Der Tod in Venedig von Thomas Mann: Reclam Lektüreschlüssel XL - Thomas Mann - E-Book

Der Tod in Venedig von Thomas Mann: Reclam Lektüreschlüssel XL E-Book

Thomas Mann

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Beschreibung

Reclam Lektüreschlüssel XL – hier findest du alle Informationen, um dich zielsicher und schnell vorzubereiten: auf Klausur, Referat, Abitur oder Matura! Differenziert, umfassend, übersichtlich! - Präzise Inhaltsangaben zum Einstieg in den Text - Klare Analysen von Figuren, Aufbau, Sprache und Stil - Zuverlässige Interpretationen mit prägnanten Textbelegen - Informationen zu Autor:innen und historischem Kontext - Hilfreiche Infografiken, Abbildungen und Tabellen - Aktuelle Literatur- und Medientipps - Prüfungsaufgaben mit Lösungshinweisen - Zentrale Begriffe und Definitionen als Lernglossar Die 1911 entstandene Novelle »Der Tod in Venedig« erzählt die Geschichte des Schriftstellers Gustav von Aschenbach, der sich im Urlaub in Venedig in den jungen Tadzio verliebt und an der Cholera verstirbt. Bedeutungsvoll wählte Thomas Mann als Schauplatz das vom Wasser bedrohte Venedig – »die unwahrscheinlichste aller Städte«. Dabei reichert Thomas Mann sein psychoanalytisch geprägtes Motiv der Künstlerproblematik mit Todesmotiven und antiker Mythologie an und stilisiert Venedig zum Sinnbild der Dekadenz. Die Stadt am Wasser, in der wie im Literaten Aschenbach die Kunsttriebe Nietzsches – das Apollinische und das Dionysische – toben, wird zum Symbol des sicheren Niedergangs.

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Seitenzahl: 122

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Thomas Mann

Der Tod in Venedig

Lektüreschlüssel XL für Schülerinnen und Schüler

Von Mathias Kieß

Reclam

Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe:

Thomas Mann: Der Tod in Venedig. 25. Aufl. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 2015.

 

E-Book-Ausgaben finden Sie auf unserer Website

unter www.reclam.de/e-book

 

 

Lektüreschlüssel XL | Nr. 15501

2019 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2019

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961421-2

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015501-1

www.reclam.de

Inhalt

1. Schnelleinstieg2. InhaltsangabeErstes KapitelZweites KapitelDrittes KapitelViertes KapitelFünftes Kapitel3. FigurenGustav von AschenbachTadzioDie »Todesfiguren«4. Form und literarische TechnikGattung und AufbauSprache und StilErzählform und -verhalten5. Quellen und Kontexte6. InterpretationsansätzeThomas Mann und Gustav AschenbachPsychoanalytische InterpretationNietzsche: apollinisch vs. dionysischKnabenliebePlatons PhaidrosWetter7. Autor und Zeit8. Rezeption9. Wort- und Sacherläuterungen10. Prüfungsaufgaben mit LösungshinweisenAufgabe 1: Literarische Charakteristik des GondoliereAufgabe 2: Innerer Monolog AschenbachsAufgabe 3: Analyse und Interpretation einer Schlüsselstelle11. Literaturhinweise / MedienempfehlungenText- und WerkausgabenZu Thomas Manns BiografieZum Tod in VenedigMedienempfehlungen12. Zentrale Begriffe und Definitionen

1. Schnelleinstieg

Was Thomas Mann seiner Hauptfigur Gustav von Aschenbach bescheinigt, hat er mit dem Tod in Venedig längst selbst erreicht: Den Eingang in den Kanon der Schullektüre. Abiturthemen zu der Novelle sind keine Seltenheit und noch heute, über hundert Jahre nach der Veröffentlichung, beschäftigen sich zahlreiche Gymnasiasten mit der verbotenen Liebe des Protagonisten und sollen ihre eigene Schreibweise an der von Thomas Mann bilden. »Das scheint nahezuliegen, ist diese Erzählung doch in einem klassizistischen Stil von marmorner Perfektion geschrieben«.1 Darüber hinaus ist es vor allem die fein eingewobene Symbolik und der damit verbundene Themenreichtum, die Literaturwissenschaftler dazu veranlassen, von »Thomas Manns dichtester Prosaarbeit«2 zu sprechen, und die den Leser des Tod in Venedig auch zur mehrmaligen Lektüre einlädt.

