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Der erste Fall für die eigenwillige Journalistin Dicte Svendsen: Zusammen mit ihren Freundinnen Ida Maria und Anne feiert Dicte ihren 40. Geburtstag in einem Restaurant in Aarhus. Doch die Party nimmt ein jähes Ende, als sie ein totes Baby in einer Plastikwanne aus dem Fluss ziehen. Neben dem toten Jungen liegt eine Seite aus dem Koran. Doch dann wird auch noch Ida Marias neugeborener Sohn entführt. Die drei Freundinnen machen sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem Täter...-
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Seitenzahl: 495
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Elsebeth Egholm: Der tote Knabe. Aus dem Dänischen übertragen von Hanne Hammer. Titel der dänischen Originalausgabe: Skjulte fejl og mangler © 2002 Elsebeth Egholm og Gyldendal, Kopenhagen. Deutsche Erstausgabe: © 2005 by btb Verlag in der Verlagsgruppe Random house GmbH. Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2020 SAGA Egmont. All rights reserved.
ISBN: 978-87-26-56962-9
1. Ebook-Auflage, 2020
Format: EPUB 2.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.
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Die Sonne schien auf das Wasser des Århus-Flusses und die Luft roch nach Spätsommer. Die Blumenhändlerin an der Ecke des großen Kaufhauses Magasin hatte reichlich zu tun, und Eltern von Kleinkindern und Teenager bevölkerten langsam die Fußgängerzone Immervad und schleckten das erste Eis des Tages. Alles wirkte so gesehen ziemlich normal. Unnormal normal, im Grunde genommen. Eigentlich hätte es ein schöner Tag sein können, wäre er nicht so verdammt schlecht gewesen.
Irgendetwas in der Richtung dachte sie, als sie das Kind erblickte. Oder besser gesagt den Laut hörte, denn er fing als Erstes ihre Aufmerksamkeit ein. Der raue Laut von Plastik, das gegen Steine schabt. Warum er gerade ihr Ohr erreichte, wusste sie nicht. Vielleicht litten die Gäste in den Straßencafés unter den Heizstrahlern nach den Open-Air-Konzerten des Sommers unter einer verminderten Hörfähigkeit. Oder das Gehör verfeinerte sich, wenn man vierzig wurde.
Aber vorher, bevor sie das Kind entdeckte, waren da die Freundinnen Ida Marie und Anne. Und ihr verdammtes Geburtstagsgeschenk, das sie, mit hochrotem Kopf und verlegen, ganz entspannt entgegenzunehmen versuchte. Was ein wenig schwierig war, vor allem weil Ida Marie sich mit ihrem großen, dicken Bauch erhoben und für das ganze Café und alle Passanten, die zuhören mochten, ein schwedisches Geburtstagslied angestimmt hatte. Dazu winkte sie mit einer schwedischen Fahne. Die Leute klatschten, als sie fertig war.
Aller Augen waren deshalb auf ihren Tisch gerichtet, hatte Dicte das Gefühl. Und das wäre vielleicht gar nicht so schlimm gewesen, wäre da nicht noch dieses Geschenk gewesen, das Ida Marie und Anne ihr feierlich überreichten.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, zum Haus und zur Scheidung«, leierte Anne herunter, als läse sie von einem unsichtbaren Merkzettel ab. Anne war nie die Spontanste gewesen und hatte die kleine Rede bestimmt auswendig gelernt. »Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen versucht, ein Geschenk zu finden, das zu jedem der drei Anlässe passt.«
Ida Marie holte ihre Kamera aus der Tasche. Ida Maries Kamera war berüchtigt.
Anne ignorierte sie.
»Glaub nur nicht, dass das leicht war. Und billig auch nicht. Wir haben die verschiedensten Leute um Rat gefragt. Psychologen, Moderatoren, Teilnehmer der Robinson-Show und Kummerkastentanten. Alle haben ihre Meinung beigesteuert, und das Resultat ist, wenn ich das so sagen darf, ergreifend.«
»Man muss einfach zugreifen«, fügte Ida Marie ernsthaft hinzu, während Anne in bester Stimmung und mit Showmaster-Stimme an Dicte gewandt fortfuhr:
»Es fällt in die Kategorie eins.«
Während sie das Päckchen, eine längliche, in schwarzes Seidenpapier gehüllte Schachtel mit einer flaschengrünen Schleife, hervorholte, hatte Dicte das Gefühl, die ganzen letzten Geburtstage wie auf einer gezippten Diskette Revue passieren zu sehen. Vielleicht wäre es korrekter zu sagen, dass sie sie auf einen reduziert sah und das kleine, irritierende Wort Gemütlichkeit darüber zu schweben und ihr vor der Nase herumzubaumeln schien. Irritierend, dass sie das vermisste. Ebenso wie die Familie. Wie Torsten, der Teufel sollte ihn holen. Torsten war unübertroffen im Ausrichten von Geburtstagen, das musste sie ihm lassen. Kaffee und Brötchen im Bett; Kerzen auf dem Nachttisch; Liebe mit speziellen Dicte-Effekten, wie er das nannte. Und abends ein Essen mit den engsten Freunden, die nach der Scheidung die Seite gewechselt und sich für ihn entschieden hatten. Nicht, weil die Moral auf seiner Seite war; alle wussten, dass dem nicht so war. Sondern weil er bei Abendgesellschaften ein guter Unterhalter und hin und wieder im Fernsehen zu sehen war. Jedenfalls war sie zu diesem Schluss gekommen.
Sie selbst war zurück nach Århus gegangen, wo sie, wie die Hälfte der Einwohner Kopenhagens, ihre Studienzeit verbracht hatte. Die Idee war, neu anzufangen. Den Kontakt zu alten Freunden wieder aufzunehmen und neue zu finden, sodass sie außer Rose noch andere Bezugspersonen hätte. Töchter im Teenie-Alter waren und blieben unbeständige Zeitgenossen.
Während die Gedanken durch ihren Kopf schwirrten, kabbelten die Freundinnen sich, inwieweit sich die Kategorie auf Werkzeug, Gerät, Hilfsmittel oder ein Viertes eingrenzen ließ. Anne schlug Toilettenartikel vor. Auf der gleichen Ebene wie Zahnbürste und Wattepads.
»Und jetzt pack endlich aus«, verlangte Ida Marie ungeduldig und richtete die Kamera auf sie. »Wir sind gespannt.«
Den Blicken der übrigen Cafégäste nach zu schließen, waren sie nicht die Einzigen, die warteten.
Sie starrte das Geschenk an, und es schien zurückzustarren. Schelmisch. Sie stellte sich eine schwarze Schachtel vor, aus der in dem Moment, in dem sie sie öffnete, ein Clown auf einer Feder heraussprang und sie mit einem Boxhandschuh k.o. schlug. Trotzdem zog sie die Schleife auf. Packte langsam aus.
Hatte das Dings plötzlich in der Hand und versuchte ohne viel Glück zu erraten, was für eine Funktion es hatte, während Ida Marie professionell fotografierte.
Es war schreiend pink mit kleinen roten Noppen, woraus sie schloss, dass Ida Marie die Farbe ausgesucht hatte. Und es war aus Plastik. Seine Form war länglich und erinnerte an eine Rakete.
»Jedenfalls ist es handlich«, sagte sie nervös. »Was immer es ist.«
Anne und Ida Marie kicherten und lachten. Auch an den meisten anderen Tischen wurde gekichert und gelacht.
Sie begann, das Ding zu untersuchen. Drehte es auf den Kopf und stellte fest, dass der eine Teil, der untere, sich drehen ließ. Ohne Vorwarnung begann das Dings so kräftig zu vibrieren, dass sie es vor Schreck auf den Tisch fallen ließ.
Ihr erster Gedanke, als es ihr langsam dämmerte, war: »Das könnt ihr doch nicht ernst meinen.« Schnell gefolgt von: »Wie sich das wohl anfühlt?«
Sie begrub das Gesicht in den Händen und spürte, wie das Blut sich verräterisch in Gehirn und Gesicht ausbreitete und alles rot färbte, innerlich und äußerlich.
»Ein Dildo!«
Sie starrte Ida Marie und Anne an. Starrte auf den Vibrator, der auf dem Tisch lag und sie aus Ärger, so unsanft fortgeworfen worden zu sein, anknurrte.
»Du musst zugeben, das war genial«, sagte Anne und sah sie mit ihren schrägen Asiatenaugen an. Anne, die sonst immer so ernst war. Anne, die Salman Rushdie las und die im Alter von sechs Monaten mit einem Flugzeug aus Korea gekommen und auf einem ostjütländischen Pfarrhof gelandet war. Und die jetzt davon lebte, kleine rosige Dänen auf die Welt zu bringen.
Ida Marie streckte mitfühlend die Hand aus und schaltete den Dildo gekonnt aus.
»Sonst ist die Batterie gleich leer«, erklärte sie und sah Dicte aus Augen von der Farbe der schwedischen Papierflagge, die jetzt nutzlos auf dem Tisch lag, unschuldig an. »In der Zeitung stand, dass jede siebte dänische Frau einen hat«, informierte sie bereitwillig.
Diese Gelegenheit konnte Dicte sich nicht entgehen lassen.
»Und was ist mit den Schwedinnen? Oder sind die Dinger in Schweden verboten? Du könntest doch in Erwägung ziehen, sie einzuschmuggeln«, schlug sie vor.
