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Ernst Arendt war von seiner frühen Jugend schon vogelkundlich begeistert und aktiv. Schon als Schüler im Gymnasium machte er die vom Biologielehrer organisierten ornithologischen Exkursionen mit. Seine Vorbilder waren der schwedische Vogelforscher Bengt Berg und der bekannte deutsche Tierfilmer und Zoologe Eugen Schuhmacher. Noch bevor er seine Ausbildung zum Präparator abgeschlossen hatte, machte er schon mit 18 Jahren seinen 1. Film über die Moschusochsen im Dovrefjell in Norwegen. Bekannt wurde er durch die Filmreihe „Tiere vor der Kamera“, die er zusammen mit dem Filmer Hans Schweiger über das Bayerische Fernsehen 42 Jahre lang ausstrahlen ließ. Die Qualität dieser Filme wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet.
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Seitenzahl: 51
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Im Tal der Moschusochsen
Ich kannte Ernst Arendt schon von früher Jugend an, denn er war der Schulkamerad und Freund meines fünf Jahre jüngeren Bruders.
Was mir auffiel, war sein sehr frühes Erkennen seiner beruflichen Zukunft. Schon als junger Schüler auf dem Gymnasium ging er mit seinem Biologielehrer sonntags in aller Herrgottsfrühe an den Fluss Eder, um Vögel zu beobachten und zu beringen.
Die anderen Teilnehmer dieser Aktion waren Schüler in den weitaus höheren Klassen. Seine Welt war die Ornithologie, um das geheimnisvolle Leben der Vögel zu erforschen.
Von den Genen her hatte er sicher gute Voraussetzungen, denn sein Vater war Bergsteiger und Globetrotter, seine Mutter eine passionierte Malerin. Die Leidenschaft zur unberührten Natur und deren Tierwelt war bei ihm früh zu erkennen. Der entscheidende Anstoß war aber das Buch »Mein Freund, der Regenpfeifer« von dem Schweden Bengt Berg.
Als bedeutender Vogelforscher und Schriftsteller hat dieser faszinierend über die Forschung des Mornellregenpfeifers in den Fjällhöhenlagen Skandinaviens erzählt und Filme darüber gedreht. Die damalige Presse schrieb über das Buch: »Welch hohen Ranges müsste ein Roman sein, um dieses schlichte Buch der beobachtenden Beschreibung zu erreichen …«, und: »Es gibt wenig Bücher, bei denen man vergisst, dass sie Bücher sind. Dies ist eins von den wenigen …«.
Kein Wunder, dass hier eine Faszination den damals jungen Ernst erfasst hatte! Hinzu kamen noch die Filme des bekannten deutschen Tierfilmers und Zoologen Eugen Schuhmacher.
Als Ernst den Kinderschuhen entwachsen war, konnte ich ihn noch besser kennenlernen, denn er wurde Mitglied der Gruppe »Volkstum und Wandern« in Bad Wildungen, deren Leitung ich in dieser Zeit innehatte. Singen, Volkstanz und Wandern waren unsere Schwerpunkte, und an allem, was wir so unternahmen, hatte Ernst viel Freude. Er lernte schnell Gitarre und erfreute sich an unserem Liedgut. Unser Abzeichen, das nach einem Jahr der Zugehörigkeit verliehen wurde, zeigte einen silbernen Zugvogel auf rotem Untergrund. Damit konnte er sich sicher gut identifizieren!
Zielgerichtet behielt er gleichwohl seinen weiteren Weg im Auge und hörte überraschend mit der Schule auf, um im Naturkundemuseum in Kassel eine Lehre als Präparator zu beginnen. Er erzählte mir dann, dass bekannte Tierfilmer sich darin auch auskennen müssen. Seine Vorbilder Bengt Berg und Eugen Schuhmacher waren ebenfalls Präparatoren.
Obwohl Ernst Ausbildung noch nicht beendet war, beantragte er einen Sonderurlaub. Das Genehmigungsverfahren ging bis zum Kulturderzenten von Kassel, der schließlich für seine erste Filmexpedition die Genehmigung gab.
Ich hatte gerade meine Bundeswehrzeit Ende Juni 1967 beendet, als ich zufällig seine Mutter traf. Sie erzählte mir, dass Ernst für sein Vorhaben schon alles organisiert und den Munga-Jeep gepackt hätte; es fehle ihm nur eine Begleitperson. Da ich eigentlich zum 01. 07. 1976 wieder meinen Dienst bei der Sparkasse aufnehmen musste, aber keine wirkliche Lust auf einen Bürodienst hatte, sagte ich spontan zu. Seine Mutter atmete erleichtert auf!