Bereits der bestimmte Artikel, also das erste Wort im Der Titel Titel der Novelle Der Tod in Venedig, zeigt diese Dichte an. Es handelt sich hier um mehr als einen beliebigen Todesfall in der beliebten Touristenstadt. Die oberflächliche Handlung ist schnell zusammengefasst: Ein erfolgreicher und gut situierter Autor, Gustav von Aschenbach, entschließt sich zu einer Reise gen Süden und landet schließlich in der Lagunenstadt, wo er sich, selbst jenseits der Fünfzig, in einen Vierzehn- oder Fünfzehnjährigen verliebt. Aufgrund der Nähe zu dem Jungen bleibt er in der Stadt, obwohl er um den Ausbruch der todbringenden Cholera weiß. Das Ende und der Tod des Protagonisten überraschen aufgrund des Titels kaum.

Das »Der« im Titel verweist auf die Personifizierung des Leitmotive: Der Tod …Todes, die besonders im Umgang mit Seuchen und Epidemien gang und gebe ist. Man denke nur an Bezeichnungen wie »Der Sensenmann« oder »Der schwarze Tod«. Auch in Thomas Manns Novelle ist der Tod scheinbar ständig anwesend. Zahlreiche Nebenfiguren und Gegenstände sind symbolisch aufgeladen und verweisen auf das tragische Ende der Geschichte.

Ein anderer Themenkomplex, der sich durch die gesamte Novelle zieht, ist ein ständiger Rückbezug auf die … und die Antike Antike: Die sprachliche Ausgestaltung und der Aufbau der Novelle hat ebenso antike Vorbilder wie die meisten der Nebenfiguren. Der platonische Dialog Phaidros wird mehrmals in längeren Abschnitten wörtlich zitiert und es finden sich zahlreiche Anspielungen auf die griechische und römische Mythologie, die sich auch in der Metaphorik Thomas Manns niederschlagen. Die beiden Leitmotive – Antike und Tod – treffen in verschiedenen Nebenfiguren aufeinander.

Die 1911 geschriebene und 1912 veröffentlichte Novelle wird von Literaturwissenschaftlern als Versuch angesehen, die deutsche Klassik im 20. Jahrhundert wiederzubeleben. Dieser Ansatz, der sogenannte Literarische Strömung: Neoklassizismus …Neoklassizismus, ist zeitgleich auch in der bildenden Kunst und in der Architektur zu erkennen. Für diese Zuordnung der Novelle spricht nicht nur die eben erwähnte Rückbesinnung auf die Antike, sondern auch der gehobene Stil Thomas Manns und das bewusste Zurücknehmen von modernen Elementen.

Andere Literaturwissenschaftler sehen im Tod in Venedig den Höhe- und Endpunkt der Literaturepoche … oder Fin de siècle?des sogenannten Fin de Siècle. Sowohl die Hauptfigur und ihr deutlich jüngeres Lustobjekt als auch der Hauptschauplatz Venedig weisen einige Dekadenz-Motive auf: Der (kulturelle) Verfall der Stadt zeigt sich nicht nur an ihren Gebäuden und Plätzen, sondern auch an ihren Bewohnern. Aschenbachs Niedergang ist zunächst psychischer und dann auch physischer Natur.

2. Inhaltsangabe

Erstes Kapitel

Das erste Kapitel (S. 9–18) spielt in München, genauer am Nordfriedhof und der nahen Ungererstraße, wohin die Hauptfigur Gustav Aschenbach von seiner Wohnung in der Prinz-Regentenstraße aus einen Spaziergang unternimmt. Während der Ort der Handlung genau beschrieben wird und real nachvollziehbar ist, bleibt die Zeit ungenau: Es ist Anfang Mai im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Die Handlung setzt also in der Gegenwart beziehungsweise der unmittelbaren Vergangenheit des Autors Thomas Mann ein (Entstehungszeit der Novelle: 1911).