»Aber die Batterien solltest du vorher rausnehmen«, fügte Anne hinzu.
Das Bild von Ida Marie mit Hunderten von vibrierenden Dildos und einem wütenden schwedischen Zöllner zauberte auf wundersame Weise das erste Lächeln dieses Tages auf Dictes Gesicht. Sie spürte, wie sich ihre Mundwinkel plötzlich nach oben verzogen; wie die Lachmuskeln sich spannten. Sie lachte erleichtert auf und ließ etwas von dem Geburtstagsstress ab.
Ida Marie nahm eine neutrale Stimme an.
»In Schweden kennt man so etwas natürlich nicht. Dort haben wir die schwedischen Männer.«
Der Kommentar löste Gelächter an den Nachbartischen aus.
»Manche Frauen behaupten, so ein Ding einem Mann vorzuziehen«, sagte Anne freundlich. »Es soll weniger Mühe machen. Wie man so sagt.«
»Wie man so sagt«, wiederholte Dicte und merkte, wie sie ihre Fassung zurückgewann. »Soll das heißen, ihr habt ihn nicht einmal ausprobiert?«
Anne machte erst ein dummes Gesicht, dann gewann ihre praktische Natur die Oberhand.
»Du kannst ihn umtauschen«, sagte sie ernst. »Wenn du mit dem hier nicht zufrieden bist, kannst du dir auch einen holen, der wie ein Handy aussieht.«
Dicte steckte den Dildo schnell zurück in die Schachtel.
»Nun gut, danke für das Geschenk«, murmelte sie und vermied es, den beiden in die Augen zu sehen. Stattdessen wanderte ihr Blick zu der Blumenhändlerin an der Ecke hinüber, und sie ärgerte sich, dass sie ihr nicht einfach einen Blumenstrauß gekauft hatten. Sie sah sich die Leute an, die an diesem Septembertag unterwegs waren. Ein Inlineskater schlängelte sich zwischen den Eltern von Kleinkindern und den Eis essenden Teenagern durch. Alles sah ganz normal aus, aber der Schein trog. War sie nicht gerade vierzig geworden? Und war der unerwünschte Geburtstag nicht auf denselben Tag wie die letzte Unterschrift in ihrer Scheidungssache gefallen? Und als Krönung und Betonung ihres neuen – und unerwünschten – Singledaseins bekam sie einen Dildo als Geburtstagsgeschenk!
Genau in diesem Moment hörte sie den Laut vom Fluss, direkt unterhalb der Stelle, wo sie saßen. Mit Annes und Ida Maries Stimmen im Hintergrund erreichte er sie plötzlich und erinnerte sie an den Tag vor vielen, vielen Jahren, als sie als Kind einen Plastikeimer in den Hofbrunnen hinuntergelassen hatte, der nahezu bodenlos und verbotenes Terrain war. Nur um hinterher ihre erste Ohrfeige zu kassieren.
Vielleicht vergaß sie deshalb alles über Dildos und Scheidungen und Freundinnen, für die man sich schämen musste.
Sie stand auf. Ging die paar Schritte zum Ufer und sah in das morastig grüne Wasser hinunter. Horchte wieder. Kniff im Sonnenlicht die Augen zusammen und spürte mit dem Schaukeln des Wassers den Abstand zu damals.
Dann fiel ihr Blick auf die blaue Plastikwanne, die auf dem Wasser schaukelte. Ganz nahe am Ufer, vielleicht von der Strömung dorthin getrieben. Und dann sah sie das Gesicht, teilweise unter einem Handtuch versteckt. Klein und bleich und mit geschlossenen Augen.
Lange Zeit starrte sie nur, während der Schürflaut zu einem unwirklichen Geräuschteppich wurde. Dann schien ihr Körper aufzutauen, und sie spürte den unmöglichen Drang, das Bündel in die Arme zu schließen. Es zu beschützen. Seine weiche Haut an ihrer Wange zu spüren und ihm Leben einzuhauchen, es warm, satt und zufrieden zu machen. Instinkt, das wusste sie, und wunderte sich. Nach so vielen Jahren.
»Ein Kind«, hörte sie ihre eigene Stimme, fern und zitternd wie der Ton eines schlechten Tonbandgeräts.
Sie merkte, dass sie den Atem angehalten und die Luft erst mit den Worten herausgelassen hatte.
»Da unten liegt ein Kind.«
Sie zeigte auf das trübe Wasser.
»Svendsen?«
»Kaiser«, murmelte Dicte in den Hörer und griff automatisch nach dem Kugelschreiber. Stütze. Unsicherheit. Ihre Analyse erfolgte automatisch. Hin und wieder verwünschte sie ihr Psychologiestudium, auch wenn sie es nur zur Hälfte absolviert hatte.
Der Nachrichtenredakteur schien über das Telefon hören zu können, dass man besser nicht an ihr herummäkelte. Und genau deshalb tat er es, denn so war er nun mal. Wie die meisten Redakteure überall auf der Welt, dachte sie. Diese Art Menschen wurde mit einem besonderen Redakteursgen geboren, das sie dazu befähigte, Journalisten nervös zusammenzucken zu lassen und Fragen zu stellen, die vorzugsweise mit höchstens drei präzisen Worten beantwortet werden sollten. Mit Kaiser sprach man in der Regel in Zeitungsüberschriften.
»Wie ich gehört habe, warst du schwimmen.«
Die Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf. Der Kugelschreiber begann nahezu von selbst, Kringel auf den Block zu malen.
»Was hast du gehört?«
»Etwas über einen Moses auf dem Århus.«
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, woher er es wusste. Aber es überraschte sie auch nicht. Otto Kaiser war, wollte man den Gerüchten Glauben schenken, mit einem sechsten und siebten Sinn ausgestattet, was Sensationen und die Kunst anging, den wunden Punkt eines Menschen zu treffen.
Sie selbst hatte das erst einige wenige Male zu spüren bekommen. Aber das reichte ihr, und seitdem hatte sie, wann immer es möglich war, einen großen Bogen um den Nachrichtenjournalismus gemacht. Um Kaisers Domäne. Der Umzug nach Århus hatte zu ihrer großen Zufriedenheit den Abstand noch vergrößert, ein kleiner Nebengewinn ihres Entschlusses. Der Hauptgewinn war natürlich, dass Torsten nicht länger einfach so vorbeischauen konnte.
»Ich hatte nicht viel damit zu tun«, sagte sie zögernd.
Der Kugelschreiber malte ein Gesicht, während sie nachdachte. Dreieckige Form, dunkle Augen, Schnauzbart. Kaiser.
»Ich habe etwas anderes gehört«, insistierte die Stimme honigsüß. »Ein Vögelchen hat mir erzählt, dass du den kleinen Moses entdeckt und dich wie ein Labrador in den Fluss gestürzt hast. Du hättest eine Heldin werden können, Svendsen. Ein Jammer, dass es zu spät war«, fügte er boshaft hinzu.
»Wenn du das so sehen willst«, sagte sie und fügte der Zeichnung etwas Körperähnliches hinzu. Lang und gewandt und dynamisch. Unvorhersehbar. »Ich weiß nicht mehr. Das Kind war tot. Der Krankenwagen kam schnell, und die Polizei hat sich um alles Weitere gekümmert. Das war’s.«
Indem sie es sagte, war sie sich sehr wohl bewusst, wie grob sie das Gesetz der Journalistenwelt verletzte, an die sie sich wohl nie gewöhnen würde. Eine gute Story musste von hinten und von vorne erzählt werden. Und natürlich war hier mehr zu holen. Sehr viel mehr. Diese Geschichte bot Stoff für einen ganzen Fortsetzungsroman.
»Also dann, ich muss mich beeilen«, versuchte sie es. »In einer halben Stunde muss ich einen Artikel in der Wirtschaftsredaktion abliefern.«
Letzteres fügte sie in dem Versuch hinzu, Kaiser auf seine eigenen Nachrichtenreporter zu verweisen und nicht Leute in der Wirtschaftsredaktion zu klauen, wo sie arbeitete. Es war der übliche Kleinkrieg.
»Ich habe mit Mikkelsen gesprochen«, sagte Kaiser listig. »Und er hat dich freundlicherweise für eine Woche ausgeliehen, weil Seifert in Urlaub ist und Davidsen mit der Rockersache in Randers zu tun hat.«
Dicte spürte, wie die Welt sich gegen sie verschwor. Allein bei dem Gedanken, zu Kaisers Regiment von Nachrichtensoldaten zu gehören, brach ihr der Schweiß aus. Für viele war das ein Traumjob, das wusste sie. Aber nicht für sie. Sie blieb am liebsten für sich, schrieb ihre kleinen Artikel über Wirtschaftspsychologie und machte hin und wieder ein langes und langweiliges Interview mit einem Manager.
»Ich bin keine Nachrichtenjournalistin«, wandte sie ein, aber das beeindruckte ihn nicht.
»Wir brauchen einen Anreißer für die Titelseite. Die Leser wollen wissen, was, wie und wann.«
Sie konnte ihn nahezu vor sich sehen, wie er hinter seinem Schreibtisch saß, die Rückenlehne des Stuhls in fast waagerechter Position, den Telefonhörer unter dem Kinn und die Tastatur des PCs auf dem Schoß, während die Agenturmeldungen von Ritzau liefen. Vielleicht hatte er die Schublade aufgezogen. Kaiser war immer auf Diät, versteckte jedoch oft einen Teller mit einem Stück Kuchen in der Schublade. Am liebsten Schokoladenkuchen.
