Bedenken der anderen. Dann werden Sie irgendwann glühen für dieses Talent – und es mit großer Energie zur Stärke machen. So wie die Nachrichtensprecherin Linda Zervakis, die an ihrem Traum festhielt und ihn unbeirrt von scheinbar fehlenden Chancen verwirklichte. Oder wie der Olympiasieger Fabian Hambüchen. Bis er seine dreifach gedrehte Schraube vom Reck sicher beherrschte, waren Jahre des Übens nötig, waren Verletzungen wahrscheinlich. 2016 hätte Hambüchen sie sogar am Ast eines Baumes turnen können, denn sie war eine seiner trainierten Stärken. Um dauerhafte, außergewöhnliche Leistungen zu vollbringen, bedarf es dieser Ausdauer, die sich immer einstellt, wenn Sie sich auf der Spur Ihrer Stärken befinden.

Deshalb will ich auf den nächsten Seiten Ihr Augenmerk auf die Selbstbeobachtung lenken. Ich will mit Ihnen herausfinden, bei welcher Vorstellung sich Ihre Herzfrequenz erhöht, so als würde Adrenalin durch die Adern strömen und Ihnen einen Kick zur Leistung versetzen. Das Entdecken einer Stärke fühlt sich ähnlich aufregend an – wie Doping für Ihre Seele. Das ist der Grund, warum eine Stärke, einmal begriffen, nicht mehr aus Ihren Gedanken verschwindet, warum sie ähnlich wirkt wie eine Sucht: Sie wollen mehr und mehr vom Gleichen.

Lassen Sie also Ihre Gedanken fliegen. In der Fantasie dürfen Sie sich über Konventionen hinwegsetzen, dürfen alle Zeit und Grenzen überwinden. Dazu forderten bereits vor über 2 000 Jahren die Denker der Antike auf, und diese Idee, durch die Fantasie das Lebensdrehbuch umzuschreiben, ist bis heute ein probates Instrument in der Talentforschung geblieben. Verweilen wir also bei diesen Denkern, denn Sie haben uns durchaus Überraschendes hinterlassen. Und sie haben uns gezeigt, dass es zum Finden des Talents keiner Algorithmen bedarf.

Nichtwissen

Meist standen die Denker der Antike auf Marktplätzen oder vor Tempeln, suchten die Nähe zu den Menschen. Das Studieren in Schriftzimmern lag ihnen fern, sie wollten reden, gestikulieren und umgeben sein von Zuhörern. Ihnen ging es nicht darum, ein Maß für Zufriedenheit zu entwerfen, um ihren Forschungen eine Basis zu geben. Was sie umtrieb, war der Zweifel. Der Zweifel darüber, ob zum Beispiel die Verhältnisse im Land jedem Bewohner ein selbstbestimmtes Leben garantieren können. Sie luden ihre Zuhörer zu einem Frage-und-Antwort-Spiel ein, lockten sie zumindest für eine Stunde in die Sphären der Fantasie. Denn so lange dauerte es meist, bis die Soldaten die Runde zerschlugen. Diese befürchteten, dass derartige Gedanken die Menschen aufwühlen, sie gar zu Ungehorsam verleiten könnten. Das war nicht abwegig, denn die Philosophen sprachen unverblümt die Missstände in Gesetz und Glauben an und suchten nach Auswegen aus mancher Drangsal. »Seid ihr zufrieden?«, fragten sie. »Wenn nicht, dann müsst ihr etwas ändern.« Zufriedenheit war für die Philosophen ein begehrenswerter Zustand und nach ihrer Idee sollte er zementiert werden im Alltag. Und bevor die Soldaten ihre Schwerter zückten, riefen die Denker noch einmal in die Zuhörerschar hinein: »Denkt einmal darüber nach, was wäre, würde es keine Begrenzung durch den Staat geben, keinen Zorn der Götter. Stellt euch vor, es würde keine Leiden durch Armut und Krankheit geben, wie würdet ihr leben?« Die Menge raunte: »Was meinst du damit? Wir wissen nicht, was wir wirklich wollen. Und würden wir es versuchen herauszufinden, dann wären wir Abtrünnige. Schlimmstenfalls würde uns der Tod drohen. Die Götter bestimmen, wie wir leben. Der König befiehlt, wie wir arbeiten sollen.« Der Philosoph aber antwortete, dass niemand, selbst die Götter und die Könige, das Recht dazu hätte, ein Leben für andere zu entwerfen, es zu begrenzen durch das Verbot, eigenständig zu denken. »Dann werdet ihr euch niemals selbst erkennen. Ihr werdet immer nur Marionetten sein am Band der anderen. Ihr werdet schwächer mit jedem Tag, wenn ihr es nicht wagt, über euch selbst nachzudenken. Werdet niemals müde, euch Fragen über den Sinn eures Tuns zu stellen. Das ist eure Aufgabe. Das ist das, was die Götter von euch erwarten. Erinnert euch an die Inschrift über dem Portal des Tempels von Delphi. Dort steht ›Gnothí Seautón‹ – ›Erkenne dich selbst‹«. So oder so ähnlich klangen die Dialoge.