Aschenbach ist ein erfolgreicher Autor, der aufgrund seiner schriftstellerischen Leistung seit seinem fünfzigsten Geburtstag das Adelsprädikat »von« führen darf (S. 9). Seine Arbeit am Vormittag versetzt den Schriftsteller in eine rastlose Stimmung, so dass er seinen sonst üblichen Mittagsschlaf nicht halten kann und stattdessen Regeneration an der frischen Spaziergang durch München Luft sucht. Er beobachtet eine Weile das frühsommerliche Treiben im Englischen Garten und vor einem Wirtshaus, bevor er die Straßenbahn zurück in die Innenstadt nehmen will (S. 10). Während er an der menschenleeren Station wartet, zieht ihn die Aussegnungshalle des Nordfriedhofs in ihren Bann. Die Architektur der Halle wird beschrieben und Aschenbach liest die Inschriften auf den zum Verkauf stehenden Grabsteinen. So vergehen einige Minuten, bis der Protagonist einen fremden Mann bemerkt.

Abb. 1: Aussegnungshalle des Münchener Nordfriedhofs. – Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0/Rufus46

Der Fremde Dieser taucht scheinbar plötzlich vor dem Tor der Halle auf. Sein Äußeres wird genau beschrieben: Er ist mittelgroß, rothaarig, »mager, bartlos und auffallend stumpfnäsig« (S. 11), hat blasse Haut und Sommersprossen. Er sieht nicht bayrisch aus, auch wenn er einen landestypischen Rucksack trägt. Seine Füße sind gekreuzt, während er auf seinem Spazierstock lehnt. Als der Fremde den musternden Blick Aschenbachs kriegerisch erwidert, ist dieser »peinlich berührt« (S. 13) und setzt seinen Spaziergang entlang des Friedhofs fort.

Auch wenn er den Fremden nach wenigen Minuten aus seinem Bewusstsein verdrängt hat, so beeinflusst ihn »das Wandererhafte in der Erscheinung« (S. 13) doch unterbewusst. Ein Gefühl von Leidenschaft macht sich breit, und seine Sinne täuschen ihn. Einbildungskraft und Beobachtung des Protagonisten vermischen sich: So nimmt Aschenbach seine Umgebung nun als Wildnis von Farnen, Palmen und Bambus wahr. Er beobachtet fremdartige Vögel, schwimmende Blumen und sogar ein kauernder Tiger wird erwähnt (S. 14). Dies alles fasst Aschenbach als » Reiselust Reiselust« (S. 13) zusammen, die anschließend in »Fluchtdrang« (S. 16) und »Sehnsucht ins Ferne und Neue« (S. 16) gesteigert wird.

Auch wenn Aschenbach als Angehöriger des privilegierten Bürgertums stets nach Belieben verreisen kann, hat er das Reisen bisher als » Reisen als »hygienische Maßregel«hygienische Maßregel« (S. 14) betrachtet. Das bedeutet, es ist stets Mittel zum Zweck. Nach Phasen des intensiven Arbeitens ist Erholung vonnöten, damit die Produktivität des Autors aufrechterhalten werden kann. Eigentlich ist er »der Zerstreuung […] abgeneigt« und kein »Liebhaber der bunten Außenwelt« (S. 15). Alles, selbst seine Freizeitgestaltung, ist seiner schriftstellerischen Tätigkeit untergeordnet. Noch nie hat er Europa verlassen, und die meiste Zeit verbringt er in seiner Wahlheimat München oder auf dem nahegelegenen Landsitz. Mehr braucht es normalerweise nicht. Erst mit der Erscheinung des Fremden ändert sich dies. Zwar ist sich Aschenbach weiterhin seiner Liebe zur Arbeit bewusst, doch sie wird immer mehr zum täglichen Kampf, und der »wachsenden Müdigkeit« (S. 16) kann er immer weniger standhalten.

Auch wenn die Nation sein Werk lobe, so bemerkt der Autor, fehle es ihm längst an Feuer und Freude. Eine Reise scheint der einzige Ausweg: Weiter als zu seinem Landsitz mit den vertrauten Bergwänden und doch nicht bis zu den Tigern, sondern für drei oder vier Wochen an »irgendeine[n] Allerweltsferienplatze« (S. 18). Während er in die Straßenbahn einsteigt, schaut sich Aschenbach noch einmal nach dem geheimnisvollen Fremden um, findet ihn jedoch nicht. Er fasst den Entschluss zu reisen Entschluss, noch am Abend ein geeignetes Reiseziel zu suchen.