»Und eine Reportage auf Seite drei«, fügte er hinzu. »Wie hast du das Kind entdeckt? Was hast du gefühlt? Wie waren Stimmung und Reaktionen und so weiter. Du bist genau die, die wir brauchen, Svendsen. Deadline ist um sechs.«
Das waren noch drei Stunden. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Um sich zu wehren. Um ihm zu erzählen, dass die Toilette in dem neuen Haus verstopft war, dass der Schlammsaugwagen um vier kam; dass dem Dunstabzug in der Küche ein Rohr fehlte, sodass der Essensdunst ins Schlafzimmer statt aus dem Haus geblasen wurde. Dass das verdammte Haus sich im Lauf der ersten sechs Wochen als ein Fass ohne Boden erwiesen hatte. Und dass sie darüber hinaus nicht an das Kind denken wollte, geschweige denn darüber schreiben.
»Und denk daran, einen Fotografen mitzunehmen«, sagte Kaiser, bevor er auflegte. »Wir brauchen Bilder. Von dem Ort, von dir, von der Wanne.«
»Auch von der Leiche?«, fragte sie säuerlich.
Er brummte irgendetwas Unverständliches.
Sie legte auf und merkte erst jetzt, dass ihre Hände zitterten. Vor allem aus Wut. Aber da war noch etwas anderes. Wie eine Art Hunger, der sich nicht stillen ließ. Ein leerer, dumpfer Raum in ihrem Magen, an der Grenze zur Übelkeit.
Wieder erinnerte sie sich an das Gefühl des Wassers vor nur wenigen Stunden. An das unruhige Murmeln der Leute oben im Café. An ihre eigene Sprachlosigkeit über das, was sie tat. Denn Kaiser hatte ja Recht, woher auch immer er es gehört hatte. Sie war hineingesprungen. Nicht kopfüber, natürlich, aber sie war die Treppen zum Fluss hinuntergelaufen und hatte sich ins Wasser gleiten lassen, das von nahem betrachtet sehr viel trüber war als aus der Ferne. Sie erinnerte sich vage, dass Dinge an der Oberfläche geschwommen waren. Dass ihr auf dem Weg zu der blauen Plastikwanne ein Stück Eispapier zwischen die Finger geraten war und dass sie eine Plastikflasche hatte zur Seite schieben müssen, die an der Oberfläche schaukelte. Brauselimonade, erinnerte sie sich und wunderte sich über die Erinnerung. An das Gesicht des Kindes erinnerte sie sich nicht. Wollte sich nicht daran erinnern. Sie hatte sich mit der Wanne abgemüht; sie vor sich hergeschoben, während sie am Ufer des Flusses entlanggeschwommen war. Hatte sie zur Treppe gezogen, wo Anne sie sofort in Empfang genommen hatte, nach außen hin geschützt durch den Professionalismus der Hebamme, während Ida Marie ganz automatisch und völlig grotesk wie ein Roboter weiterfotografiert hatte. Das hatte sie gedacht. Wie ein Roboter. Aber das war, bevor sie die Tränen gesehen hatte, die ihre Wangen hinunterliefen. Den schwangeren Bauch, der schutzlos vorstand, wie ein verletzlicher Panzer. Die Kamera, die sie gegen die Wirklichkeit zu beschützen schien.
Zu dem Zeitpunkt hatte schon irgendjemand einen Krankenwagen gerufen, aber bis der kam, nahm Anne die Sache in die Hand. Sie sah vorsichtig in das Bündel aus alten Handtüchern, suchte sich mit zitternden Händen einen Weg und stellte fest, was Dicte bereits wusste. Was sie gespürt hatte, weil die Stille in der Wanne so laut war.
»Ein kleiner Junge«, murmelte Anne ohne ihre übliche Hebammenstimme, die sie sonst ganz automatisch annahm, wenn Neugeborene in der Nähe waren.
»Neugeboren«, stellte sie fest. »Höchstens zwei Tage alt, denke ich.«
Sie blickte auf. Dicte sah kurz etwas Feuchtes in ihren Augen, bevor Anne es wegblinzelte.
»Er ist tot.«
Der Fotograf glich einem herrenlosen Hund. Mager und wachsam, mit mottenzerfressenem Fell. Letzteres traf nicht nur auf die wilden Haarzotteln, sondern auch auf seinen Bart, der spärlich war wie der eines Teenagers, und auf seine Kleidung zu, die an Sachen aus einer Kleiderspende für Albanien erinnerte. Alles in allem wirkte er sehr modern.
»Ich bin Bo«, sagte er, trat eine Zigarette mit dem Stiefel aus und machte ganz den Eindruck, als würde er Afghanistan dem Eingang der Entbindungsstation des Krankenhauses von Skejby vorziehen.
Sie gab ihm die Hand.
»Dicte.«
Sie hatte von ihm gehört. Sogar von ihm gelesen, als er irgendeinen ausländischen Fotowettbewerb mit Bildern aus Sierra Leone gewonnen hatte – oder war es Bolivien? Irgendein Kriegsgebiet jedenfalls, sie erinnerte sich nicht genau. Aber selbst preisgekrönte Fotografen mussten von etwas leben, und so arbeitete er als ständiger freier Mitarbeiter für die Redaktion in Århus.
»Wir werden mit der Hebamme sprechen, die mit am Fluss war«, informierte sie ihn, während sie durch die langen Gänge liefen und das Personal auf Rollerblades an sich vorbeilaufen sahen. Eine gehbehinderte Großmutter kämpfte sich tapfer auf ihren Stock gestützt vorwärts. Sie hatte keine Rollerblades. Dicte sah verstohlen zu dem Fotografen hin. Hatte wieder das sichere Gefühl, dass er lieber woanders wäre.
Er schniefte und trocknete sich die Nase mit seinem Ärmel, während er mit der Fototasche über der Schulter neben ihr hertrottete. Und sie sah seine Augen, die auf der Suche nach der Wirklichkeit die Wände entlangschwirrten und ihren Weg in all die Zimmer und Büros suchten, an denen sie vorbeikamen. Spürte die Wachsamkeit, als erwarte er aus einem der Kreißsäle, aus denen hin und wieder herzzerreißende Schreie zu hören waren, einen Angriff aus dem Hinterhalt mit einer AK 47.
»Das klingt nach Folterkammer«, sagte er.
»Das ist es auch«, antwortete sie.
Nach dem Gespräch mit Kaiser hatte sie schnell einen Termin mit Anne gemacht. Außer Atem, zwischen einer Steißgeburt und einer Erstgeburt, war sie darauf eingegangen. Ein Hoch auf Anne und ihre Hilfsbereitschaft. Und das, obwohl sie schon eine Stunde auf der Polizeiwache vergeudet und irgendeinem Schreibtischbeamten eine Erklärung gegeben hatte. Sie musste übrigens daran denken, die Polizei anzurufen und herauszufinden, wer den Fall bearbeitete. Wenn sie Glück hatte, war die Geschichte schnell erledigt, und sie hatte Ruhe vor Kaiser. Konnte das Ganze hinter sich lassen, obwohl sie damit wohl zu viel erwartete. Während sie mit den langen Schritten des Fotografen Schritt zu halten versuchte, kam der Gedanke. Dass etwas aufgebrochen worden war. Aufgebrochen wie mit einem Brecheisen. Brutal.
Anne ließ sie warten. Sie sei noch immer mitten in der Steißgeburt, wurde ihnen freundlich mitgeteilt. Also ließen sie sich zwischen den Schreien und den beschäftigten, weiß gekleideten Frauen nieder. Auf der Station herrschte eine intensive und gleichzeitig gelöste Stimmung. Schmerzensschreie gemischt mit glücklichem Lachen und lächelnde, müde Gesichter am Rande des Weinens.
»Hast du Kinder?«, fragte der Fotograf plötzlich.
Sie nickte.
»Eine Tochter, schon ein Teenager. Ein hartes Stück Arbeit«, fügte sie hinzu und kam sich alt vor. Er konnte nicht viel älter als Ende zwanzig sein.
»Ich habe zwei«, sagte er zu ihrer Überraschung. »Einen Jungen und ein Mädchen. Fünf und sieben.«
Sie hatte wohl ziemlich verblüfft dreingesehen, denn er fügte hinzu:
»Ich habe früh angefangen.«
Anne kam, und sie kriegte ihr Interview, in der Ecke eines Büros, in das beschäftigte Menschen ab und zu hereinplatzten, eine Entschuldigung murmelten und wieder gingen. Bo fotografierte, und sie dachte flüchtig an Ida Marie. Wie sie zusammengebrochen war und Anne Angst gehabt hatte, dass das Kind kommen würde, mitten in dem ganzen Durcheinander. Sie hatten Ida Marie auf einen Stuhl gesetzt, vornübergebeugt, so gut es ging, während sie weinte. Schluchzte wie ein Wasserfall und die Worte hervorstieß: »Ich will es nicht haben. Ich will es nicht haben.« Und sie wussten nicht genau, ob sie von dem Kind in ihrem Bauch sprach, das sie plötzlich nicht haben wollte; oder ob sie den Tod, der so nahe war, auf Abstand zu halten versuchte.
Anne wiederholte still die Fakten. Eine Hausgeburt, meinte sie. Die Nabelschnur war ungeschickt durchtrennt und verknotet worden. Der Körper des Kindes mit getrocknetem Blut verschmiert.