Mein Chef bei der Sparkasse war alles andere als beglückt, weil er mich schon für die Urlaubsvertretung von den Kollegen mit Familie eingeteilt hatte. Aber ich spürte, dass solch eine besondere Chance eines Filmabenteuers mit den Moschusochsen in den Bergen von Norwegen mir so schnell nicht mehr begegnen würde! Egal, was anschließend mit meiner Tätigkeit als Bankkaufmann geschah – ich blieb bei meiner Entscheidung. Die Fahrt ging los!
Von Anfang an wusste ich, dass ich für diese erste Filmexpedition ein Tagebuch führen muss. Alles begann am 29. Juni 1967.
Abfahrt aus Bad Wildungen 05:25 Uhr über Hannover, Hamburg, Lübeck, Puttgarden (Fehmarn).
Als vorletztes Fahrzeug wurde unser Munga noch auf dem Fährschiff aufgenommen. Ohne eine Minute zu verlieren, war die Überfahrt nach Dänemark gesichert.
Unsere Fahrt ging weiter über Kopenhagen nach Helsingör und von dort wieder mit einem Fährschiff nach Schweden.
Nachdem der Zoll gut überstanden war, fuhren wir mit dem ungewohnten Linksverkehr in Richtung Göteborg weiter.
Unser Munga brauchte nun wieder flüssige Nahrung – wir tankten voll. Nach einigem Umrechnen von schwedischen Kronen in DM einigten wir uns schließlich auf den Preis, den wir in deutscher Währung bezahlten.
In einem angrenzenden Waldstück machten wir Halt, bauten noch in der Dämmerung unsere Kote auf und kochten den ersten Tee, der hoffentlich bald den richtigen Geschmack haben wird.
Die Kotenromantik musste an diesem Tag noch dem Schlaf weichen, da wir am nächsten Tag Norwegen erreichen wollten!
Wir waren hundemüde und dennoch froh, dass wir diesen Tag so gut bewältigt hatten.
Die 1. Nacht im Waldstück in Schweden
Der letzte Junitag war für uns ein wunderbarer Reisetag. Es war windig, Wolkenfetzen mit blauem Hintergrund am Himmel und immer wieder eine herrliche Sonne, die gegen Abend sehr romantisch wurde. So gegen 20 Uhr wurden wir von dieser auf der Straße teilweise so stark geblendet, sodass wir sehr langsam fahren mussten.
Mit dem Linksverkehr in Schweden haben wir uns langsam angefreundet. Über Göteborg und viele kleine Städtchen entlang der Westküste Schwedens ging die Fahrt weiter in Richtung Oslo. Hin und wieder führte die gut ausgebaute Straße direkt am Meer vorbei und bot uns wunderbare Ausblicke. Gegen Abend überfuhren wir die Grenze nach Norwegen und wurden auch sogleich mit einem Wasserfall begrüßt.
Wir beide hatten uns den Grenzübergang etwas interessanter vorgestellt als die unbesetzte offene Zollschranke, die wir vorfanden. Oslo ließen wir links liegen, um keinen Umweg nach Dombas fahren zu müssen. Am nächsten Tag werden wir das Dovrefjell erreichen.
Während ich die letzten Aufzeichnungen machte, war Ernst inzwischen schon eingeschlafen – er war den ganzen Tag allein am Steuer. Ich stellte fest, dass es draußen gar nicht mehr dunkel wird.
Der Monat Juli begann mit herrlichem Wetter und wir hatten noch gut 300 km bis Dombas zu fahren. Wir tauchten ein in eine herrliche Landschaft mit Seen und Gebirgsbächen. Der Verkehr war ziemlich stark und viele Touristen aus dem Norden und mit uns aus dem Süden bewegten sich auf der Straße. Vierzig Kilometer vor Dombas sahen wir die ersten, noch teilweise mit Schnee bedeckten Fjells. Sie wurden von der Sonne herrlich angestrahlt und die Baumgrenze war ganz deutlich zu erkennen. Man hatte das Gefühl, als ob die Höhen mit einer Rasierklinge bearbeitet worden waren, denn so scharf war die Abgrenzung.
40km vor Dombas sahen wir die ersten Fjells