Die Äußere Handlung und innere Entwicklung äußere Handlung des ersten Kapitels ist denkbar schnell zusammengefasst: Aschenbach spaziert durch München, erblickt einen Fremden und tritt den Nachhauseweg mit der Tram an. Entscheidend ist jedoch die innere Entwicklung der Hauptfigur. Die scheinbar beiläufige Begegnung am Rande des Friedhofs löst einen Gedankenstrom aus, der mit dem Entschluss zu einer Reise nach Süden endet.

Zweites Kapitel

Wie schon im vorherigen ist auch im zweiten Kapitel (S. 18–30) die äußere Handlung sehr in den Hintergrund gedrängt. Diesmal jedoch deutlich radikaler: Es schließen sich weder Reisevorbereitungen noch die besagte Reise selbst an, sondern es werden eine Charakterisierung der Hauptfigur Charakterisierung der Hauptfigur und seines künstlerischen Schaffens sowie eine biografische Skizze nachgereicht: Aschenbach ist Witwer, Vater und Wahlmünchner (S. 29), stammt aus dem schlesischen Raum und aus einer reichen Familie (S. 19). Darüber hinaus werden zahlreiche seiner Werke aufgezählt und kurz beschrieben (S. 18 f.).

Weitere Informationen zur Hauptfigur und somit auch zum zweiten Kapitel der Novelle finden sich in Kapitel 3, S. 29–34, und in Kapitel 6, S. 63–65.

Drittes Kapitel

Das dritte Kapitel (S. 31–77) beschreibt die Reise Aschenbachs, den Aufenthalt auf dem Lido (einem Venedig vorgelagerten Küstenabschnitt) und mehrere Begegnungen mit Tadzio, einem polnischen Knaben.

Zwei Wochen nach der Episode mit dem Fremden in München tritt Aschenbach seine Reiseroute Reise nach Süden an. Für seine gesamte Fahrt plant er vier Wochen, denn nach diesem Zeitraum soll das Landhaus für ihn hergestellt sein (S. 31). Mit dem Nachtzug geht es zunächst nach Triest, von wo aus er nach einem Tag mit dem Schiff in die Stadt Pola (heute: Pula) auf der istrischen Halbinsel aufbricht. Nach einem Aufenthalt auf einer Insel vor der Küste besteigt Aschenbach einen Dampfer nach Venedig.

Die Überfahrt auf dem veralteten und düster wirkenden italienischen Auf dem Dampfer Dampfschiff gestaltet sich mühselig. Schon der Matrose, der das Ticket ausstellt, kommt Aschenbach merkwürdig vor. Er ist bucklig, ziegenbärtig und sieht aus wie ein altmodischer Zirkusdirektor (S. 32). An Bord beobachtet der Reisende die anderen Passagiere. Besonders eine Gruppe junger Handelsgehilfen aus Pola fällt ihm auf. Er stört sich an einem Alten, der sich unter sie gemischt hat. Der falsche Jüngling trägt Perücke und Gebiss, hat die Hände eines Greises und ist außerdem geschminkt (S. 34 f.). Erst als das Schiff endlich ablegt, bessert sich die Laune Aschenbachs. Geschützt unter einem Segeldach genießt er die Überfahrt trotz Regens an Deck und geht nur zu einer Mahlzeit ins Innere des Schiffs. Dort trifft er wieder auf die Handelsgehilfen, die nun gemeinsam mit dem Kapitän des Schiffes zechen (S. 37). Der Alte scheint den Alkohol schlecht zu vertragen und verliert einige trinkselige Worte an Aschenbach, den er als Fremden erkennt (S. 40 f.). Dieser verlässt bei Ankunft in Venedig verstört und auf schnellstem Wege das Schiff.