»So wie ich das sehe, ist er 24 Stunden nach der Geburt auf dem Fluss ausgesetzt worden. Aber ihr müsst euch im rechtsmedizinischen Institut schlau machen«, sagte sie und seufzte deutlich hörbar, während ihre Finger an der Tasche des Kittels herumfingerten, als hätte sie dort etwas, an das sie sich klammern konnte. »Ich kann nur sagen, wie es unmittelbar aussah.«
»Wie im Mittelalter«, hatte Anne unten am Fluss fast weinend gesagt.
»Und das im modernen Dänemark. Wer setzt sein Kind auf diese Weise in einem Land aus, wo es so viele Hilfsmöglichkeiten gibt?«
Dicte hätte nie gedacht, dass Anne bleich aussehen könnte. Aber plötzlich schien jemand auf einen Fernseherknopf gedrückt zu haben, und alles wurde schwarzweiß. Als könnte man in diesem Moment durch sie hindurch in das dunkle Wasser des Flusses sehen.
»Was machen wir mit den Bildern von der Wanne?«, fragte Bo. »Wo ist die jetzt?«
»Bei der Polizei. Zur technischen Untersuchung«, sagte Anne, die wusste, wie so etwas vor sich ging. »Aber Ida Marie hat doch Bilder gemacht. Sowohl von dem Geburtstag als auch später. Warum holt ihr euch nicht den Film?«
»Geburtstag?«, fragte Bo, als sie zusammen das Krankenhaus verließen, um sich zu Ida Maries Reisebüro zu begeben.
»Never mind«, seufzte Dicte und dachte an Annes kleines Königreich im Krankenhaus. Für sie würde es nie mehr so sein wie vorher, das fühlte sie. Und Ida Marie. Schwanger. Erstgebärende mit neununddreißig. Von ihnen dreien war sie diejenige, die auf keinen Fall hätte dort sein sollen. Nie das tote Kind hätte sehen dürfen. Die, der es vergönnt sein sollte, am nächsten Morgen mit einem totalen Blackout aufzuwachen. Das wünschte sie Ida Marie, auch wenn es unmöglich war. Dass sie sich an nichts anderes als an das Kind in ihrem Bauch erinnerte.
Ida Marie war zu dem Reisebüro am Store Torv gegangen, das ihr zusammen mit drei anderen Frauen gehörte. Wo hätte sie auch sonst hingehen sollen, dachte Dicte, denn Theis war auf Dienstreise in Kopenhagen. Und wer war besser dazu geeignet, zu trösten und die Wogen zu glätten als gute Kolleginnen? Am besten wäre natürlich eine Psychologin gewesen, aber so etwas durfte man Ida Marie nicht vorschlagen. Sie hatte die Nase voll von Psychologen, würde sie sicher antworten und hinzufügen, dass das nicht persönlich gemeint sei.
Sie saß mit einer Tasse Tee zusammen mit einer Kollegin in dem kleinen Gemeinschaftsraum. Grüßte bleich.
»Hej.«
Dicte konnte es nicht lassen. Sie setzte sich neben Ida Marie und streichelte ihren Arm, dessen Muskeln angespannt waren.
»Wie geht es dir?«
»Grauenhaft«, murmelte Ida Marie in die Teetasse.
Dicte nickte zu dem Fotografen hinüber, der sich ein wenig abseits hielt.
»Das ist Bo. Ich soll einen Artikel schreiben, verdammt. Über das, was passiert ist.«
Ida Marie befeuchtete vorsichtig die Lippen mit der Zunge. Als wollte sie nachspüren, ob sie noch da waren. Nickte Bo kurz zu und glitt wieder in ihre Tee-Welt.
Dicte räusperte sich.
»Vielleicht sollte sich jemand um dich kümmern«, schlug sie vorsichtig vor. »Du kannst mit mir kommen. Bis Theis wieder da ist.«
Ida Marie schüttelte den Kopf.
»Mir geht es gut. Ausgezeichnet. Ist mir nie besser gegangen.«
Dicte ließ die Lüge einen Augenblick im Raum stehen. Wusste nicht richtig, wie sie zu Ida Marie durchdringen sollte.
»Hast du die Kamera dabei? Den Film?«, fragte sie leise, als könnte etwas kaputtgehen, wenn sie laut spräche. »Vielleicht können wir einige der Aufnahmen für den Artikel brauchen«, sagte sie. Sie kam sich wie der reinste Aasgeier vor.
Ida Marie sah sie voller Abscheu an. Setzte die Teetasse mit einem Scheppern ab.
»Von dem Kind?«
Dicte schüttelte den Kopf. Streichelte wieder den Arm, der jetzt unruhig über den Tisch fuhr.
»Wir zeigen das Kind nicht«, versprach sie. »Nur die Situation. Uns. Die Wanne, falls sich ein brauchbares Bild findet.«
Ida Marie saß eine Weile da und sah ihren Arm an, als wäre er ein selbstständiger Teil von ihr. Dann schüttelte sie Dictes Hand ab, griff in die Tasche und holte die Kamera heraus. Gab sie ihr.
»Du kannst alles haben«, sagte sie mit belegter Stimme.
Die Redaktion war zu klein für die sechs Journalisten, und vom ersten Tag an hatten die anderen davon geredet, in ein größeres Haus umzuziehen. Aber mit der Zeit hatte Dicte begriffen, dass sie das seit Jahren taten. Träumen. Von Büros an dem neuen Jachthafen und einem eigenen Firmenboot mit Logo. Es blieb beim Reden, weil die Zeitung in Kopenhagen immer sparen musste. Deshalb mussten sie sich in drei kleinen Räumen und einem etwas größeren zusammendrängen, in dem sie gemeinsam mit zwei anderen und einer stimmungsvollen Aussicht auf den Telefontorget und die Straßenverkäufer saß, die in regelmäßigen Abständen von der Polizei aufgefordert wurden zu verschwinden.
Bo war mit Ida Maries Film in der altmodischen Dunkelkammer verschwunden. Sie setzte sich an den Schreibtisch, der sich noch immer nicht ganz vertraut anfühlte. Holte ihren Block heraus und landete mit einem einzigen Anruf bei Kriminalkommissar John Wagner, der sich nicht zu dem Todesfall äußern wollte.
Sie bekam ein paar vorhersehbare Antworten der Sorte »Das kann ich nicht kommentieren« oder »Es ist zu früh, Vermutungen anzustellen«. Bevor sie auflegte, war sie nahe daran, ihm eine Karriere als Politiker vorzuschlagen.
Sie sah aus dem Fenster. Konnte fast bis zum Fluss hinuntersehen, wenn sie wollte. Hätte zumindest aufstehen und ihn erahnen können, aber sie ließ es. Sie musste das loswerden. Es wegarbeiten. Genau das musste sie. Selbst wenn sie Sensationen hasste. Und noch mehr, darüber zu schreiben.
Während ihres Praktikums bei der Zeitung, das Ewigkeiten zurücklag, hatte Kaiser sie ausgeguckt und ihr einen persönlichen Kurs verpasst, der sie beide frustriert zurückgelassen hatte. Ihn, weil er aus unerfindlichen Gründen davon überzeugt war, dass sie ein verborgenes Talent in sich trug. Sie, weil sie wusste, dass er sich irrte. Sie konnte alles Mögliche andere. Lange psychologische Analysen über Führungsstile schreiben, Wirtschaftsbilanzen lesen und ungewöhnliche Wirtschaftsgeschichten aufspüren. Aber die Sensationsberichterstattung war und blieb ihr ein Rätsel. Sie verstand einfach nicht, wie etwas so Einfaches und Direktes so verdammt schwer sein konnte. Vielleicht, weil sie das Sensationelle in den meisten Sensationen in der Regel nicht sah und das Prestige nicht verstand, das damit verbunden war, den eigenen Namen auf der Titelseite zu sehen.
»Raus mit den Sprachblüten«, pflegte Kaiser zu sagen, wenn er ihre Artikel entstaubte. »Wir brauchen Fakten. Die Geschichte muss in den ersten drei Zeilen erzählt werden. Und in der Überschrift.«
Das versuchte sie jetzt nach bestem Wissen und Gewissen und fühlte sich in ihre Praktikumszeit zurückversetzt. Hier saß sie mit ihren vierzig Jahren, gerädert nach den Ereignissen des Tages. Mit einer Teenagertochter, die unbeschützt durch die Stadt streifte; glückliche Besitzerin einer baufälligen Behausung auf dem Lande. Und sie wusste, dass sie bald Kaiser am Apparat haben würde mit seinen üblichen Einwänden, was Schreibstil, Prioritätensetzung und Perspektive anging.
Sie sah auf die Uhr. Noch eine halbe Stunde bis zur Deadline und sie mühte sich noch immer mit dem Vorspann ab. Vor der Überschrift hatte sie bereits kapituliert. Darum musste sich der Redakteur kümmern. Das war zu schwer. Zu unmöglich, dachte sie. Sie wollte gerade mit dem Text anfangen, als hinter ihr eine Stimme in übertriebenem Nachrichtensprechertonfall las:
»Ein neugeborenes Baby wurde gestern in einer Plastikwanne auf dem Århus gefunden.«
Bo lächelte zuckersüß und winkte mit den Fotos.
»Sollen die Leser nicht gleich erfahren, dass das Kind tot war?«, schlug er vor.