So mancher antike Denker redete sich um Kopf und Kragen, aber sie brannten für ihre Thesen vom Freigeist und das Staunen der Menschen war ihnen Applaus genug. Denn sie wussten, dass niemand unberührt von ihren Worten nach Hause ging. Wer einmal – und sei es nur im Geiste – am Wert der Freiheit schnupperte, würde den Samen zur Zufriedenheit säen. Davon war besonders Sokrates, der Rebell unter den antiken Philosophen, überzeugt. Manche mögen ihn für zynisch gehalten haben, andere für genial. Als Nihilist seiner Zeit zwängte er sich in kein Schema. Seine Rhetorik bestand einzig aus dem Zweifel. Das brachte ihm Weltruhm ein. Denn Sokrates ersann den vielleicht stärksten Satz, den je ein Philosoph formulierte. Bis heute nutzen ihn Studenten in den Hörsälen, wenn sie versuchen, den Sinn des Lebens zu beschreiben. Dann zitieren sie den bärtigen Mann aus Athen, der als Gründer der Gesellschaftskritik, als Provokateur gegenüber Obrigkeiten galt. Von den Schülern Platons sind seine eklatanten Marktgespräche überliefert worden. Vor allem jener Satz findet sich immer wieder auf den Seiten, der die athenische Polis erzürnte und für den Sokrates mit 70 Jahren den Gifttod starb: »Ich weiß, dass ich nicht weiß.« Als er im Gerichtssaal seinen Anklägern gegenübertrat, provozierte er sie mit diesen Worten – und griff nach dem Schierlingsbecher.

Auf der einen Seite mag Sokrates den Satz ausgesprochen haben, um die Begrenztheit der Menschen gegenüber den Göttern auszudrücken, so jedenfalls wird er aus heutiger Sicht oft interpretiert. Auf der anderen Seite aber führt uns dieser Satz mitten in die Thematik des Talents. Denn für Sokrates führte das Wertschätzen der eigenen Tugenden, das ständige Annähern an die eigenen Gaben zu einem hohen Grad an Zufriedenheit. Der Philologe Dr. Wolfgang Thorwart schreibt dazu in seinen Untersuchungen:

»Mit dem griechischen Wort ›Areté‹, das im Deutschen meist mit ›Tugend‹ wiedergegeben wird, wird nun im eigentlichen Wortsinne die ›höchste Qualität von etwas‹ bezeichnet: vom Auge die Sehschärfe, vom Pferd die Schnelligkeit, vom Messer die Schärfe der Schneide […]. Die Areté, die ›Bestheit‹ des Menschen, umfasst nun nicht nur einzelne Tugenden wie Tapferkeit oder Gerechtigkeit, sondern sie beschreibt eine umfassende Bestheit, in der alle menschlichen Anlagen und Bestimmungen in bestmöglichster Weise enthalten sind.

Sokrates fragt also nach der umfassenden menschlichen Bestheit und einem von dieser Bestheit bestimmten guten und vernünftigen Leben. Sein Gebiet ist damit das der praktischen Philosophie (im antiken Sinne), der Ethik im modernen Sinne.«3

Nur wer sich selbst hinterfragt, wer sich traut, als Nichtwissender zu handeln, der wird außergewöhnliche Lösungen im Alltag finden. Diese Vorstellung fanden übrigens auch andere Denker attraktiv. Dazu später mehr, denn an dieser Stelle will ich das Nichtwissen wirken lassen und es Ihnen als Möglichkeit empfehlen, Ihr Talent zu entdecken.

Setzen Sie sich in einen bequemen Sessel, schließen Sie die Augen und spulen Sie die vergangenen sieben Tage noch einmal gedanklich ab. Sortieren Sie vor Ihrem geistigen Auge die langweilen Pflichtaufgaben aus. Sie interessieren uns nicht, denn sie bieten Ihnen keine Überraschung und schon gar keine Zufriedenheit. Aufgaben nach Standard langweilen mit der Zeit und ermüden die Fantasie. Deshalb versuchen Sie, die kleinen überraschenden Momente zu finden, solche, die wir im Stress leider oft ignorieren. Suchen Sie nach den guten Gefühlen, die sich dann einstellen, wenn Sie entlang Ihrer Stärken arbeiten. Trauen Sie sich zu, sich vorzustellen, was bislang für Sie in der Wirklichkeit unerreichbar schien.