Aschenbach, der nicht zum ersten Mal die Lagunenstadt bereist, erlebt nun, da er mit dem Ankunft in Venedig auf dem Seeweg Schiff ankommt, ein anderes Venedig. Seine Hoffnung, das Wetter möge sich bei der Einfahrt in die Stadt bessern, bleibt enttäuscht, denn Himmel und Meer sind »trüb und bleiern« (S. 37). Trotzdem stellt sich ein Hochgefühl ein, als die Wahrzeichen der Stadt von der Seeseite zu sehen sind. Erreicht man die Stadt mit dem Zug, so sei es, als ob man einen Palast durch die Hintertür betrete (S. 40).

Von der Schiffsanlegestelle in Venedig zu seinem Hotel auf dem Lido plant Aschenbach den Vaporetto, den für Venedig typischen Wasserbus, zu benutzen. Ein Der widerspenstige Gondoliere Gondoliere soll ihn zur Haltestation bringen, steuert seine Gondel jedoch direkt auf den Lido zu (S. 42). Auch wenn Aschenbach die komfortable Fahrt genießt und nicht will, dass sie endet, besteht er doch auf seinem Recht, das Ziel der Fahrt selbst zu bestimmen. Wie schon die vorherigen Reisebegegnungen Aschenbachs wirkt auch der Gondelführer grotesk. Stets flüstert und zischt er kaum Hörbares vor sich hin, und seine Gondel erinnert den Reisenden an einen Sarg (S. 41). Aschenbach wägt ab, ob er einem Verbrecher in die Hände gefallen ist oder ob der Gondoliere mit der längeren Fahrt lediglich einen höheren Fahrpreis erzielen will. Schließlich ergibt sich die Hauptfigur ihrem Schicksal. Um die Überfahrt zu bezahlen, will Aschenbach nach der Ankunft Geld in einem naheliegenden Hotel wechseln. Bei seiner Rückkehr ist der Gondoliere verschwunden. Es stellt sich heraus, dass dieser keine Konzession besitzt und von den anderen Gondelführern verpfiffen worden ist (S. 46).

Im Hotel angekommen, erholt sich Aschenbach von den Reisestrapazen und nimmt seinen Nachmittagstee ein. Beim Warten auf das Abendessen betrachtet er die internationale Gesellschaft des Hotels. Ins Auge fallen ihm vier Geschwister, die polnisch miteinander sprechen. Drei Schwestern im Alter von fünfzehn bis siebzehn – wie Aschenbach schätzt – und der Erste Begegnung mit dem polnischen Knaben Jüngste, etwa vierzehn Jahre alt. Während die Schwestern »keusch« (S. 50) und »nonnenhaft« (S. 51) aussehen, zieht das Äußere des Knaben den Reisenden in seinen Bann. Er wird als »vollkommen schön« (S. 50) und von »einer Haltung von lässigem Anstand« (S. 51) beschrieben. Die Augen der beiden treffen sich kurz, als der Knabe beim Gang zum Abendessen einen Blick zurück in die bis auf Aschenbach menschenleere Vorhalle wirft.

Beim Abendessen sitzt die polnische Familie weit entfernt von Aschenbach und er denkt darüber nach, was einen Menschen schön macht. Als er am nächsten Morgen das Fenster seines Hotelzimmers öffnet, weht Landwind von Venedig her und ein fauliger Geruch macht sich breit. Sofort denkt Aschenbach daran, Abreisegedanken und zweite Begegnung abzureisen, da er vor einigen Jahren schon einmal aufgrund gesundheitlicher Probleme aus Venedig fliehen musste. Er sieht davon ab, sein Gepäck völlig auszupacken. Erst als der bewundernswerte Knabe verspätet zum Frühstück eintrifft, bessert sich die Laune des Reisenden und er verliert sich erneut in dessen Anblick. Ein Entschluss scheint gefasst: »[I]ch [bleibe] hier, solange du bleibst!« (S. 57). Ein Vorsatz, an den sich der Protagonist halten wird.

Den weiteren Morgen verbringt Aschenbach am Privatstrand des Hotels und genießt freudig das bunte Treiben. Er beobachtet andere Gäste und reflektiert über seinen Entschluss, in der Lagunenstadt zu bleiben. Als der Knabe am Dritte Begegnung am Strand