Sie seufzte.
»Das kommt weiter unten. Es muss doch ein Spannungsmoment geben, das die Leute motiviert weiterzulesen«, erfand sie.
Er setzte sich auf die Schreibtischkante. Sah sie herausfordernd an.
»Gib es zu. Du hast nicht daran gedacht.«
»Und wenn es so wäre?«, sagte sie müde. »Was geht das dich an? Du bist doch nur der Fotograf.«
Die Worte waren ihr entschlüpft, bevor die Selbstzensur hatte einsetzen können. Ein rotes Licht leuchtete vor ihrem inneren Auge auf. So etwas sagte man nicht zu einem Fotografen. Man konnte es notfalls denken, aber auch das war fast schon strafbar.
Er schüttelte langsam den Kopf.
»Ich glaube, du hast heute einen schlechten Tag«, sagte er leise.
»Einen sehr schlechten«, gab sie zu.
»Und er wird noch schlechter«, sagte er ernst, aber mit einem kleinen Lächeln hinter dem Bart und Heiterkeit in den tiefsten Winkeln seines Blickes.
»Wie meinst du das?«
»Ich meine, dass sie sich in Kopenhagen bestimmt über die Fotos wundern werden, die ich gerade mit einem Taxi zum Flughafen expediert habe. Genau wie ich mich gewundert habe, nur dass ich in der glücklichen Situation bin, dass du mich in das Rätsel einweihen kannst, wenn du magst.«
»In welches Rätsel?«
Langsam legte er die Abzüge auf den Tisch. Da waren Aufnahmen von der Wanne und von ihr und Anne, die vorsichtig auf das Kind hinuntersah.
Aber da waren auch noch andere Fotos, aufgenommen in schrägen Perspektiven mit Ida Maries charakteristischer Kameraführung. Von dem Geschenk und ihrem gespannten Gesichtsausdruck, als sie die Schleife aufzog. Von dem genoppten Dildo, der wie eine Rakete auf der Abschussrampe dastand. Von ihr, wie sie das Teil mit einem verwirrten Lächeln um die Mundwinkel festhielt. Sie konnte schon die Sprechblase darüber sehen, die witzige Köpfe am schwarzen Brett der Zeitung darüber malten: »Ich kann es kaum erwarten!«
»Oh, shit«, murmelte sie und sah Kaisers Gesichtsausdruck vor sich, wenn er später am Abend den Stapel mit Fotos durchging.
»Shit, shit, shit! Die hast du nicht mitgeschickt. Nicht alle.«
Bos Blick zog sie neugierig aus. Vollkommen ohne Scham tastete er unter dem Sommerkleid ihre Brüste ab; ihre Schenkel, ihren Hals und ihre Taille. Das Lächeln war immer noch irgendwo da.
»Natürlich habe ich das. Das ist mir schließlich gesagt worden«, sagte er, rutschte vom Schreibtisch und schlenderte zur Tür. »Du kannst nicht erwarten, dass ich selbst denke.«
Er öffnete die Tür, warf sich die Jeansjacke über die Schulter und ihr einen unbestimmbaren Blick zu.
»Ich bin schließlich nur der Fotograf.«
Ida Marie klammerte sich an den Alltag.
Allmählich schien irgendetwas in ihr aufzutauen. Als könnte sie sich nach Kannen von Tee und dem ewigen Starren aus dem Fenster endlich aufraffen, etwas zu tun. Die Betten zu beziehen, zum Beispiel. Oder die Spülmaschine zu füllen oder nur ein paar Kerzen anzuzünden und etwas Tomatensuppe aufzuwärmen, bis Theis nach Hause kam.
Aber sie sah immer wieder das Kind vor sich, auch wenn sie Teller stapelte oder den Tisch deckte oder Zeitungen aussortierte. Mit seinen geschlossenen Augen und den kleinen Händchen; vor allem die waren ihr aufgefallen, über der Brust gefaltet wie zu einem stummen Gebet. Und sie spürte die ganze Zeit nach, ob sich in ihrem Bauch noch Leben regte. War aufmerksam für die kleinste Bewegung. Für das kleinste Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte. Sagte sich, dass sie verrückt war. Konnte es aber nicht lassen.
Theis sagte sie nichts. Warum, wusste sie nicht genau. Vielleicht, weil er immer so beschäftigt war. Vielleicht, weil sie ihn nicht beunruhigen wollte. Natürlich hätte sie es erzählen sollen. Aber am ersten Abend war er müde und erschöpft und schlief auf dem Sofa ein. Und am nächsten nahm sie sich zusammen und ging mit den Kolleginnen aus. Sie hatte immerhin selbst geholfen, den Polterabend auszurichten und den Besuch bei der Wahrsagerin zu planen.
Das dachte sie noch immer und redete sich gut zu, als die Gesellschaft nach einem kleinen Bummel durch die Stadt ein Taxi zu den grauen Betonklötzen in Gjellerup nahm. Trotzdem spürte sie die Angst, die sie beschlich. Die eiskalte, rettungslose Angst vor etwas, das in der Zukunft lag und von dem sie nicht so genau wusste, was es war. Vielleicht vor der Geburt. Vielleicht davor, das Kind zu verlieren. Oder Theis. Oder sich selbst, es gab viele Möglichkeiten.
Sie fanden die Wohnung schnell, und bei den ersten fünf gab es keine Probleme. Sie kamen mit roten Wangen und glänzenden, fiebrigen Augen wieder heraus, als hätte sie ein Prinz geküsst.
Doch als sie an der Reihe war, merkte sie, dass etwas sie in die andere Richtung zog. Dass sie am liebsten nach Hause wollte. Dass es bestimmt ein Fehler war, aber sie brachte es nicht über sich, das auszusprechen.
Es gab keine Kristallkugel und keine Tarotkarten. Und auch keine exotische, dunkel gekleidete Frau mit goldenen Ohrringen, einem groß geblümten Fransenschal um die Schultern und einer schwarzen Katze auf dem Schoß.
Das hier war kein Zigeunerwagen, sondern eine Wohnung im größten Ausländerghetto der Stadt. Und die Wahrsagerin hieß Hanne Guldberg und hatte mittelblondes, kurzes Haar, eine Strickjacke von Jackpot über den alten Jeans und eine schlimme Erkältung, die sie mit Hilfe von einer Box mit Kleenex, die auf dem Sofa lag, in den Griff zu bekommen versuchte.
»Das letzte lebende Bild«, sagte sie fröhlich vor einem durchdringenden Nieser, und Ida Marie spürte wieder die Nervosität und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Griff nach der Türklinke.
»Das war bildlich gesprochen«, sagte die Frau und lächelte freundlich. »Sie sind doch die Letzte, nicht? Ich muss mein Kind im Hort abholen«, fügte sie entschuldigend hinzu und machte Ida Marie ein Zeichen, sich zu setzen.
Sie nickte und ließ sich auf den Stuhl ihr gegenüber sinken. So tief und weich, dass sie das Gefühl hatte, später nicht wieder hochzukommen. Es war der letzte Stopp auf der Polterabendrunde vor dem Abendessen im Globen Flakket. Solidarisch hatten sie sich alle bereit erklärt, sich die Zukunft vorhersagen zu lassen, und einen Termin gemacht. Aber das war inzwischen lange her, in einer ganz anderen Welt. Vor dem 11. September, der den Erdball erschüttert und Schockwellen bis nach Århus geschickt hatte. Vor dem Kind auf dem Fluss.
Sie merkte den kalten Schweiß im Nacken.
»Wir können es ja kurz machen«, schlug sie vorsichtig vor und hielt hoffnungsvoll die Luft an.
»Nein, nein, das ist nicht nötig«, nieste die Wahrsagerin. »Wir schaffen das noch. Die anderen haben erzählt, dass Sie das Kind auf dem Fluss gefunden haben«, fügte sie hinzu.
Ida Marie starrte sie an. Dann blinzelte sie.
»Ja. Wir waren zu dritt.«
»Und das in Ihrem Zustand«, sagte die Wahrsagerin mütterlich. »Geht es Ihnen wieder besser?«
Als wüsste sie, dass sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch gestanden hatte. Als könnte sie in der Vergangenheit lesen.
Ida Marie nickte.
»Ja.«
»Aber schlimm ist es noch immer?«
Wieder ein Nicken.
»Wenn Sie ein wenig früher gekommen wären, hätte ich es vielleicht vorhersagen können«, sagte Hanne Guldberg, und Ida Marie hatte das Gefühl, als spräche sie zu sich selbst, während sie ein weiteres Papiertaschentuch aus der Schachtel zog. »Vielleicht nicht so detailliert, denn so funktioniert das nicht. Aber trotzdem. Ich hätte Sie bestimmt ein bisschen vorbereiten können«, sagte die Wahrsagerin, nicht ohne einen gewissen fachlichen Stolz in der Stimme, und wurde dann von einem gewaltigen Hustenanfall geschüttelt.
Ida Marie wollte sie, halb im Spaß, fragen, ob sie auch den 11. September hätte vorhersagen können, ließ es jedoch. Man sollte nicht mit dem Schicksal spaßen. Außerdem wusste sie nicht, warum sie diese beiden Ereignisse in Gedanken plötzlich miteinander verband.