Wann haben Sie sich in eine Tätigkeit oder in eine Situation geradezu verhakt, weil Sie diese liebten und weil Sie ein gutes Gefühl von Erfolg empfanden?

Wann waren Situationen und Tätigkeiten getragen von hellen Emotionen wie Freude, Überraschung, Staunen oder Stolz?

Wann haben Sie die Zeit während Ihrer Arbeit vergessen?

Wann fühlten Sie jene Beschwingtheit in sich, die ein Indiz für gute Leistung ist?

Wann sahen Sie in den Augen der anderen einen Blitz der Bewunderung?

Wann haben Sie sich aus Ihrer Komfortzone herausgewagt, sind trotz Herzklopfen weitergangen und haben sich aus Lust und Neugierde auf etwas Neues eingelassen?

Wann hatten Sie das Gefühl: Da geht noch mehr?

Wo könnte Ihre »Bestheit« liegen, fernab von Ihren täglichen Verpflichtungen?

Bezweifeln Sie, was Sie tun und Sie finden augenblicklich bessere Alternativen! Hinterfragen Sie vor Ihrem geistigen Auge Ihren Chef, Ihre Kollegen, das ganze Unternehmen.

Mitarbeiter, die unbequem sind, sind die besseren Mitarbeiter, weil sie Ideen entwickeln statt Prozesse nur abzunicken. Weil sie selbstbewusst sind. Weil sie Visionen in sich tragen. Weil sie bereit sind zu gehen, wenn ihnen Aufgaben nicht passen und Ziele für sie nicht stimmig sind. Weil sie nicht am Arbeitsplatz kleben. Weil sie Suchende sind im Meer der Möglichkeiten. Was wäre, wenn Sie sich heute Ihre Tätigkeitsbeschreibung im Business selbst formulieren könnten? Wie würde es sich anfühlen, wenn Sie fernab von Richtlinien, Einschränkungen, Regeln, Restriktionen, Eitelkeiten und Geldnöten denken und handeln könnten? In welchen Gedanken würden Sie sich am liebsten einwickeln, weil der Atem gleichmäßig wird, sich die Muskeln entspannen und Sie zufrieden sind? Genau in diesem Moment verlassen Sie den Trampelpfad des Alltäglichen und damit das Mittelmaß. Sie fragen sich, ob es in Ihnen noch etwas gibt, das Sie nicht kennen. Sie haben plötzlich den Mut, das Potenzial rechts und links Ihrer bisherigen Verhaltens- und Wissensmuster zu suchen. Nur durch empathische, wundersame, zielorientierte, zirkulierende, polarisierende, inspirierende, kritische Fragen können Sie die versteckten Wege der inneren Landkarte freilegen. Auf die Stärkenforschung übersetzt bedeutet der sokratische Satz: »Erkenne deine Stärken immer wieder auf neuen und anderen Wegen. Bleibe neugierig auf dich selbst.«

Fragen als Richtungsweiser

Ob Sie zufrieden sind mit Ihrem Beruf, Ihrem Alltag, in Ihrer Ehe und in Freundschaften, ob Sie morgens mit einem Lächeln im Gesicht aufstehen, weil genau jene Aufgaben auf Sie warten, die Sie lieben, das hängt von den Fragen ab, die Sie sich stellen. Ich glaube, viele Menschen hören zu früh auf zu fragen. Sie nehmen vorgefertigte Antworten als eigene Wahrheit an. Sie bauen Fassaden. Mit einer Berufsbezeichnung, die sich gut liest auf den Visitenkarten, mit Status- und Machtsymbolen, die landläufig als Karrierefaktoren gelten. Sie wohnen in einem Haus, das die Bank für profitabel hielt und mitfinanziert. Sie hängen sich Kunst an die Wände, weil sie zum Interieur passt. Sie fahren ein Auto, das die Höhe des Gehalts spiegelt. Sie bewegen sich rund um die Uhr in einem Zeittakt, den andere vorgeben, hoffend, dieser Takt könnte sie im Leben ein Stück weiter nach vorne bringen. So schichten sie Stein auf Stein und freuen sich über Worte wie: »Du bist weit gekommen.« Dann nicken sie mit vermeintlicher Zufriedenheit und fragen sich insgeheim »What’s next?« und bauen weiter an der Fassade – bis sie selbst dahinter verschwinden, bis die Steine die eigene innere Ausstrahlung überragen. Dann sind sie angekommen in der Nikomachischen Ethik von Aristoteles, in der alles Handeln auf ein Ziel ausgerichtet ist: auf die Vermehrung von Glück. Nur vergessen sie über dem Sammeln der Steine eines: Glück ist kein Statussymbol und nie eine Fassade.