Wieder war das Bild da. Einen kurzen Moment. Wie klein er war, war ihr allererster Gedanke, als der Verstand wieder zu funktionieren begonnen hatte. Ein ganz kleiner Mensch, der keine Chance bekommen hatte. Sie fror und schlug die Arme um sich, während sie dort vor der Wahrsagerin saß, die sich wieder die Nase putzte. Eine Unsicherheit schien sich in die frühere Sicherheit geschlichen zu haben. Als hätte das ganze Leben eine Kehrtwendung gemacht und sähe plötzlich völlig anders aus. Was war passiert? Was veranlasste einen Menschen im modernen Dänemark, sein Kind auf diese Weise zurückzulassen?
Sie spürte, wie sich das Kind in ihr bewegte und schob die Gedanken weg, während die Wahrsagerin ihren Husten unter Kontrolle bekam. Wahrscheinlich war das der Grund. Dass es jetzt nicht mehr lange dauerte. Dass ihre eigene Welt sich für immer verändern würde und sie sich von jetzt an um so vieles mehr kümmern musste. Und dass sie in Wirklichkeit nicht überblicken konnte, wie sie und Theis mit ihren beiden Jobs und seinem dauernden Pendeln zwischen Århus und Kopenhagen so eine kleine Familie am Funktionieren halten konnten. Sie begegnete dem Blick der Wahrsagerin und fragte sich sekundenlang, ob sie auch Gedanken lesen konnte.
»Sie brauchen nicht nervös zu sein«, lächelte Hanne Guldberg mit Tränen in den Augen von dem Hustenanfall. »Ich sage nichts Schlimmes. Nur Generelles.«
Ida Marie seufzte. Eigentlich glaubte sie nicht an so etwas. Warum war sie dann nervös? Warum betrachtete sie es nicht als den Spaß, der es war?
»Lesen Sie auch aus der Hand?«, fragte sie.
Die Frau, die vielleicht Anfang dreißig war, schüttelte fast nachsichtig den Kopf.
»Es reicht, dass Sie hier sind. Möchten Sie Kaffee oder Tee?«
»Nur Wasser, danke.«
Hanne Guldberg holte zwei Gläser aus der Küche, die eine offene Verbindung zum Wohnzimmer hatte.
»Es ist gemütlich hier«, sagte Ida Marie und hörte, dass sie verblüfft klang. Die Wohnung war hell und freundlich und in typisch dänischem Stil eingerichtet. Mit dem obligatorischen Elipsentisch oder etwas Ähnlichem und sechs pastellgrünen Arne-Jacobsen-Stühlen. Die Spätsommersonne tanzte über Per Arnoldis Kunst, die in Glasrahmen an den weißen Wänden hing.
»Es ist ganz schön hier«, sagte Hanne Guldberg und reichte ihr das Glas. »Natürlich gibt es viel Krawall, aber man spricht miteinander. Das ist wichtig.«
Ida Marie lächelte.
»Das kann ich mir vorstellen.«
Hanne Guldberg sah sie mit einem seltsam direkten Blick an. »Ich sehe, dass Sie an einem Wendepunkt stehen«, sagte sie. »Um das zu sehen, bedarf es keiner Wahrsagerin. Aber wenn Sie wollen, kann ich Ihnen vielleicht ein bisschen mehr zu diesem Wendepunkt sagen.«
Ida Marie nickte vorsichtig. Das klang Vertrauen erweckend. Ein Wendepunkt. Herrgott nochmal, sie würde es schon überleben. Außerdem hatten sie im Vorhinein ausgemacht, dass sie sich nicht auf das Negative konzentrieren wollten. Es ging nicht an, eine zukünftige Braut zu einer Wahrsagerin zu schleppen und mit einem nervlichen Wrack nach Hause zu kommen. Aus diesem Grund gab es wirklich nichts, wovor sie Angst haben musste. Überhaupt nichts.
»Ich möchte Sie bitten, mir irgendetwas Persönliches zu reichen, das ich anfassen kann, damit ich ein Gefühl für Sie bekomme«, sagte diese moderne Wahrsagerin, als ginge es um einen Besuch beim HNO-Arzt: »Gähnen Sie, und sagen Sie aaa.«
Zuerst kam ihr der Ehering in den Sinn, doch dann war ihr das zu simpel. Außerdem war sie sauer auf Theis, weil er das ganze Wochenende arbeiten musste. Wieder einmal.
Sie gab der Wahrsagerin das Medaillon ihrer Großmutter. Ihre Mutter hatte es ihr gegeben, als sie von der Schwangerschaft erfahren hatte.
Hanne Guldberg hielt das Medaillon in der Hand und ließ die Goldkette wie ein umgedrehtes Pendel pendeln.
»Ein Erbstück«, sagte sie. »Von der mütterlichen Seite?«
Ida Marie nickte. Spürte erneut die Nervosität.
»Von einem Ort oben im Norden. An einem großen See, stimmt das?«
»Aus Vänern«, flüsterte Ida Marie. »In Schweden.«
»Natürlich. In Schweden.«
Jetzt schloss sie die Augen. Die Stimme veränderte sich und wurde fast zu einem Flüstern.
»Sie sind ein fremder Vogel hier. Das hat Ihnen Probleme gemacht. Wenn auch nicht mehr so sehr. Sie haben sich verändert; versucht, sich anzupassen, aber etwas plagt Sie. Etwas, das Sie aus Ihrer Kindheit mit sich herumschleppen. Was die Zukunft betrifft, kommt bald etwas Großes auf Sie zu. Etwas, das eine Zeit lang Ihr ganzes Leben bestimmen wird. Ich weiß nicht, ob es negativ oder positiv ist, aber es ist nicht die Geburt, von der ich spreche. Es geht um etwas anderes.«
Ida Marie saß, das Wasserglas in der Hand, ganz steif da. Wollte den Mund aufmachen, um zu fragen, um weitere Einzelheiten zu erfahren, wagte es aber nicht. Stattdessen sagte sie:
»Können Sie etwas über die Geburt sagen?«
Jetzt lächelte Hanne Guldberg und öffnete die Augen.
»Die Geburt ist nicht das Problem, falls es ein Problem geben wird. Davor brauchen Sie keine Angst zu haben.«
»Und das Kind?«
»Wunderschön. Alles, was Sie sich wünschen können.«
Sie merkte, wie eine Last von ihren Schultern fiel, und stand mit einem Lächeln auf, das sich nicht zurückhalten ließ.
Doch als sie nach einem Abendessen im Globen und als Zuschauerin beim Salsatanz der anderen im Gyngen an diesem Abend nach Hause ging, spürte sie den Puls der Stadt wie ein langes, ungleichmäßiges Trommelsolo in ihren Ohren. Mit der Dunkelheit war Århus plötzlich zu New York geworden. Die hohen Stimmen betrunkener Männer bekamen einen bedrohlichen Unterton, ein Schatten in einer Toreinfahrt wurde zu einem mordlustigen Verrückten. Keiner wusste, wann die Katastrophe passieren, wann alles auseinander brechen würde. Wann es mit der Sicherheit ein für alle Mal vorbei wäre.
Aber noch war sie da, das durfte sie nicht vergessen. Noch gab es sie, in ihrer Wohnung in der Samsøgade, wo Theis eine Kerze ins Fenster gestellt hatte, sodass es von draußen heimelig und warm aussah. Sie hatte sie sich so gewünscht, die Sicherheit. Gewünscht wie das Kostbarste auf der Welt. Aber warum hatte sie dann das Gefühl, nicht die ganz reine Ware bekommen zu haben? Dass irgendwo, vielleicht direkt um die Ecke, etwas anderes auf sie wartete. Vielleicht war es das, was die Wahrsagerin aus Gjellerup gesehen hatte. Ihren eigenen inneren Zweifel, umgesetzt in Handlung.
Theis. Sie hatten ihre guten und ihre schlechten Zeiten gehabt. Ihre Krisen, wie alle anderen. Etwas anderes wäre nach neun Jahren wohl verwunderlich. Und jetzt war da plötzlich das Kind, das sie erwartete und für das sie gekämpft hatten. Einen Kampf, der sie in gewisser Weise zusammengehalten hatte. Das Kind, das ihr Leben leuchtend rot und beunruhigend dunkel zugleich zeichnete. Es war seltsam, sich etwas so lange gewünscht zu haben und zu wissen, dass jetzt die Zeit gekommen war. Dass dieses riesige Geschenk, diese gigantische Verantwortung bald die ihre sein würde. Sie musste bei dem Gedanken beinahe lächeln, während sie die Treppen in die zweite Etage hochstieg. Allein die Erwartung war fast schon mehr als ihr Verhältnis aushielt.
Theis saß mit einem letzten Schluck Rotwein auf dem Sofa und sah CNN. Sie hörte etwas von Anthrax und Osama bin Laden, den zurzeit üblichen Themen. Hin und wieder vermisste man etwas ganz anderes.
»Ich denke, sie sollten eine Sendung über Schweden bringen«, schlug sie bei einem Kuss vor, der sie als die Sünderin entlarven würde, die sie war.
»Du hast geraucht«, murmelte er, wie vorherzusehen gewesen war, und sie hatte das Gefühl, dass er sie vorwurfsvoll ansah.
»Nur eine.«
»Und nur ein Glas?«
Sie seufzte.
»Anderthalb. Vielleicht auch zwei. Ich habe das gebraucht.«
»Das kann ich mir denken«, sagte er und zeigte auf die Zeitung, die unter einer Schüssel mit Pistazien lag. Schalen waren über die Seiten verteilt. »Was für ein Fund für eine Schwangere. Warum hast du mir nichts erzählt? Denn du warst doch dort, nicht?«
Hörte sie da eine gewisse Sorge oder nur einen Vorwurf in seiner Stimme? War er enttäuscht über ihr Schweigen oder besorgt um ihren Seelenfrieden? Sie hoffte Letzteres. Wollte sich hinsetzen und erklären, dass sie nicht zu denjenigen gehörte, die einfach drauflosredeten, ohne das Gefühl zu haben, dass es ihn interessierte. Dass sie in der letzten Zeit gemerkt hatte, dass er mehr als genug mit seiner Arbeit beschäftigt war und ihre vertraulichen Mitteilungen der einen oder anderen Art ihm nur lästig waren. Wie damals, als das Wasser sich in ihrem Körper zu sammeln begann und sie ihre Schuhe nicht anbekam oder als der Leistenbruch sich ankündigte, bedingt durch die Schwangerschaft. Noch ein Problem, zu dem man Stellung nehmen musste. Und Probleme hatte er schließlich genug, wie er immer sagte.
»Ich habe es wohl vergessen«, log sie.
»Vergessen«, wunderte er sich. »So etwas vergisst man doch nicht. Ich weiß zwar, dass du an anderes zu denken hast, aber trotzdem.«
Sie nahm sich eine Hand voll Pistazienkerne, schüttelte die Schalen von der Zeitung und setzte sich in den Lehnstuhl. Starrte auf das Bild von den Freundinnen mit der Plastikwanne in Dictes Schoß. Ihre leeren Blicke. Die Stille zwischen ihnen. Sie hatte das Bild selbst gemacht. Fast automatisch drauflosfotografiert, während ihr Verstand stillstand und sich weigerte zu begreifen. Jetzt war es auf der Titelseite der Avisen gelandet. In Begleitung von Dictes Text mit der Überschrift »Moses auf dem Århus«. Darunter stand in Fettdruck: »Freundinnen finden neugeborenen Jungen tot auf dem Fluss. Keine Spur von der Mutter des Kindes.«
Sie versuchte zu lesen, schaffte es aber nicht. Begann zu frieren und kroch zu Theis hinüber und zog die Wolldecke um sich, die auf dem Sofa lag. Er musste ihr die Zigarette verziehen haben, denn jetzt legte er gutmütig den Arm um sie und rieb leicht ihren Bauch. Sie beschloss, nichts mehr zu seiner Wochenendarbeit zu sagen, auch wenn sie geplant hatten, in die Stadt zu gehen und nach einem Kinderwagen zu sehen. Rieb ihre Nase an seiner rauen Wange. Spürte die Lust und den Hunger nach Sicherheit wie einen fein gesponnenen, zusammengedrehten Faden, der langsam stärker wurde.
»So, so, das willst du«, murmelte er, während sie sein Ohr streichelte und küsste und wollte, dass sein Körper ihren umschloss. Sie an einen schönen Ort entführte. Sie rettete.
An der Stimme hörte sie sein etwas widerstrebendes Lächeln, hörte aber nicht auf. Schob alle Gedanken, dass sie sich wie eine tonnenschwere Kuh vorkam, zur Seite. Er sollte sie begehren. Sie beschützen.
»Was bist du weich und rund geworden«, sagte er. Seine Hand wanderte zu ihrer Lende und tiefer, und sie entschloss sich, es als Kompliment zu betrachten. Ja, sie war runder geworden; üppiger; mit Beinen, die anschwollen, gar nicht erst zu reden von der verdammten Hämorrhoide, die sie gerade jetzt zum Teufel wünschte. Aber das musste er nun mal in Kauf nehmen.
Sie stand auf. Zog leicht an ihm.
»Komm.«
Sie sah, dass er zögerte. Vielleicht dachte er das Gleiche wie sie. Vorsichtig begegnete sein Blick dem ihren.
»Vielleicht sollten wir besser warten.«
»Worauf?«
»Ja, weißt du...« Sein Blick wanderte nach unten zu ihrem Bauch, und sie hörte ihren Ärger.
»Es wird doch nur noch schwieriger, wenn das Baby erst da ist. Zeit zu finden, meine ich.«
Einen Moment sah er richtiggehend panisch aus. Dann schien er einen schweren Entschluss zu treffen, stand auf und ließ sich mit ins Schlafzimmer ziehen, aber an der Steifheit seines Nackens sah sie, dass er es ausschließlich ihr zuliebe tat. Weil er nicht wusste, wie er sonst mit der Situation fertig werden, mit ihr und ihrer Unberechenbarkeit umgehen sollte.
Erst als sie sich geliebt hatten, gemütlich und unbeholfen. Erst als er sich von ihr zurückgezogen und mit einem leichten Schnarchen auf seine Seite gerollt hatte, erinnerte sie sich an die Worte von Hanne Guldberg, als sie sich im Treppenhaus verabschiedet hatten.
»Ich weiß nicht genau, was das zu bedeuten hat. Aber ich spüre, dass wir uns nicht das letzte Mal gesehen haben, Sie und ich.«
Die Angst traf sie wie ein Schlag in die Magengrube, während sie dalag. Beschwerlich drehte sie sich im Bett um und kroch näher an Theis heran. Tat etwas, das sie seit vielen Jahren nicht mehr getan hatte. Nicht seit ihrer Kindheit, dachte sie, als sie die Hände faltete und betete.
»Denk an die Kalorien, Mama. Du weißt genau, was man sagt.«
Dictes Hand blieb mit dem samstäglichen Brunch mitten in der Luft stehen. Die verbotene Majonäse auf dem letzten Bissen Roggenbrot mit Makrelensalat begann ganz von selbst zu vibrieren.
»Was sagt man denn?«
Rose sah sie gut gelaunt mit einem prüfenden Blick an, als sie verschlafen in einem löchrigen Shirt vor ihr stand. Jede Delle und Kurve wurden genau unter die Lupe genommen, während sie den Kopf schräg legte, dass der Nasenring glänzte. Der, um den sie so gebettelt hatte, dass Torsten ihn ihr schließlich ohne die Einwilligung ihrer Mutter bezahlt hatte. Was tat man nicht alles, um sich bei seinem Kind beliebt zu machen, wenn man die Familie durch eine Scheidung zerstört hatte.
»Also, was sagt man?«
»Vierzig, fett und geschieden.«
»Lausegöre.«
Sie hob ihre Hand wie zum Schlag, und Rose zog sich blitzschnell zurück und tänzelte mit einem schelmischen Blick davon. Dicte folgte ihr und bekam sie zu fassen. Kitzelte die mageren Rippen ihrer Tochter, die empfindlichste Stelle, sodass sie vor Lachen zusammenbrach.
»Ach, du hast doch nicht etwa Angst, was?«
Rose krümmte sich vor Lachen. »Das kommt von all den Malen, die ihr mich verhauen habt«, lachte sie. »Gib es zu!«
Dicte ließ sie gutmütig los.
»So, so, du Knochengestell. Wart nur ab.«
Demonstrativ öffnete die Tochter des Hauses den Kühlschrank und räumte ihn aus. Roggenbrot, Butter, vollfetten Käse. Die ganzen Empfehlungen der Ernährungsexperten waren zumindest in ihrer Familie bislang vergebens gewesen, stellte Dicte fest. Sie hatte das starke Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie selbst auf Entzug gehen musste, was fette Sachen anging.
Neidisch beobachtete sie ihre schlanke Tochter, die täglich zehn Festmenüs in sich hineinschaufeln konnte. Am liebsten begnügte sie sich aber mit Käsebroten und literweise Milch. Keine Spur von Magersucht.
»Du wirst auch einmal vierzig«, drohte sie.
Das Kind, das sie letztendlich noch war, kicherte, als hätte sie etwas Unanständiges gesagt, und konzentrierte sich auf ihr Käsebrot.
»Ich werde nie so alt wie du«, mümmelte sie. »Ich werde jung als Revolutionärin sterben.«
Dicte setzte sich auf die Wachstischdecke des Küchentisches und spülte die Makrele mit einem Schluck lauwarmen Kaffees hinunter.
»Im Kampf für was?«
Rose war um eine Antwort nicht verlegen.
»Für die Freiheit«, sagte sie selbstsicher. »Und für die Gerechtigkeit. Für eine Zukunft für alle Kinder.«
»Natürlich«, sagte Dicte und hörte sehr wohl, dass sie nachsichtig klang.
Sie dachte an das Kind auf dem Fluss und wusste, dass sie deshalb Kopfschmerzen hatte. Dass sie deshalb in der Nacht von Albträumen mit toten Babys heimgesucht worden war. Erloschene Augen in trübem Wasser mit Hunderten von leeren Limonadenflaschen, die an der Oberfläche dümpelten. Sie war für ihren Artikel gelobt worden und hätte eigentlich gut drauf sein müssen, aber dieser Fall war etwas anderes als die Artikel im Wirtschaftsteil über sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz oder Vergünstigungen. Man konnte ihn nach der Arbeit nicht weglegen und sich am nächsten Tag wieder damit beschäftigen, falls es nötig war.
Sie griff nach der Kaffeekanne und goss die Tasse halb voll. Trank die teerige Brühe in einem Schluck. Wünschte Kaiser und seine Sensationsnarkomanie weit weg und dass sie nie vierzig geworden wäre und vor zwei Tagen am Ufer des Århus gesessen hätte. Dass eine andere das Kind gefunden hätte. Eine andere für den Job ausersehen worden wäre, über den Fall zu berichten.
Sie hörte Autoreifen in ihrer Einfahrt. Auf dem feinen Kies, von dem sie selbst einen Berg bestellt und den sie so sorgfältig verteilt hatte, dass ihr der Rücken wehtat. Um alles ein wenig freundlicher zu gestalten, was auch nötig war, denn das sogenannte neue Haus von 1930 oder früher hatte in der Gemeinde eine herausragende Rolle als Rockerhauptquartier gespielt. Das war einer der Gründe, warum sie es so billig bekommen hatte. Die Pfähle von der Festungsanlage rund um das Haus waren noch immer tief in Zementklötzen unter ihrem Rasen verankert.
»Das ist bestimmt die Post. Holst du sie?«
Rose krauste die Nase, dass der Ring hüpfte. Plötzlich sah sie nur noch jung und verletzlich aus, fand Dicte.
»Und wenn Milzbrand drinnen ist?«
Dicte gab ihr einen gutmütigen Klaps auf das Hinterteil.
»Wenn du jung sterben willst, warum nicht daran? Betrachte es als Verteidigung der Gerechtigkeit.«
Rose machte ganz den Eindruck, als würde sie sich die Sache ernsthaft überlegen. Dann legte sie den Käsehobel beiseite und ging hinaus. Dicte hörte sie am Briefkasten klappern und spürte die Energie zurückkommen. Die Kopfschmerzen verzogen sich auch langsam. Es war eine schlechte Angewohnheit, das wusste sie sehr wohl. Ein Glas Wein nach dem anderen zu trinken, wenn man abends alleine zu Hause saß und an Weltschmerz litt. Aber hin und wieder brauchte sie das. Eigentlich relativ häufig, wenn sie ehrlich war. Aber sie hatte auch Grund genug, dachte sie und begann, den Tisch abzuräumen. Der beste war sicherlich, dass sie es einfach mochte. Sie liebte den Geschmack eines guten Rotweins und das warme, entspannte Gefühl, plötzlich alles unter Kontrolle zu haben. Alle Probleme, die Scheidung von Torsten, die Gespenster der Vergangenheit und ihr neuer Status als allein erziehende Mutter schienen auf Abstand zu gehen, wenn sie mit einem Glas Rotwein in Reichweite dasaß.
Rose kam mit einem Stapel Post herein. Behielt aber die Zeitung, in der sie eifrig blätterte.
»Her damit.«
Rose gab sie ihr nicht. Drehte ihr den Rücken zu.
»Du bekommst sie erst, wenn du hältst, was du versprochen hast. Für heute, Mama.«
»Für heute, was?«
Rose drehte sich um. Ließ die Zeitung sinken.
»H-U-N-D.«
Shit. Das hatte sie total vergessen. Sie hatte gedacht, dass sie den Samstag zum Auspacken und Saubermachen und Maßnehmen für die Gardinen und was sonst noch auf der Liste stand nutzen könnte. Aber das mit dem Hund gehörte zu ihrer Abmachung. Rose war nicht freiwillig von Kopenhagen nach Århus gezogen, um hier in die elfte Klasse zu gehen. Es hatte intensive Verhandlungen gegeben, Kompromisse waren geschlossen worden. Der mit dem Hund war einer davon.
»Kann das nicht warten?«, versuchte sie es, während ein beharrlicher Zug warnend um Roses Mund spielte. So süß und kindlich er in einem unbeobachteten Moment noch sein mochte, so spöttisch konnte er sich verziehen und zu Ohrfeigen einladen. Aber nicht sonderlich oft, wie sie einräumen musste. Und meistens, wenn es einen guten Grund dafür gab. Wie jetzt.
»Du hast es versprochen. Gestern hast du gesagt, dass wir heute ins Tierheim fahren. Aber vielleicht hast du das ja hier drin ertränkt«, sagte sie frech und griff nach einer leeren Rotweinflasche, die neben dem Kühlschrank stand.
Dicte merkte, wie ihre Verteidigung unerklärlicherweise zerbröckelte.
»Okay. Okay. Wir fahren. Ruf an, und frag, ob sie offen haben.«
Während Rose anrief, räumte Dicte hinter ihnen auf. Es war die übliche Rollenverteilung. Man sollte nicht glauben, dass sich etwas ändert, nur weil man nach Jütland zieht. Und doch. Das war nicht ganz fair, dachte sie, als sie das Essen in den Kühlschrank schob und ihn schnell zumachte, damit das Ganze nicht wieder herauskam. Rose war in der letzten Zeit erwachsener geworden. Vielleicht ein bisschen zu erwachsen. Wie letztens, als sie Lasagne gemacht hatte, als Dicte spät nach Hause gekommen war. Und Blumen gekauft und in eine Vase gestellt hatte, als würden sich dadurch alle Probleme auflösen. Was sie beinahe auch getan hatten. Das durfte sie nicht vergessen, dachte Dicte und wischte die Wachsdecke ab. Ihre Tochter war noch immer ein Kind. Und gerade was man Kindern versprochen hatte, musste man halten.
Es sollte ein Welpe sein, und er sollte heimatlos und elternlos sein. Einer von denen, die kein anderer wollte.
Das waren Dictes Bedingungen. Es gab keinen Grund, sich einen überspannten Rassehund mit prämierten Eltern im Stammbaum bis wer weiß wohin zurück anzuschaffen. Bastarde waren in der Regel klüger und amüsanter und nicht so zart besaitet.
Ausgemacht war natürlich, dass es Roses Hund sein würde und dass sie selbst für ihn sorgen, mit ihm spazieren gehen musste und so weiter. Doch als sie Richtung Tranbjerg zum Tierheim Tingskoven fuhren, musste Dicte sich eingestehen, dass dieser Teil der Abmachung mit Sicherheit in kürzester Zeit wieder neu auszuhandeln sein würde. Rose hatte bereits viele Freunde und Freundinnen in der neuen Klasse und bedauerte die Veränderung bei weitem nicht mehr so sehr, wie sie erwartet hatte. Inzwischen war sie öfter mit ins Kino oder in die Stadt gegangen, und der Freitagabend allein vor dem Fernseher war nur der Anfang, das wusste sie. Tatsache war, dachte sie, als sie am Viby Torv abbog und Richtung Skanderborgvej weiterfuhr, dass sie unterwegs waren, um einen Hund für sie zu finden. Einen Hund, der sein Futter wollte, der spielen und ein Freund sein wollte und sie immer öfter dazu verlocken würde, von zu Hause aus zu arbeiten, wogegen sie im Grunde ihres Herzens nichts einzuwenden hatte. Denn natürlich musste sie nicht in die Redaktion. Die Redaktion war für ihre Arbeit nicht wichtig, war nur ein Versammlungsort der Kollegen. Wenn sie nicht Überstunden abfeierten, in Ferien oder zur Fortbildung waren, im Umland einem Auftrag nachgingen oder über die Handballweltmeisterschaft in Polen berichteten. Nach zwei Monaten in der Stadt hatte sie längst herausgefunden, dass in einer Redaktion mit nicht mehr als sechs Personen immer nur ein paar physisch anwesend waren.
Der Geruch nach Tier hing ihnen in den Nasenlöchern, als sie zwanzig Minuten später von einer freundlichen Frau herumgeführt wurden. Einige der Hunde wedelten freundlich mit dem Schwanz, andere sahen sie aus leeren Augen an; wieder andere bellten aus vollem Hals, weil endlich etwas passierte.
Es gab Mischlinge, aber auch Rassehunde. Ein großer, schöner Neufundländer sah ihnen mit heraushängender Zunge aufmerksam hinterher. Ein mittelgroßer Pudel stand auf den Hinterbeinen, die Vorderbeine ruhten auf dem Gitter, während er einladend mit dem Schwanz wedelte.
Es war Rose, die ihn schließlich entdeckte. Einen kleinen, kurzhaarigen, schwarzen Welpen mit weißen Pfoten und weißer Brust.
»Der da, Mama.«
Er war ein scheuer Welpe, und sie erfuhren, dass er von einem jungen Mädchen im Hafen gefunden worden war. Man wusste nichts über seine Herkunft. Sie liehen sich einen Hundekorb mit dem Versprechen, ihn zurückzubringen. Als sie mit dem Korb zum Auto kamen, klingelte ihr Handy. Kaiser klang verärgert.
»Warum muss ich bei Ritzau lesen, dass man in der Wanne mit dem Baby ein Blatt mit arabischer Schrift gefunden hat?«
Die Konsequenzen begannen sich in ihrem Hirn abzuzeichnen, noch bevor der Auftrag kam. Die Zeit war Ausländern nicht wohl gesinnt. Die Katastrophe in den USA und die Kriminalität im Land machten den Dänen nicht gerade Laune, großes Verständnis für fremde Kulturen und Religionen aufzubringen. Diese Neuigkeit konnte dem bereits vorhandenen schwelenden Fremdenhass neue Nahrung geben.
»Wir müssen der Geschichte natürlich nachgehen. Und setz dich mit einem Experten für arabische Sprache und Kultur in Verbindung«, verlangte Kaiser, während der Welpe fiepte und sie daran erinnerte, dass sie noch eine Verantwortung übernommen hatte.
Der glückliche Krüppel der Woche wohnte auf einem Hof in True.